Zum Inhalt der Seite

A Glorious Mess

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

~Kapitel 16~

Geweckt wurde ich von einer gegen irgendwas knallenden Tür.

Wie ich mit einem halb geöffneten Auge feststellen konnte, war der Schuldige mein Vater, der die Tür gegen den Schrank geschleudert hatte und jetzt im Zimmer stand.

"Francis, weißt du wo Leon- oh...."

Anscheinend hatte er mich gesehen.
 

Verschlafen öffnete ich meine Augen.

Was macht der denn hier so'n Aufstand?

Naja, antworten brauch ich wohl nich mehr, er hat ihn ja entdeckt.

Also kugel ich mich wieder zusammen und schlaf weiter.
 

"Morgen Dad. Wiespätissesdenn?", nuschelte ich ins Kissen und hatte nicht wirklich die Motivation mich in irgendeiner Weise zu erheben oder sonstwie in eine andere Lage zu bewegen.

"Halb elf. Abends."

Oh, das würde erklären, warum es draußen so dunkel war. Und ich dachte schon, die Welt würde untergehen. Beruhigend. Dann konnte ich ja weiterschlafen.

"Mhm. Danngutenacht."
 

Halb elf also.

Na dann gute Nacht!

Ich zog die Decke über den Kopf.

Ja, ich hatte auch ne Decke, meine Lieblings-Wolldecke.

Die war so schön flauschig.

Sie hieß Susan.

War ne ganz liebe.
 

"Ähm Jungs?"

Boah, konnte der sich nicht einfach verpissen? Damit wäre uns allen im Moment sehr geholfen.

"Wasn?"

"Schön, dass ihr euch so gut versteht, aber vielleicht sollte Francis in seinem Bett schlafen dürfen Leon."

"Kannerdoch. Is ja genug Platz hier. Un jetzt Klappe haltn", brummte ich schlecht gelaunt.
 

So, jetz mal ganz provisorisch schnarchen.

Einen schlafenden Francis will doch sicher keiner wecken.

So und jetz nur noch hoffen, dass der endlich abhaut.

Was soll das eigentlich...'Is ja genug Platz hier.'?!

Arschloch.
 

Ich hörte, wie er rausging und die Tür hinter sich schloss. Hachja, zum Glück war er nie sehr ausdauernd, wenn es darum ging irgendwas durchzusetzen.

Zufrieden rollte ich mich noch enger zusammen und lauschte amüsiert Francis' Schnarchen.

Wenn der wirklich schlief, war ich hässlich.
 

Endlich!

Konnt ich ja aufhören so dämlich zu schnarchen.

Ich kuschelte mich in Susan und seufzte zufrieden.

Schlafen~!

Obwohl mein Bett schon weicher war als Jörg.

Aber auch egal, konnte ich jetz eh nichts machen.

Idiot!
 

"Komm ruhig her. Ich geh dann auch in meins", bot ich ihm freundlicherweise an, auch wenn ich sein Bett zugegebenermaßen ziemlich toll fand.

So weich und flauschig.

Seufzend setzte ich mich auf und rieb mir verpennt über die Augen.
 

Sag jetz bloß nichts dagegen Francis! Du willst doch auch in dein Bett~ und das ohne Leon. Also wehe du sagst was dagegen.

Ich setzte mich auf.

Verschlafen kratzte ich mich am Kopf.

"Ok."

Yes, ich hab ok gesagt und nich 'is schon gut, kannst ruhig liegen bleiben', was ich erst sagen wollte.

Juhu~
 

Ich krebste vom Bett und taumelte ein bisschen, bis ich mein Gleichgewicht wiedergefunden hatte. Irgendwie fühlte ich mich betrunken. Hatte ich vielleicht doch den Havana Club meines Vaters erwischt? Nee, das hätte ich ja garantiert schon früher gemerkt.

Mich an der Wand abstützend, schlurfte ich demotiviert den Flur entlang und schaffte es sogar meine Zimmertür aufzubekommen. Erleichtert ließ ich mich auf mein Bett fallen und pennte da sofort wieder ein, ohne mich auch nur in eine halbwegs annehmbare Lage zu bewegen.

Ich hatte garantiert die Schlafkrankheit oder so....
 

Wah, Bett ich komme!

Machs gut Jörg.

Ich tapste zum Bett und ließ mich drauf fallen.

Schööö~n!

