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wicked

der dunkle Pfad zur Unsterblichkeit
von

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Grenzen

Er wankte wie ein Betrunkener durch den Eingangsbereich, zog sich dann mühsam an dem Geländer die Treppen empor und rettete sich schwer atmend in seine Räumlichkeiten, wo er die Türe ins Schloß schlug und kraftlos bäuchlings vor dem unsauberen Bett zu Boden ging. Toms Atem ging stoßweise, wie nach einem Marathon den er versucht hatte unter allen Umständen zu gewinnen. Seine Augen brannten, sein Mund war trocken. Das Geschehene tanzte wild in seiner Phantasie und die Hitze in seinen Lenden veranlasste ihn dazu, sich stetig auf die Unterlippe zu beißen. Im Nachhinein schimpfte er sich selbst einen Dummkopf, seine Beherrschung verloren zu haben. Natürlich schob er den Grund dafür auf Abraxas, der ihn dazu provozierte.

Riddles Schultern erbebten vor Wut unter dem Gedanken an jenen Verräter, der es gewagt hat ihn mehr als nur bloßzustellen und dann auch noch ungeschoren davon gekommen ist. Sicherlich war er jetzt schon über alle Berge, mit seiner Vorzeige-Familie im Schlepptau, ab nach Italien oder Rumänien, wo er, wie Tom seinerzeit heraus gefunden hatte, Verwandtschaft und Bekannte hatte bei denen er sofort Unterschulpf gewährt bekäme. Und weil Malfoy wusste, dass Voldemort im Augenblick mit anderen Dingen beschäftigt war, rechnete er nicht damit, verfolgt zu werden.

Und eines war Tom klar: Wenn er Abraxas stellen und töten würde, dann persönlich.
 

So eine Art Seufzen drang aus der hintersten Ecke seines Mundwinkels und die Fingernägel tief in das Bettlaken gebohrt, starrte er ein wenig abwesend gegen die kahle und brüchig verputzte Wand. Seine Finger kneteten zuweilen das Laken und Riddles Gemütszustand, der am untersten Level angekommen war, flaute ein wenig ab. Ein plötzliches, saichtes Klopfen riss ihn aus der Nachdenklichkeit, ließ ihn den Kopf heben und drehen. Sich sammelnd, rappelte sich der hoch Gewachsene auf die Beine zurück, glättete mit beiden Handflächen nebensächlich sein Hemd und überquerte die Distanz zur Türe, gleichsam ein leises aber deutlich erboßtes „Was ist?!“ murmelnd.

Die Scharniere quietschten dumpf, gaben Bellatrix freien Eintritt in die Höhle des Löwen, den sie just im selben Sekundenbruchteil wahr nahm und nutzte. Denn hielt sich die Schwarzhaarige, mit den geröteten Wangen, keinen Atemzug mit Schüchternheit auf, sich auf Tom zu stürzen und ihn in eine wackelige Umarmung zu verstricken, die ihn zum Torkeln brachte, dass er mit der Hüfte die Ecke des Schreibtisches striff und einen erstickten Schmerzenslaut von sich gab.

„Es tut mir leid“, hauchte Bella, obgleich Riddle den Anlass ihrer Entschuldigung nicht wirklich nachvollziehen konnte. Die Arme von sich gestreckt, schenkte er der Hexe einen vollkommen verwirrten Lidaufschlag, bevor sich seine Hände an ihre Oberarme klammerten, dass er sie mit sanfter Gewalt ein wenig von sich schieben konnte.

Maß er ihr Gesicht, bemerkte Tom, dass sie geweint hatte. Irgendwie löste diese Erkenntnis nichts in ihm aus. Weder Mitleid, noch Gewissen.
 

„Ich empfinde nichts für dich“ konfrontierte er Bellatrix schließlich mit der Wahrheit und erntete jäh ein schwaches Keuchen. Trotz allem, trotz dem Vorfall gerade unten im Kaminzimmer, konnte sich Riddle nicht vorstellen, dass die Hexe Gefühle für ihn hegte. Einmal abgesehen davon, dass sie ausgesprochen jung war, erinnerte er sich sehr wohl an ihre Reaktion bei ihrer ersten Begegnung. Er hatte für sich hingegen fest gestellt, dass sein Verlangen allein von seiner Männlichkeit her gesteuert wurde und rein gar nichts mit Gefühlsduselei zu tun hatte. Etwas anderes hätte den Schwarzmagier auch ungemein verunsichert.

„Du machst mich geil. Das ist aber auch alles. Also geh und lass mich allein.“

Sie löste sich aus seinem Griff. Das Kinn auf der Brust, kniff sie die Lider aufeinander. Ihre vollen Lippen bebten so sehr, dass sie gezwungen war, sie zusammen zu pressen. Es dauerte eine ganze Weile, bis sie eine neuerliche Regung durchfuhr.

