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Naruto's Valentine's Day

Naruto X Hinata
von

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Naruto's Valentine's Day

Sie presste das Päckchen fest an ihren Körper und drückte sich an die Hauswand. Nur nicht gesehen werden!, so lautete das Motto. Auch wenn sie gegenüber den anderen Passanten ganz und gar nicht unauffällig wirkte in ihrer Art, von Hausecke zu Hausecke zu schleichen und jede Möglichkeit des Versteckens zu nutzen, so bemerkte wenigstens er sie nicht. Und er war schließlich der Grund, wieso sie sich so seltsam aufführte.
 

Sie verfolgte ihn seit gut einer Stunde, ständig auf der Hut, nicht erkannt zu werden. Inzwischen fühlte sie sich fast wie eine Stalkerin, und im Grunde war sie das auch – bei dem Gedanken lief ihr ein Schauer über den Rücken. Doch sie konnte nichts dagegen tun, weder gegen ihre vermaledeite Schüchternheit, noch gegen ihre Zuneigung für ihn. Besagte Zuneigung hatte sie dazu gebracht, für den heutigen Tag – den vierzehnten Februar, besser bekannt als Valentinstag – Schokolade zu machen, die sie ihm schenken wollte; und besagte Schüchternheit hielt sie genau davon ab. Sie brachte es einfach nicht über sich, sich vor ihn zu stellen und ihm das Päckchen zu überreichen, das sie bei diesem Gedanken noch fester an ihre Brust drückte.
 

Was würde er sagen, wenn ich ihm die Schokolade gebe? Würde er sich freuen? Vielleicht... vielleicht würde er sich bedanken und mich auf diese wundervolle Weise anlächeln...

Aber was, wenn er sie nicht annimmt? Was, wenn er mich auslacht? Ich könnte ihm nie wieder ins Gesicht sehen... Ich würde vor Scham sterben...

Nein, so was würde er nicht tun... Er ist so freundlich und lieb, er würde sie bestimmt nehmen! Und er würde sich sicher freuen...

Aber vielleicht sagt er so etwas wie „Ich möchte, dass wir nur Freunde bleiben“... Das würde ich nicht aushalten, das könnte ich einfach nicht ertragen!

Lieber Himmel, was mache ich denn jetzt?

Und da diese Unterhaltung der beiden inneren Stimmen schon seit einer geschlagenen Stunde so vor sich ging, folgte sie ihm eben einfach nur und wartete darauf, dass die beiden da oben sich einigten – oder darauf, dass die Sonne unterging und sie schon wieder einen Tag damit verschwendet hatte, durch die Straßen ihres Dorfes hinter ihm herzulaufen ohne den Mut aufzubringen, ihn anzusprechen.
 

Er, das war Uzumaki Naruto. Er war im ganzen Dorf bekannt, denn er war laut, frech, respektlos und absolut auffällig – das totale Gegenteil von ihr, einem schüchternen, leisen und eher nachdenklichen Mädchen, das gerne übersehen wurde. Nicht gerade die idealen Voraussetzungen für das zukünftige Clanoberhaupt einer der stärksten Ninjafamilien, die das Dorf hinter den Blättern zu bieten hatte.

Doch vielleicht waren es genau diese gegensätzlichen Eigenschaften, die sie so sehr zu ihm hinzogen... Und ganz sicher waren es sein scheinbar unbrechbarer, eiserner Wille und seine Überzeugung – für die er immer wieder lautstark eintrat – gewesen, die ihr Herz gewonnen hatten.
 

Erschrocken zuckte sie plötzlich hinter die schützende Wand zurück; er hatte sich gerade umgedreht und sie beinahe entdeckt! Und das durfte er nicht, auf keinen Fall!

Allerdings... Wenn sie so darüber nachdachte... Vielleicht wäre es gar nicht so schlecht, wenn er sie sehen und zur Rede stellen würde... Vielleicht würde sie ihm dann die Schokolade einfach geben, ohne groß darüber nachzudenken...

Mach dir nichts vor!, meldete sich der rationale Teil ihres Gehirns zu Wort. Du würdest nur wieder peinlich herumstottern, dir eine dumme Ausrede einfallen lassen und dann schnell nach Hause rennen, um dich in deinem Zimmer zu verkriechen! Du wirst nie den Mut aufbringen, ihm zu sagen, dass du ihn magst, auch heute nicht! Also gib es auf und iss die Schokolade selbst, bevor es noch peinlicher wird.
 

Sie seufzte. Ihre innere Stimme hatte recht, sie würde sich nicht trauen. Heute würde enden wie alle anderen Tage zuvor: Sie würde Naruto-kun verfolgen, bis ihr die Füße wehtaten und es dunkel wurde. Dann würde sie heim gehen, sich schweigend in ihr Zimmer verziehen und dort die ganze Nacht lang frustriert wach liegen, wo sie sich schließlich schwören würde, dass so etwas nicht noch einmal passierte.

Aber natürlich würde es noch einmal passieren, und dann wieder, und dann wieder und wieder. Dabei wünschte sie sich nur, dass er sie ein einziges Mal in ihrem Leben wirklich sehen würde...
 

---
 

Uzumaki Naruto, Konoha Gakures sturköpfigster, uneinschätzbarster und definitiv chaotischster Ninja, war gefrustet – ein äußerst seltener Anblick bei dem jungen Blondschopf, der normalerweise die Verkörperung der guten Laune darstellte, selbst dann, wenn er nicht gut gelaunt war. Dass er Trauer und Frustration so offen zeigte, wollte schon etwas heißen...

Der Grund für die miese Laune des Chaosninjas war ganz genau der gleiche wie der für das seltsame Benehmen seiner verliebten Stalkerin: Valentinstag.

Es war nicht so, dass er erwartete hatte, jedes Mädchen des Dorfes würde sich auf ihn stürzen, um ihm Schokolade zu überreichen; aber zumindest von seinem hübschen, rosahaarigen Teammitglied, Haruno Sakura, hatte er sich schon ein kleines Geschenk erhofft... Leider war er Sakura-chan heute noch gar nicht begegnet, was seine Stimmung nicht gerade hob, genauso wenig wie die Tatsache, dass er mit ziemlicher Gewissheit keine Valentinsschokolade von seiner großen Liebe erhalten würde. Nicht gerade aufbauend für einen Dreizehnjährigen.
 

Trotzdem stapfte Naruto durch Konohas Straßen, weigerte sich strikt, die Hoffnung aufzugeben und hielt deshalb weiterhin Ausschau nach „seiner“ Sakura. Dass er die ganze Zeit verfolgt wurde, entging ihm völlig.

