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Meine wilden Jahre

Für alle C18 Fans
von

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Meine wilden Jahre

Tick Tack Tick Tack…
 

Hallte es durch die Küche von Muten Roshis Haus, das er aus Langeweile auf „Heim der tausend Düfte“ getauft hatte.

Mit Düften waren seine derzeitigen Blähungen gemeint, die er nach einer von Krilins Bohnensuppen bekommen hatte, weshalb C18 den alten Tattergreis kurzerhand aus seinem eigenen Haus geschmissen hatte, bis seine „Aura“ nicht mehr so stinkig war. Das hielt jetzt allerdings schon ganze drei Tage an, deshalb hatte er sich ein Zelt draußen aufgestellt.

Dementsprechend war es auch ziemlich ruhig im „Heim der tausend Düfte“. Nur das stetige Ticken der Küchenuhr war zu vernehmen.
 

Ein Seufzen entrang sich aus der Kehle der fünfzehnjährigen Marron.

Ihr war ziemlich langweilig.

Der Fernseher funktionierte wieder nicht, da man auf so einer dämlichen Insel wie der des Herrn der Schildkröten schlechten Empfang hatte. Der Plattenspieler war so alt wie Muten Roshi und demnach auch genauso klapprig.

Nicht einmal der Waschmaschine konnte man beim Schleudergang zuschauen, da der gesamte Haushalt erledigt war.

Wieder gab Marron ein Seufzen von sich. Diesmal etwas lauter.

Dabei sah sie mit einem verstohlenem Blick zu ihrer Mutter, die auch am Küchentisch saß und von ihrer Betrübtheit nichts mitbekam, stattdessen gedankenabwesend in einer Frauenzeitschrift blätterte.

Verärgert zogen sich die Brauen des blonden Mädchens zusammen.

Was musste man tun um in diesem Haus einwenig Aufmerksamkeit zu bekommen?

Erneut seufzte sie.

Diesmal laut und gedehnt, damit es auch ihre Mutter hörte.

„Herr Gott, wenn du etwas zu sagen hast, dann spuck es schon aus, Kleines, und spiel nicht den Kummerkloß!“, kam es nun herrisch von ihrer Mutter. Genervt sah C18 von der Zeitschrift auf, griff stattdessen zu ihrem Kaffee, nippte ein paar mal daran und sah ihre Tochter über den Tassenrand hinweg abwartend an.

Das typische Zeichen dafür dass Marron jetzt Sendezeit für ihre Problemchen hatte.

„Och Mamilein,“ kam es zuckersüß von dem jungen Mädchen, wobei sie noch den entsprechenden Niedlichkeitsfaktor beachtete und Kulleraugen zog.

„Mir ist ja so furchtbar langweilig. Wollen wir nicht was unternehmen? Wir könnten doch mal wieder einkaufen gehen.“

„Wir sind erst vor einer halben Stunde vom Einkaufen zurückgekommen.“

„Aber ich habe noch nicht genügend Schuhe.“

„Du wirst wohl oder übel mit deinen dreihundertdreiunddreißig Paaren auskommen müssen, die sich im Dachgeschoss stapeln.“

„Und wie wäre es wenn ich eine neue Jacke bekomme…“

„Wir haben vorhin erst vier gekauft. Du übertriffst selbst mich in deiner Kaufsucht. Wenn dir langweilig ist, dann musst du dir etwas anderes suchen um dich abzulenken, sonst müssen wir ein Stockwerk mehr an diese Bruchbude bauen.“

Geschlagen senkte Marron den Kopf.

Wo war bloß ihr Vater wenn man ihn mal brauchte?

Bei ihm musste sie nur einmal mit den Wimpern schlagen und einen Herz zerreißenden Schluchzer hinter her setzen und schon bekam klein Marron alles was sie wollte.

Ihre Mutter war da das komplette Gegenteil!

Wahrscheinlich, weil C18 eine Frau war und Frauen, vor allem Mütter, wussten automatisch mit welchen Tricks ihre kleinen Mädchen arbeiteten.

Schließlich verwendete C18 dieselbe Masche auch bei ihrem Mann.

Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm, so hieß doch das Sprichwort, oder?
 

„Ach Mamilein…“, startete Marron noch einen letzten Versuch, doch ihr wurde das Wort mit einem Handzeichen ihrer Mutter abgeschnitten.

„Das Thema ist beendet. Die Mamilein-Masche kannst du bei deinem Vater probieren. Der ist ein Kerl. Bei dem zieht das.“

„Seit wann bist du denn so eingenommen von Klischees?“

„Seit ich deinen Vater, Son Gohan und Vegeta kenne. Alle drei haben eine Tochter und alle drei werden weich wie Wachs, wenn ihre Prinzessinnen etwas wollen.“

Dabei zwängte sich automatisch die Erinnerung an den letzten, alljährlichen Ausflug der Gruppe Z in C18s Gedächtnis, wo sie live miterleben konnte, wie der sonst so grobe Gefühlsklotz namens Vegeta, den Ex-Freund seiner Tochter zusammengeschlagen hatte, nachdem er erfuhr, dass sie überhaupt mal mit diesem Kerl zusammen war.

Irgendwo in den unendlichen Tiefen ihres Fotoalbums musste C18 noch ein Bild von dem Jungen haben, der am Ende des Tages Kopf über von einem Ast baumelte, der wiederum über einem Jaguargehege ragte.

Man sollte noch erwähnen, dass die Gruppe Z damals einen Ausflug in den Zoo der westlichen Hauptstadt gemacht hatte.
 

Auch Marron musste an diesen Vorfall denken und konnte sich ein Kichern nicht verkneifen, genauso wenig wie ihre Mutter. In dieser Hinsicht waren beide ziemlich gehässige Hexen - wie alle Frauen der Gruppe Z.

Doch nun drängte sich eine Frage in Marrons Hirn, die ihr vorher nie zuvor in den Sinn gekommen war und da sie von Natur aus sagte, was ihr durch den Kopf ging, sprach sie ihre Mutter sofort auf dieses Thema an.

„Sag mal Mamilein, war dein Papa eigentlich auch so?“
 

Ritsch
 

Vor Schreck hatte C18 die Seite aus ihrem Magazin herausgerissen, die sie gerade umblättern wollte. Nun hielt sie geschockt den Bericht über Menstruationsbeschwerden von Rita Koscharek in ihren zitternden Händen und sah ihre Tochter an, als ob sie geistesgestört wäre.

„Mein Vater? Ob der so war willst du wissen?“

Marron übersah bewusst die heftige Reaktion ihrer Mutter und fuhr stattdessen fort:

„Ja, das möchte ich. Da fällt mir ein… Du sprichst nie über meine Oma und meinen Opa. Papas Eltern waren Hippies die wegen Drogenbesitzes aus einem Kloster geflogen sind und ihn dort vergessen haben, soviel weiß ich schon mal, aber was ist mit deinen Eltern? Erzähl mir doch etwas über deine Jugend! Wie es war bevor du mit Papa zusammen gekommen bist und bevor du ein Cyborg wurdest.“
 

Stille trat in der Küche des „Heims der tausend Düfte“ ein.

Nur das Ticken der Uhr vernahm man leise im Hintergrund und das Furzen von Muten Roshi draußen, der daraufhin von seiner Schildkröte angeblafft wurde.

Etwas beunruhigt sah Marron ihre Mutter an, da ihr die aufgekommene Stille Unbehagen einflößte. Hatte sie etwas Falsches gesagt?

Doch C18 sah ihre Tochter nur aus ihren eisblauen Augen ernst an.

Dann war es an ihr zu seufzen.
 

Sie hatte befürchtet, dass in ferner Zukunft Marron mehr über die Vergangenheit ihrer Mutter erfahren wollte, doch wie gesagt – erst in ferner Zukunft.

Nachdenklich wanderte C18s Blick aus dem Küchenfenster über der Spüle, bis sie schließlich fragte:

„Du willst also etwas über meine Vergangenheit erfahren?“

Unsicher bejahte Marron die Frage.

„Hmm… das könnte allerdings länger dauern.“

„Ich habe Zeit. 'Gute Jahre, Schlechte Jahre' kann ich wegen dem schlechten Empfang eh nicht anschauen.“

„Hmm… Na gut. Aber ich warne dich! Es wird dir nicht alles gefallen.“

„Mamilein… Ich habe nur drei Möglichkeiten zur Auswahl. Entweder ich sterbe vor Langeweile oder ich leiste Muten Roshi draußen in seinem voll gepupsten Zelt Gesellschaft oder ich höre mir jetzt die Biographie meiner Mutter an.“

„Sicher, dass du nicht lieber ins voll gepupste Zelt möchtest?“

„Mami!“

„Ja ja... Schon gut“, beschwichtigte C18 ihre Tochter, klappte die Zeitschrift zu, nahm noch einen letzten großen Schluck Kaffee aus ihrer Tasse und faltete danach die Hände wie zum Gebet auf dem Tisch. Ein paar Mal holte der weibliche Cyborg tief Luft, als ob es sie viel Überwindung kosten würde, ihr Vorhaben in die Tat umzusetzen. Schließlich begann sie mit ihrer Erzählung.
 

„Alles begann an einem März…“

Meine Eltern

„Alles begann an einem März…“
 

… denn an einem März wurde C18 geboren. An einem herrlichen Frühlingstag erblickte der kleine Blondschopf mit den hübschen blauen Augen das Licht der Welt. Und wie wir C18 kennen, wusste sie schon damals ihren Standpunkt zu verdeutlichen, denn sie war ein ziemlich lautes Baby.

Doch da es wohl ziemlich uninteressant ist, zu erzählen wie C18s Windeln gewechselt, sie gefüttert wurde und ihrer Mutter beim Bäuerchen machen die Schulter hinunter kotzte, überspringen wir die ersten acht Jahre ihres Lebens.
 

C18 wuchs in einer Großstadt namens Big City auf.

Bevor sie Dr. Gero traf, war sie ein ganz normales Mädchen, das mit ihrer Familie in einer heruntergekommenen Gegend wohnte - dem Ghetto von Big City.

Es war wirklich keine gute Umgebung um ein Kind großzuziehen, das wussten C18s Eltern schon immer. Allerdings waren die beiden nicht gerade ein Musterbeispiel an Fürsorge und Liebe. Um genau zu sein gehörten ihre Eltern sogar eine zeitlang einer Sekte an, die sich die „Zeugen Piccolos“ nannte.

Damals trieb Oberteufel Piccolo nämlich sein Unwesen auf der Erde.

Was viele allerdings nicht wussten war, dass es sich in Wirklichkeit bei diesem Kerl um eine totale Lachnummer handelte, der sich einen Spaß daraus machte zu behaupten, er könne Wein in Wasser verwandeln.

Das war auch der Grund, warum bloß der Teil der Erdenbevölkerung Angst vor ihm hatte, der schwere Alkoholprobleme besaß.

Leider gehörten C18s Eltern auch zu diesem Teil…

Tatsächlich gab es nicht ein Problem das die beiden nicht hatten, außer Geldproblemen. Der Grund warum sie trotzdem nicht aus der eher kinderfeindlichen Umgebung auszogen, war das sie ziemlich geizig waren.
 

Ein weiterer Makel an C18s Eltern war ihre ständig wechselnde Gesinnung.

Gehörten sie in einer Woche den Kommunisten an, waren sie in der nächsten Woche Demokraten. Letzte Woche waren sie Rechtsradikale, in der nächsten friedliebende Hippies. So ging das immer weiter in einem für C18 scheinenden unendlichen Trott.
 

Am gleichen Tag wie C18 wurde ihr Bruder C17 geboren.

Die beiden waren zweieiige Zwillinge, wobei C18 ganze fünf Minuten früher auf die Welt kam, was sie später ihrem kleinen Bruder immer wieder unter die Nase rieb.

Anders als seine Schwester war C17 schwarzhaarig, auch ein wenig ruhiger, doch zu C18s Entschuldigung sollte man sagen, dass Mädchen in ihrem Alter von Natur aus gerne plapperten, immerhin hatte sich das mit der Zeit bei ihr vollkommen gelegt.

Dafür hatte C17 schon sehr früh einen Hang zum Sadismus entwickelt, was vor allem auf die Phase seiner Eltern zurückzuführen war, in denen sie okkultistische Messen in ihrer Wohnung abhielten.

Doch ansonsten waren sich die beiden wie aus dem Gesicht geschnitten und besaßen dieselben eisblauen Augen.
 

Die Familie der beiden Cyborgzwillinge, wohnte in einer viel zu kleinen Drei-Zimmer-Wohnung, an der wohl schlimmsten Ecke des Ghettos von Big City. Es verging nicht ein Tag, nicht eine Nacht, geschweige denn eine Minute, in der die beiden Kinder nicht von ihrem Kinderzimmerfenster im dritten Stock eines Hochhauses aus, eine Bandenschießerei oder anderweitige Messerstechereien mitverfolgen konnten.

Statt ihre Kinder dann vom Fenster wegzuholen, setzten sich die Eltern meistens sogar noch zu ihnen und löffelten in Ruhe billige Leberbrühe aus der Dose.
 

Es grenzte eigentlich schon an ein Wunder, dass die beiden Kinder nicht schon mit drei Jahren einen totalen Nervenzusammenbruch erlitten, aufgrund der ständigen Leichenfunde in ihrer Umgebung, wovon vierzehn beim örtlichen Spielplatz entdeckt wurden – drei von C18 selbst.

Doch wenn man schon von Geburt an mitbekam, wie vor der Haustür Menschen abgeknallt wurden, war man spätestens mit sechs Jahren abgehärtet. C17 konnte nach einiger Zeit nicht einmal mehr ohne die ständigen Schreie auf der Straße einschlafen und C18 war damals der festen Überzeugung, dass es Regen gab, wenn nicht einmal am Tag ein Ziegelstein mit einer Morddrohung durch ihr Wohnzimmerfenster flog.

Deswegen stand das Fenster immer offen, auch im Winter, da ihre Eltern die Kosten für ein neues Glas sparen wollten. Aus den Ziegelsteinen hatte der Vater der beiden Zwillinge einen amateurhaften Kamin errichtet, der natürlich nicht funktionierte, da der Schornstein keine Leitung nach draußen besaß.

Deswegen vermieden es die Eltern den Kamin anzuzünden, es sei denn sie wollten Heizkosten sparen. Trat dieser Fall, häufig im Winter, dann einmal auf, war die gesamte Wohnung verrußt und die Kinder mussten mit selbst gebastelten Schutzmasken im gemeinsamen Kinderzimmer spielen. Schnell konnte man dann nicht einmal mehr erkennen, wer von den beiden C18 und wer C17 war.

Ihr Vater rief sie dann, wegen ihrer schwarzen Haare, einfach beide C17.
 

C18s Eltern hießen C. Daddy und C. Mammi.

Natürlich waren das nur Künstlernamen, doch die Kinder nannten sie seid ihrer Geburt so und daran hatte sich auch bis heute nichts geändert.

Hätte man C18 gefragt wie ihr eigener Name früher lautete, hätte sie wohl ein lang gezogenes „Ääähhmm…“ von sich geben und stundenlang fieberhaft darüber nachgedacht.

C17s Antwort auf dieselbe Frage, wäre wohl eher so ausgefallen: „Ä-hääää?“

Wobei man sagen muss, dass er sich nach drei Minuten keine Gedanken mehr darüber gemacht hätte.

