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Das Blut der Lasair

von

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Die schützende Erbin

Die schützende Erbin
 


 

Catherine fragte Louis zum vierten Mal, ob er sich wirklich sicher war, dass die anderen alles mitgenommen hatten, was sie benötigten, und Louis war dazu übergegangen, sie nur vielsagend anzusehen, anstatt wirklich zu antworten.

„Entschuldige.“ murmelte Catherine und erhob sich wieder vom Sofa, auf das sie sich vor zwei Stunden mit Lea gesetzt hatte.

Louis stand am Fenster und blickte hinaus, während Lea in ihr Buch vertieft eine Haarsträhne zwischen zwei Fingern hin- und herdrehte. Catherine verschränkte die Arme vor der Brust und begann mit den Fingern der einen Hand auf ihrem anderen Arm herumzutrommeln, was ein leises, dumpfes Geräusch verursachte, wegen dem Louis sich fragend zu ihr umdrehte.

„Die Warterei macht mich wahnsinnig.“ entschuldigte sich Catherine, nahm ihre Hände wieder herunter und ging im Zimmer auf und ab.

„Und das macht mich wahnsinnig.“ murmelte Lea und schlug die nächste Seite in ihrem Buch auf.

„Entschuldige.“ meinte Catherine nur, blieb stehen und blickte von dort, wo sie stand, zum Fenster hinaus.

„Weshalb bist du so nervös?“ fragte Louis fürsorglich.

„Ich weiß es nicht. Ich habe ein ganz ungutes Gefühl.“ entgegnete Catherine und ging nun doch zu ihm zum Fenster. „Es ist nicht auf Lestat, Marius und die anderen bezogen, aber ich habe ein schlechtes Gefühl – so als ob bald etwas passieren würde… oder schon passiert ist.“ erklärte sie und blickte Louis ernst an.

Er nickte langsam und wandte den Blick von Catherine zu Lea.

„Kannst du sonst etwas sagen, um das näher zu beschreiben?“ fragte er, doch Catherine musste den Kopf schütteln. „Lea hat heute Nachmittag auch etwas gespürt, hat sie mir gesagt. Sie verneint es zwar, doch ich bin mir sicher, dass sie sich durch das Buch auch nur ablenkt.“

„Louis, das ist völlig…“ begann Lea und legte das Buch beiseite, doch Louis schüttelte den Kopf.

„Vergesst nicht, dass ihr beide Hexen seid. Wenn ihr beide etwas fühlt, dann sollten wir uns vielleicht vorsehen.“ warnte Louis und Catherine nickte nachdenklich, ehe sie Lea fragte:

„Kannst du es genauer bestimmen?“

„Nein, aber es fühlt sich seltsam an. Wie ein Verlust. Oder eine gewisse Traurigkeit, deren Ursache ich nicht kenne.“ meinte Lea und erhob sich nun ebenfalls vom Sofa. „Und dann fühle ich mich… seltsam losgelöst von allem. Irgendwie wie unter Drogen – nicht dass ich Erfahrung damit hätte, aber so stelle ich es mir vor.

„Das bringt uns auch nicht sonderlich viel weiter.“ bemerkte Catherine und nahm ihr Haar über eine Schulter nach vorne.

„Hm. Vielleicht solltest du deinem schlechten Gefühl auf den Grund gehen, Catherine.“

„Ich soll in mich horchen?“

„So ungefähr.“ meinte Lea und fügte hinzu: „Dann muss ich das nicht wieder machen. Dein Unterbewusstsein ist mir zu verwirrend.“

„Das ist ein Argument.“ stimmte Catherine scherzhaft zu, schüttelte aber den Kopf. „Ich brauche erst etwas zu essen.“ erklärte sie, als sie Leas und Louis’ fragenden Blicken begegnete.
 

