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Heart Over Mind

von

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Kapitel 2a

„Forte, kannst du mir eben mal die Tür öffnen? Ich hab’ gerade keine Hand frei!“ –„Augenblick noch!“ –„Mach schon sonst fällt mir das Tablett runter!“ –„Hast du noch Torte?“ –„Ja, den Rest halt. Nun mach’ schon auf!“ +Aufstehen, Hingehen, Türöffnen+ „Mal ehrlich, das hat jetzt aber lange gedauert, Forte.“ –„Kann ich von dir aber auch behaupten. Wo is’n jetzt meine Torte?“ –„Warte. Ich stellt das Tablett auf den Couchtisch. Außerdem… Was machst du da mit dem Kissen?“ –„Ich… Öhm…“ –„Erzählst du’s mir oder muss ich dir das Kissen wegnehmen?“ –„Das wagst du ja doch nicht!“ –„Willst du mit mir wetten? Deine Chancen stehen schlecht.“ –„Auch egal. Ich hab’ ein riesiges Horn. Da. Siehst du?!“ –„Du hast an sie gedacht, nicht wahr?!“ –„Was blieb mir denn anderes übrig?! Komm her und les es dir durch. Ich brauch’ jetzt Zucker und ’ne Pause.“ –„Sei doch nicht gleich beleidigt. Ich hab’ doch nur gefragt.“ –„Ja, ja. Ist ja gut. Ich kann jetzt mal ganz intensiv an dich denken. Kannst mir glauben, dann wird’s kaum anders aussehen.“ –„Ist das wirklich so passiert? Das hast du mir nicht erzählt.“ –„Ich habe meine Gründe.“ –„Lahme Begründung. Du empfindest immer noch was für sie.“ –„Ich stehe nicht mehr auf Frauen. Seit der Nacht da nicht mehr. Niedlich, dass du nach dreißig Jahren noch so eifersüchtig bist, Chrys. Ganz ehrlich. Wenn ich an Sex denke, passiert das doch immer. Bei dir auch. Das sehe ich doch.“ –„Gib mir ein Kissen.“ –„Nö. Ich mag was ich sehe.“ –„Ich spring’ dir gleich ins Gesicht.“ –„Ich bitte drum. Macht mich ganz scharf.“ –„Jetzt?“ –„Nee. Schreib du mal lieber dein zweites Kapitel. Dann sehen wir weiter.“
 

~~ Kapitel 2
 

Ich muss wieder weit ausholen um Ihnen die Situation klar zu machen. Mit sechzehn wurde ich überfallen. Damals lebte meine Familie noch in der Zentralen Hauptstadt. Die Banden waren damals gnadenlos.
 

Rassisten gehen mir auf den Geist.

Was mit mir passiert ist, war mehr als nur harmloses Gepöbel. Die hätten mich fast abgestochen. Seitdem trage ich etliche große Narben. Es war tiefster Winter und schon lange dunkel draußen. Auf dem Weg von der Schule nach Hause packten sie mich, zerrten mich in eine Sackgasse und massakrierten mich. Ich schrie nonstop um Hilfe, aber als die Polizei kam, waren sie schon geflohen. Kleine Wunden verheilen bei mir sehr schnell, aber das war zu viel.
 

Die beiden großen Narben, die meinen Rücken hinunter reichen, schmerzen heute noch bei diesigem Wetter. Die anderen sieben sind da weniger lästig. Immerhin kann ich alle bis auf zwei unter meinen Klamotten verstecken.

Meine Eltern gaben ihr ganzes Erspartes fürs Krankenhaus aus. Sie verkauften sogar ihr Haus nur damit ich die bestmögliche Behandlung erhielt. Meine Mutter war schwer herzkrank. Als ich aus der Klinik entlassen wurde, lag sie bereits einen Monat zu Hause im Bett. Dann mussten wir nach Satan City umziehen. Mein Vater eröffnete eine kleine Buchhandlung für antiquarische und außerirdische Bücher und wir wohnten zur Miete. Das Gebäude gehörte dem Boss der Rivar Corp. Vater verkaufte nicht gut. In den Zeiten von Capsule Net waren Bücher nicht mehr angesagt. Die Miete war kaum aufzubringen. Das war die Zeit, in der ich begann Nachhilfe zu geben, um meinen Eltern zu helfen. Die Kosten für Mutters Medikamente verschlangen alles was ich verdient hatte. Dann wurde ich auf dem linken Auge blind und bekam eine Brille verschrieben. Vater hat meinetwegen seinen Oldtimer verkauft. ~~
 

„Du bist so still und dein Tee wird kalt, Chrys. Geht’s dir schlecht? Soll ich deine Tropfen holen?“ –„Wie? Nein, nein.“ –„Dann sprich mit mir. Du sitzt nur da und seufzt.“ –„Es ist nichts.“ –„Ich werd’s schon sehen, wenn ich das Kapitel nachher lese.“
 

