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Ayashi - Der Weg zur Wahrheit

(überarbeitet)
von

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Katsumoto stellte Ayashi die anderen beiden Youkai-Damen vor, während sie sich gegenseitig aufmerksam musterten.

„Willkommen, Satori-Sama. Willkommen, Ninshiki-Sama. Ich freue mich, Eure Bekanntschaft im Hause meines geliebten Onkels Katsumoto-Sama zu machen.“ meinte sie und verneigte sich schließlich höflich.

Die fremden Prinzessinnen nickten ihr dankend zu und verneigten sich ebenfalls leicht.

Ayashi wusste, dass sie nicht gerade einen repräsentablen Eindruck machte, obwohl ihr Onkel das bestritten hatte. Ninshiki, die jüngere der beiden, hatte braunes Haar, welches sie zu einem hohen Pferdeschwanz zusammengebunden hatte, damit es sie nicht störte. Ihre pechschwarzen Augen ruhten neugierig auf Ayashi und sorgten für einen offenen und aufgeschlossenen Gesichtsausdruck. Ihr Körper war schmal und schlank wie der ihrer Schwester Satori, die nur ein Jahr jünger war als Ayashi selbst. Satori trug ihr braunes Haar offen und hatte nur die vorderen Strähnen locker am Hinterkopf befestigt. Ihre gesamte Haltung strahlte etwas Erhabenes aus, doch Ayashi vermittelte ihr Gesichtsausdruck ein Gefühl von Überheblichkeit, das ihr überhaupt nicht gefiel. Eine Hime lernte derartige Gefühle zu verstecken, dachte Ayashi, um sich selbst ruhig zuzusprechen und in Satori keine Rivalin zu sehen. Die beiden Schwestern trugen einen brauen Hakama und einen beigen Haori, unter dem der Kragen eines dünneren, purpurfarbenen Haori hervorblickte.

„Ayashi, ich möchte dass du unseren Gästen alles zeigst, damit sie sich hier zurecht finden. Schicke außerdem Ayame zu mir, sobald du sie siehst. Ich möchte, dass unsere Gäste meine Erbin kennen lernen.“ bat Katsumoto und verschwand nach einer knappen Verneigung den Raum und Ayashis einverstandenem Nicken.

Ayashi folgte ihrem Onkel mit dem Blick und wandte sich dann wieder Satori und Ninshiki zu. Satoris Augen waren immer noch auf die Tür gerichtet, durch die Katsumoto gerade verschwunden war und verrieten Ayashi, dass Satori nichts von einer Erbin der Südlichen Berge gewusst hatte.

„Ayame-Sama ist meine kleine Schwester.“ erklärte Ayashi, obwohl sie weder sich noch ihren Onkel erklären musste.

Ninshiki nickte, doch Satori starrte immer noch wie gebannt zur gegenüberliegenden Wand. Katsumoto hatte die Tür nicht hinter sich zugeschoben, doch nun eilte ein Diener heran, und schob die Tür an ihren Platz.

„Dann möchte ich nun den Wunsch meines Onkels befolgen. Folgt mir, bitte.“ meinte Ayashi und ging bereits ein Stück voraus.

Ninshiki folgte ihr mit geschmeidigen Schritten, doch Satori stand immer noch in der Mitte des Raumes. Ayashi zog unmerklich die Augenbrauen hoch und wusste nicht, welche Einladung die fremde Hime noch brauchte, um sich als anständiger Gast den Wünschen des Gastgebers zu beugen.

„Onee-San?“ fragte Ninshiki, die das Verhalten ihrer älteren Schwester nicht verstand. „Kommst du?“ fügte sie hinzu, als Satori immer noch nicht reagierte.

„Nein, verzeiht mir, Ayashi-Sama… Ich verzichte.“ lehnte Satori ab, verneigte sich kurz und verließ eilend den Raum.

Ayashi blickte ihr nach und wusste nicht recht, was sie davon halten sollte. Sie zuckte die Schultern und ging weiter, wobei Ninshiki ihr sofort wieder folgte.

