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Die Magie der Musik 2

Die Fürsorge eines Bruders
von

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Kapitel 28
 

Vor sich hin summend räumte Daniel am nächsten Morgen durch die Küche. Serdall war auch schon wach, wenn er auch noch ein wenig Zeit brauchte, um wirklich richtig in die Welt der Lebenden einzutauchen. Diese Minuten nutzte Daniel allerdings, um den Frühstückstisch zu decken, auch wenn Serdall wohl lieber den Morgen mit ihm im Bett verbracht hätte. An Daniels Abneigung gegen unnützes Herumliegen nach dem Aufwachen hatte sich allerdings noch nichts geändert.
 

Yoshiko schien ihren Job als Haushälterin und ein Stück weit auch Takis Babysitterin ziemlich ernst zu nehmen. Zumindest hatte sie den Kleinen an die Hand genommen und machte mit ihm einen Morgenspaziergang zusammen mit den Hunden. Daniel sollte es recht sein. Bei der Kälte musste er nicht unbedingt raus. Ziemlich müde schlurfte dann auch schon Dustin in die Küche, mit tiefen Augenringen und verstrubbelten Haaren.
 

„Kaffee“, heulte er gequält und schleppte sich zur Kaffeemaschine, um mit kleinen Augen das Gebräu vorzubereiten und dann das Gerät anzustellen. „Hallo, Dan“, meinte er gähnend, als er sich umwandte und zu dem Schwarzhaarigen sah. „Ihr seid ja früh gegangen gestern. Habt ihr euch noch gestritten?“, fragte er leise und rieb sich übers Gesicht. Sie hätten nicht so lange feiern sollen. Gerade jetzt merkte Dustin, dass er das einfach nicht mehr gewohnt war, besonders dann nicht, wenn er danach Ethan noch ein paar Mal beglücken musste. Versaut musste er bei dem Gedanken wieder grinsen. Daniel schüttelte ebenfalls grinsend den Kopf über Dustins Verhalten. Ehrlich, bei dem Vorbild merkte er immer wieder, wie harmlos Serdall und er doch waren.
 

„Nein, wir haben uns nicht gestritten. Nun, ich bin ein wenig ausfallend geworden, aber generell ist die Nacht sehr schön und sehr befriedigend verlaufen. Du hingegen scheinst langsam alt zu werden.“
 

„Pah“, murrte Dustin angefressen und funkelte Daniel böse an. „Es ist eben ermüdend den ganzen Abend auf seinen Schatz aufzupassen, Spaß zu haben, zu trinken und dann mit Ethan noch dreimal zu vögeln“, erklärte er knurrend und verschränkte die Arme. „Schließlich habe ich die ganze Woche gearbeitet, nicht so wie du oder Serdall“, erklärte er gähnend und holte sich noch eine Tasse für seinen Kaffee. „Ich möchte dich mal bei diesem Fulltimejob sehen.“ Dustin drehte sich nun schon wieder grinsend zu Daniel und ließ seinen Blick über ihn wandern. „Übrigens hab ich nicht gewusst, dass du tätowiert bist. Sieht echt gut aus. Was hat Al dazu gesagt?“
 

„Ach, im ersten Moment war er natürlich nicht so davon begeistert“, meinte Daniel schulterzuckend. „Vor allem, weil ich es mir während der Zeit mit Kai habe stechen lassen. Aber als er die Bedeutung dann auch mal verstanden hat, war es für ihn so zwischen egal und okay schwankend, denke ich mal. Ich finde es toll und rückgängig machen kann man es ohnehin nicht mehr so wirklich.“
 

„Zeig doch nochmal. Ich hab es gestern ja nur halb gesehen. Dann kannst du mir auch gleich erklären, was es bedeutet“, meinte Dustin grinsend und schenkte sich die erste Tasse Kaffee ein. Daniel knöpfte seine Hose auf und schob sie lässig zusammen mit seinen Shorts ein gutes Stück nach unten, sodass der gesamte Drache zu sehen war.
 

„Das Motiv habe ich auf einem Plakat in dem Studio gesehen, wo ich das Tattoo habe machen lassen. Es ist mir gleich ins Auge gesprungen. Einerseits wegen des Drachens, den ich eben mit Japan assoziiere, andererseits wegen dem S, das er mit seinem Körper bildet“, erklärte er.
 

„Uh“, meinte Dustin entzückt und sah ziemlich überrascht auf Daniels bloßen Unterleib, der nicht nur mit dem Tattoo, sondern auch ein paar Kussmalen versehen war. Daniel rasierte sich! Dustin begann lasziv zu lächeln, vergrub aber die Hände in den Hosentaschen, um nicht in Versuchung zu kommen. „Wow, da hast du Serdalls Revier ja gründlich gezeichnet“, meinte er überrascht und nickte irgendwie abwesend. Er stockte kurz, als er auf Daniels rechte Hand sah und zog verwirrt eine Augenbraue nach oben. „Gestern hattest du den Ring aber noch nicht“, sagte er eindeutig perplex. Den Reisverschluss schließend sah Daniel ebenfalls auf den Ring und lächelte selig.
 

„Nun, es kommt darauf an, wie man gestern definiert“, stellte er verschmitzt grinsend klar. „Denn kurz vor zwölf hatte ich ihn wohl schon. Aber du hast recht, er ist neu.“
 

„Ahja“, meinte Dustin unzufrieden und setzte sich zu Daniel an den Frühstückstisch, da der sich nun einen Stuhl geschnappt hatte. Dustin griff nach Daniels rechter Hand und begutachtete das Schmuckstück. „Das Ding hat doch sicherlich eine Bedeutung“, stellte er leise fest und sah Daniel dann fest in die Augen. „Sag nicht, dass Serdall dir einen Antrag gemacht hat? Du weißt schon, dass der Ring dann an die Linke gehört?“
 

„Er hat mir keinen Antrag gemacht. Ehrlich, kannst du dir Serdall in so einer Situation vorstellen? Okay, so romantisch wie er ist wäre das ein extrem klischeehafter Antrag, aber Serdall würde mich nicht fragen, ob ich ihn heiraten will. Die Ringe sind einfach dazu da um zu zeigen, dass wir zusammengehören, wie Serdall das so schön ausgedrückt hat. Noch eine Steigerung zu den Armbändern. Fei hat sie uns übrigens geschickt. Unsere Namen sind innen eingraviert.“ Daniel nahm seinen Ring vorsichtig ab und zeigte ihn Dustin.
 