Ich mummelte mich in meine Decke ein, ah~, Leon hat sie schön aufgewärmt.

Ich schlief schnell ein.
 

Am nächsten Morgen wurde ich von ekliger, nervender Sonne geweckt, die in mein Zimmer schien.

Gaah, ich fühlte mich scheiße.

So scheiße, wie man sich sonst eigentlich nur fühlte wenn man eine dieser hirnlosen Sauforgien hinter sich hatte oder irgendwas in der Art.

Okay, merken. Wenn du das Bedürfnis hast, ungefähr achtzehn Stunden am Stück zu pennen: TUS NICHT!!!!

Wah, Fuck!

Missmutig schlurfte ich auf den Flur und hatte die ganze Zeit über ziemlich mit meinem Gleichgewicht zu kämpfen. Verdammt!

Hm....Ich guckte zwischen Treppe und Badezimmertür hin und her, entschied mich dann jedoch für Ersteres. Hoffetnlich hatte schon jemand Kaffee gekocht.

Und tatsächlich war mein Vater schon fleißig gewesen. Als ich in die Küche gewankt kam, umfing mich sofort dieser wunderbare Duft, den nur Kaffee verströmte.

Ich ließ mich auf einen der Stühle fallen und mein Vater stellte eine rosafarbene Tasse vor mir ab. Normalerweise hätte ich bei der Farbe wohl protestiert, doch im Moment war mir wirklich alles egal, solange ich nur meinen Kaffee bekam. Glücklich schlürfte ich das dunkle Gebräu und fühlte mich gleich besser.

"Leon?"

"Wasn?", brummte ich geringfügig unartikuliert und hoffte, dass er es trotzdem verstanden oder zumindest richtig gedeutet hatte.

"Habt ihr Drogen genommen oder euch betrunken?"

"Hä?"

Was bitte?! Der hatte doch 'nen Schaden.

"Ne, irgendwie nicht", maulte ich immer noch nicht wirklich deutlich, aber schon besser als vorhin noch und guckte ihn, soweit es in meiner momentanen Verfassung eben möglich war, giftig an.

Dann schlürfte ich schnell den Kaffee leer und trampelte wieder nach oben, wo ich mir irgendwelche Klamotten vom Boden griff und mit diesen im Badezimmer verschwand.

Zum Glück wartete hier diesmal kein Francis auf mich und so konnte ich mich in aller Ruhe meinem Gesicht und meinen Haaren widmen, was auch bitter nötig war.
 

Wah, scheiß Wecker!

Müde setzte ich mich auf den Rand meines Bettes und kratzte mir verschlafen am Kopf.

Ein paar Strähnen hingen mir im Gesicht, ich wollte sie wegmachen, doch die Biester wollten nich hören.

Ich hasste das morgens nach'm Aufstehen so.

Langsam stand ich auf und machte mich auf in Richtung Bad.

Ich drückte die Klinke runter.

Na toll, abgeschlossen.

Ich schlurfte wieder zurück und hoffte, dass Leon sich beeilte.

Ich nahm einfach mal an, dass Leon da drin war...naja, wer sonst?

Boah, jetz stinkt es im ganzen Haus abartig nach Kaffee, also bloß nich runter gehn, da is es wohl noch extremer.

Dann such ich mir eben erstmal Sachen raus und lass mich auf Jörg fallen und warte, bis Leon seinen Arsch aus'm Bad bewegt.
 

Ich quälte mich in die schwarze Jeans und zog mir das schwarze Shirt über den Kopf.

So, Zeit zum Wichtigsten zu kommen.

Je länger ich mein Gesicht mit Wasser, Peeling, Lotion und Make-up bearbeitete, desto ansehnlicher sah es aus und schon bald fand ich mich wieder einigermaßen akzeptabel. Nur das einigermaßen akzeptabel mir nunmal nie reichte. Also weiter im Text.