„Es ... ist nicht deswegen.“ begann sie stockend. „Ich liebe dich nicht, falls du das denkst. Aber ich begehre deinen Geist und dein Genie... ich bewundere dich, wie niemand anderen.“ Die Farbe auf ihren Wangen wurde deutlicher. „Ich möchte einfach nur in deiner Nähe sein.“

Die Stirn gerunzelt, legte sich Toms Haupt ein wenig beiseite.

„Und das ist ein Grund, so hysterisch zu sein? Wie reizend...“

„Nein!“, warf Bella schnell ein.

„Nein... es ist... es ist wegen Rodolphus.“

„Du denkst an Lestrange, wenn du in meiner Nähe bist?“

Riddle klang beleidigt und war es auch. Keiner war besser als er, dass man in seiner Gegenwart an denjenigen einen Gedanken verschwendete.

„Nein! Es ... Ich...“ , sie sammelte sich, schloß die Augen. „Ich werde ihn heiraten ...“
 

Schweigen. Die Worte erreichten Toms Denken nur mühselig. Heirat. Er verband mit diesem Brauch überhaupt nichts. Nichteinmal eine Erinnerung. Man muss nicht zwangsläufig verliebt sein, um zu heiraten – das hatte er oft genug an den Reinblütern gesehen. Die meisten waren es trotzdem. Wenn er sich Bellatrix so ansah, zählte sie nicht zu dieser auserkohrenen Sorte.

„Oh.“, entwich es ihm darum überrascht. „Das ist... furchtbar“, fügte Riddle ironisch hinzu, als handelte es sich um eine nah gestandene Person, die soeben gestorben war. Ein scheues und trauriges Lächeln bahnte sich flüchtig über Bellas Mund. „Wir waren schon von Anfang an für einander bestimmt, wenn du weißt, was ich meine... ich mag ihn, das gebe ich zu. Aber er geht mir unheimlich auf die Nerven. Und ich befürchte, dass ich eine schlechte Ehefrau sein werde.“

Voldemort entrang sich ein kaltes Lachen.

„Wie kommst du nur auf soetwas?“

„... weil... ich ein Freigeist bin.“ Sie wandte sich ab, zum Gehen. Tom hielt sie nicht auf.

„... ich mache, was ich will. Und ich will einen Mann heiraten, den ich ehrlich liebe...“

Riddles versteifte sich unweigerlich ein wenig. Er mochte dieses Thema nicht. Es ergab für ihn keinen Sinn. „Liebe ist die Lüge der Realität, Bella.“ entgegnete er deshalb tonlos und schenkte seinerseits seinem unordentlichen Schreibtisch ein wenig mehr Aufmerksamkeit als ihr. Sein Blick glitt über geöffnete Briefe, leere Phiolen, seine Schreibfeder. „Sie macht blind und lässt Menschen seltsam unwirkliche Dinge tun.“

„Warst du schon mal - ?“

„Nein... denn ich bin kein solcher Schwächling.“

Peinliche Stille legte sich wie ein Tuch über ihre Häupter. Bella wirkte enttäuscht und müde, doch sie kam seiner Aufforderung nach und verließ, ohne ein Abschiedswort, seine Domäne.
 

Es gab viele Grenzen im Leben. Hier war eine. Tom würde für sie nie ein richtiger Mann sein können, denn er besaß keine Gefühlswelt, noch gestand er sich Fehler oder Schwächen ein. Er war nicht wie die anderen. Er war ein Genie, mit dem Denken vernab der naiven Individuuen in seiner Umgebung. Keiner konnte ihn oder sein Handeln verstehen. Das depremierte von Zeit zu Zeit – wie auch jetzt, wo sich der hoch Gewachsene auf seinen Schreibtischstuhl fallen ließ und abermals in seiner Apathie versank. Keiner liebte ihn, denn er liebte von sich aus niemanden. Freilich hatte er es in jugendlichem Leichtsinn versucht – aber was brachte es, außer Kummer, Leid und Wut?

Nichts...

Riddle stieß das Tintenfass um, die Ellenbogen auf die Platte stütztend, damit er den Kopf in den Händen vergraben konnte. Vielleicht hatte Malfoy recht. Vielleicht war er nicht mehr er selbst. Möglicherweise war er sogar jemand komplett anderes. Es tangierte ihn nicht, denn so erreichte er seine Ziele: Das, was er schon immer wollte. Egal, ob er dafür Gewalt benötigte, oder nicht. Und er würde damit weiter machen. Er würde Dumbledore dem Erdboden gleich machen und sich Hogwarts nehmen wie eine Hure. Das Schloß gehörte ihm und wenn es nötig wäre, so würde er den Weg mit Leichen pflastern, um es zu bekommen.

„Keiner kann mich jetzt noch aufhalten“, drangen Silben zwischen seinen Mundwinkeln hervor. „Nicht einmal ich selbst.“

Nagini betrachtete ihn besorgt aus großen, schwarzen Augen, erwiderte jedoch nichts. Ihr Meister war jetzt nicht in der Stimmung, mit ihr zu reden.



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