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Digital Cyber Vision

Digimon Cyberpunk AU
von

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down below metropolis

Disclaimer: Sowohl Digimon, als auch Shadowrun gehören mir nicht und ich habe nicht vor Profit oder sonstige Bösartigkeiten mit ihnen anzustreben. Ich leihe mir beide nur für diese Geschichte aus.
 

Durch den gewaltigen Dampfdruck eines Abluftrohrs in der Luft gehalten schwebte lautlos ein Vektorschubgleiter inmitten der größenwahnsinnigen Eingeweide Tokyos, A.D. 2063.
 

Unterhalb der grell beleuchteten Wolkenkratzer Tokyos lag nichts als ein Gewirr aus Schatten. Die Stadt hatte sich über die Jahrzehnte aufgeschichtet wie die futuristische Dystopie eines Kuchens. Ebene um Ebene war die gewaltige Fläche der Megametropole in den Himmel gewachsen, als es sich nicht mehr auszubreiten lohnte: Seit 50 Jahren legte sich etwa jede Dekade mit einer neuen Ebene eine Zukunftsvision auf die Vergangenheit. Nur die Glasur aus Kilometern legiertem Stahl, die sich um jede aufgegebene Ebene schloss, hielt Tokyo zu einer Stadt zusammen.

Der Verfall raste auf Hochtouren, doch die Weiterentwicklung hielt sich Kopf an Kopf mit ihm. Die alten Illusionen wurden zum Fundament der höchsten Träume und konnten fortan nicht mehr den Himmel sehen.

Je höher die Schicht lag, in der man lebte, desto besser war meistens auch die gesellschaftliche Stellung. Doch schon zwei Schichten unter der neon leuchtenden Spitze war man menschlicher Abschaum. Nur der Grad der Verwahrlosung und der Ungewissheit nahmen ab hier mit jeder tieferen Ebene zu.

Die urbanen Schluchten unterhalb der höchsten Schicht waren eine Ausnahme von dieser Hierarchie. Das Gerüst aus Wartungsschächten, Nottunneln und sanitären Pipelines, das wie ein mechanisches Spinnennetz durch die Hochhäuser und Straßenschluchten der alten Stadt wuchs, wurde auch die Kanalisation der Himmelstadt genannt; die hässlichen inneren Organe der Ebene, die den blauen Himmel sehen konnte. Durch das Fundament der neusten Schicht von Oben und die stabilisierende Ummantelung an den Seiten eingeschlossen, lag die Kanalisation ewig im Schatten. Hier lebten nur Sicherheitspersonal, mutierende Lebensformen und Ratten. Und zeitweise Runner.
 

Im Innenraum des Gleiters hinter den verspiegelten Scheiben war es Nacht. Keine kleinen Armaturlämpchen oder matt erleuchtete Datenrelais, die Informationen über das Befinden der Maschine darstellten. Nicht ein Funken Energie. Nur die minutiös balancierte Position im Auftrieb der verbrauchten heißen Luft der Oberstadt hielten das Flugobjekt an Ort und Stelle. Mitten im Nirgendwo, kilometerweit zu allen Richtungen nur von leerem Raum umgeben.

„Sie brauchen zu lange“, knirschte Tai durch seine zusammengebissenen Zähne und schwang unruhig die Füße vom Armaturenbrett, nur um sie wenige Sekunden später wieder umgekehrt gekreuzt draufzulegen.

„Nur weil sie sonst schneller sind als geplant, brauchen sie noch nicht zu lange, wenn sie nur im Zeitrahmen liegen“, murmelte Izzy geistesabwesend von Beifahrersitz, „aber wenn du dir solche Sorgen machst um deine kleine Schwester, dann kann ich gerne ihre Position checken.“ Tai vernahm das geschmeidige Quitschen, als der Hacker sein Deck bereits halb geöffnet hatte. Izzy wurde nervös, wenn er längere Zeit keinen Computer bedienen durfte. Er zischte nur und machte eine ablehnende Geste in Izzys Richtung.

„Energiesignale gefährden unsere Position“, kommentierte er mit professioneller Stimme, „und Kari ist alt genug, um auf sich selbst aufzupassen.“

Izzy klappte sein Deck schmunzelnd wieder zu, denn die Besorgnis des älteren Bruders war selbst in seinem professionellen Benehmen als Leiter des Runnerteams kaum zu überhören.

Von der breiten Rückbank, auf der leicht weitere fünf Personen Platz hatten, stimmte ein sanftes feminines Kichern mit Izzy ein. Mit dem weichen Rascheln von Stoff schoben sich schlanke Arme um den Fahrersitz und umarmten Tai soweit wie möglich.

„Irgendwann wird der Tag kommen, Taichi Yagami“, flüsterte Soras besonnene Stimme hinter seinem Kopf, „an dem deine Sorge dich den Kopf kostet. Schlimmstenfalls durch Kari höchstpersönlich, wenn sie so weiter trainiert wie in den letzten Monaten.“ Ein Hauch Kummer schlich sich am Ende in ihre Worte.