Zum Glück verschwanden die Schlaffalten relativ schnell unter dem Einsatz diverser Mittel, die von Eiswürfeln bis zu irgendwelchen mysteriösen Kühlungscremes reichten, die garantiert mal schweineteuer gewesen waren und von denen ich keine Ahnung hatte, woher wir sie überhaupt hatten. Aber im Moment war ich wirklich froh darüber, dass sie da waren. Der Rest der Falten wurde dann einfach mit ein wenig Abdeckstift weggemogelt. Gelobet sei die Tatsache, dass ich eine Cousine habe, die als Maskenbildnerin arbeitete und mir das ein oder andere beigebracht hatte. Irgendwann brauchte man schließlich alles mal. Und das traf besonders zu, wenn es um Schönheit ging. Schließlich war heutzutage eigentlich nichts wichtiger. Wer musste schon klug sein, wenn er umwerfend gut aussah? Man konnte ja immernoch Schauspieler oder so werden und sich dumm und dämlich verdienen, während die oberklugen Leute sich ihr Leben lang für einen Hungerlohn in einer unbekannten Firma mit einem idiotischen Chef abquälten und es nie zu irgendwas brachten.

Als die Grundstrukturen meines Gesichtes soweit wieder hergestellt waren, widmete ich mich der Feinarbeit. Inzwischen wieder halbwegs wach und fröhlich machte ich mich mit meinem Kajal an die Arbeit und hatte kurz darauf ein ansprechendes Ergebnis zu präsentieren. So gefiel ich mir doch.

Jetzt also die Haare.

Nur kurz durchgewuschelt, ein bisschen Festiger rein und meine wunderbare Haarpracht sah so aus, wie sie auszusehen hatte. Hachja....

Bewundernd betrachtete ich mich noch kurz im Spiegel, bevor ich dann fröhlich vor mich hin summend das Badezimmer verließ und in mein Zimmer stapfte.

Dort zog ich eine meiner zahlreichen Stoffjacken über. Ja, ich liebte diese Teile. Meine Sammlung würde wohl jeden Stoffjackenfan in Begeisterung versetzen.

Heute entschied ich mich für mein absolutes Lieblingsexemplar, die schwarz-weiß Karrierte. Einfach toll.

dann schnell noch die Tasche eingesammelt und die Treppe runter. Schuhe angezogen und weg war ich.
 

Ich starrte auf die Uhr und brodelte innerlich.

Der Kerl denkt echt nur an sich.

Nach stundenlangem warten, hörte ich die Badezimmertür.

Schnaufend stand ich auf und ging ins Bad.

Dass ich heut zu spät zur Schule kommen würde, war keine Frage.

Aber ich muss ja wenigstens halbwegs vernünftig aussehen.

Also schnell mal kaltes Wasser ins Gesicht schmeißen.

Abtrocknen. Kajal um die Augen machen.

Fertig! Mit dem Gesicht, wohlgemerkt.

Jetzt kamen die Haare dran.

Da muss ja eben jede Strähne liegen, wie ich das will, das dauert seine Zeit.

Aber nach 10 Minuten hatte ich auch das geschafft.

Ich stapfte aus dem Bad. Nahm meine Tasche aus mein Zimmer und ging runter.

Wow, keiner mehr da. Werd ich überhaupt bemerkt?!

Egal, ich stapfe zur Schule.

Juhu, vor 10 Minuten hat der Unterricht begonnen.

Hach, das is Leben is so schön bescheiden.
 

Ich hatte, wenn ich mich nicht täuschte, sogar noch genug Zeit es rechtzeitig zur Schule zu schaffen, ohne rennen zu müssen.

Also schlenderte ich fröhlich die Straße entlang, trat hin und wieder ein paar kleine, unschuldige Blümchen kaputt und war auch sonst ziemlich gut gelaunt. Hing halt immer davon ab, wie ich aussah.

Gutes Aussehen = Gute Laune, Schlechtes Aussehen = Schleche Laune. Ganz einfache Mathematik. Wobei schlechtes Aussehen natürlich nicht bedeutete, dass ich wirklich schlecht aussah. Ich sah dann nur einfach nicht so gut aus wie sonst und immer noch besser als der Rest der Welt.

Na Leon, sind wir heute mal wieder auf Selbstverliebtheitstrip?

Japp, sind wir. Und egal was man dazu jetzt sagen könnte, es tut doch jedes Mal wieder einfach nur gut.

Nachdem ich noch ungefähr neunundsechzig Blümchen auf gemeinste Art und Weise - die armen Pflänzchen konnten sich ja nichtmal wehren - ermordet hatte, erreichte ich dann schließlich zehn Minuten vor Unterrichtsbeginn die Schule. Jaha, ich hatte wirklich noch zehn Minuten. Strebsam, strebsam.

Ich latschte über den Schulhof, nickte dabei hin und wieder dem ein oder anderen zu und verschwand dann im Gebäude.

