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Everything Changes

Es wird immer weitergehen...
von

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Neue Perspektiven

Misty sah enttäuscht zum Himmel. „Und ich dachte, sie hätten sich wirklich geändert.“ Ash und die anderen sahen verwirrt zu ihr. „Was meinst du?“ „Ich habe James letzte Nacht getroffen, als ich… na ja, ihr wisst schon.“ Gary und Professor Eich wussten zwar nicht, aber sie gingen jetzt auch nicht darauf ein, da es Misty unangenehm zu sein schien. Diese fuhr fort: „Wir haben geredet. Er war wirklich lieb. Und er sagte, sie würden Pikachu nicht mehr jagen.“ Sie seufzte. „Ich hab wirklich gedacht, es hätte sich etwas geändert.“ Ash wollte sauer auf sie sein, aber als er sie so sah, ging das einfach nicht mehr. „Misty… du hast nichts falsch gemacht.“ „Doch, ich hätte euch erzählen sollen, dass ich mit ihm geredet habe.“ Gary sah sie von unten herauf an. „Und was hätte das geändert? Ist doch nichts passiert, mach dir keine Vorwürfe. Übrigens!“ Damit drehte er sich triumphierend zu seinem Großvater und sagte nur ein Wort, das ihre Wette beenden sollte: „Pheromone!“ Professor Eich zuckte zusammen. Er hatte so etwas fast kommen sehen. Sein eigener Enkel, sein Schüler, übertrumpfte ihn mit seinem Wissen. Aber dazu hatte es ja irgendwann kommen müssen. Statt sich zu ärgern, lachte er nur stolz und schlug Gary etwas auf den Rücken. „Gut gemacht! Ich wusste natürlich, dass du Recht hast, aber ich wollte mal sehen, ob du es mir auch beweisen könntest!“ Gary grinste. „Tu nicht so, gib einfach zu, dass du dich geirrt hast!“ Die Gruppe brach in Gelächter aus.
 

Rocko hatte derweil nicht so viel Freude. Er war auf dem Weg nach Hause und war dabei im Vertania Wald angekommen. Er ärgerte sich immer noch, andererseits begann er langsam über dieses Gestreite von ihm und Ash nachzudenken: Es war doch wirklich zum Mäuse melken! Es konnte doch nicht sein, dass sie sich Jahre lang nicht sahen und dann wieder wegen solchen Nichtigkeiten stritten. Sie waren Freunde und so etwas sollte sie eigentlich nicht auseinander bringen. Damit drehte Rocko sich auf dem Absatz um und steuerte wieder Alabastia an. Aber sicher, ob das alles war, was ihn zurückgehen ließ, war er sich nicht. Denn da war noch etwas anderes, was ihn immer weiter grübeln ließ: „Dann bleib für mich… wie meinte sie das nur?“
 

James rappelte sich auf und spürte, wie sämtliche seiner Knochen zu knacken begannen. „Auuu“, er sah sich um. „Jessie? Mauzi?“ Mauzi war nirgendwo zu sehen. Aber dafür Jessie, die einige Meter entfernt auf dem Boden lag und wehleidig vor sich hin jammerte. „Diese blöde Ratte…“, murmelte sie und sah zum Himmel. James ging zu ihr und half ihr auf. „Danke.“ Sie sah sich um. „Wo ist Mauzi?“ „Keine Ahnung, ich hab es nicht gesehen.“ Na großartig. Es wurde immer besser. Nicht nur, dass die Aussicht, ein Pokémon für Giovanni zu finden, langsam sank, nein, jetzt war auch noch Mauzi spurlos verschwunden. „Mauzi!“, rief James in der Hoffnung, es würde gleich hinter irgendeinem Baum hervorschauen. Aber so war es nicht. Es schien wirklich verschwunden zu sein. „Mauziiii!!“
 

Klopf. Klopf, Klopf.