Keiner von beiden hatte heute noch eine Ahnung, wie ihre Namen vor Dr. Geros Auftauchen waren, geschweige denn, ob ihre Eltern zum jetzigen Zeitpunkt noch lebten.

Heute waren diese Namen ihre Identität, durch die sie nicht vergaßen, was sie in ihrer Vergangenheit alles durchgemacht hatten. Dass sie es zusammen durchgemacht hatten.
 

Doch wer glaubt, dass diese gegenseitige Geschwisterliebe schon früher bestand, der irrt sich – und zwar gewaltig!
 

„Du blöder Idiot! Gib sie mir sofort zurück!!!“

Wütend versuchte die achtjährige C18 nach ihrer Lieblingspuppe zu greifen, die auch ihre einzige war. Sie hatte sie vor einem Jahr, von einem Drogendealer auf der Straße geschenkt bekommen, als Belohnung dafür, dass sie Ausschau nach der Polizei gehalten hatte.

Seit diesem Tag war diese Puppe ihr ein und alles!

Sie hegte und pflegte sie. Bastelte ihr aus Stofffetzen ein paar neue Kleider und verkuppelte sie mit der Fernbedienung, da sie noch keine männliche Puppe besaß.
 

Und was tat ihr nerviger Bruder?

Er hielt ihre süße kleine Dolly an den frisch frisierten Haaren fest und hüpfte dabei auf dem Sofa herum, damit C18 ihn nicht zu fassen bekam.

Das tat er immer wenn er sie ärgerte, weil er genau wusste, dass ihr Vater es nicht erlaubte auf der Couch zu springen und C18 deshalb Angst hatte es ihrem Bruder nachzumachen.

Von ihren Eltern konnte sie keine Hilfe erwarten.

Die waren auf dem Treffen irgendeiner neuen Gruppierung.

Wenn sie zurückkamen würden sie wohl wieder einer neuen Sekte oder politischen Partei angehören. Dann hieß es wieder sich umtaufen zu lassen, neue Rituale vollziehen und Regeln einhalten.

Das geschah jeden Dienstag Punkt vierzehn Uhr.

Und gleich war vierzehn Uhr!
 

Panik kam in dem kleinen Blondschopf auf. Sie hatte Angst was passieren würde, wenn ihre Eltern nachhause kamen und sahen, dass C17 wieder auf dem Sofa herum sprang.

„Du Blödmann, komm da runter!“, kreischte C18 wütend und ihr kleines Köpfchen färbte sich vor Wut rot. „Wenn Mama und Papa dich erwischen, kriegst du Ärger!“

„Du bist so ein Angsthase!“, lachte ihr kleiner Bruder nur gehässig und verstärkte sein Gehoppse, sodass das Couchgestell bedrohlich anfing zu knacksen, da es auch ziemlich alt war.

Als C17 dann seine übliches „Angsthase! Feige Kuh! Blödes Rhinozeros!“ dahinter setzte, wurde es C18 zu bunt und sie sprang wütend auf die Couch auf ihren Bruder zu.

Schnell hatte sie ihn gepackt und kurz darauf begann eine herzhafte Rauferei auf dem Sofa. Das Geschrei der beiden Kinder hallte durch den ganzen Raum.

Da das Wohnzimmerfenster wie immer offen stand, blieb auch draußen der Streit der beiden Zwillinge nicht unbemerkt.

Ein Stockwerk weiter unten, preschte die Untermieterin mit einem Besen gegen die Decke und rief immer wieder: „Ruhe im Saftladen! Ich komm gleich hoch!“

Doch C18 und ihrem Bruder war das egal. Sie fetzten, bissen, kratzen und bespuckten sich. Zogen sich an den Haaren und gaben sich wüste Betitelungen, die für Kinder in ihrem Alter ganz schön derb waren.

„Du blöde Kuh!“

„Selber blöd, du hässlicher Hornochse!“

„Du kannst mich kreuzweise, du behämmerter Fettarsch!“

„Ich bin kein Fettarsch!“

So etwas hörte kein Mädchen gerne, deshalb verstärkte sich C18s Kratzfurie besonders auf C17s Gesicht, der daraufhin immer fester an ihren blonden Haaren zerrte. Auf diese Art hatte er seiner Schwester sogar mal ein dickes Haarbüschel herausgerissen!
 

Der Streit der beiden war so ausgeartet, dass keiner bemerkte, wie die Tür zum winzigen Apartment aufgeschlossen wurde und ihre Eltern den Flur betraten. Keine halbe Minute später standen C. Daddy und C. Mammi auch schon vor dem Sofa und beobachteten den Streit der beiden Zwillinge schweigend.

Noch immer hatte keiner von ihnen bemerkt, dass ihre Eltern schon längst zuhause waren und so ergriff C. Daddy das Wort.

„RUHE!!!“
 

Sofort hielten die beiden Kinder mit vor Schreck geweiteten Augen in ihrer Bewegung inne, wobei sie noch immer in verkabbelter Position waren.

Zwei unschuldige blaue Augenpaare sahen zu ihrem Vater hoch und schon malten sich in den kleinen Köpfen der beiden Kinder schlimme Nachwirkungen aus.

Letzte Woche hatten ihre Eltern ihre Satanistenphase gehabt.

Deswegen waren die Strafen für Prügeleien unter Geschwister ziemlich übel ausgefallen. Noch zu gut konnte sich C18 daran erinnern, wie ihr Bruder kopfüber von der Lampe gebaumelte hatte und sie mit einer Zahnbürste den ganzen Boden der Wohnung hatte schrubben müssen.

Leider hatte ihr C17 es mal wieder nicht leicht gemacht, denn als sie ins Wohnzimmer kam, tropfte ihm bereits das Blut aus der Nase und versaute den ganzen Laminatboden.

Man sollte noch sagen, dass der Junge zu dieser Zeit bereits vier Stunden von der Decke baumelte, wonach er selbst C18 einwenig Leid tat.
 

Aufgrund dieser erschreckenden Erinnerung war der Streit der beiden Kinder sofort vergessen und panisch fielen sie sich um den Hals.

„Wir machen es nie wieder! Wir machen es nie wieder! Wir machen es nie wieder!“, kam es in einer Endlosschleife aus ihren Mündern, wobei sie es trotzdem nicht lassen konnten sich gegenseitig in den Rücken zu zwicken.

Doch zu ihrer Verwunderung blieben ihre Eltern stumm… Beunruhigend stumm.

Stattdessen lächelten sie ihre Kinder liebevoll an. Wie diese Bilderbucheltern in dem Vorschulprogramm morgens im Fernsehen.

In C18 keimte schon die Hoffnung auf, dass sich die beiden von einem Drogendealer wieder etwas LSD hatten aufschwatzen lassen. Unter Drogen waren ihre Eltern komischerweise die Liebsten der Welt. Deshalb war C18 mehr als traurig gewesen, als die Frau vom Jugendamt sagte, dass ihre Eltern unmöglich gute Vorbilder für sie wären, wenn sie weiterhin Drogen nahmen.

Die Folge dieses Gesprächs war eine Drogenentzugsklinik, dass C18 und ihr Bruder für eine Woche zu Tante Chantal mussten (die ein Bordell besaß) und C. Mammi in der Klinik eine kleine Affäre mit ihrem Therapeuten begann, die mittlerweile schon wieder vorüber war.

Also überhaupt nichts Erwähnenswertes...
 

C17 schien in diesem Moment die gleiche Hoffnung wie seine Schwester zu teilen und fragte deshalb vorsichtig: „Papi? Mami? Seid ihr wieder auf Drogen? Bitte sagt ja!“

Verliebt sahen sich die Eltern an, dann blickten sie erneut mit ihrem so künstlich wirkenden Lächeln zu ihren Kindern und wieder wurden die Zwillinge eine Spur unruhiger.

Freddy Krueger hatte dasselbe selige Lächeln parat, wenn er vor hatte jemanden aufzuschlitzen und ihren Eltern hätten die beiden sowieso alles zugetraut.

Doch entgegen ihrer Erwartungen, setzten sich C. Daddy und C. Mammi zu ihnen, sodass ihre Kinder zwischen ihnen waren.

Mit misstrauischem Blick schaute C18 zu ihrer Mutter, die sich neben sie gesetzt hatte. Jetzt erst fiel ihr auf, dass sie keinen schwarzen Lidschatten mehr trug. Auch der Rest ihrer Schminke sowie ihrer Kleidung, ließ nicht mehr darauf schließen, dass diese Frau bis vor drei Stunden noch Satanistin gewesen war.

Stattdessen trug ihre Mutter eine Frisur, wie sie in den sechziger Jahren die Hausfrauen im Fernsehen besaßen und einen pinken Haarreif in ihrer schwarzen Lockenmähne.

Sogar ein flauschiger rosa Rock schmückte ihre Hüften.

Und die ganze Zeit dieses Lächeln! Es wirkte so künstlich…
 

„Mein süßes kleines Engelchen!“, kam es nun sanft aus dem Mund ihrer Mutter, die einen hauchzarten rosa Lippenstift aufgetragen hatte. Das krasse Gegenteil zu den schwarzen Lippen die sie besaß, bevor sie zu diesem Treffen vor drei Stunden aufgebrochen war.

Sanft streichelte C. Mammi ihrer Tochter über den Kopf, was diese mehr beunruhigte statt zu beruhigen.

Auch C17 schien die Umwandlung seiner Eltern erkannt zu haben, was er vor allem darauf schloss, dass sein Vater keine Piercings mehr im Gesicht und auf seine Glatze, eine adrett sitzende braune Perücke gesetzt hatte. Auch seine Totenkopfkrawatte war verschwunden.

Stattdessen wurde sie mit einer koketten Blauen umgetauscht, auf die Flugzeugmotive aufgedruckt waren. Von den gammligen Klamotten zuvor war nichts mehr zu sehen. Nun trug sein Vater einen richtigen Anzug in Grau.
 

Beide Kinder sahen sich besorgt an.

Oha. Da war doch wieder eine neue Sekte im Busch!

Doch bevor sie sich noch gegenseitig zuzischen konnten, dass jeweils der andere daran schuld war, ergriff ihr Vater das Wort.

„Meine geliebten Kinder“, sagte er geradezu gespielt euphorisch. „Wir sind erleuchtet worden. Heute! Genau an diesem Tag haben wir erkannt…“

„… was für verirrte Schafe ihr doch wart“, vollendeten die Kinder grummelnd den Satz.

Dieselbe Rede hatte ihr Vater die Woche davor auch vorgetragen, als er mit seiner Frau den Satanisten beigetreten war. Und auch die Woche davor, als sie der Gemeinde der Handelsreisenden, die Woche davor, als sie der Ufo-Sekte und die Woche davor, als sie Greenpeace beigetreten waren.

Wenigstens etwas das sich nie änderte. Als nächstes kam bestimmt der Satz: Wir haben erkannt auf welchen Irrweg wir doch waren.

Theatralisch breitete ihr Vater nun die Arme aus, erhob sich langsam vom Sofa und sagte:

„Wir haben erkannt auf welchem Irrweg wir doch waren. Wie blind wir doch waren! Wie klein unser Denken doch ist, dass wir uns angemaßt haben, nicht noch mehr lernen zu können.“

„Jetzt spuck doch einfach aus zu welcher Sekte ihr jetzt schon wieder gehört“, meinte C17 gelangweilt, woraufhin C18 ihm einen schmerzhaften Stups in die Seite gab.

Sie hatte nicht vor ihre Eltern daran zu erinnern, dass eigentlich noch eine Strafe für den Geschwisterstreit offen stand.

Doch ihr Vater ignorierte C17s Zwischenruf und fuhr mit seiner ergreifenden Rede fort, wobei C. Mammi theatralisch anfing zu Schluchzen und sich mit einem pinken Taschentuch die Augen abtupfte. Dabei flüsterte sie immer wieder:

„Das ist mein Bärchen. Hach, ich bin so stolz auf ihn.“

C18 wurde von diesen Worten schlecht.
 

„Wir sind erleuchtet worden meine Kinder! Mein geliebter Sohn. Meine geliebte Tochter. Nun bricht eine neue Ära an! Wir werden ab heute dem Pfad der Person folgen, die uns diesen Weg offenbart hat. Ab heute werden wir nur einen Mann in diesen winzigen Wänden preisen! Und zwar Eduard Gülle!“

Stille trat ein.

Dann unterbrach C17 das Schweigen mit dem klugen Ausruf: „Hääää?“

Auch C18 wurde aus diesem Namen nicht schlauer. Schließlich stand ihre Mutter vom Sofa auf, stellte sich zu ihrem Mann und hackte sich bei ihm ein. Noch immer mit diesem gefälschten Lächeln auf den Lippen.

„Eduard Gülle, meine lieben Kinder, ist der Gründer unserer neuen Religion.“

Ein lautes und genervtes Stöhnen entrang sich der Kehle der Kinder.

Doch wieder wurden sie ignoriert.

„Ich weiß, meine Lieblinge. Wir hatten schon viele Religionen, Gesinnungen und Sexualitäten. Aber dieses Mal sind wir auf dem richtigen Weg meine kleinen Purzelbären!“

„Purzel-was???“

„Dieses Mal sind wir der wohl friedliebendsten Gemeinde beigetreten, die es unter unserem Himmel gibt. Wir müssen es wissen, schließlich waren wir auch mal Buddhisten.“

Ein Schnauben kam aus C17’s Mund als er daran dachte. Sein Vater hatte ihm damals die ganzen Haare weg geschoren und mit viel Kummer erinnerte er sich daran, wie er eine schwarze Haarsträhne nach der anderen, hatte auf den Boden fallen sehen.

Seit damals schwor er sich niemals mehr einen Kurzhaarschnitt zu tragen, auch wenn er dieselbe Länge wie C18 hätte – niemals wieder!
 

„Und was sind die Regeln dieser Religion?“, kam es monoton von seiner Schwester, die sich mit einem Ellbogen an ihrem Knie abstützte und ihren Kopf in der Handfläche gebettet hatte. Eine Angewohnheit die sie bis zum höchsten Alter beibehalten würde.

Mittlerweile war sie mit ihren jungen Jahren schon auf alle Dinge gefasst. Es konnte also keine Regel mehr kommen, die nicht abartiger war als die anderen.
 

Ihr Vater legte eine bedeutsame Pause ein. Sah dabei noch einmal verliebt zu seiner Frau, die mit einem Madonnenlächeln zu ihm auf sah. Dann sagten beide wie auf Kommando (C18 vermutete, dass sie diesen Auftritt bereits vorher geprobt hatten):

„Unsere einzige Regel ist die Liebe!“

„Also wieder die Liebesleier. Genau wie vor fünf Wochen“, meinte C17.

Denn da waren seine Eltern mal wieder den Christen beigetreten. Das taten sie etwa dreizehn Mal im Jahr, schließlich war auch die Anzahl an Religionen begrenzt. Hart wurde es dagegen, wenn seine Eltern mal wieder eine sadistische Phase hatten.