Um nicht sofort von irgendwelchen Weibern überfallen zu werden, verschwand ich dann schnellstens im Klassenzimmer und ließ mich auf meinen Platz fallen.

Mist, Paddy noch nicht da.

Also starrte ich gelangweilt aus dem Fenster und dachte....ja, eigentlich an garnichts. Genau genommen saß ich wirklich nur da und starrte aus dem Fenster. Zwar irgendwie blöd, aber was wollte man machen. Kann ja schließlich auch nicht immer nur damit beschäftigt sein, irgendwelche genialen Pläne zu schmieden. Pausen brauchte selbst der klügste Kopf.

Langsam füllte sich das Zimmer und noch immer kein Francis und kein Paddy in Sicht. Langweilig.

Auch als der Lehrer kam, saß ich immer noch alleine da. Das war ja wohl nicht zu glauben!

Frustriert schoss ich Papierkugeln auf die auftoupierte Mähne eines Mädchens vor mir ab, deren Namen ich leider vergessen hatte und beobachtete fasziniert, wie die Teile da dann auch tatsächlich hängen blieben.

Vom Unterricht bekam ich mal wieder nichts mit. Wozu auch? War ja klug genug.
 

Ich stapfte weiter gemütlich zur Schule.

Wozu beeilen? Zu spät kommen, is zu spät kommen, oder?

Nya, irgendwann kam ich dann in der Schule an und trottete zum Raum.

Dort ließ ich mich auf meinen Stuhl fallen.

Man, wie war denn der Lehrer drauf, der sagte ja gar nichts. Wow!

Hauptsache Leon labert mich heut auch nich an, wegen ihm hab ich ja schlechte Laune.
 

Und da war er endlich, der Retter! Mit anderen Worten: Francis, der soeben äußerst motiviert in die Klasse stapfte und sich auf seinen Stuhl fallen ließ.

Juhu, eine Ausrede, um die Pause nicht mit meiner ach so coolen Clique verbringen müssen. Japp, eindeutig die angenehmere Alternative zu einer fünfzehnminütigen Flucht durch das Gebäude.

Ich grinste ihn freundlich an und widmete mich danach wieder meiner Beschäftigung für diese Stunde, ich bastelte Papierkugeln und verteilte diese dann anschließend in den Frisuren der Mädchen.

Hachja, wie viel interessanter sahen Annies blonde und Theresas braune Locken, Mireilles Frisurenwunder, Leonies Kurzhaarschnitt und Johannas platinblonder Emoabklatsch doch aus, wenn nur eine angemessene Papierkügelchen darin platziert worden war. Bis jetzt hatte tatsächlich noch keine dieser unterbelichteten Schnepfen bemerkt, was ich mit ihren Haaren anstellte. Dafür waren sie viel zu sehr damit beschäftigt, darauf zu achten, dass ihre Oberweite in den Stofffetzen, die sie fälschlicherweise als Kleidung bezeichneten, auch wirklich gut rüberkam und das auch keiner ihrer in stundenlanger Arbeit mühevoll lackierten Fingernägel das Zeitliche segnete, wenn sie sich ausnahmsweise mal dazu bemühten was aufzuschreiben. Ja, erstaunlicherweise waren auch diese Pseudo-Barbieklone fähig, die Buchstaben des Alphabetes zu halbwegs sinnvollen Buchstabenkombinationen zusammenzubasteln, auch wenn sie das für gewöhnlich nur taten, um ihren Nachbarinnen Zettelchen zu schreiben.

Tussis, ich werde sie wohl nie verstehen.
 

Sind wir hier im Kindergarten oder was?!

Nein? So kommts mir aber grad vor. Ich mein, mit Papierkügelchen irgendwelche dämlichen Weiber abschmeißen.

Oh ja, Leon~ du bist echt klasse. Kotz!

Ich guckte einfach nur aus dem Fenster, war auf jeden Fall interessanter, als Leon dabei zuzugucken, wie er weiter seine Papierkugeln warf und sich jedesmal eins grinste, wenn eine im Haar von irgend so'ner Tussi hängen blieb...und vom Unterricht brauch ich ja wohl gar nich erst anfangen!

Also aus'm Fenster gucken.
 

Mhm, auf die Dauer wurde auch das Kugeln schmeißen langweilig. Konnte man nur hoffen, dass die Stunde bald mal zu Ende war, Sonst würde ich hier noch vor Langeweile sterben.

