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Black Cat: Charon

von

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Retardierendes Moment

Als sich die Fahrstuhltüren im untersten Stockwerk wieder auseinander schoben, eröffneten die Selbstschussanlagen mit maschineller Präzision das Feuer in die Kabine.

Doch die Insassen waren darauf vorbeireitet gewesen, ließen dem steuernden Programm keine Chance, die Geschütze für eine zweite Salve auszurichten. Sie alle wurden von Trains Hades oder Svens EMP-Granten in Sekundenbruchteilen außer Gefecht gesetzt.

Eve, die bei dem Kampf nichts hatte beitragen können, betrachtete den Raum genauer: Er war genauso wie in ihrer virtuellen Erinnerung: Kreisrund und bar jeglicher Einrichtung. Genauso wenig konnte sie, mal abgesehen von ihrer Gruppe, etwas Lebendes erkennen. Tatsächlich war das einzig bemerkenswerte an diesem „Foyer“ ein Bild, das gegenüber des Fahrstuhls aufgehängt wurden war. Es schein schon sehr alt zu sein und passte nicht in diese Anlage, die Eve bis zu diesem Anblick als vollkommen steril kennen gelernt hatte. Es zeigte einen alten Mann, der ein Boot mit Dutzenden Geistern darin ruderte.

Offenbar war der Künstler äußerst begabt gewesen, denn die Augen dieses Mannes schienen den Betrachter immer anzuschauen, egal, wo er sich im Raum befand.

Mühsam wandte sie sich von dem Bild ab und durchquerte mit wenigen Schritten den Raum, um zu Sven zu gelangen, der sich gerade eine weitere Zigarette anstecken wollte. „Was jetzt? Holen wir uns das Gegenmittel oder das zerstören wir das Virus?“, fragte sie, obwohl sie die Antwort darauf bereits kannte. Nicht das sie ihr gefallen hätte.

„Ist doch klar, Prinzeschen. Wir trennen uns.“, mischte Train sich ein. „Ich und Linslet holen uns das Virus, du und Sven das Gegenmittel.“

Eve seufzte. Sie hielt es für besser, wenn sie zusammenblieben. War den anderen etwa nicht klar, dass es sich hier um eine Falle handelte?
 

Das hier ist definitiv eine Falle, dachte Train besorgt, als er den Korridor betrachtete, der sich vor ihm erstreckte. Er war zwar ebenfalls halbrund, doch trotzdem anders als sein Gegenstück im obersten Stockwerk. Seine Wände waren vollkommen glatt, ohne Versorgungsrohre oder Ähnliches. Dunkelgrünes Licht verbarg mehr, als es zeigte. Die Sache war dem Sweeper nicht geheuer.

„Linslet“, sprach er die Diebin, die direkt neben ihm stand und, dem Gesichtausdruck nach zu urteilen, ähnlich dachte wie er, ernst an: „Bleib hinter mir. Die Sache könnte gefährlich werden.“

Zum Glück hatte er Eve und Sven in die andere Richtung geschickt. Die beiden hätten ihn um jeden Preis helfen wollen, während Linslet schlau genug war, zu verschwinden, wenn die Sache zu heiß wurde. Und Train hatte eine Ahnung, wer am Ende des Korridors wartete. Er seufzte laut und entsicherte seine „Hades“. „Das könnte lustig werden.“, murmelte er, als sie den Korridor betraten.
 

Die Grundfläche des Raumes war ein perfekter Kreis, in dessen Mittelpunkt sich die Säule erhob. Scheinwerfer erhellten sie mit demselben blauen Licht, wie in dem Korridor, durch den Eve und Sven gekommen waren, sodass sie die CD-Rom erkennen konnten, die in ihren Inneren lagerte. Der Rest des Raumes lag im Dunkeln verborgen. „Komisch. Wer lagert denn schon auf diese Art eine wertvolle CD?“, fragte Eve verwirrt.

Sven brummte: „Das ist eine verdammte Bühne Prinzesschen.“

„Gut erkannt, Mr. Vollfield. Und sie beide sind die Hauptfiguren dieses Dramas – dieser Tragödie.“, tönte eine Stimme. Langsam schritt Janus aus den Schatten und stellte sich vor die Säule mit der CD. „Ihr solltet euch geehrt fühlen, an diesem letzten Akt teilnehmen zu dürfen.“ Mit einer schon fast melodramatischen Geste zog er sich seinen Handschuh an, mit dem er seine tödlichen Fäden kontrollierte. „Sie sind doch selbst nicht mehr als eine Marionette in diesem Puppentheater.“, erwiderte Sven, während er sich innerlich zum Kampf bereit machte. Diesen Typen würde man wohl kaum durch Worte überreden können.
 

