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13 Götter

von

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Der Hasardeur des Schicksals

Ich war in meinem ganzen Leben – und wenn ich sage ganzes, dann meine ich es auch genau so – immer nur auf Spaß bedacht, hatte mir nie aus etwas anderem etwas gemacht außer aus Spielen. Hauptsächlich aber aus Kartenspielen, denn bei denen war ich schon immer unschlagbar.

Ich war immer auf der Suche nach neuen Spielen, nach Unterhaltung, nach Spaß, nach irgendetwas, das mich zum Grinsen brachte und bei dem ich gewinnen konnte und wenn ich es beim ersten Mal nicht schaffte, gnadenlos zu gewinnen und dabei eine Menge, manchmal vielleicht sogar etwas zu viel, verlor, dann machte mir das nichts. Ich übte und übte bis ich endlich wieder der Beste war.

Der beste Spieler zu sein, der König, Kaiser – nein, was sag ich – Gott der Spiele zu sein, war ein Traum, der mich schon seit meinen Kinderschuhen begleitete und der scheinbar an meinen Füßen haften blieb, wenn die Schuhe zu klein wurden.

Meine Freunde schlossen allzu gerne Wetten mit anderen Spielern, die nicht das Glück hatten, gegen mich zu verlieren und nur zuschauten; ab und gewannen sie eine Menge Geld dabei, wenn ich dann tatsächlich gewann, und verprügelten mich, wenn ich verlor und sie dann Geld abgeben mussten, das es erst noch zu gewinnen galt.

Gute Freunde, nicht wahr?

Aber es war mir auch verdammt egal, dass sie gewalttätig wurden, wenn ich verlor, denn ich hatte auch so meinen Spaß gehabt, selbst wenn ich verlor. Ich gab mir bei jedem Spiel mehrere Versuche – irgendwann war ich der Beste –, also stand meinem Traum auch nie etwas im Wege.

Es war ein tolles Gefühl, noch besser aber war es, wenn ich mir mit meinen Freunden nach einem erfolgreichen Abend einen gönnte und hin und wieder zu tief ins Glas schaute.

Es war mir egal – worüber Sorgen machen?

Kein Job, aber schlau genug, durchs Leben zu kommen und das einzige, was zählte, war nur das Spiel, das einzig wirklich wahre und wichtige in meinem gottverdammten Leben.

Diese Freunde, wie sie sich nannten, waren nichts Besonderes.

Der einzige Grund, warum ich des Nachts noch nicht verschwunden war, war, weil es alleine nicht im Ansatz so großen Spaß machte wie zusammen. Hätte ich in der Kneipe etwa alleine über meine eigenen Witze lachen sollen?

Der Wirt hätte mich im hohen Bogen rausgeschmissen.

Und während meine Freunde also sich in den Casinos und Spielhallen mit den zuckersüßesten Frauen abgaben, um sich im Schutz der Dunkelheit mit ihnen zu vergnügen, tat ich nichts weiter als meine Karten zu sortieren, sie zu mischen, mir ein Blatt zu geben, so zu tun, als würde ich einen verheißungsvollen ersten Zug spielen, der den Gegner in die Knie zwang, und dann das ganze noch einmal von vorn, bis die nächtlichen Spielereien so leise geworden waren, dass auch ich problemlos schlafen konnte.

Natürlich hätte ich mich ihnen anschließen können, wenn ich wollte – immerhin war ich ja derjenige, der das Geld einbrachte und auch, wenn sie mir mehr als nur einen drauf gaben, wenn ich verlor, den größten Anteil der Gewinnsumme überließen sie immer noch freiwillig und liebend gerne mir.

Weiß der Geier warum.

Um mich bei Laune zu halten, damit ich nicht ging, was weiß ich.

Interessierte mich auch nicht.

Genau genommen war es mir auch scheiß egal, blieb ich doch nur zu meinen Vergnügen bei ihnen.

Ein Einzelgänger, das war ich. Ein seltsamer, in der Tat.

Ein seltsamer Einzelgänger in einer Gesellschaft, die nicht einmal wusste, dass er einer war.

Um ehrlich zu sein, zählte ihre Meinung aber auch nicht.

Ich ließ mich von ihnen nicht bei meinem Spiel beeinflussen und ich bewahrte meine eigene Meinung auch vor ihrem Einfluss, meinen Stolz, meinen Willen, das Spiel solange durchzuziehen, bis ich der Gewinner war – und der war ich immer. Immerhin war das Leben auch nicht mehr als ein Spiel.

Mit komplexeren und mehreren Regeln, ja, aber genau genommen nichts weiter als ein Spiel.

Ein verdammt gutes …
 

Aber Ausnahmen bestätigen bekanntlich die Regel.
 

Das eine einzige Mal, bei dem ich nicht der Gewinner war, sondern Wesen, die ich nie zuvor gesehen hatte, war in einer erfolglosen Nacht.