„Sohn!“, rief C.Daddy nach C17 patziger Antwort erbost. „Wage es nicht unsere heilige Religion mit der der schändlichen Christen zu vergleichen! Unsere Botschaft ist die wahre Familienliebe! Wir…“

„Ist gut, Papa. Können wir jetzt zu den anderen Regeln kommen?“, unterbrach C18 ihren Vater, da diese Rede sie bereits nervte. Ihre Mutter schüttelte daraufhin gespielt entrüstet den Kopf. Sah ihre Tochter an als ob sie das dümmste Geschöpf auf Erden wäre und meinte dann:

„Aber mein liebes Kind. Wir sagten doch bereits, dass es nur eine Regel gibt. Und zwar die…“

„Ja ja ja… Die Liebe. Ich weiß. Aber es würde mich schwer wundern wenn das die einzige Regel wäre. Also kommt am besten gleich zur Sache, ich muss noch für P.J. ein paar Nikotinsüchtige auftreiben. Dafür hat er mir ein neues Puppenkleid versprochen.“

Sofort malten sich in C18 kleinem Kinderkopf tausend Möglichkeiten auf, was sie alles mit diesem Kleid anstellen würde. Sie könnte es ihrer Dolly anziehen, dann ihrer Dolly ausziehen… Dann wieder anziehen… Und schon wieder ausziehen…

Könnte es sein, dass nur diese zwei Optionen bestanden?
 

Doch bevor sie sich noch weitere Gedanken darüber machen konnte, wurde sie von ihrer Mutter in die Wirklichkeit zurückgeholt.

„Nein, mein Liebling! Es gibt nur eine Regel und das ist die Liebe. Merk dir das…“

Sofort sah C18 mit hochgezogener Augenbrauche zu ihrem Bruder, der ihren Blick, mit dem gleichen skeptischen Gesichtsausdruck erwiderte.

„Allerdings gibt es ein paar winzige Unterregeln in unserer Religion.“, fügte ihre Mutter nun so beiläufig wie möglich hinzu.

Aha…

Jetzt kamen sie der Sache schon näher.

Weshalb ihre Mutter aber für Regeln den Ausdruck „Unterregeln“ verwendete, verstanden die beiden Kinder nicht. Doch egal. Es half nicht darüber zu streiten. Am Ende würde C17 sonst bloß wieder von der Decke baumeln.

C. Daddy kramte indessen in seiner Hosentasche und zog nach ein paar Sekunden einen zusammengefalteten Papierfetzen heraus, den er mit einem liebevollen Lächeln seiner Frau reichte.

Diese erwiderte mit demselben Gesichtausdruck seinen Blick, faltete dann den Fetzen auseinander und begann laut vorzulesen:

„Unterregeln von Eduard Gülles Gemeinde für perfekte Familie Fanatiker.“

„Ach so nennt man Sekten heutzutage…“

„Psst! Unterbrich deine Mutter beim Vorlesen nicht, mein Sohn.“

„Unterregel Nummer Eins: Der Vater ist der Herr im Haus…“

„Welches Haus?“, kam es sarkastisch von C17. Doch er wurde ignoriert. Stattdessen fuhr seine Mutter fort.

„Der Vater ist das Oberhaupt der Familie und steht für Ordnung und Disziplin. Sein Wille ist Gesetz und ihm muss von allen Familienmitgliedern der größte Respekt gezollt werden.“

Bei diesem Satz musste C18 schmunzeln. Was diese Regel sollte verstand sie nicht. Vor ihrem Vater konnte man schließlich nur Respekt, oder besser gesagt, Angst haben, immerhin war er sonst nicht wie der liebe Hausvater gekleidet, sondern lief mit einer Glatze, auf der ein umgekehrtes Kreuz tätowiert war herum.

Gelangweilt gähnte sie, sah zu ihrer Mutter und überlegte sich, was wohl noch für schwachsinnige Regeln kommen würden.

Noch dümmer als die Regeln der Sekte des heiligen Dixiklos, konnten sie wohl nicht sein. Welche Religion war auch blöd genug, zwei mal am Tag eine Kloschüssel anzubeten und sie mit „Mein Gebieter“ anzusprechen?

Doch kaum hatte sie diesen Gedanken zu Ende gedacht, war sie beim nächsten Satz ihrer Mutter nicht mehr so sicher, welche Sekte dümmer war.

„Um dem Vater seinen Respekt zu erweisen, küssen wir jeden Morgen seine nackten Füße…“, C17 gab an dieser Stelle ein angeekeltes „Bääähhh!!!“ von sich, „… laufen drei Mal um ihn herum, erbitten seinen Segen für den heutigen Tag, waschen, schrubben und säubern ihn. Zum Schluss sagen wir alle das „Eduard unser“ auf, verbeugen uns vor dem Portrait Eduard Gülles und werfen dann in ein Säckchen, eines unserer wertvollsten Gegenstände hinein, die wir am Ende der Woche unserem Religionsgründer schenken. Das kann alles Mögliche sein... Ohrringe, Strümpfe, der Fernseher, die Klimaanlage oder euer gesamtes Spielzeug. Alles eine kleine Spende, damit Eduard Gülle in seinem hundertvierzig Quadratmeter großem Apartment auch eine Putzfrau einstellen kann…“

Empörte Proteste kamen von den beiden Zwillingen, die von den Eltern gekonnt ignoriert wurden.

Das war doch die absolute Verarschung!

Nicht, dass sie von ihren Eltern etwas anderes gewohnt waren, aber wer gab schon gerne seine liebsten Sachen einfach so her?

Bei diesem Gedanken schnappte C18 nach ihrer kleine Dollypuppe, die ihr Bruder unachtsam auf den Boden hatte fallen lassen. Verzweifelt presste sie das kleine Püppchen an ihre Brust, das für sie der größte Wertgegenstand war, den sie in dieser winzigen trostlosen Wohnung besaß.

Egal was kommen würde, sie würde jedem dem Hintern aufreißen der ihre kleine Dolly spenden wollte!

In ihren Gedanken dachte C18 sich schon tausend grausame Tode aus und hörte gar nicht mehr dem ihr ziemlich schwachsinnig vorkommenden Gespräch zu.
 

Sie bemerkte nicht, wie ihre Mutter Regel Nummer drei vorlas, die besagte, dass alle Mädchen im Haus nur noch rosa Rüschchenkleider mit den passenden pinken oder weißen Haarreifen zu tragen hatte.

Auch hörte sie nicht Regel Nummer vier zu, die jeglichen Kontakt mit Andersdenkenden verbot.

Doch was C18 an diesem Tag hätte besser bemerken sollen, war der verstohlene Blick den ihr Bruder ihr zuwarf, als sie ihre kleine Puppe an ihr Herz presste.

Denn dann wäre ihr sofort das teuflische Grinsen aufgefallen, dass kurz darauf über seine Lippen huschte…

Mein mieser kleiner Bruder

Etwas geistesabwesend rührte C18 mit einem Löffel in ihrem Kaffee und beobachtete wie die bräunliche Substanz in der Mitte ihrer Tasse einen kleinen Strudel bildete. Draußen am Küchenfenster klopfte Muten Roshi an die Scheibe, bettelte darum endlich wieder in sein Haus gelassen zu werden. Als er immer noch nicht erhört wurde, hielt er schließlich ein Stückchen Pappe an die Scheibe, auf das er mit einem roten Edding die Worte „I’m so sorry, C18“ geschrieben hatte.

Diese kümmerte sich nicht um den alten Kauz.

Tatsächlich war sie mit ihren Gedanken weit weg vom jetzigen Geschehen und völlig vertieft in ihre Erinnerungen.

Dabei bemerkte sie nicht einmal das Gesicht ihrer Tochter, die ungeduldig mit ihren Fingern auf dem Küchentisch tippte. Immer wieder. Immer schneller.

Schließlich konnte sie nicht mehr an sich halten.
 

„Mami! Du erzählst ja gar nicht mehr weiter!“, kam es vorwurfsvoll und ein beleidigter Blick traf die Erzählerin.

Sofort blickte C18 auf und sah erst einmal verwirrt zu ihrem Töchterlein, das eine bitterböse Schnute zog, dann huschte ein entschuldigendes Lächeln über ihre Lippen und sie räusperte sich, um kurz darauf fortzufahren.

„Nun, wie du bereits bemerkt haben müsstest waren meine Eltern nicht gerade normal. Sie steckten voller innerlichen Schwankungen und konnten sich nie für eine Religion oder Partei entscheiden. Komischerweise waren sie deshalb nicht unbeliebt bei den Sekten, auch wenn sie für einige Zeit der gegnerischen Partei angehörten. Ich bin mir mittlerweile ziemlich sicher, dass zwischen diesen Scharlatanen ein unausgesprochener Pakt stattfand, der es zuließ meine Eltern jederzeit in eine andere Sekte ziehen zu lassen, damit die anderen Religionen sie auch einmal ausbeuten konnte. Nach drei Monaten traten sie sowieso wieder derselben Gemeinde bei, da sie unglaublich leicht zu Überzeugen waren.“

„Wenn sie so leicht zu überzeugen waren, warum haben du und Onkel C17 sie nicht dazu gebracht endlich aus diesem furchtbaren Ghetto zu ziehen?“

C18 rümpfte die Nase und ein finsterer Blick huschte über ihr Gesicht.

„Weil mein Bruder und ich komischerweise so viel betteln und debattieren konnten wie wir wollten, auf uns hörten unsere Eltern nicht! Selbst wenn wir mit unseren jungen Jahren schon besser wussten wo es im Leben lang ging und wer genau uns nur ausnutzen oder besser gesagt verarschen wollte, beachteten unsere Eltern niemals unsere Einwände. Für sie waren wir nur die dummen kleinen Zwillinge, die keine Ahnung von nichts und ihre Eltern nicht zu hinterfragen hatten.“

Verbittert stützte C18 ihren Ellbogen auf der Tischplatte ab und bettete ihren Kopf auf die dazugehörige Hand, rührte dabei wieder in ihrem Kaffee und erzählte weiter.

„Doch meine Eltern waren zu dieser Zeit wohl mein geringstes Problem…“

Fragend blickte Marron ihre Mutter an und sprach aus was ihr durch den Kopf ging.

„Wie meinst du das, Mama?“

„C17“, war die knappe Antwort.
 

Zwei Wochen nach dem Eintritt in „Eduart Gülles Gemeinde für perfekte Familie Fanatiker" hatten C18s Eltern immer noch nicht ihre Gesinnung gewechselt. Es kam zwar selten vor, dass C. Daddy und C. Mammi länger als eine Woche in einer Sekte blieben, aber es kam tatsächlich, so unglaublich es auch klingen mag vor.

Der Tagesablauf von C18 hatte sich seit diesem Tag drastisch geändert.

Sie durfte nicht mehr die Schule besuchen, da es gegen Regel Nummer vier verstieß mit religiös Andersdenkenden zu kommunizieren. Ihr Kleiderschrank hatte sich mit jeder Menge pinken, rosa oder weißen Kleidern gefüllt, die allesamt mit grässlichen Rüschen verziert waren, die C18 eines morgens heimlich abgerissen hatte.

Meistens begann der Tag wie Regel Nummer eins befahl, mit dem täglichen Küssen der väterlichen Füße, was ihr eine Menge Überwindung kostete, um nicht an Ort und Stelle loszureihern. Danach folgte die tägliche Wäsche des Familienoberhauptes und das Beten vor Eduard Gülles Portrait, auf dem er mit einer jungen knackigen Brünetten zu sehen war und ihr ungeniert in den Ausschnitt gaffte, wobei ihm am Mundwinkel bereits der Speichel runtertropfte.

Was C18 am meisten weh tat war aber nicht die tägliche Demütigung die sie durch ihren Bruder zu erleiden hatte, weil er sie immer wegen ihrer Kleider triezte, viel mehr schmerzte es, ihre Spielsachen eins nach dem anderen weggeben zu müssen, da Eduard Gülle von jedem seiner Anhänger das wertvollstes Hab und Gut forderte, das diese Person besaß.

Natürlich hatte C18 alles daran getan ihre kleine Dolly zu verstecken! In ihrem Kinderzimmer war eine der alten Dielen des Fußbodens schon so modrig, dass es kein Problem war sie ein bisschen anzuheben und unter ihr etwas zu verstecken. Ihre Mutter hatte Stunden nach der kleinen Puppe gesucht, da sie genau wusste, dass sie C18s Ein- und alles war. Doch als sie sie nicht fand und C18 ihrer Mutter ungeniert die Geschichte vorlog, dass sie die Puppe einem Waisenkind geschenkt habe, hatte C. Mammi die Suche aufgegeben.
 

Jeden Mittwoch musste C18 nun auch mit ihren Eltern der Predigt von Eduard Gülle beiwohnen. Diese fand in einem kleinen Schuppen hinter einer baufälligen Fabrik statt, deren Dämpfe sich pechschwarz aus dem Schornstein hervorschlängelten. An diesem Tag wurden auch die Spenden der Anhänger überreicht, die der älteste Sohn der Familie in eine Kiste, neben dem notdürftig errichteten Blechaltar, hineinwerfen musste.

Daneben stand Eduard Gülle, nahm manche Geschenke entgegen, begutachtete sie auf ihren Wert und warf sie schließlich unachtsam in die Kiste hinein. Da C17 der einzige Sohn aus C18s Familie war, gebührte ihm die Ehre die Wertgegenstände Eduard Gülle zu überreichen. Allerdings tat er das nicht, ohne dem Sektenführer bei einer unbeobachteten Gelegenheit ans Schienbein zu treten.
 

Bereits beim ersten Treffen an dem C18 Eduard Gülle kennen lernte, war ihr klar, dass dieser Mann sie und ihren Bruder hasste. Im Gegensatz zu den anderen Sektenmitgliedern, waren die Zwillinge einfach nicht so schnell zu übertölpeln, was nicht weiter verwunderlich war, da die größte Zahl von Eduard Gülles Anhängern einen IQ von fünf besaßen. Wahrscheinlich fühlten sich ihre Eltern deswegen in dieser Gemeinde so wohl, schließlich galten sie dort von Anfang an als die klügsten.

Die Predigten von Eduard Gülle waren so durchschaubar, dass es fast schon wieder an Fahrlässigkeit grenzte, dass jemand so dumm war und nicht heraushörte worauf dieser Kerl eigentlich hinaus wollte.
 

„Meine gehirnamputierten… ähm… ich meinte, meine geliebten Schäfchen! Wie ihr alle wisst geht es in dieser Sekte… ähm… ich meinte, in unserer Religion um die gegenseitige Liebe und den Respekt der Familienmitglieder. Unsere Religion ist eine große Familie und jeder von euch Trotteln… ich meinte, jeder von euch liebenswerten Menschen ist ein Teil dieser Familie und dazu aufgerufen seinen Brüdern und Schwestern zu helfen. Behandelt euch gegenseitig so wie ihr wollt, so lange ihr nicht vergesst, eurer Gemeinde eine kleine Spende zu überreichen, die dann in den Bau einer neuen Poolanlage… ähm… Kirche dienen soll. Immerhin ist es wohl nicht zu viel von euch kleinen Würmern verlangt, mal eine Woche nichts zu Essen, damit ich mir einen neue Klimaanlage kaufen kann! Oh… Habe ich das jetzt laut gesagt? Vergesst was ich gesagt habe, spendet einfach, ihr Nieten!“

Nach dieser Rede war sich C18 eigentlich mehr als sicher, dass ihre Eltern niemals so dumm sein konnten um auf diesen Idioten hereinzufallen. Auch hatte sie angenommen, dass es sich dabei nur um eine vorübergehende Phase handeln konnte. Leider hatte sie sich in beiden Dingen schwer geirrt…
 

Nach drei Monaten waren ihre Eltern immer noch nicht der Gemeinde ausgetreten. Noch schlimmer! C. Daddy wurde auch noch zum stellvertretenden Vorsitzenden gewählt.