Catherine richtete in der Küche Brote für Lea und sich und ließ ihren Blick dabei in der Küche umherschweifen, ohne etwas Wichtiges oder Verdächtiges zu entdecken. Sie wurde langsam in der Tat paranoid – nun, ja: solange das Lestat nichts ausmachte... Ein stechender, gewaltiger Schmerz breitete sich urplötzlich in Catherines Kopf aus, sodass sie das Messer fallen ließ und vor dem Tisch in die Knie ging. Ihr Mund war geöffnet, doch kein Schrei drang über ihre Lippen. Sie presste ihre Hände gegen ihre Schläfen, weil sie glaubte, ihr Schädel würde explodieren. Ihre Augen verweigerten ihr eine klare Sicht, doch sie schloss sie wegen der starken Schmerzen sowieso unwillkürlich. Catherine verstand nicht, woher diese Kopfschmerzen plötzlich kamen, warum ihr Herz raste, als würde es gleich zerspringen, warum Schwindel ihre Glieder lähmte, obwohl sie auf dem Boden kniete.

„Gott!“ hauchte sie nur und beugte ihren Oberkörper nach vorne, als sie auch noch Übelkeit in sich aufsteigen fühlte. „Nicht gut.“ fügte sie unter heftigem Kopfschütteln hinzu und rollte sich auf dem Fußboden zusammen, wo sie sich zu ruhigem und kontrolliertem Atmen zwang.

Sie konnte unmöglich sagen, wie lange sie auf dem Boden gekauert und die Schmerzen ertragen hatte, die sie immernoch leicht verspürte. Catherine fasste sich an den Kopf, wischte sich den Schweiß von Stirn, Wangen und Nacken und lehnte sich dann erschöpft gegen das Küchenmöbel. Sie fühlte sich, als habe sie stundenlang trainiert: Ihre Knochen taten ihr weh, ihre Muskeln spannten, ihr Atem war flach und immernoch stoßweise.

Kurz schloss sie noch einmal die Augen und beruhigte ihre Gedanken, ehe sie die Augen wieder öffnete und einige Augenblicke lang, schwarze und weiße Flecken vor ihren Augen tanzten und ihre Sicht einschränkten. Ein seltsamer Migräneanfall – stärker als jeder, den sie bisher gehabt hatte, doch wahrscheinlich nichts anderes als das. Vor allem die Übelkeit zu den Kopfschmerzen sprach dafür, das wusste Catherine.

Langsam erhob sie sich, schüttelte den Kopf und sammelte sich, ehe sie das Brotmesser und die Lebensmittel wegräumte und mit dem Teller voller belegter Brote nach oben ging.
 

Sie hörte Louis’ eindringliche Stimme aus dem Raum tönen, bevor sie ihn überhaupt betrat, doch sie konnte nicht verstehen, was er sagte.

„Catherine!“ rief er schließlich nach ihr, als sie die Tür aufstieß und eintrat.

Catherine blieb eine Sekunde geschockt stehen, konnte kaum fassen, was sie sah, ließ beinahe den Teller fallen und reagierte dann geistesabwesend. Unsanft stellte sie den Teller ab und eilte zu Lea, die in aufrechter Haltung ungefähr einen halben Meter über der Erde schwebte. Ihre Arme waren seitlich vom Körper gestreckt, ihr Kopf leicht in den Nacken gefallen und ihr Haar war lose und wehte in alle Richtungen, da sich Lea in der Mitte eines von ihr selbst ausgehenden Sturmes befand. Catherine griff nach ihren Armen und wollte Lea zurück auf den Boden und in ihre Arme ziehen, doch eine unsichtbare Macht schien sie in ihrer Position zu halten.

„Was hat das zu bedeuten?“ fragte Louis dicht neben Catherine, doch die konnte nur den Kopf schütteln, rannte zur Wand und zog eine der Waffen hinter dem Familienwappen hervor, wie sie es vor Monaten schon einmal getan hatte.

„Bist du wahnsinnig?“ schrie Louis und stellte sich zwischen Catherine und Lea, die von alledem nichts mitbekam.

„Nur zur Sicherheit.“ erklärte Catherine schnell, drängte sich an Louis vorbei und blieb vor Lea stehen.

„Sicherheit? Meinst du, sie könnte… Lea würde nie…“

„Ich habe keine Ahnung, was hier geschieht! Da habe ich lieber eine Waffe in der Hand.“ erwiderte sie und warf ihm einen beruhigenden Blick zu.

Louis blieb stumm, blickte von ihr zu Lea und wieder zurück zu ihr und wartete ebenso ab wie Catherine, deren scheinbare Ruhe er nur bewundern konnte.

„Halte sie, Louis. Ich weiß nicht, was sie tun wird, aber halte sie!“ meinte Catherine nur, als Lea die Augen öffnete, aus denen nur weißbläuliches Licht schien, das ihre Iris völlig verschluckt zu haben schien.

