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Sorglospunks forever

von

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Krank

Winter, das bedeutet Erkältungszeit, Grippewelle, Taschentuchkonjunkturhoch und Bikiniabsatzschwäche. Es bedeutet schniefende Nasen und überfüllte Wartezimmer beim Arzt und einen Kampf um das Vorrecht auf dem heimischen Sofa zu kampieren, die Thermoskanne mit Tee für sich zu beanspruchen und das Fernsehprogramm bestimmen zu dürfen.

Dass all dies nicht nur auf Menschen zutrifft, sondern auch auf Musen, durften die Sorglospunks an einem schönen Wochenende, nicht lange nach dem Besuch von August Buhmann feststellen, denn Bandmuse abranka hatte sich die französische Inspirationsgrippe eingefangen.

Es begann eigentlich ganz harmlos, hatte abranka doch an jenem Tag nichts weiter getan als ihr Postfach auf dem Olymp zu leeren, wie sie es jede Woche einmal tat. Dabei war sie allerdings auf ihrer Wolke mit der Wolke einer anderen Muse, welche die Krankheit hatte, zusammengestoßen, und schon war sie infiziert. Denn wie bei Musen üblich wurden derlei Krankheiten von den Wolken übertragen. Doch davon ahnte sie zu dem Zeitpunkt nichts. Erst am Nachmittag, als sie ein für Musen eigentlich untypisches Kribbeln in der Nase verspürte, begannen ihre Alarmglocken zu schrillen. Aber da war es bereits zu spät. Sekunden später nieste sie und als Folge dessen sprachen alle, die sich in ihrem direkten Inspirationsradius aufhielten, spontan nur noch Französisch. Da aber zu dem Zeitpunkt nur Kiwi in ihrer unmittelbaren Nähe gewesen war, bemerkte das natürlich niemand und abranka dachte, sie hätte sich lediglich eine handelsübliche Zwei-Tage-Grippe eingefangen.

So war es am anderen Morgen, als Easy in die Küche kam und die dort versammelte Gruppe mit einem fröhlichen „Bonjour!“ begrüßte und darauf bestand statt ihres üblichen Cappuccino Spezial einen Café au lait zu trinken, dass den Anwesenden dämmerte, dass irgendetwas mal wieder nicht stimmte. Die Sache war nämlich so, dass bei einer solchen französischen Grippe nicht nur Nieser spontane Folgen für die Umgebung hatten, sondern auch alle, die regelmäßig von der betreffenden Muse inspiriert wurden als Nebenwirkung immer häufiger Französisch sprechen würden, solange eben, wie die Krankheit andauerte. Und dummerweise hatten die Sorglospunks seit den Schultagen mehr Französisch vergessen als sie je gelernt hatten, weshalb durch die Krankheit das Sprechen dieser Sprache zwar kein Problem darstellte, aber das Verstehen dafür um so mehr.

„Deshalb ist auch Jacks Vorschlag, die unfreiwillige Inspiration zu nutzen und neue Songs zu schreiben reichlich zwecklos, denn weder die Band noch der größte Teil unseres Publikums würden die darin enthaltenen Sorglosbotschaften verstehen.“

Mittlerweile war es Abend geworden und da abranka befürchtete, Chibichi anzustecken – war diese doch ebenfalls eine nichtmenschliche, übernatürliche Entität – war es Nifen, die den Teufel über das aktuelle Geschehen im Hauptquartier der sorglosesten Punkband im schönen Schwabenland informierte. Per Telefon, um ganz sicher zu gehen.

„Das klingt echt übel“, klang es aus dem Hörer. „Die Farbe ihrer Wolke?“

„Rot, weiß und blau … wie man es von der Trikolore erwartet“, gab Nifen mit einem Anflug von Galgenhumor zurück.

„Immerhin ist es dann eine moderne Grippe… Stell dir nur vor, wie es wäre, wenn die Wolke die Bourbonen-Lilie zeigen würde. Dann würdet ihr vermutlich nicht mal die simpelsten französischen Brocken verstehen“, entschied Chibichi mit einem kleinen teuflischen Grinsen in der Stimme.

„Auch wieder wahr.“ Nifen zuckte am anderen Ende der Leitung zusammen, als aus dem Wohnzimmer ein Schwall französischer Schimpfwörter zu hören war.

„Was war denn das?“, fragte der Teufel auch prompt.

