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Les Catacombes de Paris

Die Katakomben von Paris
von

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IV.

IV.
 

Jacques de Lothart befand sich in der Hölle. Zwar hatte Mademoiselle Rigot ihn bereits vor Monaten vor der drohenden Gefahr aus England gewarnt, die sie trotz der räumlichen Distanz genau im Auge behalten hatte, doch hatte er bis zuletzt nicht damit gerechnet, dass die Hexe ihm wirklich die ausgemachte Notfallnachricht zukommen lassen würde.

Er hatte zwar zugestimmt, als sie ihn um einen Notfallplan gebeten hatte, doch der Auror hatte den Krieg in England immer als weit entfernt betrachtet. Um so mehr hatte es ihn entsetzt, als der Steinkauz der jungen Frau ihn kurz nach Mitternacht förmlich aus dem Bett gepickt hatte. Wie ausgemacht, hatte nur ein einziges Wort auf dem Pergament gestanden: „mort“- Tod.
 

Nun schlich er bereits seit geraumer Zeit durch die unterirdischen Gänge der Katakomben, die eigentlich für die Öffentlichkeit gesperrt waren. Hier konnte man sich leicht verlaufen um dann in der Dunkelheit ohne jede Orientierung umherzuirren und vielleicht nie wieder das Tageslicht zu sehen. Doch Jacques wusste wohin er zu gehen hatte. Sie hatten den Treffpunkt im Rahmen der Planung genau abgesprochen und waren die Gänge mehrfach abgegangen.

Innerlich verfluchte er, dass er davon abgesehen hatte, Fallen für die potentiellen Verfolger aufzustellen. Hätte er Mademoiselle Rigot ernst genommen, würde die junge Hexe jetzt vielleicht nicht alleine und hilflos durch das unterirdische Labyrinth irren und versuchen lebendig den abgesprochenen, und vor allem ungesicherten, Treffpunkt zu erreichen.

Wenn er nicht so nachlässig gewesen wäre und nur an den Feierabend und die langen Beine seiner neuesten Freundin gedacht hätte, wären er und seine Kollegen nicht in dieser Situation. Er hätte sich hundert weitere Vorwürfe machen können, doch sein bester Freund Claude hatte ihm diese Aufgabe längst abgenommen. Mit seiner ruhigen, ernsten Stimme lies er Vorwurf auf Vorwurf erklingen; mahnte, tadelte und spottete, genau wie Jacques es im Augenblick hören wollte. Fehler wie dieser durften einfach nicht passieren.
 

Während sie sich langsam aber sicher voran arbeiteten, den Zauberstab stets zum Angriff erhoben und den Blick möglichst gleichzeitig in drei Gängen, sicherte Pierre, ein großer, dunkelhaariger Auror, der nie viel redete und mehr durch seine Kraft als durch sein Gehirn glänzte, ihren Rücken. Der Nachteil an diesem Labyrinth war, dass der Feind jederzeit unbemerkt von hinten nahen konnte.
 

Scheppernd fiel der Knochenhaufen rechts von Jacques in sich zusammen und riss diesen aus seinen Gedanken. Alle drei Männer waren für den Bruchteil einer Sekunde vor Überraschung wie gelähmt. Ein Fehler den sie teuer bezahlen sollten.
 

Der Deprimo war sorgfältig platziert und traf den Auror mitten in den Rücken.

Blut spritzte gegen die sorgsam aufgeschichteten Gebeine. Unförmige Brocken, die eben noch ein Kollege gewesen waren, fielen mit einem dumpfen Laut zu Boden und färbten diesen tief rot.“

„Pierre!“

Claudes Stimme riss Jacques aus seiner Starre.

Der Feind hatte sie gefunden.
 

Den Zauberstab erhoben, ging er hinter einem Knochenhaufen in Deckung. Er musste die Engländer entdecken. Von wo war der Angriff gekommen?

Bei der Erinnerung an Pierres letzte Sekunden und den Schock in seinen Augen, wurde Jacques übel. Keine Ausbildung der Welt hatte ihn hierauf vorbereitet.

Zögernd riskierte er einen Blick in die Dunkelheit. Erfolglos.

Jacques Atem rasselte, als er zu Lauschen begann. War das ein Schritt gewesen, oder nur ein Wassertropfen, der von der Decke herabgefallen war?

Da!

Ein Gurgeln.

Hilflos; kurz.

In Jacques baute sich eine Befürchtung auf, wuchs immer weiter und entlud sich in einem verzweifelten Ausruf:

„Claude?!“

Stille.

„Claude?!“

Dieses Mal lauter.

Doch die Gewissheit traf ihn mit unvorstellbarer Härte, trieb ihm die Tränen in die Augen.

Er wusste es einfach.

Diese Mission war ein absoluter Fehlschlag.

