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wicked

der dunkle Pfad zur Unsterblichkeit
von

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Der Ausbruch

Es war auf Anhieb eine Armee, die sich hintereinander durch die zahllosen Türen der ersten Ebene drückte, um sie mit erhobenen Zauberstäben zu empfangen. Bellatrix suchte festen Stand und reckte ihren Arm hoch über den Kopf in eine verteidigende Position, tat es ihren Mitkämpfern gleich. Noch immer war es ein seltsames Gefühl, hier zu sein. Zu kämpfen. Für etwas angeblich Besseres zu kämpfen. Aber war es das? Oder war sie nur ihres Vaters wegen hier? Weil sie Rache an denjenigen nehmen wollte, die seinen Tod zu verschulden hatten? Die Magier der ersten Reihe hielten einen Atemzug lang inne, als sie Voldemort an der Spitze der Gegner ausmachen konnten. Sie zögerten, mit ihrem Aufmarsch fortzufahren. Bellas Blick glitt zu ihm hinüber. Sie maß sein Konterfei, die Entschlossenheit auf seinem entstellten Gesicht. Ob er sie für ihren Kuss hasste?

Ob er überhaupt noch daran dachte?

Tom hatte sie seit dem vergangenen Abend vollkommen ignoriert, kein Wort mit ihr gewechselt. Und trotzdem darf sie heute hier sein, wie er es ihr aufgetragen – ja im weitesten Sinne versprochen hatte. Unweigerlich legte die Hexe ihren Kopf in den Nacken, sah gen Himmel. Dunkle Wolken verschleierten allmählich jegliche Sicht. Vielleicht begann es bald zu schneien, wie für die Jahreszeit eigentlich üblich.
 

Im selben Sekundenbruchteil, da ein plötzlicher Stopp durch die Auroren fuhr, reagierten die Todesser mit einem prombten Konter, schoßen allerlei Flüche in die Richtung der Vordersten und nahmen ihren Sturm wieder auf. Bellatrix war unter ihnen, mischte sich in das Getümmel. Die Zauber eines Herausforderers parierend, glitt die Schwarzhaarige zwei ausgreifende Schritte voran. Rote Funken überkam ihre Zauberstabspitze und traf den vermeidlichen Feind inmitten der ungeschützten Brust. Er stockte sichtlich, stierte sie aus ungläubigem, ja irritiertem Augenmerk an, taumelte und fiel auf die Knie, schließlich bäuchlings zu Boden. Es war der erste Mord, den sie begangen hatte. Zu ihrer eigenen Überraschung fühlte die Hexe keinen Hauch von Reue. Ganz im Gegenteil. Befriedigung schlängelte sich an ihren Beinen empor. Aber noch ehe sie ihren Triumph genießen und auskosten konnte, wandte sich schon der nächste Duellant an sie, forderte ihre Kraft und Ausdauer.

Tom hatte mit seiner Aussage recht gehabt, die ihr bei einem Blockversuch unweigerlich wieder in den Sinn kam und obgleich sie damals mehr als gekränkt gewesen war, verstand sie nun was er mit

„Ich bezweifel genau genommen, dass du auch nur annähernd dazu im Stande bist, ein richtiges Duell zu führen“ meinte. Ja. Riddle war in dieser Hinsicht reichlich unverschämt gewesen, doch er hatte die Wahrheit gesprochen. Und jetzt erkannte sie den Unterschied zu dem, was man ihnen in der Schule beibrachte und der Realität. Sie hatten sie mit Samthandschuhen angefasst, denn waren sie davon überzeugt, dass es keinen weiteren wie Gellert Grindelwald geben würde.

Ihre Generation wurde bevormundet, wie keine Zweite. Wahrscheinlich beabsichtige das Ministerium sogar, dass sie weniger Praxiserfahrung erhielten – aus dem einfachen Grund, die Quote der Rassisten einigermaßen unter Kontrolle halten und Aufstände vermeiden zu können.

Aber hier lag ein eindeutiger Irrtum vor.
 

