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Das Blut der Lasair

von

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Ein bekanntes Gesicht

Ein bekanntes Gesicht
 


 

Catherine blickte ihn gespannt an. Es gab ein Schließfach, das wusste sie nun mit absoluter Sicherheit, aber wie würde sie die Berechtigung erhalten, an den Inhalt des Schließfachs zu kommen?

„Er hat festgelegt, dass das Schließfach auch bei seinem Tod weiter Bestand hätte und allein Sie, Miss du Ravin, dazu berechtigt seien, den Inhalt zu sehen oder das Schließfach zu kündigen. Er hat eine solche Verfügung unterschrieben.“ Catherine atmete sichtlich auf, worauf Albert sich zurücklehnte und mit allen Fingern die Tischkante nach außen entlang strich.

„Und diese Verfügung ist bis heute rechtskräftig und nicht durch irgendwelche Klauseln wirkungslos?“ fragte Catherine skeptisch. Irgendwie konnte sie das Glück, das sie in diesem Augenblick hatte, kaum fassen.

„Das einzige, das ich brauche ist Ihr Ausweis und eine Kopie Ihrer Geburtsurkunde. Letztere habe ich bereits aus Paris beantragt. Ich hoffe, das war in Ihrem Sinne.“ Catherine nickte überrascht und stumm. „Das ist mir jetzt ein wenig unangenehm, aber ich muss Sie bitten, diese Verfügung zu unterschreiben.“

„Was ist das?“ fragte Catherine und nahm das Blatt Papier entgegen.

„Sie erklären sich damit einverstanden, der Bank ihr Strafregister zugänglich zu machen.“ Catherine zog die Augenbrauen hoch. „Keine Sorge, das ist bei so einer Sache reine Formalität. Oder gibt es ein Problem mit Ihrem Strafregister, Miss?“ Catherine schüttelte langsam den Kopf, dann meinte sie:

„Ich wurde vor einigen Tagen von der Polizei zur Entführung meiner Eltern befragt, aber… Es hieß, die Sache sei für mich erledigt.“ Albert schien nicht im Geringsten überrascht zu sein, als er von der Entführung hörte, was Catherine aber überraschte. „Sie wissen davon?“ Albert überging die Frage und meinte:

„Wenn es erledigt ist, gibt es auch keinen Vermerk im Register. Gibt es sonst etwas?“ Catherine lächelte.

„Nicht, dass ich wüsste.“ entgegnete sie und las noch durch, womit sie sich einverstanden erklärte, bevor sie unterschrieb, während Albert ihren Personalausweis mit den anderen Daten, die er über sie hatte, verglich.

„Gut, das ist alles in Ordnung. Ich informiere Sie, wenn ich die restlichen Unterlagen beisammen habe.“

„Wir können nicht gleich das Schließfach sehen?“ fragte Lea, worauf Catherine sie anblickte. Sie hatte fast völlig vergessen, dass sie mit Albert nicht allein war.

„Nein, ich habe meine Anweisungen, die ich befolgen muss. Ich bin der Zentrale Rechenschaft schuldig.“ erklärte Albert und erhob sich. Catherine und Lea erhoben sich ebenfalls. „Sie machen doch auch Urlaub, oder nicht? Sehen Sie sich die Stadt an. Es lohnt sich. Morgen können Sie vorbeikommen und das Schließfach durchsehen.“

„Morgen ist Samstag.“ erinnerte Catherine den Bankangestellten, worauf er abwinkte, da die Bank an Samstagvormittagen geöffnet war.
 

Catherine und Lea fuhren in ihr Hotelzimmer zurück und wechselten die Kleider. Lea schnappte sich ihre Digitalkamera und probierte sie schon einmal im Zimmer aus.

„Ich brauche die kaum, deshalb weiß ich nicht wirklich, wie alles geht.“ meinte sie zu ihrer Entschuldigung, als Catherine mit einem fragenden Blick aus dem Bad kam.

„Am besten ist es, wenn du die Bilder von unserem Zimmer gleich wieder löschst. Elizabeth braucht nicht zu wissen, wo wir abgestiegen sind, sonst wird sie noch misstrauisch.“ schlug Catherine vor und schlüpfte wieder in ihre Jacke.

„Weißt du, dass wir viel vorhaben? Wir müssen so viele Bilder machen, dass die beiden überhaupt nicht auf die Idee kommen, wir hätten noch etwas anderes getan.“

„Ja, das ist mir klar. Was gibt es denn hier zu sehen?“

„Viel Ahnung habe ich von Edinburgh auch nicht. Ich wohne ja nicht hier. Wir brauchen einen Stadtplan und Stadtführer.“

„Hast du unten im Hotel so etwas gesehen?“ fragte Catherine und kramte noch nach ihrem Geldbeutel.

„Nein, aber an den Metro-Stationen gibt es so etwas immer. Gehen wir?“ Catherine nickte und schloss das Zimmer noch nach ihnen ab.
 

Innerhalb der nächsten Stunden klapperten Catherine und Lea viele Sehenswürdigkeiten ab wie zum Beispiel den Palace of Holyroodhouse, das schottische Parlament, das Writer’s Museum und das National Museum of Scotland, sodass sie sich am späten Nachmittag müde in ein Cafe setzten und eine heiße Schokolade tranken.

„Das haben wir uns wirklich verdient.“ meinte Lea und lehnte sich in den bequemen Sesseln zurück. „Muss ich mich heute Abend noch einmal so schick anziehen, wenn wir im Hotel essen?“ fragte sie, da sie von den engen Schuhen Blasen an den Zehen hatte. Catherine lachte leise und schüttelte den Kopf.