Als er um die nächste Straßenecke bog und an Konohas großen Marktplatz ankam, ließ ihn ein großer Menschenauflauf anhalten. Genau genommen war es nämlich kein Menschenauflauf, sondern ein Mädchenauflauf, alle etwa in seinem Alter (plus/minus ein paar Jährchen) und alle mit Päckchen in den unterschiedlichsten Größen und Formen bestückt, die mit Sicherheit eins enthielten: Valentinsschokolade.

Narutos Herz schlug ein wenig schneller, als er meinte, einen rosafarbenen Haarschopf unter den anderen Blondinen, Brünetten, Schwarz-, Rot- und Was-weiß-ich-noch-haarigen zu sehen... Wenn Sakura-chan tatsächlich dort drüben war, dann musste er seine Chance ergreifen!

...aber warum hatten sich eigentlich so viele Mädchen mit so viel Schokolade auf einem Haufen versammelt?
 

Die Antwort erhielt der Chaosninja, als er in Hörweite des Haufens kam:

„Sasuke-kun! ♥“

„Sasuke-kuuuuuuuun!“

„Hier, nimm meine Schokolade, ich hab sie extra für dich gemacht!“

„Ich auch, ich auch! Sasuke-kun!“

„Sasuke-kun, ich liebe dich so sehr! Deshalb habe ich diese Miniaturstatue von dir aus Schokolade angefertigt!“

„Sasuke-kun, schau, das ist dein Gesicht aus Schokolade! Weil du zuckersüß bist! ♥“ (Sasuke machte bei dieser Bemerkung ein Gesicht, als müsste er sich gleich übergeben, womit er erstaunlich viel Emotionen zeigte.)

„Sasuke-kun! Meine Schokolade ist etwas ganz besonderes!“ (Den Grund dafür sagte sie nicht. Vielleicht hatte sie ihn vor lauter „Sasuke-kun!“ vergessen. Oder es gab nie einen.)

„Sasuke-kun!“

„Sasuke-kun, ich habe meine Schokolade extra für dich aus Oto Gakure importieren lassen!“ (Sasuke wich ein Stück zurück. Vielleicht dachte er an Orochimaru.)

„Sasuke-kun!“

„Sasuke-kun!!!“ (Mit drei Ausrufezeichen.)

„Sasuke-kun! ♥“
 

Naruto stöhnte. Wieso bekommt dieser eingebildete Bastard so viel Schokolade?! Das kann der doch alles nie im Leben essen! Und außerdem hasst er Süßes! Wieso krieg ich nichts? Das ist doch scheiße! Und Sakura-chan schenkt ihm auch was! Nur ich geh mal wieder leer aus...

Seufzend machte der Blondschopf auf dem Absatz kehrt, schob die Hände in die Hosentaschen und ging den gleiche Weg zurück, den er gekommen war. Für einen Moment glaubte er, eine Person hinter die Ecke zurückzucken zu sehen; doch es war nur ein Moment, und hinterher hielt Naruto das ganze nur für Einbildung. Sauer steuerte er auf die Straßenbiegung zu und warf noch einmal einen wütenden Blick in Richtung Sasuke, bevor er um die Ecke bog und missmutig die Straße entlangstapfte.
 

---
 

Umino Iruka schlenderte durch die Straßen, die Hände in den Hosentaschen vergraben, und hielt Ausschau nach einem stacheligen, blonden Haarschopf, dessen Besitzer sich mit Sicherheit hier irgendwo herumtrieb.

Da sich in den letzten Jahren herausgestellt hatte, dass ein Haufen hormongesteuerter Teenage-Ninjas am Valentinstag zu so gut wie gar nichts zu gebrauchen war, war der vierzehnte Februar offiziell zu einem freien Tag erklärt worden, für alle bis auf diejenigen, die Elite-Missionen vom A- oder sogar S-Rang erfüllen mussten (und zu denen sich übrigens auch Hatake Kakashi zählte, was man in diesem Fall vielleicht als glücklichen Umstand bezeichnen könnte, denn wenn Konohas Kopierninja anwesend gewesen wäre und seine Nase mal wieder in die Angelegenheiten seiner drei halbwüchsigen Schüler gesteckt hätte, dann wäre diese Geschichte sicherlich anders ausgegangen).

So musste natürlich auch Iruka nicht arbeiten, und weil er vor kurzem schon einmal einen freien Tag gehabt hatte, wusste er jetzt nichts mit der Zeit anzufangen, die ihm zur Verfügung stand. Also, hatte er sich gedacht, würde er Naruto suchen und ihn zu einer Schüssel Nudelsuppe bei ihrem Lieblingsrestaurant Ichiraku Ramen einladen. Naruto würde diese Aufmunterung vermutlich gut gebrauchen können, denn wie Iruka seinen schlechtesten Schüler kannte, schwärmte dieser immer noch für sein weibliches Teammitglied und hatte noch nicht begriffen, dass sie seine Gefühle nicht erwiderte – und ihm daher auch keine Schokolade zum Anlass des heutigen Tages schenken würde.
 

Und als ob irgendeine höhere Macht ihm beweisen wollte, dass das Sprichwort „Wenn man vom Teufel spricht, ist er nicht weit“ eigentlich „Wenn man auch nur an den Teufel denkt, dann biegt er im nächsten Moment um die Ecke“ heißen sollte, kam ihm an der nächsten Straßenbiegung derjenige entgegen, über den er gerade ausgiebig nachgedacht hatte.

„Hallo, Naruto“, begrüßte Iruka den Blondschopf mit einem warmen Lächeln.

Naruto zuckte zusammen und blickte etwas verwirrt um sich. Offenbar hatte er gar nicht bemerkt, wo er hingelaufen war. Einen Augenblick lang starrte er Iruka an, dann legte sich seine Stirn in Falten, seine Mundwinkel sackten ab und sein Gesichtsausdruck wanderte von „verwirrt“ nach „Lass-mich-gefälligst-in-Ruhe-ich-bin-sauer“.

„Hallo, Iruka-sensei“, murmelte er und gab sich nicht die geringste Mühe, enthusiastisch zu klingen. Iruka hob eine Augenbraue. Das war definitiv ungewöhnlich, wenn nicht sogar fast schon besorgniserregend.

„Was ist los mit dir, Naruto?“, fragte er deshalb, darauf bedacht, möglichst heiter zu klingen und seine Sorge nicht in seiner Stimme mitschwingen zu lassen. Naruto hasste es, wenn man sich Sorgen um ihn machte.

