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Vampire? Die gibt es doch gar nicht!

von

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Kapitel 79 - 80

Kapitel 79:
 

Auf dem aufgewühlten Boden sitzend, hatte ich meinen Rücken gegen den von Sorin gelehnt. Nachdem das Echo der in mir gewühlten Energie verging, konnte ich mich kaum noch bewegen und würde mich wohl nicht mal von selber in einer sitzenden Position halten können. Wenn es immer so sein würde, sollte ich mich niemals so sehr verausgaben. Denn wenn es mehr als ein Gegner war, hätte ich ziemlich schlechte Karten. Alucard schien sich keinerlei Eile hinzugeben, denn es mussten bereits Stunden vergangen sein, als er verschwunden war. Was er wohl wieder trieb? Angeblich wollte er mir doch etwas zur Stärkung besorgen, das ich mehr als nur gebrauchen konnte. Mein Magen hatte sich vor längerem bemerkbar gemacht und nur mit viel Mühe unterdrückte ich den Drang, mich über Sorin her zu machen. Es war aber auch zu verlockend, meine Zähne durch seine Haut zu schlagen und an die mehr als köstliche Flüssigkeit heranzukommen. Mir lief regelrecht das Wasser im Munde zusammen, als ich nur daran dachte. Ob ich ihn bitten sollte, mir freiwillig etwas von ihm zu gewähren? Immerhin erinnerte ich mich an das letzte Mal, als ich von ihm trank. Ich konnte von ganz alleine aufhören. Warum nur musste ich mich daran erinnern? Plötzlich hatte ich wieder diesen würzigen Geschmack auf der Zunge und krallte mich am Boden fest. Vielleicht war es einen Versuch wert, ihn zu fragen? Nein! Ermahnte ich mich selber und doch war ich wie zwiegespalten. Ich bekam nicht mit, was Sorin die ganze Zeit von sich gab, über was er sprach und rang in Gedanken mit mir selber. Ich musste mich unter Kontrolle halten, durfte diese nicht verlieren. Aber ein kleiner Schluck wäre doch nicht dramatisch. Es würde keinem schaden. Ich kniff meine Augen zu und biss die Zähne fest zusammen, während in mir zwei Fraktionen gegeneinander kämpften.

„Hey, hörst du mir überhaupt zu?“ Aus dem Zwiegespräch in mir aufgeschräckt, riss ich meine Augen auf und sah wie im Dämmerzustand über meine Schulter zu Sorin, der mich an der Schulter gerüttelt hatte. „Was?“ Fragte ich mit trockener Zunge. „Dir gehts gar nicht gut.“ Es war keine Frage, sondern eine Feststellung und als er sich erhob, landete ich mit dem Rücken auf dem Boden. Meine Muskeln hatten keinerlei Ambitionen sich anzustrengen. „Verdammt, du siehst auch gar nicht gut aus.“ Er legte seine Hand auf meine Stirn, die viel zu kalt wirkte. „Und du glühst. Wo ist dieser verdammte Blutsauger, wenn man ihn mal braucht? Warum dauert das so lange bei dem?“ Diese Frage hatte ich mir ja auch schon gestellt gehabt. Noch immer hatte er seine Hand auf meiner Stirn liegen und ich konnte sehen, wie das Blut durch sein Handgelenk floss. Es würde mich nicht viel kosten, diese zu packen und zu meinem Mund zu zerren und obwohl diese Vorstellung mehr als verlockend war, schloss ich meine Augen. „Kleines, wenn es etwas gibt, was ich tun kann, dann sag es.“ Sollte ich es wagen? Doch andererseits hatte er mich gerade von sich aus gefragt. Wieder öffnete ich meine Augen. „Sorin, darf ich von..dir trinken?“ Meine Zunge schien regelrecht am Gaumen festzukleben. „Von mir?... Oh..ja klar.“ So einfach sollte das sein? Er zog seine Hand von meiner Stirn und hielt mir diese hin. „Warum hast du das denn nicht eher gefragt, Kleines? Besser du trinkst etwas von mir, als das du noch wahnsinnig vor Durst wirst.“ Gab er feixend von sich, während ich sein Handgelenk griff und sofort meine Zähne durch seine Haut bohrte. Er verzog dabei die Lippen, doch schloss ich dann schon wieder meine Augen. Ich wollte ihn dabei nicht ansehen und gab mich ganz dem Genuss hin, welcher sich auf meiner Zunge ausbreitete. Wie in meiner Erinnerung. Sein Blut schmeckte würzig und verursachte die reinste Geschmacksexplosion. Vielleicht sieben oder acht mal schluckte ich sein Blut hinunter, ehe der Durst wie weggeblasen schien und ich von selber erneut aufhören konnte. Nachdem ich seine Hand los ließ, spürte ich bereits, wie meine Muskeln wieder begannen, ihre Arbeit aufzunehmen. Ich drückte mich nach oben und konnte mich selber aufrecht halten. „Danke.“ Meinte ich mit einem leichten Lächeln und sah zu ihm hin, als er sein Handgelenk an Alucards Mantel, welcher noch immer um seiner Hüfte lag, abwischte. „Schon gut. Wie gesagt, besser als wenn du vor Durst durchdrehst. Geht es dir denn besser?“ Ich nickte ihm zu und richtete mich dann langsam ganz auf, bis ich stand. „Oh ja. Dein Blut ist echt die reinste Wunderdroge.“

„Sag das Mal lieber nicht zu laut. Nicht das andere Blutsauger noch auf die Idee kommen, uns als Blutquellen zu halten.“ Gab er lachend von sich. „Ich denke mal, ihr würdet euch da ziemlich gut gegen wehren.“

„Aber sowas von!“ Kam es voller Enthusiasmus von ihm und er legte seine andere Hand wieder auf meine Stirn, wobei ich ihn fragend ansah. „Du glühst aber noch immer, also lag das nicht an deinem Durst.“ Nachdem er seine Hand weg nahm, legte ich meine drauf, konnte aber nicht wirklich einen unterschied feststellen. „Vielleicht braucht es etwas. Immerhin geht es nicht so schnell nach dem trinken.“

„Vielleicht.“ Wiederholte er und zuckte dann aber mit den Schultern.
 