Der Raum, in dem Linslet und Train eintraten war ein genaues Spiegelbild des Saales, in dem sich Sven und Eve mit Janus konfrontiert sahen. Es gab nur einen Unterschied: Das Licht strahlte in einem unheimlichen Grünton, wie auch schon der Korridor. Vor der Säule konnte Train eine Blondine von mittlerer Größe aufrecht, ja fast schon stolz, doch nichtsdestotrotz von einer Aura der Melancholie umgeben, stehen sehen.

Saphiria Arks, Number 1 und Anführerin der Kronos Numbers.

„Sei getreu bis in den Tot, so will ich dir die Krone des Lebens geben.“, verkündete sie mit lauter Stimme. „Offenbarung des Johannes Kapitel 2, Vers 10.“

In einer einzigen fließenden Bewegung zog sie ohne eine weitere Pause ihr Schwert, „Christ“, und attackierte Train, der ihr nur um Haaresbreite ausweichen und zwei Schüsse abgeben konnte, die sie aber ohne Problem mit Christ parierte .

Train nutzte diese Sekunden, weitere Distanz zwischen sich und ihr zu bringen. „Weshalb kämpfst du, Saphiria? Du willst mir doch nicht im Ernst einreden, dass du damit einverstanden bist, das Kronos die Apokalypse für die Welt vom Zaun bricht.“, sagte er, nachdem er drei weitere Kugeln abgefeuert hatte, um Zeit zum reden zu gewinnen.

„Die neue Welt wird das Paradies sein, wenn alle instabilen Elemente beseitigt wurden.“, erwiderte sie kalt und wollte schon zum nächsten Angriff ausholen, als sich Linslet einschaltete: „Das ist doch blanker Irrsinn. Milliarden von Menschen werden sterben, und du heißt das gut?“

„Ich bin nur der Arm von Kronos.“
 

Sven wusste nicht wie viele Nanomaschinen Eves Körper besaß, doch irgendwann mussten sie ihr ausgehen. Und dann hatten sie ein Problem. Der Kampf der sich vor seinen Augen abspielte, sah aus wie Herkules Kampf gegen die Hydra. Eve versuchte mit ihren „Haarmessern“ verzweifelt, Janus Handschuh zu zerstören, doch dieser zerschnitt die Messer ein ums andere Mal mit seinen Fäden.

Auch wenn Eve sie sofort nachwachsen ließ, um ihre Deckung aufrecht zu erhalten, konnte das nicht ewig so weitergehen und Sven Versuche, ihr mithilfe seines Koffers zu helfen wurden von Janus sofort geblockt.

Schließlich blieb ihm nur noch eine Wahl, von der er gehofft hatte, sie nicht anwenden zu müssen: Das Allgewaltige Auge.

Svens ehemaliger IBI-Partner hinterließ vor seiner Ermordung ein Augentransplantat, dessen Übertragung auf Svens Augen ihn die Fähigkeit des „Visionären Auges“ verschaffte hatte. Seitdem konnte Sven die Ereignisse der nächsten Sekunden vorher sehen, bis es sich nach intensivem Training weiter entwickelt hatte.

Sven nahm die Augenklappe linkem Auge und gab mit seinen Koffer ein paar Granaten in Richtung Janus ab. Dieser wich geschickt aus, doch die wenigen Sekunden reichten, damit Sven zwischen Hazard und Eve springen konnte.

„Was soll das?“, rief die No. VII überrascht. „Ich will euch nicht töten, aber wenn ihr so weiter kämpft, lasst ihr mir kaum eine Wahl.“

Sven blickte kurz überrascht auf. Er hatte den Grünhaarigen Mann zwar als durchaus sympathischen Frauenheld (ihn vielleicht nicht ganz unähnlich) kennen gelernt, doch immerhin gehörte er zu den Numbers. Woher dieser Skrupel?

Nicht das Sven viel Zeit zum Nachdenken gehabt hätte, denn ohne weitere Pause griff Janus mit seinen Fäden wieder an. Von allen Seiten stürzten sie ihm entgegen.