„Ich bin echt sprachlos“, gab Dustin zu und besah sich kurz die fein eingearbeitete Gravur mit den japanischen Zeichen. „Hätte nie gedacht, dass Fei überhaupt so nett sein könnte und auch nicht, dass Serdall dir diesen Ring anlegt. Irgendwie sind die beiden echt vom gleichen Schlag, oder? Beide können sich um hundertachtzig Grad drehen, wenn sie wollen“, seufzte Dustin und lächelte, als Daniel seinen Ring wieder ansteckte. „Was ist das für Material? Silber?“, fragte er nachdenklich. Die Ringe schienen wie passend gemacht für die Armbänder.
 

„Jaa, man merkt echt, dass die beiden Brüder sind. Und Ringe und Armbänder sind aus Platin, meinte Serdall. Ich dachte erst, es wäre ebenfalls Weißgold, genauso wie seine Kette, aber irgendwie sieht es doch etwas anders aus.“ Entrückt lächelnd drehte Daniel den Ring an seinem Finger etwas hin und her. Dustin verschluckte sich an seinem Kaffee, als er das Wort Platin hörte.
 

„Himmel, die beiden schmeißen echt mit ihrem Geld um sich“, stellte er keuchend fest und sah ungläubig auf Daniels Arm und Hand. „Ring und Armband ergeben bestimmt ein paar tausend Euro“, meinte er ziemlich neidisch und legte leicht den Kopf schief. „Vielleicht sollte ich dich erschlagen und das Zeug verkaufen“, meinte er belustigt und sah Daniel ins Gesicht, das doch etwas schockiert dreinsah. „Sag jetzt nicht, du wusstest nicht, wie teuer Platin ist“, sagte er und begann leise zu lachen. Das war so typisch für Daniel.
 

Daniel schüttelte nur vollkommen baff den Kopf. Er musste schlucken wenn er sich vorstellte, dass er gerade sein erstes Auto an Finger und Handgelenk trug. Im übertragenen Sinne. Oh, wenn er Serdall erwischte, würde er ihm was erzählen. Er hatte seinem Freund klar und deutlich gesagt, nachdem er ihm den neuen Wagen geschenkt hatte, dass er nie wieder ein extrem teures Geschenk haben wollte und dann kam ein Armband aus Platin?
 

Nun musste Dustin wirklich lachen.
 

„Nun ja, das ist natürlich doch schon ziemlich ignorant“, sagte er glucksend und duckte sich leicht bei Daniels bösem Blick. „Du hättest doch ahnen müssen, dass dein Geburtstagsgeschenk nicht von der Stange ist“, meinte er augenrollend. „Schließlich kennst du doch Serdall. Für sein Prinzesschen nur das Beste.“
 

„Und wenn es eine Sonderanfertigung aus Weißgold gewesen wäre, hätte er garantiert trotzdem nur einen Bruchteil des Preises bezahlt“, beschwerte Daniel sich und sah etwas abwertend auf das Armband. Es war schön, ja, und es hatte eine sehr wichtige Bedeutung für ihn, trotzdem würde er es Serdall am liebsten dafür um die Ohren pfeffern, dass er sich über ihre Absprache hinweggesetzt hatte. Daniel wollte nicht, dass sein Freund alles irgendwie für ihn bezahlte und ihm solche Geschenke machte. Er fühlte sich dabei irgendwie minderwertig und so, als würde er Serdall nur ausnutzen, was ihm einige Leute schon vorgeworfen hatten. Aber er meinte es ja eigentlich nur gut. Daniel seufzte.
 

Verlegen kratzte sich Dustin am Kopf. Was sollte er auch sagen? Serdall war nun mal so, dass er für seine Liebsten eben alles gab.
 

„Sei froh, dass er dir noch kein Haus geschenkt hat, wie er es bei Louise getan hat“, gab er zu bedenken und lächelte schief. „Daniel, er würde da noch ganz andere Sachen anbringen, wenn du ihn lassen würdest. Da sind ein Hund, ein Auto und ein Platinarmband noch gar nichts.“
 

„Sollte er es wagen mir ein Haus zu schenken, was er nicht tun würde, weil er schon hier eines hat und ein weiteres für mich sinnlos wäre, würde ich die Schlüssel im Klo versenken“, grummelte Daniel und kratzte mit seinem Messer auf dem Teller herum. Irgendwie hatte es ihm einen ganz schönen Dämpfer versetzt, dass er doch wieder sowas Teures bekommen hatte, aber es war nun einmal unter anderem Serdalls Art um auszudrücken, dass er ihn liebte. Egal wie verquer das war.
 

„Dann wäre er ziemlich gekränkt, vermute ich mal“, grinste Dustin und schmierte sich eines der Brötchen. Es war schon krass, wie Serdall es mit seinem Geld hielt, aber er hatte es ja auch. Dustin wollte nicht wissen, wie viel sich da auf seinen Konten häufte und was er alles schon für Taki und vielleicht sogar für Daniel angelegt hatte. Serdall hatte sicherlich eine satte Lebensversicherung. Selbst bei Louise war eine enorme Menge Geld von der Versicherung gekommen, wie Dustin in einem der Briefe zufällig gesehen hatte. Dafür hatte Serdall aber viel für eine ordentliche Beerdigung und Totenfeier ausgegeben. Trotzdem war es für eine Person allein wohl zu viel Geld, besonders bei Serdall. Er machte sich ja nicht unbedingt überteure Luxusanschaffungen, aber lebte eben doch recht angenehm und leistete sich ab und an mal etwas. In den zwei Jahren nach Louises Tod hatte sich Serdall gar nichts Großes gekauft, zumindest nicht dass Dustin wusste. „Serdall pennt wohl noch, oder? War bestimmt eine heiße Nacht“, meinte er und lächelte versaut.
 

