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Aufwallen der Gefühle

von

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unentschlossene Entschlossenheit

Titel: unentschlossene Entschlossenheit

Teil: 7/??

Autor: Ju-Chan86

Genre: Shounen-ai, Romantik, Drama

Pairing: Seto x Joey

Kommentar: Mir war mal wieder nach einer FF mit den Beiden.
 

Disclaimer: Alles von Yu-Gi-Oh, gehört nicht mir und wer was anderes behauptet, der lügt!
 

Kapitel 7: unentschlossene Entschlossenheit
 

Jetzt war er also endgültig allein. Joey warf einen Blick auf die Uhr. Sonntag, er saß in seinem Café, obwohl das nicht mal geöffnet hatte. Sonntags hatte er generell zu, das war so, seit er das Café besaß. Samstags dagegen war Hochbetrieb. Missmutig tunkte Joey den Wischer ins Wasser, drückte ihn aus und knallte ihn auf den Boden, um weiter zu wischen. Ungefähr eine Woche war vergangen, seit Seto vor seinem Laden gestanden hatte, seitdem hatte er nichts von ihm gehört. Joeys Wut war verflogen, er dachte zwar noch darüber nach, was geschehen war, aber er machte sich keine Hoffnung, dass er Seto noch einmal wieder sah. Er tunkte den Wischer wieder ins Wasser, um ihn auszuspülen und mit sauberem Wischer weiterzuputzen. Seto, Seto, Seto. Seit tagen ging ihm nichts anderes durch den Kopf. Nachts schlief er schlecht, oft wachte er mitten in der Nacht schweißgebadet auf und wusste nicht mehr, was er geträumt hatte. Leicht schüttelte Joey den Kopf. In den letzten Minuten hatte er auf derselben Stelle geschrubbt! Er sollte Seto einfach vergessen, dann gab es keine Probleme mehr und er konnte sich wieder auf die Arbeit konzentrieren, auf sein Leben. Im Moment hatte er kein wirkliches Leben.

In den letzten Tagen hatte er sich immer wieder gefragt, woher Seto seine Adresse gehabt hatte. Ob der auch wusste, wo Joey wohnte? Bestimmt, immerhin hatte Seto viele Kontakte, da bekam er sicher in kürzester Zeit eine gesamte Akte auf den Tisch. Joey stellte sich die Akte vor: Name, Geburtsname, -ort, Schullaufbahn, Abschlussnoten, Beruf heute, Familienstand, Adressen, Telefonnummern. Angaben zur Familie, zur Herkunft, Namensdeutung, Ahnenforschung. Joey schnaubte, drückte den Wischer aus und trat mit dem Eimer vor die Tür, um das dreckige Wasser an die Blumenkübel vor seinem Café zu schütten. Ging Seto wirklich so weit, Ahnenforschung zu betreiben? Joey traute ihm das zumindest zu. Manchmal machte ihm Setos Macht Angst. Wenn der nämlich wirklich auch Informationen zu seiner Familie hatte, war es sicherlich nicht gut, sich mit ihm anzulegen. Hatte Joey sich schon mit Seto Kaiba angelegt? Das wäre gefährlich, aber er hatte es ja schon büßen müssen. Der Blonde brachte den Eimer und den Wischmopp in die Abstellkammer. Seine blauen Flecken hatten sich ins gelblich-grünliche verfärbt, aber wenn er sie berührte, taten sie immer noch weh.
 

*~*

Dieser...dämliche...Vogel! Wütend schlug Seto die Bettdecke zurück, schwang seine Beine aus dem großen, weichen Bett und stand auf. Mit zwei Schritten war er am Fenster, riss es auf und starrte in die frühe Morgendämmerung hinaus. Drei Uhr morgens! Es war ja nicht so, dass er überhaupt geschlafen hatte in dieser Nacht, aber gerade das machte ihn noch zorniger.