„Nichts“, murmelte der Blondschopf – diese Antwort war zu erwarten gewesen – und versuchte, sich rasch an seinem ehemaligen Sensei vorbei zu drücken. Doch Iruka, der mit einer Reaktion dieser Art bereits gerechnet hatte, nahm ihn an den Schultern und drückte ihn sanft in Richtung einer Bank, die am Rand des Weges stand.
 

„Erzählst du mir freiwillig, was passiert ist“, begann Iruka, nachdem sie nebeneinander auf der Bank Platz genommen hatten, „oder muss ich es erst aus dir herauskitzeln?“

Naruto versuchte verzweifelt, ernst zu und missgelaunt zu bleiben, doch das Zucken seiner Mundwinkel verriet ihn. Iruka lächelte und legte einen Arm um die schmalen Schultern des Jungen, der für ihn wie ein Sohn geworden war.

„Komm schon, erzähl deinem alten Sensei, was dich bedrückt.“

„Dem alten Sensei, der mir schon so oft Nachsitzen reingedrückt hat?“, erwiderte Naruto mit einem verhaltenen Grinsen. „Ich glaub, dem will ich nichts erzählen.“

Iruka stöhnte theatralisch.

„Das kannst du mir doch unmöglich immer noch übel nehmen, oder? Und außerdem würde ich mir an deiner Stelle mal Gedanken darüber machen, warum ich dir so oft Nachsitzen verpassen musste.“

„Ich kann mich nicht daran erinnern, dass ich was falsch gemacht hätte.“

Naruto starrte mit Unschuldsmiene geradeaus, drehte Däumchen und sah ganz und gar nicht aus wie jemand, der gerade eine der dreistesten Lügen erzählt hatte, die auf dieser Welt jemals ausgesprochen wurden. Iruka lachte und zerzauste dem Jungen das ohnehin schon unordentliche Haar.

„Du lenkst vom Thema ab, junger Mann. Also, raus mit der Sprache: Was ist los?“
 

Im Prinzip war diese Frage überflüssig, denn Iruka konnte es sich auch so schon denken: Sasuke und Valentinstag waren los. Sehr, sehr ungünstige Kombination.

Trotzdem wollte er es zuerst aus Narutos Mund hören, und dann würde er versuchen, den Jungen etwas aufzumuntern; Ichiraku würde sich dabei sicherlich als hilfreich erweisen...

Nach einem letzten aufmunternden Knuff seitens Iruka in seine Schulter ließ sich Naruto endlich erweichen und begann ziemlich missmutig:

„Sasuke-teme wird auf dem Marktplatz von ganz vielen Mädchen belagert! Und die schenken ihm alle Schokolade!“

Empört verschränkte der Junge die Arme vor der Brust und ließ sich zurückfallen, ungeachtet Irukas Arm, der immer noch um seine Schultern gelegt war. Iruka seufzte. Genau wie er befürchtet hatte. Naruto nahm sich alle Dinge, in denen Sasuke besser war als er, viel zu sehr zu Herzen.

„Und das ärgert dich so sehr?“, fragte er bekümmert und bekam für diese offensichtliche Frage sofort seine Strafe in Form eines ungläubigen Blickes von Naruto samt passender Antwort:

„Ich hab gar keine Schokolade bekommen“, beschwerte er sich lautstark, „und dem doofen Bastard legen sie sie zu Füßen!“
 

Diese Antwort brachte ihm zu allererst einen Klaps auf den Hinterkopf für den „Bastard“ ein.

„Du weißt ganz genau, dass ich solche Schimpfwörter nicht aus deinem Mund hören will“, sagte Iruka bestimmt. Dann seufzte er erneut, legte beide Hände in den Schoß und beugte sich vor, so dass er Naruto besser ins Gesicht sehen konnte.

„Weißt du, Naruto“, begann er und war erfreut, dass er sofort die Aufmerksamkeit des Jungen hatte, „am Valentinstag geht es nicht darum, welcher Junge mehr Schokolade geschenkt bekommt-“

„Nicht?“, unterbrach ihn Naruto und schaute nun völlig verwirrt aus der Wäsche. „Worum geht es denn dann?“

„Das wollte ich dir gerade erklären“, sagte Iruka ein wenig vorwurfsvoll und schnippte ihm gegen die Nase, „also lass mich in Zukunft ausreden, okay?“

Naruto nickte hastig und starrte ihn mit großen Augen wissbegierig an. Iruka erwischte sich bei dem heimlichen Wunsch, der Junge hätte bereits in der Akademie so an seinen Lippen gehangen. Dann wäre ihm so manches erspart geblieben...

„Es geht darum“, fuhr er rasch fort, bevor er noch tiefer in seine Wunschträume absinken konnte, „dass ein Mädchen einem Jungen, den es gern hat, ein Geschenk gibt, um ihm ihre Zuneigung zu gestehen. Es ist nicht wichtig, wie viel Schokolade man geschenkt bekommt, sondern von wem man sie bekommt und wie sehr man denjenigen gern hat. An einem solchen Tag sollte kein Wettstreit stattfinden, findest du nicht?“

„Mhm...“ Naruto schob die Unterlippe nach vorne und schmollte. Iruka kannte diesen Gesichtsausdruck nur zu gut: Der Blondschopf wusste ganz genau, dass sein Sensei recht hatte, doch er war noch nicht bereit, es zuzugeben; also wuschelte ihm Iruka noch einmal gutmütig durch die Haare.

„Denk darüber nach, in Ordnung? Ich bin mir sicher, dass du irgendwann auch jemanden finden wirst, der dir etwas zum Valentinstag schenkt. Und lass dich bis dahin nicht von Sasuke ärgern.“
 

Narutos Reaktion darauf verlief anders, als Iruka erwartet hatte: Er hatte mit mehr Schmollen gerechnet, einem gegrummelten „Von mir aus“ – nicht mit einem plötzlichen Aufspringen und einer in die Luft schießenden Faust, begleitet von einem lauten „Genau! Ich werd's dem blöden Teme zeigen!“. Und nach einer kurzen, aber nicht weniger knochenbrechenden Umarmung war der Blondschopf davongestürmt, rief quer über die Straße „Wart's nur ab, Sasuke!“ und war auch schon um die nächste Biegung verschwunden.

Iruka blickte ihm verdutzt hinterher, blinzelte einige Male, dann schüttelte er den Kopf und lächelte. Das war einfach typisch Naruto, ein Stimmungswandel von hundertachtzig Grad innerhalb von wenigen Sekunden. Und vermutlich hatte er mal wieder überhaupt nicht verstanden, was Iruka ihm eigentlich hatte sagen wollen. Na ja. Wenigstens war er nicht mehr . so furchtbar niedergeschlagen. Dann blieb für Iruka ja nur noch eines übrig, um das er sich kümmern musste...