Tai lehnte seufzend den Kopf zurück und umschloss Soras Hände mit seinen eigenen.

„Ich weiß.“
 

„Scher’ dich gefälligst weg, Takeru Takaishi!“ Ein Surren begleitete Karis wütende Stimme. Etwa schnitt unsichtbar durch die Luft. Ohne ein weiteres Geräusch glitt der Faden der Monofilamentpeitsche wieder zurück in den Griff und das Kugelgewicht am Ende verschloss die Waffe wie einen Flaschenhals. Ihre angespannte Hand war um den Griff gepresst, als versuche sie ihn zu zerdrücken.

Für Sekunden war nur Ruhe und das heftige Keuchen von TK und Kari, die sich mit einigen Metern Abstand gegenüber standen, im langen Servicekorridor zu vernehmen. Karis Gesicht war gerötet von Wut und zu einer verbissenen Maske verzogen. Sie versuchte weitere Wellen der Aggression zu unterdrücken, während der blonde Junge ihr wie benommen gegenüberstand. Seine linke Hand mit der entsicherten Ares Predator hing bewegungslos herab. Inmitten der Wut stutzte ihre taktische Aufmerksamkeit über die TKs ausbleibende Reaktion.

Dann kam das plötzliche Zusammenzucken seiner Gestalt, gefolgt von einem unverständlichen Fluch. Ihre routinierten Einschätzungen nickten ihr innerlich zufrieden zu, während TK sich zitternd die rechte Hand vor Augen hielt. Regungslos knickte sie am Handgelenk nach hinten wie eine Marionette, der man die Fäden durchtrennt hatte. Genau dort, wo der präzise Peitschenschwung die Handsehnen und einiges mehr durchtrennt hatte, rann Blut durch den sauberen Schnitt im gepanzerten Handschuh und verdunkelte den Oberarm. TK starrte sie nur ungläubig an. Er schien mit der plötzlichen Geschwindigkeit der Ereignisse überfordert.

Es war ein gewagtes Manöver gewesen, das bei einem winzigen Fehler ihrerseits ihn den ganzen Arm und jeden anderen Teil seines Körper hätte kosten können, der noch im Weg des alles schneidenden Monodrahts gewesen wäre. Aus genau diesem Grund hatte sie einen so filigranen Schlag ausgewählt: um zu überprüfen, ob sich das harte Training gelohnt hatte, mit dem sie in zunehmendem Hass auf TK und dessen Runnergruppe die letzten Monate verbracht hatte. Er konnte sich glücklich schätzen, dass sie ihr Leid bis zu diesem unerwarteten Wiedersehen so eifrig in Stärke verwandelt hatte.

„Bist du wahnsinnig“, entfuhr es TK laut und unkontrolliert, ein Ausdruck zwischen Schmerz und Unglauben in sein Gesicht geschrieben. „Hikari, du hättest mich …“
 

„Umbringen können?“ eine Stimme, rau wie aufeinander geriebenes Metall, unterbrach den Jungen. Laut aufsetzende Fußschritte auf dem stählernen Boden durchbrachen die Stille des Raumes und der grelle Schein einer Halogenlampe flutete den langen Gang. „Eine in Betracht zu ziehende Option.“

Matts Körper ragte wie ein wie ein Turm hinter Karis vergleichsweise gebrechlicher Gestalt auf und der Straßensamurai legte ihr ermutigend eine Hand auf die Schulter. Kari musste ihr Gewicht verlagern, um vom Gewicht des Arms nicht nach unten gezogen zu werden. Mit einer Geste des Schutzes schob er sie hinter sich.

„Bruder!“ TKs Augen weiteten sich mit Überraschung, die langsam in Entsetzen umschlug. Die Pistole in seiner linken Hand fiel geräuschvoll zu Boden.

„Sei nicht so überrascht. Schließlich kommen nicht wir euch ständig absichtlich bei Aufträgen in die Quere.“ Matt stand regungslos zwischen ihm und Kari, während er sprach. Die grünen Cyberaugen, die wie ein in Chrom verewigter Wolfsblick unter der Stirn lagen, würden nie Emotionen preisgeben und auch der gerade Strich seiner Lippen verriet nichts. Das schwere FN HAR, welches er lässig mit einem seiner von Kunstmuskeln definierten Arme im Anschlag trug, sprach auf seinen kleinen Bruder zielend eine eindeutige Sprache. Mit einem Grinsen im Mundwinkel wandte er den Kopf leicht zu Kari.