„Ich dachte, dass wir heute Abend vielleicht nicht im Hotel essen, sondern in ein Bistro oder eine Pizzeria gehen. Was hältst du davon?“

„Oh, ja! Da bin ich gleich dabei.“ stimmte Lea zu, worauf Catherine sich zufrieden zurücklehnte. „Es ist gut gelaufen in der Bank, nicht wahr?“

„Ja, viel besser, als ich erwartet hatte.“ gestand Catherine und fügte hinzu: „Glück muss man haben.“

„Hm, weißt du schon, was wir morgen machen?“

„Erst einmal zur Bank, würde ich sagen, und dann… lass’ mal sehen.“ begann Catherine und studierte für einen Moment die Broschüre über die Top-Sehenswürdigkeiten, die sie in der Metro gekauft hatten. „Spukendes Edinburgh. Unterirdische Straßen unter der Royal Mile aus dem 17. Jahrhundert. Hast du Lust?“ Lea nickte begeistert.

„Aber schon mit einem Führer, oder?“ fragte sie, worauf Catherine noch einmal genauer über den Beschreibungstext las.

„Ja, da sind Führungszeiten. Um 13:15 ist eine und dann noch einmal um 16:30. Das kommt dann darauf an, wie wir in der Bank fertig werden.“ Lea nickte. „Oh, weißt du, was ich auch gerne machen würde… Aber nur, wenn du Lust hast.“

„Sag’ schon!“

„Einkaufen. Erstens: ich war ewig nicht mehr. Zweitens: das macht wirklich den Anschein einer total touristischen Unternehmung.“ erklärte Catherine, worauf Lea nickte.

„In Ordnung. Ich wollte mich auch mal nach ein paar neuen Büchern umsehen. Vielleicht sticht mir ja etwas ins Auge.“ Catherine nickte und trank einen Schluck von ihrer Schokolade. „Und am Sonntag könnten wir dann noch das Schloss besichtigen, bevor wir wieder nach Irvine zurück fahren.“

„Ja, das sollte man schon gesehen haben.“

„Oh, Mann. Hoffentlich können wir uns dazu überhaupt aufraffen, wenn wir den Inhalt des Schließfaches erst einmal gesehen haben.“ Catherine nickte nachdenklich und blieb stumm. „Was ist?“ fragte Lea deshalb.

„Wie?“ schreckte sie hoch und Lea wiederholte ihre Frage. „Ich weiß auch nicht. Ich habe Angst, dass es überhaupt nichts Wichtiges im Schließfach für uns gibt. Vielleicht alte Unterlagen, die vielleicht doch davon zeugen, dass meine Familie nur Steuern hinterzogen hat… Ich weiß es nicht.“

„Das ist doch Unsinn! Hätte dein Großvater so ein Geheimnis um das alles gemacht? Hätte er diesen Brief geschrieben? Er wusste doch auf alle Fälle etwas…“

„Ja, richtig, aber das wussten wir auch schon alles vorher.“

„Aber das konnte er nicht wissen. Er konnte nicht wissen, dass du das herausfinden würdest, weil mit dir etwas geschieht. So einfach ist das nicht.“ beharrte Lea.

„Du hast ja Recht, aber ich…. Nun, ja. Sagen wir es so: wenn ich doch nichts Neues erfahre, habe ich wenigstens damit gerechnet.“ Lea lachte kopfschüttelnd.

„Du bist schon seltsam. Seltsam, aber im positiven Sinn. “

Catherine nickte bei sich und sagte nichts mehr. Lea hatte Recht: es musste etwas Wichtiges sein, aber was war es? Ein erneuter Verdacht, dass er vergiftet worden war oder vielleicht sogar der Beweis dafür? Und wie sollte sie das dann Lea erklären, der sie noch nicht einmal etwas von der Behauptung im Brief erzählt hatte? Catherine hoffte inständig, dass es nichts in diese Richtung war, denn irgendwie schien ihr der Zeitpunkt noch nicht reif dafür, Lea zu eröffnen, dass ihre Großmutter oder sonst jemand auf Thirlestane Castle ihren Großvater auf dem Gewissen hatte.
 

Wieder gingen Catherine und Lea nur zum Umziehen in das Hotelzimmer zurück. Lea übernahm es, an der Rezeption Bescheid zu geben, dass sie heute außerhalb aßen, während Catherine wartete. Nicht weit entfernt vom Hotel fanden sie ein arabisches Bistro, zu welchem Catherine Lea überreden konnte.

„Ich bin so froh, dass ich auf dich gehört habe. Diese Gemüsebällchen sind wirklich lecker!“ meinte sie und trank noch einen Schluck Orangensaft. „Echt gut.“ Catherine lächelte und schob gerade das letzte Stückchen von ihrem Gebäck auf die Gabel, als ihr ein Mann auffiel, der in der Tür verharrte. Sie ließ beinahe die Gabel fallen und blinzelte.

„Das ist nicht möglich.“

„Was? Hast du etwas gesagt?“ fragte Lea mit halbvollem Mund, weshalb sie sich die Hand vorhielt. Catherine schüttelte den Kopf.

„Nein, nichts….“ Lea aß weiter und Catherine meinte: „Ich bin gleich wieder da.“

„Wo willst du hin?“ fragte Lea noch, doch Catherine war so schnell zwischen den Tischen verschwunden, dass sie keine Antwort mehr erhielt.



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