Mit untergeschlagenen Beinen lehnte er sich in seinem Sessel zurück und klappte das Buch in dem er grade gelesen hatte zu.
Seine Augen brannten bereits vom Lesen und so langsam sollte er auch mal wieder aus der Sonne in den Schatten gehen, da die Haut auf seiner Nase schon verdächtig spannte.
Abwesend fuhr er mit dem Zeigefinger darüber und sah nachdenklich in Richtung Meer.
Hätte er sich eigentlich denken können, dass er einen Sonnenbrand bekommt, wenn er sonst fast nur im Schatten oder im Haus herumsitzt.
Trotzdem war ihm danach gewesen sich mit einem Buch auf den halb beschienen Balkon zu setzen und eines seiner Lieblingsbücher zu lesen, nachdem er am Strand gewesen war.
Den Gedanken an Jay verdrängte er dabei schnell wieder.
Seufzend stand er auf, der Balkon maß vielleicht in der Länge fünf oder sechs Schritte, und ließ sich an der Hauswand, die im Schatten liegt, auf den Boden gleiten.
Gähnend rieb er sich die Augen und streckte sich.
Irgendwie war er den ganzen Tag lang schon wahnsinnig müde und würde am liebsten die ganze Zeit schlafen, jedoch geht das nicht.
Er wusste auch nicht warum aber er konnte einfach nicht einschlafen.
Gelangweilt starrte er durch die Verstrebungen seines Balkons hinunter auf den Innenhof der Klinik und beobachtete Agnes wie sie mal wieder mit ihrem Strohhut bewaffnet in einem der Blumenbeete kniete.
Obwohl er sich noch nie wirklich viel mit ihr unterhalten hatte und auch sonst nicht viel mit ihr zu tun hatte, ausser wenn sie bei einer der Visiten der Ärzte, wozu die gut waren verstand er übrigens immer noch nicht, allerdings war es ihm auch ziemlich egal, dabei war und freundlich lächelnd mit ihm sprach, mochte er sie.
Sie hatte etwas Gütiges und Mütterliches an sich.
Leises Summen drang zu ihm hoch und ein Lächeln huschte über sein schmales Gesicht, während er mit geschlossenen Augen der Melodie lauschte, die Agnes zu summen schien.
Fröhlich, heiter und beschwingt.
Zwar passte es zur Gesamtidylle, die auf dem ganzen Innenhof zu herrschen schien, aber trotzdem machte er sich daran in seiner Hosentasche herumzukramen und seinen MP3-Player daraus hervor zu ziehen.
Mit gerunzelter Stirn sah er auf das blau aufleuchtende Display und suchte er sein Lieblingslied als er noch eine zweite Stimme hörte.
Kurz in der Bewegung inne haltend, drückte er dann doch auf Play und hob langsam den Kopf.
Jay kniete neben Agnes und zupfte einige der kleinen, grünen Pflänzchen aus, die Agnes nicht in ihrem Beet haben wollte.
Vom Intro seines Lieblingsliedes übertönt hörte er zwar nicht was die beiden besprachen aber das störte ihn auch gar nicht weiter.
Mit einem unterdrückten Glühen in den Augen saugte er jede von Jays Bewegungen in sich auf und biss sich auf die Unterlippe.
In diesem Moment lachte Jay sein für ihn lautloses Lachen bei dem seine Augen vergnügt blitzten.
Wie konnte er nur so verdammt glücklich sein?
Er hatte doch auch so gut wie alles außer sich selbst verloren…Warum also war er so unglaublich stark, während er an sich selber zerbrach?
Tränen stiegen ihm in die Augen, die er jedoch schroff wegwischte und den Kloß in seinem Hals herunterschluckte.
Dennoch hatte er das Gefühl, dass sein Hals zugedrückt wurde und die beiden im Innenhof stehenden Personen verschwammen immer mehr vor seinen Augen.
Tief durchatmend lehnte er den Kopf an die kühle Steinmauer und drehte die Lautstärke seines MP3-Players noch weiter auf.
Er wollte das fröhliche Lachen und Scherzen nicht mehr hören und auch nicht sehen.
Warum musste er auch Jay als Betreuer bekommen?
Diesem braunhaarigen Optimisten schien wirklich etwas an ihm zu liegen und er wusste nicht wirklich wie er damit umgehen sollte.
