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Vergessene Vergangenheit - eine Chance für die Liebe?

von

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Oscar wird neugierig

„Guten Morgen Mademoiselle Oscar!“ begrüßte Rosalie Oscar wie jeden Morgen freundlich und gut gelaunt, während sie die Vorhänge der Fenster aufzog und die warmen Sonnenstrah-len das Zimmer erhellten.
 

Gerade wollte Rosalie ihr, so wie jeden Morgen ihre braune Hose und ein frisches weißes Hemd aus dem Schrank holen, als Oscar plötzlich aufstand und selbst den Schrank öffnete.
 

„Rosalie, warum gibt es in meinem Schrank so viele Hosen und Hemden und kein einziges Kleid?“ frage Oscar die überraschte Rosalie.
 

„Oh… Ähm…“stotterte sie unsicher, „Ihr habt bisher nur eher selten Kleider getragen. Aber wenn Ihr es möchtet, werde ich euch gern ein paar auf ihr Zimmer bringen. Madame Claces (Die Amme) hat Ihre Kleider alle im Schrank im Gästezimmer.“
 

„Hm, ich habe also nie gern Kleider getragen?“ murmelte Oscar grübelnd.
 

Nachdem Rosalie Oscars Zimmer verlassen hatte, um die Kleider, welche Oscars Amme vor vielen Jahren schon für sie geschneidert und anschließend resignierend in den Schrank des Gästezimmers verstaut hatte, wieder aus ihrer Verwahrstelle zu holen und sie Oscar zu brin-gen, dachte Oscar in ihrem Zimmer darüber nach, welchen Grund es wohl geben könnte, dass sie offensichtlich nie gern Kleider getragen hatte.
 

`Kleider sind doch eigentlich etwas schönes` dachte Oscar grübelnd. `Immer nur Hosen und Hemden zu tragen, das ist doch irgendwie seltsam. So sehr ich mich auch bemühe, mich an irgendetwas zu erinnern… Es gelingt mir einfach nicht. Dabei möchte ich endlich erfahren wer ich eigentlich bin. Und warum habe ich oft das Gefühl das Madame Claces und auch Ro-salie mir irgendetwas nicht sagen wollen. ´
 

So ganz in ihren Gedanken versunken ging Oscar schließlich zum Fenster. Sie öffnete die Fenster und ließ die angenehme Frische Luft und den unvergleichlichen Duft nach frischem Gras hinein. Sie ließ ihren Blick langsam über die angrenzenden Felder und Wälder kreisen, die sich zwischen ihren Anwesen und den Palast in Versailles zogen.

In nächsten Augenblick sah Oscar auch schon Andre der unten im Hof gerade mit den Pferden beschäftigt war.

Sie sah ihn ganz Gedankenversunken zu, und je mehr sie ihn beobachtete, desto mehr dachte sie über diesen jungen Mann nach. Sie kannte ihn nicht wirklich. Er war ihr so fremd, wie alle anderen, die sie jeden Tag hier sah.

´Er sieht wirklich richtig gut aus` kam es ihr urplötzlich in den Sinn. Und schon war sie auch schon erschrocken über sich selbst und über ihre Gedankengänge. `Ich kenne ihn nicht und trotzdem kann ich meinen Blick nicht von ihm wenden. Ich weiß ja noch nicht mal wirklich etwas über ihn. Außer, dass er wohl Soldat in der Garde Francais ist. Ob er sich die Verlet-zung am Auge wohl während eines Kampfes zugezogen hat? Er ist immer sehr nett zu mir und gleichzeitig habe ich das Gefühl, als ginge er mir aus dem Weg. ´
 

Gerade während Oscar so in ihren Gedanken versunken war, bemerkte Andre sie und nickte zu ihr hoch, womit er sie derart erschreckte, dass sie hektisch ein paar Schritte vom Fenster zurück schritt.

Andre schaute noch wenige Momente auf das offene Fenster und in seinen Blicken lag Trau-rigkeit. Er seufzte leise und sagte zu sich selbst: „Sie sieht mich an wie einen Fremden! Sie hat wirklich alles vergessen! Schade.“
 

Kurz darauf kam Rosalie mit einer Auswahl von Kleidern in Oscars Zimmer zurück.

