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Western Spirits

von

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Stand up for your right II

„Ich möchte gerne noch eine Frage an Captain Rider und seine beiden Kollegen stellen“, bat Haywood den Vorsitzenden und riss ihn aus seinen Gedanken. Seit sie aus der Unterbrechung zurück waren, hatte der Colonel nachdenklich auf die Verteidigung geschaut. „Bitte“, gestattete er zerstreut. „Waren Sie mit dem Auftrag überfordert?“ fragte der Staatsanwalt den berühmten Stier bei den Hörnern packend. „Wer wäre das denn nicht? Ich hab doch vorhin schon gesagt, um was es dabei alles ging, “ schnaubte Colt. „Möchte mal wissen, wie es Ihnen dabei gegangen wäre, “ murrte auch Fireball. Beide saßen mit vor der Brust verschränkten Armen vor ihm und sahen ihn düster an. Er registrierte das nickend. „Und Sie Captain?“ hakte er bei dem Recken nach. Der deutete auf die Narbe in seinem Gesicht. „Wäre dieser Fall ein Spaziergang gewesen, hätte ich die nicht“, bemerkte er. „Das ist nichts im Vergleich zu einem Menschenleben, Captain“, wies ihn der Ankläger distanziert zurecht. „Das ist mir bewusst. Dieser Fall hat mehr als ein Menschenleben gefordert, Sir. Er hätte uns alle das Leben kosten können, “ erklärte Saber nüchtern. „Das ist auf jeder Mission das Risiko. Schlussendlich hat nur noch Miss DeMartin bezahlt. Für Sie drei mit, “ fasste Haywood zusammen und kehrte zu seinem Tisch zurück. „Suzie hat sich ihr Ende selbst ausgesucht! Bezahlt haben ganz andere, unbeteiligte, für ihren Hochverrat, “ rief der Rennfahrer ihm ungehalten nach und schoss in die Höhe. „Zum Beispiel? Ihre kleine Geliebte?“ provozierte der Weißblonde ihn halb über die Schulter zurückschauend. „Verdammt! Halten Sie lieber den Mund, wenn Sie keine Ahnung davon haben, was Sie sagen. Mandy war eine gute Freundin, will das nicht in Ihren Hohlraum?! Wir haben Freunde verloren, gute Freunde, “ schrie der Japaner verletzt. „Und ich will nicht wissen, wie rühmlich Sie sich verhalten hätten, hätten Sie in unserer Haut gesteckt!“ Bevor er auch noch über den Tisch springen konnte, hielt seltsamerweise Colt ihn zurück. „Lass gut sein Kleiner, der ist es auch nicht wert“, sagte er und drückte den Brodelnden auf den Stuhl zurück. „Der ist noch viel ärmer dran als wir. Wir gehen im schlimmsten Fall für ein paar Jahre in den Bau, aber wir werden erwartet, wenn wir zurück kommen. Der wird heute Abend nicht erwartet und morgen auch nicht, “ fügte er dann leise hinzu. „Lass dich nicht provozieren, Fireball. Der hat keine Ahnung, was es heißt, unseren Job zu machen, “ beschwor auch Saber den Hitzkopf leise. Hinter ihm legte April die Hände auf die Schulter „Sch, Turbo, bitte“, raunte sie ihm zu. Haywood erkannte mit einer gewissen Genugtuung, dass der Pilot nur schwer im Zaum zu halten war. Ist nicht nett, die Wahrheit von fremden Menschen zu hören, nicht wahr, Mister Hikari?“ wollte er überheblich wissen. „Dann hören Sie jetzt von einer Fremden, dass Sie ein herzloser Ignorant sind. Denn sonst wüssten Sie, dass das Herz mache Entscheidungen schneller trifft, als der Kopf und es nicht immer besser weiß, “ versuchte die Hebamme den werdenden Vater in Schutz zu nehmen. Die Aussage traf auf niemanden so gut zu, wie auf sie selbst. „Misses Rider. Sie reden schneller, als Sie denken, “ kommentierte Haywood herablassend. „Ich hätte gerne noch Commander Eagle dazu befragt, “ wandte er sich dann an den Vorsitz. „Stattgegeben.“ So einfach ließ die Hebamme sich aber nicht abkanzeln und fauchte dem Staatsanwalt hinterdrein. „Aufgeblasener...“ – „Jolene“, wieder erinnert Sabers Blick sie daran, wie unpassende das gerade war. Es war schon schwierig genug, Fireball zu beruhigen, selbst ruhig zu bleiben und dann sollte er Chily auch noch unter Kontrolle halten. Die Miene des Schotten, vor allem seine Augen, verrieten ihr seine Anspannung. „Ist doch wahr“, flüsterte sie leise. „Trotzdem“, beharrte er. Er wusste, was er von ihr verlangte und wie schwer es ihr fiel. „Das ist doch nicht fair. Manapi ...“ In ihrem Raunen lag Sorge und Angst, dass alle Bemühungen scheiterten. „Ich weiß, aber bitte Jolene...“ Leicht nickte er zu seinen Freunde. Fireball brodelte vor sich hin. Colt beherrschte sich auch nur mühsam. Robin und April wirkten nervös. Chily presste die Lippen aufeinander und setzte sich. Die beiden Freundinnen folgten ihrem Beispiel. Wenn man saß, war es mit der Fassung leichter. Es konnte einen schließlich nichts mehr umwerfen.
 

