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Too late to realize

Raito x L
von

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One-Shot

One-Shot
 

Too late to realize...
 

Ich sitze hier und blicke aus dem Fenster, fühle dabei das kühle Stahl, dass sich schwer um mein Handgelenk schmiegt. Es schien wie für mich gemacht worden zu sein, denn es passte wie angegossen.

Lautlos seufzend blickte ich in den klaren, blauen Himmel und wundere mich wieder, wie die Sonne nur scheinen konnte, wenn die Welt da draußen doch so grausam war. Eine Welt voller Verbrecher und dummer Menschen, die nicht erkannten, dass Kira, ich, Recht habe. Dass die Welt ohne diese Verbrecher besser wäre, schöner wäre, doch keiner wollte das so sehen wie ich.
 

Ich wendete meinen Blick nun, da ich Tastaturgeräusche wahrnahm, der anderen Person im Raum zu, L. Mein größter Feind saß neben mir und tippte mit seinen flinken, schlanken Fingern etwas in den Computer vor sich ein.
 

Ich hatte meinen Plan, ihn zu töten, nicht aufgegeben, doch irgendetwas irritierte mich immer mehr. Ich wusste nicht was es war, aber es brachte mich immer wieder dazu, meinen Entschluss zu überdenken. Mich zu fragen, ob ich wirklich wollte, dass dieser außergewöhnliche und hochintelligente Mensch hier neben mir einfach so sterben sollte.
 

Ein weiches Lächeln huschte eine Sekunde lang über meine Lippen. Wenn ich daran dachte, wie wir uns noch vor ein paar Tagen geprügelt haben, konnte ich mir ein Kichern nur schwer verkneifen. Auch wenn man das L nicht zutraute, er war verdammt stark und sein Körperbau, was sich bei unserem Gerangel erahnen ließ, war gar nicht so schmächtig wie er aussah.
 

Irgendwie machte mich das neugierig. Ich musterte ihn kurz, was mich jedoch kein Stück weiter brachte, da Ryuuzaki für gewöhnlich Klamotten trug, die ihm um einige Nummern zu groß waren.
 

Anscheinend war L auch aufgefallen, dass ich ihn gemustert hatte, denn plötzlich blickte ich in schwarze Obsidiane, die mich nichts sagend anstarrten. Ich mochte diesen starren Blick zwar nicht, aber man gewöhnt sich ja bekanntlich an alles.
 

„Was ist?“, fragte er mich mit seiner monotonen, rauen Stimme und ich blinzelte kurz.

„Nichts…“, antwortete ich und wendete demonstrativ meinen Blick ab, um auf den Bildschirm zu schauen, auf dem sich gerade erneute Opfer Kiras abbildeten. Kurz überflog ich den Text, der unter ihren Bildern stand, aber es interessierte mich nicht wirklich, schließlich wusste ich ja, wie sie gestorben waren.
 

Ryuuzaki hatte mich noch kurz angestarrt, bevor er sich ebenfalls wieder dem Bildschirm widmete.
 

So vergingen einige Stunden, in denen ich mich hauptsächlich langweilte, hie und da mit L redete und dann desinteressiert den Sonnenuntergang beobachtete.

Rot schimmerte der Horizont und tauchte das gesamte Zimmer in einen rot-orangen Schein. Ich schloss kurz die Augen, genoss die restlichen Strahlen der Sonne und bemerkte nicht, wie L mich kurz von der Seite her ansah.
 

Irgendwie stieg immer eine Welle Melancholie in mir auf, wenn ich die Sonne untergehen sah. Ich dachte dabei immer wieder darüber nach, was ich nun wirklich tun sollte. Ob ich überhaupt im Stande war, L zu töten. Vielleicht… vielleicht aber auch nicht.
 

Ich bewegte mich, vielleicht das erste Mal seit Stunden und streckte mich, was wohl ein Fehler war. Schmerzverzerrt stöhnte ich auf und legte meine Hand in den Nacken. Er war vom aus dem Fenster starren steif geworden und schmerzte höllisch. Meine Schultern waren verspannt und ließen sich nur mäßig bewegen, da sonst ein Stechen wie ein Blitz durch den gesamten Schulterbereich fuhr.