Und jetzt dieses nervtötende Geflötet! Viel zu früh, viel zu wach, viel zu... Argh! Seto suchte die Bäume ab, musterte jeden einzelnen Ast. Welcher Vogel hatte es denn nötig, so zu singen? Die Frauen beeindruckte das sicherlich nicht und die Konkurrenten schliefen noch. Jedenfalls hörte Seto keinen anderen Vogel flöten. „Wo bist du, du kleines, mieses...“, flüsterte Seto und musste prompt an Joey denken. Früher hatte er den so genannt, jetzt ließ er seine Wut an dem Vogel aus. Wut über sein Leben, seinen Vater, Joey. Der Blonde fehlte ihm – als Ventil. Nur zu gern würde er ihm anschreien, ihn wegschicken, mit Nichtachtung strafen, ihm wehtun. Seto liebte den Ausdruck der Verletztheit in den braunen Augen, die ihm so bekannt waren wie seine eigenen. Nur in letzter Zeit fand er keinen Spaß daran. Die Vorstellung gefiel ihm, aber es dann wirklich zu tun, war nicht mehr so befriedigend wie früher. Joey körperlich wehzutun war noch schlimmer gewesen. Der Gedanke daran ließ Seto schaudern. Er musste das unbedingt klären, dann würde es ihm besser gehen. Dann sah er den Blonden eben nie wieder, suchte sich ein neues Sündenböckchen und hatte dafür aber wieder seine Ruhe.

*~*
 

Joey wischte über die Tischplatte. Schon zum dritten Mal war er alle Tische und den Tresen abgegangen, hatte gewischt und desinfiziert in der Hoffnung, es würde ihn ablenken. Entmutigt ließ der Blonde den Lappen liegen, richtete sich auf und streckte sich. Inzwischen war es Nachmittag und es hatte Joey nicht eine Minute abgelenkt.

Wütend schnappte er sich den hellblau-weiß-karierten Lappen und durchquerte den Raum zum Tresen. Von dort aus warf er das schon dünn gewordene Teil in die Spüle, stützte sich mit dem Ellbogen auf die klinisch reine Tresensteinplatte und legte den Kopf in die Hände.

In letzter Zeit fragte sich Joey oft, ob die Jahre mit – oder besser ohne – Seto bei ihm einem psychischen Knacks hinterlassen hatten, denn manchmal kam er sich wirklich wahnsinnig vor. Psychisch labil war Joey von Natur aus, das hing wohl mit seiner ganzen Familiensituation zusammen. Ständig fragte er sich, was er eigentlich in seinem Leben erreicht hatte, ohne das Wunder zu bedenken, dass er sein eigenes Café besaß mit eigenen Mitarbeitern. Damals hätte er das sicherlich auch nicht allein geschafft, aber dank seiner Großeltern mütterlicherseits – die nie etwas von dem dubiosen Job erfahren hatten, den ihre Tochter, Joeys Mutter, eine zeitlang ausgeübt hatte – hatte er das Geld zusammenbekommen. So gesehen war das Leben des Blonden doch der reinste Glücksgriff. Nur machte das Joey nie wirklich glücklich. Der Traum hatte damals mit ‚wir drei’ – Yugi, Seto und Joey – begonnen und bis heute fehlte Joey die Nummer drei. Zumal Yugi einen anderen Traum verfolgt hatte, als er Trish kennen gelernt hatte. Seinen Traum hat der sich wiederum erfüllt.

Tief seufzte der Blonde, löste sich aus seiner Position und schob sich schließlich mit beiden Händen vom Tresen weg. Sein Blick fiel auf ein Buch, das er angefangen hatte zu lesen. Es handelte von einem schwulen Pärchen, das dem Alltagstrott verfallen war und sich nicht mehr jeden Tag neu entdecken konnte. Der Autor beschrieb beeindruckend genau die kleinen Streits, die fast täglich wiederkehrten und wie starr das Paar schon in sich war. Oft genug hatte sich Joey geschworen, dass ihm so etwas mit einem Mann nie passieren würde und doch war es Yuri gewesen, dem es zu langweilig geworden war. Ursprünglich hatte er sich ja auch versprochen, dass ihm so etwas mit Seto nie passieren würde, korrigierte sich Joey, griff nach dem Buch und schlug die Seite auf, in der das Lesezeichen lag. Nachdem er den letzten Satz noch einmal gelesen hatte, erinnerte er sich, setzte sich gemütlich an einen der blank geputzten Tische und begann mit dem nächsten Kapitel.