Ash gähnte und öffnete im Morgenmantel die Tür seines Hauses. Er erschrak, als Rocko plötzlich davor stand. „Was willst du denn hier?“, sagte er im Flüsterton. Rocko winkte ab und versuchte ihn zu beruhigen. „Es tut mir Leid, okay? Ich will nicht mehr wegen solchen Nichtigkeiten streiten. Hast du Zeit zu reden?“ Ash seufzte. „Eigentlich wollte ich schlafen.“ Er sah kurz nach drinnen, wo Misty auf der Couch schlief und zur Treppe nach oben, wo das Schlafzimmer seiner Mutter lag. „Also schön“, sagte er. „Ich komm mit.“ Er zog sich nur noch schnell seine Schuhe an und schloss die Tür hinter sich.

„Worüber willst du reden?“ Rocko dachte kurz nach. „Dass ich dich damals wegen Pikachu so fertig gemacht habe, tut mir Leid. Du bist nur immer so voreilig gewesen, das ging mir auf den Zeiger.“ Ash schnaubte kurz. „Sag mir mal eins: Wenn Vulpix gestohlen worden wäre, hättest du da lange gezögert?“ Rocko schüttelte bedrückt den Kopf. Natürlich hätte er das nicht. Und das war ihm jetzt auch klar. Gerade deshalb tat es ihm ja Leid. „Ich weiß, dass ich dich zu Unrecht angegriffen habe. Aber bitte, tu nicht so, als wärst du ein Engel gewesen.“ Ash wollte gerade protestieren, da sah er ein, dass Rocko wohl Recht hatte. Ihn ständig nur als Lustmolch oder Schwerenöter zu bezeichnen, war sicherlich auch nicht in Ordnung gewesen. „Vielleicht sollten wir versuchen, über unsere Fehler hinweg zu sehen“, schlug Ash vor, woraufhin Rocko ihn verwundert ansah. So eine Entscheidung von Ash. Das war wirklich was Neues. Er war niemand, der sich gerne stritt, aber genauso wenig jemand, der gerne zugab, dass er im Unrecht gelegen hatte. Aber mit einem Lächeln nickte Rocko nur. „Gute Idee.“
 

Jessie und James hatten es aufgegeben, Mauzi zu suchen. Den ganzen Wald hatten sie durchstöbert, jedes Blatt umgedreht, aber es war einfach nicht mehr aufzufinden. Wer wusste schon, wo Mauzi sich wieder hin verdrückt hatte? Aber es ging ihm sicher gut. Mauzi war ein Kämpfer, der sich jedes Mal irgendwie durchschlug.

Jetzt kam etwas viel Riskanteres auf sie zu. Sie mussten zu ihrem Boss und ihm ihr Versagen gestehen. Und dann würde er sie sicher feuern. Und sie wussten genau, dass das damit enden würde, dass sie „entsorgt“ werden mussten. Giovanni konnte nicht aufs Spiel setzen, dass Ex-Mitglieder von seinem Team frei durch die Gegend liefen und eventuell Geheimnisse der Organisation ausplaudern konnten.

Auf einmal flog ein Schwarm Taubsi über sie hinweg, von denen einige kurz etwas kämpften und dann der Gruppe wieder folgten. Da kam Jessie die rettende Lösung. „Sag mal, der Boss hat doch gesagt, er will nur irgendein Pokémon von uns haben, mit dem er etwas anfangen kann, oder?“ James sah sie verwundert an. Was hatte sie denn jetzt vor? „Ja, warum?“ „Hier laufen jede Menge freilaufende Pokémon herum. Was, wenn wir einfach davon eines fangen?“ James blinzelte sie schief an. „Aber das sind doch alles Versager-Pokémon!“ „Na und? Der Boss hat nichts von einem guten Pokémon gesagt, er will nur eins, dass er gebrauchen kann!“ „Aber du weißt doch genau, was für Maßstäbe er setzt.“ Jessie seufzte. Irgendwo hatte er ja Recht. Sie würden damit sicher nicht durchkommen. Andererseits… Sie blickte auf und strahlte. Ihr war wieder etwas eingefallen. „Und wenn uns dieses Pokémon nur etwas Zeit verschafft?“ Ihr Gegenüber stutzte. „Zeit wofür?“ „Wir verduften einfach! Wir setzen uns irgendwo ab!“ „Wir Beide?“ Jessie nickte mit einem breiten Lächeln. „Warum nicht? Wir wollten doch sowieso irgendwann zusammen einen Salon eröffnen, warum dann nicht jetzt?“ James wurde wieder etwas rot, als er daran dachte, mit Jessie zusammen einen eigenen Salon zu eröffnen und ihn zu leiten. Aber eigentlich gefiel ihm der Gedanken und solange er mit ihr zusammen sein konnte, war ihm ohnehin alles egal. „Einverstanden.“ Er lächelte ihr aufheiternd zu. Als sie ihn so sah, konnte sie nicht anders und sie schnappte sich seine Hand und rannte los. „Dann komm! Wir fangen uns ein Pokémon!“
 