Mit zu einer Grimasse verzogenen Miene versuchte ich die verspannten Muskeln durch massieren zu glätten, doch es half nur wenig.
 

Ich öffnete meine Augen und fixierte L, der nicht einmal daran gedacht hatte, zu mir herzusehen und nur den Bildschirm anstarrte, vollkommen in Gedanken versunken.

Abermals entwich mir ein unterdrücktes Keuchen, als ich mich gerade aufsetzte und meinen Rücken etwas durchstreckte. Alles war verspannt, nicht nur die Schultermuskulatur und genau deshalb kam mir etwas in den Sinn, das wesentlich angenehmer war, als noch weitere Stunden in diesem Sessel zu verbringen und auf den Computerbildschirm zu starren.
 

Von meiner Idee überzeugt, holte ich Ryuuzaki aus seiner Gedankenwelt, indem ich sanft an der Handschellenkette zog, die uns beide verband.

Kaum merklich schreckte er auf, blinzelte und seine schwarzen Obsidiane trafen auf meine bronzenen Topase.
 

„Ryuuzaki, ich würde gerne ein Bad nehmen. Wäre es möglich, mich für diesen Zeitraum von diesen Handschellen zu befreien oder kommst du mit?“, fragte ich meinen Erzfeind, den zweiten Teil des Satzes unmerklich etwas anders betonend und dieser blickte mich nichts sagend an, so wie er es immer tat und schien ernsthaft darüber nachzudenken.
 

Ich war gespannt, wie die Antwort ausfallen würde. Geduscht hatten wir nie gemeinsam bzw. hatte L immer vor der undurchsichtigen Duschkabine, mit dem Rücken zu mir gedreht, gewartete, aber ein Bad war da etwas anderes. Er selbst war nie, seit ich hier anwesend bin, duschen gegangen, sondern unterzog sich jeden Tag nur einer Katzenwäsche, er roch allerdings auch nicht unangenehm, eher im Gegenteil. Es ging ein leichter Geruch an Vanille von ihm aus und natürlich roch er nach Süßigkeiten. Seine ganzen Klamotten rochen so, schließlich war er ja ein ziemliches Schleckermäulchen. Ich musste innerlich breit grinsen.
 

Als nach ein paar Minuten noch immer keine Antwort kam, fügte ich neutral hinzu: „Ein Bad wäre sicherlich auch für dich nichts Schlechtes, schließlich könntest du dich auch mal ein bisschen entspannen. Du sitzt ununterbrochen vorm Computer und da könntest du dir, vor allem deinem verspannten Körper und deinen Augen, auch mal eine Erholungspause gönnen.“
 

Noch immer blickte er mich einfach nur an und ich fragte mich, was wohl in seinem Kopf herumspuckte.

„Ich werde dich schon nicht umbringen.“, schüttelte ich seufzend den Kopf. Auch wenn ich nicht glaubte, dass es das war, was ihn abschreckte.
 

Doch dieser Satz hatte augenscheinlich etwas in ihm ausgelöst und er blinzelte kurz, bevor er die Schultern zuckte.

„Ok.“, war die knappe Antwort, bevor er aufstand und in seiner typisch, leicht gebeugten Haltung Richtung Bad davonging.

Ich schüttelte mit einem leichten Lächeln auf den Lippen den Kopf und folgte ihm, bevor mich die Kette, mit der wir verbunden waren, dazu zwingen konnte. Im vorbeigehen nahm ich noch ein kleines Schälchen samt Inhalt mit, dass ich mir von Watari beschaffen ließ. Ich achtete darauf, dass L nichts davon mitbekam und legte ein Handtuch darüber, dass ich im Bad im Vorbeigehen an mich nahm.
 