Er drehte sich um und stemmte die Hände in seine Hüfte. „Aber dennoch, wo bleibt dieser elende Blutsauger? Es ist bald Mittag.“ Seufzend bewegte ich mich ein paar Schritte, was ziemlich gut tat. „Wer weiß das schon. Eventuell wurde er ja von dieser Verrückten aufgehalten.“

„Verrückten? Welcher Verrückten? Sag bloß, der Kerl fährt zweigleisig.“ Was meinte er denn damit? Anscheinend hatte er meinen Blick richtig gedeutet und wollte gerade ansetzen dies zu erklären, als ich ihn auch schon spürte und mich umdrehte. „Wenn man vom Teufel spricht.“ Entfuhr es Sorin direkt. Alucard hatte saubere Sachen an und trug einen anderen Mantel, in der Hand hielt er eine Flasche und ich musste nicht erst Fragen, was in dieser drinnen war. „Du kommst zu spät, Blutsauger. Ich musste ihr was von mir geben.“ Er zog seine Augenbraue nach oben und sah anschließend zu mir. „Es kam etwas dazwischen, doch muss ich mir bei dir wenig Sorgen machen.“ Die Worte richtete er zu mir und ich verschränkte meine Arme vor der Brust. „Was denn?“

„Etwas, das dich nicht zu interessieren hat.“ Damit warf er die Flasche mir zu und reflexartig fing ich diese auf. „Auch wenn du vom Köter was zu dir genommen hast, trink es dennoch. Du wirst es in den nächsten Stunden brauchen.“ Wie nett er doch mal wieder war. Ich zischte ihn kurz an und öffnete dennoch dabei den Verschluss der Flasche. Das Blut dort drinnen konnte es kein bisschen mit dem von Sorin aufnehmen und dennoch trank ich den ganzen Liter aus. Da Alucard keine Anstalten machte, die leere Flasche zurück zu erhalten, stellte ich sie auf den Boden. „Und was jetzt? Willst du mich wieder angreifen?“

„Du solltest das vielleicht nicht tun, es schien ihr eben überhaupt nicht gut zu gehen, und sie glühte regelrecht.“ Mischte sich Sorin ein und trat neben mich. „Das ist nicht zum Nachteil. Ihr Körper muss sich an vieles neues gewöhnen und anpassen.“

„Na wie toll.“ Meinte ich murrend. „Gib mir dennoch ein paar Minuten, bevor du mich wieder ausbluten lässt.“ Bat ich ihn und ließ mich wieder auf den Boden nieder. „Wie hast du das vorhin eigentlich gemacht gehabt? Wie hast du die Schatten wie Klingen zu mir gewirbelt?“ Fragte ich ihn nun doch, denn das wollte ich unbedingt auch können. „Wie hast du es geschafft, die Schatten zusammenzuziehen und dich vollkommen ohne Mühe in ihnen bewegt?“ Fragte er mich zurück und ich neigte den Kopf zur Seite. „Ähm..ich weiß nicht...irgendwie... Warte mal! Heißt das, dass du dies nicht kannst?“ Sofort sah ich ihn mit großen Augen an. Sollte ich tatsächlich etwas können, das er nicht beherrschte? „Ich hab es vorher noch nie ausprobiert.“ Erwiderte er schulterzuckend und schlagartig war meine gute Laune weg. Ich war mir ziemlich sicher, dass wenn er es ausprobieren würde, er es auch hinbekam. „Zu deiner anderen Frage, finde es selber heraus. Immerhin würde doch der Reiz fehlen, wenn man alles erklärt bekommt.“ Während er dies sagte, legte sich ein Grinsen auf seine Lippen. Er hatte auch gut reden, so stark wie er war. „Ähm...ich will mich ja nur ungern in eure Unterhaltung einmischen, aber mal nur so als Frage. Wie lange werden wir eigentlich hierbleiben? Ich bekomme nämlich auch langsam hunger.“

„Dann jag dir ein Reh.“ Kam es von Alucard und er drehte sich von Sorin weg, als wenn er nicht weiter mit diesem reden wollte. „Na danke auch. Und was ist mit einer Unterkunft? Oder willst du bis zum Sankt-Nimmerleinstag hierbleiben? Immerhin ihr könnt euch ja sonst wo hinbewegen, ich muss den natürlichen Weg benutzen...Hey..ich rede mit dir, Blutsauger!...Hey!“ Egal wie sehr Sorin es versuchte, er bekam keine Antwort. „Verdammter Blutsauger!“