Immer noch lächelnd sah er zu der Straßenecke gegenüber der, um die Naruto gerade verschwunden war, und fragte freundlich:

„Willst du nicht herkommen und mir ein wenig Gesellschaft leisten?“
 

---
 

Hinatas Herz wäre beinahe stehen geblieben, als der Junge, dem sie besagtes Herz geschenkt hatte, auf dem Absatz kehrt gemacht hatte und um die Ecke gebogen war, hinter der sie sich versteckt hatte. Verzweifelt hatte sie sich in eine Nische zwischen zwei Häusern gepresst und ihre Unauffälligkeit auf höchste Stufe geschaltet. Es hatte funktioniert. Er hatte sie nicht gesehen.

Vielleicht war er aber auch nur so wütend gewesen, dass er weder Augen noch Ohren noch sonst irgendwelche Sinne für seine Umwelt gehabt hatte... Sie hatte ihn fluchen gehört, „Dämlicher Sasuke-Bastard!“ hatte er gemurmelt und „Das kriegt der blöde Kerl alles wieder!“. Gescheit, wie sie war, hatte Hinata daraus geschlussfolgert, dass Naruto-kun Uchiha Sasuke irgendwo entdeckt hatte, vermutlich in Verbindung mit den beiden Wörtern Mädchen und Schokolade. Folglich, schloss Hinata, war es in Naruto-kuns momentanem Gemütszustand relativ ungefährlich, ihn auch weiterhin zu verfolgen, ohne Gefahr zu laufen, entdeckt zu werden.
 

Und das hatte sie auch getan, quer durch das Dorf. Naruto schien nicht darauf zu achten, wo er eigentlich hinlief, und es schien ihm auch nicht wirklich wichtig zu sein. Das machte es Hinata wesentlich einfacher, ihr geheimes (und irgendwo auch nicht ganz legales...) Hobby auszuüben und nach Herzenslust mit sich selbst darüber zu debattieren, wie es jetzt mit der selbstgemachten Valentinsschokolade weitergehen sollte. Im Moment sah es für „Selber-essen“ gar nicht so übel aus, die Option „In-den-nächsten-Mülleimer-damit“ lag auch relativ weit vorne, „Neji-niisama-schenken“ hatte vergleichsweise schlechte Chancen und „Doch-noch-Naruto-geben“ wurde schon gar nicht mehr als ernst zu nehmende Gefahr betrachtet.
 

Gefangen in ihrem eigenen inneren Kampf wäre Hinata beinahe ein folgenschwerer Fehler unterlaufen: Sie wäre entdeckt worden.

Passiert wäre das fast, weil Naruto-kun plötzlich stehen geblieben war. Und plötzlich stehen geblieben war er, weil er ihren alten Akademielehrer, Umino Iruka getroffen hatte, und von ihm auf eine Bank gedrückt worden war, wo die zwei sich offensichtlich unterhielten. Hinata konnte von ihrer Ecke aus (Wieso versteckte sie sich eigentlich immer hinter Straßenecken?) nichts verstehen, aber das war ihr eigentlich auch ziemlich egal: Es ging sie ohnehin nichts an, worüber sie redeten. Außerdem beobachtete sie die beiden gerne aus der Ferne, schon seit den Tagen, in denen sie noch zur Schule gegangen war. Iruka-sensei war nämlich der Einzige im ganzen Dorf, der dieses ganz besonders warme Lächeln auf Narutos Gesicht zaubern konnte...

...wie sehr sie sich doch wünschte, Naruto-kun würde ihretwegen so lächeln! Niedergeschlagen ließ sie den Kopf hängen und zupfte abwesend an den roten und blauen Schleifen herum, die sie um das Valentinsgeschenk gewickelt hatte. Was würde sie für ein wenig mehr Mut geben...!
 

„Willst du nicht herkommen und mir ein wenig Gesellschaft leisten?“

Hinata zuckte heftig zusammen. Sie war schon wieder so sehr in ihren Gedanken versunken gewesen, dass sie überhaupt nicht bemerkt hatte, wie Naruto-kun verschwunden war! Jetzt blickte Iruka-sensei genau da hin, wo sie stand! Ob er wohl sie meinte mit seiner Aufforderung? Natürlich, sonst war ja niemand hier, die Gegend war ein gutes Stück von Konohas Zentrum entfernt, hier trieb sich keine Menschenseele herum!

„Hinata?“

Oh nein, er meinte tatsächlich sie! Hatte er sie gesehen? Wusste er, dass sie Naruto-kun verfolgte? Würde er ihr eine Strafpredigt halten oder – bei dem Gedanken wurde ihr ganz schlecht – ihrem Vater davon erzählen?
 

Irgendeine ihr unbekannte Kraft in ihren Füßen ließ sie das einzig Richtige tun: Sie trat zögerlich aus ihrem Versteck hervor und ging mit unsicheren Schritten auf ihren Sensei zu, der sie aufmunternd anlächelte und ihr mit einer Geste bedeutete, sich zu setzen. Als sie neben ihm Platz genommen hatte, presste sie das Geschenk nur noch fester gegen ihre Brust und starrte auch ihre Füße. Aus den Augenwinkeln beobachtete sie, wie ihr Sensei sie einen Augenblick lang bekümmert ansah und dann seufzte.

„Hinata“, begann er behutsam, „könnte es sein, dass du mit Naruto sprechen möchtest und ihm deshalb hinterhergehst?“

Das war typisch für Iruka-sensei: Er brachte die Dinge auf den Punkt, aber auf eine vorsichtige, sanfte Art und Weise – nicht mit dem Kopf durch die Wand, wie ihr Vater es manchmal gerne tat. „Hinterhergehen“ hatte er gesagt, anstatt es mit „verfolgen“ überdeutlich zu machen oder mit „stalken“ dafür zu sorgen, dass sie sich noch schuldiger fühlte als ohnehin schon.
 

Schüchtern hob Hinata den Blick und sah in seine warmen, dunkelbraunen Augen. Sie nickte stumm, ihre Wangen vermutlich inzwischen feuerrot, und kam sich so furchtbar albern vor, doch Iruka-sensei nickte nur seinerseits.

„Aha, so ist das also. Und du möchtest Naruto bestimmt sprechen, damit du ihm das da geben kannst.“

Er deutete auf das Geschenk, das Hinata bei diesen Worten nur noch fester umklammerte und dabei wieder wortlos den Kopf auf und ab bewegte.