Nach Jahren des ständigen hin- und her Pendeln von einer Sekte zur anderen, schienen die Eltern der Zwillinge endlich eine langfristige Religion gefunden zu haben, sehr zum Bedauern von C18 und ihrem Bruder.

Beide hatten in den letzten Monaten so gut wie alle ihre Habseligkeiten verschenkt. Ihr Kinderzimmer war vollkommen leer geräumt, bis auf den Kleiderschrank und einpaar Wachsmalstiftstummel die man auch mit Mäusekot hätte verwechseln können.

Zu C18s zusätzlichem Leid waren die blöden Rüschchenkleider immer noch nicht verschwunden, sie bekam zu ihrem neunten Geburtstag sogar noch drei weitere dazu! C17 sah die ganze Situation wie üblich viel lockerer.

Durch die Tatsache, dass sein Vater nun der stellvertretende Vorsitzende war, konnte er sich Streiche herausnehmen, die er sich früher nicht so leichtsinnig getraut hätte.

So kam es des Öfteren vor, dass C18 ihren Bruder dabei erwischte, wie er jeden Mittwoch auf den Dach des Gemeindeschuppens saß und Wasserballons auf die Leute warf die ins Haus wollten. Ein paar mal kam es sogar vor, dass C17 Eduard Gülle ein Bein stellte oder den Boden des Gemeindeschuppens mit so viel Politur bohnerte, dass jeder ausrutschte der einen Fuß in das Gebäude setzte.

Dies hatte zur Folge dass die Zwillinge immer weiter in der Gunst von Eduard Gülle sanken, wobei es bei C18 eigentlich nur der Grund war, dass sie ihrem Bruder vom Gesicht her sehr ähnlich sah.

Zu dieser Zeit fand C18 die Streiche ihres Bruders nur lächerlich und albern. Doch was sie damals noch nicht wusste war, dass sie C17 schon bald dafür hassen würde!
 

Betrübt trottete C18 an der Hand ihrer Mutter hinterher, auf dem Weg zum Gemeindeschuppen der Sekte.

Wieder war eine Woche vergangen und ihre Eltern gehörten noch immer Eduard Gülles Sekte an.

Wieder war eine Woche vergangen in der sie alles was sie hatte verschenken musste. Mittlerweile war sogar der Kühlschrank aus der Wohnung verschwunden, was dazu führte, dass C18s Magen in hohen Tönen nach Nahrung verlangte.

Und schon wieder war ein neuer Mittwoch angebrochen. Für die kleine C18 war dieser Tag der Woche der schlimmste überhaupt, da sie von ihren Eltern wieder dazu genötigt wurde, Eduard Gülles Predigten beizuwohnen, die einfach nur zum Gähnen waren.

Das Einzige was C18 nicht vollkommen den Verstand verlieren ließ war die Tatsache, dass sie nach der dreieinhalbstündigen Predigt endlich wieder nachhause zu ihrer Puppe gehen konnte.

Sie hatte sich schon genau ausgedacht, in welche Rolle sie ihre Dolly heute schlüpfen lassen würde. Eine Superheldin die den bösen Dr. Edd Gülle besiegen musste, um die Welt zu retten.
 

„Na, Schwesterherz? Im Gedanken wieder bei deiner Puppe?“

Erschrocken sah C18 zu ihrem Bruder, der neben ihr aufgetaucht war und sie heimtückisch angrinste. Mit einem Blick nach oben, prüfte C18 ob ihre Mutter C17s Worte gehört hatte, doch sie unterhielt sich mit C.Daddy über die heutigen Gaben die sie für Eduard Gülle dabei hatten.

Erst dann riskierte sie es, ihrem Bruder zu antworten.

„Woher weißt du, dass ich Dolly noch habe?“

„Geheimnis...“, meinte C17 wichtigtuerisch.

„Ich warne dich! Wehe du sagst Mama auch nur ein Wort!“

„Aber Schwesterherz, wie denkst du denn von mir?“ C17 legte grinsend einen Arm um C18's Schultern. „Immerhin sind wir beide Geschwister. Wir müssen zusammenhalten so lange bis unsere Eltern endlich blicken, dass dieser Schwachkopf Eduard Gülle ihnen nicht gut tut.“

Skeptisch blickte C18 ihren Bruder an.

Da war schon etwas Wahres dran. Das musste sie zugeben. Aber ob sie C17 wirklich trauen konnte?

Seit ihrer Geburt lagen sich die beiden Zwillinge nur in den Haaren und jetzt auf einmal sprach C17 von Zusammenhalt? Das kam ihr doch sehr suspekt vor.

„Ich trau dir nicht“, sprach C18 ungeniert ihre Gedanken aus.

„Solltest du aber. Denn in unserer misslichen Lage bin ich der Einzige, dem du wohl noch vertrauen kannst“, flüsterte C17 ernst. Dann nickte er in Richtung seiner Eltern. „Mama und Papa sind vielleicht zu beschränkt dafür, aber ich sehe ganz genau, dass du Eduard Gülle auch für einen Hochstapler hältst. War ja klar. Du bist vielleicht blond aber ganz bestimmt nicht blöd.“

Nun konnte C18 nicht anders und lächelte schüchtern. Das war das erste Mal das ihr Bruder ihr ein Kompliment machte und da sie sonst etwas Anderes gewohnt war, huschte eine leichte Röte über ihre Wangen.

„Meinst du das ernst?“, fragte sie daraufhin zaghaft und als ihr Bruder ihr mit einem ehrlichen Lächeln zunickte, fügte sie mit kindlichen Stolz hinzu: „Naja. Ist ja kein Wunder. Eduard Gülle ist so durchschaubar, dass es weh tut.“

„Und du durchschaust jeden der dich belügen will, Schwesterherz.“

Freundschaftlich kniff C17 seiner Schwester in die Backen. „Bist ja schließlich nicht auf den Kopf gefallen.“

Dann erschien auch schon der Gemeindeschuppen in Sichtweite und der Vater der Zwillinge trug C17 auf, den Beutel mit den Gaben schon mal hineinzubringen.

„Na dann. Die Pflicht ruft“, meinte C17 und C18 sah ihrem Bruder fröhlich nach.

Vielleicht war das ein neuer Anfang und sie würden sich in Zukunft besser verstehen?

Doch wenn C18 an diesen Tag zurück dachte wusste sie, dass sie es eigentlich hätte besser wissen müssen...
 

Da C.Daddy der stellvertretende Vorsitzende in Eduard Gülles Gemeinde war, hatte er die Vorbereitungen für die Predigt zu organisieren.

Deshalb war C18s Familie schon eine halbe Stunde früher da. Eine halbe Stunde in der C18 von ihren Eltern von einer Aufgabe zur nächsten dirigiert wurde.

So musste sie von draußen ein paar Steine hineinschleppen, die als Sitzgelegenheit für die älteren Sektenmitglieder zur Verfügung standen und Eduard Gülles Hochglanzfoto polieren, das hinter dem Blechaltar die ganze Wand einnahm.

Schließlich kamen auch schon die ersten Gemeindemitglieder an, die C17 an der Tür zu empfangen hatte, was für ihn die widerwärtigste Aufgabe war, da jeder es für nötig hielt ihm entzückt in die Backen zu kneifen und zu sagen:

„Ist das ein schnuckeliges Büblein!“

Es verging eine weitere halbe Stunde in der alle schon einmal ihre Plätze einnahmen. Die hübschen attraktiven Frauen vorne, die Männer und Alten hinten oder außerhalb vom Schuppen, so wie es Eduard Gülle verlangte.

So war es nicht weiter verwunderlich, dass C18 und ihre Mutter Plätze in der zweiten Reihe gefunden hatten, mit direktem Blick auf den Altar und nahe am Durchgang.

Wie jedes Mal ließ sich Eduard Gülle Zeit. Viel Zeit...

An manchen Tagen erschien er zwei Stunden später, doch dieses Mal blieben sie von solch einer Tortur verschont.

Nur eineinhalb Stunden zu spät, hielt Eduard Gülles lange schwarze Limousine vor dem Gemeindeschuppen. Wie immer war der Sektenführer in Begleitung von ein paar hübschen Damen, die vor ihm her liefen und seinen Weg mit Rosenblüten bestreuten.

Jedes Mal wenn C18 dieses Schauspiel sah, musste sie unweigerlich mit den Augen rollen, da sie dieses Auftreten furchtbar theatralisch fand.

Doch leider schien sie mit ihrer Meinung allein zu sein, denn kaum, dass Eduard Gülle seinen Platz hinter dem Blechaltar eingenommen hatte, fingen die Frauen in den vorderen Reihen entzückt an zu seufzen – genau wie ihre Mutter.

Fünfzehn Minuten später war die Predigt auch schon im vollen Gange und für C18 kam die Zeit, wo sie mit ihren schwerer werdenden Augenliedern zu kämpfen hatte.
 

Die Stunden zogen sich schleppend dahin.

Alle bis auf C18 lauschten gebannt den Worten von Eduard Gülle. Heute war seine Rede noch durchschaubarer als sonst, doch wieder fiel es niemandem außer C18 und ihrem Bruder auf, der die ganze Predigt über in einer Ecke hinter dem Altar zu warten hatte, bis es an der Zeit war die Spenden zu überreichen. Ab und zu huschte C18s Blick zu C17, der von einem der anderen Jungen hinter ihm angesprochen wurde und deshalb sichtlich genervt schien, bis er ihm in einem Moment, als Eduard Gülle theatralisch in den Himmel zeigte und alle Anwesenden seinen Bewegungen folgten, schmerzhaft in die Rippen boxte.

So zogen sich die Minuten hin, bis Eduard Gülle die magischen Worte, kurz vor Ende der Predigt rief:

„Bringt die Gaben!“

Erleichtert seufzte C18.

Bald war es vorbei. Bald könnte sie endlich nach hause und sich den restlichen Tag mit ihrer Lieblingspuppe verschönern. Vielleicht bekam sie ausnahmsweise auch mal etwas zu Essen. Ihr Magen rebellierte bereits durch den Nahrungsmangel und Durst hatte sie auch. Als sie gerade mit Kulleraugen ihre Mutter anflehen wollte, endlich mal wieder zu kochen, erschrak C18 jedoch wie noch nie in ihrem Leben.
 

So eben war ihr Bruder vorgetreten, um den Beutel mit den Spenden aus der Familie der Zwillinge zu überreichen. Doch das war es nicht was ihr solch einen Schreck bereitete!

Was sie ihre Augen um das Zehnfache weiten ließ, war das Eduard Gülle prüfend in den Beutel gegriffen hatte und eines der Geschenke heraus zog und das war...

„Dolly!“

Entsetzt blickte C18 zu ihrer Lieblingspuppe und dann zu dem süffisant grinsenden Gesicht ihres Bruders, der ihr schadenfroh seine Zunge entgegenstreckte und dann stumm mit seinen Lippen die Worte formte: „Bist du blöd!“

Meine Rache

Marron hatte ihre Ellbogen an der Tischplatte abgestützt und ihren Kopf in ihre Handflächen gebettet. Dabei sah sie mit schmunzelndem Gesicht zu ihrer Mutter, die in ihrer Erzählung gestoppt hatte, um ihre Kaffeetasse auszuspülen und dabei etwas beleidigt dreinschaute.

Sehr zu Marrons Belustigung schien diese alte Kamelle, mit der verschenkten Puppe, auch heute noch in ihrer Mutter eine gewissen Mordlust gegenüber ihrem Bruder zu wecken. Anscheinend hatte sie sehr an dieser Puppe gehangen. Das überraschte Marron zwar, aber im Nachhinein war es nicht weiter verwunderlich, immerhin war ihre Mutter nicht immer die knallharte Robobraut gewesen, die sie heute abgab.

Allerdings war es doch sehr amüsant, wenn man daran dachte dass ausgerechnet C18 gerne mit Puppen gespielt hatte.

Mittlerweile klopfte Mutenroshi jammernd von draußen an das Küchenfenster über der Spüle und mit einem genervten Stöhnen, zeigte C18 ihm den Mittelfinger und zog daraufhin die Vorhänge zu.

Dann wandte sie sich von der Spüle ab und setzte sich wieder zu ihrer Tochter an den Küchentisch, die sich ein Kichern nicht mehr verkneifen konnte.

„Was ist?“, fragte C18 herrisch.

Unschuldig hob Marron ihre Schultern und lächelte ihrer Mutter zuckersüß zu.

„Naja. Ich finde es witzig dass du diese Sache Onkel C17 immer noch vorwirfst. Auch wenn sie bereits Jahre her ist.“

„Wenn du eine kleine Pestbeule als Bruder hättest, der dir alle Dinge die dir lieb und teuer sind demoliert, wärst du die erste die heulend zu mir gerannt käme! Ein Grund warum ich nur ein Kind wollte… Stell dir doch mal vor, wie ein kleiner Dreikäsehoch alle deine hübschen Kleider, Schuhe und Hüte mit Sprengstoff ausstopft oder in dein Schampoo Hennafarbe hineinschüttet und dann würdest du ungefähr verstehen, wie sehr ich deinen Onkel zu dieser Zeit gehasst habe!“

„Onkel C17 hat deine Schuhe mit Sprengstoff gefüllt?“

„Nein. Aber zugetraut hätte ich es ihm! Die Geschichte mit der Hennafarbe ist allerdings wahr.“

„Wow. Onkel C17 war wohl nicht gerade ein Engelchen...“

„Nein. Es sei denn es ist eine Tugend seiner Schwester in ihr Make up grüne Hennafarbe zu füllen.“

„Hennafarbe war wohl sein Lieblingsspielzeug.“

„Worauf du einen lassen kannst!“

Seufzend lehnte sich C18 zurück und massierte sich die Schläfen.

„Aber an diesem Tag hatte mein Bruder das Fass zum Überlaufen gebracht!“

Interessiert schaute Marron zu ihrer Mutter.

„Wieso? Was hast du getan?“

„Vorerst gar nichts. Ich bin nach der Predigt von Eduard Gülle zu meinem Vater gerannt und habe ihn gebeten meine Puppe zurückzuholen. Dabei ließ ich noch ein paar Krokodilstränen fließen. Mein Vater wurde schon nach wenigen Minuten weich wie Wachs und war gerade auf dem Weg zu Eduard Gülle, als er meine Mutter traf, ihr von dem Vorfall berichtete und sie ihm daraufhin empört erzählte, dass ich ihr gesagt habe, dass ich die Puppe schon längst verschenkt hätte.“

„Uups. Dumm gelaufen.“

„Allerdings“, C18 zog eine böses Gesicht und stützte ihren Kopf ab. „Nachdem herauskam das ich gelogen hatte bekam ich drei Monate Hausarrest.“

„Drei Monate??? Ist das nicht etwas dick aufgetragen?“

„In den Augen meiner Eltern nicht.“

„Und Onkel C17? Wurde er nicht bestraft?“

C18s Augenbrauen zogen sich wütend zusammen und eingeschnappt presste sie hervor:

„Nein. Im Gegenteil! Meine Eltern lobten ihn dafür, weil er meinte, dass er nur das beste für mein Seelenheil wollte. Natürlich hatte er nur übel geflunkert!“

„Was für eine Ratte!“

„Du sagst es. Aber wenigstens wurde mir später klar warum er das machte.“
 


 

Wütend stand C18 in einer Ecke ihres Zimmer, mit dem Gesicht zur Wand. Dorthin wohin sie ihre Eltern vor knapp einer Stunde hin befohlen hatten.