„Er pennt wohl wieder“, korrigierte Daniel. „Eigentlich war er schon wach und wollte nur noch etwas liegenbleiben, aber so wie ich ihn kenne, hat er sich noch einmal umgedreht und weilt wieder im Land der Träume. Das würde er aber wohl auch machen, wenn die Nacht nicht so heiß gewesen wäre. Wobei mir einfällt, dass ich meine Klamotten im Wohnzimmer noch aufsammeln muss.“ Daniel griff jetzt ebenfalls nach einem Brötchen und schmierte es sich. Es hatte wohl wirklich keinen Zweck auf Serdall zu warten. Bekam er eben erst zum Mittag etwas zu essen.
 

„Im Wohnzimmer? Habt ihr es etwa gestern noch da getrieben?“, fragte Dustin nun doch neugierig und biss von seinem Brötchen ab. „Es scheint ja nun doch ein bisschen besser im Bett zu laufen, oder? Ist er jetzt ein wenig offener?“
 

„Ja, das kann man wohl so sagen“, meinte Daniel glücklich und dachte an die letzte Nacht, in der Serdall die Abmachung tatsächlich eingehalten hatte und sie beim vierten Mal getauscht hatten. Und er konnte Daniel sagen, was er wollte, aber es war dieses mal ziemlich stressfrei und unkompliziert abgelaufen und es hatte Serdall sehr wohl fast von Anfang an eine Menge Spaß gemacht. „Und nein, wir haben es nicht im Wohnzimmer getrieben. Ich habe nur geputzt, weil ich Serdalls Scotch durch die Gegend geworfen habe.“
 

„Ah ja, du hast also nackt geputzt“, stellte Dustin grinsend fest und stützte seinen Kopf in eine Hand. „Und dann gab’s Versöhnungssex“, meinte er weiter grinsend und sah Daniel ernst in die Augen, als ob er etwas in ihnen zu suchen schien. „Aber da ist irgendwie noch etwas. Etwas mit Serdall.“
 

Daniel kniff abschätzig die Augen zusammen.
 

„Du machst mir Angst“, stellte er ernst fest. Ehrlich, bei Dustin dachte er echt oft, dass der Kerl ihm durch die Augen in das Innerste seiner Seele sehen konnte. Oder eher in das Innerste seiner Gedanken und Erinnerungen. „Frag doch einfach. Das macht dich weniger unheimlich“, fügte Daniel noch murmelnd hinzu.
 

Dustin begann abschätzend zu überlegen und legte den Kopf leicht schief. Er sah Daniel fest an und begann plötzlich zu grinsen.
 

„Du wirst rot, also hat er dich wieder rangelassen“, flötete Dustin amüsiert und schlug Daniel leicht auf die Schulter, als er noch eine Nuance röter wurde. Der Blonde gluckste vergnügt und schmierte sich ein neues Brötchen. Daniel war echt zu leicht zu durchschauen. Die Nase rümpfend stützte Daniel sein Kinn auf den Armen ab.
 

„Ich glaube du verrätst mir dein Geheimnis nicht, wie du mich immer wieder durchschaust, sodass ich diese Technik auch mal bei Serdall anwenden könnte, oder?“, wollte er wissen.
 

„Nein. Betriebsgeheimnis“, summte Dustin und biss von seinem Brötchen ab. „Außerdem“, nuschelte er mit vollem Mund, „muss man bei Serdall einfach gucken, wie er sich gibt. Da merkt man, wenn was faul ist. Weißt du doch“, zwinkerte er und grinste mit vollen Backen. Schnell machte er noch zwei weitere Brötchen und machte eine Tasse Tee. „Ethan ist gerade etwas bewegungsunfähig“, erklärte er verträumt lächelnd. „Ich werd ihn mal ein bisschen auf Touren bringen.“
 

„Hm“, meinte Daniel nur unbestimmt und schmierte Serdall ein paar Brötchenhälften. Der würde wohl auch nicht von allein runterkommen, aus mehreren Gründen. Außerdem brachte Dustins Rat, Serdall etwas zu beobachten und zu sehen, wie er sich gab, ihm nicht sehr viel, da Serdall sich hauptsächlich in Situationen, die Daniel ohnehin selbst ausgelöst hatte, anders verhielt. Es ging Daniel um die anderen Gelegenheiten, bei denen er eben nicht Auslöser war. Seufzend lud er alles auf ein Tablett und ging nach oben. Egal, momentan war ohnehin alles zwischen ihnen geklärt.
 

Leise trat Daniel ins Schlafzimmer und wartete einen Moment, bis sich seine Augen an das spärliche Licht, das gerade so durch die Ritzen der Jalousien drang, gewöhnt hatten. Leicht lächelte Daniel als er sah, dass Serdall tatsächlich wieder schlief. In den ganzen zwei Jahren hatte er aus seinem Freund immer noch nicht ganz die Angewohnheit des lange Schlafens vertreiben können. Vorsichtig stellte er das Tablett auf der leeren Bettseite ab und beugte sich über Serdall.
 

„Aufwachen“, hauchte er leise und küsste sich über die von der Decke freigelegte Brust. Nur langsam regte sich Serdall ein wenig und schien endlich aus dem Land der Träume zu gleiten. Er seufzte müde und schlug halb die Augen auf.
 

„Daniel“, stellte er heiser fest und gähnte verhalten. „Ich steh gleich auf“, meinte er nicht sehr überzeugend und legte einen Arm über seine Augen. Die sanften Küsse auf seinem Brustkorb genießend seufzte Serdall leise und zog die Nase leicht kraus. Er streckte die Arme über seinen Kopf und knurrte leicht dabei, ehe er sie um Daniels Oberkörper legte und ihn zu sich zog, um sich an seinen Freund zu kuscheln. „Noch fünf Minuten“, flüsterte er halblaut und hauchte einen Kuss auf Daniels Kinn.
 

„Das hast du auch schon vor einer Stunde gesagt“, seufzte Daniel und brachte wieder etwas Distanz zwischen sich und Serdall. Sein Blick glitt zum Tablett und er griff guten Mutes nach der Tasse darauf, um sie Serdall neben den Kopf zu halten, sodass der Geruch zu seinem Freund herüberzog. „Kaffee?“, fragte er hoffnungsvoll.
 

„Jetzt nicht“, meinte Serdall nun, trotz Daniels hoffnungsvollen Blickes und kuschelte sein Gesicht wieder in die Decke. „Aber gleich“, meinte er gähnend und griff nach Daniels freier Hand, um sie mit seiner zu verweben, ehe er wieder ruhig dalag und eingeschlafen zu sein schien.
 