„Ich verstehe. Mhm...“, meinte Iruka und legte nachdenklich das Kinn in die Hand. Nach einer Weile wandte er sich plötzlich zu Hinata um und lächelte sie mit einem wissenden Ausdruck in den Augen an.

„Naruto ist ganz schön schwer zu erwischen, nicht wahr? Ständig auf Achse, der Junge, er kann einfach nicht stillsitzen!“ Er lachte, und es war ein so warmes und liebevolles Lachen, dass Hinata allein vom Klang lächeln musste.

„S-so ist er h-halt“, sagte sie und drehte das Geschenk, das inzwischen in ihrem Schoß lag, mit ihren Fingern hin und her, „s-sonst w-wäre er ja n-nicht N-Naruto-kun, o-oder?“

Ihr fiel gar nicht auf, dass sich ihre Mundwinkel zu einem immer größeren Lächeln verzogen und ihre Augen das kleine Päckchen auf ihren Oberschenkeln bewundernd betrachteten, als ob sich darin das Gesicht ihres Schwarms widerspiegelte.
 

„Weißt du eigentlich, Hinata“, als sie ihren Kopf hob, sah sie zu ihrem Erschrecken, dass der wissende Ausdruck in Iruka-senseis Augen noch stärker geworden war, „dass du nur so lächelst, wenn Naruto in der Nähe ist oder du an ihn denkst?“

Erschrocken zuckte sie zusammen. Oh nein! War es etwa so offensichtlich, was sie für Naruto-kun empfand?

„Mach dir keine Sorgen“, beruhigte ihr Sensei sie im gleichen Moment auch schon, „das bemerkt man nur, wenn man auch den Zusammenhang kennt. Aber wieso hast du solche Angst davor, ihm etwas zu schenken? Denn weißt du“, und sein Lächeln wurde noch eine Spur aufmunternder, „ich glaube, er würde sich wahnsinnig freuen, wenn er wüsste, dass es wirklich ein Mädchen gibt, das am Valentinstag an ihn gedacht hat.“

Hinatas Kopf war inzwischen feuerrot angelaufen, und sie spielte nervös mit dem Saum ihrer Jacke.

„A-aber... M-Mein Geschenk i-ist n-nichts b-besonderes...“, versuchte sie ihre erbärmliche Mutlosigkeit zu erklären, „u-und e-es ist s-sicherlich n-nichts i-im Vergleich z-zu dem, was S-Sasuke-kun geschenkt bekommt...“
 

Iruka schüttelte den Kopf.

„Hinata“, seufzte er, „ich fürchte, du hast ein ähnliches Problem wie Naruto selbst.“

„W-Wie Naruto-kun?“

„Genau“, nickte er und fuhr sich durch die dunklen Haare. „Verstehst du, es ist vollkommen unwichtig, wie groß dein Geschenk ist oder wie es aussieht – solange es von Herzen kommt, ist es mehr wert als das größte, schickste und teuerste Geschenk, das ein Mädchen einem Jungen nur gibt, weil sie sich von Äußerlichkeiten blenden lässt. Und ich bin mir sicher“, er beugte sich mit einem Lächeln vor und sah sie an, „das dein Geschenk auf jeden Fall von Herzen kommt. Also hab ein wenig mehr Vertrauen in dich selbst.“

Plötzlich stand er auf, baute sich vor ihr auf mit einer Hand an der Hüfte, die andere in die Richtung ausgestreckt, in die Naruto verschwunden war, und einem strengen Gesichtsausdruck.

„Und jetzt ab mit dir! Geh Naruto suchen, finde ihn und drück ihm das Päckchen in die Hand!“

Und lächelnd fügte er hinzu:

„Ich weißt, dass du das schaffst!“

Einen Augenblick lang starrte Hinata ihn nur ungläubig an; dann blickte sie auf Geschenk in ihrer Hand, biss die Zähne zusammen, ballte die Hände zu fäusten und sprang mit entschlossenem Gesicht auf.

„O-Ok! I-Ich werd's tun!“

Und sie stürmte davon, allerdings nicht ohne Iruka für seine Dienste zu danken, indem sie es Naruto gleich tat und ihn in einer kurzen Umarmung an sich drückte.
 

Sie wusste nicht, dass sich Iruka, nachdem sie fort war, wieder Kopf schüttelnd auf die Bank fallen ließen und mit einem Grinsen vor sich hinmurmelte:

„Gütiger Gott, das kann ja was werden... Aber wer weiß, vielleicht wird sie ja irgendwann meine Schwiegertochter...?“
 

---
 

Aber natürlich ist das Leben nicht so einfach, wie Umino Iruka feststellen musste, als er auf der Bank sitzen blieb und den Nachmittag verstreichen ließ. So langweilig sich das anhören mag – allein auf einer Bank in einer Gegend, in der sich keinen Menschenseele aufhält –, es war durchaus interessant:

Kaum zehn Minuten, nachdem Hinata Konohas Chaosninja hinterhergelaufen war, kam besagter Chaosninja angestürmt, allerdings aus der entgegengesetzten Richtung und verfolgt von einem Rudel bissiger Hunde. Sobald er mit viel Geschrei und Armwedeln vorbei gerannt war, stolperte Hinata in Irukas Sichtfeld, offenbar verzweifelnd in dem Versuch, ihren geliebten Naruto einzuholen und ihm endlich seine Valentinsschokolade zu geben.

Iruka hatte kaum Zeit, den Kopf über diese verrückte Welt zu schütteln, da stürmte Naruto zum zweiten Mal an ihm vorbei, diesmal in die Richtung, aus der er gekommen war und verfolgt von einem Geschwader streunender Katzen, die ihre Krallen nach ihm ausstreckten. Zwei Minuten später joggte eine gewisse Hyuuga-Erbin an Irukas Bank vorbei, völlig außer Atem. Sie sollte wirklich etwas mehr Konditionstraining machen....
 

Und so beobachtete Iruka eine interessante Version von Murphys Gesetz: Alles, was am Valentinstag für Naruto und Hinata schiefgehen kann, geht auch schief.

Oder zumindest das meiste. Wenigstens tauchte Hinatas Vater nicht auf und fragte sie, was bei Hokages Unterhosen das eigentlich sollte, kreuz und quer durch ganz Konoha zu spurten und einen Jungen zu verfolgen, der das Chaos irgendwie magisch anzog.