Das Spiel erforderte höchste Konzentration und normalerweise machte ich mir nichts aus all den Personen, die dabei standen, zusahen und mir beschwörend etwas zuflüsterten in der Hoffnung, ich würde mit ihren Gemurmel gewinnen können, aber diese Nacht war etwas anderes.

Ich hatte, bevor wir in die Spielhalle gingen, bereits so ein seltsames Geräusch gehört. Es klang fast wie unglaublich viele Stimmen, die irgendetwas wisperten, etwas unverständliches, aber es beunruhigte mich.

Und die Tatsache, dass meine Freunde es nicht zu hören schienen, machte mich noch nervöser, lenkte mich bei meinem Spiel geradezu völlig ab und in all den dunklen Ecken, in die ich in meiner wachsenden Angst blickte, sah ich gelbe Augen.

Überall.

Meine Freunde packten mich an den Armen, redeten anflehend und mit Nachdruck auf mich ein, leiser, lauter, undeutlich, genau. Ich konnte es nicht einmal mehr unterscheiden und zum aller ersten Mal in meinem Leben war ich froh, als ich die Spielhalle verlassen konnte, vollkommen vergessend, dass mich jetzt wie immer Schläge erwarteten und ich morgen beim Blick in den Spiegel sehr wahrscheinlich mindestens ein blaues Auge entdecken würde.

Es war nicht wichtig, denn wie ich bereits sagte, war diese Nacht etwas anders.

Außerdem war es nicht so, dass meine Freunde, meine allerliebsten, direkt auf mich einschlugen, wenn wir die Spielhalle verlassen hatten; sie taten es in einer dunklen, abgelegen Ecke, nicht weit entfernt von dem kleinen baufälligen Haus, in dem wir unsere Nächte verbrachten.

Und bis wir in dieser Ecke ankamen, wurde das seltsame Gemurmel immer lauter, klang fast schon so, als würden sie mir direkt ins Ohr sprechen, doch ich verstand ihre Worte immer noch nicht.

Es waren so viele und es schien eine andere Sprache zu sein, wenn es denn überhaupt eine war.

Je unüberhörbarer diese Stimmen wurden, desto langsamer wurden meine Schritte und ich fiel zurück, aber meine Freunde bemerkten es nicht und kurz darauf waren sie auch schon um eine Ecke verschwunden und ich war allein.

Allein mit diesen unzähligen Wesen. Sie waren schwarz die Nacht, kaum zu unterscheiden von ihrer Umgebung, wäre da nicht das helle Licht des Vollmondes und das dämmrige einer entfernten Straßenlaterne. Ihre Gestalt war so … seltsam …

Aber das einzige, was mich wirklich verunsicherte, war, dass ich mich auf einmal nicht mehr im Geringsten vor ihnen fürchtete und das, obwohl ihre Stimmen nun geradezu ein alles durchdringender Schrei war.

Das Leben ist ein Spiel, oder nicht?

Nicht mehr und nicht weniger als das.

Es gibt Regeln, aber man kann sie umgehen, missachten oder ganz auf sie pfeifen, wenn man will, es hängt allein von den Umständen ab, in denen der Spieler sich befindet.

Das Leben war nicht anders.

Und verlor man mal ein Spiel, dann fängt man einfach wieder von vorne an.

Mit mehr Wissen, mit neuen Strategien … mehr Macht …

Die Wesen kamen auf mich zu und unser Spiel begann.

Es war, wie ich gesagt hatte.

Ich hatte zwar verloren, mein Leben, aber wie ein Spiel fängt man auch dieses einfach wieder von vorne.

Ich war gestorben, in meiner Brust schlägt kein Herz mehr, aber das ist egal. Ich brauch es nicht für meine Spiele und den Spaß an ihnen – auch wenn Xaldin mir etwas anderes sagte; vielleicht hat er ja Recht und ich kann das, wofür ich mein erstes Leben lebte, nicht mehr empfinden, aber auch das macht nichts.

Solange ich mich daran erinnern kann, reicht es mir.
 

Seit dem Tag, an dem Xaldin mich ins Schloss führte, komm ich hierher, zur Kluft des Chaos.

Ein wunderschöner Platz, um Kingdom Hearts zu beobachten, ihm zu huldigen und an die Zeit danach, wenn wir genug Herzen haben, zu denken.

Ein bezaubernder Zeitvertreib.
 

Und zwischendurch, wenn ich keine Aufgaben zu erledigen habe und es überdrüssig bin, Kingdom Hearts zu beobachten, dann lasse ich meine Karten erscheinen.

Wie damals als Jemand tue ich nichts weiter als sie zu sortieren, sie zu mischen, mir ein Blatt zu geben, so zu tun, als würde ich einen verheißungsvollen ersten Zug spielen, der den Gegner in die Knie zwingt, und dann das ganze noch einmal von vorn im sanften Licht unserer Zukunft.



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