„Können wir fortfahren?“ fragte der Vorsitzende streng und ungeduldig über diese Unterbrechung. Steeker warf einen kurzen Blick auf seine Schützlinge und nickte. Haywood begann. „Commander Eagle, nun zu Ihnen. Auch für Sie waren die letzten Monate turbulent?“ begann er mit einer rhetorischen Frage den Einstieg. Niemand hatte es bemerkt, aber Eagle saß schon im Befragungsstuhl. „Ansichtssache“, entgegnete er knapp. Er hatte in der letzten Reihe gesessen, von Anfang an unbemerkt und als Beobachter der Szenerie. Er bedauerte, dass er die Besatzung des Friedenswächters hatte in diese Lage bringen müssen. Doch es war seine Pflicht gewesen. Noch hatte er die Hoffnung nicht aufgegeben, dass sich alles zum Positiven wenden würde. Er hatte auch den Beraterstab im Auge, gesehen, wie sie auf jeden reagierten und was sie beeindruckte und was sie ablehnten. Er war noch optimistisch. „Ihre Tochter erwartet Ihr erstes Kind. Hatten Sie keine Angst um sie?“ wollte Haywood nun wissen. „Natürlich, aber es hielt sich in Grenzen“, antwortete Charles ruhig. „Wie stehen Sie zu Ihrer Einheit, Commander?“ kam der Weißblonde mit der nächsten Frage. „Ich bin stolz auf sie. Auf jeden einzelnen, “ erklärte der daraufhin. Jeder spürte, dass es die Wahrheit war, obwohl dieser Stolz einen Abbruch hätte erleiden können, wenn man den Grund des heutigen Zusammenkommens bedachte. Doch selbst das änderte nichts an Eagles Einstellung. „Verstehe“, meinte der Staatsanwalt langsam, als überlege er noch. Dann fragte er. „Alle, vom kommandierenden Captain Rider angefangen, sind noch sehr jung. Warum haben Sie auf einen - ich nenne es mal - alten Hasen in diesem Team verzichtet?“ Na, was war denn das für eine Frage. Steeker an dem Tisch der Verteidigung stellte die Ohren auf. Der Commander erläuterte gelassen und souverän. „Die Kandidaten für diese Posten waren alle alten Hasen, wie Sie es nennen. Doch Ramrod war eine neue, so noch nie eingesetzte Einheit. Da wären gewisse Erfahrungen eher hinderlich gewesen. Ich wollte eine Gruppe, die den Geist des Neuen Grenzlandes repräsentiert, genauso, wie den Fortschritt. Wir wachsen nicht nur in der Technik, in der Entwicklung, uns verbindet auch etwas, das sich Freundschaft nennt.“ In seinem Eifer die Angeklagten in Misskredit zu bringen, lehnte sich Haywood nun etwas zu weit aus dem Fenster. „S.a.D. Hikari und S.a.D. Wilcox hatten noch nicht mal eine Ausbildung absolviert, nur mal nebenbei bemerkt. Ganz abgesehen davon, bezweifle ich, dass die vier die Reife besitzen, diesen Job zu machen. Das ist ihnen schlussendlich zum Verhängnis geworden. Commander Eagle, die drei haben tatenlos dabei zugesehen, wie ein Kollege förmlich hingerichtet wird. Sie haben aufgrund persönlicher Differenzen Ihre Aufgabe vernachlässigt. So etwas hätte nicht passieren dürfen!“ kritisierte er offen Eagles damalige Entscheidung. Steeker sprang auf. „Einspruch. Es ist nicht Lieutenant Haywoods Aufgabe, noch hat er das Recht die Entscheidung eines hochrangigen Vorgesetzen mit tadellosem Zeugnis derart anzuzweifeln, “ warf er ein. „Stattgegeben, “ stimmte der Vorsitzende zu. Doch Eagle erklärte dennoch. „Dieses Team hat sich bei mehr als einer Gelegenheit bewährt. Ohne sie hätte das Neue Grenzland jetzt keinen Frieden. Aber auch sie sind Menschen und fehlbar. Sie mögen sich in einer Situation falsch verhalten haben, aber nicht aufgrund persönlicher Differenzen.“ Sein Rang war hier schließlich nicht so sehr von Bedeutung. Dem Gremium vor dem er saß, hatte er sich unterzuordnen und es zu respektieren. Damit hatte er überhaupt keine Probleme und zudem konnte er noch einmal gut darauf hinweisen, was die Ramrod-Besatzung seither schon geleistet hatte. „Weshalb haben Sie sich Ihrer Meinung nach so verhalten? Waren sie der Situation nicht mehr gewachsen?“ fragte der Staatsanwalt unter dieser Zurechtweisung etwas kleinlauter geworden. „Wer von uns kann mit Bestimmtheit sagen, dass er jeder Situation gewachsen ist? Ganz besonders, wenn sie derart persönlich ist, “ entgegnete der Commander. „Zu persönlich, wie ich noch einmal anmerken möchte. Sie sagen also, dass sich die drei nichts zu Schulden kommen lassen?“ fuhr der Weißblonde fort und tappte prompt wieder in die Falle unangebrachte Kritik zu äußern. „Nicht das, was ihnen vorgeworfen wird.“ Eagle lehnte sich leicht im Stuhl zurück. „Ein Teil Ihrer Einheit hat nicht eingegriffen, Commander Eagle. Viel schlimmeres Fehlverhalten gibt es nicht mehr, “ rügte Haywood wieder. „Einspruch. Lieutenant Haywood vergisst schon wieder, wen er vor sich hat, “ unterbrach Steeker sogleich. „Stattgegeben, “ räumte der Colonel zwar ein, „dennoch hätte ich gerne eine Auskunft von dem Zeugen.“ Eagle nickte. „Sie berücksichtigen die Umstände nicht. Sie berücksichtigen nicht, dass es gerade in diesem Fall keine Rolle gespielt hätte, ob ich sie von dem Fall abgezogen hätte oder nicht. Das Ganze hätte sich dann nur Zivilcourage genannt, aber sie wären alle geblieben. Colt um seine Jugendfreundin zu beschützen. Fireball um Aprils Hebamme beizustehen und Saber, “ Er lächelte leicht. „na ja, sie sind verheiratet.“ Unwillig krauste der Anwalt die Stirn. „Wie auch immer, Commander Eagle. Fakt ist, Ihre Einheit hätte eingreifen müssen. Das haben sie nicht getan. Es stellt sich lediglich die Frage, ob sie es vorsätzlich getan haben oder nicht. Wie gut kennen Sie die drei privat, Commander?“ Die Befragung verlief nicht so, wie geplant. „Recht gut.“ Irgendwie musste er doch Eagle aus dem Konzept bringen können. „Wie schätzen Sie also die emotionale Lage Ihrer Schützlinge ein?“ erkundigte er sich deshalb. „Während des Falles, recht aufgewühlt“, antwortete der. „Nur aufgewühlt?“ hakte Haywood nach. Das war also die gesuchte Möglichkeit. „Nun ja, ja. Es waren doch einige sehr belastenden Aspekte bei der Sache dabei und sie haben doch sehr stark versucht, dem allem Herr zu werden. Teilweise auf sehr erwachsene Weise, wenn man ihr Alter berücksichtigt, “ erklärte der Oberbefehlshaber der Sektion West. „Aber eben nur teilweise. Den drei jungen Herren standen zu guter Letzt die bittere Enttäuschung über eine gute Freundin und der Wille nach Vergeltung für eine tote Freundin im Weg. Sie haben ihre Aufgabe als Star Sheriff nicht erfüllt, “ fasste Haywood zusammen. Wenn der Rennfahrer bei der abfälligen Betonung aus der Haut fuhr, wäre die Befragung da, wo der Staatsanwalt hinwollte. Doch er hatte sich in Steeker verrechnet, der den Piloten auf den Stuhl drückte. Beiläufig, als er sich erhob und einwandte: „Einspruch. Unangebrachte Wertung. Lieutenant Haywood scheint zu vergessen, dass er nicht Teil der ehrenwerten Jury ist.“ Der Colonel nickte. „Stattgegeben. Kreuzverhör?“
 

Woody trat vor. „Commander Eagle, Sie haben den Werdegang der drei Herren am besten mit verfolgen können. Glauben Sie, diese Einheit steht einer älteren um etwas nach?“ fragte er. „Kaum. Truppen, die heute über zehn Jahre Einsatzerfahrung verfügen, hätten sehr ähnlich gehandelt, wären sie an der Stelle der Ramrodcrew gewesen,“ beurteilte der sachlich. „Das Alter kann bei ihrer Handlung also keine Rolle gespielt haben, sehe ich das richtig? Sind die drei Ihrer Meinung nach, emotional ausgeglichen?“ bohrte der Verteidiger weiter. „Unter normalen Umständen. Absolut.“ – „Sie sagen es. Unter normalen Umständen. Captain Rider, Mister Wilcox und Mister Hikari fanden sich in einer sehr außergewöhnlichen Situation wieder. Zuvor waren sie mehr als einmal an ihre persönlichen Grenzen gelangt und waren enormem psychischen Stress ausgesetzt. Es ist die Frage, ob ein erfahrener Star Sheriff in einer solchen Situation anders gehandelt hätte. Denken Sie, die drei hatten ihre Belastungsgrenze erreicht?“ Steeker sah den Gefragten aufmerksam an. „Das kann man so nicht beantworten, denn die meisten Starsheriffs im Dienst sind älter. Das will jedoch nicht heißen, dass sie nicht ähnlich gehandelt hätten. Jeder Mensch hat den Hang dazu, als erstes die zu beschützen, die ihm nahe stehen. Je jünger man ist, desto stärker ist diese Neigung. Erst, wenn man gelernt hat, dass die Angehörigen soweit allein zu Recht kommen, lässt diese Prägung etwas nach. Mir ist kein Vorfall bekannt, in dem eine Einheit schon einmal eine vergleichbare Belastung erreicht hat und diese hier macht dies schon zum zweiten Mal durch. Vergessen Sie nicht, ich war selbst einst Gefangener der Outrider. Auch das war eine starke Belastung für alle. Doch diesmal ist die Lage eine andere. Damals war Krieg, die Gefahr allgegenwärtig. Heute im Frieden ist so eine unerwartete Situation fiel schwerer zu handhaben und die Belastungsgrenze liegt auf einer anderen Ebene. Wer kann es ihnen verdenken, dass sie auch erreicht wurden?“ führte er aus. „Es ist verständlich, diejenigen beschützen zu wollen, die man liebt und ich glaube auch, dass diese Neigung im Alter nicht weniger wird“, stimmte der Rechtsanwalt ihm zu. „Wer würde schon zulassen, dass seine Freunde und Familie umgebracht werden, wenn man es verhindern könnte? Commander Eagle, eine Frage hätte ich noch. Welchen Eindruck haben Sie, wie wird Ihre Einheit mit diesen Begebenheiten fertig?“ Eagle wiegte nachdenklich den Kopf. „Nun, sie mögen alle in einem warmen, verständnisvollen Umfeld zuhause sein, doch ich glaube nicht, dass das allein auf Dauer reichen wird“, erwiderte er. „Sie sind also der Meinung, dass sie diese Erlebnisse nicht verarbeiten können?“ hakte Steeker nach. „Nur sehr schwer und sehr langsam.“ Die besten Beweise dafür hatten sie heute selbst geliefert. „Gehe ich recht in der Annahme, dass Sie denken, Ihre Einheit war in dem Moment, als man Miss DeMartin bedroht hatte, paralysiert?“ zog er nun die letzte Information ein. „Da Vorsatz gegen ihre Natur ist, ja“, antwortete Aprils Vater. „Danke, das genügt mir, Commander Eagle.“ Damit wurde auch er entlassen. Steeker war sich sicher, dass diese Aussagen zu dem Ausgang der Verhandlung führten, den er angestrebt hatte.
 