„Beruhig dich Sorin, du kennst ihn doch.“ Mischte ich mich nun ein und schenkte ihm ein Lächeln, wobei ich wieder aufstand. Es ging mir wirklich schon viel besser und ich streckte mich. „Genau aus dem Grund will ich es ja auch wissen. Was wenn er wieder einfach so abhaut und dann mehrere Tage nicht her kommt? Bei dem ist doch alles möglich. Sollen wir dann die ganze Zeit hier rumgammeln?“ Wo er recht hat, ging es mir dann durch den Kopf und ich sah zu Alucard hin. Doch erneut kam in diesem Bezug nichts von ihm. „Anstelle uns über unwichtige Belange zu unterhalten, sollten wir weiter machen.“ Das war das Stichwort, denn er verschwand in die Schatten und ich sah kurz zu Sorin. „Bring am besten wieder etwas Abstand zwischen uns.“ Ich wartete nicht auf eine Antwort von ihm, sondern folgte Alucard direkt in die Schatten. Meinen Blick ließ ich umherstreifen und konnte einen ziemlich hellen Umriss erkennen, der sich von mir entfernte. Wenn ich das richtig interpretierte, müsste dies Sorin sein. War es wirklich möglich? Doch andererseits hatte ich dies letztes mal bereits angenommen. Schnell richtete ich meine Aufmerksamkeit jedoch auf Alucard, als ich eine Veränderung spürte. Es war wie kleine Stromstöße. Er stand etwa 20 Meter von mir entfernt und bündelte um sich herum die Schatten. Es war nicht derselbe Angriff wie beim letzten Mal. Er versuchte was anderes. War es möglich, dass er jenes probierte, was ich getan hatte? Denn die Finsternis um ihn herum wurde immer dichter und legte sich um ihn herum. Dieser Mistkerl hatte es scheinbar wirklich geschafft! Und dabei brauchte er nur einen Versuch? Wie unfair war das denn? Mit einer Druckwelle, die mich einige Schritte taumeln ließ, schleuderte er die Dunkelheit um sich herum und hüllte alles in ein tiefes Schwarz. Ich konnte nicht mal mehr die Hand vor Augen sehen. Wie weit sie reichte, wusste ich nicht, denn es gab keine sichtbare Grenze. Nur war jetzt die Frage, ob er mich in dieser auch finden konnte. Ich hatte ihn beim Letzten mal eher gespürt und auf gut Glück angegriffen. „Nützlich, aber nicht gerade praktisch.“ Hörte ich seine Stimme und drehte mich etwas um. War er dort? Wie weit weg? Bewegte er sich auf mich zu? Bisher hatte er mich noch nicht angegriffen. Ich atmete tief durch, um mich zu beruhigen. Was ich überhaupt nicht gebrauchen konnte, war in Panik zu verfallen. „Es wird Zeit, dass du mich angreifst, Kathrin.“ Mit einem belustigenden Unterton sagte er dies und zuerst wollte ich etwas erwidern, biss mir dann aber auf die Lippe. Warum sollte ich ihn angreifen? Beim letzten Mal hatte er darauf auch nicht gewartet gehabt. Was, wenn er genau wie ich, nichts sehen konnte? War es möglich, dass er mich genau so wenig spüren konnte? Jedenfalls nicht so, wie ich ihn? Denn umso mehr ich mich auf ihn fokussierte, umso mehr konnte ich die Welle einer Energie aufnehmen und die kam eindeutig von ihm. Es war genau die Gleiche wie beim letzten Mal. War es so möglich, andere innerhalb der Schatten ausfindig zu machen? Kurz ging mir ein Gedanke durch den Kopf. Hatte dieser eine Kerl in der Nachbarzelle, oder was es auch immer war, nicht irgendwas über eine meiner eventuellen Fähigkeiten behauptet gehabt, die kein anderer besaß? Zumindest nicht, wenn er kein Reinblut war und ich war eines! Laut ihm konnte ich Wesen auch außerhalb dieser Schattenwelt spüren und ihnen sogar Schaden zufügen, wenn sie sich nicht in dieser befanden. Hatte ich deswegen diesen Umriss von Sorin gesehen gehabt? Und deswegen diese anderen schemenhaften, leuchtenden Umrisse? Also wenn ich sie außerhalb spürte, dann auch in ihr und wenn Alucard kein Reinblut war, dann konnte er dies nicht? Wollte er deswegen, dass ich ihn angriff, damit er wusste, wo ich mich befand? Ein Grinsen entwickelte sich auf meinen Lippen. Es war ein Versuch wert und ich würde diesen mit Nichten vorbeiziehen lassen.
 

Das Erste, was ich versuchte, war, ob ich mich genau so frei bewegen konnte wie letztens. Immerhin hatte nicht ich diese Dunkelheit herbeigeführt. Doch nach dem ich ein paar Schritte gegangen war, musste ich wieder Lächeln. Es konnte also losgehen. Ich musste es nur anders angehen, als letztes Mal. Einen, vielleicht zwei Angriffe würde ich auf ihn ausführen können, dann würde er aber mit Sicherheit wie auch vorhin wieder die Oberhand haben. Das hieß, ich musste mich schnellstens von ihm zurückziehen und dabei versuchen keine Geräusche von mir zu geben. Dies war wohl mit das Schwerste. Wenn ich ebenso wie er über den Boden schweben könnte, würde es mir einfacher fallen, aber ich wollte mich jetzt nicht damit beschäftigen. Immerhin war es nur eine Frage der Zeit, bis er mich doch fand und mein Glück zu lange strapazieren wollte ich nicht. Noch einmal atmete ich tief durch und dann lief ich los. Die Schatten glitten an meinem Körper vorbei und ich konnte sie dabei genauestens spüren. Dennoch sorgten sie abermals dafür, dass meine Bewegungen schneller wurden und keinerlei Widerstand zu spüren war. Zwar fragte ich mich auch, wie er damit bezwecken wollte, dass ich zu der Kraft finde, die angeblich in mir verschlossen sei, doch sollte ich mir darum wohl doch später Gedanken machen.

