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Don't ask me

von

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Don’t ask me
 

„Kannst du mir mal sagen was das zu bedeuten hat?!“

„Geht das auch in normaler Lautstärke?“

Genervt sah ich Brad an, musste der um die Uhrzeit schon so rumschreien?

„Nein geht es nicht. Und jetzt erklär mir das hier.“

Mit diesen Worten deutete der Gitarrist auf die Zeitschrift, die er eben auf den Tisch geworfen hatte.
 

Absturz eines großartigen Sängers?
 

„Viele wollen nicht glauben, was Bilder eindeutig belegen. Doch es ist wohl wahr – nach Pete Doherty, Amy Winehouse und co. ist nun auch Chester Bennington, Frontmann und Shouter der bekannten Band ‚Linkin Park’ den Drogen zum Opfer gefallen. Mehrere Augenzeugen berichteten, ihn am Abend des 11.10. völlig zugedröhnt in einem Club gesehen zu haben. Besagter Club befindet sich in Phönix, Arizona, dem Heimatort von Bennington. Er soll dort früher oft aufgetreten sein, jedoch nie mit einer festen Bandbesetzung. Aussagen ehemaliger Freunde zufolge sagte Bennington damals, dies sei der einzige Ort, an dem er, wenn er auf der Bühne stehe, alles vergessen könne, auch wenn dabei oft Drogen mit ihm Spiel waren. Wir können nur mutmaßen, doch ist der Grund vielleicht … Fortsetzung Seite 26.“
 

Darunter prangte ein Bild von mir, wie ich total bekifft (okay, vielleicht nicht nur bekifft) in dem Club saß, in der Hand natürlich noch ein Bier.
 

Brad reichte den Artikel rund, sodass auch Mike, Joe, Rob, Dave und Bob – unser Manager – ihn lesen konnten.

Als die Zeitschrift wieder auf dem Tisch landete richteten sich sechs Augenpaare auf mich.

Teils besorgt, teils wütend und auch anklagend.

Bob ergriff als erster das Wort.

„Was hast du dir dabei gedacht? Weißt du überhaupt, was das für euer Image bedeutet?“

Ich zuckte nur mit den Schultern. Was sollte ich auch groß sagen.

Aufs Image hatte ich noch nie besonders viel Wert gelegt, und warum ich das getan hatte … nun, dass ging die anderen jedenfalls nichts an.
 

Zudem fand ich die ganze Situation zum kotzen.

Wir saßen hier, montagmorgens um 08:00 im Studio, weil Brad uns alle wegen dem Artikel herzitiert hatte. Meine beträchtlichen Kopfschmerzen machten das ganze auch nicht besser.

Hatte auch gestern etwas über die Stränge geschlagen.
 

„Warum?“, kam es leise aus Mikes Richtung. Langsam wendete ich den Kopf. Im Gegensatz zu Bob wirkte er bedrückt, eine Spur besorgt.

Warum, verdammt noch mal, mussten sich alle dauernd Sorgen um mich machen? Es war kaum noch auszuhalten …

Sie sorgten sich wegen dies und jenem, wegen allem eigentlich. Schon seit Monaten überwachten sie mich mit Adleraugen. Damit ich auch ja genug aß, mich nicht betrank, sie durchwühlten meine Sachen nach Tabletten und ähnlichem. Ja, sie hatten mich während der Tour nicht mal allein rausgelassen. Ich kam mir mittlerweile vor wie ein Schwerverbrecher.
 

„Kannst du dir das nicht denken?“, fragte ich nun, ebenso leise.

Verwirrt schüttelte er den Kopf.

„Nein. Sag es mir, bitte Chaz.“

„Talinda.“, murmelte ich.
 

Schon allein den Namen auszusprechen drohte mich wieder in ein schwarzes Loch zu reißen.

Wobei ich mich sowieso fortwährend darin befand … aber an sie zu denken … es raubte mir das letzte bisschen Kraft. Immer wieder sparte ich mir etwas zusammen, versuchte aus meinem Loch rauszukrabbeln. Doch es wollte nicht klappen.

Jedes verfluchte Mal machte ich unterwegs schlapp und fiel mit jedem Versuch tiefer. Es war nur eine Frage der Zeit, bis auch der letzte Lichtschimmer erloschen war.
 

Ich hatte den anderen nie erzählt, dass sie weg war. Wozu auch? Sie hätten mich eine Weile bemitleidet und dann wären alle wieder ihrem geregelten Tagesablauf gefolgt … alles genau wie immer.

Aber es war eben nicht alles wie immer.

Talinda war weg … die Kinder waren weg. Nach Samantha jetzt auch noch sie. Womit hatte ich das verdient?
 

„Scheiße, Chaz, was ist los?“

Ich schluchzte, gab den Kampf auf. Jetzt war es sowieso zu spät, ich hatte den Fehler begangen und ihren Namen ausgesprochen, jetzt konnte ich mich nicht mehr gegen die aufkommenden Tränen wehren.

„Sie ist weg … mit den Kindern …“, flüsterte ich, kaum zu verstehen.

Stille trat ein, während stumme, salzige Tropfen sich ihren Weg über mein Gesicht bahnten.

Sie alle hatten nur ein kurzes Leben, aber sie hatten einen Ursprung, einen Weg und ein Ziel.