Als Joey das nächste Mal auf die Uhr sah, war es früher Abend. Er blinzelte, konnte es nicht so richtig glauben und hob den Blick zum Fenster. Draußen kündigte sich aber tatsächlich der Abend an: Es dämmerte zwar noch nicht, aber die Sonne hatte deutlich an Kraft verloren. Joey klappte das Buch zu, in das er die letzten Stunden vertieft gewesen war. Einige Passagen hatten ihn doch stark an Yuri erinnert. Ein Lächeln legte sich auf Joeys Lippen. Die Trennung hatte er seltsamerweise gut überstanden, seit Seto wieder in sein Leben getreten war. Wie lange er gebraucht hatte, genau den zu vergessen und mit Yuri ein ziemlich normales Leben zu führen! Und dann kam Seto daher, nicht einmal absichtlich, und... Joeys Gedanken wurden von einem drängenden Klopfen an der Tür unterbrochen. Im fahlen Licht, das mittlerweile drinnen herrschte, konnte der Blonde nur eine Silhouette erkennen. Wer das wohl sein konnte? Joey erwartete noch ein Paket von seinem Teehändler, aber die Post lieferte sonntags bekanntlich auch nicht. Langsam erhob er sich und stellte sich vor die geschlossene Tür. „Wer ist da?“

Statt einer Antwort hörte Joey Folgendes: „Lass mich rein!“

Für einen Moment setzte sein Herzschlag aus als er die Stimme erkannte und alles um ihn rum verschwamm, doch dann fing er sich wieder und verschränkte die Arme vor der Brust. „Damit du mich wieder zusammenschlagen kannst, Seto? Nein, vergiss es!“ Bis heute wehrte sich Joey dagegen, ‚Kaiba’ zu sagen statt ‚Seto’. Einmal hatte er sich vorgenommen, nur noch ‚Kaiba’ zu sagen, aber schon nach kurzer Zeit fand er, dass es kindisch war und sich blöd anhörte, irgendwie verlogen. Also sagte er wieder ‚Seto’.

„Ich schlag dich nicht wieder zusammen. Bitte, lass mich rein.“

Der Blonde blinzelte. ‚Bitte’? Verdutzt öffnete er die Tür, nicht minder abgeneigt, Seto eine zu geben als eben. „Was willst du? Du bist doch sonst nie höflich.“

Seto schob mit einer Hand die Tür auf und trat an Joey vorbei, dem nichts anderes übrig blieb als die Tür hinter dem Braunhaarigen zu schließen. „Sonst hättest du mich doch nie rein gelassen.“

„Du kennst mich zu gut.“, antwortete Joey bitter und fragte sich im gleichen Moment, woher Seto ihn kennen sollte.

„Ich will das jetzt ein für alle Male klären, damit wir Ruhe vor uns haben.“ Seto setzte sich auf einen Stuhl und sah Joey abwartend an.
 

*~*

Missmutig starrte Seto auf die Tropfen, die am Fenster hinab rannen. Dass das Telefon in einer Tour klingelte, störte ihn in keiner Weise. Seto mochte Regen, er sah ihm gern zu und mochte den frischen, nassen Geruch. Seiner Sekretärin hatte er aufgetragen, die wütenden Aktionäre abzuwimmeln und zu beruhigen, die heute den ganzen Tag angerufen hatten. Sekretärin bei der Kaiba Corporation zu sein, konnte mitunter sehr anstrengend sein. Die jungen Frauen mussten vor allem wortgewandt sein.

Vielleicht hätte er die Aktionäre fragen sollen, aber das hatte Seto einfach nicht gewollt. Er war der Geschäftsführer und Aktionäre hatten nicht viel zu sagen. Mit dem Zeigefinger strich Seto die Spur eines Tropfens nach.