Unmotiviert kritzelte ich ein wenig auf meinem Block herum, während ich darauf wartete, dass es endlich klingelte. Mensch, wie konnte ein Mensch nur so viel Schrott labern? Selbst wenn man wollte, konnte man dem Idioten da vorne - seinen Namen hatte ich vergessen und welches Fach er unterrrichtete wusste ich auch nicht mehr - nicht länger als fünf Sekunden zuhören. Wie das dann für jemanden war, der nicht zuhören wollte, war dann ja wohl klar.

Langweilig, öde, langweilig.

Ich zog einen roten Stift aus meiner Federtasche und verpasste der Kuh, die ich grade gemalt hatte, damit ein paar schicke Blutflecke. Schön.

Nachdem ich noch ein paar andere blutende Tiere gezeichnet hatte, hatte Gott - wenn es ihn denn gibt - Erbarmen und ließ endlich die Pausenglocke läuten. Okay, eigentlich machte das, glaub ich unser Hausmeister, aber im Prinzip war das ja auch egal. Hauptsache dieses Teil gab Geräusche von sich, die allen mitteilten, dass es jetzt Zeit war, unorientiert auf dem Schulhof rumzustehen und belangloses Zeug zu quatschen.

Ich packte Francis am Arm und zusammen verließen wir das Gebäude.
 

Ich hasse es, wenn er das tut.

Mich einfach irgendwo hinzerren und keiner weiß, was los is.

Der kann ja auch einfach mal sagen 'komm mit' oder so.

Nagut, ob ich das heute getan hätte, war fraglich, aber sonst.

Ich mag es nich so 'überfallen' zu werden.

Endlich lässt er mich los.

Ich richte meinen Ärmel wieder, der total verdreht is.

Man ey.
 

Toll, jetzt stehen wir hier rum.

Vorsichtig überprüfe ich den Sitz meiner Haare und gelange zu der Überzeugung, dass mit denen alles in Ordnung ist. Hachja, schön ist das Leben.

Der Himmel ist blau, das Gras ist grün, die Vögel singen und der Leon ist schön. So lässts sich doch aushalten.

Glücklich strahlte ich in die Gegend, als mir plötzlich wieder einfiel, dass ich noch eine Frage zu klären hatte. Aber irgendwie war mir nicht nach Denken, also ließ ich das.

Konnte Francis nicht irgendwas sagen?

So war das doch blöd.

"Francis? Hast du ein funktionstüchtiges Sprachzentrum? Wenn ja, dann benutz es doch bitte", flehte ich und musste trotzdem weiterhin durch die Gegend grinsen. Ich war schon ein Glückskind. Schon in der Grundschule war ich bei unserer Theateraufführung das Glückskäferchen gewesen. Ich durfte ein hübsches rotes Kostüm tragen und summend über die Bühne springen. War schon toll gewesen.
 

Wieso soll ich was sagen?! Er hat mich doch hierher geschleift und grinste jetz wie blöd in der Weltgeschichte rum.

Ach, der Kerl ging mir heut einfach nur auf die Nerven.

"Sag du doch was.", meinte ich nur genervt.

Nee, sag am besten nichts und geh mir nich auf die Nerven!

Ich ließ mich auf die Bank, welche hinter mir stand, fallen und beobachtete die andern Idioten dabei, wie sie wie doof über den Schlhof rannten oder in irgendner Ecke stehn und sich mit Blödsinn zulabern.
 

Mhm, gutes Argument eigentlich. Jetzt müsste ich nur noch wissen, was ich sagen sollte.

"In der Grundschule war ich das Glückskäferchen", teilte ich in Ermangelung besserer Ideen mit und lächelte anhand der glücklichen Erinnerungen. Mein Vater war stolz auf mich gewesen und ich hatte hinter der Bühne nähere Bekanntschaft mit einer der Sonnenblumen gemacht. Sie hieß Charleen und war damals in meiner Klasse gewesen. Küssen konnte sie damals nicht und einige Jahre später hatte ich feststellen dürfen, dass sich diesbezüglich nicht viel verändert hatte. Aber hübsch war sie schon gewesen. Mit neun Jahren war ich nunmal begeistert von blonden Sonnenblumen mit Lackschuhen gewesen. Inzwischen hatte sich mein Geschmack allerdings geändert.