Im Bad blieb L allerdings unschlüssig stehen und ich schüttelte abermals den Kopf. Ich legte mein Handtuch beiseite und drehte das Wasser auf, sodass es dampfend in die große Wanne floss. Anschließend nahm ich ein duftendes Badeöl in die Hand und hielt in der Bewegung inne.
 

„Stört es dich, wenn ich so was dazu gebe?“, fragte ich L und als dieser mir keine Antwort gab, goss ich etwas davon ins Wasser. Wenn es ihm etwas ausgemacht hätte, hätte er wohl etwas gesagt.

Ich ließ meine Hand in das Wasser gleiten und zog sie sofort wieder zurück, da das Wasser ziemlich heiß war, also drehte ich den anderen Hahn kurz auf, um es mit kaltem Wasser zu mischen. Als die Temperatur endlich angenehm war, blickte ich L an.
 

„Wohl oder übel musst du die Handschellen jetzt öffnen, sonst können wir uns nicht ausziehen, Ryuuzaki.“, sagte ich zu ihm und riss ihn damit aus seiner Gedankenwelt, in die er schon wieder abgedriftet war.

Er nickte knapp und zog den Schlüssel hinter seinem Pullover hervor, den er sich mit einer silbernen Kette um den schlanken Hals gehängt hatte. Flink öffnete er meine und auch seine Handschellen und ließ das kalte Metall auf den Boden fallen.
 

„Danke.“, sagte ich knapp und zog mir alsgleich das Hemd über den Kopf. Ich blickte noch einmal zu L, der hinter mir stand und mich anstarrte, so wie er es immer tat.

„Mach schon, zieh dich aus, sonst wird das Wasser kalt. Wenn es dir unangenehm ist, kannst du dich ja umdrehen.“, fügte ich noch hinzu und entledigte mich meiner restlichen Klamotten, wickelte dabei ein Handtuch um die Körpermitte und stieg ins warme Wasser. Genießend schloss ich für einen Moment die Augen und seufzte wohlig auf. Meine verspannten Muskeln entspannten sich und die Schmerzen in meinem Genick ließen etwas nach.
 

Ich öffnete meine Augen, als ich etwas hörte, das sich nach einem zu Boden gefallenen Kleidungsstück anhörte und blickte auf Ryuuzakis nackten Rücken. Er hatte sich tatsächlich umgedreht und bei dem Gedanken musste ich kurz schmunzeln.
 

Meine Augen tasteten jeden Millimeter dieses makellosen Rückens ab und als dann auch noch die Hose zu Boden fiel, konnte ich mir Ls Gestalt einmal genauer ansehen. Er war wirklich schlank, aber gut gebaut und seine Haut war blass. Erinnerte irgendwie an die Farbe des Mondes.
 

Als Ryuuzaki im Begriff war sich umzudrehen, schloss ich wieder die Augen. Er musste ja nicht wissen, dass ich ihn gemustert habe, auch wenn ich mir fast sicher war, dass er es dennoch bemerkt hatte.
 

Ich hörte nur ein leises Platschgeräusch, als sich L mir gegenüber niederließ, dennoch öffnete ich meine Augen nicht. Natürlich merkte ich, dass er mich ansah, doch das war mir im Moment schlicht und ergreifend egal.

Ich seufzte noch einmal wohlig auf. Das Wasser war angenehm, meine Schmerzen weg und die Welt um uns herum konnte mir für eine Weile gestohlen bleiben.
 

Nach kurzer Zeit öffnete ich meine Augen und sofort wurde mein Blick von den schwarzen Obsidianen Ls eingefangen. Sie funkelten jetzt noch schwärzer als sonst und dennoch wirkte seine gesamte Haltung wie immer. Seine Füße waren an den Körper gezogen und sein Kopf lag auf seinen Knien. Ich schmunzelte kurz. Typisch L.
 