*~*
 

Joey brauchte ein paar Sekunden, um sich zu fangen. „Was fällt dir eigentlich ein, hierher zu kommen und so zu tun als wäre nichts gewesen?!“, fuhr er den Braunhaarigen an, der etwas verdutzt wirkte. „Aber klar, nach Seto Kaibas Pfeife müssen ja alle tanzen. Wenn Seto Kaiba ‚jetzt’ sagt, müssen alle springen, was?“ Joey lief auf den Tisch zu, an dem Seto saß und schlug die flachen Hände auf den Tisch. „Ich verrat dir mal was! Ich springe nicht. Stell dich auf den Kopf, aber nur, weil dir spontan einfällt, dass du das mit mir ja mal klären könntest, werde ich das bestimmt nicht...“

Seto hob die Hand und Joey verstummte. Keine Sekunde später hätte er sich dafür schlagen können. Der Firmenchef schlug die Beine übereinander. „Ich fang einfach noch mal an. Es tut mir Leid, dass ich dich geschlagen habe.“ Setos Blick traf den von Joey.

„Das sollte es auch, das hat nämlich verdammt wehgetan! Und noch mal würde ich mir das...“ Der Blonde hielt inne, als ihm Setos Worte bewusst wurden. „Wiederhol das.“, sagte er harsch.

In Setos Augen blitzte es amüsiert auf. „Es tut mir Leid, dass ich dich geschlagen habe.“

Joey blinzelte. Hatte er sich verhört?! „Sag’s noch mal.“ Ein weicher Ton lag nun anstelle der Wut in seiner Stimme.

Seto dagegen runzelte die Stirn. „Zweimal reicht ja wohl. Also jedenfalls würde ich es damit gern auf sich beruhen lassen.“

Plötzlich schlug Joeys Herz schneller. „Was meinst du damit?“, presste er hervor.

Seto lachte auf. „Genau genommen müsste ich nicht einmal hier sein. Du hast ja versprochen, nach deiner Fragestunde in meinem Büro nicht mehr aufzutauchen.“

Verletzt drehte Joey sich weg, damit Seto nicht sah, wie es um seine Gefühle stand. „Warum bist du dann hier?“ Seine Stimme klang nicht annähernd so fest wie sie sollte.

„Weil ich hoffe, das es mir dann besser geht.“

Joeys Finger krallten sich Hilfe suchend in den Schlüsselbund, den er von der Tür mitgenommen hatte. „Dir...geht es schlecht, weil du mich geschlagen hast?“ Langsam drehte er sich wieder um und sah Seto in die Augen.

„Ja, so war noch eine Entschuldigung offen, aber das haben wir ja erledigt.“ Damit erhob sich der Braunhaarige und Joey stand ungläubig vor ihm.

„Hast du sie eigentlich noch alle?!“, wetterte er los.

„Wieso? Ich hätte auch gar nicht herkommen müssen.“

Joey lachte rau auf. „Und trotzdem bist du hier.... Faszinierend, oder?“ Er lief um den Braunhaarigen herum, als wollte er ihm drohen. „Glaubst du wirklich, dass es dir jetzt besser gehen wird? Glaubst du, mit einer Entschuldigung ist das alles getan? Ich hätte dich für schlauer gehalten.“

Setos wütender Blick traf ihn unerwartet. „Willst du damit sagen, dass ich dumm bin, Wheeler?“ In der Stimme des Braunhaarigen lag tief gehende Wut.

„Ich weiß nicht genau. Vielleicht.“ Joey seufzte als er den Ausdruck in den blauen Augen sah, die er so mochte. „Seto... Das, was du hast, ist ein schlechtes Gewissen. Das geht nicht mit einer simplen Entschuldigung weg. Das kann man auch nicht mit Geld beruhigen.“ Joey stand jetzt vor Seto und sah ihm von unten in die Augen. Unter anderen Umständen hätte das durchaus romantisch werden können. „Du hast Recht, ich sagte, dass ich dich in Ruhe lassen würde und das mache ich auch. Du warst es, der hier plötzlich ankam. Glaub mir, wenn ich dir sage, dass es dich nicht in Ruhe lassen wird.“

Seto schwieg, sah dem Blonden in die Augen und wusste nicht, was er sagen sollte. Joey wollte gerade den Kopf schütteln und Seto damit fallen lassen, als dieser die Hand hob und die Fingerspitzen an den gelblich-grünen Fleck auf Joeys Wange legte. Leicht zuckte der Kleinere zusammen. „Tut es sehr weh?“

“Nicht mehr.“, presste Joey hervor und kam sich blöd vor, weil ihm die Röte in die Wangen stieg. Auf seine Worte hin zuckte Setos Hand weg, doch Joey griff sofort nach ihr und legte sie zurück auf seine Haut. „Ich fürchte, ich kann dich doch nicht in Ruhe lassen.“, flüsterte er.