Inzwischen war sich Iruka auch sicher: Uzumaki Naruto war ein Pechvogel. Das hatte sich für ihn (immer noch auf seiner Bank sitzend) spätestens dann bestätigt, als er panische Schreie aus dem Himmel gehört und dort den Blondschopf entdeckt hatte, der von einem riesenhaften Vogel in den Krallen getragen wurde. Einige Meter weiter unten sprang das Mädchen, das sich trotz aller Umstände unsterblich in ihn verliebt hatte, nicht weniger panisch von Hausdach zu Hausdach und versuchte, den Vogel mit Kunais und Shuriken zu treffen, damit er Naruto losließ. Iruka wusste nicht, ob er bei diesem Anblick lachen oder weinen sollte.
 

Kurze Zeit später – nämlich dann, als es Naruto irgendwie wieder auf die Erde geschafft hatte und auf den Hausdächern entlang in die eine Richtung hüpfte, während Hinata unten am Boden in die andere Richtung rannte, ohne dass sich die beiden bemerkten – entschied sich Iruka fürs Weinen. Und dann entschied er sich dafür, dass hier etwas getan werden müsse. Also stand er auf, rieb sich die Hände, die in der kalten Februarluft etwas klamm geworden waren, und machte sich ans Verfolgung. Irgendeinem der beiden Unglücksraben würde er früher oder später schon über den Weg laufen.

Er konnte nicht wissen, dass Naruto und Hinata sich drei Minuten später an genau der Stelle einfinden würden, an der er sich die letzten drei Stunden lang aufgehalten hatte. Aber vielleicht wäre auch nie passiert, was nun passierte, wenn er dageblieben wäre...
 

Jedenfalls keuchte exakt zwei Minuten und neunundfünfzig Sekunden nach Umino Irukas Aufbruch Uzumaki Naruto von der einen Seite die Straße entlang, während sich Hyuuga Hinata von der anderen Seite heranschleppte, die Hände in die Seiten gekrallt. Ziemlich genau in der Mitte – dort, wo einige Meter an der Seite die Bank stand, auf der Umino Iruka indirekt Kuppler gespielt hatte – trafen sich die beiden, und Naruto hob die Hand und sagte, immer noch etwas außer Atem:

„Hi, Hinata!“

Hinata hätte es beinahe aus den Latschen gehauen. Da hatte sie sich abgemüht, war stundenlang durch das ganze Dorf gerast (und Konoha war nicht gerade klein), hatte sich abgekämpft, um ihrem Schwarm zu helfen – und dann traf sie ihn hier auf der Straße! Einfach so!

Aber zum Glück (oder auch Unglück, je nachdem aus welchem Blickwinkel man es betrachtet) erinnerte sie sich rasch wieder an den Grund, warum sie sich so sehr angestrengt hatte – und prompt verflog das Gefühl von Entschlossenheit und Selbstvertrauen, das sie nach dem Gespräch mit Iruka erfüllt hatte. Übrig blieb – wie immer – nur die übliche Unsicherheit und das Stottern, von dem sie auch sofort fleißig Gebrauch machte:

„Na-Na-Naruto-kun...!“

„Mhm?“ Naruto war wie immer vollkommen planlos. „Was'n los, Hinata? Mann“, er betrachtete sie eingehend, „du siehst ja genauso fertig aus, wie ich mich fühl! Alles ok?“
 

Hinata spürte, wie unter seinem prüfenden Blick die Hitze in ihr Gesicht wallte, und rasch senkte sie den Blick, bevor sie mit zitternden Händen das (inzwischen ziemlich ramponiert aussehende) Valentinsgeschenk aus ihrer Jackentasche zog. Rot wie eine Tomate starrte sie den ahnungslosen Blondschopf an, öffnete den Mund – und brachte nicht mehr und nicht weniger als das erbärmlichste Gestottere ihres Lebens heraus:

„Na-Na-Naruto-k-kun... d-d-das h-hier... i-i-ich ha-hab e-es... u-und... f-f-für d-di-“

„Hinata?“, fragte Naruto, der anscheinend überhaupt nicht mitbekam, dass sie mit ihm redete. „Ist alles in Ordung mit dir? Du bist knallrot im Gesicht! Hast du vielleicht Fieber?“

Und dabei legte er seine Hand auf ihre Stirn und kam so nah, dass sich ihre Nasenspitzen beinahe berührten. Hinata starrte ihn mit weit aufgerissenen Augen an und man konnte die Hitze, die ihr Gesicht ausstrahlte, förmlich spüren; dann drehten sich ihre pupillelosen Augen nach oben und mit einem gehauchten „Naruto-kun“ sank sie ohnmächtig zu Boden.

Narutos panisches „Hinata?!“ hörte sie nur noch aus ganz weiter Ferne
 

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Als sie langsam wieder zu sich kam, wusste sie zuerst nicht, wo sie war. Der Untergrund, auf dem sie lag, war steinhart, also befand sie sich wohl nicht zu Hause in ihrem Bett. Es war nämlich auch ziemlich kalt, was vermutlich bedeutete, dass sie irgendwo draußen war...

Mühsam öffnete sie die Augen und starrte in den Himmel. Seltsam. Der Himmel war heute überhaupt nicht blau, sondern ein verschwommener Farbklecks aus rosa, gelb und blau...

„Hinata? Hey, Hinata! Bist du wieder wach?“

Ein schwaches „Iek!“ entwich ihrer Kehle, als ihr klar wurde, dass das nicht der Himmel, sondern Naruto-kuns Gesicht war... Und dann fiel ihr auch wieder ein, was geschehen war. Sie hatte schon wieder das Bewusstsein verloren. Und dabei hatte sie sich doch so fest vorgenommen, dass das nicht wieder passieren würde!

So fest, wie du dir vorgenommen hast, ihm deine Schokolade zu geben, sagte eine gemeine kleine Stimme in ihrem Ohr, und der letzte Rest ihrer Selbstachtung sank in sich zusammen wie ein Wasserball, aus dem die Luft gelassen wird. Sie war schwach. Sie war eine Versagerin. Naruto-kun würde sie niemals lieben. Sie war-

„Hey, Hinata! Das da ist dir runtergefallen!“
 

Erneut erfüllte Narutos breites Grinsen – das jetzt um einiges erleichterter aussah – ihr Blickfeld. Er wedelte mit einem Päckchen vor ihrer Nase herum, ihrem Päckchen, das die Schokolade enthielt, die sie für ihn gemacht hatte. Hinata fühlte sich furchtbar. Sie wollte ihm sagen, dass das Geschenk für ihn war, doch sie brachte keinen Ton heraus, nicht einmal einen ihrer peinlichen Stotter-Sätze. Jetzt wollte sie einfach nur noch nach Hause, sich in ihrem warmen Bett verkriechen und den heutigen Tag aus ihrem Kalender streichen (wie so viele andere Tage auch).