Doch dann erhob sich Lieutenant Haywood. „Ehrenwerter Vorsitzender, ich würde Captain Rider gerne noch einige Fragen stellen.“ Der Colonel nickte. Unbehaglich schritt der Schotte wieder zu dem Stuhl und setzte sich. Steeker schaute verwundert auf das Bild und konnte sich keinen Reim darauf machen. „Captain Rider. Es hat sich hier ein sehr umfassendes Bild über ihre Einheit ergeben, “ setzte der Staatsanwalt an. Der Recke nickte nur. „Was mir hier besonders aufgefallen ist, hat mit Ihren beiden, leider schon verstorbenen, Aushilfen für Ramrod sehr viel zu tun. Es ist doch richtig, dass Starcaptain Yamato und Miss DeMartin zu Ihrer Einheit beordert wurden, weil Miss Eagle und S.a.D. Willcox ausgefallen sind?“ Er schaute lauernd auf den Gefragten. „Ja Sir“, bestätigte der. Was blieb ihm auch anders übrig? „Ihr Scharfschütze ist ausgefallen, weil er sich nicht an die Vorschriften gehalten hat, richtig?“, fuhr der Anwalt fort. „Bitte?“ Verwundert grübelte Saber, wohin das führen sollte. „Wenn ich die Berichte richtig im Kopf habe, ist S.a.D. Willcox alleine ins Kampfgeschehen eingeschritten und wurde abgeschossen, weil er ohne Rückendeckung geblieben war“, warf er dem Schotten an den Kopf. „Das ist nur halb richtig. Er griff ein, weil er mit dem BroncoBuster wesentlich flexibler ist, als mit Ramrod und wurde in dem Durcheinander getroffen, “ korrigierte Saber sachlich. Er wollte nicht sagen, dass Colt da draußen unkonzentriert geflogen war. „Weil die Rückendeckung von Ramrod gefehlt hat“, wälzte Haywood sofort die Schuld an dem Unglück auf Saber und Fireball ab. „Wobei ich ja behaupten möchte, dass die Deckung in einer anderen Angelegenheit zu gut funktioniert hat“, fügte er bissig an. „Fireball und ich haben ihm Rückendeckung gegeben“, betonte der Schotte. „Sie und Ihr Pilot waren nicht bei der Sache, wieder mal“, hagelte es erneut einen Vorwurf.
 

Saber rutsche das Herz in die Hose. Hatte er etwa Recht? Hatte Robin recht gehabt, als sie ihnen vorgeworfen hatte, nicht richtig auf den Scharfschützen aufgepasst zu haben? Colt und Fireball wollten auffahren, doch Steeker drückte sie auf die Stühle zurück. Der Verteidiger konnte keine Unterbrechung gebrauchen. Er musste das Geschehen beobachten und schnell überlegen, wie er das entkräften konnte, denn im Moment ließ Haywood den Recken wie einen emotionslosen Eisblock erscheinen. Damit vernichtete er das Bild von emotional überforderten Männern, die paralysiert waren und deshalb nicht hatten eingreifen können. Der Schotte half dem Staatsanwalt auch noch dabei.
 

„Das ist sachlich unkorrekt und das belegen auch die Aufzeichnungen“, erwiderte er nüchtern und verbarrikadierte sich hinter einer Mauer, die nicht zu ließ, dass seine Gefühlsregung ihm zum Verhängnis werden konnte. Dass ihm dies augenblicklich zum Verhängnis wurde, war ihm nicht bewusst. „Anwesenheit und Anwesenheit könnten zwei Paar Schuhe sein, Captain Rider. Sie waren mit Ramrod in den Kämpfen, also physisch anwesend, den Kopf aber hatten sowohl Sie als auch S.a.D. Willcox und S.a.D. Hikari ganz woanders. Sie haben alle unachtsam gehandelt, nur deswegen wurde S.a.D. Willcox abgeschossen, “ fasste Haywood zusammen. „In einem Kampf ist man mit dem Kopf im Geschehen vor Ort, oder Menschen sterben, “ zitierte der Schotte mechanisch den Satz, den er als erstes in seiner Ausbildung gelernt hatte. „Dann hatten Sie verdammtes Glück, dass S.a.D. Willcox nicht gestorben ist, “ meinte der Weißblonde ironisch.
 

In den Reihen der Beiwohnenden fuhr Robin auf. „Sie hatten verdammtes Glück, dass die Ihren ignoranten Arsch beschützt haben!“, rief sie wütend. Wie konnte der es wagen, Saber so etwas zu unterstellen? Sie selbst wusste inzwischen, was mit Colt bei diesem Manöver los gewesen war und dass es nichts gegeben hatte, was der Recke oder der Rennfahrer dagegen hatten tun können.
 

Der Schotte jedoch schwieg betroffen, auch wenn man ihm die Betroffenheit nicht ansah. „Auf alle Fälle war das der Grund für die Anwesenheit von Miss DeMartin. Der Grund für das Erscheinen von Starcaptain Yamato wird in wenigen Wochen entbinden, “ fasste Haywood zusammen und deutete auf April. „Das war erforderlich, ja, “ presste Saber sachlich hervor. „Wann haben Sie von Miss Eagles Schwangerschaft erfahren?“ bohrte der Ankläger weiter. „Als sie etwa in der dritten Woche war“, gab der Säbelschwinger an. „Ich nehme an, Sie haben sich für Miss Eagle gefreut“, nickte sein neuer, persönlicher Folterknecht. Der Schotte zögerte etwas mit der Antwort. „Oh“, tat Haywood erstaunt. „Soll das heißen, Sie hatten keine Freude damit?“ – „Ich war ... überrascht“, entgegnete der Gefragte dann. „Überrascht, weil Ihre Kollegin und gute Freundin schwanger ist, oder weil sie von Ihrem Piloten schwanger ist?“ marterte der Weißblonde ihn weiter. Saber schluckte. „Weil April schwanger ist von einem Freund, der früher mal mein Pilot war und während dieses Falls wieder in diese Position kam“, gab er zurück und schaffte eine ganz passable Gradwanderung mit dieser Aussage. „Sie interpretieren das sehr frei von der Leber weg, Captain Rider. Die Schwangerschaft und der Beginn des Falles liegen zeitlich sehr, sehr nah bei einander, genau genommen hat der Fall vor Miss Eagles Schwangerschaft begonnen. Ein Verhältnis unter Kollegen also?“ Warum konnte ihn die Erde nicht einfach verschlucken? „Der Fall begann für MICH vorher. Fireballs Rückberufung in den Dienst kam später und da war, wenn auch noch nicht so lang aber, April schon schwanger, “ führte er aus. „Naja, korrigieren Sie mich, wenn ich da falsch liege, Captain Rider: Aber setzt eine Schwangerschaft nicht eine Beziehung voraus, welcher Art auch immer?“ Bei dieser Frage wurde dem betroffenen Paar kalt. Saber fühlte es. Da hatte seine Frau wohl schon auf ihn abgefärbt. „Was haben "Was-wäre-wenn"-Fragen zu Aprils Schwangerschaft mit dem Fall zu tun?“, fragte er zurück. „Captain Rider hat Recht. Wozu soll das führen? “ bestärkte Steeker den Schotten. „Ich stelle eine ganz einfache These auf, meine Herren. Wäre Miss Eagle nicht schwanger gewesen, hätte sie sehr wohl ordnungsgemäß ihren Dienst auf Ramrod geleistet. Mit dem Piloten, “ erläuterte Haywood souverän. „Fahren Sie fort, Lieutenant Haywood, “ gestattete der Vorsitzende. Der kam der Aufforderung nach und nahm eine Mappe mit Berichten von seinem Tisch. „Miss Eagle hat Dienst geleistet, auch während ihrer Schwangerschaft“, sagte er dazu. Beinahe verschlug es dem Recken die Sprache. „Nicht auf Ramrod“, versicherte er rasch. „Aber sie wurde auch nicht versetzt. Hier steht klar und deutlich, dass Miss Eagle weiterhin für die Einheit Ramrod gearbeitet hat.“ Dabei tippte Haywood auf die betreffende Stelle. „Das war ein Missverständnis. Sie war nicht an Bord, “ beharrte er. Kalter Schweiß brach ihm aus. „Sie war vielleicht nicht an Board, dennoch waren sie Teamkollegen. Zwei junge Menschen, die offensichtlich nicht nur die Leidenschaft für den Frieden verbindet. Sie haben gegen jede Regel im Oberkommando verstoßen und Sie wollen davon nichts gehört haben, Captain Rider!“, klagte der Weißblonde ihn an. „Sie sind alt genug und haben gegen keine Regel verstoßen.“ Mehr brachte der Schotte nicht nüchtern hervor. „Überlegen Sie sich Ihre Antwort noch einmal, Captain Rider, “ schlug Haywood mit scheinheiliger Freundlichkeit vor, so dass es wirken musste, als hätte das Paar da tatsächlich ein Verbot gebrochen und ihr Boss nichts dagegen unternommen. „Gefühle beeinflussen die Wahrnehmung, in dem Fall vernebeln sie sogar die Wahrnehmung.“ Er machte eine theatralisch ausschweifende Handbewegung. „Somit hätten wir geklärt, weshalb Miss DeMartin und Starcaptain Yamato bei der Eliteeinheit ausgeholfen haben. Wäre alles nach Vorschrift gelaufen, wäre es niemals so weit gekommen, “ lieferte er ein letztes deutliches Statement. „April war schwanger, BEVOR Fireball in den Dienst zurück beordert wurde. Was davor wie passiert ist, geht mich gar nichts an, “ versuchte der Schotte das zu erklären. „Aber es geht Sie etwas an, was in Ihrer Einheit vor sich geht. Und da hätten Sie ganz klare Grenzen ziehen müssen, Captain Rider. Das haben Sie schlicht und ergreifend nicht. Es war Ihnen egal, “ entwertete Haywood kühl diesen ohnehin schlechten Versuch. „Einspruch. Unwahrheit. Als Captain Rider von den Umständen erfahren hat, wurde Miss Eagle nach Yuma in den Innendienst versetzt. Das belegen auch drei reguläre Untersuchungen, die dort aufgrund ihrer Schwangerschaft vorgenommen wurden. Es war Captain Rider also nicht egal, “ rettete ihn Steeker nun. Spöttisch hob der Staatsanwalt die Brauen. „Aber sie war nach wie vor in der Einheit Ramrod. Schlamperei in den Akten des Oberkommandos? Wohl kaum. Captain Rider hat sich eher darauf verlassen, dass es ein kurzes Strohfeuer war, wie bei Rennfahrern so üblich ist, “ behauptete der Weißblonde. Im nächsten Augenblick präsentierte Steeker ihm und dem Vorsitzenden ein paar Atteste und eine Akte. „Ja, Schlamperei in den Akten des Oberkommandos. Miss Stone selbst“ Er wies auf eine Stelle in den Papieren, „hat am Tag einer der drei Untersuchungen hier in Yuma festgestellt, dass ihr ein Fehler unterlaufen war. Die Anweisung Commander Eagles war an diesem Punkt schon unklar gewesen. Es scheint, als hätte Miss Eagle ihrem Vater zu diesem Zeitpunkt noch nicht die freudige Botschaft mitgeteilt, weshalb das also durchaus nachvollziehbar ist.“
 