„Verzeiht ihr, Ayashi-Sama. Meine Schwester ist kein ungehobelter Mensch…“ begann Ninshiki und neigte den Kopf ein wenig, während die beiden einen Gang entlang schritten.

„Es ist nicht die Aufgabe der jüngeren Schwester, die ältere zu entschuldigen oder in Schutz zu nehmen.“ wies Ayashi auf eine Tatsache hin und begegnete Ninshikis gequältem Blick. „Oder wurde das bereits zur Gewohnheit?“ fügte sie hinzu.

„Nein, gewiss nicht, Ayashi-Sama.“

„Nun, wenn es dir recht ist, so werde ich dich Ninshiki nennen, wenn du mich nur mit Ayashi anredest.“ schlug Ayashi vor, da die jüngere Schwester ihr sehr liebenswürdig erschien.

Ninshiki nickte lächelnd und Ayashi lächelte ebenfalls. Damit stand einer Freundschaft nichts mehr im Wege.
 

Am Abend saß Ayashi noch nach dem Nachtmahl zusammen mit Katsumoto auf der äußeren Engawa und blickte in den Garten hinaus.

„Du wirkst erleichtert, Katsumoto.“ bemerkte Ayashi, da ihr Onkel ruhig neben ihr saß und auch beim Abendessen entspannt das Gespräch geleitet hatte.

Ayashi hatte sich nicht über Satori beschwert, obwohl ihr das zustand, denn Ayame war noch zu jung, um die Funktionen einer Gastgeberin zu übernehmen. Das war immer noch Ayashis Aufgabe, wenn sie sich bei ihrem Onkel aufhielt.

„Es kam zu einer glücklichen Übereinkunft mit den Drachen.“ entgegnete Katsumoto schlicht und betrachtete seine Nichte.

„Gab es Probleme?“ fragte Ayashi erstaunt, da ihr Vater nichts gesagt hatte.

„Kleinere Trupps von Drachen haben die nordwestliche Küste terrorisiert.“

„Wieso weiß ich davon nichts? Sollte ich es nicht wissen? Ich meine, es geht mich auch etwas an, oder nicht?“ gab Ayashi enttäuscht zurück. „Ich wäre doch niemals aus Fukuoka aufgebrochen, wenn ich das gewusst hätte!“

„Und genau das wusste dein Vater nur zu gut. Ayashi, es ist doch überhaupt nichts geschehen und du wirst früh genug die Verantwortung für dein Land übernehmen müssen.“

„Und wie soll ich der Aufgabe gewachsen sein, wenn ich es niemals lerne?“ argumentierte Ayashi zu gut.

Katsumoto seufzte und zuckte nur die Schultern. Dann meinte er:

„Es war die Entscheidung deines Vaters.“

„Hm.“ brummte Ayashi mürrisch und schüttelte verständnislos den Kopf.

Katsumoto schwieg und Ayashi verdrehte die Augen. Musste sie ihm selbst jetzt noch jedes Wort aus der Nase ziehen? Konnte er ihr nicht wenigstens jetzt – immerhin war die Gefahr gebannt – erzählen, worum es bei den Kämpfen gegangen war und wie sie beendet worden waren, bevor sie richtig begonnen hatten?

„Wie wurden die Unstimmigkeiten beigelegt?“ fragte Ayashi schließlich, als sie das Schweigen ihres Onkels nicht mehr ertrug.

„Kuro-Sama, der Hundeyoukai-Fürst des Landes im Osten, dessen Gebiet am meisten unter den Angriffen zu leiden hatte, lenkte in den Streitereien um eine private Angelegenheit ein und besänftigte die Drachenführer.“

„Was ist mit Komyo-Sama und seiner Familie? Sie leben im gleichen Gebiet. Hatten sie auch Verluste zu melden?“

„Nein, die Angriffe konzentrierten sich auf Siedlungen von Menschen in der Küstenregion. Dort schienen die Verluste ziemlich hoch zu sein, doch nicht hoch genug, dass der Rat von Kyoto sich zu einem Krieg gegen die Drachen entschieden hat. Kuro-Sama bereinigte die Angelegenheit unter beiderseitiger Ehrbewahrung.“

„Er scheint ein überaus fähiger Politiker zu sein, wenn er verärgerte Drachen besänftigen kann.“ meinte Ayashi und erinnerte sich an das, was sie über Drachen wusste.