„Och, das war Chris. Seit etwa drei Stunden versuchen er, Easy und Jack den DVD-Player zu überreden, endlich wieder seinen Dienst anzutreten, denn abranka faselt die ganze Zeit was von einer Glücksbärchi-DVD, die sie unbedingt gucken will.“

Chibichi lag schon ein spöttischer Kommentar ob dieser Filmauswahl auf der Zunge, aber eingedenk ihrer eigenen Vorliebe für Regina Regenbogen würde jede Verbalattacke in diese Richtung eindeutig nach hinten losgehen. Und so meinte sie nur: „Na, die hat vielleicht Sorgen... Dabei sollte sie doch alles in ihrer Macht stehende tun, um die Grippe wieder loszuwerden.“

Aber genau das versuchte abranka ja. Nun wusste Chibichi als Teufel zwar fast alles, aber eben nur fast und Musenmedizin gehörte nicht unbedingt zu ihrem Metier. So wusste sie nicht, dass bei einer solchen Grippe nur eine Wolkendekontamination helfen würde. Und die einzigen Spezialisten, die abranka auf diesem Gebiet kannte, waren die Glücksbärchis. Deswegen hatte sie ja die DVD und deswegen bestand sie darauf, jedes Mal, wenn sie krank war, selbige zu sehen. Denn durch das integrierte Musensignal auf der kleinen Silberscheibe wurde im Wolkenland ein Alarm ausgelöst und die Glücksbärchis konnten ein Dekontaminationskommando zu ihr schicken. Aber ohne DVD-Player... Und wie es bei den Sorglospunks nun mal üblich war, anders konnte man es nicht bezeichnen, hatten sich die DVD-Laufwerke in den beiden Computern dem Streik angeschlossen, so dass es unmöglich war, auf diesem Weg das Alarmsignal zu schicken. Und auch der Versuch mittels eines von Chuck & Chuck geliehenen DVD-Players zum Ziel zu gelangen, war fehlgeschlagen.

So vergingen mehrere Tage, der Anteil des gesprochenen Französischs nahm stetig zu, ebenso der Berg leerer Tempo-Taschentücherpäckchen rund um das Sofa.
 

Seufzend sah Chibichi von dem omnipräsenten Aktenstapel auf ihrem Schreibtisch auf. Es schien fast, als wäre sie nur noch am Papierkram erledigen, wenn sie im Büro war. Gut, das konnte vielleicht daran liegen, dass sie in letzter Zeit so viele Außeneinsätze gehabt hatte und ihre spärliche Freizeit am liebsten bei den Sorglospunks verbrachte. Aber das bedeutete noch lange nicht, dass ihr der bürokratische Wahnsinn dadurch sympathischer wurde. Und ausgerechnet jetzt schied eine Erholungsstippvisite bei ihrer Lieblingsband wegen der akuten Ansteckungsgefahr aus. Allerdings... Eine Idee formte sich in ihrem Kopf. Nicht bei den Sorglospunks vorbeischauen zu können, bedeutete ja noch lange nicht, dass sie nicht Anteil an dem Geschehen nehmen und die Band auf ihre Art unterstützen konnte. Und womit unterstützte man Kranke und ihr Umfeld? Richtig! Mit Hühnerbrühe für abranka und Nervennahrung für den Rest der Band. Und sie selbst würde in den Genuss eines kleinen Shopping-Ausflugs in den WWWB-Markt kommen.

Rasch waren die Aktenstapel beiseite geschoben und zwischen Hell-o-Berry und Taschen-Dreizack die Autoschlüssel für Baby lokalisiert.

Eine Viertelstunde später schob Chibichi in einem Zustand, der beinahe schon an Glückseligkeit grenzte, einen Einkaufswagen durch die Gänge des über-/unter-/zwischenirdischen Einkaufsparadieses. Sie hatte bereits Ambrosia-Hühnerbrühe gefunden, dazu eine Sorte Kaffee, die ganz neu im Sortiment und folglich von den Sorglospunks noch nicht getestet worden war, und jetzt war sie auf dem Weg in die Katzenabteilung, um für das Bandmaskottchen Schokolade einzukaufen.

„Hallo Chibichi!“, wurde ihr da plötzlich aus der Richtung der Gourmet-Menüs entgegenmiaut. Als der Teufel aufsah, um herauszufinden, wer sich da anmaßte, sie so vertraulich anzusprechen – schließlich trug sie noch ihre Arbeitskleidung und die war nun mal respekt- und furchteinflößend – entdeckte sie einen kleinen schwarzen Kater.

„Ach du bist es, Murphy“, begrüßte sie den Dämon. „Hängst du mal wieder hier herum, weil du hoffst, dass Kiwi vorbeikommen könnte? Oder bist du schon wieder auf der Flucht vor deiner Ex?“, neckte sie ihn.