Mit meiner Handkante schlug ich so stark zu, wie ich nur konnte und war froh, nicht ins leere getroffen zu haben. Schnell bewegte ich mich wieder weg und vernahm einen Zischlaut, der eindeutig von Alucard kam. „Du hast dazu gelernt.“ Meinte er und abermals antwortete ich ihm nicht. Ich lief um ihn herum und sprintete dann erneut auf ihn zu, nur um ihn mit der Faust zu treffen, was mir abermals gelang und ich erneut von ihm weg mich bewegte. Es schien genau so zu sein, wie ich es mir gedacht habe. Zu schade, dass ich nicht jubeln konnte, doch zumindest begann nun für mich der Spaß. Ich wiederholte dies etliche Male und traf ihn immer wieder an anderen Stellen. Eventuell war ich zu übereifrig, beziehungsweise dachte, ich hätte diesmal die Oberhand. Doch er belehrte mich ziemlich schnell, dass dem nicht so war. Denn als ich, wie die anderen Male schon zuvor, genau so wieder angreifen wollte, spürte ich einen heftigen Schmerz durch mein Bein gehen und gleich darauf durch meine Schulter. Etwas Spitzes hatte mich getroffen und bohrte sich durch meine Haut, hielt mich an Ort und Stelle gefangen. „Hast du wirklich geglaubt, dass ich noch länger nur so herumstehen würde, ohne eine Abwehr zu entwickeln?“ Das Grinsen konnte man regelrecht aus seinen Worten hören. „Du bist schnell gewesen und dennoch ziemlich unvorsichtig. Zu erst habe ich wirklich angenommen, dass du im Gegensatz zu mir tatsächlich etwas sehen könntest, doch ist dem nicht so... Welch ein Pech für dich.“ Die letzten Worten sprach er leise und dennoch vernahm ich sie, da ich seinen Atem genau auf meiner Wange spüren konnte. „Und jetzt hör auf zu spielen!“ Mit einem kräftigen Schlag zerschmetterte er mir regelrecht mehrere Rippen und ich beugte mich keuchend nach vorne. Die Stacheln bohrten sich dabei tiefer durch mein Fleisch und ich fühlte mich mehr und mehr aufgespießt. Einen weiteren spitzen Gegenstand konnte ich an meiner Hüfte spüren und als er mich erneut schlug, riss dieser auch dort meine Haut auf und bohrte sich in mich hinein. Wenn es jetzt nicht schon vorbei sein sollte, musste ich mich schleunigst von diesen Dingern befreien. Nur wie, wenn ich keinerlei Möglichkeit hatte, mich irgendwo gegen zu stemmen? Nachdem einer seiner Schläge mein Nasenbein traf, schrie ich laut auf und versuchte einfach etwas. Was sollte schlimmstenfalls schon geschehen? Sterben würde ich hoffentlich nicht. Daher biss ich die Zähne zusammen und drückte mich gegen die Stacheln, ließ sie tiefer durch mich bohren und stemmte mich mit den Beinen dagegen, bis ich auf dem Boden angekommen war. Auf dem Weg dorthin hatte sich noch ein weiterer durch mein Handgelenk gebohrt, doch zumindest lag ich nun vollkommen auf dem Boden und drehte mich zur Seite, schrie dabei auf vor Schmerzen. Ich riss diese Teile regelrecht durch meinen Körper und als ich den aus meiner Schulter und meiner Hüfte draußen hatte, konnte ich mich einigermaßen gut wieder bewegen und drückte mich nach oben weg, zog die anderen dabei aus mir raus. Aufgrund einer Luftbewegung vor mir erahnte ich, dass ich nur knapp einen Angriff von ihm ausgewichen war, was nicht mein Plan war. Ich rollte mich nach hinten weg und drückte die Hand auf meine Hüfte. Das Blut sickerte aus der Wunde. Doch spürte ich bereits, wie diese sich schloss, genau wie die anderen Verletzungen ebenso. Immer weniger Blut vergoss ich auf den Boden und musste mich bemühen, nicht zu lange an ein und demselben Ort zu verweilen. Ich spürte ihn, wie er näher kam, und wisch ihm immer wieder aus. Warum wusste er, wo ich war? Als wenn er meine Frage gehört hätte, lachte er und gab mir die Antwort. „Ich höre, wie dein Blut zu Boden tropft.“ Das war es also, was mich verriet. Nur war leider das Problem, dass die Wunde sich nicht ganz schloss, wenn ich mich nicht kurz erholte. Ich hatte ihn mal wieder unterschätzt. Irgendwie musste ich es schaffen, ihn kurz dazu zu bringen, innezuhalten. Mit sich reden lassen, würde nichts bringen. Ihn anzugreifen ebenso wenig. Ausweischen schaffte ich immer wieder nur knapp und war froh darüber, wenigstens einen kleinen Vorteil zu haben, und zwar, ihn spüren zu können. Meine einzige Hoffnung, die ich sah, war jene, herauszufinden, wie ich es verdammt nochmal schaffen konnte, durch die Schatten zu einem anderen Ort zu gelangen. Wenn ich von hier wegkam, irgendwo anders hin, dann bräuchte er mit Sicherheit ein wenig Zeit, bis er dort ebenso auftauchte. Also, wie bekam er das hin und wie konnte ich ihm das nach machen? „Es wird langsam langweilig, Kathrin.