Kamen aus meinen Augen, flossen über mein Gesicht und endeten irgendwo auf meiner Hose oder dem Boden. Ich hingegen wanderte ziellos umher. Mit meiner Familie hatte ich auch meinen Sinn verloren. Sah keinen Sinn mehr darin, zu leben.

Einzig die Band ließ mich weiter durchhalten. Nur wie lange?
 

Wortlos stand Mike auf, kam zu mir und nahm mich fest in den Arm. Von Heulkrämpfen geschüttelt krallte ich mich in sein Shirt, drückte mich an ihn. Die anderen sahen bestürzt zu.

„Wann?“, fragte Mike.

Ich schüttelte den Kopf.

„Frag nicht.“, hauchte ich.

Er seufzte.

„Bitte Chaz.“

Ich rang mit mir. Sollte ich … oder nicht?

„Januar“

Es war Juni …
 

„Warum hast du uns nichts gesagt?“

Ich murmelte etwas unverständliches. Konnte er nicht einfach aufhören, Fragen zu stellen?

„Chester?“, mischte sich da Bob ein.

Vorsichtig hob ich den Kopf. Mikes T-Shirt war eh schon nass genug, auch wenn mir noch immer Tränen die Wangen entlangliefen.

„Was ist?“

Ich war selbst erschrocken, wie müde und kraftlos meine Stimme klang, kein Vergleich zu dem, was ich auf der Bühne ablieferte.

„Ich muss jetzt gehen, ich hab noch einen Termin. Und ich denke, es hat niemand etwas dagegen, wenn ich die nächsten Konzerte absage?“
 

Die anderen nickten nur, ich hingegen blickte erschrocken auf. Unsere Auftritte, die Musik, das war doch das letzte, was mir noch Kraft und Sinn gab … wenn sie mir das auch noch wegnehmen würden …

„Nein!“, rief ich mit heiserer Stimme.

Sofort waren wieder alle Blicke auf mich gerichtet.

Bob sah mich mit verständnisvoller Miene an.

„Chaz, ich sehe doch, dass es dir, gelinde gesagt, scheiße geht, aber gerade deswegen solltest du dich erst erholen, dann holt ihr die Konzerte einfach nach.“

Er hatte genau das falsche gesagt … denn dann wäre es vielleicht zu spät. Nicht, dass ich vorhätte mich umzubringen, aber man konnte nie wissen …
 

„Nein, bitte nicht.“

„Es ist nur zu deinem Besten.“

„Nein.“

Wieder drängte sich ein Schluchzen durch, doch ich versuchte mit aller Macht es aufzuhalten … das Ganze endete in einem kläglichen Wimmern.

Unser Manager sah mich mit einem undefinierbaren Blick an.

„Nenn mir einen guten Grund. Warum soll ich die Termine nicht absagen?“

Mit glasigen Augen sah ich ihn an. Er sagte nicht nein … noch nicht zumindest.

„Frag nicht. Frag einfach nicht. Aber sag die Konzerte nicht ab. Sie sind das einzige, wa- “

Ich unterbrach mich selbst, das war zuviel gewesen.
 

„Das einzige was?“, kam es auch sogleich von Brad, er klang misstrauisch.

„Nichts.“, murmelte ich.

„Und das soll ich jetzt glauben?“ – spöttisch.

„Nein…“

„Dann kannst du mir ja auch eine ordentliche Antwort geben.“

„Nein.“ – schlicht, kurz. Ich mochte dieses Wort mittlerweile.
 

„Chaz, sag mir einfach, warum ich die Konzerte nicht absagen soll.“ – Bob wieder.

Stimmt, er musste ja gleich gehen. Doch was sollte ich sagen?

Tut mir Leid, dass ich gerne noch ein paar Konzerte spielen würde, aber sie sind leider das einzige, was mich noch am Leben hält?

Jaa … sicher …

„Tu es einfach nicht, ich bitte dich, Bob. Und frag mich nicht mehr, warum. Ich kann es nicht sagen, ihr würdet euch sowieso nur noch mehr Sorgen machen.“

Er warf mir einen besorgten Blick zu, schien zu überlegen.

Dann …

„Nein.“
 

Damit öffnete er die Tür und ging.

„Nein!“

Schreiend sprang ich auf, rannte ihm hinterher. Mike, von meinem plötzlichen Aufleben total überwältigt, kippte nach hinten über, doch ich achtete nicht darauf.

Dave und Rob, die sich bisher noch gar nicht zu Wort gemeldet hatten, wollten mich aufhalten, aber ich riss mich los und lief so schnell es ging nach draußen.
 

„BOB!“

Er hörte mich nicht – saß bereits im Auto.

Meine Kräfte schwanden, mein Körper war zu geschwächt, um noch großartig was auszuhalten.

Aber ich spornte mich gedanklich immer weiter an. Steigerte mein Tempo ins unermessliche.

Das Auto fuhr vom Parkplatz – ich wollte nicht aufgeben.

Rufend rannte ich weiter, folgte ihm auf die Straße.

Das Letzte was ich noch mitbekam war das Quietschen von Autoreifen und ein ruckartiger Stoß, der durch meinen ganzen Körper fuhr…



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2008-12-30T06:08:05+00:00 30.12.2008 07:08
Oh Gott, du hast Chester getötet XD
Naja, ich finde es verdammt genial geschrieben :)
Und noch besser ist es, dass es ein offenes Ende gibt ^^
Eine sehr schöne FF :)


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