Der Vorsitzende begutachtete das Schriftstück eingehend, ehe er entschied: „Zugelassenes Beweismittel. Lieutenant Haywood, Sie führen vielerlei Spekulationen, welche nur in die Irre leiten. Mir scheint, wir kommen etwas weit vom Thema ab. Stellen Sie Captain Rider bitte eine Frage, die sich mehr auf den Fall bezieht und die weniger Ihre persönliche Meinung über Rennfahrer, Blondinen oder sonst wen enthält, oder gestatten Sie Lieutenant Steeker das Kreuzverhör.“ Der Gerügte trat einen Schritt zurück. „Bitte, Lieutenant Steeker“, meinte er und überließ seinem Gegenspieler das Feld. Zumindest hatte er Zweifel säen können. „Sie alle sind Freunde, nicht wahr, Captain Rider?“ begann Woody zögerlich. Wie konnte er nun vor Augen führen, dass der Schotte nicht so distanziert war, wie er wirkte? Der nickte gerade auch nur verhalten, geplättet von den Vorwürfen, die er sich selbst schon oft genug gemacht und die Haywood nun in alle Welt hinausgeschrieen hatte. „Dann korrigieren Sie mich bitte, wenn ich da falsch liegen sollte. Freunde helfen einander und machen sich auch mal Sorgen, “ versuchte der Verteidiger einen Weg zu finden, Haywoods Verhör abzuschwächen. „So ist es bei uns, “ antwortete Saber nur. „S.a.D. Willcox gehört doch auch zu diesem Freundeskreis, oder?“ bohrte Steeker weiter. „ Natürlich“, bestätigte der Recke. Worauf wollte Woody hinaus? „Dann kann ich mir nicht vorstellen, dass Sie und S.a.D. Hikari es versäumt haben, ihm Feuerschutz und Rückendeckung zu geben“, erklärte er sofort und wandte sich halb zum Staatsanwalt, „Soviel zu Ihrer Theorie, Lieutenant Haywood.“ Anschließend fuhr er an Saber gerichtet fort: „Sie haben auch zu den drei Damen hinter uns eine enge Bindung, nehme ich an.“ Wiederum nickte der Schotte. „April und Robin sind gute Freundinnen und Jolene … Rider.“ Steeker folgte dem Blick des Sprechers in Richtung der Hebamme. „Ich schließe daraus, dass Sie sich auch um sie Sorgen machen. Besonders um Misses Rider, die vielleicht drei Jahre ohne Sie zurechtkommen muss, “ meinte er. In dem Moment, in dem er es aussprach, kam ihm auch schon eine Idee. „Ja, natürlich“, bestätigte der Recke Düsteres ahnend. „Sie ist attraktiv, Captain Rider. Sie wird nicht lange alleine sein, “ lächelte der Verteidiger vieldeutig. Da konnte er doch den Beweis liefern, den er so dringend noch brauchte. „Sie hat einen Beruf, der sie auf Trab hält“, entgegnete der Säbelschwinger. Sein Gesicht erstarrte zu einer Maske, hinter der es leicht zu brodeln begann. „Nicht nur im Beruf kann man Ablenkung finden, Captain“, erinnerte Woody den Blonden. „Ja, Robin, April und Donna Joe mit ihrem Sohn Toto. Der Freundeskreis ist groß, “ gab der vage zurück. Er konnte sich gut vorstellen, worauf Steeker damit abzielte, aber diese Ansicht gefiel ihm nicht. Als der Rechtsanwalt jetzt auch noch sein gewinnendstes Lächeln aufsetzte und beiläufig verlauten ließ: „Sie wird auch männliche Freunde haben, Captain“, ging dessen Seelenheil langsam flöten. „Und die wieder haben Partnerinnen ...“ Um keinen Preis wollte sich der Schotte der Vorstellung hingeben, dass seine Frau in den Armen eines anderen lag, während er selbst im Gefängnis versauerte. „Es ist nicht unwahrscheinlich, dass Misses Rider während Ihrer Abwesenheit auch mal einen alleinstehenden Mann trifft, mit dem sie sich gut versteht. Manche Beziehungen sind allein schon an dem Grund gescheitert, dass sie sich zwei Wochen nicht sehen konnten. Wie groß ist da die Wahrscheinlichkeit, wenn Sie drei Jahre weg sind?“, streute Woody noch Salz in die Wunde. „Genauso groß wie die Chance, dass sie hält“, beharrte der Schotte, presste aber die Lippen fest auf einander.
 

Irritiert hatten alle diesem Dialog gelauscht. Jetzt winkte Chily den Fragesteller leicht zu sich. Der hob entschuldigend die Hand zum vorsitzenden Colonel. „Verzeihen Sie bitte einen Moment.“ Damit schritt er schnell zu ihr. Dass sie ihn zu sich gewunken hatte, spielte ihm erst recht in die Hände. Er beugte sich zu ihr hinunter, nah und doch so, dass er den Blonden im Auge hatte. „Ja?“ – „Was um alles in der Welt soll das werden?“ fragte sie ihn leise und stützte sich mit den Armen auf der Absperrung auf. Perfekt. Steeker strich ihr leicht mit der Hand über die Schulter. Saber konnte es nicht übersehen. „Ich beweise, dass Saber nicht so gefühlskalt ist, wie er wirkt“, raunte er zurück. Dafür näherte er sich etwas weiter, als nötig gewesen wäre. „Dann frag ihn mal, wie Colt auf uns reagiert hat“, flüsterte sie zurück und ließ diese Geste über sich ergehen, auch, als er sie wiederholte. Steekers Finger glitten noch einmal über den dünnen Stoff ihres engen, leicht ausgeschnittenen Pullovers. Er konnte die Träger ihres BHs fühlen. Saber wusste das. Er hatte ihr heute Morgen ähnlich über die Schulter gestrichen.
 