“ Hörte ich ihn sagen und der Unterton in seiner Stimme gefiel mir ganz und gar nicht. Was hatte er nun schon wieder vor? Wenn er genau so, wie letztes Mal diese Attacke auf mich abfeuerte und ich sie nicht sah, würde ich wohl wieder chancenlos auf dem Boden landen. „Ich habe dich nicht hierzu gebeten! Wenn dir langweilig wird, such dir ein Hobby!“ Schrie ich ihm zu und rollte mich auf den Boden zur Seite, als ich einen Luftzug in Brusthöhe wahrnahm. Direkt danach aber ballte ich meine Fäuste und rannte zur Seite hin weg, ohne mich nochmal umzudrehen. „Weglaufen wird dir nichts bringen.“ Damit hatte er sowas von recht, doch war dies nicht mein Ziel und ich hoffte, es klappte. Ich rief die Schatten zu mir und spürte, wie sie an meiner Haut lechzten. Schicht für Schicht legten sie sich um mich, als ich immer weiter rannte und nur noch eines wollte, von hier weg. Als wenn sie meinen Wunsch vernahmen, spürte ich einen Ruck durch meinen Körper gehen. Es war so, als wenn die Dunkelheit mich am ganzen Körper packen und mich mit sich zerren würde. Ich schrie dabei vor schrecken auf, da ich auf dies nicht gefasst war. Ebenso wenig darauf, dass die Schwärze mit einem Mal um mich herum verschwand und ich wieder die graugehaltene Schattenwelt um mich herum wahrnahm. Hatte es geklappt? Ich wollte gerade doch kurz jubeln, doch dauerte es nicht mal eine Sekunde und auch jene verschwand, als erneut etwas mich mit sich zerrte. „Stopp!!!“ Rief ich in der Hoffnung, dass es klappte, aber es gelang mir nicht und es fühlte sich an, als wenn mich etwas geradezu auseinander reißen würde. Der Schmerz war schlimmer, als jener, den ich durch Alucard erfahren musste und ich wollte mich zusammenkrümmen, doch gelang mir das nicht. Es mussten Minuten vergangen sein und ich wünschte mir nichts anderes, als das Bewusstsein zu verlieren, doch war mir dies nicht vergönnt. Als mir dies klar wurde, riss ich mich regelrecht zusammen. Ich konnte entweder weinen, schreien, beten, oder aber etwas dagegen unternehmen. Mit zusammengebissenen Zähnen stemmte ich mich gegen das, was mich mit sich zerrte. Es war, als wenn meine Haut sich von meinem Körper schälen wollte, doch gab ich nicht auf. Ich hatte schon schlimmeres überstanden, rief ich mir selber ins Gedächtnis und irgendwie schaffte ich es tatsächlich, mich von den Schatten frei zu machen, die an mir gezerrt hatten. Die Dunkelheit um mich herum verschwand und ich wurde regelrecht aus ihr hinaus katapultiert. Krachend landete ich auf einem Boden und rollte über diesen hinweg, bis irgendwann mehrere Bäume mich aufhielten und ich mir mehr als sicher an diesen das Rückgrat brach. Ich schrie laut auf und versuchte mich zu bewegen, doch konnte ich nicht mal mehr meine Zehen bewegen. Nur langsam öffnete ich meine Augen. Ich hatte keine Ahnung, wo ich war. Vor mir erstreckte sich eine Anhöhe und es war dunkel. Der Nachthimmel hatte sich ausgebreitet. Aber ich war mir mehr als sicher, dass ich keine Stunden mit Alucard in den Schatten gewesen war. Auch wenn es eine Scheißidee war zu lachen, musste ich das tun und hörte gleich daraufhin wieder auf, da die Schmerzen mich dazu zwangen. Ich schien nicht mehr in England zu sein, das hieß, ich hatte es geschafft. Ich war alleine durch die Schatten gereist. Nur das es so verdammt qualvoll sein würde, hätte ich niemals angenommen. Vorsichtig begann ich mich zu bewegen. Meine Finger besaßen mittlerweile wieder Gefühl und ich renkte mir die Knochen nach und nach ein, robbte mich an dem Baumstamm in eine sitzende Position und sah an mich hinab. Meine Kleidung sah aus, als wenn unzählige Rasierklingen drüber gefahren wären und meine Haut hatte etliche Einrisse. Sie waren nicht sonderlich groß, aber dafür zahlreich. Den Oberschenkelknochen renkte ich mir wieder ein und ebenso meinen linken Fußknöchel. Welch ein Glück, dass mir dies so langsam nichts mehr auszumachen schien. Um so öfter ich mir was brach, um so leichter fiel es mir, damit umzugehen und den Schmerz wegzuatmen. Nachdem ich alle Knochen wieder an ihren ursprünglichen Ort gerenkt hatte, schloss ich meine Augen um mich zu erholen und meinem Körper Zeit zu geben, zu heilen. Vielleicht ein, oder zwei Stunden waren vergangen und ich stand langsam auf. Einige Blessuren hatte ich noch immer, vor allem blaue und lila Flecken, doch zum Glück war mein Rückrad wieder gänzlich geheilt. Mit schweren Schritten bewegte ich mich auf die Anhöhe zu. Hinter mir lag nur Wald und bevor ich durch diesen mich durchschlug, wollte ich sehen, was auf der anderen Seite der Anhöhe zu finden war.
 