„Egal, was du tust. Du musst es wollen.“ ermahnte der Schwarzmagier sie in Gedanken weiter. Das galt vor allem der Zuwendung der „Unverzeilichen Drei“. Für Bella stellte es sich als schwierig heraus, ihrem Zorn freien Lauf zu lassen und diese Kraft zum Beispiel für einen richtigen Cruciatus-Fluch zu nutzen. Jetzt, da Vater tot war, besaß sie Hass im übermaß. Und das bekam der Magier in ihrer Gegenwart auch sofort zu spüren. Denn hielt sich die Schwarzhaarige nicht weiter mit lächerlichen Abwehrzaubern auf, sondern verteilte gezielte und schmerzvolle Folterflüche.

Erst als jemand ihren Namen rief, löste Bellatrix den Kontakt zwischen Zauberstab und Körper. Sie sah sich suchend um und registrierte Lucius, der bereits eine der Türen erreicht hatte und auf sie wartete, gestikulierte. Natürlich, fiel es ihr langsam ein, sie waren für Abraxas' Freilassung zuständig. Ihre Brust schwoll an, als sie tief nach Atem rang. Gleichzeitig starrte sie dem Auror vor ihren Füßen unnahbar in die verzerrte Fratze. Das Folgende war mehr ein Gnadenstoß, wie eine Bestrafung. So beschränkte sich die Hexe lediglich auf ein „Avada Kedavra“, setzte sich über den Leichnam hinweg und bahnte sich einen Weg zu Malfoy, mit welchem sich gleichermaßen in die Festung verschwand.
 

Sie rannten bis zu einer Abzweigung. Erst dann waren sie gezwungen stehen zu bleiben und ihre Umgebung, die nur spärlich von ein paar Fackeln erhellt wurde, zu sondieren. Außer weitere, geschlossene Türen und kalten, feuchten Wänden, sowie allerlei unterschiedliche und verwinkelte Wege, gab es nichts. Gerade das veranlasste die Schwarze Hexe zu frösteln.

„Da lang!“, komandierte der Blonde sie letztlich. Ohne darauf zu achten, welchen Weg sie hinein genommen hatten, ohne sich die Biegungen zu merken, liefen sie an besetzten oder leeren Zellen vorbei. Ernteten von manchen flehende Worte, sie mögen sie doch befreien. Je tiefer sie in das Gefängnis eindrangen, umso erdrückender wurde die Atmosphäre. Nach einer geraumen Weile wagte Bella die Stimme zu erheben: „Weißt du überhaupt, wo wir hin müssen?“

„Ja! Ich habe mir die Zellennummer gemerkt, als wir Vater das letzte Mal besuchten!“

„Und die wäre?“ Ihr Magen verkrampfte sich ein wenig. Azkaban war groß und hatte einiges an „Unterkünften“ zu bieten. Und wer wusste schon, ob hier oder nicht doch noch jemand lauerte, der die Gefangenen bewachte?

„413!“

Sie holte fast zu ihm auf, kaum fähig die Worte in ihrem Kopf zu sortieren. So schwieg sie, Fackel um Fackel passierend bis das Ambiente schwärzer und verlassener wurde. Bellatrix kannte sich mit Azkaban nur bedingt aus. Da ihr Vater im Ministerium gearbeitet hatte, hatte er ihr des Öfteren davon erzählt. Dass er es keinem wünschte, die restliche Zeit seines Daseins dort zu fristen. Denn gab es sicherlich mildere Strafen für einen Zauberer, der ein Verbrechen begangen hatte.

Der Vergangenheit nachhängend, bemerkte Bella Lucius' Stehen bleiben nicht und wäre um ein Haar mit ihm zusammen gestoßen, hätte sie den Blick nicht kontinuierlich auf ihn gerichtet gehabt.

Ein breitschultriger Mann vertrat ihnen mit gezückter Waffe den Weg. Sein Gesichtsausdruck war im matten Kerzenschein schwach auszumachen.

Die Hexe warf Lucius einen flüchtigen Lidaufschlag zu, den er erwiderte. Dann nickte er zustimmend, so als hätte er ihre Gedanken gelesen. Sie benutzten ihre Zauberstäbe in der Brusthöhe ihres Gegenübers, riefen den Todesfluch wie aus einem Mund, dass er laut an den Wänden widerhallte. Der Auror erbebte nur einen Herzschlag lang, erlag dann seinen einknickenden Knien, stieß mit dem Kopf seitlich gegen die kalte Wand und rutschte daran zu Boden.