Frustriert aufstöhnend fuhr Daniel sich durch die Haare. Oh wie er es hasste, Serdall morgens nicht aus dem Bett zu kriegen. Es gab jetzt noch zwei Notlösungen für solch eine Situation. Die eine war der kalte Waschlappen. Das hatte Daniel einmal gemacht und dann nie wieder. Streit war dabei vorprogrammiert, da Serdall sehr empfindlich auf einen solchen Start in den Morgen reagierte. Die zweite Möglichkeit… Seufzend zog Daniel sich bis auf die Shorts aus und krabbelte dann unter die Decke. Er zog Serdalls Pyjamahose ein Stück nach unten und legte seine Hand um das halberigierte Glied.
 

„Na wenigstens einer von euch scheint zumindest teilweise wach zu sein“, murrte er, bevor er seinem Mund um die Eichel legte.
 

„Daniel“, stöhnte Serdall, halb erregt, halb genervt und biss sich im nächsten Moment auf die Lippe. Wieso war sein Freund nur so ein kleiner Schleicher und viel zu talentiert mit der Zunge? Keuchend kam Serdall wenig später und setzte sich dann halb auf. „Das war unfair“, stellte Serdall klar und hob die Decke an, unter der ihn Daniel unschuldig guckend angrinste. Augenrollend ließ sich Serdall nun wieder zurückfallen, als ihm das leichte Puckern in seinem Hintern bewusst wurde. Er hatte es wirklich noch einmal mit Daniel getan. Leicht begann er zu lächeln. Es war um ein Vielfaches besser gewesen, als beim ersten Mal. Serdall zog Daniel zu sich und sah ihm fragend in die Augen. Warum musste Daniel nur immer so früh aufstehen? Seufzend küsste er Daniels Lippen. „Du hast gewonnen. Ich geh duschen“, murrte er und machte sich daran, die Beine aus dem Bett zu schieben.
 

„Ich komm mit. Es war doch recht stickig und ziemlich heiß unter der Decke“, erwiderte Daniel um einiges enthusiastischer und war sogar noch vor Serdall im Bad, der sich erst einmal ausgiebig strecken musste und dann langsam auf ihn zu schlurfte. Vor sich hin summend schlüpfte Daniel aus seinen Shorts und stellte das Wasser auf eine angenehme Temperatur. „Kommst du?“, fragte er Serdall, der immer noch in der Tür stand und ihn einfach nur beobachtet hatte.
 

Serdall begann zu lächeln. Zwar nervte ihn Daniels energetische Art ein wenig, doch dass sein Freund so glücklich zu sein schien, zählte für Serdall mehr. Kurz blieb sein Blick an Daniels rechter Hand hängen und an dem Ring. Ein warmes Gefühl breitete sich in ihm aus, als er auf Daniel zuging und ihn umarmte.
 

„Ich glaube, wir hätten gestern noch eine Runde machen können“, meinte er gähnend, während er fahrig über Daniels Körper strich und sich über seinen Nacken küsste.
 

„Hätten wir?“, fragte Daniel gespielt neugierig und zog Serdall mit sich unter die Dusche. Seine Pyjamahose hatte Serdall im Schlafzimmer gelassen. „Nun, ich denke wenn wir noch eine Runde drangehängt hätten, dann hätte ich dich vor dem Mittagessen auf gar keinen Fall gesehen. Von daher denke ich, dass das schon ganz gut so war. Außerdem ist es auch nicht so, dass wir nicht da weitermachen könnten, wo wir gestern aufgehört haben.“ Grinsend lehnte er sich gegen die etwas kühle Duschwand und zog Serdall zu sich, um ihn leidenschaftlich zu küssen.
 

Überrascht wanderten Serdalls Augenbrauen in die Höhe, bevor er den Kuss erwiderte. Daniel schien wirklich gut gelaunt zu sein, so freizügig wie er wieder war. In den Kuss lächelnd fasste Serdall an dessen Po und brachte ihre Becken eng gegeneinander.
 

„Du hättest mich auch so vor dem Mittagessen nicht gesehen, wenn du mich weiterschlafen lassen hättest“, murrte Serdall gespielt säuerlich und umschlang Daniel an der Taille, während sein Freund seine Arme um seinen Nacken schlang. Lächelnd küsste er die rosigen Lippen. „Aber so finde ich das auch gar nicht schlecht“, hauchte er leise und drückte Daniel forsch gegen die Wand.
 

„Ich hätte auch nicht erwartet, dass du mir und den Reizen meines Körpers widerstehen kannst“, neckte Daniel. Er steckte einen Arm unter der Duschstange hindurch, um einen gesicherten Halt zu haben und ließ seine Hände Serdalls Rücken hinab wandern. Nachdrücklich zog er ihn ganz an sich, sodass ihre Körper sich in der ganzen Länge berührten.
 

„Niemals“, bestätigte Serdall und griff in Daniels Knie, um ihn sich auf die Hüfte zu heben. „Du und deine Reize, ihr seid unwiderstehlich“, hauchte er grinsend und küsste Daniel tief. Seine rechte Hand schummelte er zu Daniels Hintern, während er seinen Freund mit der anderen sicher stützte. Serdall schüttelte innerlich über sie den Kopf. Sie hatten schon vor ein paar Stunden phänomenalen Sex gehabt und jetzt würden sie wieder miteinander schlafen. Waren sie süchtig? Ja, dachte sich Serdall entschieden. Er war süchtig. Nach Daniel, seiner Liebe, seinem Körper und den göttlichen Gefühlen, die er mit ihm hatte.
 


 

Einige Zeit später stand Daniel in einer frischen Shorts und sich mit einem Handtuch die Haare trocken rubbelnd vor dem großen Fenster im Schlafzimmer. Für einen Spätherbsttag war es ziemlich hell und es sah nicht so aus, als würde es in nächster Zeit einen Schneesturm oder ähnliches geben.
 

Serdall kam aus dem Badezimmer und umarmte ihn von hinten, den Kopf auf seiner Schulter aufstützend. Daniel ließ das Handtuch auf den Boden gleiten und legte seine Arme auf Serdalls.
 

„Sieht so aus, als wäre heute wirklich der perfekte Tag, um auf irgendeinem See oder so etwas Schlittschuh zu laufen“, meinte er. Serdall strich mit einem Finger über den Ring an Daniels Hand und verzog leicht mürrisch das Gesicht.
 