Wollte man genau sein, musste man sie Drachen-Youkai nennen, denn das waren sie. Das Volk der Drachen-Youkai stammte aus Korea und herrschte dort bereits seit dem Ursprung der Welt. Sie waren wilde Krieger, die ihr Gebiet nicht nur in Korea, sondern in der gesamten Welt sahen, und sehr leicht reizbar. Ihr Augenmerk richteten sie jedoch größtenteils auf das Reich der Mitte, die Steppen im Norden und die Wüsten im Westen, da es ihnen schon einige Male nicht geglückt war, Japan zu erobern. Soweit Ayashi wusste, waren sie auf ihren Eroberungszügen oft monatelang in ihrer Drachengestalt geblieben, weshalb ihnen nach mehreren Generationen die Verwandlung in die menschenähnliche Youkaigestalt immer schwerer fiel. Inzwischen war sie nur noch den stärksten Kriegern überhaupt möglich, doch auch dann trugen diese noch Linien, Zeichen und Ornamente von geschuppter Haut über den gesamten Körper. Deshalb wurde vernachlässigt, dass sie einst Youkai gewesen waren.

„Wie hat er sie nur besänftigt?“ fragte Ayashi skeptisch.

„Er hat sie mit Vernunft und guten Argumenten überzeugt, es sei sinnlos gegen gleichgültige japanische Youkai einen Krieg zu führen, wo in ihrem Rücken noch Stämme auf den Fall der Drachen hinarbeiteten.“

„Die Stämme des Himalaja?“ fragte Ayashi.

„Sowohl die Stämme des Himalaja als auch die Stämme in China. Die Drachen haben an Macht und Stärke eingebüßt. Überall in China gibt es Unruhen um neue Youkai-Führer, die schnell Anhänger finden und bereit sind, den Drachen den Krieg zu erklären. Ich weiß nicht, was die Drachen überhaupt dazu getrieben hat, Japan anzugreifen – noch dazu an einem strategisch ungünstigen Punkt.“

Ayashi nickte. Sie wusste, was er meinte. Der strategisch günstigste Punkt, den die koreanischen Drachen wählen konnten, um in Japan durch einen schnellen Angriff Fuß zu fassen, was Kyushu – oder direkt Fukuoka, denn das Westland lag am dichtesten an Korea.

„Ihre Basis war von Anfang an schlecht und das wundert mich.“ fügte Katsumoto hinzu und Ayashi nickte wieder.

„Zum Glück ist es wieder ruhig geworden. Das ist es doch, Katsumoto?“

„Ja, es ist alles geregelt. Kuro gab zwei seiner Töchter zwei großen Drachen-Fürsten zu Gemahlinnen. Die Drachen waren zufrieden, als sie abzogen.“ versicherte er seiner Nichte.

„Kuro-Samas Töchter tun mir leid.“ entgegnete Ayashi bestürzt über das Schicksal der Prinzessinnen.

„Die Heirat einer Prinzessin ist Politik, Ayashi, und immer die Entscheidung des Vaters.“ erklärte Katsumoto und Ayashi sah ihn zweifelnd an, doch Katsumoto sagte nichts mehr.

Ayashi wusste, dass er Recht hatte, auch wenn ihr das nicht gefiel. Sie wusste, dass sie über das Westland herrschen würde, sollte ihr Vater nicht mehr sein, doch sie wusste auch, dass er ihr einen Mann seiner Wahl an die Seite stellen würde: einen ehrbaren Wolfsyoukai ohne eigene Herrscherverpflichtungen, der Ayashi als gleichgestellt betrachtete und gemeinsam mit ihr Entscheidungen zum Wohle des Landes fällte.



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