Louis umfing Leas Körper mit seinen Armen und hielt sie fest, doch sie wehrte sich nicht. Sie nahm ihn auch nicht wahr, doch Catherine fiel auf, dass der Wind, in dem sich Lea und nun auch Louis befanden, überhaupt nicht auf Louis auswirkte. Lediglich Lea spürte ihn. Lediglich Leas Kleidung und Haar wurde von ihm bewegt. Nichts sonst. Was auch immer gerade mit Lea geschah, schien keine Gefahr für sie zu bedeuten, und Lea versuchte ja auch nicht, irgendwie zu handeln.

„Sie wird eiskalt!“ rief Louis entsetzt, doch Catherine legte ihm nur ihre Hand auf die Schulter.

„Der ganze Raum ist kalt.“ entgegnete sie und wollte ihn damit beruhigen, doch es nützte nichts.

„Die Kälte geht von ihr aus! Catherine, was geschieht hier? Was geschieht mit Lea?“

„Ich habe keine Ahnung, Louis, aber sie scheint uns nichts tun zu wollen.“

Catherine war versucht, ihre Worte zurückzunehmen, als das weißbläuliche Licht sich über Leas Haut und Haar ausbreitete und es so aussah, als würde das Licht aus ihrem Inneren kommen. Sie war richtig unheimlich und erinnerte Catherine an eine Banshee, doch sie blieb stumm und stieß keine Warnung eines bevorstehenden Todes aus. In Leas nach oben gedrehten Handflächen formten sich zwei Lichtkegel, die Louis Augen noch weiter werden ließen.

„Was kommt jetzt noch?“ fragte er atemlos, doch erwartete keine Antwort, die er auch nicht bekam.

Catherine rückte ein Stück näher heran, achtete darauf, dass ihre Waffe hinter ihrem Rücken war, und Louis so nicht aufregte, und starrte auf die Lichtkegel, die langsam eine Form anzunehmen schienen. Aufmerksam kniff Catherine ihre Augen zusammen und erkannte schließlich aus Lichtstrahlen die Form eines Baumes, in dessen Schnittstelle zwischen Stamm und Zweigen ein Pentagramm eingefügt war, in Leas linker Hand, und die Form eines Dolches in ihrer rechten Hand.

„Sie will sprechen!“ meinte Louis atemlos und näherte sein Ohr Leas Lippen, die sich zaghaft und kaum sichtbar bewegten.

„Was sagt sie?“

Catherine wandte ihren Blick nicht von Leas rechter Hand mit dem Dolch aus Licht, um Louis und Lea anzusehen, und vernahm plötzlich Leas klare Stimme.

„Ich bin die Erbin der Schützerin. Schutz genoss ich mein Leben lang, nun gewähre ich Schutz.“ meinte sie und brach kraftlos in Louis’ Arme zusammen, als das letzte Wort ihre Lippen verlassen hatte.

„Lea, Lea… Kannst du mich hören?“ fragte Louis eindringlich, blickte fragend zu Catherine und dann wieder prüfend auf Lea. „Sie reagiert nicht, Catherine!“

Catherine legte die Waffe auf den Boden, kniete sich langsam neben Louis nieder, der Leas leblosen Körper hielt, und befühlte ihre Stirn, die eine normale Temperatur hatte, und prüfte ihren Puls, der nicht ungewöhnlich schnell oder langsam war.

„Louis, sie wird zu sich kommen. Ich kann nicht feststellen, dass es ihr schlecht geht. Sie sieht für mich einfach bewusstlos aus.“ meinte Catherine und sah zum Sofa. „Bring’ sie auf das Sofa und leg’ ihre Beine seitlich über die Rückenlehne. Ich hole etwas Kühles für ihre Stirn.“ bat Catherine und verließ schnell den Raum.

Catherine bemerkte, dass sie sich sehr konzentrieren musste, um nicht zu stolpern oder etwas umzuwerfen, da sie mit ihren Kopfschmerzen so ungeschickt war, als sie in die Küche hinunter eilte, ein feuchtkühles Tuch holte und es kurze Zeit später Louis in die Hand drückte, damit er Leas Wangen, Stirn und Nacken kühlen konnte.



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