„Auf einem See? Da kann ich mich ja gar nicht an den Seiten abstützen. Ich bin kein guter Eisläufer“, gab er zu und seufzte leise, bevor er mit dem Mund über Daniels Hals wanderte. Daniel und Taki zuliebe würde er trotzdem mitkommen, auch wenn er befürchten musste, dass er sich vielleicht die Hand brach… Nun ja, vielleicht sollte er doch versuchen, Daniel auf eine andere Idee zu bringen, denn mit dieser Aussicht wurde ihm schon leicht schlecht. „Wie wäre es denn mit einem Spaziergang im Wald? So verschneit ist das doch sehr romantisch“, schlug Serdall vor. Daniel legte leicht den Kopf schief.
 

„Ich glaube nicht, dass ich diesem feigen Fluchtversuch zustimmen kann“, meinte er grinsend. „Außerdem hast du mir gestern zugesichert, dass wir Eislaufen gehen im Austausch dafür, dass ich dich küsse. Erinnerst du dich?“ So ganz ohne Hintergedanken hielt Daniel nicht an diesem Tagesplan fest. Ein Waldspaziergang wäre auch nicht schlecht, aber dort bestand wohl kaum die Möglichkeit, dass ein beinahe aufs Eis fallender Serdall sich hilfesuchend an seinen Freund klammerte und ihn anschließend vor Dankbarkeit besinnungslos küsste. Daniel seufzte. Man durfte ja wohl noch träumen. „Aber wir gehen in irgendeine Eishalle, wenn dir das lieber ist. Aber eine mit offenem Dach oder so, damit wir wenigstens etwas von diesem recht schönen Tag haben.“
 

Serdall seufzte leise an Daniels Ohr.
 

„Bevor wir eine Eishalle ohne Dach gefunden haben, ist es Abend“, meinte er leise und schloss sich seinem Schicksal ergebend die Augen. „Es gibt einen ziemlich schönen See ein paar Kilometer außerhalb der Stadt. Der wird im Winter fürs Eislaufen bewacht. Da brauchen wir keine Angst haben, einzubrechen“, meinte er halblaut. Auf diesem See war Dustin einmal gewesen und Serdall konnte sich daran entsinnen, dass sein Schwager davon begeistert war. Zumindest hatte er noch tagelang davon geschwärmt. „Taki freut sich bestimmt“, versuchte er sich selbst noch ein wenig zu überzeugen, was ihm auch halbwegs gelang.
 

„Genau, Taki freut sich bestimmt“, stimmte Daniel lächelnd zu und löste sich dann von Serdall. „Und genau deswegen sollten wir auch dafür sorgen, dass wir schnell loskommen, da es, wie du sicherlich weißt, im Winter sehr früh dunkel wird und ich nicht nur eine Stunde dort bleiben will. Mittag essen wir einfach dort. Die haben garantiert eine Pommesbude oder ähnliches, wenn sie den See schon extra bewachen lassen. Taki wird sich auch über Fastfood freuen. Also auf geht’s.“ Daniel griff sich wahllos ein paar Sachen aus dem Schrank, zog sich zweischichtig an, damit ihm nicht zu schnell zu kalt wurde und sah dann erwartungsvoll auf Serdall. Sein Blick blieb auf dem Armband und dem Ring hängen, die sein Freund genauso wie er jetzt beide rechts trug. „Was ich dich noch fragen wollte“, murmelte er ernst und fast schon bedrohlich. „Was“, er hob seinen rechten Arm, um das Armband vor Serdalls Augen zu halten, „ist das?“
 

„Wie, was ist das?“, fragte Serdall verwirrt und ging auf Daniel zu, um an ihm vorbeizulangen und sich ebenfalls warme Sachen herauszusuchen. „Bist du jetzt total abgedreht?“
 

„Nun, ich werde meine Frage dann selbst beantworten. Das ist ein Armband“, erklärte Daniel schnaubend. „Und wie du mir gestern erklärt hast, ist es aus Platin. Erkennst du jetzt, worauf ich hinaus will?“ Mit zusammengezogenen Augenbrauen sah er Serdall dabei zu, wie er sich seine ausgewählte Kleidung auf die Arme lud. Kopfschüttelnd zog sich Serdall im nächsten Moment an.
 

„Nein, aber ich befürchte langsam wirklich, dass du irgendetwas zu sehr gegen den Kopf bekommen hast“, sagte er schmunzelnd und ging auf Daniel zu, als er sich gerade einmal Shorts und Hose angezogen hatte. „Hast du dich gestern irgendwie gestoßen?“, fragte er besorgt und strich Daniel einmal durch die Haare, um nach einer Beule zu fühlen.
 

„Hände weg“, zischte Daniel und wich einen Schritt zurück. Bei Serdalls Gesicht, das von Schock und Unverständnis gekennzeichnet war, senkte er den Kopf und seufzte frustriert auf. „Tut mir leid“, murmelte er. „Aber“, Daniels Kopf schoss wieder in die Höhe und er näherte sich Serdall, um ihm mit dem Finger anklagend auf die Brust zu stechen, „wie kannst du es erstens wagen, mir dieses verdammte Armband zu schenken, nachdem ich dir schon bei dem Auto fast den Kopf umgedreht hätte und wir ausgemacht hatten, dass ich keine teuren Geschenke mehr bekomme, mir dann nicht zu sagen, dass das Armband aus Platin ist und als ich es dann erfahren habe und augenscheinlich nicht wusste, dass es aus Platin ist, mir dann nicht zu sagen, wie teuer dieses verfluchte Armband durch dieses Material ist!“
 

Augenrollend ließ sich Serdall auf ihr gemeinsames Bett fallen, zu dem Daniel ihn gedrängt hatte. Ziemlich baff sah er Daniel an und schüttelte den Kopf. Er wusste im ersten Moment nicht was er sagen sollte. Gut, er hatte sich über ihre Vereinbarung hinweggesetzt, aber dass Daniel deswegen so wütend wurde, hätte Serdall nicht gedacht.
 