„Die sind wirklich sehr hübsch.“ meinte Oscar während sie die Kleider betrachtete und jedes einzelte vor sich hielt und sich dabei im großes Spiegel betrachtete.
 

„Ihr würdet bestimmt absolut bezaubernd darin aussehen!“ versicherte Rosalie entzückt und freute sich insgemein schon sehr bei den Gedanken, Lady Oscar endlich wieder einmal in einem Kleid zu sehen.
 

„Welches Kleid meinte ihr, würde mir wohl am besten kleiden?“ fragte Oscar Rosalie, da sie selbst sich bei einer so einer Auswahl von zauberhaften Kleidern gar nicht entscheiden konn-te.
 

Ohne lange zu zögern griff Rosalie selbstsicher zu einem hellblauen Kleid mit langen Ärmeln. An den Ärmeln, Ausschnitt sowie am Saum war es dunkelblau abgegrenzt und war um die Hüfte mit einer dunkelblauen Schleife hinten zu schließen. „Das Kleid wird an euch wirklich entzückend aussehen, Mademoiselle Oscar!“
 

Oscar nickte zustimmend und Rosalie half ihr beim Ankleiden. Wenige Minuten später sah sich Oscar fertig angezogen noch mal im Spiegel an und ein Lächeln umspielte ihre Lippen.

„Das Kleid passt wirklich perfekt.“ stellte Oscar zufrieden fest und Rosalie nickte zustim-mend. „Madame Claces wird unten sicher schon mit dem Frühstück auf uns warten. Wir soll-ten uns beeilen!“
 

Gemeinsam verließen die beiden Frauen Oscars Gemächer und waren gerade dabei die Trep-pen nach unten gehen, als ihnen plötzlich Andre entgegenkam. Seine Großmutter hatte ihm aufgetragen Oscar und Rosalie zum Frühstück zu rufen.
 

Als Andre seinen Blick hob und Oscar erblickte blieb ihm fast sein Herz stehen. Mit so einem Anblick hätte er nie im Leben gerechnet. In dem Kleid war Oscar beinahe nicht wieder zu erkennen. Erschrocken und total perplex war er außer Stande etwas zu sagen oder seinen Blick von Oscar abzuwenden. Er stand einfach nur da und schaute sie wie hypnotisiert an. Andre fühlte wie sein Herz plötzlich raste und brachte einfach nur noch „Oscar?!?“ heraus.
 

`Warum starrt er mich nur so an?` fragte sich Oscar indes unsicher. `Er schaut mich so an, als ob... als ob…`
 

„Guten Morgen Andre!“ unterbrach Rosalie die angespannte Situation. „Mademoiselle Oscar hatte heute Lust mal ein Kleid zu tragen, da habe ich ihr ihre Kleider gebracht, welche Ma-dame Claces ihr mal genäht hat. Sieht sie damit nicht großartig aus?“
 

„Ähm, ja… wirklich großartig.“ stotterte Andre verlegen und er spürte wie die Röte ihm ins Gesicht stieg. „Meine Großmutter bat mich, euch zum Frühstück zu rufen. Ich… ich muss mich jetzt auch beeilen… Ich muss in die Kaserne!“ Stammelte er nervös und drehte sich dar-aufhin abrupt um und verließ hastig und kopflos das Haus.
 

Als Oscar und Rosalie kurz darauf das Esszimmer betraten, verschlug es auch der Amme die Sprache, als sie Oscar in dem blauen Kleid sah.

„Oh, das Kleid steht euch wirklich toll!“ rief Madame Claces entzückt.

Oscar lächelte leicht verlegen. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass sie alle so in Aufregung versetzen würde, nur wegen einem Kleid. Oscar selbst fühlte sich in dem Kleid sehr wohl, es gefiel ihr sehr, und so beschloss sie an diesem Tag, dass sie ab sofort häufiger oder vielleicht sogar immer Kleider tragen wollte. Denn die braunen unscheinbaren Hosen und weißen Hem-den, waren zwar sehr bequem aber waren in ihren Augen kleine Kleidung für eine Frau.
 

