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Das Blut der Lasair

von

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Eine neue Verbindung

Eine neue Verbindung
 


 

„Da war ein Sebastien… Das müssen sie nicht wissen, oder?“ fragte Lea nach einer Weile unsicher.

„Das kommt darauf an, was du noch gesehen hast. Im Zusammenhang mit ihm, meine ich.“

„Ihr habt euch gestritten. Ich denke, du hast die Beziehung beendet.“

„Sie war schon beendet, bevor sie angefangen hatte.“ murmelte Catherine.

„Wie meinst du das?“ hakte Lea nach, doch sie rechnete schon beinahe damit, dass Catherine ihr nichts weiter sagen würde.

„Ich lernte Sebastien in meinem ersten Semester an der Uni kennen. Er war etwas älter und scheinbar sofort fasziniert von mir. Zumindest begegneten wir uns häufig zufällig, obwohl ich keinen einzigen Kurs oder Vorlesung mit ihm gemeinsam hatte. Es war nicht so, dass er mich nicht auch fasziniert hätte, doch ich war lange vorsichtig. Ich kannte die Meinung meiner Eltern zu Kontakten außerhalb der Bruderschaft – Freundinnen, schön und gut, aber eine richtige Beziehung kam für sie nicht in Frage.“

„Moment! Du hattest niemals einen Freund?“

„Doch, kurz, aber da war ich sechzehn und… naja, es war eine typische Teenager-Liebe.“

„Und da hatten deine Eltern keine Einwände?“

„Nein. Wahrscheinlich dachten sie sich ohnehin schon, dass diese Beziehung nicht ewig halten würde.“

„Hm.“

„Wie gesagt: ich war vorsichtig, doch je häufiger wir miteinander sprachen, desto mehr wurde mir bewusst, dass diese Sache zwischen ihm und mir – was auch immer es zu der Zeit war – mein Geheimnis bleiben würde. Wir gingen ab und zu aus. Wenn ich mir heute überlege, wie oft ich mich mit meinen Freundinnen abgesprochen habe, dass ich erst zu ihnen kam, damit meine Eltern keinen Verdacht schöpften, und mich dann mit ihm treffen würde, kommt es mir wie eine Erinnerung aus einem anderen Leben vor.“

„Warst du verliebt?“

„Ja, definitiv. Wir konnten über alles reden – außer natürlich über die Bruderschaft. Er sprach anders mit mir als jeder andere. Er brachte mich zum Lachen, konnte aber auch zuhören, wenn ich ihm von Problemen erzählte, die ich mit diesem oder jenem Dozenten hatte. Vor allem war Sebastien für mich jemand, der mich nicht nach Leistungen bewertete und bei dem ich die Bruderschaft und alles, was mit ihr zusammenhing, das Training, die Disziplin und die Gefahr, vergessen konnte. Ich hatte das Gefühl zu leben und es fühlte sich gut an.“

Lea nickte stumm und wusste nicht, was sie sagen sollte. Catherine schien völlig in ihre Erinnerung versunken zu sein und würde sicher bald weitersprechen.

„Am Anfang war es gut. Sehr gut. Ich war glücklich und von mir aus, hätte sich niemals etwas ändern brauchen. Meine Familie wunderte sich zwar über meinen Elan und meine Energie, doch stellte keine Fragen, da ich auch meine Leistungen bezüglich der Bruderschaft steigerte – unbewusst, wie es mir scheint, denn eigentlich hatte ich schon längst Probleme mit der Organisation, ignorierte sie aber um den lieben Friedens willen.“

Catherine strich sich einige Haarsträhnen hinter das Ohr und blickte Lea an, die ihr aufmerksam zuhörte. Sie lächelte leicht und fuhr dann fort:

„Je näher Sebastien und ich und kamen, desto weiter musste ich mich von ihm entfernen. Das war schlimm, da ich nicht wusste, wie ich bei dieser Nähe mein Geheimnis bewahren sollte, und er spürte, dass ich ein Geheimnis hatte oder irgendetwas nicht stimmte. Oft musste ich auf einen Anruf verschwinden oder sagte in der letzten Minute eine Verabredung ab, doch damit konnte er ungewöhnlich gut umgehen. Er war so verständnisvoll und mein schlechtes Gewissen, dass ich ihn von Grund auf belogen hatte oder ihm die Wahrheit verschwieg, wurde nur noch stärker. Meine Gedanken kreisten nur noch um ihn und das Problem, vor dem ich stand. Meine Arbeit bei der Bruderschaft litt etwas darunter – vor allem aber litt ich unter meiner Unaufmerksamkeit, da ich öfters als sonst Verletzungen aus den Kämpfen und Kratzer und blaue Flecken aus dem Training davontrug. Ich entzog mich Sebastien, damit er sie nicht bemerkte, was nicht gerade sehr förderlich für unsere Beziehung war, da es für ihn keinen Grund gab. Nun, es kam, wie es irgendwann kommen musste: eines Nachts entdeckte er meine blauen Flecken an den Oberarmen und an einer Seite meiner Rippen. Natürlich fragte er mich, was passiert war, und ich ließ mir irgendeine Erklärung einfallen, die er mir aber nicht abnahm. Er verdächtigte meinen Vater und meinen Bruder, dass sie gewalttätig seien. Er ließ sich nicht vom Gegenteil überzeugen. Ich weiß nicht, wie oft wir uns gestritten haben und wie oft wir uns doch wieder vertragen haben, doch schließlich ging es nicht mehr. Ich denke, wir konnten beide nicht mehr, und einer von uns musste einsehen, dass er den anderen aufgeben musste.“

„Und das warst du.“ murmelte Lea und Catherine zögerte.