 

Kapitel 80:
 


 

Mein Blick schweifte über die kleine Stadt, welche hinter der Anhöhe sich befand. Sie lag an einem See, der jedoch bei weitem größer wirkte als dieser kleine Ort. Vielleicht war es auch nur ein Dorf. Richtig einschätzen konnte ich es nicht. Mit mühsamen Schritten ging ich hinab und rutschte dabei sogar einige Meter hinunter, da der Boden durch das feuchte Gras glitschig war. Wo ich auch immer gelandet war, ich sollte es schleunigst heraus finden. Meine Sachen hingen in Fetzen an mir runter und ich war mehr als froh, dass sie dennoch den Großteil bedeckten. Doch auch um dieses Problem sollte ich mich kümmern. Hinter ein paar Häusern kam ich an und ging an diesen vorbei. Es brannte kein Licht, deshalb ging ich davon aus, dass die Bewohner gerade schliefen. Sollte ich einbrechen? Nach kurzem überlegen, entschied ich mich dagegen und ging erst einmal weiter. Eventuell fand ich ein Kleidungsgeschäft. Immerhin war ja nicht gesagt, dass die Bewohner dieser Häuser dieselbe Größe hatten wie ich. Die Straßen waren menschenleer und nur jede zweite Straßenlaterne spendete Licht. Nach einer guten halben Stunde Fußweg hatte ich endlich so etwas wie ein Kleidungsgeschäft gefunden. Es war eher eine kleine Boutique. Nur ein Schaufenster, in dem gerade einmal fünf verschiedene Sachen ausgestellt waren. Ich hoffte wirklich, dass dort was drinnen war, das ich gebrauchen konnte. Mit einem tiefen Atemzug ließ ich mich erneut in die Schatten tauchen. Ich hatte es bereits geschafft, durch diese zu reisen.. wohin auch immer. Dann sollte ich es doch jetzt auch hinbekommen, diese Wand zu durchdringen, ohne die Tür zu benutzen. Alucard machte dies immerhin ständig. Gerade als ich es probieren wollte, fühlte es sich an, als wenn ein Stromschlag durch meinen Körper ging. Ich drehte mich um, doch konnte ich nichts erkennen. Woher kam das? Nein! Ich sollte mich aus jeglichen Schwierigkeiten raus halten. Zumindest solange ich alleine unterwegs war. Meine Handfläche drückte ich gegen die Mauer des Gebäudes. Also wie ein Geist würde ich sie wohl nicht durchdringen können. Was dann tun? Ich konzentrierte mich und ließ die Schatten um mich herum wieder dichter werden, in der Hoffnung, dass sie mich nicht sonst wohin schliffen. Danach richtete ich meinen Fokus dadrauf, durch diese Wand zu kommen, und ging los. Ich hatte vollstes Vertrauen in mich, und wurde bitter enttäuscht, als ich gegen das feste Mauerwerk lief. Wütend schlug ich auf die Wand und lehnte mich mit dem Rücken dagegen. So einfach war es anscheinend doch nicht. Also wie dann? Vielleicht musste ich gar nicht gehen. Eventuell musste ich mich von den Schatten dorthin bringen lassen. Also ein neuer Versuch. Wieder ließ ich die Dunkelheit um mich herum sich verdichten. So langsam machte sich in mir die Idee breit, dass diese Schatten ein ganz eigener Organismus sein könnten. Vielleicht waren wir lediglich in der Lage, mit diesem zu interagieren. Während ich so darüber nachdachte, spürte ich richtig, wie ein ziehen durch meinen Körper ging und es sich anfühlte, als wenn sich etwas an meine Haut haftete. Ich biss die Zähne zusammen und ließ mich geradewegs führen. Diesmal stieß ich nicht mit der Nase gegen die Mauer, doch musste ich mich zusammenreißen um nicht vor schmerzen aufzuschreien. Es fühlte sich an, als wenn etwas versuchte mir die Haut runter zu reißen. Als ich es nicht mehr aushielt, stieß ich die dichten Schatten um mich herum direkt von mir weg und trat aus der Dunkelheit hinaus. Mit vorgebeugten Körper, hatte ich die Hände auf meinen Oberschenkeln liegend. Noch immer schmerzte jeder Zentimeter Haut und damit wuchs zugleich auch mein Durst. Nach einigen tiefen Atemzügen richtete ich mich wieder richtig auf und sah mich um. Ich stand im Verkaufsraum und war erleichtert. Gezielt ging ich auf die Shirts drauf zu, welche zusammengefaltet in einem Schrank lagen. Ich griff mir ein dunkelblaues und riss die fetzen meiner Sachen mir vom Leib, ehe ich das Shirt überzog. Es war zwar nicht mein Geschmack, vom Schnitt her, doch wie es aussah, gab es in diesem Laden nur Sachen für Leute über 50. Besser als nackt durch die Gegend zu laufen, redete ich mir ein und griff eine schwarze Stoffhose. Zu meinem Glück gab es direkt nebenan einen kleinen Schuhladen. Alles in einem anscheinend und sie hatten hier sogar Turnschuhe, mit denen ich mein Outfit vervollständigte. Hätte ich etwas Geld bei mir gehabt, ich hätte es irgendwo liegen lassen. Doch so nahm ich den selben Weg raus, wie ich rein gekommen war und stand schließlich nahe einer Straßenlaterne, die angefangen hatte zu flackern. Jetzt musste ich mich nur noch um meinen Durst kümmern und danach einen Weg zurück suchen. Vielleicht sollte ich vorher erst mal raus bekommen, wo ich überhaupt war. Ich folgte der Straße ohne besonderes Ziel und war doch etwas überrascht, als ein Streifenwagen in meine Richtung fuhr. Nachdenklich neigte ich den Kopf zur Seite. Da stand tatsächlich Sheriff auf den Wagen. War ich etwa in Amerika gelandet? Na wenigstens wurde hier auch englisch gesprochen. Der Wagen hielt neben mir und die Seitenscheibe ging runter. Im Wageninneren saß ein Mann, an die 40, wenn ich es richtig einschätzte. Sein Haar begann an manchen Stellen bereits dünn zu werden und vereinzelte, graue Streifen zogen sich durch. „Guten Morgen, Miss. Kann ich Ihnen helfen?“ Alleine bei dem Miss zog ich schon meine Augenbraue nach oben. „Nein, ich gehe lediglich etwas spazieren.“ Erwiderte ich höflich lächelnd. Erst hatte ich mir überlegt, ihn für meinen Durst zu benutzen, doch würde dessen Verschwinden sicher mehr Probleme mit sich bringen, als bei irgend einem Bewohner dieser kleinen Stadt. Gerade als ich weiter gehen wollte, stieg er aus dem Wagen und ich rollte mit den Augen. „Zeigen Sie mir bitte Ihren Ausweis.“ Sollte das ein Scherz sein? Als wenn ich so etwas bei mir hätte. „Warum? Ich gehe lediglich spazieren.“