~~ Ich beschloss, wenigstens einen guten Schulabschluss hinzulegen, wenn schon alles andere in die Binsen ging. So lernte ich Tag und Nacht, aß nicht, trank nicht, schlief nicht. Im ersten Jahr an der Schule hatte ich einen Durchschnitt von eins Komma acht. Aber ich wollte mehr. Ein Schnitt von unter eins Komma fünf bedeutete ein Stipendium für das College. Meine Eltern sollten nicht mehr für mich bezahlen müssen. ~~
 

„So, du seufzt schon wieder. Soll ich mich dazu setzen und deine Hand halten, während du schreibst, oder was?!“ –„Machst du eh nicht. Lass mal.“ –„Noch mal seufzt du und ich setz mich dazu. Versprochen.“
 

~~ Ich hatte Biologie und Englisch als Leistungskurse gewählt und als Prüfungsfächer Kunst und Geschichte. Ich sehe nicht so aus, aber für den Rest meiner Schulzeit war ich vom Sport befreit. Obwohl ich Sport wirklich mochte. In meiner Kindheit habe ich mit den Kindern aus meiner Nachbarschaft Fußball gespielt. Ich vergötterte die großen Vereinsspieler und wollte selbst einer von ihnen werden.
 

Ich bekam Asthma und der Traum war ausgeträumt. Der Arzt sagte, es käme vom Smog. Der Trainingsplatz im Industrieviertel lag immer unter einer dichten Dunstglocke.
 

Das ist der Grund, warum ich Tropfen für meine Atemwege nehmen muss. Auch über Satan City hängt so eine Abgaswolke. Mir scheint als hätten wir seit Jahren die Sonne nicht mehr gesehen.
 

In der Schule war ich immer ein Außenseiter. Ich war die Brillenschlange, der Superstreber, der Bücherwurm. Kinder sing grausam, obwohl mir nie einer wegen meiner Hautfarbe, meinen Fühlern oder meinen Ohren auf die Nerven gegangen ist. Bis auf dieses eine Mal im Winter. Blut, überall Blut. ~~
 

„Halt dich gerade. Ich hol’ dir deine Tropfen. Wo ist das Notfall-Set?“ –„Neben dir in der Couchtischschublade.“ –„Es ist alles gut. Pscht… Keine Angst! Du bist in einem großen, hellen Raum. Unser Wohnzimmer. Wie viele brauchst du?“ –„Gib mir zwei.“ –„Hier. Mund auf. Da hast du’s.“ –„Danke.“ –„Ich hab’ echt Angst um dich.“ –„Tut mir Leid, Forte.“ –„Macht nichts. Du kannst nichts für deine Vergangenheit.“
 

~~ Ein halbes Jahr vor der Abschlussprüfung war ich einer von sieben Stipendiumsanwärtern mit einem Schnitt von eins Komma zwei. ~~
 

„Vielleicht legst du dich jetzt mal auf die Couch. Du bist ganz blass. Trink du deinen Tee.“ –„Na, gut.“ –„Ich versuch’ mal was. Vielleicht kann ich gleich da einsteigen, wo du ausgestiegen bist.“ –„Versuch’s. Viel Spaß.“ –„Bist du sauer?“ –„Nee. Brustschmerzen. Geht gleich wieder.“ –„Wenn ich nicht ständig auf dich aufpassen würde…“ –„ Ja, ich weiß. Du hast es nicht leicht mit mir.“ –„Deshalb bleib’ ich bei dir. Ich mag’s kompliziert.“ –„Grins du nur, Schokoschnute.“ –Ich werd’ mich nachher in aller Ausführlichkeit bei dir entschuldigen. Weißt schon wie ich’s meine.“ –„Jetzt brauch’ ich wirklich ein Kissen.“ –„Ich lasse dich das Kapitel lieber doch zu Ende schreiben. Na ja… Ich geh’ mir lieber erstmal was Bequemeres anziehen.“ –„Was hast du denn schon wieder für eine Fantasie?“ –„Das hat mit Fantasie nichts zu tun. Du bist bloß gerade so schön hilflos.“ –„Komm her und dann zeig’ ich dir wie hilflos ich bin.“ –„Mach’ mal langsam. Schreib lieber weiter.“ –„Und du lass dir nicht so viel Zeit.“ –„Ich bin ja nicht du.“
 

~~ Ich saß alleine in der hinteren Reihe im Kunstunterricht und zeichnete. Unser Projekt war es für die Fußballmannschaft der Schule neue Trikots zu entwerfen, was kaum einer ernst nahm. Ich übrigens auch nicht. Die Fenster gaben den Blick auf den Sportplatz frei, wo gerade das Fußballtraining stattfand. Zu gerne wäre ich auch bei den Jungs auf dem Spielfeld gewesen. Es war purer Zufall, dass ich ausgerechnet den Teamkapitän zeichnete. Wusste selbst nicht was ich davon halten sollte. Schließlich war er schon jetzt so etwas wie eine Berühmtheit. Die "Sprinters“ - wie die Mannschaft hieß - hatten das dritte Mal in Folge die Jugend-Meisterschaft gewonnen. Diese Kunstprojekt hatte der Hauptsponsor – die Rivar Corp. – in Auftrag gegeben.
 