Die gesamte Situation war für das Mädchen einfach zum Haare raufen.

Erst fiel sie auf die miesen Spielchen ihres Bruders herein, dann bekam sie noch Hausarrest und zu allem Übel hatte sie jetzt nicht einmal mehr ihre kleine Dolly!

Ein trauriges Schniefen entrang sich C18s Kehle und das erst Mal, seit sie von der Predigt im Gemeindeschuppen zurückgekommen war, wurde ihr bewusst, dass sie vor einer Stunde das Liebste verloren hatte, dass sie in all den Jahren besessen hatte.

Für ein Kind in ihrem Alter, war der Mittelpunkt des Lebens entweder die Eltern, Freunde oder Spielzeug.

Ihre Eltern waren einfach nur miserabel. Freunde besaß sie keine seit man sie dank der Sekte aus der Schule genommen hatte und jetzt hatte sie das einzige Spielzeug verloren, das ihr teuer war.

Mal ehrlich! Noch beschissener konnte ihr Leben doch nicht ablaufen.

Ein gequältes Schluchzen war im trostlos gestalteten Kinderzimmer zu hören und dann das leise öffnen der Tür.

Sofort wischte sich C18 die aufkommenden Tränen weg, denn ihr war von Anfang an klar, wer die Tür geöffnet hatte.
 

„Oh... Hat das kleine Hohlköpfchen geheult?“

„Halt die Klappe!“, fauchte C18, sah ihren Bruder dabei aber nicht an.

„Was ist los Schwesterherz? Heute Mittag warst du nicht so abweisend zu mir?“

„Heute Mittag wusste ich auch nicht, was für eine schmierige Ratte du bist!“

„Bla bla bla...“, gelangweilt äffte C17 seine Schwester nach und setzte sich auf sein Bett. „Ich dachte du durchschaust alles und jeden?“

„Eduard Gülle durchschaut ja auch jeder Stümper!“

„Aber mich durchschaust du nicht? Obwohl ich dir in all den Jahren nie etwas Gutes getan habe?“, ein spitzbübisches Lächeln huschte über C17s Gesicht, während C18s Kopf vor Wut rot anlief. Doch statt etwas zu erwidern schaute sie einfach nur stur zu Boden.

Leider, und das gab C18 wirklich nicht gerne zu, hatte ihr Bruder Recht. In all den Jahren hatten sich die Zwillinge gepiesackt, geärgert und schikaniert und das C17 ihr aus heiterem Himmel Komplimente machte, hätte bei ihr sofort die Alarmglocken läuten lassen müssen.

Doch sie war zu diesem Zeitpunkt nun mal noch ein Kind und das verleitete sie zu folgender kindlicher Aussage: „Ich dachte du wolltest mein Freund sein.“

Kurz trat Stille im Kinderzimmer ein und dann...

„Hahaha!!!“

... begann C17 zu lachen. So schadenfroh und gemein wie es ein Kind in seinem Alter konnte. Nach ein paar Sekunden traten ihm die ersten Tränen in die Augen und C18 wurde zusehends wütender über die heftige Reaktion ihres Bruders.

Gerade als sie schon kurz davor war, auf ihn zustürmen und ihm ein paar schallende Ohrfeigen zu verpassen, erholte sich C17 von seinem Lachkrampf und sagte:

„Oh Mann! Das ist doch echt der Hammer wie blöd du bist!“ Fröhlich sprang er vom Bett auf und lief auf seine Schwester zu, bis er knapp vor ihr zum Stehen kam. „Hör mal Schwesterherz! Wir beide werden nie Freunde sein und zwar aus einem ganz einfachen Grund: Du bist ein Mädchen und ich ein Junge. So einfach ist das!“

„Als ich noch zur Schule gegangen bin hatte ich Freunde die waren auch Jungs!“, protestierte C18.

„Und genau deswegen sind das alle Idioten! Außerdem bist du mit denen auch nicht verwandt.“

„Was hat das damit zu tun?“, fragend blickte C18 zu ihrem Bruder. Sie war für ihr Alter zwar erfahren darin zu erkennen, welche Leute kriminell und welche es nicht waren, aber warum Jungs und Mädchen sich nicht mögen durften verstand sie nicht.

Ihr Bruder schüttelte seufzend den Kopf, als ob C18 ein Kind der besonders doofen Art wäre.

„Oh man, Schwesterherz. Was haben die dir denn in den paar Monaten, in denen du zur Schule gehen durftest beigebracht?“

„Lesen, Rechnen, wir haben auch schöne Bilder mit Ponys gemalt...“

„Doch nicht der Stuss!“, C17 machte eine wegwerfende Bewegung mit der Hand. „Ich mein das Zeug im richtigen Leben. Du weißt schon, auf dem Pausenhof und so...“

Als C18 ihn nur verständnislos anstarrte fuhr C17 fort.

„Wenn du auf dem Schulhof herumläufst, siehst du doch an jeder Ecke das ein Junge ein Mädchen ärgert.“

C18 nickte.

„Und das tun Jungs weil...“, C17 stoppte, sah über seine Schulter hinweg ob auch niemand zuhörte und flüsterte seiner Schwester dann zu, „weil ich von Billy aus der achten Klasse gehört habe, dass Jungs und Mädchen die sich mögen, irgendwann mal heiraten müssen.“

Sofort gab C18 einen angeekelten Laut von sich.

„Und das ist noch nicht alles!“, meinte ihr Bruder und fuhr fort. „Wenn man Pech hat, könnte es sein, dass man diese Person auch noch...“ C17 legte eine bedeutsame Pause ein. „... küssen muss!“

„Bäähhh!“ rief die kleine C18 und schüttelte angewidert den Kopf.

„Und als ob das nicht genug wäre bekommt man dann auch noch Babys!“

C18 sah ihren Bruder aus großen Augen an.

„Meinst du richtige Babys oder Spielzeugbabys?“

„Du blöder Hohlkopf! Natürlich echte!“

„Aber woher kommen denn die Babys?“

Stille…

Nun blickte auch C17 ratlos drein. Dann überlegte er kurz, schnippte mit den Fingern und meinte: „Die bastelt ein Arzt im Krankenhaus!“

„Häää?“

„Im Krankenhaus du doofe Kuh! Mama und Papa sagen doch immer, dass sie den Tag verfluchen, an dem sie uns nicht im Krankenhaus gelassen haben. Im Krankenhaus arbeiten Ärzte und die basteln bestimmt die kleinen Babys zusammen. Genau wie in den Horrorfilmen, wenn ein Doktor sein Monster aus menschlichen Einzelteilen zusammenflickt.“

„Das hört sich aber nicht sehr logisch an...“

„Hast du eine bessere Idee?!“

Die hatte C18 nicht. Deswegen schüttelte sie den Kopf.

„Eben!“, wichtigtuerisch verschränkte C17 seine Arme vor der Brust und sah seine Schwester ernst an. „Und genau deswegen werden wir beide nie Freunde sein! Erst einmal weil ich dich nicht leiden kann. Zweitens weil es mir viel zu viel Spaß macht dich bis aufs Blut zu ärgern und Drittens... ähm... Da fällt mir im Moment nichts ein. Du bist eben eine doofe Kuh und damit hat es sich!“

„Aber musstest du deshalb meine kleine Dolly verschenken? Du wusstest ganz genau das sie meine Lieblingspuppe ist.“

„Klar wusste ich das. Genau deswegen habe ich das auch gemacht. Und glaub mir das war erst der Anfang!“

Wütend zog C18 einen Schnute. Dann sagte sie:

„Fein! Was du kannst kann ich schon lange!“
 


 

Marron lachte seit einer halben Stunde ununterbrochen. Ihre Mutter wartete geduldig bist sie ihren Lachkrampf überwunden hatte, mit einer entsprechenden Röte im Gesicht und einem leicht verkniffenem Lächeln.

Wenn sie an diesen Vorfall zurückdachte konnte sie es ihrer Tochter nicht verübeln, dass sie lachen musste. Die wischte sich mit ihrer Handfläche die aufkommenden Tränen fort und holte mehrmals tief Luft um sich zu beruhigen.

„Oh man. Das ist ja zu niedlich. Du und Onkel C17 habt tatsächlich geglaubt, dass man sofort heiraten muss, wenn man sich mag?“

Mit einem verlegenen Grinsen spielte C18 an der Tischdecke herum und antwortete:

„Was erwartest du? Ich war erst wenige Monate davor neun Jahre alt geworden. Die Schule hatte ich auch nur eineinhalb Jahre besucht. Da war mit Allgemeinwissen nicht viel drin.“

„Aber ihr hattet einen Fernseher, oder?“

„Nein. Der wurde der Sekte gespendet. Genau wie der Kühlschrank, die Mikrowelle, das Radio und unser Sofa.“

„Aber hast du Onkel C17 das wirklich geglaubt mit den Kindern?“

C18s rotes Gesicht nahm um noch einen Akzent zu und verlegen nickte sie, woraufhin ihre Tochter wieder anfing zu lachen. Es war einfach schwer vorzustellen, dass ihre Mutter, die für ihre knallharte Art unter den Z-Kriegern bekannt war, in ihrer Jugend so kindliche Denkweisen besessen hatte.

Das wäre ungefähr so wie wenn jemand behauptete, dass Piccolo als Baby gerne an Wachsmalstiften geknabbert hatte. Es war einfach undenkbar!

Um ihr Lachen in den Griff zu bekommen, presste sich Marron die Hand vor den Mund und forderte ihre Mutter mit der anderen auf weiter zu erzählen.

C18 wartete noch ein paar Sekunden, bis ihre Tochter einen Zustand erreicht hatte, in dem man sich nicht fühlte als ob man gegen eine Wand sprach und fuhr dann fort.
 

„Mein kleiner Bruder hatte mir also so zusagen den Krieg erklärt und zwar aus dem einfachsten Grund den es auf der Welt gibt – weil Mädchen und Jungs sich nicht ausstehen können. Ich war noch jung und einfältig und kaufte ihm das ab. Aber das waren wir alle mal. Oder muss ich dich erst an deine Kindheitsvorstellungen erinnern?“

Sofort hörte Marron auf zu lachen. Ihre Mutter spielte darauf an, dass sie als Mädchen immer gedacht hatte, dass wenn man zulange auf der Toilettenschüssel saß, sich die Spülung von alleine betätigte und einen hinabzog wenn man noch drauf saß. Schließlich war es an ihr verlegen zu schauen und sie lächelte ihrer Mutter entschuldigend zu, was diese mit einem Nicken zur Kenntnis nahm.

„Jedenfalls war ich zu einem Punkt gekommen, an dem ich beschloss mir das nicht weiter von meiner kleinen Pestbeule von Bruder gefallen zu lassen! Wenn jemand mich schlägt, schlage ich in hundert Prozent der Fälle zurück!“, meinte C18 und ein böses Lächeln huschte über ihr Gesicht. „Und ich habe zurückgeschlagen. Und wie ich zurückgeschlagen habe!“
 

Als C18s Hausarrest endlich aufgehoben wurde, fielen draußen seit Wochen die ersten Schneeflocken vom Himmel. Sie durfte davor nur hinaus, wenn es darum ging, Eduard Gülles Predigen beizuwohnen, was sie nicht unbedingt begrüßte.

Doch etwas Gutes hatte der häusliche Arrest: C18 hatte genug Zeit um über einen angemessenen Gegenschlag für ihren Bruder nachzudenken.

Das erste was sie also tat, nachdem sie nach Monaten wieder den miefigen Gestank der Straßen riechen durfte war, einen alten Bekannten aufzusuchen – P.J.
 

P.J war durch und durch ein Halunke. Jeder der ihn kannte bezeichnete ihn als Scharlatan, Sadist oder schmierigen Kriminellen. Alle drei Punkte trafen voll ins Schwarze. Trotzdem besuchte jeder P.J wenn er etwas brauchte und C18 tat das besonders gerne, weil er an ihr einen Narren gefressen hatte.

Vom ersten Augenblick an als er sie traf, fand er das kleine blonde Mädchen mit dem zierlichen Puppengesicht und den hübschen blauen Augen einfach nur niedlich. Deswegen war C18 die einzige Person die P.J niemals hereinlegen würde und er behandelte sie wie eine kleine Prinzessin.

Schließlich wurde ihre Freundschaft noch vertieft, als C18 begann, für P.J Kunden aufzutreiben, nach der Polizei Ausschau zu halten und ihm Alibis zu verschaffen, falls er festgenommen wurde. Natürlich tat sie das nicht ohne eine entsprechende Gegenleistung, schließlich bekam sie von ihren Eltern keinerlei Taschengeld und irgendwie musste sie an die Dinge heran kommen, die sie haben wollte!

Und C18 fand dass es heute an der Zeit war eine dieser Gegenleistungen einzufordern.
 

P.J wohnte in einer billigen Absteige, in einem Appartement, nicht unweit von C18s Häuserblock entfernt, dass man nur über die Feuerleiter erreichen konnte und die wiederrum konnte man nur erreichen, wenn man vorher eine dunkle Gasse durchlief. Dort stank es bestialisch nach Mäusekot, Abfällen und anderen widerlichen Sachen.

Das erste Mal als C18 diesen Weg entlang lief, hatte sie furchtbare Angst gehabt, eine Ratte könne sie anspringen. Doch mittlerweile war sie die Umgebung gewohnt und so tapste das kleine Mädchen die Gasse weiter, kletterte die Feuerleiter hinauf und verschwand hinter der Appartementtür, nachdem sie vorher noch das entsprechende Passwort gesagt hatte.
 

Knapp eine Stunde später kam C18 wieder heraus, mit einem winzigen Päckchen das zusätzlich in einer kleine Tüte abgepackt war. Sie kletterte die Feuerleiter hinab, sprang die letzten Sprossen hinunter und nachdem sie auf dem Boden ankam, warf sie noch einmal einen Blick in die Tüte hinein, bevor sie es in ihrer Hosentasche verstaute – mit einem boshaften Grinsen auf den Lippen.
 

Am Abend half C18 ihrer Mutter beim Zubereiten des Abendessen, wie sie es gewohnt war. Das heißt, eigentlich half sie nur beim Auspacken dieser ekligen Fastfood Produkte, die ihr Vater immer mitbrachte. Da sie keinen Kühlschrank mehr besaßen, gab es jeden Mittag und Abend etwas von einem anderen Schnellrestaurant.

Heute gab es mal wieder Essen von McRice.

C18 hasste den Fraß aus dieser Fastfoodkette. Das Fleisch schmeckte abscheulich, der Reis war kalt und klebrig und ersaufte regelrecht in der Soße. Es schmeckte einfach nur widerwärtig!