Das Ganze würde sich wirklich einfacher erweisen, als gedacht: Mitten im Wald kam ihnen auf einmal ein Evoli entgegen gerannt! Das war doch wirklich leichte Beute! Und tatsächlich: Nach einer ordentlichen Rauchwolke und anschließendem Tackle von Smogmog, war Evoli leicht eingefangen. „Pokéball, los!!“ Es war James, der es einfing und triumphierend in die Höhe hielt. „Gefangen! Ha!“ Jessie dachte nicht groß darüber nach, was sie tat und sagte nur unter Kichern: „James, manchmal bist du wirklich süß!“ Doch kaum, dass sie bemerkt hatte, was sie da gesagt hatte, und bemerkte, wie James hochrot anlief und wieder in seine Trance verfiel, hielt sie sich die Hände vor den Mund und winkte danach hektisch ab: „Bilde dir bloß nicht zu viel darauf ein! Das war nur so daher geredet!“ Sie schlug ihn auf den Oberarm. „Komm jetzt!“ Wütend stapfte sie davon. James kam wieder zu sich, rieb sich den Arm und folgte ihr mit einem gütigen Lächeln.
 

Die Nacht war irgendwie viel zu kurz gewesen, das bekam auch Ash zu spüren, der kein Auge zugetan hatte und jetzt völlig übermüdet in die Küche taumelte, wo eine ebenso müde Misty mehr am Frühstückstisch lag, als daran zu sitzen. „Morgen.“ „Guten Morgen.“ Misty sah zu Ash. „Deine Mutter hat einen Zettel geschrieben, wir frühstücken alle um halb Zehn bei Professor Eich.“ Ash gab nur ein Nicken von sich. Für jedes überflüssige Wort war er jetzt noch zu müde. Kurzes Schweigen trat ein, da brach Misty selbiges: „Sag mal… wo ist denn Rocko?“ Ash seufzte genervt. Natürlich, Rocko, wonach sollte sie auch sonst fragen. „Hast du uns reinkommen hören?“ Misty nickte. Da antwortete Ash gleichgültig: „Der schläft noch, hab ihm oben in meinem Zimmer eine Liege aufgebaut.“ „Oh.“ Misty hatte sich also gestern wirklich nicht verhört. Nur, ob sie es nun gut oder schlecht finden sollte, dass Rocko wieder da war, da war sie sich nicht so sicher. Hoffentlich hatte er ihre Worte nicht zu ernst genommen. Doch entgegen Mistys Hoffnungen, hatte er das natürlich. Solche Worte gingen an einem Rocko nicht einfach vorbei. Immerhin waren sie nicht von irgendjemandem gewesen, sondern von Misty.

Ash wurde das Ganze jetzt aber zu nervig. Dass Misty in letzter Zeit nur noch Augen für Rocko hatte, ging ihm gewaltig gegen den Strich. Aber als guter Freund, würde er es den Beiden eben gönnen müssen. Dabei tat das nichts zur Sache, denn Ash wusste ja, wie Rocko darüber dachte. Und wenn er seine alte Einstellung behalten hatte und das, was er ihm letzte Nacht anvertraut hatte, stimmte, würde er niemals etwas mit Misty anfangen. Nur wusste Ash, dass sie dafür nie etwas mit ihm anfangen würde. Und irgendwie tat das weh. Aber er würde sicher darüber wegkommen. Es war ja nicht so, dass Ash Hals über Kopf in sie verliebt war. Er schwärmte eben nur ein wenig für sie. „Ich geh schon mal zu Professor Eich. Kommst du gleich mit Rocko nach?“ Ash hatte das eigentlich nur gut gemeint. Er wollte den Beiden die Chance geben, sich auszusprechen, aber Misty fand den Gedanken, mit Rocko alleine zu sein, wohl im Moment alles andere als prickelnd: „Ne-nein, warte doch noch einen Moment!“ Sie setzte ein verlegenes Grinsen auf. „Ich bin sicher, er wacht gleich auf!“ Ash kicherte nur etwas und schlug Misty aufmunternd auf die Schulter. „Keine Angst, er beißt nicht! Du machst das schon!“ Damit ging er und überging Mistys wütendes „Ash!“ schlichtweg.

