Seconds of a fake life

vom Liederschreiben

Vom Liederschreiben
 

Irgendwann in den nächsten Tagen findet Bela die Gelegenheit Farin ins Freibad zu komplimentieren. Muss ja nicht das von seiner Ex sein. Aber Bela ist nach Bikinis und den Mädchen, die sie tragen, also muss Farin darunter leiden. Eins ist sicher : Bela wird ins Schwimmbad gehen. Und zwar jetzt. Und mit Farin! Punkt.
 

Und weil er sich sicher ist dass ein Teil von Farin auch mit will, hat er die Mehrheit, damit ist die Entscheidung sogar demokratisch. Innerlich klopft er sich auf die Schulter während er sein Handtuch im Schatten eines Baumes ausbreitet, Farin daneben, in der Sonne. Zwischen ihnen eine dünne Trennlinie, an der sich Bücher an Comics schmiegen.
 

Farin beobachtet Bela, wie er sich enthusiastisch in Richtung Wasser davon macht, um in 5 min wieder zu kommen und ihm zitternd zu erklären, dass ihm das Wasser nicht zu kalt sei, nein, aber den Mädchen; alleine macht es ihm keinen Spaß, also ist er wieder da. Farin nickt, grinst, glaubt Bela kein Wort, sagt aber nichts falls Bela auf die Idee kommen könnte, ihn ins Wasser zu schliefen, um Gesellschaft zu haben.
 

Sein bester Freund gibt sich mit dem Nicken zu Frieden und macht sich anstatt über die Mädels über Batman her, dass ihm der Comic nicht zum Hals heraus hängt, wundert Farin jedes mal, dann wendet er sich seiner Tätigkeit zu: Liedertexten.
 

Zwei Meter weiter veranstaltet ein Ameisenbau einen Jungfernflug, in der Masse von schwarzen Leiber der Arbeiterinnen blitzen immer wieder die zerbrechlichen Flügel der jungen Königinen hervor. Ab und zu fliegt eine über seinen Kopf hinweg, bereit für den ersten und letzten Sex ihres Leben, um wahrscheinlich direkt in einem Vogelschnabel zu landen. Und er selbst?
 

Keine Bademeisterinnen für Farin Urlaub. Er seufzt legt Papier und Stift weg, ihm ist die Lust vergangen, nimmt stattdessen ein Buch schlägt eine beliebige Seite auf und fängt an zu lesen. Jeder einzelne Satz flattert davon wie die Ameisen im Sommerwind, eigentlich hat er keine Ahnung um was es eigentlich geht.
 

Interessiert schaut Bela von seinem Comic auf, als Farin sich auf die andere Seite dreht und innerhalb von Sekunden hat er, den ersehnten College Block in der Hand, Farins Liedertexte, das hat sich gelohnt, das Indiz schlechthin wenn es um Farins Gemütsverfassung geht.
 

Farin schreibt zwar nie seine eigentlichen Gefühle auf, aber mit ziemlicher Sicherheit immer das Gegenteil von ihnen. Wenn er Trennungsschmerz als Thema hat, geht es seiner Beziehung super, kitschige Liebeslieder hingegen deuten auf ein nahes Ende der Beziehung hin, wenn er Unsinn dichtet, ist er meist ziemlich verliebt,hat er nur noch ein Mädchen im Sinn. Rechnet er mit seinen Nachbarn ab ist ihm so schnell nicht nach irgendwas Festem.
 

Ziemlich chaotisch, aber Bela hat sich daran gewöhnt. Mit seiner jahrelangen Erfahrung glaubt er jetzt etwas im Sinne von Scheiß Nachbarn zu bekommen und stutzt als es irgendwas über einen Astronaut ist. „Schwachsinn!“ murmelt er, blinzelt noch mal, immer noch da, er wühlt den Block durch, jedes Lied abgedrehter als das vorherige. Stimmt seine Methode jetzt auf einmal nicht mehr oder was?
 

„Hey!“ Farin dreht sich um und nimmt den perplexen Bela den Block aus der Hand. „Kannst du nicht mal Fragen?“ Legt den Kopf auf den Block, schließt die Augen und schläft ein. Zack bumm weg.
 

Super, Bela findet das gar nicht lustig, er weiß immer noch nicht wie er den Gefühlszustand seines besten Freundes auffassen soll. Außerdem kann er sich mit einem schlafenden, halbnackten Farin echt nicht mehr auf das Wesentliche, sprich die Mädchen konzentrieren. Er schnippt unfreundlich eine geflügelte Ameise von seiner Nase: „Geh woanders ficken!“ und ist immer noch nicht schlauer als vorher.
 

Missmutig schielt er zu dem von Farin als Kissen missbrauchten Block. Er kann doch nicht schon wieder verliebt sein, oder? Das geht einfach nicht, Bela will nicht, will seinen besten Freund mal zwei Wochen für sich haben, nicht mit irgendwelchen Mädels teilen.
 

Es ist doch erst ein paar Wochen her, dass seine letzte Beziehung in die Brüche gegangen ist! In wen soll er sich denn bitte verliebt haben? Er hat sich doch in letzter Zeit mit gar keinen Mädchen getroffen!
 

Unglücklich blättert er die Seiten von Batman durch. Soviel zum Unterschied zwischen wollen und bekommen.
 

Sie haben immer noch kein neues Bett für Farin gekauft, wenn da schon wieder ein Mädchen ist werden sie bald nicht mehr darum kommen ein Bett zu kaufen, wird Bela nicht mehr darum herum kommen.
 

Bisher hat er immer alle möglichen und unmöglichen Gründe vorgeschoben, um nicht eins kaufen zu müssen. Die Wahrheit ist, er will nicht auf Farins Anblick verzichten, wenn er, Bela, kurz im Morgengrauen aufwacht, um gleich wieder ein zu schlafen, er hat sich an dieses kurze Durchwuscheln der Haare, an Farins kaum hörbaren Morgengruß im Halbschlaf so gewöhnt, dass er es nicht mehr missen will und schon gar nicht die Momente, wenn Farin im Schlaf vor sich hin murmelt.
 

So ein Zufall aber auch, dass jedes mal, wenn Farin in ein Möbelgeschäft will, das Geld knapp ist.
 

Farin liegt derweil immer noch schlafend neben ihm, die Augen nichts ahnend geschlossen. Belas größte Versuchung.
 

Die Sonne ist gewandert, sodass die fransige Grenze zwischen Schatten und Sonnenlicht quer über Farins Haut verläuft. Der Wind frischt auf, es ist zu kühl, um schwimmen zu gehen, aber man kann noch wunderbar hier sitzen und Farin beim Schlafen beobachten.
 

Wolken verdunkeln die Sonne, wandern weiter. Die meisten Menschen haben das Schwimmbad bereits verlassen. Der Wind durchpflügt das grüne Gras. Das Laub über ihnen rauscht. Vögel flattern zwitschernd wie flüchtige Schatten aus dem dunkelwerdenden Gebüsch. Das Schreien der Kinder ist verstummt. Farin wacht mit einer Gänsehaut auf. Sie packen ihre Sachen und gehen.
 

Tut mir leid dass es nicht so lange geworden ist wie das letzte. Ich hoffe natürlich trotzdem, dass es euch gefällt und freu mich wie verückt über jeden einzelnen Kommi.
 

So ein miese Wetter! Will jemand Regenschirme?
 

weniger süß