„Ich habe mich nicht mehr bei ihm gemeldet. Er hat angerufen und war einige Male bei mir zu Hause, doch Lucien verleugnete mich immer, und ich habe nicht mehr auf seine Anrufe reagiert.“ entgegnete sie und machte eine kleine Pause, in der sie ihre Augen schloss, als wolle sie sich jenen Tag ins Gedächtnis zurückrufen. „Irgendwann haben die Anrufe dann ebenfalls aufgehört.“ seufzte Catherine und öffnete dann ihre Augen wieder.

„Das ist ganz schön traurig.“ murmelte Lea, doch Catherine schüttelte den Kopf. „Nicht?“

„Nein… doch… Es kommt auf den Blickwinkel an.“ erklärte Catherine und fuhr fort: „Natürlich schmerzt es, wenn ich daran denke, was damals war, doch ich habe damit abgeschlossen. Ich hätte Sebastien das alles gern erspart, da er das wirklich nicht verdient hatte. Wer hat das schon? Er war ein guter Mensch – ist es noch, hoffe ich. Ich war egoistisch und habe mich im Endeffekt auf seine Kosten gut gefühlt. Diesen Vorwurf mache ich mir heute noch, wenn ich auch eingesehen habe, dass ihm diese Haltung genauso wenig bringt wie mir. Was geschehen ist, ist geschehen. Ich kann es leider nicht ungeschehen machen und das tut mir leid. Daher kommt wohl der größte Schmerz, aber ich trauere Sebastien nicht nach. Wie könnte ich? Lestat ist nun da und vor ihm muss ich nichts verbergen. Das ist noch einmal etwas ganz anderes.“

„Hm, ich denke auch, dass zu deinem jetzigen Ich gar kein normaler Mann mehr passt.“ überlegte Lea laut.

„Das kommt mir irgendwie bekannt vor.“ lachte Catherine leise, da sie sich an Lestats Überzeugung erinnerte, dass sie nicht ganz normal war. „Aber ich weiß, was du meinst, Lea.“ versicherte sie und blickte auf ihre Armbanduhr – dreizehn Uhr, noch elf Stunden bis Mitternacht.

„In elf Stunden kommt David.“ bemerkte sie.

„Danke.“ meinte Lea und blickte Catherine an.

„Wofür?“ fragte Catherine verwundert, da sie ihr nicht ganz folgen konnte.

„Ich hatte nie eine Schwester oder jemand, der mit ähnlich nahe stand. Ich wusste nie, was für ein Gefühl das ist, wenn man solche Dinge miteinander teilt. Mit dir fühle ich mich verbunden. Danke für deine Offenheit.“ Catherine nickte und lächelte leicht. „Du wolltest mir über Margaret Barcley etwas erzählen.“ erinnerte Lea Catherine.

„Ja, richtig. Wir gehen am besten nach oben. Dort haben wir alles, was wir brauchen.“

„In Ordnung.“ meinte Lea und folgte Catherine die Treppe nach oben. „Dann erzählst du mir erst, was ihr über diese Margaret Barcley erfahren habe… Der Name sagt mir irgendwas. Warte… Jetzt hab’ ich’s! Elizabeth hat, als ich klein war, öfter von ihr gesprochen. Sie nannte sie aber fast ausschließlich Morair, was soviel bedeutet wie… Oh, mein Gott!“

„Ich kann dir nicht folgen, Lea.“ meinte Catherine nüchtern und schob die Tür zum Salon auf, da dort noch die Bücher über Margaret Barcley auf dem Couchtisch lagen.

„War Margaret Barcley etwa die Frau aus deinem Traum?“

„Das nehmen wir an, ja. Nein, eigentlich sind wir uns sicher. Wieso?“

„Ich bin so blöd! Wirklich!“ rief Lea und schlug sich auf die Stirn.

Catherine räusperte sich, schüttelte den Kopf, erinnerte Lea daran, dass sie nicht blöd war, und forderte sie dann auf, ihr ihr Verhalten zu erklären.

„Margaret Barcley wurde in Hexenkreisen Morair genannt. Elizabeth nannte sie wie gesagt fast immer so. Morair bedeutet ‚Lady’ oder ‚hohe Frau’. Ich hätte früher darauf kommen müssen!“

„Worauf?“

„Ich bin wirklich blöd!“

„Lea, hör’ auf damit!“ stöhnte Catherine, nahm die Bücher und ging in die Bibliothek voran.

