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Sed de Sangre

Blutdurst
von

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Es war keinesfalls ein Schiff gewesen, dass ihnen feindlich gesinnt war. Ganz im Gegenteil!

Es war jenes Schiff gewesen, das Norrington für den Verlust der Interceptor angefordert hatte, allerdings hatte er nicht so bald damit gerechnet.

So kam es, dass er sich für seinen beinahe panischen Ausbruch grämte, ihn sich allerdings nicht anmerken ließ. Der Kapitän, der die Acasta von Britannien in die Karibik gesteuert hatte, gab an, selbst überrascht gewesen zu sein. Der Wind unterwegs war so gut gewesen, dass sie schneller in Karibik angekommen, als sie anfangs angenommen hatten.
 

Mit einem verbissenem Grinsen, das mehr einer Grimasse glich, erinnerte sich Norrington an den Moment zurück, als es mehr als deutlich war, dass es die Acasta war, die Port Royal ansteuerte, und keinesfalls ein dunkles Piratenschiff.

Die Jagd nach Sparrow hatte offenbar mehr auf ihn abgefärbt, als er es sich eingestehen wollte. Auch, dass von dem Piraten schon so lange nichts mehr gehört worden war, spannte seine Nerven an. Selbst wenn es sich der Mann überlegt hatte und im Moment in anderen Gewässern Beute machte, er konnte sich nicht vorstellen, dass Sparrow einen allzu langen Zeitraum der Karibik fern bleiben würde. Dafür war er in diesen Gewässern zu bekannt, wenn auch nicht unbedingt gefürchtet.
 

Vielleicht täte ihm wirklich gut daran, ein wenig Abstand zu gewinnen, öfter früher Feierabend zu machen, einfach mehr Freizeit zu genießen, ohne dabei ständig an seine Pflichten als Commodore zu denken.

Aber konnte er das?

Er hatte seit Jahren nichts anderes gemacht, als seine Verpflichtung erfüllt. Den Menschen, die ihm als Schutzbefohlene anvertraut worden waren, sowie, diese Stadt vor piratischen Angriffen zu schützen.

Jetzt allerdings gab es eine Art Lücke und selbst wenn ihn andere, kleinere Dinge auf Trab hielten, es war aber bei weitem nicht der selbe Reiz, der ihm die Jagd nach Sparrow versüßt hatte.

Auch wenn er es sich nur ungern eingestand – es war durchaus eine Herausforderung gewesen.
 

Jetzt stand er an Deck der wendigen Acasta, den Blick zum Horizont gerichtet und wartend auf das Unvermeidbare. Nun war nicht der passende Zeitpunkt, sich über seine eventuelle Zukunft Gedanken zu machen, denn sein Verstand wurde im Hier und Jetzt gebraucht.

Dunkle Wolken hatten sich vor ihnen aufgetürmt. Wolken, die weitaus mehr bringen würden, als nur einen leichten Regenschauer, gemixt mit ein wenig Wind.

Norrington wusste um die Jahreszeit und auch, das Stürme im Moment nicht gerade selten war. Doch es hieß nicht umsonst, dass das Böse nicht schlief und so sah er es als seine Pflicht an, nicht untätig in Port Royal zu sitzen.
 

Das ein Sturm aufziehen könnte, damit hatte er gerechnet. Oder zumindest war es in die Kategorie jener Dinge gefallen, an die er gedacht hatte, als die Acasta ausgelaufen war. Und es war nichts, vor dem er sich fürchtete. Vielleicht würde es ein wenig ungemütlich und nass werden, aber es war nichts, mit dem er nicht fertig wurde. Zumal er einen Sturm besser voraussagen konnte als das, was des öfteren beim Hinterherjagen von Jack Sparrow geschehen war.
 

Um sich selbst auf andere Gedanken zu bringen, drehte er sich um und besah sich das Treiben auf dem Schiffsdeck. Während seine Soldaten versuchten, den Matrosen nicht zu sehr im Weg zu stehen, machten sich diese daran, alles zu sichern und zu vertäuen. Herumrutschende Kanonen und Fässer konnten ein schnellerer Tod sein, als das Meer und der Wind selbst. Aber auch die Soldaten waren das Leben auf hoher See gewohnt und wussten, was sie zu tun und wie sie sich zu Verhalten hatten.
 

