Die Zukunft im Herzen
Titel: Die Zukunft im Herzen
Status: Abgeschlossen
Autor: Liniya
Fandom: Detektiv Conan
Charaktere: Ai Haibara, Ayumi Yoshida (Conan Edogawa, Detective Boys)
Pairing: keines
Genre: Humor, Drama
Disclaimer: Keine der Figuren gehört mir und ich verdiene auch kein Geld damit
Anmerkung: Eine weitere FF für den aS-Zirkel (assoziatives Schreiben). Das bedeutet, der erste Satz war vorgegeben, und man sollte dazu eine Geschichte schreiben. Verwendeter Satz: 03 - "Ehrlich gesagt möchte ich auch bezweifeln, dass er mich jemals anders wahrgenommen hätte, egal, wie ich mich betragen hätte"
Kurzbeschreibung: Ein eher ruhiger Oneshot über alte Gefühle, Freundschaft und Entscheidungen für die Zukunft und den eigenen Platz im Leben.
Die Zukunft im Herzen
"Ehrlich gesagt möchte ich auch bezweifeln, dass er mich jemals anders wahrgenommen hätte, egal, wie ich mich betragen hätte", seufzte Ai leise und konnte einen schwermütigen Unterton nicht ganz aus ihrer Stimme heraushalten.
Ja... gegen Ran wäre sie nie angekommen. Sie hatte damals schon keine Chance gehabt und auch jetzt lebten Ran und Shinichi glücklich beisammen, soweit sie wusste.
Shinichis letzter Brief war schon eine ziemlich lange Zeit her, er meldete sich nicht mehr oft, seit er mit Heiji zusammen eine Detektei in Ôsaka gegründet hatte...
„Meinst du das wirklich?“ Ayumi sah ihre beste Freundin mit schiefgelegtem Kopf an, wobei ihre langen Haare über ihre Schultern fielen. Sie waren mittlerweile beide in der Mittelschule und Ayumi entwickelte sich einer wahren Schönheit.
Währenddessen nickte Ai nur bekräftigend. „Glaub mir, Ayumi, auch wenn er immer darum bemüht war, einen möglichst aufgeschlossenen Eindruck zu machen, in manchen Dingen war er ganz schön stur und verbohrt, da konnte keiner seine Meinung ändern. Dann war die Meinung von Conan Edogawa absolut.“
Nun musste Ayumi doch lachen.
„Stimmt. Besonders wenn es um Kaitô KID ging, da hätte er eher die ganze Welt davon zu überzeugen versucht, dass er trotz allem ein Verbrecher ist, als anzuerkennen, dass er auch ein wahrer Gentleman und Held sein kann!“ Ein leicht schwärmerischer Ausdruck trat in Ayumis Augen. Für den weißgekleideten Dieb hatte sie eine Schwäche, seit er damals des Nachts auf ihrem Balkon einen kleinen Zwischenstop eingelegt hatte und seither verfolgte sie sein Treiben mit fast schon euphorischer Begeisterung. Gottseidank hatte es noch nicht solche Ausmaße wie bei Sonoko angenommen, doch mit Conan hatte sie sich früher deswegen dennoch des öfteren angelegt.
Denn so sehr das Mädchen damals für den braunhaarigen Jungen geschwärmt hatte, so wenig hatte es sich in dieser Hinsicht die Meinung verbieten lassen.
Sechs Jahre war es mittlerweile her, dass Conan die Detective Boys verlassen hatte. Eines glücklichen Tages im Herbst war es ihm damals mit Hilfe des FBIs in einer großen Aktion gelungen, einen Großteil der Schwarzen Organisation hochgehen zu lassen und einige Proben des aptx4869 zu erbeuten. Nur wenige Wochen später hatte Ai das Gegengift fertigstellen können und Conan war offiziell nach Amerika zu seinen Eltern zurückgekehrt. Und kurz darauf hatte Shinichi Kudô sein großes Comeback gefeiert.
Ai hingegen hatte es vorgezogen, ein Kind zu bleiben.
Zum Einen war die Organisation immer noch nicht vollständig zerstört, nur Gin, Wodka und einige andere der bekannten Gesichter hatten neben einer Unzahl von Helfern gefasst werden können. Vermouth war derweil immer noch auf freiem Fuß, auch wenn Shinichi Ai glaubwürdig versichert hatte, dass die kühle Schönheit sie alle beide im Gegenzug für Conans Erfüllung seiner Aufgabe als „Silver Bullet“ in Frieden lassen würde.
Dennoch...
Ai traute dem Braten nicht. Und wenn Vermouth sie töten wollte, würde sie das so oder so tun, egal in welcher Gestalt sie sich zu dem Zeitpunkt befand. Ob Frau oder Kind, das war einer skrupellosen Mörderin wie Vermouth egal.