„Daniel“, fing Serdall ernst an, „spielt das denn jetzt noch eine Rolle? Nach der ganzen Zeit, in der du und ich dieses Armband glücklich getragen haben?“ Lächelnd stand Serdall auf und fasste nach Daniels Händen. „Ich habe es dir damals nicht unter die Nase gerieben, dass es solch ein teures Material ist, damit wir uns nicht den schönen Abend versauen. Du siehst doch, wie du dich jetzt schon wieder aufregst. Es ist doch keine große Sache.“
 

Serdall die Hände entziehend begann Daniel durch den Raum zu tigern und immer wieder böse und wütende Blicke in Serdalls Richtung abzufeuern.
 

„Es ist eine große Sache“, stellte er klar. „Und es spielt jetzt auch noch eine Rolle. Denn es geht nicht um dieses Armband oder mein Auto, sondern es geht ums Prinzip. Erstens, wie soll ich wissen, ob du dich nicht auch über andere Vereinbarungen hinwegsetzt, wenn du meinst, dass deine Meinung dann schließlich doch wichtiger ist, weil du eben diese oder jene Aktion ausführen kannst, wie zum Beispiel dieses Armband kaufen, weil du das Geld hast? Zweitens, was meinst du, wie ich mich dabei fühle, wenn ich andauernd solche Geschenke bekomme? Ich will auf eigenen Beinen stehen, will nicht, dass mir irgendwer vorwirft, dass ich mich von meinem Freund reich beschenken lasse, dass ich nur mit dir zusammen bin, weil du so viel Geld hast. Diese Anschuldigungen wurden gemacht, vor mir und auch vor dir.“
 

Daniel schoss dieses Mal einen verzweifelten Blick in Serdalls Richtung und dachte an Kais Worte, als er versucht hatte, Daniel allein und auch ihm und Serdall zusammen im Krankenhaus klarzumachen, dass ihre Beziehung eigentlich nur auf Äußerlichkeiten basierte. Daniel wusste, dass Kai das nur gesagt hatte, um sie auseinanderzubekommen, damit er bei Daniel wieder Chancen hatte, aber sah es nicht für Außenstehende genau danach aus? Serdall war nun einmal gegenüber fremden Leuten eher zurückhaltend bis unfreundlich, wer dachte denn dann daran, dass Daniel sich das den ganzen Tag lang freiwillig und ohne Hintergedanken antat?
 

Serdall wandte verletzt den Blick ab. Daniels Sicht dieser Dinge tat irgendwie weh. Serdall meinte es nur gut, in jeglicher Hinsicht. Er wollte Daniel eben etwas bieten, er hatte schließlich das Geld dazu und er hatte Daniel sicherlich nie das Gefühl gegeben, gekauft zu sein. Schließlich geschahen diese Geschenke nur zu besonderen Anlässen und wenn Daniel sich selbst da schlecht fühlte, dann wusste Serdall auch nicht weiter. Warum musste er denn auf andere hören? Besonders auf diesen Kai, der Daniel wohl noch im Hinterkopf klang. Mit diesen Argumenten hatte Kai also Daniel von seiner Seite getrieben. Serdalls Blick wurde hart, als er seine Hand austreckte.
 

„Dann gib mir das Armband zurück“, sagte er kalt und sah Daniel ernst in die Augen. „Ich dachte, dass zumindest du mehr dahinter siehst als das Geld, was darin steckt. Meinetwegen gib mir auch das Auto zurück. Dann schenke ich dir eben nichts mehr. Schließlich würden alle meine Geschenke eben über deinem Budget liegen. Und die Sache, dass ich mich über dich hinweggesetzt habe“, Serdall biss sich leicht auf die Lippe, ehe er sich zwang weiterzusprechen, „das tut mir leid. Aber wenn man dich beschenkt, kann man es dir anscheinend nie recht machen.“ Serdall schluckte an dem Klos, der sich in seiner Kehle bilden wollte, während er immer noch darauf wartete, dass Daniel ihm das Armband gab. „Und wenn du auf eigenen Beinen stehen willst, solltest du vielleicht auch nicht in diesem Haus wohnen. Es wäre besser, wenn du wieder zu deiner Mutter ziehst. So können wir wenigstens die Mäuler stopfen, die neidisch darauf sind, dass ich dich eben liebe, mit allem was ich habe. Ich dachte zumindest bis jetzt, dass du nicht das Gefühl hättest gekauft zu sein. Wenn es doch so ist, dann sollten wir diese ganze Sache schleunigst ändern.“
 

Geschockt sah Daniel ihn an.
 

„Das ist nicht dein Ernst, oder?“, fragte er heiser, doch Serdall machte den Anschein, als würde er es sehr wohl so meinen, wie er es sagte. Daniel warf einen Blick auf sein Armband, dann auf Serdall, bevor er es schließlich mit deutlich beschleunigtem Atem abnahm und in Serdalls wartende Hand legte. Er fühlte sich, als würde ein großes Stück von ihm jetzt fehlen und er starrte auf sein nun so leer wirkendes Handgelenk. Versucht tief einatmend schloss Daniel kurz die Augen.
 

„Ich habe nicht das Gefühl, gekauft zu sein“, flüsterte er. „Und ich sehe sehr wohl die Bedeutung hinter diesen Geschenken. Aber nachdem ich dir gesagt hatte, dass ich nicht damit klarkomme, dass alles so teuer ist, hättest du mir nach diesem voll ausgestatteten Auto nicht einfach ein Armband aus Weißgold kaufen können, wie es deine Kette ist? Ist die Bedeutung, die es damit erfüllen soll, nicht dieselbe? Es kommt mir nicht nur darauf an, was die Leute denken, wenn sie sehen, dass ich so reich beschenkt werde. Es geht auch darum, was ich dabei fühle. Du lässt mich hier einfach so wohnen, ohne dass ich einen Cent hinzu bezahle, du bezahlst mein Studium, meine Kleidung, einfach alles. Ich komme mir so abhängig vor und an Festtagen steigert sich dieses Gefühl ins Unermessliche, weil ich einfach nicht weiß, wie ich das wieder aufwiegen soll. Und dann versuche ich mit dir darüber zu reden, aber über Vereinbarungen dieser Art setzt du dich hinweg. Wenn das also wirklich der einzige Weg ist und du so denkst, wie du es eben ausgeführt hast…“
 

Daniel beendete seinen Satz nicht, sondern holte sich eine Reisetasche aus dem Kleiderschrank und begann einige Sachen darin einzupacken. Tränen hatten sich in seinen Augen gebildet, wofür er sich schon wieder verfluchen konnte. Wenn Serdall ihn so sah, würde er alles sagen, nur damit es Daniel wieder besser ging und es ging hier nicht um irgendwelches Mitleid, das zu irgendwelchen Aktionen und Beteuerungen führte, sondern es ging ihm darum, dass Serdall tatsächlich verstand, um was es ihm ging.
 