Mit einem Brummen stützte Misty ihr Kinn in ihre Hand und schmollte. Nicht, dass es nicht schlimm genug war, dass Rocko sich im selben Haus befand wie sie, nein, jetzt war sie auch noch allein mit ihm. Und noch besser: Sie würde der erste Mensch sein, den er heute sah! Was er bloß denken mochte? Hoffentlich, betete Misty, hoffentlich weiß er nicht, was los ist.

Aber Rocko war ja nicht völlig beschränkt. Er stand an der Treppe und beobachtete sie, wie sie da mit dem Rücken zu ihm saß und nervös mit den Beinen auf und ab wippte. Wenn sie wirklich so dachte, wie Rocko es von ihr glaubte, dann hatten sie beide ein Problem. Aber um das herauszufinden, musste er mit ihr reden. Also hieß es: Gute Miene zu bösem Spiel.

„Guten Morgen!“ Er lächelte, als wäre nie etwas gewesen und ging zum Wasserkessel, um sich Tee zu machen. Misty stotterte, ohne vom Boden aufzusehen: „Guten Morgen.“ Während Rocko darauf wartete, dass sein Wasser kochte, schwiegen sie jedoch wieder nur. Als der Wasserkessel aber anfing zu pfeifen und Rocko ihn vom Herd nahm, versuchte er erneut mit ihr zu sprechen: „Hast du gut geschlafen?“ Misty nickte nur, was Rocko verständlicherweise nicht sah, da er mit dem Rücken zu ihr stand. „Hm?“, fragte er, um eine Antwort zu bekommen und drehte sich nun zu ihr. Misty sagte etwas genervter, als sie es vorgehabt hatte: „Ja, hab ich!“ „Wirklich?“ Er wandte sich wieder seinem Tee zu. „Also, ich hab kein Auge zugemacht, ich konnte die ganze Nacht nicht schlafen.“ Misty blinzelte verwirrt. „Du Ärmster, warum denn nicht?“ Rocko sah zum Fenster raus. „Na, rate mal.“ Misty verstand nicht, da drehte er sich zu ihr um und schmunzelte. „Wegen dir.“ Misty wurde augenblicklich rot und sah stotternd weg. „Oh, ähm… also…“ „Nein, ist schon in Ordnung, Misty.“ Er seufzte und schüttete das heiße Wasser in seine Tasse. „Ich verstehe, wie du das meintest, was du gesagt hast.“ Er nahm seine Tasse und ging zu ihr. Er beugte sich so zu ihr runter, dass sein Gesicht mit ihrem auf einer Höhe war. „Und ich habe dich auch vermisst, Misty.“ Gerade dachte sie nach, was sie sagen sollte und wurde nur noch röter, da kam ihr Rocko näher und kaum, dass sie sich versehen hatte, gab er ihr einen Kuss auf die Wange. Mistys Körper spielte mit einem Mal völlig verrückt. Dieses Gefühl auf ihrer Wange, wie er sie küsste, durchströmte ihren ganzen Körper und sie konnte nicht anders, als nur noch zu strahlen. Ihr Kopf wurde hingegen nur noch röter, wobei man bezweifelt hätte, dass das noch möglich war. Sie war einfach nur glücklich und das sah man ihr an. Rocko stellte sich wieder gerade hin und lachte. „Na, es geht doch! Ich dachte schon, du bläst ewig Trübsal!“ Er nippte noch mal an seiner Tasse, dann stellte er sie auf den Tisch und zog seine Schuhe an. „Weißt du, mir gefällt es gar nicht, wenn du so traurig dreinschaust.“ Er stand wieder auf, nahm seine Tasse und ging zur Tür. „Außerdem“, er machte einen Schritt nach vorne, „bist du unheimlich süß, wenn du lächelst.“ Jetzt hatte er es geschafft: Mistys Gedanken setzten augenblicklich aus und sie saß nur noch hochrot da und sah ihm hinterher, wie er aus dem Haus ging. Er fand sie süß? Das war zu viel für sie. Erst dieser plötzliche Kuss und dann das. Misty hielt sich wie aus Reflex am Tisch fest, vielleicht auch aus Angst, sie könnte jeden Moment von ihrem Stuhl fallen. Und dieses Gefühl, dass sie schon die ganze Zeit hatte, seit er runtergekommen war, hielt an. Und es wurde noch um ein Vielfaches stärker. Misty konnte einfach nicht aufhören, zu lächeln. So glücklich und zufrieden hatte sie sich seit Langem nicht mehr gefühlt.
 