Denn obwohl er sich mit Händen und Füßen gegen diesen Gedanken wehrte mochte er ihn.
Nicht nur weil er ein wunderschönes Lächeln, warm leuchtende Augen und einen sanften Charakter hatte, sondern weil sie viel gemeinsam hatten.
Und irgendwo ganz tief unter all dem anderen was sich so im Laufe der Zeit in ihm aufgestaut hatte saß eine kleine Stimme, die ihn immer wieder daran erinnerte, dass Jay ihn verstehen würde.
Auch wenn er sich taub stellte um sie nicht zu hören wisperte sie unaufhörlich weiter und ließ seine innere Unruhe fast zu einem Sturm werden.
Zuvor hatte er sich allein mehr als wohl gefühlt und es hatte ihm nichts ausgemacht am Strand zu sitzen und den ganzen Tag niemanden zu Gesicht zu bekommen.
Das war ihm sogar mehr als recht gewesen.
Aber in letzter Zeit ertappte er sich immer wieder dabei wie er darauf wartete, dass Jay mit seinem strahlenden Lächeln eine der Dünen heruntergeschlittert kam, sich neben ihn setzte und eine seiner unzähligen Geschichten zu erzählen.
Dabei gestikulierte er mit Händen und Füßen um ihm alles so anschaulich wie möglich zu erklären, während er immer wieder Pausen machte in denen er angestrengt zu überlegen schien wie genau das alles abgelaufen war.
Heftig den Kopf schüttelnd öffnete er die Augen und sah wieder auf den Innenhof.
Jay war verschwunden und Agnes schien wieder ihr Lied zu summen.
Wahrscheinlich drehte er langsam wirklich durch und er hatte sich einfach nur an Jay gewöhnt, denn schließlich hockten sie fast jeden Tag zusammen.
Ein wenig erleichterter schloss er wieder die Augen und lehnte sich zurück.
Alles Macht der Gewohnheit und sonst gar nichts.
Verschlafen rieb er sich die Augen und gähnte ausgiebig.
Anscheinend war er doch noch eingeschlafen, wenn auch dummerweise an einer Wand sitzend und auf seinem Balkon.
Seufzend steckte er den MP3-Player mit den inzwischen leeren Batterien wieder in seine Hosentasche und ging zurück auf sein Zimmer.
Noch völlig neben sich stehend kratzte er sich am Hinterkopf und gähnte erneut.
Dabei fiel sein Blick auf den roten Digitalwecker den er neben seinem Bett stehen hatte, obwohl er ihn eigentlich nie brauchte, da er immer relativ früh wach war.
Mitten in der Bewegung stockend sah er noch mal genauer hin, um dann genervt aufzustöhnen.
Da hatte er endlich mal geschlafen und verpennte direkt das Abendessen.
Hastig zog er sich seine Schuhe an und verließ sein Zimmer, da es bei unentschuldigtem Fehlen beim Essen ziemlichen Ärger mit den Schwestern geben konnte, denn die legten verdammt viel Wert darauf, dass ihre Schützlinge regelmäßig aßen.
Außerdem hatte Jay sich bestimmt Sorgen um ihn gemacht.
Mit einer ruckartigen Kopfbewegung versuchte er diesen Gedanken zu vertreiben und schob die schwere Tür des Seitenausgangs auf, da er quer über den Innenhof wesentlich schneller zum Speisesaal kommen würde.
Zunächst den Blick nur starr auf die Flügeltüren desselben gerichtet bemerkte er aus dem Augenwinkel eine Bewegung und verlangsamte seine Bewegungen fast auf Zeitlupe.
Jay saß, beziehungsweise lag vielmehr, auf einer der Bänke und sah versonnen in den Himmel.
In seinem Kopf jagte ein Gedanke den anderen bis sich schließlich einer endgültig behaupten konnte.
Irgendwie hatte er ihn vermisst.
Völlig verwirrt von sich selbst setzte er sich wieder in Bewegung und lief schon fast automatisch auf Jay zu, auch wenn in seinem Kopf sämtliche Synapsen grade auszufallen schienen.
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Ziemlich kurz geworden aber das soll auch nur ein relativ kurzer Perspektivwechsel sein sprich das wird einmalig bleiben xD
Jay ist halt mein Augenstern bei der Story xD
Nein im Ernst, das ist nur um mal die Situation ein bissen klarer zu gestalten Oo