Mein Entwurf unterschied sich kaum von den aktuellen Trikots bis auf die Tatsache, dass ich die Ärmel weggelassen hatte. Manche der Jungs krempelten die kurzen Ärmel auf um es so aussehen zu lassen.
 

Herr Alton, der Kunstlehrer, sammelte die Blätter ein, als es zur Pause klingelte. Missmutig gab ich den Entwurf ab. „Hm? Gut getroffen. Die Proportionen und die Pose sind gut getroffen. Ich bin recht beeindruckt. Wenigstens hatten Sie eine andere Idee als nur einen Streifen auf den Ärmeln hinzuzufügen. Ich werde es als Kandidaten in die Auswahl aufnehmen. Wirklich gut.“ –„Nur gut?“ –„Chrys, hören Sie, es ist sogar sehr gut. Mehr als 15 Punkte kann ich Ihnen nicht geben.“ –„Danke.“ –„Nein. Ich muss Ihnen danke. Sie sind ein Lichtblick in der drögen Masse.“

Ich packte meine Sachen zusammen und verließ den Klassenraum als Letzter so wie immer. Mein Spind lag ganz am anderen Ende des Ganges nahe den Umkleiden. Ich gab meine Geheimzahl in das Tastenfeld ein und der Mechanismus öffnete die Tür.

Die nächste Stunde war Bio. Ich hatte Vater drei dicke Wälzer zum Thema Kardiologie abgekauft. Die drei und das schuleigene Buch wogen sicher annähernd 5 Kilo.

Polternd wurde die Tür hinter mir aufgestoßen und ich wurde umgerempelt.

„Pass auf wo du stehst! Ich mach dich platt, Bücherwurm!“, knurrte der bullige Bär-Morph. „Bücherschnecke, Alter!“, grunzte ein anderer mit wilden Haaren, der darauf von dem Bären einen Hieb gegen den Arm bekam. Während ich am Boden kniete und meine Bücher aufhob, blieb einer von ihnen neben mir stehen. „Ist dir was passiert?“, fragte er und half mir auf meine Beine. Ich meine, ich bin ja schon groß, aber der war noch etwas größer. Ich sah in grüne Gesicht und die blauen Augen des Mannschaftsführers. „Mir... Mir geht's gut“, stotterte ich. „Gut. Das nächste Mal gehst du Denbo und Jasira besser aus dem Weg.“ Ich nickte darauf nur und drückte die Bücher fester gegen meine Brust.

Der Rest der Gruppe war stehen geblieben und wartete. „Ey, Denbo! Das nächste Mal räumst du deinen Müll selber weg!“, brüllte er dem Bären hinterher. „Yo, Forte! Ein nächstes Mal wird es nicht geben!“, gab der Bär zurück und erhielt Gelächter dafür.

Ich war noch ganz benommen, als es zur Stunde klingelte und noch, als Doktor Simmons - der Biologielehrer - mich aufrief um seine Frage zu beantworten. „Schlaf nicht, Bücherwurm!“, rief eine bekannte Stimme hinter mir und bewarf mich mit zerknülltem Papier. „Lass ihn doch in Ruhe, du Arschloch! Hat vielleicht ’nen schlechten Tag“, polterte eine andere bekannte Stimme dagegen. Ich seufzte und rollte mit den Augen. „Haben Bücherwürmer ihre Tage? Sag' schon, Alter! Forte, du müsstest das doch wissen!“ Simmons an der Tafel räusperte sich. „Meine Herren, da Sie unser Thema nicht zu interessieren scheint und Sie nichts konstruktives zum Unterricht beizutragen haben, schlage ich vor, Sie melden sich umgehend bei Direktor Charlston.“ Forte sagte nichts dazu. „Warum immer ich?“, knurrte Denbo. „Da wäre noch etwas bevor Sie gehen. Der Direktor möchte gerne ein Einzelgespräch mit Ihnen führen, Forte. Er klang nicht sehr erfreut.“

Ich seufzte wieder, als die Jungs gegangen waren. Simmons stellte die Frage ein zweites Mal und dieses Mal konnt ich sie auch beantworten. Den Rest des Tages über dachte ich nur noch an den Zusammenstoß und an diese blauen Augen, in die ich geblickt hatte. ~~



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Dark-Serenity-Sama
2008-01-14T19:26:18+00:00 14.01.2008 20:26
Diese Dialoge ... göttlich! Ich muss jedes Mal einen Lachanfall unterdrücken, zu genial. Diese unterschwelligen Andeutungen jedes Mal, zum Brüllen.
Ich möchte diese FF wirklich nicht in meinen Favouriten missen.


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