Der Sturm selbst traf das wendige Schiff allerdings härter und vor allen Dingen schneller, als es sich die gesamte Crew gedacht hatte.

Norrington konnte nicht sagen, was lauter war: das wirre Geschrei seiner Männer oder das Heulen des Windes. Es waren schon vor geraumer Zeit die Segel zusammengezurrt worden, damit der Wind keine Angriffsfläche hatte und die Masten nicht brechen konnte, auch wenn Norrington sicher war, dass das Schiff den Sturm ohne große Schäden überstehen würde, so sicher war er sich auch, dass es einiges zum Reparieren geben würde.

Wenn es schlimmer käme, würden sie auch den Tod des einen oder anderen Besatzungsmitglieds betrauern müssen.
 

In Momenten wie diesen sah er sich oft einer Gewalt entgegen, der man trotzen aber niemals ebenbürtig entgegentreten konnte. Man konnte tun, was in seiner Macht stand, um am Leben zu bleiben, aber man konnte nie damit rechnen, Güte zu erfahren.

Wasser umspülte seine Beine. Die Strümpfe und die helle Hose waren schon lange durchtränkt und es fühlte sich teilweise so an, als ob er auf Schwämmen gehen würde. Seinen blauen Mantel hatte er nicht ausgezogen und auch dieser war nun schwerer durch all das Wasser, das er aufgesogen hatte.

Der Hut bewahrte ihn davor, zu viel Regenwasser in die Augen zu bekommen, aber nicht, sich durch und durch durchnässt zu fühlen.
 

Eine weitere Welle schlug gegen den Rumpf des Schiffes und riss den Commodore – trotz seiner Seemannsbeine – fast von den Beinen. Aus einem Reflex heraus hielt er sich an einem Teil der Reling fest, der sich gerade in seiner Nähe befand. Sein Captain war damit beschäftigt, mit beiden Füßen hinter dem Steuerrad stehen zu bleiben und die Acasta dabei so sicher er konnte durch den Sturm zu bringen.

Die rutschigen Planken erleichterten ihm diesen Job nicht gerade, aber er hatte etwas, an dem er sich beständig festhalten konnte. Norrington seinerseits versuchte, seinen Männern weitere Befehle zuzurufen, was bei all dem Getöse dazu führte, dass er sich bald heiser fühlte. Er hustete immer wieder, um Wasser, das er aus versehen beim Einatmen in die Lunge bekommen hatte, wieder herauszubekommen.
 

Als er sich das letzte Mal das Wasser aus den Augen wischen wollte – auch wenn er das Wasser von oben nicht in die Augen bekam, sein Hut schützte ihn nicht vor Wasser aus dem Meer – spülte eine weitere Welle über das Deck hinweg. Durch den rutschigen Untergrund und die Wucht des Wassers wurde dem jungen Mann im wahrsten Sinne des Wortes der Boden unter den Füßen weggezogen, auch wenn er nicht so hart aufschlug wie er es sich gedacht hatte.
 

Kaltes Nass umspülte nun nicht nur seine Beine, sondern auch seine Arme. Der Hut wurde vom Sturm von seinem Kopf gefegt und sein Mantel wurde durch das aufgesogene Wasser noch schwerer.

Keuchend versuchte der Offizier wieder auf die Beine zu kommen.

Was er nicht bedachte war die kleine Lücke in der Reling, mit der man normalerweise per Strickleiter das Schiff betreten konnte. Denn genau diese Lücke befand sich nun hinter seinem Rücken und durch eine weitere Welle verlor der Brite das Gleichgewicht. Er versuchte noch, sich festzuhalten, doch die Reling war ähnlich glitschig wie der Rest des Holzes und er selbst.
 