Gleichzeitig kam Ash bei dem Haus von Professor Eich an und klingelte, woraufhin Gary ihm breit grinsend öffnete. „Guten Morgen, Sonnenschein!“ Ash winkte ab. „Sei doch nicht so widerlich gut gelaunt, das ist ja schrecklich!“ Er ging an Gary vorbei und schnurstracks geradeaus in Richtung des Wohnzimmers, wo er Delia und Professor Eich vermutete. Mit einem immer noch müden „Morgen!“ kam er in eben denselben Raum, konnte aber nicht fassen, was er dort sah. Professor Eich saß mit seiner Mutter auf der Couch und hielt ihre Hand. „Ash!!“, rief Delia erschrocken, da kam auch Gary und sah Ash über die Schulter. „Na, sieh mal einer an!“ Er sah verwirrt aus, schien aber ruhig. Ash war hingegen wohl nicht so gefasst. Er taumelte mit einem „Ich komm gleich noch mal wieder“ raus. Als er um die Ecke in den Flur hinein bog, hörte man noch einmal von ihm: „Und wenn ich wiederkomme, will ich so was nicht mehr sehen!!“ Delia und Professor Eich rückten beschämt etwas auseinander. Gary grinste nur verlegen, trat auch aus dem Wohnzimmer raus und schloss dessen Tür. Veränderung war okay, aber das schien sogar Gary etwas zu viel des Guten. Er ging Ash hinterher und versuchte ihn zu beruhigen. „Ash, jetzt bleib doch mal stehen!“ Erstaunlicherweise tat dieser, wie ihm geheißen wurde, sah jedoch nur starr geradeaus und konnte immer noch nicht glauben, was er gesehen hatte. „Ash, ich bin ja auch nicht begeistert, aber jetzt beruhig dich doch endlich!“ „Werd ich in einer Minute. Dann gehe ich da wieder rein und tue so, als wäre das nur eine Illusion gewesen.“ Gary verschränkte nur die Arme, als Ash weiter Richtung Ausgang ging, wahrscheinlich um frische Luft zu schnappen. „Du benimmst dich wirklich wie ein kleines Kind!“ „Na und?“ Da sah Ash Rocko kommen und winkte ihm freudig zu. Ablenkung! Das war perfektes Timing. „Wo hast du Misty gelassen?“ Ash sah hinter Rocko, entdeckte sie aber nicht. „Oh“, meinte der nur zufrieden, „die müsste gleich kommen, keine Sorge.“
 

Ja, sie kam. Und zwar langsam und noch völlig verwirrt, aber genauso am Strahlen wie zuvor. Sie schlenderte zu Professor Eichs Haus und winkte den Jungs zu. „Guten Morgen!“ Damit war wohl Gary gemeint, denn Ash und Rocko hatte sie ja schon Guten Morgen gesagt, beiden auf ihre Art und Weise. Jetzt war es aber wirklich Zeit fürs Frühstück.

Alle Anwesenden schienen sehr erleichtert, als beim Frühstück ausgelassene Stimmung herrschte. Und sogar Ash schien sich wieder beruhigt zu haben, obwohl Professor Eich es doch tatsächlich wagte, mit seiner Mutter zu reden. Das mochte aber auch daran liegen, dass wirklich einfach Jeder sonst gute Laune verbreitete. Da konnte auch er nicht ernst bleiben und weiter schmollen.
 