Doch heute wollte sie sich nicht davon die gute Laune verderben lassen. Ganz im Gegenteil! Sie konnte aus der ekligen Brühe namens Soße sogar einen Vorteil ziehen, da man alles hineinwerfen konnte und man im Endeffekt nicht erkannte, was eigentlich da drinnen herumschwamm.
 

Eine halbe Stunde später, saß die gesamte Familie im Wohnzimmer auf dem Boden, vor dem kleinen Tischchen, auf dem früher der Fernseher getrohnt hatte und aß ihr Abendessen. C.Daddy und C.Mammi unterhielten sich darüber was sie als nächstes der Gemeinde spenden wollten, während die Zwillinge schweigend vor sich hin aßen. Jedenfalls hatte C18 das vor, bis ihr Bruder die aufgeregte Debatte ihrer Eltern nutzte, um seine Schwester nebenbei etwas zu piesacken.

„Na Schwesterherz? Wie hat dir der erste Tag in Freiheit gefallen?“

„Och, ganz gut.“, gab C18 von sich und versuchte sich auf ihr Essen zu konzentrieren. Sie hatte nicht vor sich heute reizen zu lassen.

„Hast du dir wieder ein neues Püppchen bei deinen Kumpeln besorgt? Hoffentlich lässt du dir dieses Mal ein besseres Versteck einfallen.“

Ein böses Grinsen huschte über C17s Gesicht, das aber sofort verschwand als er sah, dass seine Schwester nicht reagierte.

„Was ist denn mit dir los?“

„Gar nichts,“ log C18 und beeilte sich mit dem essen.

„Lüg mich nicht an Hohlkopf! So wie du diesen Fraß verschlingst hast du doch bestimmt etwas ausgeheckt!“

„Fraß? Ich finde das Essen schmeckt heute einfach fabelhaft...“

Ihr Bruder gab einen angeekelten Laut von sich und meinte:

„Oh Mann. Jetzt drehst du total durch. So einen Mist findet kein normaler Mensch lecker.“

Angeekelt schluckte C17 die letzten Happen die auf seinem Plastikteller waren hinunter und spülte den ätzenden Nachgeschmack mit Cola weg. Dann zischte er leise:

„Kein Wunder das du dieses Zeug magst. Nur Trottel können so etwas mögen.“

„Ach halt die Klappe...“

„Oh... Ist mein Schwesterherz etwa auf dem bösen Mädchen Trip? Jetzt habe ich aber Angst.“

„Das solltest du auch Schwachkopf!“, zischte C18 böse und musste sofort Grinsen als sie sah, dass ihr Plan soeben begonnen hatte aufzugehen, was C17 allerdings noch verborgen blieb.

„Wieso? Weil meine gehirnamputierte Schwester sauer auf mich ist, weil ich ihr dummes Püppchen verschenkt habe?“

„Nein. Weil deine gehirnamputierte Schwester etwas in dein Essen gemischt haben könnte, das für dich gar nicht gut ist.“, flüsterte C18 trocken sodass es ihre Eltern nicht mitbekamen.

Für einen kurzen Augenblick schien C17 ernsthaft geschockt. Dann schaute er auf seinen Teller, grinste böse und sah seine Schwester siegessicher an.

„Das traust du dich nicht! Du bist ein viel zu großer Schisser.“

C18 hob nur provozierend eine Augenbraue und genau in dem Moment als C17 ein garstiges Kommentar abgeben wollte, um ihr das selbstgefällige Grinsen aus dem Gesicht zu wischen...

„Großer Gott!!! Kind, was ist mit deinem Gesicht los???“

Mit geweiteten Augen blickten die Eltern der Zwillinge auf C17, der unwissend zurück starrte. Dann wanderte C17s Hand zu seinem Gesicht, tastete es ab und seine Augen weiteten sich um das Zehnfache, als er spürte das seine Wangen anschwellten.

Sofort blickte er zu seiner Schwester, die stur auf ihren Teller schaute und damit zu kämpfen hatte, nicht in schallendes Gelächter auszubrechen.

Mein neues Geschwisterchen

„Du meine Güte, Mama! Was hast du Onkel denn ins Essen gemischt?“, Marron sah ihre Mutter verständnislos an, als ob sie eine Giftmischerin vor sich hätte.

C18 zuckte nur mit gleichgültigem Gesicht die Schultern und gab eine knappe Antwort: „Senfpulver.“

Kurze Zeit herrschte Stille im Raum.

Dann kommentierte Marron die Situation mit einem klugen Ausruf: „Hääää???“

„Du hast mich schon richtig verstanden“, frohlockte C18. „Bevor wir zu Cyborgs wurden, hatte dein Onkel eine üble Allergie gegen Senfpulver. Nahm er auch nur die kleinste Menge davon ein, schwoll sein Körper an wie ein nasser Schwamm.“

„Mama! Das hätte ihn umbringen können!!!“, entrüstete sich Marron.

„Hat es aber nicht! Also warum die Aufregung?“, C18 machte eine wegwerfende Bewegung mit der Hand, um die Situation herunterzuspielen. „Wenn du nur wüsstest was für eine herrliche Genugtuung dieser Moment damals für mich war! Ich werde nie vergessen, wie C17 jammernd auf dem Küchentresen saß, während meine Mutter verzweifelt versucht hat, mit Eisbeuteln die Schwellungen in seinem Gesicht zu lindern. Dieser Anblick war mein ganz persönlicher Sieg gegen ihn.“

Etwas schmunzelnd beobachtete Marron, wie ihre Mutter geradezu verträumt in Erinnerungen schwelgte. Hätte sie nicht gewusst das C18 ihr niemals etwas antun würde, wäre sie wohl mit einem ziemlich mulmigen Gefühl heute Abend zu Bett gegangen.

„Aber wozu hast du dafür die Hilfe von diesem komischen P.J gebraucht? Senfpulver bekommt man in jedem Tante-Emma-Laden!“

„Schätzchen, hast du mir bis jetzt zugehört? Meine Eltern waren jeden Tag damit beschäftigt sich auszudenken, welche Spenden sie Eduard Gülle überreichen sollten. Du glaubst doch nicht, das sie meinem Bruder und mir tatsächlich Taschengeld gaben, oder?“

Nach einer kurzen Denkpause schien Marron sich mit dieser Antwort zufrieden zugeben und nickte zustimmend, was ihre Mutter zum Anlass nahm weiterzuerzählen.

„Ich hatte also das erste Mal einen Sieg gegen meinen kleinen Bruder eingefahren. Natürlich hast du so gesehen Recht, wenn du sagst dass er dabei hätte drauf gehen können. Aber ich war noch jung und mir dieser Gefahr nicht bewusst – wahrscheinlich wäre es mir auch egal gewesen. Ich war zu diesem Zeitpunkt an einem Punkt angelangt, an dem Blut ganz und gar nicht dicker als Wasser ist.“

C18 schüttelte verneinend den Kopf. Oh nein. C17 und sie hatten damals alles andere als eine liebliche Bruder-Schwester-Beziehung geführt. Ihr Hass gegeneinander war schon so weit ausgeprägt, dass sie dem jeweils anderen zugetraut hätten, ihn im Schlaf mit einem Kissen zu ersticken. Ein Grund warum beide manchmal nächtelang wach geblieben waren.

„Zu meinem Glück und C17s Pech, schoben meine Eltern die Schuld auf die Fastfood Kette und riefen sofort dort an. Man konnte über die beiden sagen was man wollte, aber die Allergie meines Bruders nahmen sie sehr ernst wenn sie einkauften. Doch selbst als C17 mit wutverzerrtem Gesicht, zwischen seinen übergroßen angeschwollen Backen hervorpresste, dass ich Schuld an seinem Elend war, schenkten meine Eltern ihm keinen glauben und ich konnte mit einem süffisanten Lächeln dabei zusehen, wie nach zwei Stunden überall auf seinem Körper rote Stellen auftauchten, die auch noch höllisch zu jucken schienen.“

Marron gab ein komisches Quieken von sich, als ob sie etwas einwenden wollte, sich dann aber so sehr die Meinung verkniffen hatte, dass sie sich schmerzhaft auf die Zunge beißen musste. C18 ignorierte sie und fuhr fort.

„Einige Wochen nach diesem Vorfall herrschte zwischen mir und meinem Bruder Ruhe. Ich denke er war zu sehr damit beschäftigt seine Wunden zu lecken. Mir war aber von Anfang an bewusst, dass er sich etwas einfallen lassen würde, um mir meine Gemeinheit heimzuzahlen. Etwas Gutes hatte die Sache aber doch für ihn – aufgrund seines entstellten Gesichtes durfte er die nächsten Wochen zuhause bleiben, wenn wir zur Messe von Eduard Gülle gingen. Ich verstehe gar nicht warum er so wütend war, dafür hätte er mir auf Knien danken müssen! Wie dem auch sei, nach vier Wochen war C17’s Gesicht wieder ansehnlich und mein Vater hatte ihm einen Tag vor der Messe freudig mitgeteilt, dass er nun wieder den Zeremonien beiwohnen durfte. Du kannst dir wohl vorstellen, dass die Freude meines Bruders sich in Grenzen hielt. Er wirkte darüber so glücklich wie Son Goku, wenn du ihm mitteilen würdest, dass sämtliche Nahrungsmittelvorräte der Welt an Vegeta gehen. Jedenfalls möchte ich an dem Morgen ansetzen, an dem wir wieder alle gemeinsam zur Messe gingen…“
 

Kurz nach fünf Uhr Morgens fuhr C18 aus ihrem Schlaf und sah sich, mit fahrigem Blick, im kläglich eingerichteten Kinderzimmer um. Es vergingen einige Minuten, bis sie sich bewusst wurde, dass sie in den mehr oder weniger sicheren Wänden, ihres Elternhauses war.

Mit einem Seufzen ließ sie sich zurück ins Bett fallen und dachte nach, was sie so erschreckt hatte.

Es dauerte eine Weile, bis ihr der seltsame Traum einfiel, den sie zuvor hatte.

C17 und sie waren in einem großen Gebäude, mit vielen Gängen und Betten in jedem Zimmer. Sie wanderten einige Zeit umher, auf der Suche nach ihren Eltern, bis sie schließlich eine Tür öffneten, hinter der nur eine riesige Glaswand war. Dahinter standen ihre Eltern mit dem Rücken zu ihnen.

Sie klopften an die Scheibe doch es kam keine Regung. Plötzlich war C17 verschwunden und C18 stand ganz alleine da und als sie zum Ende des Flures blickte, war dort ein hässlicher, magerer, grauer Wolf. Das Fell des Tieres wirkte verfilzt und struppig. Die eiskalten Augen waren gierig und mit einem boshaften Funkeln auf sie gerichtet. Ohne jede Vorwarnung sprintete das Tier mit gebleckten gelben Zähnen auf sie los. Doch obwohl sie wusste, dass dieses Ungetüm ihr garantiert nichts Gutes wollte, blieb sie stehen – und sah dabei zu wie das Unheil auf sie zuraste.

Dann war sie aufgewacht…

C18 war nie ein Kind von großer Angst gewesen. Wenn man in einer so unsicheren Gegend wie ihrer lebte, lernte man Ängste zu unterdrücken um nachts ein Auge zuzubekommen. Doch entgegen ihrer Natur hatte sie dieser Traum geradezu aufgewühlt. Da sie keinen weiteren Schlaf fand, stand sie auf und wollte sich leise aus dem Kinderzimmer schleichen. Doch aus unerklärlichen Gründen führten sie ihre Schritte zuerst zum Bett ihres Bruders.

Etwas unsicher beugte sie sich vor um einen Blick auf ihn zu erhaschen. Von manchen Leuten behauptete man, dass sie im Schlaf ein friedliches Gesicht hatten. Auf C17 schien diese Beobachtung nicht zuzutreffen. Selbst jetzt erkannte sie eine Spur dieses fiesen Grinsens auf seinem Gesicht, wenn auch in abgeschwächter Form.

Wahrscheinlich träumte er davon, wie er mit einer Kanone auf einem Schießübungsplatz stand, während die Zielscheiben alle das Gesicht eines Familienmitgliedes besaßen. Bei diesem Gedanken musste C18 schmunzeln und sie verließ den Raum um ins Badezimmer zu gehen.
 

Kaum hatte sie die Kinderzimmertür leise hinter sich geschlossen, nahm sie einen ekligen Laut war. Jemand übergab sich, dass war unverkennbar.

Neugierig spähte sie durch die kleine Wohnung und ihr Blick blieb an der Badezimmertür hängen, hinter der sie Stimmen vernahm. Langsam trat C18 näher heran und spähte durch das Schlüsselloch.

Was sie dahinter sah ließ sie, für einen kurzen Augenblick, skeptisch eine Augenbraue hochziehen. Ihre Mutter kauerte mit dem Rücken zu ihr, vor der Toilettenschüssel und kotzte sich scheinbar die Seele aus dem Leib. Dahinter schritt ihr Vater auf und ab, kniete sich manchmal zu ihr hinunter um ihr über den Rücken zu streicheln, stand dann wieder auf um wieder hilflos umher zu schreiten. Dabei sprach er manchmal sanft auf ihre Mutter ein.

„Verzage nicht, mein kleiner Engel! Noch einpaar Monate dann hast du es überstanden…“

„Du hast gut reden, “ fauchte C18’s Mutter und ein weiterer Brechschwall quoll aus ihr hervor. „Du musst ja nicht jeden morgen zur Toilette rennen. Als ob diese ganze Tortur nicht bei den Zwillingen schlimm genug gewesen ist, jetzt muss ich das alles noch mal durchmachen.“

Entnervt drückte sie die Klospülung um den unangenehmen Inhalt fortzuspülen.

„Aber Liebes, du wirst doch jetzt nicht depressiv, oder mein kleiner Engel?“ Ihr Vater kniete sich neben ihre Mutter und streichelte ihr den Rücken hinab, der daraufhin ein wohliges Seufzen entwich. C18 war erstaunt über diese Zärtlichkeiten. Ihre Eltern wirkten in diesem Moment so normal, wie alle anderen Menschen auf der Welt, fast schon einwenig liebenswürdig. Doch irgendwie störte sie dabei der Gedanke, dass C17 und sie niemals solche netten Gesten von den beiden erfuhren. Nicht das sie ein nach Liebenswürdigkeiten lechzender Pudel war, doch das einzige Mal wenn ihre Eltern mit ihnen sprachen war, wenn es sich um die neuen Regeln der Sekte, in der lokalen Mitgliederzeitschrift „Eduard rocks“ drehte. Irgendwie merkte C18 in diesem Moment, dass etwas zwischen ihr und ihren Eltern falsch lief.

Ratlos zählte sie an einer Hand ab worin das Problem bestand. Schläge? Nein. Ihre Eltern verwendeten zwar ausgefallene Methoden um C17 und sie zu bestrafen, aber nie hatten sie die Hand erhoben. Eigentlich war das schon mal ein Zeichen für eine gute elterliche Beziehung. Alkohol? Auch nicht, dass verbaten die Regeln der Sekte. Die Sekte? Ja, da könnte ein Problem bestehen, allerdings war das ganze Getue um die Religion mehr lästig als problematisch.

Also was lief falsch?

C18 hätte noch einige Zeit darüber nachdenken können, hätten die nächsten Worte ihres Vaters sie nicht hellhörig werden lassen.