Und wieder musste ich nachdenken. Konnte ich diesen Mensche wirklich töten? Er wirkte so unschuldig und zerbrechlich, wenn er da so saß. Ich wusste, dass L den näheren Kontakt mit Menschen mied und es auch nicht wirklich mochte, von unkompetenten Leuten umgeben zu sein, aber war es wirklich das, was L wollte? Ich persönlich mochte den Kontakt mit Leuten sehr gerne, auch wenn ich Ls Meinung über unkompetente Leute teile. Mir würde es nicht gefallen, immer allein und ohne jemanden zum Reden zu sein. Ohne Familie und ohne Freunde.
 

Seufzend setzte ich mich wieder auf und begann etwas meinen Nacken und Schultern zu massieren. Hie und da verzog ich schmerzverzerrt mein Gesicht, als ich eine besonders schmerzende Stelle erwischte. Ich hielt meine Augen geschlossen und so erschreckte ich mich umso mehr, als ich plötzlich Ls raue Stimme vernahm.
 

„Soll ich dich vielleicht massieren? So wie du das machst, sieht das etwas umständlich und nicht wirklich wirksam aus.“, frage er monoton und ich blickte ihn verwundert an. So etwas hätte ich bei weitem nicht erwartet und blickte ihn daher perplex an, was ihm kaum merklich die Mundwinkel heben lies. Ein Anzeichen eines Lächelns. Als ich meine Verwirrung schlussendlich abgelegt hatte, wurde mir bewusst, dass ich noch immer keine Antwort auf seine Frage gegeben hatte.

Nach kurzer Bedenkzeit nickte ich L zu und drehte ihm meinen Rücken zu. Irgendwie war ich gerade nicht in der Lage zu reden.
 

Ich zuckte kurz zusammen, als kühle Hände sanft über meinen Nacken strichen und konnte gerade noch so eine Gänsehaut unterdrücken.

Meine Haare wurden sanft zur Seite geschoben und dann begann Ryuuzaki mich zu massieren. Es war eindeutig besser als meine kläglichen Versuche und ich seufzte lautlos auf. Angenehm, wirklich angenehm.
 

Als L dann eine gewisse Stelle an meinem Nacken berührte zuckte ich kurz und unterdrückte ein schmerzverzerrtes Stöhnen. L schien allerdings bemerkt zu haben, dass diese Stelle besonders heikel war und so strichen seine beiden Daumen in kreisenden, sanften Bewegungen über meine Haut. Erhöhten den Druck nach und nach immer mehr, bis die Schmerzen schließlich weg waren. Erleichtert atmete ich aus und versuchte, die Massage so gut es ging zu genießen.
 

Schließlich begann Ryuuzaki meine Schultern zu massieren und ich fing eine seiner schlanken Hände mit der meinen ein, was ihn wohl erschreckte, da sich seine Haltung etwas versteifte, was ich, auch wenn ich ihn nicht sehen konnte, sofort bemerkte, doch ich ließ mich davon nicht abhalten und stellte die Frage, die mir schon seit ein paar Minuten auf der Zunge brannte.
 

„Soll ich dich vielleicht auch massieren? Du siehst auch immer so verspannt aus.“, fragte ich ihn, erhielt allerdings keine Antwort. Ich drehte meinen Kopf leicht und ließ mich ein Stück nach hinten sinken, bis ich in seine Augen sehen konnte. Ich war ziemlich überrascht, als ich zum ersten Mal richtige Gefühle in ihnen wahrnehmen konnte. Ehrliche Verwunderung und ein bisschen Skepsis zeichneten sich in ihnen ab und ich lächelte leicht.
 

„Du musst nicht, wenn du nicht willst, aber ich würde es dir raten.“, fügte ich noch etwas leiser hinzu und lehnte mich wieder nach vorne, drehte mich um und blickte ihn auffordernd an. Nach einer kurzen Bedenkzeit drehte auch er sich um und ich musste lächeln.
 

Sanft ließ ich meine Hände über den makellosen Rücken nach oben gleiten und begann Ryuuzakis Nacken und Schultern zu massieren. Seine Haut war unglaublich weich und wie ich es mir gedacht habe, waren seine Schultern ganz verspannt. Wahrscheinlich von der immer leicht gekrümmten Sitzhaltung.
 