Bei einer anderen Gruppe herrschte derweil eher eine Art angespannte Stimmung. Giovanni begutachtete nämlich das Evoli, das Jessie und James ihm abgeliefert hatten. Nach einigen Sekunden meinte er etwas gleichgültig: „Es sieht gesund aus. Aber wenn sich zeigt, dass es irgendein dahergelaufenes Pokémon aus den Wäldern ist, werdet ihr Beide endgültig entlassen!“ Jessie und James nickten hastig und gingen danach mit umschmeichelnden Worten wie „Sie sind zu gut zu uns!“ oder „Sie werden es nicht bereuen!“ aus dem Raum. Kaum, dass die Tür zu war, redete Jessie wild auf James ein, der ihr aufmerksam zuhörte: „In Ordnung! Der Boss hat gesagt, dass die Beobachtungsphase für Evoli bis morgen Mittag dauern wird! Bis dahin haben wir Zeit, uns unsere Sachen zu schnappen und unauffällig zu verduften.“ James nickte nur und fragte dann: „Und was verstehst du unter unauffällig?“ „Pass auf, wir treffen uns im Vertania Wald! Von da aus sehen wir ja, wie es weitergeht. Wir schaffen das schon!“ „Und dann sind wir endlich frei.“ Jessie nickte mit ernster Miene. James schien sich zu freuen, endlich wegzukommen, Jessie wusste wohl noch nicht so richtig, was sie davon halten sollte, aber besser, als den Löffel abzugeben, war es allemal.
 

Während Jessie im Quartier herumrannte und nach ihren wenigen Sachen suchte, die sie besaß, wurde sie von Cassidy beobachtet, die gerade eine Pause mit Butch genoss. Sie wusste nicht so Recht, was sie von dem Ganzen halten sollte, aber im Grunde war es ihr auch egal. Also kümmerte sie sich wieder um ihre Sachen.
 