„Sven, pass auf!“, rief Eve entsetzt, doch dieser hatte bereits reagiert und sein Auge „aktiviert“: Für wenige Sekunden schien die Zeit für ihn stillzustehen, sodass er den Fäden mühelos ausweichen konnte.

„Und nun bin ich am Zug!“, sagte Sven ruhig und rannte los.
 

Es sah nicht gut aus für Train: Zwar konnten ihn Saphiria nicht angreifen, weil selbst sie den Kugeln aus nächster Nähe kaum ausweichen konnte, doch auch er konnte nichts ausrichten: Aus der Ferne parierte sie seine Schüsse mühelos und ein Nahkampf konnte für ihn tödlich enden.

Er blickte kurz zu Linslet, die immer noch am Eingang zum Saal stand, eine Gelegenheit abwartend an die CD zu kommen, ohne dabei ihr Leben zu lassen. Von ihr brauchte er keine Hilfe zu erwarten, sie war Diebin, keine Kämpferin.

Saphiria brauchte nur zu warten bis ihn die Munition ausging.

Doch offenbar hatte sie dazu keine Lust: Die wenigen Sekunden nutzend, die Train zum Nachladen brauchte, sprang sie mit einen einzigen Satz zur Decke des Saals. Gerade noch rechtzeitig erkannte Train was sie vorhatten und versuchte auszuweichen.

Doch Saphiria hatte sich bereits mit aller Kraft abgestoßen, Christ vor sich gestreckt. „Zehnte Technik der Arks Schule: Donnerblitz!“ schrie sie in der Tradition ihrer Familie, als sie in hunderstel Sekunden die Schallmauer durchbrach. In letzter Sekunde, um zu vermeiden, das sie ihre Flugbahn änderte, sprang Train ein weiteres Mal zur Seite, die Chance ihrer Verwirrung nutzend und direkt in den Staub zu feuern, der ihre Attacke aufgewirbelt hatte. Doch die Kugeln flogen ins Nichts, Saphiria stand bereits wieder außerhalb ihrer eigenen Einschlagstelle.

Und plötzlich etwa drei Meter hinter ihm. Ein weiterer von Saphirias Tricks: Der Tanz der Kirschblüten. Blitzschnell und lautlos bewegt sich der Kämpfer durch den Raum, verwirrt den Gegner, bis er plötzlich zuschlägt.

Train reagierte mit ähnlicher Geschwindigkeit, drehte sich um, sprang zurück und schoss in einem Zug sein ganzes Magazin ohne scheinbares System in die Luft. Die Kugeln prallten an den Wänden ab und flogen als Querschläger direkt in Saphirias Richtung. Diese konnte nicht voraussehen, wo die Kugeln einschlugen und sah sich gezwungen, ihren Angriff abzubrechen. Inzwischen hatten sie und Train die Plätze getauscht, sodass sich die CD-Rom jetzt in Trains Rücken befand. Nicht das er die Zeit gefunden hätte sie sich zu holen…

„Es stimmt. Du bist Creed wirklich überlegen.“ spielte sie ohne sichtbare Erschöpfung auf die Ereignisse sechs Monate zuvor an.

„Weshalb veranstaltet ihr dieses Schauspiel für uns?“, erwiderte Train ungerührt. „Was habt ihr davon?“

„Die Ältesten sehen es als äußerst wichtig an, dass ihr Kronos Macht zu spüren bekommt.“

„Dann kann ich davon ausgehen, dass das dort auch nicht die echte CD-Rom ist, geschweige denn die einzige?“

„Kronos macht den Fehler euch zu unterschätzen. Wir wussten, Mrs. Walker würde es herausfinden, wenn es eine Fälschung oder eine Kopie wäre. Das dort, “ Saphiria zeigte auf die Säule. „ist die echte und einzige CD mit den Daten von Charon.“

„Gut zu wissen.“, erwiderte Train, drehte sich blitzschnell um und feuerte dreimal auf die Säule. Und musste beobachten, wie seine Kugeln wirkungslos an dem Glas abprallten und als Querschläger durch den gesamten Raum flogen, bevor ihre Kinetische Energie aufgebraucht war.

Saphiria lächelte nicht als mit den Worten: „Vielleicht solltest du den Tot begrüßen, No. XIII.“ einen neuerlichen Angriff startete.



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