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Das Blut des Königs

Gibt es überhaupt Helden in Zeiten des Krieges?
von

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Voller Genugtuung ebnete Sairen Donnerbolzen seinen Generälen den Weg zum Palast. Die Schlacht war härter gewesen, als die vorhergehenden, aber sie hatten so gut wie gewonnen und das war die Hauptsache. Immerhin hatten sie hier um die Hauptstadt gekämpft, es war nur natürlich gewesen, dass die Herausforderung größer war. Und Sairen liebte Herausforderungen.

Als sie die königlichen Gemächer stürmten, war er ganz vorne mit dabei. Und sehr überrascht obendrein: er hatte sich einen starken König vorgestellt und alles, was er erblickte, war ein jämmerlicher Greis, der keinerlei Widerstand bot.

Wie als hätte er mit all dem gerechnet, blieb er still stehen und ließ all den Spott der Tamuraner über sich ergehen. Er wusste wohl, dass er nicht mehr allzu lange leben würde...
 

Inzwischen war es Nacht geworden. Zitternd kauerte sich Perregrin an den Körper neben sich. Er war warm und doch leblos. Einige Male hatte er schon überlegt, einfach fortzugehen und die Frau ihrem Schicksal zu überlassen und jedes Mal war er davor zurückgeschreckt. Inzwischen war klar, sie würde das Ruder nicht mehr herumreißen können, aber sie einfach liegen zu lassen wäre Mord. So saß er neben ihr und versuchte die Kühle der Nachtluft zu vertreiben. Der Mond warf ein fahles Licht durch das Fenster der Scheune, aber es reichte kaum für eine ausreichende Beleuchtung. Da er nichts weiter tun konnte als warten, presste er sich an die Frau, in der Hoffnung, ein wenig Wärme abzubekommen und schloss die Augen. Irgendwann verschwand auch der Lärm aus seinem Bewusstsein und er nickte ein.

Schwere Schritte und sowohl der Geruch als auch der Lichtschein einer Fackel ließen ihn wieder aufschrecken. Der Mond schien nicht mehr durch das Fenster, also war wohl eine gewisse Zeit vergangen. Dennoch machte Perregrin keine Anstalten sich zu bewegen. Die Fremden sollten ruhig denken, er schlafe oder sei tot, vielleicht gingen sie dann wieder. Immerhin wiesen ihre Uniformen sie als Tamuraner aus und er hatte keine große Lust auf eine Begegnung mit ihnen.

„Was haben wir denn hier?“ fragte einer von ihnen.

„Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, ein kleines Liebesnest. Manche Menschen haben einfach keine Scham!“

„Sei kein Idiot, sie sind beide bekleidet und bewaffnet und wenn mich nicht alles täuscht, ist das Weib eine Magieanwenderin, siehst du nicht ihre Tätowierungen?“

„Du hast recht...“

In Perregrin krampfte sich alles zusammen. Warum verschwanden sie nicht einfach?

„Sind sie tot?!

„Sieht mir nicht danach aus...“

„Was machen sie dann hier?“

„Wahrscheinlich geflohen oder etwas ähnliches...“

„Und was sollen wir mit ihnen machen?“

„Töte sie. Vor allem das Weibsbild. Unsere Befehle lauten, alle Magier auszurotten!!“

Nun konnte sich Perregrin nicht weiter verstellen. Er öffnete die Augen erneut und sah sich drei kräftigen Männern gegenüber, denen er im Nahkampf nicht einmal ansatzweise gewachsen war. Dennoch sprang er auf und zog sein Schwert bevor er sich schützend vor die Magierin stellte.

„Nur über meine Leiche!“

„Wie niedlich, er versucht sie zu schützen. Weißt du was, Kleiner? Wir kommen deinem Wunsch gerne nach!“

Wie auf Kommando zogen alle drei Männer gleichzeitig ihre Waffen und kamen auf Perregrin zu. Er fragte sich, wo die Fairness blieb. Jeder einzelne von ihnen war ihm überlegen und trotzdem griffen sie ihn zugleich an.

Er versuchte dem Hieb des Ersten auszuweichen und diesem stattdessen selbst eine Verletzung zuzufügen. Überrascht stellte er fest, dass ihm das Manöver geglückt war, doch bevor er zu einem weiteren Schlag oder der Parade eines weiteren Angriffs ausholen konnte, traf ihn eines der feindlichen Schwerter an der linken Schulter. Sofort spürte er Blut aus der Wunde austreten, versuchte aber den Schmerz zu ignorieren und sich stattdessen auf die Angreifer zu konzentrieren.

Er konnte nicht gewinnen und die Gründe für seinen Kampf waren ebenfalls zweifelhaft.

Doch nun befand er sich einmal in dieser Situation und versuchte zumindest mit wehenden Fahnen unterzugehen.