Butch schien hingegen bei James momentan doch zu interessieren, was los war. Aber er kam einfach nicht zu Wort. James düste ebenso hektisch durch die Gegend wie Jessie. Aufgehalten wurde er erst, als Mauzi plötzlich in den Raum trat und ein „Hey Leute“ von sich gab. Sofort blieb James stehen und sah seinen Freund schockiert an. „Mauzi!? Wo warst du denn??“ Das Katzenpokémon gähnte nur ausgiebig und betrachtete danach seine Kallen. „Na, hier!“ „Was??“ „Ich hab hier auf euch gewartet. Ich bin irgendwie weiter weg geflogen, als ihr, da dachte ich, ich gehe schon mal vor.“ „Und wir machen uns Sorgen um dich!“ Mauzi lachte ignorant. „Selber Schuld, ihr wisst doch, dass ich immer zu recht komme! Um dich müsste man sich eher Sorgen machen!“ James sah ihn fragend an. Was meinte er denn nun damit? Noch bevor er nachhaken konnte, antwortete Mauzi ihm schon auf seine unausgesprochene Frage: „Du benimmst dich anders als sonst.“ „Hm…“ Er wandte sich Butch zu, von dem er glaubte, er könnte ihn verstehen. „Butch, ich muss mal mit dir reden. Ich bin verzweifelt.“ Der blickte nur völlig verwirrt auf. „Musst du sein, du redest mit mir!“ „Nein, ich mein’s ernst… ich fühl mich in letzter Zeit irgendwie gar nicht gut… also… nein, das ist nicht richtig.“ Er dachte kurz nach. „Ich bin einfach… verwirrt!“ Mauzi musste sich ein Lachen unterdrücken und gab stattdessen nur ein „Öfter mal was Neues“ von sich. Beleidigt packte James weiter seine Sachen und murmelte nur: „Ach, wisst ihr was, vergesst es, mit euch kann man sowieso nicht reden!“ Daraufhin schloss er seinen Beutel und warf ihn sich über die Schulter, wobei er Butch mit selbigem ins Gesicht traf. Mit einem „Uff“ sank der Getroffene zu Boden und fasste sich an seine angestoßene Nase. „Das war jetzt weniger dramatisch, als ich es vorgehabt habe.“ James seufzte und half Butch auf. „Kein Problem, Kleiner“, er bewegte seine Nase etwas, um zu sehen, ob sie gebrochen war, aber von dem kleinen Stubsen war wohl nichts kaputt gegangen. „Also, komm her, wir hören zu.“ „Aber sei nicht böse, wenn wir lachen“, ergänzte Mauzi ihn. Nachdenklich zog James einen Mundwinkel nach hinten. Aber was sollte es eigentlich? Probieren konnte er es ja. „Also“, er setzt sich zu Butch und Mauzi, „in letzter Zeit… mir wird ständig heiß… und ich werde auch so oft rot im Gesicht… außerdem… ich hab so ein Kribbeln im ganzen Körper.“ Schnell fügte er ein „Nicht, dass es unangenehm wäre!“ hinzu, meinte aber nach kurzem Nachdenken: „Aber es ist eben… seltsam…“ Für Mauzi und Butch war nach dieser Beschreibung ziemlich klar, was los war: James war verliebt! Mit einem grinsenden Blick zur Seite, stupste Butch ihn in die Seite. „Jaaaaames… du Schlingel…“ Sein Gegenüber schien aber nicht zu verstehen, was er meinte. „Was? Wieso?“, fragte er und sah dabei aus, als hätte man ihm gerade einen Mord untergeschoben. „Wer ist denn die Glückliche?“, wollte nun Mauzi wissen, da kam ihm ein Gedankenblitz. Er dachte an die letzten paar Tage zurück und begann hämisch zu grinsen. „Oh, Mann“, sagte er mit unterdrücktem Lachen. „Du bist in Jessie verknallt!“ Butch sah von Mauzi zu James und fragte mit weit geöffneten Augen und ebenso breitem Grinsen: „Stimmt das??“ Sofort lief James quietschrot an und winkte ab. „So ein Blödsinn!! Jessie und ich sind doch Freunde!“ Mauzi schüttelte den Kopf und zeigte drohend auf James. „Das sind Jessies Worte, du sagst das jetzt nur, weil du Angst hast, dass es ans Licht kommt, aber ich weiß sowieso schon ewig Bescheid!“ Etwas entsetzt zuckte James zurück. „Weißt du??“ „Klar, ich weiß doch alles! Du bist seit dem ersten Tag in die verliebt, ist doch klar!“ „Das stimmt nicht, ich bin nicht in Jessie verliebt!!“ Butch grinste nur. „Dafür streitest du es aber ziemlich heftig ab.“ „Argh! Das hat doch… ich meine… ich bin nicht in Jessie verknallt!!“ „Oh, doch, bist du!“ „Nein, bin ich nicht!“ „Oh, doch bist du!!“ „Nein, bin ich nicht!!“ Plötzlich hörte Mauzi etwas. „Seid mal ruhig!“ Es rannte zur Tür und spinkste raus. Da saßen Jessie und Cassidy und waren sich gegenseitig wegen etwas – wie üblich – Nichtigem am bekriegen. „Oh, wir sollten lieber den Mund halten, sonst kriegt sie noch mit, dass du in sie verknallt bist.“ James sah über Mauzi hinweg und entgegnete dieser Aussage nur leise, aber wütend: „Ich bin nicht in sie verknallt!“ Butch legte ihm von hinten die Hand auf die Schulter und flüsterte: „Sieh es ein! Du liebst Jessie, hast sie immer geliebt und wirst sie immer lieben. Ihr Zwei gehört einfach zusammen!“ Er wollte gerade gehen, da fiel ihm noch etwas ein: „Oh, und weißt du, James, solltest du doch noch mal eine Chance bei Jessie haben wollen, hier ein kleiner Ratschlag: Du bist ein netter Junge. Aber was Jessie braucht, ist ein netter Mann.“ Er zwinkerte keck. „Denk mal drüber nach.“ Damit ging er und ließ einen schmollenden James zurück.
 