So langsam hatte ich die Vermutung das ich neuerdings auf Pseudoflummiartige Wesen mit chronisch schlechter Laune und einer Vorliebe für japanische Musik stand, die eindeutig männlich waren.

Seltsam oder?
 

"Schön...", sagte ich nur.

Na da soll er sich doch freuen. Fein Leon, bist echt n' Feiner. Kriegst n' Keks.

Mein Gott, nerv mich doch nich mit so'n Schmarn.
 

Ach, der machte es einem auch wirklich schwer, irgendein vernünftiges Gespräch zu führen.

Resignierend ließ ich mich auf die Bank sinken, aber ich wäre ja nicht ich, wenn ich wirklich so schnell aufgeben würde. Also auf zu Runde zwei.

Ähm....Runde zwei musste vielleicht noch ein klein wenig warten. Erstmal musste ich Thema finden und das war leichter gesagt als getan.

Hilfesuchend starrte ich ein paar Bäume am anderen Ende des Schulhofs an, die aber anscheinend keine Lust hatten, mir zu helfen. Zumindestens redete keiner von denen mit mir.

Ich seufzte. Da war man schon so vom Schicksal begünstigt wie ich und hatte trotzdem Kommunikationsschwierigkeiten. Gemein war das!
 

Juhu, Ruhe!

Ihm fiel wohl auch nichts mehr ein. Umso besser. Ich hatte heut echt keine Lust auf...keine Lust auf nichts.

Ich wollt nur meine Ruhe.

Boah ey, ich weiß, zickig hoch zehn.

Aber na und?! Leon is Schuld.

Ich war ja immer bei ihm Schuld...jetz is er eben mal Schuld, dass ich schlechte Laune hatte.
 

Na gut, dann redeten wir eben nicht. Auch schön.

Also saßen wir schweigend da, bis es zur Stunde klingelte und gingen dann ebenso schweigend zurück in die Klasse, um uns zwei weitere Stunden lang irgendeinen sinnlosen Quark anzuhören.

Aber was sollte man machen, da musste man nunmal durch....
 

Wah, endlich haben wir auch die letzten beiden Stunden hinter uns gebracht.

Schnell pack ich meine Sachen ein und stapfe los.

Ja, ich gehe einfach und warte nich auf Leon.

Warum auch?!
 

Na, da hat das kleine Schätzchen wohl 'nen schlechten Tag erwischt, was?

Egal, ich nahm meine Tasche, stapfte nach draußen und rief noch kurz bei Paddy an, der mir irgendwas von Restalkohol im Blut erzählte. So wie der geklungen hatte, glaubte ich dem das sogar. Was musste der Junge auch immer saufen?

Dann trottete ich nach Hause. Meine gute Laune hatte sich verflüchtigt und feierte jetzt garantiert Partys in der Karibik.

Nur schade, dass die mich nicht mitgenommen hatte.
 

Ich saß schon am Küchentisch und mampfte eins von meinen geliebten Dosenfuttern, was mir Hildegard liebevoll zubereitet hat.

Hach, da kriegt man doch gleich wieder bessere Laune.

Aber auch nich zu gute..nee nee.

Ich aß in Ruhe weiter.
 

Nach gefühlten drei Stunden stand ich endlich im Hausflur meines mehr oder weniger geliebten Zuhauses und schleuderte meine Tasche, meine Jacke und meine Schuhe in die Ecke neben der Tür, bevor ich in die Küche trampelte.

"Hallihallohallöle", trälltere ich Francis mehr oder weniger fröhlich entgegen und musterte dann interessiert das Mikrowellendingsda, dass da neuerdings seinen Platz gefunden hatte.

Vorsichtig tippte ich mit einem Finger dagegen, den ich dann vorsichtshalber schnell wieder zurückzog. Man konnte ja schließlich nie wissen, ob so ein Teil nicht bissig war.

"Mhm....", überlegte ich. Ja, warmes Essen wäre jetzt schon was Feines.

"Francis? Zeigst du mir wie das Ding da funktioniert?"
 

Ding...DING?!

Spinnt der?! Wie kann der Hildegard als Ding bezeichnen?!

"Erstans, das is kein 'Ding', das ist Hildegard! Zweitens, für dich macht sie nichts warm!", sagte ich und aß weiter.

Dann verschluckte ich mich.