„Du solltest wirklich öfter aufrechter Sitzen. Das Ganze tut deiner Rückenpartie überhaupt nicht gut.“, sagte ich leise und dachte gar nicht daran, mein Tun zu beenden.
 

Nach geraumer Zeit, als ich bemerkte, dass seine Verspannungen verschwunden waren, erschien ein gemeines Grinsen auf meinem Gesicht. Ich lehnte mich an den Badewannenrand und holte mit der einen freien Hand das Schälchen hinter dem Handtuch hervor. Darin befand sich ein ganzer Berg frischer Erdbeeren.
 

L hatte wohl bemerkt, dass ich da irgendetwas hinter seinem Rücken machte und versteifte sich. Er wagte allerdings auch nicht, sich umzudrehen.

„Ich werde dir jetzt etwas zeigen, L.“, sagte ich betont leise und dunkel. Ich packte ihn, indem ich meinen Arm um seine Brust schlang, zog ihn zu mir an meinen Körper und lehnte ihn an meine Brust. Zeitgleich nahm ich mit der anderen Hand eine Erdbeere aus dem Schälchen und als L noch zu erschrocken war, um zu reagieren, schob ich ihm die Frucht in den Mund.
 

Ryuuzakis Ausdruck war ein Anblick für Götter. Leicht schockgeweitete Augen und eine halbe Erdbeere im Mund. Na wenn das nicht süß aussah, wusste ich es auch nicht.

Ich konnte ein Kichern nicht unterdrücken und L blickte mich perplex an. Anscheinend hatte er noch immer nicht realisiert, dass ich mir nen kleinen Scherz erlaubt habe und ihn nicht umbringen wollte. Grinsend blickte ich in seine schwarzen Obsidiane.
 

„Meine Güte Ryuuzaki, so einen geschockten Ausdruck hab ich auch noch nie auf deinem Gesicht gesehen und dein Herz schlägt, als wärst du einen Marathon gelaufen.“, sagte ich und grinste verschmitzt.

„Ich wollte dich nur ein bisschen erschrecken und dich nicht umbringen. Ich habe dir schon tausend Mal gesagt, dass ich nicht Kira bin.“, lächelte ich ihn an und gab der Erdbeere einen letzten kleinen Schubs, sodass sie nun Vollendens in Ls Mund verschwand. Noch immer blickte er mich an, doch man konnte sehen, wie sich seine Gefühle über Erschrockenheit zu Verwunderung und schlussendlich zur kompletten Unleserlichkeit veränderten. Uh, war er jetzt etwa sauer auf mich?
 

„Kira kann ja auch nur töten, wenn er den Namen seines Opfers kennt.“, sagte Ryuuzaki plötzlich und ich erschrak. Mann, musste der auch immer dann anfangen zu sprechen, wenn man es nicht erwartete?

Als mir die Bedeutung seines Satzes klar wurde, seufzte ich laut.

„Das Thema hatten wir doch schon öfter…“, seufzte ich, beließ es aber dabei. Stattdessen versuchte L sich aus meinem Griff zu befreien und sich aufzusetzen, doch ich verfestigte meinen Griff nur noch mehr.

„Bleib.“, war das einzige Wort was ich sagte und das klang nur halb so ärgerlich, wie ich es gerne gehabt hätte. Abermals seufzte ich. Dieser Mensch machte mich fertig.
 

Ich angelte mir eine neue Erdbeere und hielt sie ihm vor den Mund.

„Oder willst du nicht?“, fragte ich ihn und musterte ihn. Seine Haltung verlor ganz langsam an Anspannung und er öffnete leicht den Mund.

Lächelnd schob ich ihm die süße Beere zwischen die Lippen.
 

„Du bist wirklich merkwürdig, Raito.“, sagte er und ich lachte auf.

„Tatsächlich?“, schmunzelte ich und schob mir nun ebenfalls eine Erdbeere in den Mund.