Unterdessen kam Andre in der Kaserne und wurde in den Stallungen, wo die Pferde unterge-bracht wurden auch schon ungeduldig von Alain erwartet.

„Na endlich, Kumpel“ begrüßte er Andre. „Du bist ganz schön spät dran. Wie geht’s unserem Oberst? Kann sie sich inzwischen wieder an was erinnern?“ fragte Alain sogleich neugierig.
 

„Nein alles ist noch unverändert.“ schüttelte Andre den Kopf. „Und ich versuche ihr so gut es geht aus dem Weg zu gehen. Weil ich einfach nicht weiß, wie ich mich ihr gegenüber verhal-ten soll. Und heute Morgen stand sie plötzlich in einem Kleid vor mir. Offenbar hat sie Gefal-len daran gefunden, Hemd und Hose gegen Kleider zu tauschen.“
 

„Echt? Unser Oberst im Kleid?“ entgegnete Alain verblüfft. „Das hätte ich zu gern gesehen! Ich kann mir das gar nicht so richtig vorstellen. Bestimmt sah sie darin zum brüllen komisch aus.“
 

„Nein ganz im Gegenteil!“ berichtigte Andre. „Sie sah einfach bezaubernd aus. Wie ein En-gel. Und ich stand total fasziniert da und brachte kein Wort heraus. Sie sah genauso schön aus, wie damals, als sie unerkannt auf den Ball ging. Nein, eigentlich war sie heute sogar noch hübscher, weil sie das Kleid diesmal für sich selbst angezogen hat und für keinen anderen. Sie war heute wirklich unvergleichlich schön, obwohl das Kleid ein ganz einfaches Kleid war und keines von den extravaganten edlen Ballkleidern.“
 

„Mensch dich hat es aber echt erwischt!“ neckte Alain seinen Kumpel und stieß ihn leicht in die Rippen. „Aber ich kapier nicht warum, du ihr dann aus den Weg gehst! Du solltest viel-leicht eher mal was mit ihr unternehmen. Verbring einfach etwas Zeit mit ihr. Ganz unge-zwungen versteht sich! Vielleicht merkt sie ja jetzt etwas eher, dass sie dich auch liebt!“
 

Andre schüttelte auf diesen Vorschlag nur den Kopf und meinte „Ich weiß doch gar nicht, ob sie sich überhaupt irgendwas aus mir macht. Ich bin nur ein Stallbursche, ein Soldat, der zu-fällig bei den Jarjayes wohnt, weil meine Großmutter dort arbeitet. Ich bin ja noch nicht mal adlig. Und längst nicht so charmant und elegant wie Graf von Fersen!“
 

„Andre du bist wirklich ein hoffnungsloser Pessimist!“ seufzte Alain kopfschüttelnd „Wer sagt denn, dass Oscar jetzt immer noch auf diesen Graf steht? Sie hat doch so ziemlich alles aus ihrer Vergangenheit, aus ihrem Leben vergessen! Warum dann nicht auch ihre Gefühle für diesen schwedischen Saubermann. Der hat doch eh nur Augen für Marie Antoinette. Das weiß inzwischen doch echt jeder!“
 

„Die Frage ist, was wohl passiert, wenn von Fersen irgendwann mal in Palais Jarjayes auf-taucht?!“ überlegte Andre weiter. „Er hat sicher inzwischen von Oscars Unfall gehört und wie ich ihn kenne wird er sie früher oder später sicher besuchen kommen. Und wenn Oscar ihn dann wieder sieht? Wenn sie sich dann ein zweites Mal in ihn verliebt… Das könnte ich nicht noch einmal ertragen!“
 