Steeker richtete sich auf und drehte sich zum Recken um. „Wie ich gerade gehört habe, Captain Rider, ist Ihre Beziehung mit Misses Rider nicht überall auf Jubel gestoßen“, begann er, wurde aber nur düster von dem Highlander angestarrt. Ungeachtet dessen fuhr er fort, „ S.a.D. Willcox soll auch nicht begeistert gewesen sein von dieser Verbindung. Und das, obwohl er sowohl Ihr Freund, als auch der von Misses Rider ist, “ fügte er hinzu. „Und trotzdem sind Jolene und ich verheiratet, “ erinnerte Saber fest. Das Brodeln hinter seiner Fassade wurde heftiger. Auch wurde es langsam offensichtlicher, dass er versuchte ruhig zu bleiben. Erstaunt hoben seine Freunde die Köpfe. War das echt ihr Boss? „Auch ein Ehering hält von einer neuerlichen Verbindung niemanden ab. Vor allem dann, wenn der, der denselben Ring am Finger hat, nicht da ist, aus welchem Grund auch immer, “ erklärte Steeker süffisant lächelnd. Die Augen des Schotten flogen zwischen dem adretten Rechtsanwalt und seiner wunderschönen Frau hin und her. Sollte er etwa durch den ersetzt werden? Wartete Steeker nur darauf, dass Saber abgeführt wurde, um gleich danach die Hebamme zu trösten? „Jede zweite Ehe wird heutzutage geschieden. Und das aus ganz anderen Gründen, wie Sie sicherlich wissen, Captain Rider. Vielleicht ist Ihre schon bald eine von den fünfzig Prozent aller Scheidungen. Man kann ja nie wissen, “ führte er ihm noch vor Augen. Der letzte Satz erhielt eine solch zweideutige Betonung, dass Saber bestätigt sah, was er befürchtet hatte. Woody Steeker würde die erst beste Chance nutzen seine Frau zu verführen. Der Recke fuhr ungehalten auf. Der Stuhl schlug auf den Boden. „Das würde Jolene nie…“, schrie er außer sich, aber das unschöne Bild in seinem Kopf ließ ihn nicht zu Ende sprechen.
 

Höchst zufrieden drehte sich Steeker nun zum Beraterstab: „Captain Rider hat drei wunde Punkte: seine Freunde, seine Pflicht als Star Sheriff und, wie eben eindrucksvoll bewiesen, seine Ehe. Das alles ist ihm wichtig im Gegensatz zu dem, was Lieutenant Haywood uns glaubhaft machen wollte. Es dauert bei Captain Rider nur wesentlich länger, als bei den S.a.D.s Hikari und Willcox, bis er seine Gefühle nicht mehr zurückhalten kann.“
 

Die Bestätigung für seine Aussage lieferte der Schotte gleich hinterher. „Jolene, du kannst die Scheidungspapiere unterschreiben, wenn du nur einmal vergisst, was du mir am Altar versprochen hast“, grollte er.
 

Die Mitglieder des Beraterstabes kamen nicht umhin beeindruckt zu nicken. Das war wirklich eine bemerkenswerte Demonstration gewesen.
 

Fireball lehnte sich gegen die Absperrung. „Hol ihn von seiner Palme, bitte“, flehte er die Hebamme an. Egal, wie erstaunlich er es fand, dass sein Boss so heftig reagieren konnte, er konnte es im Moment nicht ertragen.
 

Chily hielt es nicht wirklich auf ihrem Platz. Sie sprang auf und wollte durch das Türchen der Absperrung zu ihrem Mann, hielt dann aber doch inne. Nach all den Ausfällen, die sie sich geleistet hatte, konnte es gut sein, dass sie aus dem Raum verwiesen wurde. Das wollte sie nicht riskieren. Sie wollte dabei sein, wenn die Entscheidung gefällt wurde. „Manapi, ich weiß es, ich weiß es doch genau, “ versicherte sie leidenschaftlich und trippelte an dem Pförtchen aufgeregt hin und her.
 

Auch Steeker hielt es für erforderlich einzugreifen. Saber stand immer noch zitternd vor Aufruhr am Tisch und hielt sich an dessen Kante fest. „Captain Rider. Nehmen Sie mir das nicht übel, aber das ist Ihr wunder Punkt, obwohl es aus Misses Riders Sicht keine Zweifel geben dürfte,“ erklärte Steeker für alle hörbar. Dabei hob er den umgestoßen Stuhl hoch und drückte den Bebenden darauf. „Irgendwie musste ich beweisen, dass nicht alles spurlos an dir vorbeigeht“, raunte er ihm zu. Der Schotte schluckte und zwang sich zur Ruhe. „Das war erstens grausam und zweitens, dein Todesurteil, wenn du sie anfasst“, stellte er leise drohend klar. „Ich mache vor einem Ehering halt, Saber“, versprach der Verteidiger und klopfte ihm noch mal beruhigend auf die Schulter. Die letzten beiden Sätze hatte niemand außer den beiden gehört. Für alle anderen schien es so, als mahne der Rechtsanwalt seinen Mandanten.
 

„Captain Rider, Sie sind aus dem Verhörstand entlassen“, ließ sich der vorsitzende Colonel vernehmen. Im nächsten Moment war der Recke aus dem Stuhl und an der Absperrung bei seiner Frau. Die schlang sofort, ungeachtet jeder Norm, ihre Arme um seinen Hals. „Ich bleibe, bist du sagst, dass ich gehen soll, “ erinnerte sie ihn leise.
 

Wieder wandte Steeker sich an den Beraterstab: „Keinem war egal, was passiert. Um die Worte von Misses Rider noch einmal aufzugreifen, die Situation, in der Miss DeMartin schließlich getötet wurde, war mehr, als meine Mandanten verarbeiten konnten. Wenn Sie ihnen ins Gesicht sehen, werden Sie erkennen, dass der Schock über die Erlebnisse immer noch tief sitzt und wenn Sie den Vornamen nennen, Mandarin oder Suzie, können Sie an ihren Reaktionen sehen, wie schlecht sie damit umgehen können,“ fasste er zusammen und setzte sich. Die Arbeit war getan. Mehr konnte er nicht für die drei Angeklagten tun. Der Rest lag in den Händen der fünf Beistände. Die hatten ihre Augen genau auf die Jungs gerichtet. Als Steeker die Namen der beiden früheren Kolleginnen und Freundinnen aussprach, senkte der Rennfahrer betroffen den Kopf. Colt schloss die Augen und biss sich auf die Unterlippe, während der Recke sich noch etwas mehr an seine Angetraute klammerte.
 

Der Vorsitzende fragte Staatsanwalt Haywood, ob er noch was hinzufügen wollte. Der verneinte. Mit der eben erlebten Szene hatte er ganz sicher nicht gerechnet und ihm fiel nichts ein, um das zu entkräften. Die Jury zog sich zur Beratung zurück, während die Verhandlung für eine Stunde unterbrochen wurde.
 

Kaum waren sie in die Wartehalle vor dem Anhörungssaal getreten, krallte sich Chily an ihrem Mann fest und schmiegte sich innig an ihn. „Die müssen uns zusammen einsperren. Ich lass dich jedenfalls nicht mehr los, “ erklärte sie überzeugt. Gegen seinen Willen, weil eigentlich noch von dem Verlauf der Verhandlung beunruhigt, musste der Schotte schmunzeln. „Ich weiß nicht, wie wohl du dich in einer Justizvollzugsanstalt fühlst, Jolene. Da kann man nicht gehen, wann man will, “ erinnerte er sie und schlang seinerseits die Arme um sie. „Egal, ich hab nicht vor auch nur einen Schritt von dir wegzumachen, “ beharrte sie kindlich, „Außerdem musst du praktisch denken. So viel Zeit zum Kuscheln haben wir nie wieder.“ Sabers Schmunzeln wurde breiter. „Da ist was dran“, gab er zu und hauchte ihr einen Kuss aufs Haar. „Ich habe nur Blödsinn geredet da drinnen“, klagte sie unglücklich. Nichts von dem, was sie gesagt hatte, schien etwas geholfen zu haben. „Wir werden ganz viel kuscheln, versprochen. Aber zuhause.“ Der Highlander drückte sie fest an sich. Es tat so gut, dass sie da war. Sein Blick glitt zu seinen Eltern. Dass sie auch hier waren, tat ihm gut. Er hatte nicht einen Vorwurf von ihnen gehört. Sie standen ihm einfach nur bei.
 