Oh shit...hatte ich das grad wirklich gesagt?!

Fuck!
 

"Was?"

Ich versuchte mühsam die Beherrschung zu behalten, was mir allerdings nur solange glückte, bis ich in sein vollkommen ernsthaftes Gesicht schaute.

Dann wurde mir klar, dass das soeben kein Scherz gewesen war und ich lag lachend auf dem Küchenfußboden. Emotionale Dramaqueen halt, aber so war ich halt. Und außerdem, wer hätte da bitteschön ernst bleiben können? Das war immerhin noch besser als die Sache neulich beim Essen.

Ich rollte über den Boden und stieß mit meinem Kopf gegen einen der Schränke.

"Au!", jammerte ich, konnte so aber wenigstens aufhören zu lachen, bevor ich begann an akutem Luftmangel zu leiden.
 

Ich aß mein Zeug auf, stellte die Schüssel in den Abwasch und ging hoch in mein Zimmer, dort knallte ich die Tür zu.

Hach ja, das Leben ist schön!

Was regst du dich eigentlich so auf Francis?! Hast du dich schonmal reden gehört?!

Du redest mit einer Mikrowelle!

Mit Bäumen...mit Decken und und und...

Ja, ich hatte viele tolle, unlebendige Freunde.

Verdammt! Jetz heul ich schon wieder.
 

Als die Schmerzen halbwegs nachgelassen hatten und auch nicht mehr die Gefahr eines Rückfalls bezüglich des Lachens bestand, wandte ich mich Francis zu. Na gut, ich wandte mich der Stelle zu, an der sich Francis eben noch befunden hatte, denn wie ich feststellen musste, hatte der sich mittlerweile erfolgreich verkrümelt. Und wenn mich meine Vermutung nicht täuschte, dann war ich mal wieder der Schuldige. Aber hey, diesmal konnte ich wirklich so gut wie nichts dafür. Ich hatte eine ganz normale Frage gestellt, Francis hatte eine genial witzige Antwort gegeben und ich hatte mich lachend am Boden gewälzt. Ich konnte ja schließlich nichts dafür das der Kleine eine Mimose war oder? Genau! Also kein Grund zur Panik Leon.

Aber vielleicht sollte ich doch mal nach ihm gucken....

Ja huch, Leute die nach siebzehn Jahren, die sie jetzt schon auf dieser Erde verbrachten, plötzlich sowas wie ein Gewissen entwickelten bitte vortreten. Leon? Ah wie schön, wie gehts dir denn altes Haus?

Ähm ja, vielleicht sollte ich mal zu einem Psychiater gehen? Oder lieber gleich zu einem Arzt? Konnte man multiple Persönlichkeitsstörungen irgendwie durch eine Operation beheben, bei der dann am Besten auch gleich das Gewissen mit entfernt wurde? Nein?

Okay, dann würde ich jetzt eben zu Francis gehen.

Vorsichtig klopfte ich an seine Tür und trat dann ohne eine Antwort abzuwarten ein. Hey, immerhin konnte mir keiner vorwerfen, ich hätte nicht geklopft.
 

Ich schluchzte.

Was will der denn von mir?! Kann der mich jetz nich einfach in Ruhe lassen?!

Mein Gesicht presste ich in das Kopfkissen.

"Was willst du?", murmelte ich ins Kissen und fragte mich, ob er mich überhaupt verstanden hatte.

Auch egal, er soll einfach nur weg gehn.

Ich wurde schon oft genug von irgendwelchen Leuten ausgelacht, aber....wenn er es tat, dann tat es noch viel mehr weh.

Argh, ich hasse das!
 

Mmmbllbu?

Sollte wohl 'Was willst du?' heißen oder alternativ vielleicht noch 'Wo ist mein Schuh?', aber da ich nicht glaubte, dass Francis im Moment unbedingt das Bedürfnis nach einem Schuh hatte, beschloss ich lieber auf die erste Möglichkeit zu antworten.

"Mich entschuldigen. Mal wieder....", seufzte ich, ließ mich neben ihn aufs Bett sinken und strich ihm vorsichtig über die Haare.

"Tut mir wirklich Leid. Ich bin nunmal...."

Ja was eigentlich? Witzig? Humorvoll? Unsensibel? Ein Depp? Seltsam? Von allem ein bisschen? Was ganz Anderes? Keine Ahnung....
 

Ich schlug seine Hand weg.