Alain nickt verständnisvoll und meinte dann „Du hast es doch in der Hand, Andre! Vielleicht solltest du sie einfach mal auf einen Ball einladen und irgendetwas anderes mit ihr unterneh-men. Verbring mehr Zeit mit Oscar. Damit sie dich neu kennen lernen kann. Und wenn sie sich jetzt in dich verliebt, dann wird sie das mit Sicherheit auch dann nicht vergessen, wenn sie sich irgendwann wieder an alles erinnern kann!“ versicherte Alain Andre und fügte ab-schließend noch hinzu „Ich würde es nämlich echt begrüßen, wenn wir unseren Kommandan-ten irgendwann mal wieder kriegen würden. Ich kann ihren Ersatz Oberst Karenow nicht aus-stehen. Auch wenn ich noch vor wenigen Monaten im Leben nicht gedacht hätte, dass ich das mal sagen würde, aber Oscar ist der beste Oberst den wir hier je hatten. Am Anfang wollte ich sie einfach nur so schnell wie möglich loswerden, aber in den letzten Wochen hat sie echt gezeigt was in ihr steckt. Und sie war die Einzige die mich im Kampf jemals besiegt hat. Ob sie das noch mal schafft, davon will ich mich gern selbst noch mal überzeugen.“
 

Zur gleichen Zeit machte Oscar einen Spaziergang in den hinteren Gärten in Anwesen der Jarjayes, als sie inmitten eines Rosenmeeres Rosalie entdeckte, die gerade einen Strauß roter und weißer Rosen pflügte. Oscar kniete sich schweigend neben sie und pflügte selbst behut-sam und vorsichtig eine weiße Rose.
 

„Rosalie, ich würde dich gern etwas fragen!“ begann Oscar leise. „Kannst du mir ein bisschen etwas über Andre erzählen? Ich weiß nichts über ihn. Zumindest kann ich mich an nichts mehr innern. Aber ich habe das Gefühl, als gäbe es da so viel, was ich vielleicht wissen soll-te!“
 

„Nun ja,“ entgegnete Rosalie etwas nervös. „Andre ist schon seid sehr vielen Jahren hier. Ihr seid praktisch mit ihm aufgewachsen. Ihr habt im Prinzip ihre Kindheit und Jugend mit ihm verbracht. Seine Großmutter, die ja eure Amme ist, hat ihn damals hierher geholt, als seine Eltern bei einem Unfall plötzlich verstarben. Da war er gerade mal 7 Jahre alt.“
 

Rosalie war nicht sehr wohl bei dem Gedanken, Oscar etwas aus ihrer Vergangenheit zu er-zählen, weil sie selbst nicht wusste was sie ihr erzählen konnte, ohne zu verraten, wie Oscars Leben bisher ausgesehen hatte – früher als Capitaine der königliche Leibgarde und inzwi-schen als Kommandant der Garde Francaise.
 

„Wie hat er sein linkes Auge verloren?“ fragte Oscar weiter.
 

Bei dieser Frage zuckte Rosalie zusammen. Wie sollte sie darauf nur antworten? Sie konnte Oscar doch nicht einfach erzählen, dass Bernard – ihr eigener Mann – Andre damals dies zu-gefügt hatte. Damals, als Bernard noch als schwarzer Ritter unterwegs war. Andre hatte Ber-nard diese Attacke verziehen und die beiden Männer waren inzwischen sogar befreundet. Und auch Oscar hegte längst keine Hassgefühle mehr gegen Bernard. Doch wie würde die Oscar reagieren, die jetzt vor ihr stand, fragte sich Rosalie unsicher.
 

„Es war ein bedauerlicher Unfall, als Andre hinter einem Dieb her war.“ antworte Rosalie schließlich. Und dies entsprach ja sogar der Wahrheit.
 

„Es ist für Andre sicherlich nicht einfach mit dieser veränderten Situation zurecht zu kom-men. Jetzt wo ich keine Erinnerung mehr habe, an meine Vergangenheit und selbst die Leute in meiner nächsten Umgebung nicht wieder erkenne. Besonders wenn wir uns schon ewig kennen ist das sicher seltsam für ihn.“ bemerkte Oscar traurig.
 

„Ihr solltet nicht so viel grübeln.“ lenkte Rosalie schließlich ein. „Irgendwann wird eure Erin-nerung sicher wieder kehren und bis es soweit ist, sollten ihr die Zeit einfach genießen und tun was euch gefällt.“



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