Serdalls Finger schlossen sich fest um das Armband, das Daniel tatsächlich abgenommen hatte. Er hätte nie gedacht, dass Daniel so weit gehen würde, dass er das tatsächlich einfach so wegwerfen würde…
 

„Wenn du nicht siehst, dass es eben zu mir gehört…“, zischte Serdall wütend und warf Daniels Armband auf das Bett, ehe er an Daniel vorbei und auf die Tür zuging. „Deswegen habe ich es dir verschwiegen. Und jetzt, wo wir gerade mal wieder wirklich zusammen sind, da musst du das ausgraben. Daniel“, Serdall blickte zur Seite und sah kurz auf seinen weinenden Freund, „ich liebe dich. Aber ich scheine mal wieder deinen Vorstellungen nicht zu entsprechen.“ Serdall drehte sich nun vollends noch einmal zu Daniel und sah ihm kalt in die Augen. „Das alles, was in den letzten Wochen passiert ist, das ist mehr als eine Beziehung vertragen kann. Und wieder gibt es etwas, was nicht stimmt. Es soll wohl nicht sein“, meinte leise, ehe er sich umwandte und das Zimmer verließ. Irgendwann war es auch einfach mal genug. Wütend auf sich selbst und auf Daniel machte sich Serdall auf dem Weg nach draußen. Er griff nach seinem Mantel, stieg in seine Schuhe, bevor er sich seinen Schlüssel nahm und durch den Schnee zur Garage lief, ohne sich verabschiedet zu haben. Er brauchte jetzt seine Ruhe, ohne irgendwen, ohne Daniel.
 

Daniels Atem flog, als wäre er gerade einen Marathon gelaufen und seine Augen sprangen im halben Sekundentakt von der Tür zu seiner halbgepackten Tasche und dem Armband. Es brauchte einige Zeit, bis sich der erste Schock gelegt hatte, doch dann traf ihn die Realität umso härter. Serdall hatte Schluss gemacht. Das war der Gedanke, der ihm gerade die ganze Zeit hämmernd im Kopf herumschwirrte. Nur noch Sekunden konnte er seine Maske aufrecht erhalten, dann brach er schluchzend über seiner Reisetasche zusammen.
 

Er hatte alles falsch gemacht. Mal wieder. Warum hatte er auch dieses Thema zur Sprache bringen müssen? Er wusste doch, wie schwer es war, Serdall von seinen Ansichten abzubringen. Oder waren es seine eigenen Ansichten, die falsch waren? Ehrlich gesagt war Daniel nicht davon überzeugt, dass darin sein Fehler lag. Vielleicht war es begründet gewesen, Serdall darauf anzusprechen, das Problem war nur, eben ‚Serdall‘ darauf anzusprechen, da eine negative Reaktion absehbar war. Nur wie negativ sie war, hätte Daniel sich nie im Leben ausmalen können.
 

Kraftlos schleppte er sich kurz zur Tür, um den Schlüssel herumzudrehen und kroch dann auf Serdalls Bettseite, nachdem er das Armband hochgenommen und auf das Kopfkissen gelegt hatte. Ein Entschluss hatte sich in seinem Kopf gebildet und er brauchte Kraft, um ihn ausführen zu können. Viel Kraft, die er sich hier zu holen versuchte. Seine Augen waren wieder trocken und Daniel wischte sich die letzten Tränenspuren von den Wangen, während er hinaus in den nun grauen Himmel starrte und die Schneeflocken betrachtete, die leise gen Boden fielen.
 

Stundenlang war Serdall einfach herumgefahren, immer konzentriert auf die Straße sehend, damit er bei der Glätte nicht noch im Graben landete. In ihm schien die gleiche Kälte zu herrschen, die der Winter sie mit seinem Eis und dem Schnee verkörperte.

Hatte er wirklich gerade mit Daniel Schluss gemacht? Es fühlte sich zumindest so an. Was hatte es auch für einen Zweck, diese Beziehung fortzuführen? Irgendwann würde Daniel immer mehr stören, denn jetzt schien er gerade damit anzufangen alles zu äußern, was ihn störte. Sei es der zu anständige Sex, Serdalls Verschlossenheit gegenüber anderen, seine Brutalität gegen Kai und nun sogar sein Geld. Was kam als nächstes? Dass er zu viel geigte? Dass er einen Sohn hatte, dass er viel zu viel Serdall Agamie war?
 

Gerade bog Serdall wieder in der Einfahrt vor seinem Haus ein, als der Schnee stärker wurde. Serdall kam sich mittlerweile ziemlich herzlos vor. Nicht eine Träne bisher, keine Magenschmerzen, nichts. Daniel war sicherlich schon weg. Seufzend stieg Serdall aus und ignorierte die fragenden Blicke von Yoshiko, als er an der Küche vorbeiging und nach oben. In seinem Zimmer stockte er kurz. Das Bett war gemacht, der Schrank geschlossen und Daniel war weg. Verwirrt ging er auf den Kleiderschrank zu und öffnete ihn. Daniels Seite war leer. Weg. Alles. Daniels Sachen waren komplett ausgeräumt. Serdall presste die Lippen zusammen. Also war es wirklich aus zwischen ihnen. Ob Daniel wohl schon bei Kai war?
 

Kopfschüttelnd schloss Serdall die Tür wieder und drehte sich herum. Seine Augen blieben an seinem Nachtschrank hängen. Es gab ihm einen Stich als er sah, dass dort das Armband und der Ring ordentlich hingelegt worden waren. Die Stirn runzelnd ging Serdall darauf zu, als er den Brief entdeckte, der neben den beiden Sachen lag. Er nahm ihn in die Hände und öffnete ihn. Es war Daniels Handschrift.
 