„Wenn das nur gut geht“, seufzte April bekümmert. „Ich will mir das gar nicht ausmalen.“ Die Lehrerin schüttelte den Kopf. „Man kann auch drinnen heiraten“, informierte der Scharfschütze sie. „Ist mir egal wo, du wirst Misses Willcox“, bestimmte er dann. „Idiot!“ Leicht boxte seine Braut ihn gegen die Schulter. Er rückte ein Stück von ihr fort. „Ach, du willst mich gar nicht mehr“, stellte er dabei fest. „Genau. Sonst geht es dir aber schon gut?“ Robin verringerte den eben geschaffenen Abstand zwischen ihnen. Was hatte er denn jetzt wieder für Wahnvorstellungen? „Ja ja, schon gut.“ Schmollend schuf er wiederum Distanz. „Mein Ersatz ist ja auch viel pflegeleichter“, tat er verstehend. „Welcher Ersatz, du Pflaume?“, wollte Robin wissen. Sie verstand kein bisschen, was er gerade hatte. Noch mal kam sie zu ihm und bekam die Erklärung für seine seltsame Anwandlung. „Du weißt schon, der der dir so schöne Augen macht und über den du nur Lobeshymnen trällerst. Oder sind das Liebeserklärungen? Jedenfalls muss ich keine Sorge haben, dass du vor Langeweile stirbst. Der beschäftigt dich sicher und das auch gern, “ gab sich der Scharfschütze fast ganz der Vorstellung hin, dass der böse Konkurrent sofort zur Stelle wäre, wenn der Cowboy gehen musste. „Der einzige, der von mir Liebeserklärungen kriegt, bist du. obwohl ich mir das angesichts deines Anfalles noch mal stark überlegen muss. Was siehst du eigentlich für Hirngespinste, Colt?“ Robin konnte diese Anwandlung wirklich nicht nachvollziehen. Es war so, wie sie gesagt hatte. Der einzige, dem ihr Herz gehörte, war der Kuhhirte. „Ich sehe genug. Und so, wie mein Nachfolger dich ansieht, macht er die eine oder andere Sache mit dir sicher genauso gern wie ich. Wenn wir auch sonst nichts gemeinsam haben, dann das.“ Oh, der Gedanke gefiel ihm so gar nicht. Er konnte sich leider sehr gut ausmalen, wie Woody Steeker seinen Part an Robins Seite übernahm und da gehörte er nun mal nicht hin. Die Lehrerin verpasste dem Eifersüchtigen eine Kopfnuss. „Hör auf, zu spinnen. Der einzige, der was mit mir machen darf, kassiert grad einen Schlag auf den Hinterkopf. Wie kommst du denn bloß auf so einen Schwachsinn?“, fuhr sie ihn leicht an. „Oh bitte Robin. Woody Woodpecker ist doch ganz offensichtlich ganz scharf drauf zu decken, “ erklärte er, aber nur noch halb so überzeugt wie zuvor. Hatte er sich da doch etwas eingebildet, das nicht war? „Woody Woodpecker?“, wiederholte sie ungläubig. Wann hatte sie dem denn Avancen gemacht oder sich von ihm welche machen lassen? „Hast du einen Schlag zu viel auf den Kopf gekriegt? Was soll ich denn mit ihm?“ Der war doch so gar nicht wie ihr chaotischer, kleiner Cowboy. Dass der jemals an ihr zweifeln würde, und dann noch so massiv, war unglaublich. „Was denkst du eigentlich von mir?“ Jetzt schossen ihr Tränen in die Augen. „Dass ich nur drauf warte, dass du mich verlässt?“ Das war doch bitte nicht sein Ernst. So durfte er nicht von ihr denken. Dass ihre Augen so glänzten, verunsicherte ihn noch mehr. Sie sollte doch nicht weinen. Er verstand es doch, wenn sie sich von Woody trösten ließ, auch wenn ihm selbst das so überhaupt nicht gefiel. Aber offensichtlich war er mit dieser Einstellung ganz schön auf dem Holzweg. „Schatz, das habe ich so nicht gesagt“, versicherte er hastig und trat wieder einen Schritt zu ihr. Unbeholfen versuchte er seine Arme um sie zu legen, aber sie drehte sich weg. „Lass mich!“, schniefte sie unglücklich. „Nicht genug, dass wir dann nicht mehr heiraten können. Du unterstellst mir auch noch ernsthaft, dass ich das gar nicht mehr will, “ klagte sie zutiefst gekränkt. „He Robin.“ Geplättet über seinen Irrtum, legte er die Arme um sie. „Schatz ... Engel ...“ Hörte sie ihm zu? „Ich unterstelle dir gar nichts.“ Er drückte seine Stirn an ihre Schulter. „Ich hab nur...,“ stammelte er. „Du hast mir nur wehgetan“, erklärte sie verletzt. „Ich habe nur vor nichts so viel Angst“, gestand er hilflos. Sie schniefte noch einmal. „Wovor?“ hakte sie nach. „Davor, dass ich da dann raus komm und du bist nicht mehr da, “ schüttete er ihr sein Herz aus und hustete verlegen. „Ich werde immer da sein, du Idiot, “ fuhr sie herum und ihn an. „Ach, haust du mich deshalb immer?“, wollte er wissen. „Irgendwie muss ich dir das doch klar machen und auf Worte allein hörst du nicht“, entgegnete sie mild und schmiegte sich an seine Brust. „Fühlt sich aber manchmal so an, als hättest du mich nicht mehr lieb“, ließ er sie noch einmal in seine Seele blicken. „Ich hatte dich nie mehr lieb“, murmelte sie zurück. Jetzt nahm er sie ebenfalls in die Arme. „Wirst du da sein? Willst du immer noch meine Frau werden?“, musste er wissen. Was immer nun auf sie zukommen würde, mit der Gewissheit wäre es leichter zu ertragen. Sie hob den Kopf und schaute ihm in die Augen. „Ich möchte für immer deine Frau sein, Colt. In guten, wie in schlechten Tagen. Und wenn das heißt, dass wir mit den schlechten starten müssen, “ versicherte sie ihm. Erleichtert gab er ihr einen langen Kuss.
 

Chily hatte amüsiert diese Szene beobachtet. „Deine Zweifel müssen ansteckend sein“, bemerkte sie an ihren Mann gewandt. „Welche Zweifel?“, tat der ahnungslos. „Die typischen Manapizweifel.“ Der sollte mal bloß nicht so tun, als wüsste er nicht, wovon sie sprach. „Die enden aber meistens so.“ Saber verschloss ihr den Mund mit seinen Lippen, ehe er von ihr noch mehr solcher unangenehmen Wahrheiten zu hören bekam.
 

April hielt sich den Bauch. Charlene strampelte darin und verursachte ihr Schmerzen. Fireball schob seine Freundin gleich fürsorglich auf einen Stuhl, hielt sie an der einen Hand und legte die andere auf ihren Bauch. „Tut sie dir weh?“ fragte er besorgt. „Ja. Ihr gefällt das Ganze wohl auch nicht, “ antwortete April. Er nickte nur und lehnte traurig seinen Kopf gegen ihren. „Spürst du das?“ Die Blondine schob seine Hand an eine Stelle, an der der künftige Erdenbürger immerzu zu streicheln schien. „Ja“, murmelte er rau und glitt ebenfalls kraulend darüber, wie zur Antwort. „Versucht wohl zu trösten, unsere Kleine“, meinte er leise. „Hm, möglich, “ bestätigte sie. Die Bewegung hörte auf, aber nicht der Druck auf die Bauchwand. „Ich glaube, sie weiß, dass du das bist.“ Das machte es für Fireball nicht gerade leichter. Wenn seine Tochter tatsächlich schon wusste, wer er war, wie sollte er es dann ertragen, sie nicht zu sehen? Es war so schon kaum vorstellbar. Er ließ die Hand an der Beule ruhen und hob den Kopf leicht, so dass April sich an seine Schulter lehnen konnte. „Sie spürt, dass ich euch halte“, presste er hervor. „Und weiß, dass du das immer wirst“, versicherte die Navigatorin leise. In ihren Augen sammelten sich Tränen. Sie war überzeugt, dass das kleine Mädchen in ihr genau wusste, wann welche Person den Bauch berührte, in dem es zuhause war. Und oft genug beruhigte sie sich erst, wenn sie den Rennfahrer spürte. Die Schwangere versuchte die Tränen weg zu klimpern ohne dass ihr Freund es merkte. „Wenn es in meiner Macht steht“, murmelte er in ihr Haar, hauchte einen Kuss darauf und verstärkte ein wenig den Griff, mit dem er sie hielt. Sie sollte spüren, dass er bei ihr war. Aber sie spürte auch, wie wenig er überhaupt fort von ihr wollte. „Ich weiß“, schniefte sie unterdrückt und fuhr sich mit der Hand über die Augen. „Nicht weinen, Süße“, bat er. Die Gefahr, dass er mit heulen würde, war groß. „Tu ich doch nicht“, log sie unglaubwürdig, weil ihr nun doch die Tränen über das Gesicht liefen, ungeachtet dessen, wie sehr sie versucht hatte, dass zu verhindern. Wie sollte sie bloß ohne ihn klar kommen? Sie brauchte ihn doch genauso sehr wie er sie brauchte.
 