Warum sollte Ai dann also nicht in dieser Gestalt verharren?
Sie hatte lange nachgedacht, doch letzten Endes gab ihr dieses zweite Leben alles was sie sich nur wünschen konnte.
Sie hatte ein gewisses Maß an Sicherheit, da außer Vermouth keiner die Wahrheit über sie kannte.
Sie hatte in Professor Agasa eine Familie gefunden, wie sie liebevoller nicht sein konnte. Sicher, der Professor war verschroben und schusselig, aber dennoch hatte er sie bereitwillig bei sich aufgenommen, kümmerte sich um sie und schien sie fast schon als seine eigene Enkeltochter zu sehen, die er nie haben würde. Und auch Ai selbst mochte den netten alten Mann, nicht zuletzt weil sie spürte, dass auch sie seinem Leben etwas Schönes gab.
Ja, vielleicht war es dieses Gefühl, dass sie nicht aufgeben wollte. Das Gefühl, von jemandem gebraucht zu werden, das Gefühl, dass jemand einsam wäre, wenn sie verschwinden würde.
Das Gefühl ein Zuhause zu haben.
Sicher, sie hätte auch als Shiho Miyano hier leben können. Doch irgendwie hatte sie das Gefühl, dass es dann nicht mehr dasselbe wäre.
Zumal... was erwartete sie schon als Shiho Miyano?
Shinichi hatte nur Augen für Ran und Ran selbst kannte „Shiho“ nicht, kannte nur Ai Haibara. Und in Sonoko hatte sie auch bereits eine beste Freundin, mit der sie alles teilte.
Nein, für Shiho Miyano gab es keinen Platz in dieser Welt.
Doch Ai Haibara hatte ein Zuhause, hatte eine Familie...
Und Ai Haibara hatte Freunde.
Genta, Mitsuhiko und Ayumi waren ständig um sie herum, akzeptierten sie als eine der ihren und genossen einfach die Freuden der Kindheit.
Hatten Spaß und Abenteuer, teilten Kummer und Frust miteinander und auch wenn diese Dinge für einen Erwachsenen vielleicht manchmal eher belanglos erscheinen mochten, durchlebten sie dies alles doch mit voller Kraft.
Und sie waren einfach immer füreinander da.
Ai lächelte.
Ja, die Detektive Boys hielten auch ohne Conan immer noch fest zusammen, standen zueinander und waren ein Team.
Und Ai Haibara war ein Teil davon.
Sie selbst war ein Teil davon.
Shiho Miyano mochte „gestorben“ sein, doch Ai Haibara hatte das Leben neu entdeckt. Hatte nachdem alles beendet war endlich begriffen, welche Chance sich ihr durch das alles bot...
Und sie hatte sie ergriffen.
Hatte endlich die Worte ihrer verstorbener Schwester wirklich begriffen und die Vergangenheit hinter sich gelassen.
Zwar nicht vergessen, aber sie hatte den Blick endlich nach vorne gerichtet.
Und das hatte sie nicht zuletzt der ungestümen Lebensenergie ihrer drei Freunde zu verdanken.
Mochte Shinichi auch des öfteren von ihnen genervt gewesen sein, so hatte Ai die ungebremste naive Lebensfreude der Kinder liebgewonnen und beschlossen, Teil davon zu werden.
Endlich ihr neues Leben zu beginnen.
Und mit einer zweiten Kindheit zu beginnen.
Ihrer ersten wahren Kindheit.
„Hey Ai, hörst du mir noch zu?“, wurde sie von Ayumis Stimme aus ihren nostalgischen Gedanken gerissen.
„Ja, tut mir leid...“, lächelte sie. Auch das etwas, dass sie in den letzten Jahren erst richtig gelernt hatte. Endlich konnte sie aufrichtig und ehrlich lächeln. Lächeln weil sie wollte, nicht um eine freundliche Maske zu bewahren.
„Aber du hast recht, da ließ er sich nie etwas sagen. Weder bei KID, noch bei anderen Dingen“
„Stimmt. Aber sag, Ai, was genau hat das nun mit deinen Worten von eben zu tun?“ Ayumi deutete auf das aufgeschlagene Photoalbum, das vor ihnen lag und durch das sie die letzten Stunden geblättert hatten, während sie fröhlich lachten und über Vergangenes lästerten.
Aufgeschlagen vor ihnen war ein Bild von Conan und Ai, beide ganz in traditioneller Kleidung und vor einem Schrein stehend. Ayumi hatte gerade noch gelacht, dass sie beiden ein süßes Pärchen abgegeben hätten und dass Ai es vielleicht doch einmal darauf hätte ankommen lassen sollen, ihn für sich zu gewinnen.
