Epilog
Zwei Tage nach der Feier, bin ich wieder bei Sasuke um ihm dabei zu helfen, die Bude aufzuräumen.
„Scheiße, die haben aber ne Menge Dreck hinterlassen, oder?“
„Tut mir Leid, ich hätte Tayuya nicht herbringen dürfen.“
„Hey, du kannst doch nichts dafür. Hauptsache du hattest Spaß.“
„Oh ja! Und wie!“
„Das ist gut.“
„Sag mal hast du überhaupt Zeit hier aufzuräumen? Du hast doch so viel Ärger mit dieser einen Kampagne, oder? Willst du dich nicht lieber darum kümmern?“
„Ach quatsch. Bevor die Entwürfe aus dem Art-Studio nicht fertig sind, kann ich noch nicht viel machen. Und außerdem will ich dich das hier nicht alleine machen lassen.“
„Mach dir um mich keine Gedanken, ich komm klar.“
„Ja, das weiß ich. Aber… ich hatte in letzter Zeit eh zu wenig von dir. Und das hier ist ein guter Vorwand um in deiner Nähe zu sein.“
„Du bist doch blöd.“
„Nein. Nur verrückt nach dir.“
Ich lache.
Plötzlich klingelt mein Handy.
„Yo?“
…
„Was? Wann?“
Sasuke hört auf zu arbeiten und sieht mich jetzt besorgt an.
„Wart ihr beim Arzt?“
„Und?“
„Aber, unmöglich. Wieso so plötzlich?“
„Ist gut. Ich komme sofort.“
„Und? Was ist los?“
„Lulu…“
„Was ist mit ihr?“
„Sie glauben… Lulu wird…“
Ich muss gar nicht weiter sprechen.
„Worauf warten wir dann noch? Ab zum Auto! Los!“
„Nein, Sasuke du nicht. Du hast genug mit der Arbeit zu tun und… und… die Kampagne. Das ist jetzt viel wichtiger. Ich schaff das auch alleine.“
„Naruto, sei nicht so stur. Die Kampagne kann warten. Komm jetzt.“
„Nein!“
„Was ‚nein’?“
„Ich will nicht dass du mitkommst…“
„Wieso?“
„Weil… weil… ich hab’ Angst, dass du wieder verschwindest…“
„Das werde ich nicht.“
„Das hast du schon mal gesagt. Aber wenn du hier bleibst, dann weiß ich wenigstens, dass du auf mich wartest.“
„Das ist Schwachsinn, Naruto.“
Ich weiß nicht mehr genau wie ich ihn überzeugt hatte, aber er blieb dort.
Ich weiß auch nicht genau, warum ich Sasuke nicht dabei haben wollte. Vielleicht wollte ich nicht, dass er mich in so einem Moment sieht… oder ich hatte Angst, dass meine Eltern es raus finden könnten… obwohl das lächerlich ist. Ich bin erwachsen und kann meine eigenen Entscheidungen treffen.
Jedenfalls hatte ich das Gefühl, Sasuke durfte nicht mitkommen.
Ich sitze im Auto. Es ist inzwischen schon Abend geworden.
Auf der Straße ist kaum noch ein Auto, nur der sternenübersäte Himmel ist zu sehen. Und da fällt es mir ein. Diese sternenlose Nacht von damals, als Sasuke mit entrissen wurde. Ich hatte Angst, dass es wieder passieren würde… und das hätte ich nicht noch einmal überlebt, dessen bin ich mir sicher.
Sasuke durfte nie wieder mit nach Konoha kommen, wenn wir beide dort wären… würde sich die ganze Geschichte dann wiederholen? Das konnte ich nicht zulassen.
Kaum stehe ich halbwegs in der Auffahrt, steige ich aus und renne zur Tür. Ich klingele, meine Mutter macht mir die Tür auf.
„Oh, Naruto. Endlich bist du da. Komm sie ist in der Küche.“
Lulu liegt auf ihrem Stammplatz, auf der alten zerfledderten Decke, die ich ihr noch selbst gekauft hatte.
Ich bücke mich sacht zu ihr herunter. Schwach wedelt sie mit ihrem Schwanz.
„Na, altes Mädchen?“
Ich nehme ihren Kopf zwischen meine Hände und lehne meinen dagegen.
„Willst du einfach abhauen, hm? Das ist aber nicht nett.“
Sie leckt mir kurz über die Nase.
„Wann lernst du endlich, dass man das nicht macht?“
Behutsam lege ich ihren Kopf zurück und kraule dann beruhigend ihr Fell.
Die ganze Nacht liege ich neben ihr, streichle sie und rede mit ihr.