In der Zwischenzeit betraten die Mitglieder des Beraterstabes den Raum, in dem sie ungestört zu einer Entscheidung kommen sollten. Und diese musste einstimmig sein, da es nicht erwünscht war, dass eine der beiden Seiten Revision einlegen und so die Angelegenheit verlängern konnte. Der erste Lieutenant Colonel war verheiratet und kinderlos. Er öffnete den obersten Uniformknopf, als er sich auf einen der Stühle an dem runden Tisch setzte und bemerkte würdevoll. „Also, das übertrifft alles, was ich bisher gesehen habe Der Major, der seinen Sohn im Krieg verloren hatte und den daheim noch eine Frau und eine Tochter erwarteten, setzte sich ebenfalls. „Für mich ist der Fall klar,“ murmelte er dabei. Mit einem Blick auf das Kärtchen, das vor seinem Stuhl auf dem Tisch stand, bemerkte er, dass er diesmal B2 war. Der geschiedene desselben Ranges, der noch einen Sohn hatte, platzierte sich hinter Schild B3. „Unglaublich,“ brummte er. Die beiden verbliebenen Lieutenant Colonels setzten sich auch. Bei Nummer B4 war nicht zu erkennen, was der unverheiratete, kinderlose Mann von der ganzen Sache dachte. Seine Miene war undurchschaubar. Die Mutter einer Tochter hinter Tischkärtchen B5 seufzte bedauernd. „Tragisch auf seine Art und Weise.“ Sie schaute in die Runde. An einem solchen Tisch würden nie ihre Namen stehen, sondern Nummern, wie es bei Verhandlungen eben üblich war.
 

Jetzt meldet sich B1 wieder zu Wort. „Peinlich, wenn ich mir Misses Rider ansehe. Ich hab mein Lebtag noch nicht so was Respektloses erlebt. Und das als Frau eines Befehlshabers.“ Verständnislos schüttelte er den Kopf. Seine Frau tat schließlich, was er ihr sagte. Im Leben würde ihr nicht einfallen ihm zu widersprechen. Ganz so, wie es seiner Meinung nach eben sein sollte. „Das können Sie auf alle Beteiligten münzen. Diese Einheit ist schlicht und ergreifend das unbeherrschteste Gebilde, das wir im KOK haben. Es sollten mehr Konsequenzen für Team Ramrod daraus folgen, als diese Entscheidung,“ bemerkte B3 unzufrieden mit der gesamten Anhörung. Die Zwischenrufe, die Tonlagen, die Art und das Verhalten der Beteiligten – nein, so durfte sich eine Einheit nicht benehmen. „Von unbeherrscht würde ich nicht reden. Die S.a.D.s mögen nicht unbedingt einsehen, was Captain Rider anordnet, aber sie gehorchen trotzdem,“ widersprach B2. Die Angelegenheit ging den Betroffenen offenbar spürbar an die Nieren, trotzdem war es nur zu Zwischenrufen und nicht zu Handgreiflichkeiten gekommen, wie es schon in manchen, weniger persönlichen Fällen geschehen war. „Sie handeln intuitiv, das kann es doch nicht sein,“ erklärte nun einigermaßen herrisch sein Rangkollege. „Wir wissen alle, dass es Momente im Kampf gibt, wo man nur reagieren muss,“ betonte die Frau der Runde nun um unnötigen Streit zu vermeiden. „Aber Kämpfe werden nicht allein durch Handeln entschieden. Es erfordert Disziplin und Gehorsam. Zwei Tugenden, die gerade auf die beiden S.a.D.s nicht zutreffen,“ beharrte B3. „Sie verfügen über beides. Diese ganze Crew. Wie sonst hätten sie es vor mittlerweile fast zwei Jahren sonst schaffen sollen, den Outrider-Planten in seine Dimension zurückzuschicken?“ widerlegte B2 erneut.
 

So verfingen sich die vier in einer Debatte über ihre Ansichten zu den Angeklagten und den Zeugen. So wohl der Lieutenant Colonel, welcher zwar verheiratet, aber kinderlos war, als auch der geschiedene Major, Vater eines Sohnes waren sich einig über die wilde, unbeherrschte Horde, die sich Ramrod-Crew schimpfte. Dagegen war der Major, der seinen Sohn im Kampf verloren hatte, und Lieutenant Colonel, die Mutter einer Tochter eindeutig vom Gegenteil überzeugt. Es wurde gewertet, inwieweit Saber, Colt und Fireball selbst dafür verantwortlich waren, dass diese Mission so extrem persönlich waren und was sie hätten, wenn wäre. „So kommen wir nicht weiter,“ brummte B1 nach reichlich einer Viertelstunde und beendete diese ergebnislose Auseinandersetzung damit. Die übrigen vier Anwesenden nickten. Die erste Regung damit, die B4, ebenfalls Lieutenant Colonel, allerdings ohne Frau und Kind, seit er Platz genommen hatte, zeigte. Im Augenblick waren der Major, B2, und B5, die Mutter von einem minder schweren Fall überzeugt. Dagegen hielten B1 und B3 das ganze für Vorsatz. B4 war schweigsam geblieben. Nun seufzte B1 und übernahm die Moderation des Ganzen.
 

„Was sind die Gründe für einen minder schweren Fall?“ fragte er um alle wieder zum eigentlichen Grund ihrer Anwesenheit in der Anhörung und jetzt im Beratungsraum zu bringen. „ …war der Täter ohne eigene Schuld durch eine ihm oder einem Angehörigen zugefügte Misshandlung oder schwere Beleidigung von dem getöteten Menschen zum Zorn gereizt,“ las die Frau der Runde vor. „Der Tatbestand ist erfüllt. Denken Sie nur daran, dass Miss DeMartin die werdende Mutter mit einem geladenen Blaster bedroht hat. Das ist Misshandlung,“ fügte sie dann hinzu. „Miss Johnson wurde von ihr entführt, auch das sehe ich als Misshandlung an,“ ergänzte B2 sofort. „Aber der Zickenterror zwischen Miss DeMartin und Misses Rider fällt da raus,“ stellte B3 richtig. „Der Mord an Starcaptain Yamato, die von allen Beteiligten eine gute Freundin war, fällt definitiv wieder rein,“ argumentierte sein Rangkollege augenblicklich weiter. B5 nahm das Sitzungsprotokoll zur Hand und las die Aufzählung vor, die Colt auf Steekers Frage abegeben hatte. „Wie viel persönlicher noch? Wie viel mehr Minderungsgründe noch?“ wollte sie dann wissen. „Das ist das Problem. Es war viel zu persönlich. Es hat alle drei vergessen lassen, wofür sie eintreten, was ihr Job ist. Ich vermute nach wie vor Vorsatz dahinter,“ beharrte B1. Verstehend nickte die Leserin und zitierte wiederum die Mitschrift. „Jeder, der ein Herz in der Brust hat, schaltet auch mal den Verstand aus. Egal ob es richtig ist oder nicht. Das ist es nämlich, was uns von den Outridern unterscheidet.“ Das ließ sie jedoch kommentarlos erst mal im Raum stehen, damit diese Aussage wirken konnte. Und sie wirkte.
 

Jetzt griff B1 nach dem Protokoll und überflog es. „ ... und das alles nagt an ihrem Gewissen.“ Er schaute auf. „Das schwächt den Vorsatz,“ gab er dann zu. „Ich weiß nicht, wie ich die Aussage von dieser Zeugin werten soll. Ich meine, es war doch Misses Rider richtig?“ bekundete B3 seine Zweifel. Abwartend sahen ihn alle an. „Nun ja, sie hat eindrucksvoll gezeigt, dass sie keinen Respekt hat. Zum einen. Zum anderen hört sie dann aber aufs Wort, was Captain Rider ihr sagt. Soll ich ihr also ihre Aussage glauben?“ erklärte er sich und damit seine Vermutung, der Schotte hätte seiner Frau in den Mund gelegt, was sie zu sagen hatte. „Er hat sie lediglich an die Verhaltensvorschriften erinnert,“ bemerkte B5. „Stimmt, sie hat bewiesen, dass es ihr an Respekt mangelt. Sie war laut, ungehobelt und direkt. Sie hat gesagt, was sie gedacht hat, ohne einmal zu überlegen, was sie da sagt. Und die soll lügen?“ B1 zog skeptisch die Brauen hoch. Er hielt nicht viel von diesem Frauenzimmer, aber genauso wenig glaubte er daran, dass sie log. Lügener waren berechnender und beherrschter als sie. „Abgesehen davon, waren alle drei Frauen recht angriffslustig, was Lieutenant Haywoods Fragen angeht,“ grinste B2 nun. Das hatte ihn doch schwer beeindruckt. Selten zuvor hatte ein Angeklagter so haltlose Unterstützung gehabt. In diesem Fall traf das auf alle drei Beklagten gleichzeitig zu. Das war in der Tat bemerkenswert. „Diese Frauen stehen hinter ihren Männern, soviel ist klar,“ musste auch der skeptische B3 zugestehen. Dieser Umstand schwächte seine Ansicht. Wie konnten drei Frauen so einhellig und fest hinter ihren Männern stehen, wenn sie auch nur den leisesten Zweifel an ihrer Unschuld hatten. Nein, eine der drei hätte sich bestimmt an einer Stelle der Befragung negativ geäußert, aber das war nicht der Fall gewesen.
 