Einer der Männer packte ihn und stieß ihn zurück ins Heu.

Perregrin entwich ein gedämpftes Stöhnen. Die Welt um ihn herum war plötzlich komplett verdreht und ehe er sich versah, sauste bereits eine Klinge auf ihn nieder.

Im letzten Moment rollte er sich auf die Seite, berührte damit aber seine verletzte Schulter und stöhnte erneut auf. Der Schmerz trieb ihm Schweiß ins Gesicht.

Verzweifelt versuchte er sich wieder aufzurichten, glitt aber immer wieder ab und verlor schließlich auch sein Schwert.

Jetzt ist es aus!

Er kniff die Augen zusammen. Was er hörte war das Klirren von Waffen und sich nähernde Schritte, dann ein Zischen und dann Stille. Er war noch nicht tot.

Langsam öffnete er die Augen erneut und erblickte seinen Angreifer der überrascht auf die abgeschmorte Klinge seines Schwertes blickte.

Perregrin drehte sich um und sah, dass die Frau aufgewacht war. Sie lag zwar immer noch im Heu, es war aber eindeutig, dass sie die Waffe zerstört hatte.

„Verschwindet!“ zischte sie, „Oder ich zeige euch, wozu ich wirklich fähig bin!“

Einer der Männer machte mit seiner noch intakten Klinge einen waghalsigen Schritt auf sie zu.

„Das wollen wir sehen!“

Aber derjenige, dessen Schwert nur noch aus einem verkohlten Rest bestand, hielt ihn zurück.

„Lass es gut sein! Wir hätten sie töten sollen, als wir die Chance hatten. Verschwinden wir lieber!“

Mit offenem Mund sah Perregrin die Männer davonlaufen, dann sank er geschlagen ins Heu zurück.

Es raschelte, dann stand die Magierin über ihm. Sie ging in die Knie und berührte seine Schulter. Wärme und eine greifbare Manifestation von Licht durchströmte ihn und nahm ihm den Schmerz.

„Danke,“ stöhnte er und rieb sich instinktiv die Schulter.

Die Frau senkte den Blick.

„Ich habe zu danken. Ohne Euch, wäre ich vermutlich nicht mehr am Leben.“

„Ohne Euch hätte ich nicht einmal ansatzweise so lange standgehalten. Es war furchtbar Euch fallen zu sehen.“

„Sie haben einen Weg durch unsere Verteidigung gefunden, sowohl physisch, wie auch mental. Wie steht es um die Stadt?“

Tränen stiegen Perregrin ins Gesicht.

„Sie ist gefallen.“

„Der König?“

„Ich weiß es nicht.“

„Ich muss es wissen!“

Sie versuchte aufzustehen, aber selbst im Dunkeln bemerkte Perregrin, dass sie schwankte.

„Ihr müsst Euch ausruhen. Seht Ihr nicht, wie ausgezehrt Ihr seid?“

„Nebensächlich!“

Sie tastete auf ihren Rücken und stellte befriedigt fest, dass ihr Schwert noch an seinem Platz war.

„Wo ist meine Tasche?“

„Ich habe sie nicht mehr gesehen!“

Sie nickte. „Ich hätte es mir denken können. Aber es muss auch ohne gehen...“

Perregrin hielt sie fest.

„Ihr seid zu geschwächt. Dort draußen herrscht noch immer Krieg. Außerdem wollen sie alle Magier töten. Ihr werdet nicht lange überleben!“

„Ich kann auf mich aufpassen. Ich muss wissen, was mit dem König passiert ist!“

„Erlaubt wenigstens, dass ich Euch begleite?“

Sie schüttelte den Kopf.

„Ihr seid noch ein Kind. Flieht, solange Ihr noch könnt. Ich will nicht für Euren Tod verantwortlich sein!“

Perregrin seufzte. Einen Moment lang dachte er darüber nach, ihr zu widersprechen. Doch dann ließ er es bleiben. Sie war ein Ratsmitglied und wer war er, dass er ihr widersprach?

„Darf ich wenigstens den Namen meiner Retterin erfahren?“

Sie zögerte einen Moment.

„Im Verlauf der Geschichte wird mein Name Schall und Rauch sein, aber da er für Euch von Bedeutung ist, werde ich ihn Euch nennen. Ich bin Amaryll Gunnarsdottir.“

„Man nennt mich Perregrin den Jüngeren... Alle hatten gehofft, ich käme nach meinem älteren Bruder, aber leider ist dem nicht so.“

Sie lächelte und gab ihm einen Kuss auf die Stirn.

„Ihr seid gut so, wie Ihr seid. Lasst Euch von niemandem etwas anderes einreden!“

Dann verschwand sie in die Dunkelheit.

Perregrin blickte ihr nach.

„Amaryll Gunnarsdottir...“ murmelte er. „Mögen die Götter Euch segnen...!“



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