~*~
„Erinnerst du dich, als wir uns das erste Mal gesehen haben? Ich wusste sofort, dass wir zwei zusammen gehörten.“
~*~
„Weißt du noch, als wir mit Kiba und Akamaru an dem See waren? Und du dich nachher so sehr im Sand gewälzt hattest, das ich dich drei Tage jeden Morgen baden musste um das wieder raus zu bekommen?“
~*~
„Oder damals, als ich dieses fiese Fieber hatte und du nicht eine Sekunde von meiner Seite gewichen bist, bis ich wieder gesund war?“
~*~
Als Lulu eingeschlafen war, konnte ich mich nicht entscheiden ob ich sie wecken oder weiterschlafen lassen, sollte. Ich hatte Angst, dass sie nicht wieder aufwachte, aber andererseits dachte ich sie brauchte den Schlaf um wieder zu Kräften zu kommen.
„Naruto? Schatz?“
„Ja…?“
„Willst du nicht langsam mal ins Bett gehen? Lulu schläft doch auch längst.“
“Ja, aber wenn sie wieder aufwacht, will ich bei ihr sein.“
„Ach, Na-Chan…“
Am Ende bringt mich meine Mutter immerhin soweit, das ich mich mit einer Tasse Tee in die Stube zu ihr setze.
„Sie ist schon 14 Jahre alt. Allmählich wird es Zeit, aber das wussten wir doch alle…“
„Ja, Mama, schon. Aber trotzdem. Was glaubt sie wer sie ist, einfach abhauen zu wollen? Mir doch egal wie alt sie ist. Sie kann meinetwegen gehen wenn sie 150 ist!“
Am nächsten Morgen um 4:56 Uhr sieht Lulu mich das letzte Mal an.
Sasuke ruft um 7 an. Die Trauerfeier in meiner Familie beginnt um 13 Uhr und geht bis 14:26 Uhr. Um 17 Uhr ruft Sasuke noch einmal an.
„Soll ich wirklich nicht vorbei kommen? Ich will bei dir sein. Du musst das nicht alles alleine durchstehen.“
„Ist schon gut, Sasuke. Wirklich. Ich wusste ja, das es bald so sein würde…“
„Es ist mir jetzt egal was du sagst, ich werde mich ins Auto setzen und los fahren!“
„Dein Auto ist hier.“
„Dann nehme ich eben ein Taxi.“
„Unsinn. Mach deine Arbeit weiter. Mir geht’s gut. Ich liebe dich.“
Dann lege ich auf.
Um 18 Uhr gibt es Essen. Rouladen.
„Na-chan du hast uns eigentlich noch gar nicht so richtig was über dein neues Leben erzählt.“
„Da gibt es nicht viel, Mam.“
„Und deine Arbeit? Wie ist die?“
„Wie bei jedem Lehrer. Ehrlich. Mein Leben hat sich so gut wie gar nicht geändert.“
„Und die Mädchen?“
„Genau, Junge, stellst du uns bald deine Süße vor?“
Ich schätze jetzt ist der richtige Moment gekommen.
„Ich bin… schwul, Pap.“
Zuerst starre ich nur auf mein Essen, aber dann denke ich mir, wieso sollte ich mich schämen? Und gucke sie ernsthaft an.
Die beiden werfen mir einen leicht irritierten, etwas geschockten Blick zu und versuchen dann sich wieder relativ normal zu verhalten.
„Aha…“
„Na dann, bring uns mal deinen Freund mit, nicht wahr, Liebling?“
„Ja, genau.“
Ich gehe duschen. Es war ein harter Tag und ich fühle mich unglaublich leer.
Das Wasser aus der Duschbrause ist heißt, aber trotzdem ist mir kalt. Ich kann mich noch genau erinnern. Als Sasuke hier mit mir war. An all die Momente, die Gespräche und Gefühle von damals. Sie waren alle hier.
Dieser Gedanke machte mich genauso traurig wie froh.
Was wenn Sasuke an diesem Abend mitgefahren wäre…? Wäre es zwischen uns dann vielleicht nicht so kompliziert geworden? Oder wenn ich mit Sakura ausgegangen wäre? Oder wenn Sasuke nie hierher gekommen wäre? Ich ihn nie kennen gelernt hätte…?
Aber wenn Sasuke dort geblieben wäre, hätte er dann vielleicht auch im Auto gesessen? Wie hätte ich reagiert wenn… er… tot wäre…?
Bei dem Gedanken durchzuckt mich ein so fürchterlicher Schmerz, dass ich ganz betäubt bin.
Ich möchte ihn sehen…
Ganz dringend. Ich will ihn spüren. Ich will seine Stimme hören und seine Haare riechen.
„Oh-oh, da muss ich wohl ran.“
Erschrocken drehe ich mich um.
„Sasuke?“
Er ist nicht hier… natürlich nicht. Aber ich hab seine Stimme gehört…
Sie war ganz deutlich.
„Hey, ich geh schon ins Zimmer, trockne du dich brav ab.“
Ich reiße den Vorhang der Dusche weg.
„Sasuke?“
In rasender Geschwindigkeit trockne ich mich ab und schlüpf in meine Klamotten.
Dann reiße ich meine Zimmertür auf.
„Sasuke?“
„Da bist du ja.“ Sein warmes, liebevolles Lächeln.