Seto stand regelrecht unbeholfen da und wusste nicht, was er sagen sollte. Er fühlte sich auf einmal so unsicher, so unwissend. „Warum nicht?“, war das erste sinnvolle, was ihm einfiel.

Joey ließ Setos Hand sinken. Er hatte eine Vermutung, die er jetzt aussprechen würde. „Weil du noch nicht einmal um deinen Vater getrauert hast.“

In Setos Augen blitzte es kurz auf. „Das geht doch nichts an, Wheeler.“

Joey seufzte. „Ich verstehe ja, dass du sauer auf ihn bist und was er damals getan hat war nicht gerade väterlich, aber er war nun mal dein Vater.“

„Ich hab gesagt, das geht dich nichts an!“

Joey verdrehte die Augen. „Ich wollt’s ja nur mal sagen. Wir waren mal sehr gut befreundet, Seto, ich will dir doch nichts Böses.“

„Lass mich in Ruhe.“

Joey grinste. „Geh doch. Warum bist du noch hier, Seto? Denk mal drüber nach. Dir liegt was an mir, das wissen wir beide. Nur so kommt nämlich ein schlechtes Gewissen zustande.“ Der Blonde ging zur Tür und öffnete sie. „Du musst nicht gehen, Seto, aber es ist deine Entscheidung.“ Tief sah Joey dem Braunhaarigen in die Augen. Auch wenn er äußerlich ruhig wirkte, schlug ihm das Herz bis zum Hals und er hoffte inständig, dass Seto bleiben würde.

Dieser machte zwei Schritte auf die Tür zu, blieb dann jedoch stehen. „Nimmst du meine Entschuldigung an?“

Joey schüttelte den Kopf. „Nein.“ Er schloss die Tür wieder.

„Warum nicht?“ Seto setzte sich erneut.

„Weil du damit nur dein schlechtes Gewissen beruhigen wolltest.“

„Ich versteh nicht, was du noch willst.“

„Dass du es ernst meinst.“ Joey trat hinter die Theke und setzte Wasser in einem Kessel auf. Er hörte Seto hinter sich seufzen. „Tee oder Kaffee?“

„Was auch immer.“, antwortete Seto. Joey hängte Pfefferminztee in die Kanne un d lehnte sich dann mit dem Rücken an die Arbeitsplatte.

„Wie geht es deinem Bruder und seiner Frau?“

„Lass uns über das hier reden.“

Joey hob die Hände. „In Ordnung.“

Seto nickte, hob den Blick und sah Joey in die Augen. „Warum war es dir nicht egal, ob ich krank bin?“

Joey räusperte sich. „Weil...ich mir Sorgen gemacht habe. Wolltest du die Firma übernehmen? Das hast du mir das letzte Mal nicht beantwortet.“

„Nein, wollte ich nicht, aber ich musste.“

„Weil er dich sonst geschlagen hätte und du davor Angst hattest.“ Seto zögerte, nickte dann aber. Der Teekessel quietschte los und Joey goss das heiße Wasser über die Teebeutel in die Kanne. Mit zwei Teegläsern und zwei Löffeln sowie der Teekanne setzte er sich zu Seto an den Tisch und stellte alles ab. „Meinst du nicht, du würdest es schaffen, Arbeit und Privates zu trennen? Dann könntest du in der Firma knallhart sein und m normalen Leben wie früher.“

Seto schnaubte. „Ich bin keine 13 mehr.“

„Wie 29 benimmst du dich aber auch nicht gerade.“

Der Braunhaarige grinste schief. „Aber du. Was ist das?“ Er deutete auf die Kanne.