„Deshalb haben sie dich aufgenommen. Sie dachten, die Zeit sei gekommen.“ mutmaßte Lea, als sie hinter Catherine durch die Tür trat.

„Hörst du jetzt bald auf, in Rätseln zu sprechen?“ fragte Catherine, schloss die Tür hinter ihnen, ging zielstrebig zum runden Tisch im hinteren Bereich der Bibliothek und legte die Bücher ab.

„Es ging eine Sage in unseren Kreisen, nach der Morair wiederkehren wird.“ meinte Lea schnell und blickte Catherine aufmerksam an. „Es heißt, sie wird wiederkommen, sich rächen und ein neues Zeitalter wird anbrechen.“

„Wofür wird sie sich rächen? Und inwiefern wird sie ein neues Zeitalter schaffen?“ fragte Catherine, doch Lea blieb stumm und zuckte die Schultern.

„Das weiß ich nicht genau. Elizabeth und Elatha müssen gedacht haben, dass sie in dir ist. Sie haben damit gerechnet, dass du sie bist, du sie vielleicht an Imbolc werden wirst. Imbolc. Du solltest deinen Namen erhalten, doch …“

„Die Bruderschaft hat das Ritual unterbrochen. Als ich noch nicht mit der Bruderschaft gebrochen hatte… bevor ich nach Schottland kam, wurden Lucien und ich beauftragt, das Imbolc-Fest zu verhindern und den Altar zu zerstören. Daniele sagte, wir müssten verhindern, dass eine alte Macht sich erhebt.“

„Morair.“ wiederholte Lea den Namen und nickte bei sich.

„Morair.“ meinte auch Catherine und überlegte fieberhaft.

Waren die alte Macht, die die Bruderschaft fürchtete, und Morair tatsächlich dasselbe? War ihr deshalb von der Bruderschaft der Auftrag erteilt worden und war es ein Zufall gewesen, dass nicht irgendein anderer Ritter ihn erhalten hatte, sondern sie? Vielleicht. Sie konnte es nicht sagen, ob die Bruderschaft wusste, dass sie für die Durchführung des Rituals in Schottland sein musste. Salieri. Er hatte sie nach Schottland geschickt. Er hatte nicht gezögert! Er hatte es gewusst.

Catherine griff sich an die Stirn, als wolle sie ihre Gedanken zu einem langsameren Tempo zwingen. Sie musste sachlich bleiben. Sie musste unterscheiden: Die Bruderschaft unter dem ehemaligen Ältesten Ramirez hatte vielleicht schon den Auftrag zur Störung des Imbolc-Festes und des Rituals gegeben. Das konnte sie nicht mit Sicherheit der neuen Führung Daniele zuschreiben. Daniele hatte nur sie und Lucien getrennt – auch wenn Catherine darin noch keinen Sinn sah. Salieri arbeitete allerdings deutlich gegen die Bruderschaft und wollte Catherine bei den Hexen wissen. Doch warum?

„Lea?“ ergriff Catherine das Wort, doch sie musste sich räuspern, ehe sie ein weiteres herausbrachte und Lea ihr ihre Aufmerksamkeit schenkte.

„Ja?“

„Wir haben noch viel zu tun bis Mitternacht. Ich hoffe, dass Louis und Lestat nach Sonnenuntergang auch noch einige Vorschläge und Ideen haben, aber das meiste wird wohl an uns hängen bleiben.“

„Was soll ich tun?“

„Ich werde dir vorher kurz alles erzählen, was Lestat gestern mir erzählt hat. Anschließend werde ich mir noch einmal Gedanken über die Beweggründe der Beteiligten machen und danach noch in den Bruderschafts-Archiven, die wir leider nur unvollständig und auf das Nötigste begrenzt hier haben, sehen, ob ich den Namen Barcley oder Morair finde. Ich werde das Gefühl nicht los, dass es da irgendeine Verbindung zwischen der Bruderschaft und ihr gibt. Du könntest dir – wie vorhin schon gesagt – noch einmal Gedanken machen, was du in meinem Gedächtnis gefunden hast, was uns weiterhelfen könnte. Dann brauchen wir eine möglichst detailreiche Version der Sage – alles, an das du dich aus deinen Kindertagen erinnerst. Außerdem möchte ich dich bitten, dass du nach so einer Art Erweckungszauber suchst. Ich glaube nicht, dass es ein normales Namensgebungs-Ritual war, dem ich mich unwissend unterzogen habe. In diesen Unterlagen findest du noch einmal den Spruch niedergeschrieben, den sie verwendet haben. Das Rad des Schicksals… und so weiter.“

„Okay, dann sollten wir uns aber beeilen, dass wir David auch etwas präsenierten können, wenn er kommt.“ meinte Lea voller Tatendrang und Catherine nickte, ehe sie zu erzählen begann und die beiden sich die Stunden bis Mitternacht mit der Recherche verkürzten.



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