Dann bemerkte sie, dass Naruto nur im T-Shirt vor ihr stand. Seine Jacke hatte er geopfert, um sie zuzudecken. Und jetzt, wo sie sich zum ersten Mal für ihre Umgebung interessierte, stellte sie fest, dass sie auch nicht auf dem Boden lag, sondern auf der Bank; Naruto-kun musste sie dort hingelegt haben!

Diese kleine, aber feine Tatsache und die, dass Naruto im Augenblick auf der Stelle hüpfte, sich die Arme rieb und offensichtlich fror wie ein Schneider, machten Hinata unglaublich glücklich. Sie machten sie sogar so glücklich, dass sie kühn genug war, sich aufzusetzen, das Valentinsgeschenk aus ihrem Schoß zu nehmen, es dem Blondschopf (der gerade aussah, als führte er einen kleinen Tanz auf) hinzustrecken und zu sagen:

„H-Hier! F-Für dich!“

Und sie sagte es diesmal laut genug, dass Naruto sie verstand.
 

---
 

Naruto war vollkommen in Panik geraten, als Hinata ihm plötzlich bewusstlos in die Arme gesegelt war. Doch trotz Panik hatte er ausgesprochen vernünftig gehandelt, die ohnmächtige Hyuuga-Erbin auf die Bank am Straßenrand gelegt, seine Jacke ausgezogen und über sie gebreitet. In Konoha war es zwar auch im Winter nie so richtig kalt, aber es war immer noch kalt genug, um Naruto ziemlich frieren zu lassen, nachdem Hinata wieder aufgewacht war und der sich keine Sorgen mehr machen musste, weil es ihr offenbar gut ging.

Doch als sie ihm nun das kleine Päckchen, das ihr vorhin heruntergefallen war, hinstreckte und „H-Hier! F-Für dich!“ stotterte, war die Kälte und auch alles andere um ihn herum vergessen. Seine Augen weiteten sich, als er das Geschenk betrachtete.
 

Um ehrlich zu sein, es sah ziemlich mitgenommen aus: Die roten und blauen Schleifen waren verrutscht, die Ecken waren eingedrückt und das Geschenkpapier hatte an mehreren Stellen kleine Risse. Doch für Uzumaki Naruto war es das schönste Geschenk, das er jemals in seinem Leben gesehen hatte. Anfangs war er sich nicht einmal sicher, ob es wirklich für ihn war. Vielleicht hatte er sich verhört. Vielleicht hatte er jetzt sogar Halluzinationen. Vielleicht träumte er ja auch nur. Also fragte er mit unsicherer Stimme (und hörte sich unbewusst genauso an wie Hinata):

„F-Für mich?“

Hinata war inzwischen wieder feuerrot im Gesicht, klebte mit ihrem Blick an ihren Oberschenkeln und nickte. Naruto blinzelte. Dann rieb er sich die Augen. Und dann die Ohren. Doch es gab keinen Zweifel: Er hatte es gehört, er hatte es gesehen und Hinata streckte es ihm nach wie vor entgegen – es war seins! Sein erstes, eigenes Valentinstagsgeschenk von einem richtigen Mädchen!
 

Mit zitternden Fingern nahm er es entgegen, ganz vorsichtig, als könnte es sich jeden Moment in Luft auflösen. Mit kugelrunden Augen drehte er es, betrachtete es von allen Seiten, zupfte an den Schleifen, bis er schließlich bei einer Erkenntnis angelangt war: Es war echt.

Mit dem unglaublichen Gefühl, als müsste er jeden Moment vor lauter Glück platzen, hob er den Kopf und sah, das Hinata ihn beobachtete. Sie war immer noch rot im Gesicht, doch sie wich seinem Blick nicht aus wie sonst immer; sie biss sich auf die Unterlippe und schien sich dazu zu zwingen, ihn weiter anzusehen und auf eine Antwort zu warten. Ein Grinsen schlich sich auf Narutos Gesicht, anfangs nur ein Zucken der Mundwinkel, dann wurde es immer breiter, bis es buchstäblich von einem Ohr zum anderen ging, und mit einem Freudenschrei sprang Konohas unberechenbarster Ninja nach vorne und zog Hinata in seine Arme.

„Danke“, jauchzte er, „danke danke danke danke danke! Du bist die beste, Hinata, einsame Spitze! Du bist genial! Danke danke danke! Du bist-“

Doch bevor er noch weitere Loblieder singen konnte, wurde die blauhaarige Kunoichi in seinen Armen ganz schlaff und ihr Kopf kippte zur Seite. Die Freude über sein unerwartetes Geschenk für den Moment beiseite schiebend schaute Naruto besorgt nach, ob mit dem Mädchen auch alles in Ordnung war – und verfiel fast augenblicklich wieder in Panik.

„Oh nein! Sie ist schon wieder ohnmächtig geworden!“
 

---
 

Als sie dieses Mal erwachte, war es um Hinata herum wohlig warm und gut riechend. Sie war mit einer richtigen Decke zugedeckt und lag nicht mehr auf einer steinernen Bank, sondern auf einem weichen Untergrund, vielleicht auf einem Bett oder auf einem Sofa.

„Hallo, Hinata.“ Die warme Stimme, die sie ansprach, passte wunderbar zu der Umgebung, in der sie sich befand. „Endlich bist du aufgewacht.“

Als sie die Augen öffnete, war alles genauso undeutlich wie beim ersten Mal, als sie in Ohnmacht gefallen war – sowohl die Umgebung als auch ihre Erinnerungen. Sie blinzelte einige Male und erkannte zu ihrer Überraschung das freundliche Gesicht von Umino Iruka, das ihr besorgt entgegen sah.

„I-Iruka-sensei? W-Was ist passiert?“, fragte sie erschrocken und wollte sich aufsetzen, doch Iruka drückte sie an den Schultern zurück auf ihr Kissen und lächelte beruhigend.

„Du hast das Bewusstsein verloren, aber es scheint dir ja wieder besser zu gehen. Der Herr hier war schon ganz besorgt um dich“, fügte er mit einem Augenzwinkern hinzu und nickte in die Richtung, wo sich Hinatas Bauch befand. Hinata stützte sich auf ihre Ellbogen und richtete sich gerade so weit auf, dass sie sehen konnte, was ihr Sensei meinte.
 