Klamme Kälte empfing ihn, als er vollends unter Wasser tauchte und den Wind selbst durch die Wassermassen hören konnte. Prustend tauchte er wieder an die Oberfläche, aber es dauerte keinen ganzen Atemzug, bis eine weitere Welle über ihm zusammenbrach und ihn untertauchte.

Auch wenn er nie lange unter Wasser war, wurde es immer anstrengender, aufzutauchen. Der vollgesogene Brokatmantel musste nun doppelt so viel wiegen, wie der junge Mann selbst und zog ihn immer wieder unter die Wasseroberfläche.
 

Sich des Mantels zu entledigen, war bei weitem schwerer, als er es sich gedacht hatte. Strampelnd kämpfte er sich wieder an die Oberfläche, was bei all der Dunkelheit um ihn herum nicht einfach war.

Wie aus kilometerweiten Entfernung hörte er den Schrei „Mann über Bord!“, und er wusste auch, dass damit wohl er gemeint war. Aber bei solchem Wetter jemanden wieder aus dem Wasser zu fischen war ein Ding der Unmöglichkeit und Norrington dachte daran, dass er selbst lieber ertrinken würde, als das sich ein anderer für ihn in die Fluten warf.
 

Nachdem er es geschafft hatte, den dunkelblauen Mantel so weit abzustreifen, dass er sich von selbst löste und dem schwarzen Grund entgegentauchte, strampelte er sich erneut an die Oberfläche. Nach seinem Gefühl waren wohl auch seine Schuhe nicht mehr an seinen Füßen, aber darüber dachte er nicht lange nach.

Statt dessen versuchte er mit all seiner übrig gebliebenen Kraft an der Oberfläche zu bleiben. Der Sturm und die hohen Wellen halfen ihm dabei nicht sonderlich und in diesem Moment bereute er es, schwimmen zu können. Wie viel schöner wäre es, einfach wie sein Mantel abzusinken?
 

Keuchend schüttelte er den Kopf und versuchte, etwas zu erkennen. Er konnte immer noch die entfernten Schreie der Männer hören und hoffte, dass sie alle den Sturm überstehen würden.

Mit was er nicht rechnete war das Fass, das sich offenbar doch gelöst hatte und in den wogenden Wellen nun zu ihm getrieben worden war.

Es war nur ein sehr kleiner Halm, aber er würde sich vermutlich selbst verdammen, wenn er diese Möglichkeit ausschlug, oben zu bleiben und dabei weniger Wasser zu schlucken.
 

Immer deutlicher bekam Norrington zu spüren, wie sehr ihn die Kraft verließ und wie sehr er sich wünschte, nicht auf diese erbärmliche Weise zu sterben.

Er hatte durchaus damit gerechnet, auf See zu sterben. Allerdings wollte er nicht absaufen wie eine Ratte, sondern durch eine feindliche Kugel oder ein Schwert, das nicht aus den eigenen Reihen war, zu Tode gebracht werden. Es erschien ihm ein ehrwürdigerer Tod…
 

Der junge Mann konnte nicht sagen, wie lange er sich auf dem Fass würde halten können. Immerzu machte sich die Erschöpfung in ihm breit, war drauf und dran, ihn gänzlich in wohltuende Schwärze zu hüllen, ihn dort zu empfangen und nicht mehr gehen zu lassen.
 

~*~*~
 

„Capt’n!“

Die Stimme der jungen Frau bellte übers Deck, noch bevor sie hämmernd an die Kajütentüre klopfte. Sie erinnerte sich nur zu gut an den Sturm letzte Nacht und hatte damit gerechnet, dass sie irgendwo nützliche Dinge treiben sehen würden.

Natürlich auch Menschen, die den Sturm weniger gut oder gar nicht überstanden hatten.
 

Aber selbst wenn sie Piraten waren, hielten sie sich an den Kodex und fischten die von ihrem Schiff gespülten aus dem Meer. Sollte dieser dann Ärger nach seiner Rettung machen, konnten sie ihn immer noch umbringen und wenn er schon tot war – nun, vielleicht hatte er Wertgegenstände bei sich…
 

„Eigentlich dacht’ch, klar gemacht zu hab’n, dass ich erst nach Sonnenuntergang rauskommen will…“, auch wenn es als Captain ungewöhnlich war, so ganz hatte Jack sich noch nicht an seine brennenden Augen gewöhnt, wenn die Sonne noch schien.