„Weißt du Schatz“, begann ihr Vater, stand auf und half ihrer Mutter beim aufstehen. „Ich glaube es wird Zeit den Zwillingen zu sagen, dass wir bald Nachwuchs bekommen. Sie sind wohl alt genug um endlich damit konfrontiert zu werden.“

„Da hast du wohl recht“, seufzte ihre Mutter und schritt aus C18s Sichtfeld. Wahrscheinlich wollte sie sich nach dieser Kotztirade die Zähne putzen und stand jetzt beim Waschbecken. „Aber wie wollen wir den anderen beiden erklären, wie dieser Nachwuchs zustande gekommen ist?“

„Tja, wo die Babys herkommen, müssen wir ihnen früher oder später sowieso sagen. Vor allem unserer Tochter, dass Mädchen scheint mir ziemlich zurückgeblieben.“

Hinter der Tür prustete C18 wütend die Wangen auf.

„Gut“, meinte C18s Mutter. „Dann übernimmst du das aber.“

„Wieso ich???“, entfuhr es ihrem Mann.

„Erstens, weil ich schon genug geplagt bin mit dem kleinen Wicht der in meinem Bauch heranwächst. Zweitens, will ich nicht erklären, warum Kinder ausgerechnet durch… durch… naja, du weißt schon, durch Sex entstehen. Und drittens…“ Plötzlich merkte man förmlich wie in dem kleinen Badezimmer die Stimmung ernsthaft wurde. Ihre Mutter trat wieder in C18s Sichtfeld und hielt sich den Bauch, der eine kleine Rundung aufwies. „Als wir die Zwillinge bekommen haben, war ich gerade Mal sechzehn Jahre alt. Wir waren selber noch halbe Kinder und wurden von unseren Eltern, wegen einer kleinen Unachtsamkeit beim Sex, rausgeschmissen. Ich kann tun und lassen was ich will, aber diese Kinder kann ich einfach nicht so lieben wie ich unser Ungeborenes liebe. Sie waren mir schon seit dem ersten Tag lästig, als ich sie in den Armen hielt. Das ständige weinen, füttern, Windeln wechseln! Ich bin schon froh, wenn ich einen Tag lang nicht mit ihnen reden muss! Ich kann nur hoffen, dass aus ihnen gute Mitglieder unserer Gemeinde werden, aber dieses Kind hier, “ sie tippte sich stolz auf den Bauch, „ dieses Kind ist anders, weil es gewollt ist! Ich werde es mit so viel Zuneigung und Liebe überschütten wie möglich.“

Plötzlich wusste C18 was sie vermisste…
 


 

Die letzten Stunden bis zur Messe erlebte C18 wie in Trance. Nachdem sie das Gespräch ihrer Eltern belauscht hatte, war sie zurück in ihr Zimmer gegangen und hatte sich in ihr Bett gelegt. Dort lag sie einige Zeit wach und dachte über das gehörte nach, bis ihre Mutter ins Zimmer kam, um sie zu wecken.

Wie gewöhnlich übernahm sie den Part ihre Tochter anzukleiden, während C17 bei seinem Vater war. Dabei fühlte C18 bei jeder Berührung ihrer Mutter ein komisches Gefühl aufkommen. Wut? Oder sogar Hass?

Plötzlich war ihr so, als ob sie aus jeder Geste ihrer Mutter, die Abneigung gegen ihr Kind las.

Kämmte sie C18s Haare immer so grob, weil sie wütend über ihre versäumte Jugend war?

Ignorierte sie ihre Einwände, die sie gegen die hässlichen Rüschchenkleider einwarf, weil ihre Kinder sie nervten?

Am Ende dieser Tortur, hielt C18s Mutter ihr einen Handspiegel vor und trällerte in ihrer üblichen Manier: „Habe ich nicht eine hübsche Tochter?“

C18 sah in den Spiegel und fand das sie scheußlich aussah. Ihre Mutter hatte ihr noch Rouge auf die Wangen gepfeffert, was ihr den Anblick einer kleinenwüchsigen Prostituierten verlieh und die Haare zu zwei hässlichen Bergmädchenzöpfchen geflochten.

Genauso gut hätte sie auch sagen können: „Sieh mal? Habe ich dich nicht wunderschön verschandelt? Das ist dafür das du MEINE Jugend verschandelt hast!“
 

Nur der Anblick von C17 schien schlimmer zu sein. Als C18 mit ihrer Mutter aus dem Kinderzimmer trat, saß der Junge auf einer Kommode vor einem Spiegel, hatte die Augenbrauen tief ins Gesicht gezogen, die Arme mit verbissenem Gesicht verschränkt und sein Vater schmierte ihm Fett in die Haare, damit sie besser lagen und glänzten. C18 konnte nicht anders als laut loszulachen und zusagen: „Gott siehst du blöd aus!!!“

„Wenigstens sieht man mir meine spätere Berufswahl nicht an…“, zischte C17 böse und C18 fühlte sich mit dem Prostituierten Rouge noch unwohler als zuvor schon.
 

Zwei Stunden später saß die Familie im überfüllten Gemeindeschuppen und kniete vor Eduard Gülle, der seine übliche Predigt über den Weltfrieden, Spendengelder und ein Leben ohne materielle Werte hielt. Doch entgegen der letzten Messen, schien C18 heute noch unkonzentrierter und desinteressiert als sonst zu sein. Ihre Gedanken drehten sich immer noch um das Gespräch ihrer Eltern und ab und an, ertappte sie sich dabei, wie sie zum kaum erkennbaren Bauch ihrer Mutter schielte.

Dieses Baby versprach Ärger. Nicht nur das C17 aus allen Wolken fallen würde, wenn er erfuhr, dass Kinder durch Sex entstehen und dann in Muttis Bauch landen. Was das war wusste C18 spätestens durch P.J und sie war sich fast sicher, dass ihr kleiner Bruder ebenfalls schon eine Vorstellung davon hatte.

Nein. Nicht das Thema Sex bereitete ihr sorgen, sondern das ihre Eltern diesem Kind, von vorne herein mehr geben würden, als die Zwillinge jemals erhalten hatten – und würden!
 

Sie wusste dass es falsch war, doch sie begann das Kind zu hassen, noch bevor es auf der Welt war. Vielleicht hätten ihre Eltern irgendwann gelernt sie zu lieben, wenn sie einfach noch etwas Zeit mit ihnen allein verbrachten.

Doch dieses Kind würde zu Eifersüchteleien unter den Geschwistern führen, falls es wirklich so mit Zuneigung und Liebe überschüttet werden würde, wie ihre Mutter es sich vorstellte und da es jetzt schon das Liebling der Eltern zu sein schien, würden C18 und ihr Bruder immer den Kürzeren ziehen.

„Hey du!“

Abrupt wurde C18 aus ihren Gedanken gerissen, als jemand sie grob in den Rücken piekste, woraufhin sie sich irritiert umsah. Hinter ihr saß ein altes, zahnloses Weib, die mit einem Bein schon längst im Grabe zu stehen schien.

„Hey du, “ wiederholte die alte Frau, „wo ist dein Bruder?“

„Woher soll ich das wissen“, gab C18 trotzig von sich. „Hey-du, hat außerdem einen Namen!“

„Tut mir leid, Kleines. Mein Gehirn konnte sich Namen schon mal besser merken. Wie heißt du noch mal?“

„Ich heiße…“

„Liebes, geh doch bitte deinen Bruder suchen“, flüsterte C18s Mutter ihr zu, die schon die Nase gerümpft hatte, weil die alte Frau mitten in der Messe gemeint hatte, ein Plauschchen mit ihrer Tochter anzufangen. C18 gab ein genervtes Stöhnen von sich, erhob sich dann aber doch, da die kniende Haltung nach einer dreiviertel Stunde schmerzhaft wurde und drängte sich zum Ausgang des Schuppens.
 

Wäre C18 an diesem Morgen nicht so beschäftigt mit ihren eigenen Gedanken gewesen, hätte sie sich wohl gefragt, weshalb ihr Bruder sich von der Messe geschlichen hatte. Sie wäre nicht blindlings drauflos gelaufen und hätte sich gedacht, dass etwas nicht stimmte.

Doch als sie den ersten Schritt, über die Schwelle des Gemeindeschuppen, hinaus ins Freie setzte, sich fragend was die Zukunft mit dem Baby wohl mit sich bringen würde, wusste sie schon das es zu spät war…

PLATSCH

Plötzlich stand C18 wie erstarrt da, als sie eine unangenehme kalte Masse auf ihrem Körper spürte, der ihr eine Gänsehaut bereitete. Ein widerlicher beißender Gestank, der ihr die Tränen in die Augen trieb, breitete sich um sie aus und fassungslos sah sie an sich herunter.

Klumpenweiße war sie mit einer ekligen braunen Masse bedeckt, die zum Teil aber noch so flüssig war, dass sie sich in ihr Kleid sog. Die Feuchtigkeit fraß sich durch den Stoff, erschwerte ihn und sie spürte sie selbst auf der Haut ihres Unterhemds.

„Was- Was ist das???“, schrie C18 mit einer untypischen schrillen Stimme.

„Gülle, liebes Schwesterchen“, ertönte es über ihr. Mit weit aufgerissenen Augen, blickte C18 auf das niedrige Dach des Gemeindeschuppens, wo ihr Bruder mit einem Eimer saß und selbstgefällig auf sie hinunter feixte.

Mein Pyrrhussieg

Nachdem C18 von ihrem Bruder mit Gülle überschüttet wurde, war der erste Gedanke der in ihrem Kopf herumspukte: „Wo ist der nächste Waffenladen?!“

Der zweite Gedanke war: „Der dicke Stein auf dem Boden tut’s auch!“
 

Zwei Sekunden später hatte sie ihrem Bruder einen dreckigen Steinklumpen gegen den Kopf geworfen und das war noch nicht alles! Als C17 daraufhin mit einem wütenden Schmerzensschrei vom Dach des Gemeindeschuppens fiel, stürzte sich C18 sofort auf ihn und sie verpasste ihm die Trachtprügel seines Lebens. Natürlich musste sie dabei auch einiges einstecken, doch in ihrer Raserei bekam sie nicht einmal ihre aufgeschürften Wangen und Lippen mit.

Um die kämpfenden Zwillinge hatte sich nach kürzester Zeit eine Meute sensationsgeiler Sektenmitglieder gesammelt, die tuschelnd und kichernd auf die beiden Kinder zeigten.

Ob man es glaubte oder nicht: Einige Leute beneideten die Eltern der Zwillinge um ihre Stellung in der Sekte und so war dieses absolute Fehlverhalten, der beiden Sprösslinge, ein gefundenes Fressen für sie.

Es verging nicht viel Zeit und das Treiben vor dem Schuppen wurde auch im Inneren des schäbigen Bauwerkes registriert. Selbst die Mutter der Zwillinge, die wie verbissen versuchte sich auf die Predigt ihres geliebten Eduard Gülle zu konzentrieren, wurde sofort aufmerksam, als der Name ihrer Kinder von den hinteren Rängen in die vorderen geflüstert wurde.

Irritiert blickte sie zu ihrem Mann, der weit hinten in einer Ecke des Raumes stand und sich versuchte, durch die Menschenmenge ins Freie zu drängen.
 

Währenddessen erreichte das Gerangel draußen ein höheres Niveau. Plötzlich flogen nicht nur die Fäuste zwischen den Zwillingen sondern alles, was sie zwischen ihre Finger bekamen. Zwei Minuten später fand der erste Stein, der nur knapp C18 verfehlte, seinen Weg durch die Glasscheiben des Gemeindeschuppens ins Innere des Gebäudes.

C18 wollte gerade den Eimer, den C17 benutzt hatte um sie mit Gülle zu überschütten, nach ihrem Bruder schmeißen, als jemand grob ihren Arm festhielt, was zur Folge hatte, dass C17 die Gelegenheit nutzte um ihr eine Ladung Dreck ins Gesicht zu werfen.

„Was zum Teufel der kapitalistischen Märkte ist hier los?!“, donnerte der Vater der Zwillinge.

Sofort sprudelten beide Kinder mit ihren Beschuldigungen los.

„Er hat mich mit Gülle überschüttet!“

„Sie hat mir Senf in mein Essen gemischt!“

„Er hat meine Puppe gespendet!“

„Sie hat mir einen Stein gegen den Kopf geworfen!“
 

Jeder Vater der in einer solchen Situation war, müsste wissen wie unangenehm es ist, so etwas vor den Augen der Öffentlichkeit zu klären. Deswegen wäre es in einem solchen Moment wichtig, die richtige Lösung für ein derartiges Problem zu finden. Allerdings hätte C18s Vater nie ahnen können, was eine falsche Entscheidung für fatale Folgen hatte – und er traf die Falsche!

„Tochter! Du bist ein Mädchen und solltest dich den Regeln unserer Sekte entsprechend verhalten.“

C17 gab ein siegreiches Lachen von sich und streckte ihr die Zunge heraus und in diesem Moment geschah das, was wohl irgendwann hätte kommen müssen…
 

„Was ist passiert???“, hakte Marron aufgeregt nach und stopfte sich einen Keks in den Mund. Seid dem Anfang der Erzählungen ihrer Mutter war der Küchentisch zu einer Müllhalde herangereift.

C18 hatte sich mittlerweile eine Tasse warmes Wasser abgeschöpft und tunkte mehrmals einen Teebeutel hinein.

„Na was denn wohl? Ich bin total ausgeflippt! Ich habe meinen Vater vor versammelter Mannschaft angebrüllt.“

„Was hast du ihm gesagt?“

„Oh vieles, “ meinte C18 und nippte an ihrer Tasse. „Vieles was ich zuvor schon viel früher hätte sagen sollen! Ich machte ihn fertig. Es gab keine Tabuthemen mehr! Ich sagte ihm, dass er und Mutter als Eltern versagt hatten. Das sie all die Jahre, viel mehr damit beschäftigt gewesen waren, sich in Selbstmitleid zu baden und Geborgenheit in einer blöden Sekte nach der anderen zu suchen, statt ihre Kinder angemessen zu behandeln. Ich räumte ein, dass ich gehört hatte, was mein Vater und meine Mutter im Badezimmer besprochen hatten. Du hättest mal die geschockten Uh-Ausrufe der Menge hören sollen, als ich an die Stelle mit meiner Mutter kam. Mein Bruder hatte daraufhin auch ziemlich verwirrt dreingeschaut. Ich weiß nicht ob es wegen der Aussicht auf Nachwuchs war oder weil es ihn entsetzte, dass meine Mutter zugegeben hatte, dass sie uns nicht lieben könne, weil wir ihr lästig seien.“

„Hat Opa nichts gesagt?“, fragte Marron erstaunt und wieder wanderte ein Keks in ihren Rachen.