„Miss, ich muss Sie höflich darum bitten, sich auszuweisen. Wenn nicht, muss ich Sie mit nehmen, um Ihre Identität zu prüfen.“ Das wurde mir wirklich zu blöd. Bevor ich mich weiter mit ihm unterhielt, versuchte ich eher, in dessen Verstand einzudringen, was gar nicht mal so schwer war. Der Kerl schien keine besonders große Leuchte zu sein. Diese Fähigkeit empfand ich mit als eine der nützlichsten und ich brachte den Kerl dazu, dass er sich zurück in sein Fahrzeug setzte und weiter fuhr. Nachdem er dies getan hatte, hätte ich mir selber eine Scheuern können. Vorher hätte ich ihn noch danach fragen sollen, wo ich eigentlich genau war. Murrend ging ich weiter.
 

Vor einem etwas abseits stehenden Haus, am Ende einer Straße, blieb ich stehen. Hinter dem Haus begann der See, welchen ich mir zugern angesehen hätte, jedoch bei Tageslicht. Ich wusste nicht, wer in dem Haus lebte, dennoch nutzte ich meine neuerlernte Fähigkeit und stand bald darauf in einem Wohnzimmer, dessen Möbel gut aus dem neunzehnten Jahrhundert hätten sein können. Selbst das Radio, welches auf den einen Tisch stand, wirkte eher so, als wenn es in ein Museum gehören würde. Ich hoffte nur, dass ich den Bewohnern hier keinen Herzinfarkt bescherte, bevor ich mich an ihnen nähren konnte. Obwohl ich auch in einem kurzen Gewissenskonflikt stand, als ich so darüber nachdachte. Sie könnten meine Großeltern sein. Warum fühlte sich das so komisch an, und bei jenen, die etwa mein alter waren, oder zumindest noch über die Hälfte ihres Lebens vor sich hatten, schien es für mich vollkommen in Ordnung zu sein. Kopfschüttelnd ging ich über den Parkettboden, der an einigen stellen knackste. Es ging eine Treppe, welche schon mal bessere Jahre gesehen hatte, ziemlich steil nach oben. Wenn hier wirklich ältere Leute wohnten, war ich mir unsicher, ob diese die Treppe noch schafften. Daher folgte ich lieber den Flur im Erdgeschoss und öffnete eine der Türen. Der Raum dahinter entpuppte sich als Küche. Die Einbauschränke waren in einem grässlichen Blumenmuster. Der Nebenraum war das dazugehörige Esszimmer, in welchem ein großer Tisch mit sechs Stühlen dran stand. Vielleicht waren sie einst eine Großfamilie, schoss es mir durch den Kopf und ich ging auf die letzte Tür zu, welche jedoch nur ein kleines Badezimmer war. Doch genau jenes konnte ich jetzt auch gut gebrauchen, stellte ich fest und benutzte die Toilette. War nur zu hoffen, dass die Toilettenspülung keinen aufweckte. Kurz lauschte ich nach Geräuschen, konnte aber keine ausmachen und ging daher die Treppe nach oben. Jede Treppenstufe schien etwas gegen mich zu haben, so sehr wie diese knacksen. Oben angekommen wünschte ich mir, die Fähigkeit Schweben zu haben und rieb mir anschließend über die Stirn. Ich hätte es bei weitem einfacher haben können, wenn ich diesen Weg in der Schattenwelt hinter mich gebracht hätte. Es war eindeutig, ich musste noch viel lernen und vor allem mich darauf besinnen, das ich kein Mensch war. So gerne ich dies auch sein wollte. Im Obergeschoss gab es drei Zimmer und ich ging in das erste hinein. Ein altes Kinderzimmer, kam es mir in den Sinn. Ich betrat es und sah mich neugierig um. An den Wänden hingen lauter Poster von Filmen aus den Achtzigern und ich musste schmunzeln, als ich eines von dem Film Indianer Jones sah. War der Film wirklich schon so alt gewesen? Ich schüttelte den Kopf und ging auf einen Schrank zu, auf dem lauter kleine Skulpturen aus Stein waren. Es waren sowohl Tierstatuen, nicht größer als meine Hand und Abbildungen von bestimmten Monumenten. Hier schien mal jemand eine Leidenschaft für so etwas gehabt zu haben. Es war zwar Diebstahl, doch andererseits, was interessierten mich denn noch diese Kleinigkeiten, nachdem ich bereits dutzende Morde begangen hatte. Ich griff eine kleine Steinstatue eines heulenden Wolfes und nahm mir vor, diese Sorin zu geben. Vielleicht würde er sich darüber freuen. Hinter der nächsten Tür hörte ich ein leises Scharchen. Im Bett lag eine ältere Frau und ich ging auf sie zu. Sie erinnerte mich wirklich an meine Großmutter und ich biss mir auf die Zunge. Jetzt hatte ich den ganzen Weg hier her hinter mich gebracht und dennoch hielt mich etwas davon ab. Sie hatte ihr Leben gelebt, sollte ich es nicht lieber so betrachten? Zu gern hätte ich das getan, doch brachte ich es nicht über mich und zog mich zurück. Gefrustet stand ich schließlich vor dem Haus. Und jetzt? Mein Magen gab den Ton an und ich ging weiter. Etwa hundert Meter stand ein weiteres Haus und jenes wirkte bereits von außen jünger. Diesmal blieb ich in den Schatten, als ich mich innerhalb des Hauses aufhielt, in welchem eine vierköpfige Familie lebte. Das kleine Kind lag bei den Eltern mit im Schlafzimmer in einem Gitterbett. Diesmal machte ich keinen Rückzieher und nahm mir vor, nur so viel zu mir zu nehmen, wie ich brauchte. Gegebenenfalls meinen Hunger auf beiden Erwachsen aufzuteilen. Als der Mann seine Augen öffnete, griff ich direkt in seine Gedankenwelt ein und schickte ihn postwendend zurück in seinen Schlaf. Ich war über mich selbst überrascht, dass ich dies so einfach schaffte und noch dazu die Kontrolle bei mir behielt, als ich von ihm trank. Wie ich mir gedacht hatte, reichte es nicht um meinen Hunger zu stillen und da ich ihn aber auch nicht umbringen wollte, war dessen Frau eben noch dran. Ich verzog die Lippen, nachdem ich von ihr getrunken hatte. In ihrem Blut war mehr Alkohol drinnen, als alles andere und damit stillte sie das kleine Kind wohl noch? Ich verließ das Anwesen und rieb mir über den Nacken. Es war eigenartig, ich fühlte mich tatsächlich ein wenig beschwipst. War das normal? Wurde ich etwa jetzt auch noch betrunken, wenn ich das Blut von jemanden trank, der zuvor sich die Kante gegeben hatte? Und wenn ja, warum hatte ich einst keine solchen Auswirkungen gehabt, als ich das Blut von diesem Drogenjunkie zu mir genommen hatte? Fragen über Fragen, die mich beschäftigten. Sobald ich wieder bei Alucard war, konnte er mir diese sicher beantworten. Ob ich versuchen sollte, mit ihm Kontakt aufzunehmen? Ob er mich suchte? Oder wartete er dort auf dem Feld mit Sorin lediglich darauf, dass ich dorthin zurückkam. Selbst wenn, würde ich das schaffen, oder nur wieder irgendwo anders raus kommen? Ich hatte ja noch immer keine Ahnung, wie ich eigentlich hier gelandet war.
 