Sofort nahm ihr Gesicht wieder mal die Farbe einer Tomate an. Dort, neben der Couch, auf der sie im Augenblick lag, kniete Uzumaki Naruto auf dem Boden, hatte Arme und Kopf auf dem Polster des Sofas abgelegt und schlief den Schlaf der Gerechten. Hatte er die ganze Zeit so an ihrer Seite verbracht?

„Na-Naruto-kun“, wisperte Hinata und starrte auf die sonnengelben Strähnen, die das Gesicht des Blondschopfs verbargen.

„Er ist kaum von deiner Seite gewichen, während du geschlafen hast“, berichtete Iruka von irgendwo aus einem anderen Raum, die Küche, so wie es sich anhörte. „Und du hast ganz schön lange geschlafen, es ist schon dunkel draußen. Du musst ganz schön erschöpft gewesen sein, aber das ist ja auch kein Wunder, nachdem du ihn kreuz und quer durch Konoha gejagt hast...“

„Naruto-kun“, flüsterte Hinata noch einmal und lächelte glücklich. Endlich hatte sie den Mut aufgebracht, ihm ein Geschenk zu geben! Und er hatte sich darüber gefreut! Er hatte sie sogar umarmt! Hinatas Herz drohte immer noch, aus ihrem Brustkasten zu springen, wenn sie daran dachte...
 

„Ich habe euch beide auf dem Weg zum Krankenhaus gefunden“, erklärte Iruka und stellte zwei Tassen voll heißem Tee auf seinen Couchtisch – denn natürlich war es seine Wohnung, in der sie sich im Augenblick befanden. „Naruto hatte dich auf dem Rücken und war vollkommen aufgelöst, weil du nicht wieder aufgewacht bist. Er wollte dich zu einem Arzt bringen, da er davon überzeugt war, dass du krank wärst und Fieber hättest. Ich konnte ihn überreden, dich einfach bei mir ausschlafen zu lassen.“ Iruka zwinkerte ihr mit einem wissenden Grinsen zu. „Ich vermute nämlich, dass ich nur zu gut weiß, was es mit deiner 'Krankheit' auf sich hat.“

Hinata spürte ihre heißen Backen nur allzu deutlich.

„U-Und Naruto-kun...?“

„Naruto ist so ahnungslos wie eh und je“, entgegnete der braunhaarige Chuunin, ließ sich neben dem schlafenden Jungen nieder und zerzauste ihm liebevoll die Haare, „und von mir erfährt er nicht ein Sterbenswörtchen. Meine Lippen sind versiegelt.“ Er fuhr sich mit Daumen und Zeigefinger über den Mund, als zöge er einen unsichtbaren Reißverschluss zu. Dann lächelte er warm.

„Der Zeitpunkt, an dem du es ihm sagst, geht mich überhaupt nichts an, den überlasse ich dir. Aber gib nicht immer so leicht auf, Hinata. Er hat sich unglaublich über dein Geschenk gefreut, da kannst du dir sicher sein. Während der Sorge um dich hatte er trotzdem Zeit, wie ein aufgedrehter kleiner Junge um mich herumzurennen und mir haarklein zu erzählen, wieso sein Valentinsgeschenk das beste von allen sei.“

Iruka rollte ein wenig mit den Augen und versetzte dem Blondschopf einen sanften Klaps. Naruto murmelte etwas, das sich verdächtig nach Ramen anhörte, schlief aber ansonsten seelenruhig weiter. Hinata lächelte.

„Das ist der beste Tag meines Lebens“, murmelte sie glücklich. Iruka grinste sie an und wuschelte Naruto durch die Haare.

„Dann warte erst mal ab, bis White Day ist!“

Hinata hatte das Gefühl, dass dieser Tag gar nicht schnell genug kommen konnte.



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Kommentare zu diesem Kapitel (6)

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Von: abgemeldet
2009-04-29T17:58:45+00:00 29.04.2009 19:58
das ist toll *große augen hab* o_o
Du musst White Day auch noch schreiben!! =D =)
*dein fan ^-^*
Von:  GreatBritain
2009-02-27T14:05:06+00:00 27.02.2009 15:05
sehr schön... <3
und in diesen Moment auch so tragisch, arme Hinata~
sie tut mir so leid, endlich konnte sie ihm sagen was sie fühlte und dann passiert so etwas im Manga ;__;~
Da ist mir deine FF eindeutig lieber gewesen ;3~
sehr schön geschrieben
Von:  Rukia-sama
2009-02-20T18:48:39+00:00 20.02.2009 19:48
Einfach
nur
SÜß^^
oder typisch Hinata ;)
Hach ja, schüchtern sein ist echt mist (in einer hinsicht) aber ich finds toll, dass sie doch noch den Mut gefunden hat^^
Ich fand deine Geschichte super, solltest mal ne längere FF schreiben :D
Von: abgemeldet
2009-02-18T00:02:30+00:00 18.02.2009 01:02
Eine wunderschöne Geschichte, selbst für einen Valentins-Muffel wie mich.^^
Ich mag es, wie du die Figuren darstellst und wie locker die Atmosphäre herüber kommt. In dieses Geschichte ist man natürlich vollkommen auf der Seite von Iruka und ich kann es mir ganz deutlich vorstellen:

Es ist ein sonniger Tag und die Vögeln zwitschern und Naruto und Hinata
laufen in bester Scooby-Dooby-Manier ständig aneinander vorbei... XDDD

Aber schön, dass am Ende doch alles geklappt hat und die Schokolade doch noch den Empfänger erreicht hat (aber es leider nicht zur Erkenntnis gebracht hat.^^;)
Ist jedoch nicht so unverständlich, denn anders als in Deutschland beschenkt man in Japan nicht nur Jungs, die man mag sondern auch Freunde und Arbeitskollegen. Aber es ist natürlich schön zu sehen, dass es doch jemanden gibt, der an dich denkt.^^

Wie gesagt, eine sehr liebenswürdige Geschichte mit sympathischen Figuren! Großartig!

Noch alles Gute, Doc Astaroth
Von:  Principessa
2009-02-15T14:18:59+00:00 15.02.2009 15:18
ich find solche storys absolut genial! lusit, chaotisch und mit nem dicken schuss kitsch! echt klasse!!!
Von: abgemeldet
2009-02-15T12:02:59+00:00 15.02.2009 13:02
sehr schön!
jaja ich hätte die schokolade wahrscheinlich auch gegessen...
aber ganz bestimmt nicht weil ich zu schüchtern warxD
sag mal woher kam die ganzen tiere?
warte halt!
will ich das denn wirklich wissen?XD
die arme hinata musste naruto die ganze zeit hinterher jagen^^
aber sie wurde belohntxD

lg ichxD


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