Joey lächelte. „Tee, Pfefferminztee. Der schmeckt gut.“

„Ich trink normalerweise keinen Tee.“

„Ich hab extra gefragt.“

„Ziemlich schwul, Tee zu trinken.“ Joey machte große Augen und schluckte schwer, er konnte nichts antworten. Seto hatte augenscheinlich eine andere Reaktion erwartet, forschend sah er Joey in die Augen.

‚Ich muss mich wieder fangen.’, dachte der Blonde und straffte die Schultern. „Dann passt es ja zu dir.“, konterte er und goss vorsichtig den heißen Tee in die Gläser.

„Cynthia geht es gut. Sie steht unter ständiger Beobachtung, aber es geht ihr gut. Mokuba verliert langsam die Nerven.“

Joey griff nach dem Zuckerstreuer. „Vielleicht sollte ich mal meine Schwester bei ihr vorbei schicken, dann können sie Frauengespräche führen.“

Seto sah skeptisch auf den Tee vor ihm und nickte dann abwesend. „Vielleicht... Ich kann dir die Adresse geben.“

Joey nickte, schüttete Zucker in den Tee und rührte um. Angestrengt sah er auf die kleinen braunen Krümel, die sich langsamer auflösten als weißer Zucker. „Ich... bin wirklich schwul.“

Seto schwieg lange und Joey hatte schon Angst, er würde eine abfällige Bemerkung machen oder einfach gehen. „Das hätte ich mir denken können, so wie du an mir hängst.“

Joeys Kopf schnellte hoch und er starrte sein gegenüber an. „Was soll das denn heißen? Ich hänge überhaupt nicht an dir!“

Setos Lächeln war undurchdringlich. „Tust du. Seit der ersten Klasse.“

Joey senkte den Blick auf sein Teeglas. „Weißt du noch als ich damals den Ball an den Kopf bekommen habe? Im Sportunterricht?“

Seto schnaube belustigt. „Du hast ‚n ganz schön blödes Gesicht gemacht. Warst völlig in Gedanken.“

Joey nickte. „Du hast mich angesehen, direkt danach.“ Langsam hob Joey den Blick in Setos Augen. „Den Ausdruck in deinen Augen werde ich nie vergessen.“

Seto wandte den Blick ab und sah scheinbar desinteressiert an die gegenüber liegende Wand. „Woran hast du damals gedacht?“

Plötzlich fühlte sich Joey unendlich müde, er wollte nicht mehr lügen müssen, wollte nichts mehr verheimlichen. „An dich. Ich war damals endlos verliebt in dich.“ Und ich bin es noch heute, flüsterte eine Stimme in ihm, die er geflissentlich überhörte. Als er in Setos Augen sah, wusste er nicht, was er denken sollte, denn der Braunhaarige sah ihn beinahe schockiert an.

„Warum hast du mir nie etwas gesagt?“

Joey konnte nicht glauben. was er da hörte. Setos Stimme war tatsächlich emotional! „Also... Zunächst mal hatte ich Schiss. Und dann hätte es dich nicht die Bohne interessiert. Dachte ich zumindest.“

Seto schüttelte ungläubig den Kopf. „Hätte ich das früher gewusst, dann...“

Der Blonde schnaubte. „Was denn? Machen wir uns nichts vor, Seto, es wäre nie anders geworden als jetzt.“ Entschlossen hob Joey die Tasse an seine Lippen und nippte an dem heißen Getränk. Er war froh, Tee gekocht zu haben, denn so konnte er jetzt das Gefühl genießen, mit dem sich der Tee heiß in seinen Magen legte und er hatte etwas zum Festhalten. Tee machte solche Augenblicke erträglicher.

„Woher willst du das wissen?“ Seto schien aufgebracht. „Ich hatte ein Recht darauf, es zu erfahren!“

Er klirrte leise, als Joey die Tasse abstellte und die Finger um das wärmende Glas legte. „Erstens hatte ich nicht gerade Lust, es dir zu sagen, bei den Beleidigungen, die ich mir von dir anhören musste, zweitens tust du gerade so als sei ich schwanger von dir gewesen und hätte dir dein Kind verschwiegen. Jetzt beruhig dich mal, ist ja nun schon etliche Jahre her.“ Hasste sich trotzdem nicht viel verändert, befand Joey.