Ihre Aufmerksamkeit gehörte ihm nur kurz.

„Fühlst du dich für ihr Leben verantwortlich?“

Lucius flüsterte zaghaft, so als fürchte er etwas Falsches seinen Lippen entgleiten zu lassen. Er tastete den Toten mit unschlüssigem Augenmerk ab. Bellatrix vermutete, dass er noch nicht allzu oft getötet hatte. Da ging es ihm jedenfalls nicht anders, als ihr selbst.

„Nein.“ entgegnete sie schließlich tonlos. „Sie fühlen sich für uns auch nicht verantwortlich. Und der Dunkle Lord sagt, wir würden Gleiches mit Gleichem vergelten, also.. -“
 

„Der Dunkle Lord?“ Es war nur ein Whispern, kaum hörbar. Doch Malfoy wirbelte abrupt herum, dass Bella zusammen fuhr und ihren Stab abermals kampfbereit zückte.

„Vater?“

„Vater, ich bin es!“

„... Lucius?“, es war nur ein raues und heißeres Krächzen, kaum vernehmlich.

Füße schlurften über strohigen Boden und ein Schemen drängelte sich an Gitterstäbe. Im matten Licht des Fackelscheines wurde eine Hand sichtbar. Ausgemergelt und zittrig. Die Todesser eilten auf die Zelle zu und stockten, als sie dem Insassen gegenüber standen.

Abraxas machte keinen besseren Eindruck. Seine Haut war blasser als sonst und irgendwie wächsern. Er hatte die wenigen Wochen, die er gefangen gehalten wurde, merklich Gewicht verloren. Sein langes Haar war verfilzt und schmutzig. Alles in Allem wirkte er rampuniert und ermüdet. „Was machst du hier, Lucius?“ Das Blau seiner Augen war stumpf, fand Bella. Es hatte einen Hauch von Lebensenergie einbüßen müssen, was sie grauer erscheinen ließ. Sie biss sich auf die Unterlippe. „Wir sind hier, um dich zu rauszuholen“ Es war die Schwarzhaarige, die anstelle Lucius' antwortete. „Der Dunkle Lord hat Azkaban gestürzt und die Dementoren auf unsere Seite gezogen. Der Innere Zirkel bekämpft die wachenden Auroren auf dem Plateu.“

Abraxas umklammerte die Gitter seiner Zellentür. Sein Griff wurde fester, auf seiner Mimik spiegelte sich soetwas wie Zorn und Enttäuschung wider. Bellatrix hatte etwas anderes erwartet. War er nicht Voldemorts treuester Diener?

„Er ist hier wegen dir, Malfoy. Lucius und ich sollen dich zu ihm bringen.“

Langsam und gemächlich fixierte der Gefangene seinen Sohn, dem die Farbe aus dem Gesicht gewichen war. „Du hast das Dunkle Mal?“ Er klang alles andere als stolz. Die Hexe runzelte die Stirn, beobachtete den Blonden auf ihrer Seite der Zelle, der kleiner zu werden schien.

„Vater... es war die einzige Möglichkeit. Ich wusste nicht... - was hätte ich denn tun sollen?!“

„Du hast deine Seele dem Teufel verkauft, Lucius.“

„Aber wir sind hier um dich zu befreien!“

Ein raues Lachen entrang sich der Kehle des alten Malfoys. „Und ihr glaubt wirklich, dass das Toms Ziel ist? Mich hier raus zu wissen? Macht euch nicht lächerlich, Kinder. Voldemort sieht es gleichermaßen als einen Grund, seinen eigenen Interessen nachzugehen. Seine Welt war ihm schon immer das Wichtigste. Wir sind darin nur Randfiguren.“

„Was meinst du damit?“ Bellatrix schob Lucius etwas beiseite, um Abraxas besser erkennen zu können, derselbe seufzte schwer und schüttelte den Kopf.