Serdall,
 

ich kann nachvollziehen, dass du wütend bist, vor allem auf mich, und ich kann dich ehrlich gesagt gut verstehen. Du hast wohl recht, dass in den letzten Wochen mehr passiert ist, als eine Beziehung vertragen kann und mir ist bewusst, dass ich für all das verantwortlich bin. Immer warst du derjenige, der verzeihen musste und ich sehe ein, dass es irgendwann nicht mehr möglich ist und ich werde dieses Mal nichts gegen deinen Entschluss, unsere Beziehung zu beenden, sagen. Vor allem werde ich nicht wieder so einen Stunt bringen wie das letzte Mal.
 

Ich werde nicht noch einmal für diese Beziehung kämpfen da ich gemerkt habe, dass dich jegliche Fortführung irgendwann immer wieder verletzt hat, was ich ein für alle Mal vermeiden will. Scheinbar war ich einfach nicht in der Lage, dich und deinen Charakter vollständig zu verstehen, auch nach fast zwei Jahren Beziehung nicht, sodass ich immer wieder in diverse Fettnäpfchen getreten bin.
 

Ich habe die Sachen, die praktisch dir gehören, hiergelassen. Kimba ist wohl in der Hinsicht eher an der Grenze, aber hier ist sie wohl besser aufgehoben als sonst irgendwo, mit all dem Platz, den sie hier hat, der vertrauten Umgebung und Mücke als Spielkameradin.
 

Mir tut es für Taki leid, der sich wohl ziemlich vor den Kopf geschlagen fühlen muss. Sag ihm einfach die Wahrheit, nämlich dass ich dich nur unglücklich gemacht habe und du jetzt für ihn eine neue nette Mom suchst, über die er in der Schule dann auch etwas erzählen kann, ohne Angst zu haben, diskriminiert zu werden, nur weil sein Vater in seinem Leben eine falsche Entscheidung getroffen hat.
 

Das obligatorische ‚such nicht nach mir‘, das oft in solchen klischeehaften Briefen vorkommt, spare ich mir, da ich einerseits nicht daran glaube, dass du überhaupt auf die Idee kommen wirst, weil du nach diesen Brief wahrscheinlich die Wände hochgehst, ich andererseits auch nicht unbedingt will, dass es nach diesem klischeehaften Brief mit so einem obligatorischen Ende dann zu einem dieser obligatorischen, klischeehaften Hollywood-Happy-Ends kommt. Das wäre wieder der Anfang des Teufelskreises.
 

Vergib mir, aber ich kann nicht anders, als dir trotzdem noch einmal zu sagen, dass ich dich liebe.
 

Daniel
 

Serdall ließ den Brief sinken. Es war vorbei. Eine Weile starrte er einfach vor sich hin und ließ diese Worte in seinem Kopf nachhallen, wie ein endloses Mantra. Das Stück Papier glitt aus Serdalls Händen und fiel zu Boden. Er hätte nie in seinem Leben geglaubt, dass er Daniel einfach so gehen lassen würde, doch jetzt… Serdall schüttelte den Kopf und rieb sich freudlos lachend über die Stirn.
 

„Das ist doch alles so bescheuert“, meinte er zu sich selbst, ehe ihm einige Tränen über die Wangen rannen. Er hatte so sehr gekämpft, hatte sich mit Fei geschlagen, hatte Daniel alles gegeben und es endete so? Daniel hatte Recht, Serdall hatte ihm viel zu viel verziehen und jetzt ging es wohl einfach nicht mehr. Nachdrücklich rieb sich Serdall über die Augen. Was war das für eine Dankbarkeit? Hart biss er sich auf die Lippe. Vielleicht hatte Daniel das auch alles nie gewollt? Serdall schüttelte den Kopf. Nein, Daniel hatte das gewollt. Serdall wusste, dass Daniel ihn liebte, aber sie konnten wohl einfach nicht miteinander, was wohl Serdalls Schuld war. Er war schließlich der, der anscheinend nicht sah, dass er Daniel eine Last zu sein schien. Gerade wegen seinem Charakter und seinem Geld. Auch wenn Daniel sagte, dass er Serdall liebte, waren da immer Dinge gewesen, die sie nicht wirklich miteinander überwinden konnten. All das schien in der letzten Zeit hochgekommen zu sein, jetzt, wo sie nicht mehr nur durch die rosarote Brille sahen, wo ihre Beziehung am seidenen Faden gehangen hatte. Und wie man sah war es eben wirklich die verklärte Liebe gewesen, die sie so lange aneinander geschweißt hatte. Anders konnte sich Serdall das nicht erklären.
 

Seufzend legte er Daniels Ring und Armband in die Nachtschublade und den Brief dazu. Warum hatte er sich nur auf Daniel eingelassen? Langsam wurde diese Frage in ihm immer lauter. Sie waren so schrecklich verschieden gewesen, schon immer. Es hätte ihm doch klar sein müssen, dass es zum Scheitern verdammt war. Serdall ließ sich auf sein Bett fallen, doch als ihm Daniels Geruch in die Nase stieg, sprang er schlagartig wieder auf. Er riss das gesamte Bettzeug und die Kissen herunter, nur die blanken Matratzen blieben. Serdall holte Säcke, in denen er das Bettzeug stopfte und verdammte diese dann in die Abstellkammer. Er holte ein frisches Kissen und eine Bettdecke aus dem Schrank im Flur und bezog beides mit blütenweißer Bettwäsche. So würde es ihm leichter fallen, Daniel zu vergessen.
 

Ende Kapitel 28



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  LittleAngel
2008-03-23T20:01:56+00:00 23.03.2008 21:01
daher kommt wohl auch der satz manche können einfach nicht miteinander aber auch nicht ohne :-) super geschrieben.
Von: abgemeldet
2007-12-21T20:56:40+00:00 21.12.2007 21:56
Können sie nicht einfach ihr Glück genissen?Ich mein; Ethan und Dustin waren doch viel zu verschieden und nun sind sie ein Traumpaar , was no nie solche Probleme hatte.
Irgendwie ist nichts normal bei Serdall und Daniel.

Du hast es klasse geschrieben , wie immer und ich lese gleich weiter!^^
Von:  Allmacht
2007-12-20T15:23:16+00:00 20.12.2007 16:23
Das haben die beiden ja mal wieder toll hinbekommen.
Die schlittern wirklich von einer Katastrophe in die andere.


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