Und in der Karibik schien sie durchaus hell und heiß und ordentlich.

Vielleicht hätten sie in Europa bleiben sollen…“
 

„Hab’n nen Fang gemacht, der Euch interessier’n könnt…“

Obwohl Anamaria ein neues Schiff versprochen worden war, saß sie nicht wartend und untätig in Port Royal, sondern blieb auf der Black Pearl – vermutlich nur um sicher zu gehen, dass Jack sich an sein Versprechen erinnerte.

Umso lieber hörte sie auch das Grummeln, das ihrem Captain entkam, als er sich seinen Dreispitz so tief er konnte ins Gesicht zog, um seine Augen zu schützen. Er musste sich in Rumänien wohl etwas eingefangen haben und da der besagte Schatz nicht so groß ausgefallen war, wie er sich zuerst gedacht hatte, war Jack Sparrows Laune erst recht auf einem gewissen Tiefpunkt.
 

„Dann lass mich mal seh’n…“

Mit schnellen Schritten ging er auf den Auflauf von Piraten zu, die sich offenbar um jemanden versammelt hatte, der zu seinem eigenen Glück schon tot war oder aber sich hoffentlich benehmen würde.

„Aus dem Weg!“, rief Sparrow dann in die Menge und wartete, bis sich ihm ein Weg zu dem Unglücklichen auftat. Besagter ‚Unglücklicher’ war offenbar nicht bei Bewusstsein, was zu seinem Glück vielleicht sogar recht gut war.
 

Er trug helle, fast beigefarbene Kleidung. Durch das Wasser waren die Ärmel seines Hemds beinahe durchsichtig und zeigte helle Haut. Die Verschönerungen an dem, was er so alles trug, schien es ein reicher Pinkel zu sein.

Seine Haare waren ebenfalls nass und beinahe schwarz, aber Jack nahm an, dass sie braun werden würden, sollten sie trocken sein. Sie waren sogar etwas länger, als es der hiesigen High Society gefallen würde, aber vielleicht war er ja so reich, dass es niemanden kümmerte.
 

„Kommt er dir nicht auch irgendwie bekannt vor?“, murmelte Gibbs von der Seite und warf einen skeptischen Blick auf den bewusstlosen Mann. Nachdenklich legte Jack den Kopf zur Seite.

Die Gesichtszüge und auch das, was er noch trug, waren Jack nicht allzu fremd, aber er war lange Zeit fort gewesen und wenn er diesen Mann nur kurz kennen gelernt hatte.

„Wir auch immer…sperrt ihn vorsichtshalber runter in die Brig…wenn er denn noch lebt…“, mit zusammen gezogenen Augenbrauen begutachtete er den Ohnmächtigen noch etwas und bemerkte das stetige aber seichte Heben und Senken des Brustkorbs.

„Und gebt ihm ne Decke mit…werd’ heut Abend noch mal nach ihm seh’n…außer er wacht früher auf…“

Vielleicht könnte der Unbekannte seinem Gedächtnis auf die Sprünge helfen.

„Ah … und Finger weg von ihm. Wenn er was bei sich hat, werd ich’s mir schon hol’n…und wenn ich draufkomme, dass einer von euch räudig’n Hunden hinter meinem Rücken was von ihm gestohl’n habt, lass ich denjenig’n Kielhol’n….“
 

Damit drehte Jack sich um und stapfte zurück in seine Kajüte, in der es wesentlich dünkler war. Was wiederum wesentlich angenehmer für seine Augen war. Wie der Rausgefischte unter Deck gebracht worden war, verfolgte er nicht mehr. Statt dessen nahm er einen Schluck Rum, der seit Rumänien irgendwie anders schmeckte und nicht mehr die gewünschte Wirkung auf seinen Geist hatte…



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