„Ist nicht jeder im Grunde genommen irgendwie merkwürdig? Jeder Mensch hat seine ganz bestimmten Eigenheiten. Ist doch normal.“, grinste ich und hielt L eine Erdbeere hin, doch dieses Mal nahm er sie selbst in die Hand und biss die Hälfte ab und schwieg.
 

Schließlich waren die Erdbeeren auch leer und ich lehnte mich noch ein Stückchen mehr zurück, sodass ich besser lag und L ebenfalls. Dieser hatte sich nämlich noch nicht von mir wegbewegt, was mir nur recht war. Warum wusste ich selbst nicht so genau, aber fühlte sich alles andere als schlecht an.

Irgendwann, ich weiß selber nicht mehr wann, hatte ich begonnen, sanft durch Ls Haare zu fahren und hing dabei meinen eigenen Gedanken nach.
 

Ryuuzakis Nähe beruhigte mich irgendwie und glättete die Wogen in meinem Inneren. Ich blickte in sein blasses Gesicht und merkte, dass er die Augen geschlossen hatte. Ich ließ meinen Blick über seine ebenmäßige Stirn wandern, hinunter zur Nase, bis hin zu den blassen Lippen, die rosig glänzten. Sie sahen so weich aus und ich war gerade im Begriff meine Hand zu heben, als mir bewusst wurde, was ich da eigentlich dachte. Beinahe hätte ich Ls Lippen nachgefahren.

Ich schüttelte kaum merklich über meine eigene Dummheit den Kopf. Wir waren Feinde. Nicht mehr und nicht weniger.
 

Als schließlich das Wasser kühler wurde, beschloss ich, Ryuuzaki aufzuwecken. Ich wollte es zwar nicht, aber wenn ich nicht riskieren wollte, dass er sich verkühlte, musste ich es tun.

Sanft begann ich, über sein Kinn und seine Wange zu streichen und blickte dabei in das friedliche Gesicht des Schlafenden.

Plötzlich schlug er allerdings die Augen auf und fixierte mich mit starrem Blick.
 

„Wir sollten langsam mal aus der Badewanne steigen, das Wasser wird schon kalt.“, sagte ich sanft und Ryuuzaki blinzelte noch ein paar Mal bevor er sich erhob.

Wir stiegen beide nach stillem Einvernehmen nacheinander aus der Wanne, zogen uns an und anstatt wieder zur Arbeit zurückzukehren, schleifte ich Ryuuzaki – er hatte uns wieder die Handschellen angelegt – direkt ins Schlafzimmer und ins Bett. Dieser ließ sich das ohne Gegenwehr gefallen, anscheinend war er noch immer müde. Beide schliefen wir auch kurz darauf ein.
 

~+~+~+~+~
 

Endlich war der Tag gekommen. Mein Plan hatte funktioniert und es war alles so geschehen, wie ich es wollte. Ich saß auf dem Sessel neben Ryuuzakis – mittlerweile ohne Handschellen – und wartete.

Rem würde bald handeln, er würde nicht zulassen, das Misa etwas passierte und ich wusste, dass er das Death Note an sich nehmen würde.
 

Ich wartete, geduldig wie ein Räuber auf seine Beute und plötzlich sah ich Rem aus dem Raum verschwinden. Ich hatte es nur im Augenwinkel gesehen, hatte bemerkt, wie er das Death Note umklammerte. Innerlich musste ich grinsen. Endlich war es soweit. Endlich würde mein größter Gegner verschwinden.
 

Und plötzlich verging mir das innere Grinsen. L würde sterben. Gleich jetzt und nie wieder zurückkommen. Schlagartig wurde mir klar, was das bedeutete und dass ich das nicht wollte. Ich wollte L nicht verlieren, nicht an einen Todesgott und schon gar nicht an mich selbst.

Ich wollte ihn nicht töten, konnte ihn nicht töten. Ich war so schwach geworden.
 

Blitzschnell sprang ich vom Sessel auf und stürmte in den Raum, in dem ich Rem vermutete. Ich sah ihn, wie er gerade dabei war, einen Namen in das Death Note zu schreiben und so schnell, wie ich es mir selbst nie zugetraut hätte, riss ich ihm das schwarze Buch aus den Händen.
 