„Ein wenig von beidem“, gab Murphy grinsend zurück. „Aber wenn ich den Inhalt deines Einkaufswagens so betrachte, brauche ich wohl nicht auf einen Besuch von Kiwi zu hoffen.“ Und er schubste geschickt ein paar Dosen von Kiwis Lieblingsmenü in den Wagen. „Wie ist es, nimmst du mich nachher mit zu den Sorglospunks?“

„Sorry, geht nicht. abranka hat sich eine Musengrippe eingefangen und für uns herrscht Ansteckungsgefahr“, erklärte der Teufel. „Das hier“, sie wies auf den Einkaufswagen, „werde ich wohl mit dem Aufzug schicken müssen.“

Der dämonische Kater hatte enttäuscht das Gesicht verzogen, als Chibichi die Erkrankung der Bandmuse erwähnt hatte. „War denn das Dekontaminationskommando noch nicht da?“, fragte er jetzt ein wenig verständnislos, wussten die Musen doch eigentlich sehr genau, wie sie solchen Krankheiten Herr werden konnten.

„Dekontaminationskommando?“, fragte Chibichi neugierig.

„Na, die Glücksbärchis. Ihre Glücksstrahlen können mehr als nur den Menschen ihre gute Laune wieder zurückgeben. Wenn sie damit die Wolken der Musen durchdringen, töten sie dabei alle Viren, Bakterien und sonstige Krankheitserreger ab. Und ist erst einmal die Wolke gereinigt, dann kann sich die Grippe nicht mehr lange halten“, erklärte Murphy als sei es das Selbstverständlichste der Welt. „Oder was meinst du wie sie sonst ihr Wolkenland auf Dauer zu einem Hort des Glücks machen könnten?“

Das war mehr als einleuchtend, wie Chibichi zugeben musste. Und es erklärte vor allem, wieso abranka so vehement darauf bestanden hatte, die DVD sehen zu wollen. „Aber sag mal“, fragte sie Murphy, „woher weißt du, ein Bewohner der Hölle, wie man bei so himmlischen Wesen wie einer Muse eine Grippe bekämpft?“

Ein dämonisches Grinsen breitete sich auf dem bepelzten Gesicht aus. „Ein gewisser Leo Löwenherz ist ein entfernter Cousin von mir und brüstet sich gerne mit den Fähigkeiten seiner Freunde und Kollegen.“

Das entlockte dem Teufel ein Lachen. „Lass mich raten, dieser Leo Löwenherz ist ein sehr, sehr, sehr entfernter Cousin.“

„Erfasst!“
 

„On y va!“, ließ Easy begeistert ihren Schlachtruf hören, während sie zu Chibichi ins Auto sprang. Man musste keinerlei Französisch beherrschen, um ihr sonst so bekanntes ‚Auffiiiiiiii!’ in den drei Worten zu verstehen.

Nach der aufschlussreichen Unterhaltung mit Murphy hatte der Teufel Eins und Eins zusammengezählt, das Ganze mit einem streikenden DVD-Player multipliziert und dann kurzerhand – Grippe hin, Ansteckungsgefahr her – einen Abstecher ins Schwabenland gemacht, die Sorglospunks auf den neusten Stand gebracht, und jetzt waren sie auf dem Weg ins Wolkenland. Denn wenn der Prophet nicht zum Berg kam, weil der Berg aufgrund technischer Probleme das entsprechende Signal nicht schicken konnte, dann musste der Prophet eben abgeholt werden. So einfach war das Ganze! Und auch wenn das Wolkenland auf herkömmlichen, regenbogenfreien Straßen nicht zu erreichen war, stellte das für so ein Superauto wie Baby keinerlei Schwierigkeiten dar. Nur kurz, als es am dritten Stern links abbiegen wollte, musste Chibichi ihr Auto daran erinnern, dass sie nicht zu Peter Pan ins Nimmerland wollten, doch danach dauerte es nicht lange. Hupend hielten sie vor dem Eingang zum Wolkenland, wo sie prompt Schlummerbärchi aus seinem Nachmittagsschlaf aufweckten. Doch noch ehe sich das Bärchen mit dem blauen Fell gähnend gereckt und gestreckt hatte, kam auch schon Brummbärchi an und wollte die Eindringlinge verscheuchen, hatten Menschen doch eigentlich nichts im Wolkenland zu suchen. Und der Teufel erst recht nicht! Der war doch bestimmt mit Meister Herzlos und dem gemeinen Beastly im Bunde. So jemanden konnten sie auf keinen Fall im Glücksbärchiland dulden.