In dieser Nacht, konnten Jessie und Mauzi ziemlich gut schlafen: Ab morgen würden sie frei sein. Aber dafür bekam James kein Auge zu. Ihm gingen die Hänseleien von Butch und Mauzi nicht aus dem Kopf. Er sollte in Jessie verliebt sein? Das konnte nicht sein. Und selbst wenn: Jessie war definitiv nicht in ihn verliebt, was sollte es also alles bringen? Das waren die Gedanken, die ihn im Moment wach hielten. Und die würden ihn mit Sicherheit auch nicht schlafen lassen. Also würde er einfach etwas rausgehen und…

„James…“ James blieb schockiert sitzen und sah vorsichtig zu Jessie. Sie schlief ruhig und friedlich. Was war das dann gewesen? Er beugte sich etwas über sie und sah nach, ob sie vielleicht wach war, aber auch nachdem er ihr mit der Hand vor den Augen herum gewedelt hatte, regte sie sich nicht und so ging er einfach davon aus, dass sie noch schlief. Aber dann musste sein Name trotzdem von ihr gekommen sein. Und das bedeutete, sie träumte von ihm. Und weiter gedacht bedeutete das auch, dass es nichts Schlimmes war, wovon sie träumte, denn sie sah einfach nicht so aus. James musste schmunzeln. Vielleicht empfand sie ja doch etwas für ihn.

Und auf einmal spürte James wieder dieses Kribbeln in sich, von dem er nun glaubte, es zuordnen zu können. Er war verliebt. Auch, wenn er es immer noch nicht glauben konnte, aber es musste so sein. Warum sonst sollte er sich nur dann so fühlen, wenn er bei Jessie war? Und jetzt, wo er sie so da liegen sah, machte es ihm nicht einmal mehr etwas aus, dass es vielleicht so war. Das Einzige, was ihn etwas missmutig stimmte, war die Tatsache, dass Jessie seine Gefühle wohl niemals so erwidern würde, wie er es sich wünschte. Trotzdem, er wollte es einfach riskieren und er hatte das Gefühl, er musste es tun. Er wollte spüren, wie es sich anfühlte, vor lauter Emotionen fast zu zerbrechen. Und er wusste, dass das hier die passende Gelegenheit war. Nur hier. Und nur jetzt.

Vorsichtig beugte er sich noch etwas weiter zu ihr runter und schloss langsam die Augen. Sein Herz raste und es raste nur noch mehr, als er ihren Atem auf seiner Haut spürte. Einige seiner Haare kitzelten Jessie etwas und sie musste kurz schmunzeln. James sah das nicht, was vielleicht gut war, sonst hätte er sein Vorhaben wohl doch noch abgebrochen. Aber so näherte er sich ihr noch ein Stück, und noch eines, ganz vorsichtig und schüchtern, bis er ihre Lippen auf einmal auf seinen spürte. Die Wärme, die sich nun auf seinen Lippen ausbreitete, erfüllte bald seinen ganzen Körper und er intensivierte seinen Kuss noch einmal, ehe er wieder zurück in die Realität fand und sich nur widerwillig von ihr löste. Er atmete etwas schwerer als sonst und sah Jessie an. Sie hatte sich nicht bewegt, sondern schlief nur seelenruhig weiter. Mit einem Lächeln im Gesicht stand James nun auf, um draußen etwas frische Luft zu schnappen. Die brauchte er jetzt, denn er war völlig verwirrt von diesen ganzen Gefühlen, die auf ihn einströmten. Sein Wunsch, sie jetzt in die Arme zu schließen und sie noch einmal, in wachem Zustand zu küssen, stieg beinahe ins Unermessliche. Aber er wusste, dass das vorerst nicht möglich war. Nicht, bis sie in Sicherheit waren.

Als James den Raum verlassen hatte, sah Mauzi noch hinterher und grinste siegessicher. „Hab ich’s mir doch gedacht“, flüsterte es und stutzte, als Jessie sich zu ihm umdrehte und im Schlaf zufrieden zu lächeln begann. Zuerst etwas überrascht, dann jedoch wieder mit einem Grinsen, betrachtete Mauzi nun Jessie und murmelte leise: „Und das habe ich mir auch schon gedacht.“



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