„Ich werde nicht zulassen, dass du ihn tötest!“, sagte ich und er blickte mich leicht verstört an.
 

°Warum? Du wolltest es doch so oder etwa nicht?°, erwiderte er und ich schüttelte heftig den Kopf, nahm das Buch in beide Hände.
 

„Ich kann nicht!“, sagte ich und riss das Death Note in der Mitte auseinander. Rem blickte mich schockiert an – wenn man das bei einem Todesgott so nennen kann – und wurde dann schlagartig ernst.
 

°Du weißt, was es bedeutet, ein Death Note zu zerstören?°, fragte er und ich nickte.
 

„Ja. Ich würde sogar die schlimmsten Schmerzen auf mich nehmen, damit er nicht stirbt.“, antwortete ich und ein Lächeln umspielte meine Lippen.
 

°So sei es!°, sagte er und verschwand im Nichts.
 

Plötzlich keuchte ich auf, schlug beide Hände auf meine Brust und die beiden Hälften des Death Note fielen zu Boden. Ich krümmte mich zusammen und fiel seitlich zu Boden. Der Schmerz durchzuckte wie ein Blitz meinen Körper und ich stöhnte schmerzerfüllt auf.
 

Ich bemerkte nicht, wie jemand in den Raum kam und zu mir lief, bemerkte nicht, wie jemand meinen Namen rief und mich ein Stück in die Arme zog und auf den Schoß bettete. Verschwommen nahm ich eine Gestalt war und blinzelte. Versuchte den Schmerz nur für eine Sekunde zu vertreiben und blickte in die schockgeweiteten Augen von L, der auf mich einzureden schien.
 

Ein Lächeln erschien auf meinen Lippen und ich strich mit zitternder Hand durch die pechschwarze Mähne Ryuuzakis. Ich war nicht mehr fähig zu sprechen und alle Kraft schien meinen Körper zu verlassen. Mit aller Kraft, die ich noch aufbringen konnte, bewegte ich meine Lippen und formte die Worte, die mir schon seit geraumer Zeit auf der Seele lagen und die ich erst jetzt wirklich begriffen hatte.
 

Ls Augen weiteten sich noch um eine Spur mehr und er strich fahrig über meine Wange. Mein Lächeln wurde noch um eine Spur sanfter und langsam schlossen sich meine Augen und meine Hand sank zu Boden. Mit diesen letzen Worten in einem Herzen, versank ich in pechschwarzer Finsternis.
 

„Ich mag dich, Ryuuzaki. Ich mag dich wirklich.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von: abgemeldet
2008-12-23T18:42:56+00:00 23.12.2008 19:42
*heul*
+schnief*
eine sehr schöne und traurige OS!
Einfach klasse....
weiter so!
lg
Von:  thelastscrew
2008-12-20T18:43:14+00:00 20.12.2008 19:43
Das war so süss!^^
Der Schluss war so hart... *schnüfz*
Wieso muss immer einen von beiden sterben? Können sie nicht einfach mal leben? T-T

Sehr süsse FF, ich finde du hast L sehr gut getroffen und Raito ist doch ein bisschen zu sanft geworden! Aber das stört mich nicht wirklich (keine Angst, ich gehöre nicht zu denen welche dir den Kopf abreisen nur weil du ein bisschen den Charakter umgeformt hast!), ansonsten wäre ja nicht diese süsse Szene entstanden!
Ich hoffe wir lesen bald wieder etwas von dir!^^
Von:  Kou-Ki
2008-12-19T21:04:16+00:00 19.12.2008 22:04
Wow... das war echt schön *-*
Ich fand zwar dass einbisschen arg OOC war, also Light/Raito war ja arg höchst verliebt ^^

Aber die Story ist einfach wuunderschön geschrieben, sowas könnte ich nie!
Auch wenn Light arg dem Original abgewichen, war das echt toll zu lesen!


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