„Als du sagtest, wenn er uns schon bei einem Run vor die Flinte kommt, dann wolltest du die Sache endlich klären und die kleine Ratte schlimmstenfalls geeken, hatte ich eine etwas wortgetreuere Lösung erhofft“, bemerkte der Straßensamurai trocken. Selbst im schlechten Licht des Ganges sah Matt durch die Restlichtverstärkung in seinen Cyberaugen wie sich die Zornesröte in Karis Gesicht mit einer Spur Peinlichkeit mischte. „Vor allem weniger Teenagertheater und Schreierei.“

Als sie den Blick abwandte und nichts entgegnete, richtete der junge Mann mit den wölfischen Gesichtszügen seine Aufmerksamkeit wieder auf sein Gegenüber. Nur an den leisesten Geräuschen der Cyberware in Matts Körper konnte man die Gefühle erahnen, die sich gerade in seinem Inneren auf seinen kleinen Bruder richteten. Das leichte Knistern der Spannung auf den Kunstmuskel. Die zum Herausschnellen bereiten Nagelmesser in seinen Händen. Kari hörte solche feinen Signale und Anzeichen, nur deshalb weil ihr Bruder Tai sich darauf verstand aus ihnen die Stimmung seines besten Freundes zu lesen und seine Beobachtungen oft mit ihr teilte.

„Du drehst dich um und gehst, während wir unseren Zeitrahmen einhalten. Richte deinem Leader aus, dass er aufhören soll einen Wettbewerb daraus zu machen, uns in die Quere zu kommen“, bellte Matts Stimme TK entgegen, dessen Augen sich langsam ins Bodenlose zu weiten schienen, je länger die Situation andauerte. Er drehte sich, das schwere Sturmgewehr schulternd, um. Der am Lauf montierte Scheinwerfer zog ein Lichtband durch den Gang. Er kehrte seinem kleinen Bruder in Missachtung einer von ihm ausgehenden Bedrohung den Rücken zu. Beim Ausdruck in TKs Gesicht hatte Kari die Hoffnung er würde gleich weinend auf die Knie fallen. Leider blieb dieser Anblick aus und Kari wandte sich selbst in einer eleganten Drehung ab, um hinter ihrem Teamkollegen her zu laufen. Ein Gefühl der Leichtigkeit durchflutete sie, doch es reichte nicht aus, um den bitteren Geschmack der Szene wegzuspülen.
 

Mit schnellen Schritten hechte sie hinter dem hoch gewachsenen Straßensamurai her – fast vier Schritte für einen von Matt –, während dessen Bruder sich weiterhin nicht von der Stelle gerührt hatte. Hinter der nächsten Biegung stiegen sie in einem Kontrollraum die Leiter eines Versorgungsschachts hinab, dessen Luke Matt am Ende mit zwei kraftvollen Tritten in die Nacht hinausschickte.

Schon im Inneren des Schachtes konnte Kari die kalte dreckige Luft der Kanalisationsschicht spüren, bevor sie hinter Matt weiter hinunter nach Draußen kletterte. Wie an einem stählernen Strohhalm hingen sie in die ewige Nacht voller Gerüste, Rohre und Schächte, zwischen den entfernten Umrissen verfallender Hochhäuser. Die Eingeweide der Himmelsstadt waren so gewaltig, dass sich rundherum mit den Konturen jede Vorstellung von Größe in den Schatten verlor.

Kari zitterte bei dieser Vorstellung mehr, als von der Kälte.

„Da.“ Matt deutete mit seiner Pranke von einer Hand irgendwo ins Nichts, doch schon eine Sekunde später erkannte sie das Aufleuchten des Cockpits wie ein geschwungenes Auge in der Nacht. Mit schwachem Glühen der Schubantriebe setzte sich das Auge in Bewegung. Fast lautlos glitt der aerodynamische Schemen auf sie zu und stoppte unterhalb der Leiter. Als Viereck aus Licht öffnete sie die Dachluke des Schiffs. Der Straßensamurai packte Kari ungefragt in der Taille und hob sie mit einer unerwartet vorsichtigen Geschicklichkeit hinab in den Gleiter, um einen Moment später ebenfalls neben ihr in das gepolsterte Synth-Leder des Rücksitzes zu fallen. Mit dem Schließen der Luke beschleunigte das Schiff augenblicklich.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2008-10-01T14:15:07+00:00 01.10.2008 16:15
Hi =)

Also rein von der Idee her bin ich gleich begeistert. Shadowrun und Digimon in einer Story habe ich echt noch NIE gesehen ^^
Aber da ich beides sehr mag, bin ich von deiner Idee wirklich angetan =)

Dein Schreibstil ist auf jeden Fall sehr gut, ich konnte mich gut in die Szenen reindenken. Fehler hab ich kaum gefunden, ein paar Kleinigkeiten, die ich als Flüchtigkeitsfehler bezeichnen würde ;)

Handlungstechnisch ist es jedenfalls schonmal ganz interessant... Wie kommt es denn bloß, dass Matt TK derart behandelt? Mal davon abgesehen, dass dessen Runnergruppe der anderen immerzu in die Quere kommt...

Bin auf jeden Fall schon gespannt auf mehr =)

lg
Vegi


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