In Gedanken versunken war ich an einer alten Kapelle vorbei gegangen und sah neugierig zur Seite, als ich aus der Richtung leises Gemurmel vernahm. Ich ging auf eine etwa eineinhalb große Steinmauer zu, über welche ich rüber sehen konnte. Es war ein Friedhof und etwas weiter in der Ferne konnte ich seichtes Licht erkennen. Was machte jemand mitten in der Nacht auf einem Friedhof? Und warum interessierte es mich überhaupt? Neugierig sprang ich über die Mauer und ging auf das Stimmengewirr zu. Es schienen Jugendliche zu sein. Hatte ich jetzt etwa deren Treffpunkt in diesem winzigen Ort ausgemacht? Sie saßen alle um mehrere Kerzen herum und trugen weitestgehend schwarze Klamotten. War es ein Vorurteil, wenn ich sie damit in eine Schublade steckte? Etwas Abseits von dem ganzen blieb ich stehen und sah ihnen zu, wie sie scheinbar versuchten irgendwas zu beschwören. Ob denen klar war, dass es tatsächlich Wesen gab, mit denen man sich nicht anlegen sollte? Ich grinste regelrecht, als ich darüber nachdachte und zuckte zusammen, als es erneut durch meinen Körper zog, als wenn ich einen Stromschlag bekommen hätte. Was war das? Die Heftigkeit ließ mich glatt in die Knie gehen und ich krallte mich an einen der Grabsteine dabei fest. Mir blieb fast die Atemluft weg, als ich etwas um mich herum spürte. Da waren lauter verschiedene Essenzen und jede strömte eine andere Art von Welle aus. Mein Körper begann zu kribbeln und es war fast so, als wenn diese Energie-Wellen versuchten, sich an mich zu binden. Hatte das was mit dem zu tun, was diese Jugendlichen dort taten? Anstelle es herauszufinden, sollte ich doch lieber schleunigst von hier verschwinden, nur gehorchten mir meine Beine nicht mehr. Immer mehr Wellen strömten auf mich ein und drückten mich dabei regelrecht gen Boden. Ich musste den Grabstein loslassen und krallte mich stattdessen in die unter mir liegende Erde. Es war fast so, als wenn ich einen Puls dadrunter wahrnehmen konnte. Da mir nichts anderes übrig blieb, begann ich mich darauf zu fokussieren und griff in Gedanken nach einer dieser Wellen. Ich nutzte die gleiche Methode, als wenn ich in die Gedanken eines Menschen eindringen würde um diesen kurzzeitig zu kontrollieren. Es war dennoch vollkommen anders und fühlte sich innerlich kalt an. Als der Boden begann zu beben, schreckten die Jugendlichen auf und begannen wild umher zu sprechen. Ich hörte ihre Angst aus deren Stimme. Zwei von ihnen versuchten die anderen zu beruhigen, dass es sicher nur ein kleines Erdbeben war, sowas kam hier immerhin öfter vor. Kurzzeitig ließen sie sich dadurch beruhigen, doch als erneut ein Ruck durch den Boden ging, schrien einige der Mädels laut auf und rannten vor Schreck weg. Ich sah ihre Silhouetten hinter der Mauer verschwinden. Die Jungs versuchten scheinbar, die mutigen zu spielen, und rissen Witze über das, was hier gerade geschah. Doch auch mit deren Tapferkeit war es schnell geschehen, als der Boden sich bei einem der Gräber auftat. Ein paar von ihnen fielen auf den Boden und nässten sich ein, schienen nicht in der Lage zu sein, weg zu rennen. Das war jetzt wohl doch der beste Moment um zu versuchen, ob ich Alucard erreichte, denn das Ding, welches da aus dem Boden gerade gekrochen kam, war noch nicht lange tot. Etliche Maden fraßen sich durch dessen Gewebe und das halbe Gesicht war bereits vom Schädelknochen verrottet. Ich stand kurz davor mich zu übergeben, als es sich aus dem Grab nach oben zog und mit einem Auge in meine Richtung sah. Der Kiefer hielt sich nicht mehr richtig, da ein Teil der Muskulatur nicht mehr vorhanden war. Der Anzug, welchen er noch trug, war zum Glück halbwegs intakt. Denn ich hatte keine Lust zu sehen, was sich dort drunter abspielte. Nachdem die Leiche sich aus ihrem Grab befreit hatte, spürte ich, wie sämtliche andere Wellen, die mich zuvor noch festgehalten hatten, plötzlich von mir abließen und ich fühlte mich um etliches leichter. Endlich konnte ich auch aufstehen. Zuerst wollte ich mich umdrehen und auch einfach wegrennen, doch was dann? Die Jungs, welche zu Boden gegangen waren und vor sich hin wimmerten, schien das Wesen überhaupt nicht zu interessieren. Demzufolge war es nicht auf menschliches Fleisch oder sonstiges aus. Was also dann? Ich nahm meinen Mut zusammen und ging auf dieses Ding drauf zu. Sollte es mir was tun wollen, war ich sicherlich schnell und konnte mich zudem in die Schatten begeben. Irgendwie ahnte ich, dass dieses Teil dies nicht beherrschte. Als ich an einen der Jugendlichen vorbei ging, sah er mit entsetztem Blick zu mir und jetzt schien endlich wieder leben in ihn zu kommen, denn er schaffte es aufzustehen und sich schleunigst vom Acker zu machen. Nur vergaß er dabei seine beiden Freunde, die noch immer wie gelähmt auf dem Boden lagen und sich wohl zu ihrer Mama wünschten. Die Leiche lag mit dem Unterkörper auf dem Boden und stemmte sich mit den Armen nach oben. Es war so, als wenn es versuchte, mit mir Blickkontakt aufzunehmen. Eine Hand legte ich auf meinen Bauch, da mir regelrecht flau wurde und ich tatsächlich kurz davor stand, mich zu erbrechen. Ich stand nun fast genau vor diesem Teil, während es versuchte, röchelnd zu sprechen. Doch dank des immer wieder wegrutschenden Kiefers gelang es ihm nicht. Mich angreifen oder etwas in dieser Art, tat es nicht. Demzufolge stellte es keine Gefahr da, hoffte ich. Nur was sollte ich jetzt machen? Ihm das Genick brechen? Er war doch schon tot. Toter als tot ging wohl schlecht. Mir musste etwas einfallen und das Erste, was mir durch den Kopf spuckte, war, es einfach mit einem Befehl zu versuchen. Ich wusste nicht, woher ich diesen Gedanken erhielt, oder war es eher eine Eingebung? Doch versuch machte Klug und dementsprechend versuchte ich mit ernster Stimme, die ziemlich zitterte, diesem Wesen zu befehlen, wieder tot zu werden. Das Ding begann erneut zu röcheln und streckte eine seiner Hände nach mir aus. Doch kurz danach sackte es in sich zusammen und blieb auf der aufgewühlten Erde liegen. Mir schlotterten regelrecht die Knie und ich ging schleunigst etliche Schritte zurück. Die zwei Jugendlichen um mich herum, sahen mich entgeistert an. Vielleicht sollte ich dafür sorgen, dass sie dies hier vergessen, doch brachte ich es gerade nicht fertig. Zu sehr hatte mich dies hier mit genommen. Ich wollte nur noch von hier weg und drehte mich um, rannte von dannen. Immerhin hatte ich keine Ahnung, ob sowas gleich nochmal geschehen würde. Mit einem Sprung überwand ich die Steinmauer und rannte einfach weiter. Ich wusste nicht wohin, war es mir aber gleich. Am Ende stand ich wieder vor dem Haus dieser alten Frau, wo ich heute schon mal drinnen war. Doch ich ging um das Haus herum und setzte mich ans Wasser um mich zu beruhigen. Es vergingen einige Stunden, in welchen ich nur auf das Wasser sah und dabei den Sonnenaufgang mit erlebte, meinen Gedanken nachging, als ich ihn in meinem Kopf vernahm. Jetzt erst breitete sich regelrecht Erleichterung in mir aus und ich war so froh, dessen Stimme wahr zu nehmen.



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