„Macht diese Tür auf.“
 

Zurück weichend, bedeutete Black den Männern ebenfalls Abstand zu nehmen, feuerte dann ein „Bombada“ gegen die Türscharniere, die sogleich aus dem schwarzen Stein brachen und die Zellentür zum Einsturz veranlasste. Staub und Schmutz bedeckte die Sicht. Abraxas hustete gezwungen, zog sich seine Kleider enger um den klammen Leib. Wortlos machten sie sich auf den Weg zurück zur ersten Ebene. Andere Inhaftierte kamen an ihre Zelleneingänge, bettelten gleichsam um kostbare Freiheit. Weder Lucius noch Bellatrix schenkten ihnen großes Beachtung. Ihr Auftrag war erledigt, beziehungsweise daran, sich zu erfüllen. Die Leben anderer tangierten sie daher nicht weiter. Dafür war der Zirkel zuständig.

Sie waren eine halbe Stunde in der gelinde belichteten Dunkelheit unterwegs, als Abraxas die Verschwiegenheit unterbrach. „Ihr kennt den Ausgang?“

„Wir folgen den Zahlen. Je niedriger sie werden, umso näher kommen wir dem Plateu.“

„Verstehe...“

Wie die Lage vor den Toren Azakabans aussah? Ob Lord Voldemort, wie er behauptete, die Macht besaß alle seine Feinde zu vernichten? Bellatrix hatte sich das nie so direkt gefragt, weil sie ihm mittlerweile bereits vertraute. Offen gestand sie sich ein, dass es für sie niemand mächtigeren mehr gab; dass er etwas Besonderes war. Ihre Wangen erreichte eine kaum annehmbare Röte. Erst die näher kommenden Schritte rissen sie aus ihrer Phantasie.

Das Trio war stehen geblieben – keine Sekunde zu spät. Denn schoßen unerwartete Flüche über ihre Köpfe hinweg, die Lucius nur um ein Haar verfehlten, weil Abraxas ihn mit sich aus der Schusslinie gezogen hatte.

„Halt!“ brüllte einer der Auroren.

„Zauberstäbe fallen lassen, oder wir garantieren für nichts!“

Sie kamen unaufhörlich näher. Die Schwarzhaarige fühlte ihr Herz, das wild zu schlagen begonnen hatte, wie es versuchte ihrer Brust zu entkommen. Auf Malfoys warnenden Lidaufschlag hin, legte sie ihr magisches Holz zu Boden.
 

Der leitende Auror interpretierte ihre Bewegung jedoch falsch und attackierte abermals. Durch ihre aufgeschlossene Nähe, den geringen Abstand, war es den Todessern ein Ding der Unmöglichkeit, zu parieren. Ihre Augen weiteten sich, die Pupillen wurden zu schwarzen Löchern. Angst und Entsetzen reflektierten den heran nahenden Fluch. War da ein Luftzug?

Sich instinktiv abwendend, hob die Hexe schützend ihre Arme, kniff die Lider schmerzend aufeinander und wartete auf den Einschlag und die Nachfolge des Angriffes.

Es geschah nichts.

In einer Folge von Sekundenbruchteilen erhellte sich der schmale Gang des Gefängnisses sieben Mal, bevor sich eine Art von Ruhe über sie legte und Bella, die begriff, dass sie immernoch atmete, die Orientierung wiederfand. Sie widerstand dem Drang laut aufzuschreien, einer nasenlosen Fratze entgegen starrend, die sie eindringlich betrachtete.

Riddle hatte sich zu ihr hinab gebäugt, wirkte alles andere als guten Mutes und hielt nicht einmal aus, sie zu Wort kommen zu lassen. Zog sie stattdessen auf die Füße zurück.

Während seiner Bewegung erkannte die Schwarzhaarige, dass sein Überwurf zerrissen war und sein Unterarm blutete. Es schien ihn nicht sonderlich zu stören. Genauso wenig, wie die zahllosen Schnitte auf seiner linken Wange.

„Ich hätte mit etwas mehr Schnelligkeit gerechnet. Der Rest müsste längst zurück an den Booten sein. Wir brechen auf.“ Ungeduldig und mit einem Blinzeln gen Abraxas, einem dünnlippigen, ausdruckslosem Lächeln, machte er sich auf zu gehen. Lucius, Bella und Malfoy schlossen zu ihm auf, stiegen über die Getöteten hinweg.

Hatten sie gewonnen? Verloren? War er zufrieden oder unzufrieden mit ihnen?

Bellatrix zitterte unweigerlich. Ihr war es mit einem Mal, als hätte sie nie etwas anderes getan, als Todesser zu sein. Und auf markabere Weise war es gut so.

Sie bereute nichts.



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