"Du sollst abhauen!"

Ich atmete einmal tief durch.

"Du verstehst mich kein bisschen...du hattest immer Freunde, dein ganzes Leben lang...ich...ich hatte nie jemanden!", sagte ich etwas lauter.

Nein, ich schrie nicht, dazu hatte ich gar keine Kraft mehr vom lauter heulen.

Oh man...ich bin echt bekloppt..wieso sagte ich ihm das denn alles?!

Wieso heul ich hier so Weicheimäßig rum?

Ach ja, weil ich eins bin. Ich bin echt sowas von erbärmlich.

Argh, ich hasse mich.
 

Gah, so langsam wurde mir das alles echt zu bunt.

Er hatte also nie Freunde gehabt? Toll. Woran das nur lag? Ich konnte mir auch nicht vorstellen, dass es jemand lange mit seinen Stimmungsschwankungen aushielt. Gut, ich konnte ihn irgendwo verstehen und er tat mir auch Leid, aber ich hatte auch keinen Bock mich hier ewig wie den letzten Deppen behandeln zu lassen nur weil der Herr sich nicht entscheiden konnte, ob er mich jetzt grade liebte oder hasste. Klar war ich nicht perfekt, aber das war ja wohl keiner und auch wenn ich gerne so tat, als sei mir alles scheißegal, war auch bei mir irgendwann eine Grenze erreicht. Solche Sachen musste ich mir nicht permanent an mein hübsches Köpfchen werfen lassen. Mehr als entschuldigen konnte ich mich ja schließlich auch nicht.

Ich stand auf und ging zur Tür.

"Du hattest also nie jemanden? Schon mal darüber nachgedacht, dass das vielleicht daran liegen könnte, dass du niemanden an dich ran lässt? Das du permanent abblockst, wenn mal jemand freundlich zu dir ist? Mehr als das kann ich nämlich auch nicht! Bin nunmal auch kein Alleskönner, auch wenn ich so wirke!"

Wütend stolzierte ich aus dem Zimmer.
 

Traurig guckte ich ihm nach.

Er hatte wohl recht. Natürlich hatte er das!

Ich setzte mich auf mein Bett und lehnte mich gegen die Wand.

Mein Kopf legte ich in meine Hände, verzweifelt vergrub ich meine Finger in meinen Haaren.

Idiot! Arschloch! Und damit meinte ich diesmal nicht Leon, sondern mich.

Aber früher war ich doch nicht so, wie jetzt...früher schon, mochte mich keiner...und dann bin ich eben so geworden, wie ich bin und jetz soll ich mich einfach so wieder ändern können oder müssen?!

Man, es ist doch sowieso egal, wie ich bin, es ist immer falsch.

Ich weiß nicht, was ich tun soll...ich weiß es echt nicht.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (3)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  RayDark
2008-05-28T19:39:10+00:00 28.05.2008 21:39
Wow, so schnell ein neues Kapitel?
Klasse!
Und dieses hat mir echt gut gefallen!
Ich konnte mich richtig in Francis einfüllen, da es mir seltsamerweise genauso geht!
Von:  Misuzu
2008-05-28T13:37:52+00:00 28.05.2008 15:37
boah lLeon! Du emotionale Knalltüte!
>.<
Francis beichtet grad, dass er nie Freunde hat und anstatt ihn zu trösten, hältst du ihm gleich seine Fehler vor >.<
grrrr

ach ja.. kanns sein, dass Leon, wenn er aufwacht und ungeshcminkt is richtig hässlich is xDDD
:D

*francis knuddel*

macht weiter so ihr Hübschen ♥
hegggggmdl

~ Misu
Von: abgemeldet
2008-05-28T13:33:31+00:00 28.05.2008 15:33
*________*
tolles kapi *-*
habt ihr fein gemacht
*euch beide knuff*


Du redest mit einer Mikrowelle!
Mit Bäumen...mit Decken und und und...
Ja, ich hatte viele tolle, unlebendige Freunde.

Ich rede auch mit Dingen... mein mathelehrer hat mich heute ausgelachte weil ich statt "Wo ist mein Taschenrechner?" "Wo ist Jasper?" gesagt habe.... jaja xD

*knuff*
macht weiter so
:-*

Hab dich lieb mein schwiegerfrosch nienna
Und Schatz?
Dich liebe ich <3

Baka <3


Zurück