„Ja...“ Seto schien immer noch durcheinander.

„Trink etwas Tee, das hilft.“

Seto folgte etwas widerwillig seinem Rat und für einen Augenblick schwiegen sie beide. Joey trank ebenfalls noch einen Schluck. „Ich kann nicht um ihn trauern. Du verstehst das nicht, du bist wohlbehütet aufgewachsen, aber ich kann nicht um ihn trauern, weil ich nicht wüsste, was es da zu betrauern gibt.“

Joey schnaubte. „Also ich hatte nie einen Vater, aber ich kann mir vorstellen, dass es da durchaus auch gute Momente gibt.“ Herausfordernd sah er Seto an, der blinzelte. „Ja, wahnsinnig behütet also.“

Der Braunhaarige seufzte. „Hab...ich das nur vergessen oder hast du es...?“

Joey unterbrach ihn. „Nein, du wusstest es, du musst es wohl über die Jahre vergessen haben.“, erwiderte er bitter.

Seto schwieg und wieder tranken beide einen Schluck Tee. „Es gab keine guten Momente. Jedenfalls keine, an die ich mich erinnern könnte.“

Sofort bekam Joey ein schlechtes Gewissen. „Tut mir Leid. Nur...ohne ihn wärst du nicht mal hier, da gäbe es dich einfach nicht. Bist du nicht wenigstens manchmal froh, am Leben zu sein?“ Der Blonde zog die Füße zu sich auf den bequemen Stuhl und beobachtete Setos Reaktion.

„Nein. Es gibt eher Tage, an denen ich mir wünsche, nicht zu leben.“

Das bestürzte Joey nun wirklich. „Sag so was nicht.“

„Es ist nur die Wahrheit.“, sagte Seto achselzuckend.

„Die Wahrheit kann grausam sein. Du hättest mich anlügen sollen.“

„Warum?“ Seto sah auf.

„Weil ich mir jetzt wieder Sorgen um dich mache.“

Setos Gesichtszüge verdunkelten sich unmerklich und er erhob sich plötzlich. Joey stand ebenfalls auf und sie standen sich gegenüber und sahen sich an. „Tu das nicht.“

„Mir Sorgen machen?“, fragte Joey. „Da kann ich nichts dafür, das kommt ganz von allein.“

„Verlieb dich nicht wieder in mich, Joey.“ Der Blonde erstarrte und auch Seto sagte nichts mehr. Dann drehte er sich abrupt um. „Ich sollte jetzt gehen.“ Er trat auf die Tür zu und Joey folgte ihm mit wackeligen Knien.

„Ich kann mir die Adresse deiner Schwägerin abholen.“, sagte er nur und Seto, der gerade die Tür öffnete, hätte sich ohrfeigen können für seine Zustimmung in der Sache, dennoch nickte er knapp, bevor er endgültig ging. Joey blieb in der Tür zurück und sah dem eleganten schwarzen Mantel noch lange nach. Er prägte sich das Bild genau ein: Den hoch geklappten Kragen, den edlen Anzug, das kreideweiße Hemd mit der champagnerfarbenen Krawatte. „Zu spät.“, flüsterte er in die Dunkelheit hinein.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von: abgemeldet
2008-08-30T18:33:04+00:00 30.08.2008 20:33
süß und ein bisschen traurig aber mehr süß^^ schönes kapitel^^

lg yoko_mia1988
Von: abgemeldet
2008-08-29T12:11:05+00:00 29.08.2008 14:11
oh mein gott was für ein schönes kapitel!!
ich liebe die story >.<
bitte mach schnell weiter ^^
man liest sich
Möhre
Von:  Doggy-chan
2008-08-29T10:48:05+00:00 29.08.2008 12:48
Das ist ja mal wieder ien klasse lapitel aber total traurich

Ich bin schon gespannt wie es weiter geht
man liest sichch

Bis zum nächsten kapitel

GGGGGGGGGGGGGGGLG Hundi


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