Ich kann es hören… aber Sasuke kann gar nicht hier sein.
„Soll ich dein Märchenprinz sein?“
Er ist nicht mehr hier.
„Naru- tooo- aaaah.“
Er ist nicht bei mir.
„Ich liebe dich, Naruto…“
Er ist nirgendwo mehr.
Die Tränen übermannen mich.
Was habe ich getan? Was hab ich bloß getan?
„Sasuke!“
Komm zurück. Komm wieder zurück zu mir. Ich halte es nicht aus, ohne dich!
„Sasuke! Sasuke! Sasuke!!!“
Die Stimme ist verschwunden.
Von ihm ist nichts mehr da.
Nur noch ein Ort ist übrig…
Ich renne los.
„Naruto? Wo willst du hin? Es ist doch schon dunkel drau-“
Meine Tränen verfliegen im Wind.
Ich renne so schnell ich kann, und versuche trotzdem eine noch höhere Geschwindigkeit zu erlangen
Ich habe Angst, dass er weg ist wenn ich nicht schnell genug bin.
Ich renne so schnell das es schon in meiner Lunge brennt.
Ich kämpfe mich durch das Geäst, meine Haare schlingern sich durch das Gestrüpp.
Dann bin ich endlich da. Mein Blick sucht hastig alle Plätze des Hügels ab.
Und dann bemerke ich den dunklen Haarschopf im Gras.
Ich renne hin.
Sein Haar weht im Wind und sein Blick ist nach oben gerichtet.
„Heute Abend, sollen pro Sekunde mindestens 50 Sternschnuppen an der Erde vorbei schießen. Ein Regen aus Sternen.“
„Sasuke…“
Ich mache einen Schritt auf ihn zu.
Plötzlich verschwindet die Gestalt im Gras.
Einbildung alles nur Einbildung. Sasuke ist nicht mehr hier und er kommt auch nicht mehr zurück. Niemals.
Ich gehe an den Rand des Hügels und starre auf das beleuchtete Dorf.
Meine Haare fallen in mein Gesicht.
„Naruto.“
Seine Stimme… Wie sehr ich sie liebe.
Hinter mir raschelt das Gras. Dann legt jemand die Arme um auf meine Schultern, um meinen Hals.
Ich erschrecke.
„Lange her, oder?“
„Ja, Sasuke.“
Besser mit einer Illusion leben, als ständigen Schmerz zu ertragen.
Ich lächle und lehne meinen Kopf gegen sein Gesicht.
„Naruto?“
„Hm?“
„Ich liebe dich.“
„Ich liebe dich auch.“
Auch wenn es eine Illusion ist und nicht der richtige Sasuke…
Auch wenn es nur der Sasuke von damals ist… dieser Sasuke wird immer mir gehören.
„Tut mir Leid, das ich nicht dein Märchenprinz sein konnte.“
„Schon okay.“
„Würdest du dich bitte kurz umdrehen.“
„Nein, lieber nicht.“
„Wieso?“
„Ich hab Angst, dass du verschwindest.“
„Niemals wieder. Das hab ich doch versprochen.“
„Na schön…“
Ich seufze, schließe meine Augen und drehe mich langsam herum.
„Warum öffnest du nicht die Augen?“
„Ich trau mich nicht.“
„Ich will aber, dass du mich ansiehst, wenn ich dich frage.“
„Zum Antworten brauch ich keine Augen.“
„Ich fürchte aber, du glaubst es nicht, wenn du es nicht mit eigenen Augen siehst.“
„Und du verschwindest auch nicht?“
„Versprochen.“
„Okay.“
Langsam öffne ich die Augen.
Er sieht so wunderschön aus. Sein Lächeln scheint heute noch schöner zu sein als je zuvor. Aber irgendwas stimmt nicht…
Mein Sasuke ist doch viel jünger…
Plötzlich lässt er mich los und kniet sich vor mir nieder.
Erschreckt reiße ich die Augen auf.
Er wird doch nicht…?
„Naruto Uzumaki-“ Sein Blick zeigt seine Entschlossenheit.
„Willst du mich heiraten?“
Ich schlage die Hand vor meinen Mund, Tränen bilden sich in meinen Augenwinkeln. Ich nicke heftig.
„Ja! Ja, ich will!“
Ungestüm laufe ich in seine Arme. Er ist inzwischen wieder aufgestanden und ich presse meinen Kopf gegen seine Brust.
„Ich will. Ich will. Ich will.“
„Ist gut ich hab’s verstanden.“, er lacht.
Dann nimmt er mein Gesicht in seine Hände und gibt mir einen leidenschaftlichen Kuss. Gerade als ich meine Augen wieder einen Spaltbreit öffne und er den Kuss löst, jagen hunderte von Sternen über den Himmel.
„Sasuke, sieh!“
Aufgeregt bestaunen wir das Geschehen. Sasuke hält meine Hand ganz fest.
Dann schauen wir uns beide wieder an und lächeln.
Unter einem Regen von Sternen, fand ich dich. Endlich.