R.I.P
Hat dir eigentlich schon mal jemand gesagt, dass du ein egoistischer Trottel bist, Potter?
Ja, ich vermutlich. Ganz oft. Zu oft. Und ich habe es jedes Mal ernst gemeint. Wenn du mich in der Luft aufgehängt, vor allen lächerlich gemacht oder mir einfach nur ein Bein gestellt hast. Aber keine einzige der anderen Beleidigungen, vor denen ich nicht zurückscheute, war wahr. Nur das. Ein Fakt.
Und jetzt stehe ich hier. Vor dir, vor dem, was von dir noch übrig ist.
Ich weiß, dass ich eigentlich nicht trauern darf. Ich sollte mich freuen, denn endlich bin ich dich los.
Aber ich kann es nicht. Denn in Wirklichkeit... ich muss ein emotionaler Krüppel sein, dass ich acht Jahre deiner sorgfältigen Sticheleien und perversen Streiche einfach vergessen kann. Dass ich niemals länger als ein paar Minuten wütend auf dich sein konnte und Angst nicht dass einzige Gefühl war, dass in mir emporstieg, wenn ich dich sah. Etwas anderes war da.
Etwas, dass ich nicht kannte, und eigentlich auch nie kennenlernen wollte. Ich hasse es. Es ist an allem Schuld, was ich mir selbst vorwerfe.
Dass ich zu schwach war, mich dir entgegen zu setzen, dass ich sogar bereit war, mich dir entgegen zu werfen, dich zu provozieren, zu existieren.
Mir war immer klar, dass das das Einzige sein würde, was ich jemals von dir zu spüren bekommen würde. Verbale Nichtigkeiten, kleinere Rangeleien und ein paar unpersönliche Zauber. Und wenn ich wieder einmal einen Heiltrank geschluckt hatte, dessen Rezeptur ich in den Jahren um so vieles verfeinert habe, stellte ich mir vor, dass genau dort, wo ich jetzt dieses angenehme Kribbeln spürte, vor Minuten noch deine Hand gelegen hatte.
Verdammt, alles war gut, solange ich noch hoffen konnte. Aber du scheinst es darauf angelegt zu haben, mein Leben haltlos zu zerstören.
Ich würde niemals verlangen, dass du dich an mich erinnerst oder mich mögen könntest. Alles was ich verlangte war das Wissen um deine Existenz, dass ich dir eines Tages auf der Straße begegnen könnte oder bei einem Treffen des Ordens. Dass du mich eines kurzen Blickes würdigen würdest, egal mit welcher Emotion darin, ganz unschuldig und dass dann alles so weitergehen würde wie bisher.
Aber nein. Du hast dich umbringen lassen. Unvorsichtig. Meucheln. Ganz einfach, in weniger als drei Sekunden, nicht mal Widerstand hast du geleistet, obwohl das es auch nicht besser macht.
Zurück lässt du nur ein Kind, dass noch nicht einmal über ein Gedächtnis verfügt.
Ich kann es mir vorstellen...Ich kann mir vorstellen, was passiert wäre, wäre Lily nicht gewesen. Glückwunsch, du hast dir eine tolle Frau ausgesucht. Die Beste, die es geben kann. Perfekt. Gleich und Gleich gesellt sich gern, oder?
Inzwischen sitze ich, weil ich mich nicht mehr auf den Beinen halten kann, schon alleine der Gedanke an deine Augen, die mich jetzt verständnislos ansehen lässt mir die Knie weich werden. Verdammt. Verdammt, verdammt, verdammt. Ich möchte dich anschreien, anflehen, anbetteln, dir meine Seele geben, damit du zurückkommst, aber es wird nicht klappen.
Und es darf auch niemand wissen, dass ich hier bin. Ich will die Reaktionen der anderen nicht wissen. Unverständnis vielleicht. Oder Abscheu.
Gleich werde ich gehen. Du siehst mich heute zum letzten Mal.
Ich werde nie wieder vor dir stehen. Und ich werde auch versuchen, nie wieder an dich zu denken. Nein, ich werde mich in der Dunkelheit der Kerker verstecken und so tun, als hätten wir nicht vor fünf Jahren noch dort gestanden und uns hasserfüllt in die Augen geschaut.
Ich würde es niemals vor dir zugeben, deswegen denke ich dies nur, aber- Ich liebe dich.
Weiß Gott warum.
Denn du bist, was du bist.
Ein egoistischer Trottel. Wärst du es nicht, hättest du mich nicht alleine gelassen.
Und wenn ich gleich das Gelände verlasse, einsam, bis auf die Hand voller Erde, die das Letzte ist, was ich mir von dir nehme, werde ich nicht mehr trauern. Nein, ich werde wütend sein.
Denn Wut kann man überwinden.
Bis dann, James. Ruhe in Frieden.