Er würde sterben. Hier, in den Katakomben von Paris, wo er Tod allgegenwärtig war, würde er sterben, aber er würde den Feind mit sich nehmen. Ein Funken Wahnsinn glomm in seinen Augen auf, als er sich aufrichtete und begann Zauber um Zauber in die Dunkelheit vor sich zu feuern.
 

Er wusste nicht wie lange er schon blind ins Nichts feuerte oder ob der Feind überhaupt noch anwesend war, denn die Tränen hatten seinen Blick verschleiert. Trotzdem erkannte er das bläuliche Schimmern eines eilig erzeugten Schutzzaubers in der Dunkelheit. Er hatte die Todesser gefunden. Die folgenden Zauber waren genauer. Sie orientierten sich an dem flackernden Schutz. Ein paar Minuten noch; vielleicht zwei oder drei Zauber und er würde zusammenbrechen.

Rache!

Dieses Wort beherrschte seine Gedanken. Er würde seine Kollegen und Freunde rächen.

Der Wahnsinn glomm noch stärker in ihm als er den Stab ein weiteres Mal hob.

Jetzt würde er es zu Ende bringen: „Expu-

Crucio!“

Unbändiger Schmerz ergriff Besitz von Jacques. Er fühlte sich, als würde ihm jeder Knochen im Leib gebrochen, wollte schreien doch konnte er es nicht. Wortlos fiel sein Zauberstab zu Boden, landete direkt vor seinen vor Schmerz geweiteten Augen.

Aus den Augenwinkeln erkannte er eine blonde Frau, die seinen Stab ergriff. Weinte sie?

Der Schmerz trübte seinen Blick und er brauchte alle seine Kraft um nicht bewusstlos zu werden.
 

„Bella, er ist besiegt. Bitte, hör auf“, bat eine weibliche Stimme nicht weit von ihm. Vielleicht die Blondine von eben? Der Schmerz ließ nicht nach.

„Halt den Mund!“

Der Befehl klang hart, bestimmend. War das diese Bella?

Jacques hatte das Gefühl vor Schmerz wahnsinnig zu werden.

„Bella? Cissy?“

Eine dritte Stimme kam hinzu und der Zauber wurde abgebrochen

„Ich habe das Buch“, verkündete die Frau, die ihn bis eben gefoltert hatte. Obwohl er Mühe hatte zu denken, wusste Jacques was das bedeutete. Julie Rigot hatte es nicht geschafft. Sie waren gescheitert, alle drei. Wegen seiner Unfähigkeit.

„Dann gehen wir“, ein weiterer Mann war dazu gekommen Obwohl Jacques Englisch nicht besonders gut war, versuchte er in seinem Dämmerzustand zu verstehen, worum es ging.

Von der folgenden Unterhaltung bekam er trotzdem kaum etwas mit. Die fremden Worte schlugen über seinem Kopf zusammen, wichen jedem Versuch aus übersetzt zu werden und ließen ihn in absoluter Unkenntnis zurück.

Einzig der Tonfall gab ihm einen Hinweis.

Die Todesser stritten.

Vielleicht um ihn?

„Er kann uns nichts mehr tun. Lassen wir ihn.“ forderte eine leise, weibliche Stimme.

„Er könnte uns verraten! Du wirst ihn umbringen“ Wieder das Keifen der anderen Frau, gefolgt von einem Schluchzen. Zu gerne hätte er verstanden worum es gerade ging.

„Sie muss das nicht tun“, mischte sich wieder ein Mann ein. Seine Stimme klang aggressiv, vermutlich angestachelt durch das leise Weinen der Frau.

„Dann klärt es doch selbst!“ keifte die Stimme, die er Bella zugeordnet zu haben glaubte zurück.

Ein leises Ploppen ertönte und verriet Jacques, dass der Apparierschutz nicht mehr wirkte und das wenigstens einer der Todesser fort war. Vermutlich Bella. Vielleicht war das seine Chance.

Mit all seiner Kraft versuchte er sich aufzurichten, zitterte und brach ein weiteres Mal zusammen.

Schmerz durchströmte seinen Körper. Es dauerte einige Minuten bis er den Schatten wahrnahm, der sich über ihn beugte. Aus den getrübten Augen glaubte er blonde Haare zu erkennen.

War er gestorben?

Nein, der Schmerz zuckte immer noch durch seinen Körper.

Noch lebte er.

„Ein netter Versuch“, raunte der Blonde ihm ins Ohr, doch Jacques verstand auch diese Bemerkung nicht.

Plötzlich spürte er den Zauberstab an seinem Hals, spürte wie er wieder zu Zittern begann und hörte ein leises: „Au revoir“, bevor ein grüner Lichtblitz ihm das letzte Leben aussaugte.



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