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Die Ärzte

Oneshots - Grenzenlos (Kap. 10) editiert
von

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Dieses kleine Ding hat als Fingerübung angefangen, dann wurde es zum Wunderbumerang und jetzt ist es - endlich - fertig.

Bei dem Dialog hat das Endenorakel Mefa bzw. Mebell bzw. Merle <3 mir geholfen. yoshi_ hat mich darauf aufmerksam gemacht, dass "Déjà Senti" nicht nur "Schon einmal gerochen" sondern auch "Schon einmal gefühlt" heißen kann und ist überhaupt ganz toll, wenn man Kritik braucht.
 

Viel Spaß!
 


 

Bela holte tief Luft. Und runzelte die Stirn.
 

Irgendetwas war anders, irgendetwas machte ihn glücklich, irgendetwas zog und zupfte an der tief vergrabenen Nostalgie in seinem Innern, klopfte sie ab und stellte sie in den Vordergrund.
 

Umarmungen, Küsse, Perfektion.
 

Bela atmete noch einmal ein. Es war der Geruch, ganz sicher.
 

„Irgendwas riecht komisch“, sagte er vorsichtig, um zu testen, ob er nicht vielleicht nur einer olfaktorischen Halluzination aufgesessen war.
 

Farin drehte sich zu ihm um, schenkte ihm einen irritierten Seitenblick und schnupperte. „Ich riech nix“, erwiderte er schulterzuckend.
 

Bela sog die Luft noch einmal tief ein, und ganz dunkel schob sich sehr, sehr langsam eine konkrete Erinnerung nach vorn. Bela suchte nach einer imaginären Pinzette, um sie bei dem Versuch, sie zu packen, nicht zu zerstören.
 

Ein Fetzen, ein Wort blieb da, der Rest der Erinnerung brach ab zog sich wieder zurück in die Tiefen seines Gedächtnisses.
 

„Weihnachten“, konstatierte Bela. „Es riecht nach Weihnachten.“
 

Farin blinzelte ihn überrascht an. „Also für mich riechts nach Stadt, nach“, er deutete nach rechts und fauchte das nächste Wort beinahe, nicht ohne den gemeinten Menschen mit einem bösen Blick zu bedenken, „Rauchern“, sein linker Arm machte eine weitschweifende Bewegung, „und Abgasen.“
 

Bela schüttelte den Kopf.
 

Weihnachten.
 

Zimt, Mandeln, Mandarinen.

Tannenzweige, Wachs, Feuer.

Gänsebraten, Schokolade, Schnee.
 

Nein.
 

Das war es nicht.
 

Der Begriff war nicht falsch, aber es fehlte –
 

„Du solltest die Luft atmen, nicht inhalieren, Bela. Autoabgase sind nicht unbedingt deiner Gesundheit förderlich.“
 

Bela winkte ab, „Gib dir keine Mühe, Jan, schwarze Seelen sind zu retten, schwarze Lungen nicht. Da machen die paar Abgase auch nichts mehr aus.“
 

- irgendetwas Ergänzendes.
 

Fast Food, frisch gebohnerter Boden, und ganz schwach irgendwelche Blumen.

Bettwäsche, Rasierwasser, ein Männerparfüm.

Jan, Jan, Jan.
 

Und plötzlich lag alles vor ihm, ausgebreitet und geglättet wie ein riesiges Plakat.
 

„Nachtrag: Weihnachten 1982, danach riechts.“ Bela grinste breit und zufrieden, das Rätsel gelöst und den Verdacht auf Alzheimer einmal öfter abgewiesen zu haben.
 

Schweigen. Nostalgie mischte sich unter die Zufriedenheit, Bela beobachtete die Eindrücke, die, nicht ganz realitätsgetreu, ein wenig schaler als die Wirklichkeit, wie schwarzweiße Schnappschüsse vor seinem inneren Auge vorbeizogen.
 

Weißes Bettzeug. Muntere Gitarrentöne, die bewusst die Melodien auslassen, die sie beide in letzter Zeit zu oft gehört haben. Eilige Schritte, Abendessen auf dem Bett. Schlanke Hände an seiner Wange. Das ersterbende Neunzigzähnegrinsen einmal anders wahrgenommen als mit den Augen. Eine Tonlage der bekannten Stimme, die Bela noch nie gehört hat. Das Verlangen, diese Tonlage zu halten, sie immer öfter zu hören. Jans verzerrtes Lächeln aus einer Perspektive, die Bela noch nicht kennt.
 

„82… Unser erstes Weihnachten zusammen?“ Es war nur ein schwacher Unterton, kaum bemerkbar, aber da. Farin erinnerte sich also auch.
 

„Erstes und letztes, genau. Hast du vielleicht wieder ein Parfüm von früher drauf? Rasierwasser? Irgendwas?“
 

Farin zuckte mit den Schultern und schüttelte den Kopf. Dann grinste er. „Aber ich hatte Sex. Vielleicht ist es das?“
 

Bela schwieg einen Augenblick lang. Farin war noch nie sonderlich zimperlich gewesen, wenn es darum gegangen war, Bela aus seinen Träumereien zu reißen, und wie immer holte er ihn auch jetzt mit der Holzhammermethode in die Realität zurück. Sex mit dem Gitarristen gehörte definitiv der Vergangenheit an, heute hatte er nicht mehr das Recht – nicht mehr die Nähe zu Farin – nicht mehr die nötige Unbefangenheit. Heute, Bela rümpfte die Nase bei dem Gedanken, hatte Farin mit Anderen Sex.
 

Er knuffte ihn in die Seite. „Mensch, ich schwelge gerade in Erinnerungen, da will ich nicht unbedingt alte Männer beim Sex vor meinem geistigen Auge sehen!“
 

Farin hob eine Augenbraue. „Soso. Damals hattest du jedenfalls eindeutig nichts dagegen, mich beim Sex zu sehen. Wenn du es jetzt nicht mehr aus deinem Kopf kriegst – dann liegt das nicht an mir!“

Bela zog die Schultern hoch und ließ sie wieder fallen. Seine Antwort klang viel nostalgischer und viel weniger scherzhaft als geplant. „Ja, alter Mann, da warn wir auch noch jung und sahn gut aus.“
 

Es war schön gewesen, jung zu sein, fiel Bela auf. Jungsein war nachträglich immer eine gute Erklärung, eine gute Rechtfertigung, ein guter Grund für alles Mögliche gewesen.
 

Weihnachten einfach seinen besten Freund zu vögeln zum Beispiel.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  MissStrange
2009-11-27T15:56:11+00:00 27.11.2009 16:56
Aw.
Das ist so schön~
Super geschrieben und ich bin beim Lesen irgendwie richtig mit den Gedanken abgedriftet... ^^
Ich konnte es mir richtig gut vorstellen.
Und die Idee~
Bela ist so süß... und Farin ist so doof! Unsensibler Idiot! ><
Einfach so die schöne Erinnerung zunichte zu machen! ><
*ihn hau*

Hach... toll! <3

Weiter so!


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