„Aber abranka...“, setzte Easy an, während Brummbärchi resolut die Wagentür von Baby zuhielt, um zu verhindern, dass die Sorglospunks aus dem Auto ausstiegen.

Inzwischen hatte der Tumult auch die anderen Bärchen auf den Plan gerufen.

„Die Muse abranka?“, fragte jetzt Hurrabärchi, die sich von einem früheren Einsatz an diesen Namen zu erinnern glaubte.

Die Menschen samt Teufel nickten. Chibichi erklärte: „Sie ist unsere Freundin und hat sich eine französische Grippe eingefangen. Weil aber die DVD-Player streiken, konnte sie euch kein Signal schicken, und so sind wir hergekommen, um euch zu holen.“

Sofort brach ein aufgeregtes Tuscheln unter den Glücksbärchis aus. Eine Grippe, die sich offenbar schon über mehrere Tage hin zog, war eine ernstzunehmende Sache.

„Und wenn das ein Trick des Teufels ist?“, grummelte Brummbärchi.

„Ach, papperlapapp“, erwiderte Freundschaftsbärchi. „Du hast doch selbst gehört, wie der Teufel höchstpersönlich abranka ihre Freundin genannt hat. Hab ein wenig mehr Vertrauen!“

„Genau!“, unterstützte Lieb-mich-Bärchi sie. „Immerhin sind sie extra hierher gekommen, um uns zu benachrichtigen!“

„Und genau deshalb werden wir jetzt auch gleich ein Dekontaminationskommando zusammenstellen“, entschied Schmusebärchi und beendete damit die Diskussion. „Wie wäre es, wenn du, Freundschaftsbärchi, zusammen mit Hurrabärchi, Brummbärchi und Glücksbärchi die Sache übernimmst?“

Während die vier Bärchis das Wolkenmobil startklar machten, hatte Nifen auf der anderen Seite des Wagens das Fenster heruntergelassen und war nun mit Geburtstagsbärchi eifrig am tuscheln. Aufgeregt blitzten die Augen des kleinen Bären mit dem Geburstagskuchen auf dem Bauch und es nickte eifrig. Dann rannte es blitzschnell zu seinen Gefährten, die sich gerade auf den Weg ins Schwabenland machen wollten, und flüsterte ihnen was zu.

Worum es ging?

Natürlich um ein Fest. Aber nicht irgendein Fest. Nein, das erste Sorglospunk-Wolkenfestival! Und Geburtstagsbärchi hatte nur dafür sorgen wollen, dass das Dekontaminationskommando auch die Instrumente der Sorglospunks sowie die dann hoffentlich wieder genesene Bandmuse mitbrachte. Denn dann stand einem gelungenen Live-Auftritt der Band als Highlight des Wolkenfestivals nichts mehr im Weg.

Und was für ein Fest es war...! Sogar Brummbärchi tanzte ausgelassen mit, als die Sorglospunks schließlich ihre eigene Version der Glücksbärchi-Hymne anstimmten:
 

Ich möcht' ein Sorglospunk sein

Das wäre wunderbar!

Ein Sorglospunk sein

Das ist doch sonnenklar!

Ein Sorglospunk sein

alles tun, was ein Sorglospunk tut

Ein Sorglospunk möcht' ich sein so wie du

so wie du
 

Wie Sorglospunk-Easy

machte ich nen Sorglossong

Mein Herz wird sein

wie das von Bassist Chris

Wie Multitalent Jack

werd' ich die Triangel spielen

Die glücklichsten Sorglospunks im Schwabenland
 

Ich möcht' ein Sorglospunk sein

Bring Sorglosmusik in die Welt!

Ein Sorglospunk sein

Ein Traum, der mir gefällt!

Eine wunderbare Band

das fest zusammenhält

wie Leim werden wir sein
 

Ich werd' kein Koch,

kein Feuerwehrmann

Fang nicht als Balancierer

bei 'ner Zirkustruppe an

Ein Sorglospunk möcht' ich sein

so wie du
 

Ich möcht' doch bloß ein Sorglospunk sein!
 

Dass sie dabei vielleicht ein paar mehr Wörter umdichteten als notwendig gewesen wäre, merkte im Eifer der Feier niemand, aber schließlich musste man der Band ja auch zu Gute halten, dass abranka glücklicherweise nicht so oft krank war und das Sorglospunkhauptquartier somit die meiste Zeit des Jahres von diesem Ohrwurm verschont blieb.



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