Ayumi hatte früher zwar selbst auch für Conan geschwärmt, doch darüber war sie schon lange hinweg und nachdem sie irgendwann gemerkt hatte, dass auch Ai ein wenig für den Jungen übrig gehabt hatte, neckten sie sich ab und zu ein wenig.
Doch heute hatte Ai überraschend melancholisch reagiert.
„Also, sag schon, was macht dich da so sicher?“
Ai zögerte einen Moment, doch dann seufzte sie leise.
„Ich weiß es eben..“
„Aber..?“
Ai blickte Ayumi noch einen Moment nachdenklich an. Sie konnte dem Mädchen ja schlecht sagen, dass...
Wobei, warum eigentlich nicht?
Sie setzte eine verschwörerische Miene auf.
„Aber verrate es niemanden, ja? Das muss ein Geheimnis zwischen dir und mir bleiben, ja?“
Ayumi nickte eifrig.
„Natürlich! Ehrenwort!“
Ai lächelte erneut.
„Gut. Also hör gut zu... Ich musste Conan eigentlich versprechen, dass ich es nie jemandem sage, aber er war in Wahrheit in jemand anderen verliebt!“
„Was?“ Halb verdutzt, halb erschrocken sah Ayumi ihre Freundin an.
„Wirklich?!“
Ai nickte.
„Ja. Deswegen ist er damals auch so schnell nach Amerika zurückgekehrt. Anscheinend lag sie lange im Krankenhaus und seine Eltern brachten ihn auch deswegen hierher, damit er auf andere Gedanken kommt. Als er dann von ihrer Genesung hörte, wollte er natürlich sofort zurück...“
Die Lüge kam Ai so flüssig von den Lippen, dass man denken konnte, sie hätte sie schon jahrelang erprobt. Dabei war es eigentlich gar nicht so sehr gelogen. Eigentlich nur ein kleiner Rollentausch....
„Mhm... Das ist irgendwie traurig.. Und ich kann ihn verstehen, dass er dann schnell zurück wollte“, meinte Ayumi mitfühlend, wie es schon immer ihre Art gewesen war, „Aber er hätte es uns ruhig sagen können!“
„Nun...“
„Aber warum weißt du es eigentlich?“
Ai seufzte. Diese Frage hatte sie befürchtet. Und die Wahrheit kam wohl kaum in Frage...
„Er wollte nicht, dass ihr ein falsches Bild von ihm habt. Mir hat er es auch nur gesagt, weil...“
Sie wandte den Blick wieder ab und starrte auf das Foto.
Doch Ayumi verstand auch so.
„Ach Ai...“, meinte sie teilnahmsvoll und umarmte ihre Freundin kurz, „Aber du hast ja uns!“
Ai nickte stumm.
Ja, das hatte sie.
Und mittlerweile hatte sie auch begriffen, dass sie sich damals nur an die einzige Person geklammert hatte, die ihr Geheimnis kannte und teilte. Hatte geglaubt, dass nur er sie wirklich kannte.
Um so härter war der Moment gewesen, als er erst in sein Leben zurückgekehrt und dann irgendwann mit Ran zusammengezogen war.
Endgültig weg von ihr.
Sie hatte sich so alleine gefühlt...
Bis sie begriffen hatte, dass es nicht ihr Schicksal mit dem aptx es war, das sie ausmachte.
Dass ihr Leben nicht länger davon bestimmt wurde.
Dass es andere Dinge waren, die sie selbst ausmachten.
Und dass es keine Rolle spielte, ob ihre Umgebung jedes Detail ihrer Vergangenheit kannte.
Die Detective Boys mochten und akzeptierten Ai Haibara.
Und endlich hatte sie sich auch selbst akzeptiert.
Lächelnd wandte sie sich an Ayumi.
„Danke..“
„Hey, du bist doch meine beste Freundin!“, lachte diese aber nur.
„Aber sag, müssen wir nicht langsam los?“, fragte Ai mit Blick auf ihre Armbanduhr, „Genta und Mitsuhiko werden jeden Moment unten auftauchen.“
„Ist es wirklich schon so spät? Tatsächlich!“
Aufgeregt sprang Ayumi auf und begann hektisch durch das Zimmer zu wuseln.
Heute Abend war die Premiere des neuen Gomera-Films und der Professor hatte ihnen allen Karten besorgt und würde sie sogar hinfahren.
„Ai? Wo hast du deine Bürste? Es ist immerhin die Filmpremiere!“
„Dort drüben auf der Kommode.“
„Danke!“
Und während Ai ihre eigene Frisur mit einem raschen Blick im Spiegel überprüfte, lächelte sie erneut.
Ja...
Shiho Miyano war Vergangenheit.
Ai Haibara war die Zukunft.
Und endlich war sie bereit, diese Zukunft auch zu leben.