Dann ließ sich auf einmal B4 vernehmen. „Für die drei Herren ging es um alles. Ihre Freunde, ihre Familie. Sie standen unter einer enormen psychischen Belastung.“ Dabei wies er auf die Familienväter. „Wie hätten Sie gehandelt, wenn jemand Ihre schwangere Frau bedroht hätte und damit das Ungeborene, dass Sie so sehr erwarten? Oder Ihre Frau anschießt?“ Diese Frage richtete er an B1. „Oder was hätten wir alle gefühlt, wenn uns ein sehr guter Freund verraten hätte, wenn er alles daran gesetzt hätte, uns zu nehmen, wofür wir in erster Linie kämpfen? Denn wir kämpfen als erstes für Freunde und Familie. Sie haben sich tapfer gehalten, haben versucht, damit umzugehen. Bedenken Sie die Entführungsorte von Miss Eagle und Miss Johnson. Beide wurden nicht in Tucson-City entführt, sondern von Orten, zu denen sie zu ihrem Schutz gebracht worden waren. Die drei Herren haben versucht, sie aus der Gefahr herauszuhalten. Auch wenn das in der Verhandlung nicht so erwähnt wurde, es ist doch aus den Unterlagen zu erkennen und ein nicht unwesentlicher Fakt. Captain Rider und die S.a.D.s haben versucht, das Persönliche an diesem Fall auf ein Minimum zu reduzieren, doch ihr Gegner hat genau das eingeplant und so waren sie schlussendlich handlungsunfähig, als es darum ging, Miss DeMartin vor dem Tod zu bewahren. Wer von uns kann allen Ernstes behaupten, dass er anders gehandelt hätte? Ich für meinen Teil nicht ohne zu lügen. Es ist, wie S.a.D. Willcox sagte: Es ist das Herz, dass uns von den Outridern unterscheidet…“
 

Die Stunde zog sich schier ins endlose. Keiner der Beteiligten konnte es noch erwarten, das Urteil zu hören. Sie wollten Gewissheit. Die Anspannung war schier unerträglich. Schließlich durften sie den Saal wieder betreten. Der Beraterstab hatte Platz genommen. Ebenso der Vorsitzende Colonel. Dann stellte er die Frage, die so sehr herbei gesehnt wurde. „Sind Sie zu einem einstimmigen Urteil gekommen?“ B1 bestätigte und erhob sich.
 

Steeker und seine Mandanten standen ebenfalls auf. Sie strafften die Schultern.
 

In der Reihe der Zeugen griffen Chily, Robin, April und Mary je nach der Hand der Frau neben sich, drückten sie fest und hielten den Atem an.
 

Sekunden verstrichen, schienen quälenderweise auch noch langsamer zu verstreichen. Oder stand die Zeit gerade still?
 

„… befinden die Angeklagten Captain Rider, S.a.D. Willcox und S.a.D Hikari, dem Vorwurf der vorsätzlichen unterlassenen Hilfeleistung für nicht schuldig …“
 

B1 hatte den Satz kaum zu Ende gesprochen, da brach Jubel unter den Frauen aus. Keine Trennung. Ihre Männer blieben. Dem Himmel sei Dank.
 

Der Vorsitzende klopfte energisch auf den Pult um sich Ruhe und Gehör zu verschaffen. Streng sah er die Herren an und hatten die eben noch erleichtert ausgeatmet, fuhren sie nun bei den nächsten Tönen erschrocken zusammen. „Dann lege ich das Strafmaß für die unterlassene Hilfeleistung fest.“ Es klang wie eine Drohung. „Für Captain Rider und die S.a.Ds Willcox und Hikari halte ich eine Freiheitsstrafe für drei Jahre zur Bewährung für Tat und Schuld angemessen, unter der Bedingung, dass sie sich umgehend in psychiatrische Betreuung begeben. Das erscheint mir in diesem Fall doch dringend erforderlich.“ Bum. Der Hammerschlag besiegelte alles.
 

Während sich die Mädchen erleichtert um den Hals fielen, waren die Jungs beinahe zu Salzsäulen erstarrt. Entgeistert schaute Fireball zum Recken. Colt wiederholte ungläubig: „Zum Seelenklempner?“ Das war doch hoffentlich ein schlechter Scherz. Als auch noch Saber auf den fragenden Blick des Rennfahrers hin schluckte, entschied der Kuhhirte. „Ich glaub, da gehe ich doch lieber in den Bau.“ Prompt bekam er von seiner Zukünftigen hinter ihm eine Kopfnuss verpasst. „Den Teufel wirst du,“ schimpfte sie halblaut. „Du haust mich ja schon wieder,“ klagte der sofort. „Wenn du solchen Blödsinn von dir gibt es.“ Aber die Kraft ernsthaft zu zetern, hatte die Lehrerin nicht. Erleichtert fiel sie ihm um den Hals. „Ich will dich doch heiraten, du verdammter Idiot,“ murmelte sie an seine Brust. „Ja, aber wenn ich bei dem Seelenheini erst mal auf der Couch lieg und der herausfinden will, wie ich ticke, bin ich auch drei Jahre weg,“ entgegnete der Scharfschütze gewohnt scharfsinnig. Im Gefängnis müsste er wenigstens nicht drüber reden. Aber da würde sich aus niemand so innig an ihn kuscheln und wenn, hätte er was dagegen. Er legte seine Arme um Robin und drückte ihr einen Kuss aufs Haar. Dann eben hundert Jahre beim Mackenmann, solange er zu ihr zurück konnte.
 

Ganz leise hatte Fireball den Schotten gefragt: „Hast du eine Idee, wieso wir zum … sollen?“ So wenig ihm der Gedanke behagte, konnte er auch nicht aussprechen, dass sie zum Psychotherapeuten sollten. Der Gefragte hob die Schultern. „Um alles zu verarbeiten. Wenigstens liest es Jolene dir dann nicht vor,“ versuchte er ihn aufzu muntern. „Ist auch nicht besser.“ Mit einem Kopfschütteln wischte er den Gedanken erstmal bei Seite und nahm seine Freundin in den Arm. „Süße.“ Sie erwiderte die Umarmung. „Gott bin ich froh.“ Mehr als das brachten sie beide nicht hervor.
 

Schmunzelnd beobachtet der Recke das und schüttelte den Kopf, als er das Ende von dem nicht so ernst zu nehmenden Zwist zwischen der Lehrerin und dem Scharfschützen mitbekam. Das war mal wieder typisch für den. Saber sah zu seiner Frau. „Jolene?“ Sie schaute ihn mit großen Augen an und erhob sich langsam. So wie ihr das Herz in der Brust raste, war es unmöglich für sie nur einen Ton zu sagen. Sehr viel anders ging es dem Schotten nicht. Er nahm sie wortlos in die Arme und presste sie nah an sich. „Gekuschelt wird zu Hause,“ hatte er ihr versprochen. Er konnte dieses Versprechen halten.
 

Über seine Schulter schaute Chily zu den Mitgliedern des Beraterstabes, die nun den Raum verließen. Sie suchte den Blick von B4. Als er ihren Augen begegnete, formte sie ein tonloses „Danke“. Sie wusste genau, dass sie es an ihn richten musste. Einen Moment lang hielt er in der Bewegung inne. Es war, als hätte die Hebamme genau gesehen, wer er war. Als wüsste sie, dass er in den Jungs all das sah, was ihm zu erreichen nie vergönnt war. Als wüsste sie, dass er den Schutz des Neuen Grenzlandes so weit über sein privates Glück gestellt hatte, dass er dieses nie erreicht hatte. Und als verstünde sie genau, wie unglücklich und einsam er sich so ohne liebe Frau und Kindersegen oft fühlte. Ja, diese Hebamme erkannte, dass er nicht anders gehandelt hätte, als der Mann, in dessen Armen sie gerade lag. Eine Sekunde hatte dieses Erkennen und Verstehen gedauert. B4 nickte ihr zu und ging. Nahm ihr ungesagtes Versprechen mit, gut auf alle zu achten und seine Fehler nicht zu wiederholen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Misano
2008-12-27T15:53:50+00:00 27.12.2008 16:53
Wow, ich bin platt. Das Ende kannte ich ja noch nicht. Das ist grandios!

(Auch wenn ein paar Fehlerchen drin sind, aber das hast du davon, wenn du mich nicht drüber gucken lässt ;-)

Wie dieser Beraterstab tagt, einfach klasse geschrieben und wie Steeker Saber zur Weißglut treibt, das fand' ich ja schon immer das Highlight des Kapitels.
Ich liebe diese FF, Collie!


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