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Klonk

von

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Klonk,
 

machte ihr Kopf, als er auf der Tischplatte aufschlug.

Nein, niemand war dabei Cosima zu verprügeln und sie war auch nicht unglücklich gefallen. Sie stieß einfach gerne ihren Kopf gegen Tischplatten, Wände, Fensterscheiben und ähnlich feste, flache Oberflächen. Meist tat sie es, wenn sie sich über irgendwas ärgerte. Meistens ärgerte sie sich über sich selbst.

Manchmal half es sogar einen klaren Kopf zu bekommen, meistens nicht, aber den Versuch war es ja wert.

Eine Freundin näherte sich vorsichtig.

“Ist irgendetwas?”, fragte sie besorgt.

“Nö”, antwortete Cosima, “Mir ist nur übel.”

Ja, übel war ihr auch. Wie jedem normalen Menschen war ihr übel, wenn sich der Frühling ankündigte, die Vögel zwitscherten und die Sonne schien.

Und man sich einfach hemmungslos verliebt hatte.

Cosima war kein Fan von schmalzigen Liebesromanen. Sie mochte noch nicht mal Liebeskomödien besonders. Verliebt war sie dennoch schon öfter gewesen. Und jedes Mal passierte es im Frühling und jedes Mal endete es damit, dass sie einen neuen, guten Freund gewann, aber eben nie einen FREUND. Nervig, dachte sie und verursachte ein erneutes Klonk, diesmal mit weniger Elan.

Nervös spielte sie mit ihren langen, braunen Haaren. Diesmal schien es noch nicht einmal darauf hinauszulaufen, diesmal war es ziemlich deutlich, dass er sie nicht besonders mochte.

Gut, dachte sie, das hast du von Kevin, Paul und Andreas auch behauptet.

Sie ließ den Kopf auf der Tischplatte liegen und sah aus dem Fenster auf den Schulhof. Sie versuchte gegen die Übelkeit anzukämpfen, indem sie einfach nicht an ihn dachte.

Natürlich lief er in diesem Moment quer über das Schulgelände.

Sie schloss die Augen und öffnete sie fast sofort wieder, wobei sie sich für ihre Inkonsequenz verfluchte. Doch wenn die Hormone erst verrückt spielen, dann geht die Konsequenz flöten. Genauso wie Rationalität, logisches Denken und Kommunikationsvermögen. Dämlich, wenn nicht mehr als ein dämliches Kichern über die Lippen kommt und man ansonsten nur noch belangloseste Belanglosigkeiten von sich gibt. Natürlich nicht dauernd, nein, im Moment fühlte sie sich durchaus in der Lage einen kompletten Aufsatz über die Relevanz Jeremy Benthams für die westliche Philosophie zu verfassen.

Um genau zu sein, trat dieser Zustand krankhafter Gehirnleere ausschließlich ein, wenn er vor ihr stand und sie mit aller Macht versuchte sie selbst zu sein, was bisher noch immer misslungen war.

Zudem hatte sie auch äußerlich nichts, was ein schrilles, dümmliches Kichern für männliche Wesen attraktiv um nicht zu sagen erotisierend gemacht hätte.

Sie selbst bezeichnete ihr Aussehen eher als “speziell”.

Sie beschloss schließlich zum fünften Mal an diesem Tag an ihr Schließfach zu laufen. Sie kam dabei nicht umhin, sich zum hundertsten Mal einzugestehen, dass sie das nur tat, um ihm eventuell doch über den Weg zu laufen. Dennoch zuckte ein leises, amüsiertes Lächeln über ihr Gesicht. An und für sich genoss sie diesen Zustand. Er machte den Alltag spannender.

Tatsächlich stand er ganz in der Nähe. Er unterhielt sich mit einem anderen Mädchen. Eine völlig unbegründete Welle beißender Eifersucht spülte Cosimas Hirn kurz und gründlich durch, worauf ein neues Grinsen ihre Mundwinkel nach oben zog. Selbstironie war eine ihrer Lieblingsbeschäftigungen. Über kaum jemanden konnte sie besser lachen als über sich selbst. Es war als sähe sie sich selbst von außen. Eine Slapstickkomödie.

Er sah sie natürlich nicht. Oder hatte er ihr doch gerade einen Blick zugeworfen?

Auf dem Rückweg lächelte sie ihm kurz grüßend zu. Seine Mundwinkel verzogen sich für einen Augenblick nach oben. Überschwängliche Freude war das vielleicht nicht, aber immerhin wusste er noch, dass er sie kannte.

Ihr Herz klopfte schon wieder ganz wild, was sie eher ungehalten zur Kenntnis nahm. Wieder im Zimmer ließ sie ein erneutes Klonk ertönen und dämmerte den Rest des Tages in einem Halbwachzustand vor sich hin.

Nach Unterrichtsende stand sie auf dem Schulhof und wartete auf ein paar Freundinnen. Die Tür zum Schulgebäude öffnete sich und er trat heraus. Hallelujah, dachte sie und biss sich auf die Zunge, obwohl die gar nichts dafür konnte. Anscheinend selbst etwas unsicher näherte er sich, blieb etwa zwei Meter von ihr entfernt stehen und starrte ins Leere. Erneut ging ein amüsiertes Lächeln über ihr Gesicht, wobei sie langsam fürchtete, dass ihre Mimik bald in dieser Position erstarren würde.

“Du kannst auch näher kommen. Ich beiße nicht”, sagte sie mutig, wobei sie den größten Teil der Worte beinahe aus dem Mund prügeln musste. Sie wünschte sich eine Tischplatte.

Nun grinste er auch auf seine ziemlich spezielle Weise und glitt mit einem eleganten Schritt an ihre Seite.

Immer noch grinsend und mit größter Mühe ihm nicht um den Hals zu fallen, wodurch sie noch größere Mühe hatte nicht loszuprusten, wandte sie den Blick wieder zur Tür, sehr wohl wissend, dass sie eine Chance einfach so vorbeigleiten ließ, und war sich sicher, dass das Leben schön war. So schön, dass man es manchmal nur mit einem Klonk ertragen kann.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2007-11-06T12:17:43+00:00 06.11.2007 13:17
Hey meine Süße.

Bin ich richtig in der Annahme, wenn ich das ganze ein wenig auf dich beziehen, ich musste zumindestens mit dem Lesen sofort daran denken!?
Ich finde es schön, wie du eine so Alltägliche Situation so schön umschreiben kannst.
Und nochdazu, so sehr nachvollziehbar, wem ging es noch nicht so!?
Ja, so ist das Leben.

Es ist wirklich eine gut gelungene kleine Geschichte.
Ich brauche dir glaube nicht sagen "Mach weiter so!" *smile*

Hdgdl.
Deine Vugnu


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