„Er hatte gar keine Chance dazu. Ich ließ natürlich meinen Bruder auch nicht als Unschuldslamm stehen. C17 hatte einige Male vor mir gesagt, was er von meinen Eltern dachte. Das sie Schwachköpfe seien…. Er auch gut auf sie verzichten könne und so weiter…

Aber was ich vor allem Dingen ansprach und das löste wirklich ein wütendes Tohuwabohu um mich herum aus, war was ich von Eduard Gülle und seiner blöden Sekte hielt. Ich gab offen zu, dass ich ihn für einen raffgierigen Scharlatan hielt, deutete auf seine protzige Limousine und sagte, dass für mich ein Leben ohne materielle Werte anders aussah und nur Idioten so dumm wären diesem Mann zu trauen. Um dem ganzen noch das I-Tüpfelchen zu verpassen, schmiss ich am Ende meiner Rede, den Eimer gegen die Frontscheibe des protzigen Gefährtes…“

„Wow Mama!“, Marron klatschte begeistert Beifall. „Wie alt warst du damals? Neuneinhalb? Und du konntest schon damals so genial auf die Pauke hauen?“

C18 grinste. Sie war später selbst überrascht gewesen, wie sie mit dem Wortschatz einer Neunjährigen, so gut die Erwachsenenwelt zum Schweigen bringen konnte. So einige Leute hatten ihr so eine standhafte Meinung nicht zugetraut, allem voran C17, der damals nur verblüfft eine Kiefernstarre bekommen hatte.

„Nach dieser Sache muss sich doch einiges geändert haben bei euch zuhause, oder?“

Abrupt verschwand das Grinsen aus C18s Gesicht und ihre Stimmung wurde wieder Ernst. Plötzlich war jeglicher Stolz von ihrer Tat, aus ihrem Gesicht verschwunden und machte einem verbitterten Ausdruck Platz.

„Geändert hat sich tatsächlich einiges.“ C18 nippte an ihrem Tee und Marron bemerkte ein leichtes Zittern an ihren Händen. Als ihre Mutter die Tasse ablegte, sah sie etwas verloren in den Inhalt und fuhr fort. „Das ich meinem Vater die Meinung nach all den Jahren ins Gesicht gesagt habe, ist etwas das ich nie bereuen werde. Nur der Augenblick… Der hätte wahrlich besser sein können. Ich hatte mich so hineingeredet, so gesteigert in meine Wut, dass ich nicht bemerkt hatte das Eduard Gülle und meine Mutter auch hinausgetreten waren. Beide hatten mit angehört, was ich gesagt hatte und ich glaube so viel Schande an einem Tag… dass war für meine schwangere Mutter zuviel.“
 

Nach dem Vorfall bei der Messe war C18s Mutter in Ohnmacht gefallen. Der Krankenwagen musste die schwangere Frau holen und ihr kreidebleicher Vater, hatte den beiden Zwillingen aufgetragen nachhause zu gehen, bevor er in das Gefährt dazu stieg. C18 hatte zwar nicht mehr vor, sich weiterhin noch etwas von ihrem Vater sagen zu lassen, doch angesichts der Umstände, lenkte sie ein und folgte der Aufforderung. Sie wollte sowieso aus den schmutzigen Klamotten raus.

Zuhause angekommen war das Erste was sie tat, sich von dem stinkenden Kleid zu befreien und unter die Dusche zu springen, wo sie sich mit so viel Schaum einseifte wie möglich.

Den Rest des Tages verbrachte C18 damit ihrem Bruder aus dem Weg zu gehen oder sich etwas zu Essen zu machen.

Nach vier Stunden waren ihre Eltern nicht zurückgekommen und weitere Stunden vergingen, in denen C18 zum Zeitvertreib aus dem Wohnzimmerfenster starrte. Dabei ignorierte C18 bewusst ihren Bruder der ab und zu hinter ihrem Rücken umher schlich.
 

Es verstrichen weitere Stunden und die Dämmerung brach herein, doch die Eltern der beiden Zwillinge blieben immer noch fern, was C18 doch etwas beunruhigte. Sie wusste das ihr Verhalten Konsequenzen mit sich bringen würde, doch obwohl sie noch so jung war, brachte sie etwas auf, dass manche Erwachsene ihr Leben lang nicht schafften – den Mut einer Sache ins Auge zu blicken.

Plötzlich spürte C18 eine Regung neben sich. Kurz blickte sie zu ihrer Rechten, wo ihr Bruder sich neben sie an die Wand gelehnt hatte.

„Die Alten bleiben ja ziemlich lange weg.“

C18 gab nur ein kurzes Nicken von sich, ging aber nicht weiter auf ihn ein. Stattdessen fuhr sie fort ihren Bruder zu ignorieren und weiterhin aus dem Fenster zu starren, obwohl das einzige interessante draußen nur ein Streuner, der gegen eine Laterne pinkelte, war.

Das dieser Idiot überhaupt noch die Nerven besaß sie anzusprechen, ließ wieder Wut in ihr aufkommen und sie hätte ihm zu gerne einen Ziegelstein gegen den Kopf gescheuert. Doch stattdessen sprach C17 weiter:

„Du glaubst doch nicht allen Ernst, dass die beiden dein Geplapper von vorhin auf die leichte Schulter nehmen?“

Hörten diese Sticheleien denn nie auf?

„Stell dir vor, dass ist mir durchaus klar, “ fauchte C18. „Aber im Gegensatz zu dir, habe ich wenigstens genug Mumm in den Knochen, um mich zu wehren, während du Feigling kneifst.“

Mit einer wohligen Genugtuung registrierte sie, die aufsteigende Zornesröte im Gesicht ihres Bruders und fuhr fort.

„Das Einzige das dich doch ankotzt, ist das ich Mama und Papa auch gesagt habe, was du für eine hinterhältige Ratte bist…“

„Diese hinterhältige Ratte wird bald ein Einzelkind sein, wenn du so weiter machst!“

„Überall ist es besser als in diesem miefigen Kabuff!“ C18 machte eine ausladende Bewegung in den Raum. „Sie dir dieses Rattenloch an! Zu dir passt es vielleicht, aber ich will nicht mein Leben lang in so einer billigen Absteige verbringen… „

„Glaubst du allen ernstes ich will das!!!“, schrie C17 sie plötzlich an, was C18 doch erstaunt eine Augenbraue in die Höhe schießen ließ. Ihr Bruder sah sie mit einem wütenden Funkeln in den Augen an und vielleicht hätte C18 erfahren, dass sie beide in dieser Hinsicht mehr gemeinsam hatten, als sie dachten, wäre nicht die Tür zur Wohnung aufgeschlossen worden.
 

Herein trat ihr Vater mit einem teilnahmslosen Gesicht und stumpfen Blick. Schon in diesem Augenblick wusste C18, dass etwas Schlimmes passiert war. Keines der beiden Kinder traute sich etwas zusagen, geschweige denn sich zu rühren, stattdessen beobachteten sie wie ihr Vater in die Küche trat und sich ein Glas Wasser die Kehle runterspülte.

C18 wusste nicht, ob sie es sich einbildete, doch ihr Vater hatte einen starken Geruch von Alkohol mit in die Wohnung gebracht und auch C17 schien das nicht entgangen zu sein, denn er sah skeptisch zu ihm hinüber.

Vorsichtig näherten sich die beiden Kinder der Küchentür und spähten zu ihrem Vater, der sich das kühle Glas an die Stirn setzte.

„Wie geht es Mama?“, fragte C18.

„Sie wird die nächsten Wochen im Krankenhaus bleiben“, kam es von ihrem Vater.

„Warum? Was hat sie denn?“, wollte C17 wissen.

Plötzlich knallte ihr Vater das Glas so hart auf den Küchentresen, das es dabei zu Bruch ging und er sich die Hand aufschnitt. Fluchend ging er zur Spüle, drehte den Wasserhahn auf und hielt die Verletzung unter den Wasserstrahl. Da C18 wusste wie hilflos ihr Vater in der Küche war, wenn er ein Handtuch in den Schubladen suchte, kramte sie ihm eines heraus und reichte es ihm. Mit einer ernsten Miene riss er es aus ihrer Hand, band es sich um seine Verletzung und fuhr C17 an:

„Was deine Mutter hat? Das fragst du noch so blöd?! Deine Mutter war schwanger! Weißt du überhaupt was das ist? Nicht der Storch bringt die Kinder, wenn Mama und Papa Sex haben, dadurch kommen die Kinder!“

C18 wurde unruhig. Ihr Vater plapperte so schnell und in einem Ton, den sie nicht gewohnt war – aggressiv und streitlustig.

„Und wenn die Frau schwanger ist dann ist das Baby in ihrem Bauch und wächst! So seid ihr tollen Produkte auch auf die Welt gekommen!“, meinte ihr Vater in einem sarkastischen Tonfall. C17 zog die Augenbrauen tief ins Gesicht. Man sah ihm an, dass es ihm nicht gefiel, als „Produkt“ bezeichnet zu werden.

„Und warum ist Mama jetzt im Krankenhaus?“, presste er hervor. „Kommt das Baby etwa schon?“

„Sie hat das Baby verloren!!!“, brüllte ihr Vater und die Zwillinge fuhren erschrocken zurück. Das Gesicht ihres Erzeugers war eine Fratze der Wut. Nichts schien mehr an den streudoofen Mann von zuvor zu erinnern. C18 hatte sich immer gewünscht, dass ihr Vater sie nicht wie ein dummes Kleinkind behandelte.

Bisher schien bei ihren Eltern immer das Motto zu herrschen: „Kinder soll man sehen, nicht hören!“ Doch auf einmal beantwortete er ihre Fragen, redete mit ihnen – aber schrie sie dabei auch noch an! Plötzlich war sie sich nicht sicher, ob es ihr zuvor doch nicht besser ergangen war. Zornesröte lag in seinem Gesicht, als ihr Vater sich an den Scherbenhaufen machte und ihn wegräumte.

„Aber nein! Das ist ja nicht genug… “ murmelte er vor sich her. „Ihr musstet uns vor Eduard Gülle und der ehrwürdigen Gemeinde blamieren. Kurz nachdem eure Mutter das Kind verloren hat, kam eines der Gemeindemitglieder ins Krankenzimmer und teilte uns mit, dass wir fristlos aus unserem Posten enthoben und wir nicht länger bei den Messen erwünscht sind.“

„So wie ich euch beide kenne werdet ihr wieder auf die nächstbeste Sekte reinfallen. Also Schwamm drüber, “ gab C17 giftig von sich und lehnte sich an den Türrahmen. „Eduard Gülle war ein Idiot. Da muss ich meiner dummen Schwester leider Recht geben. Früher oder später hätte er diese Familie in den Ruin getrieben…“

„… falls man uns als Familie bezeichnen kann“, beendete C18 den Satz in ihrem Kopf.
 

Was sie nicht wusste war, dass auch ihr Vater diesen Gedanken hatte. Er warf die Scherben vom Küchentresen in den Mülleimer, klatschte sich nach getaner Arbeit in die Hände und drehte sich anschließend zu den Zwillingen um.

Kurze Zeit herrschte Stille als er beide musterte, dann zog er seine Augenbrauen tief ins Gesicht und sagte:

„Ihr beide seid fast zehn Jahre alt. Ich denke ihr werdet alleine zurechtkommen, wenn ihr eure Eltern für solche Idioten haltet.“

Stille.

Beide Kinder sahen zu ihrem Vater, dann zueinander und schließlich wieder zurück.

„Wie meinst du das Papa?“ fragte C18.

„Ich will euch in zehn Minuten aus meinem Haus haben! Und wagt es nie wieder eurer Mutter und mir unter die Augen zu kommen...“

Mein lieber kleiner Bruder

„Nein“, hauchte Marron und sah fassungslos zu ihrer Mutter. „Er… Opa hat euch tatsächlich rausgeschmissen?“

C18 nickte nur stumm und nahm einen weiteren Schluck aus ihrer Tasse.

„Aber das konnte er doch nicht machen!!!“, stieß ihre Tochter wütend hervor. „Du und Onkel, ihr ward doch erst zehn… nicht einmal zehn!“

„Ich weiß“

„Warum hat er das dann getan?! Das ist doch… Er kann doch nicht.“ Marrons Hände fuhren aufgebracht durch die Gegend und sie schien etwas zu suchen, an dem sie ihre Entrüstung ausleben konnte. „Das gibt es doch nicht! Wie konnte er nur! Was habt ihr unternommen dagegen? Habt ihr ihm eine gescheuert? Ihm irgendetwas in der Wohnung zertrümmert? Was habt ihr getan???“

„Wir haben unsere Sachen gepackt und sind gegangen“, gab C18 monoton von sich.

„Aber Mama…“

„Marron, was willst du von mir hören? Das ich eine Ki-Blastkaskade auf ihn abgefeuert habe? Weder ich, noch mein Bruder waren damals Cyborgs! Wir waren Kinder. Hilflose kleine Kinder, die auf ihre Eltern angewiesen waren…“

„Aber ich verstehe es nicht“, fuhr Marron entrüstet fort. „Genau deswegen durfte Großvater euch so etwas doch nicht antun!“

„Meine Kleine“, sagte C18 sanft und schüttelte den Kopf ob dieser Naivität. „Du kannst das nicht verstehen, weil du einen Vater wie Krilin hast. Hätte dein Vater, in einer vollkommen verqueren Welt, dir so etwas angetan, würde er ein Leben in jahrelanger Selbstgeißelung führen. Mein Vater, nein, meine Eltern waren anders!“

Marron sah bedrückt zu ihrer Mutter und wischte sich eine Träne aus dem Auge, die in ihrer verzweifelten Wut hervorgetreten war. Gleichzeitig schimpfte sie sich eine Närrin. Wie konnte sie nur immer vergessen, dass ihre Mutter nicht immer diese knallharte Cyborgbraut war?

„Wie ging es mit euch beiden weiter?“

Zu Marrons Überraschung lachte C18 heiter auf.

„Mit uns beiden? Du meinst wohl wie es mit mir weiterging! Nachdem mein Bruder und ich rausgeschmissen wurden, war das erste das wir taten, uns vor der Haustür zu unserem Wohnblock gegenseitig die Schuld für diese Misere zu geben. Es fielen einige böse Worte zwischen uns und wir wollten uns gegenseitig nie wieder unter die Augen treten.“

„Und das hat scheinbar nicht geklappt“, sagte Marron trocken.

„Nicht im geringsten“, kicherte C18. „Ich kam einige Zeit bei P.J unter. Doch das Leben dort war die Hölle! Fast jeden zweiten Tag stand ein Drogendealer oder eine Polizeirazzia an der Tagesordnung. Ich war ja schon viele Kriminelle gewöhnt, aber korrupte Polizisten und bettelnde Junkies waren selbst für mich zu viel. Außerdem wechselte der Gute ziemlich oft seine Liebschaften, weswegen des Öfteren eine seiner Femme Fatale hysterisch gegen die Appartmenttür donnerte, weil sie herausgefunden hatte, dass P.J nebenbei noch mit einer anderen Dame etwas laufen hatte. Als dann eine dieser Frauen total heulend zusammenbrach, als ich einmal die Wohnungstür öffnete und zwischen Schluchzern hervorstieß, dass sie nicht fasse das P.J eine Tochter habe, war das Fass für mich übergelaufen! Ich packte meine Sachen und suchte nach einer anderen Unterkunft…“

„Wie hast du dich über Wasser gehalten?“

„Mehr schlecht als recht. Hauptsächlich durch Taschendieberei oder als gekauftes Alibi für Mordfälle.“

„Großer Gott!!! Das ist illegal!“

„Natürlich war es das. Wie alles in meinem Wohnviertel! Würde es dir besser gefallen, wenn ich mich prostituiert hätte?“

Marron riss die Augen auf und hielt sich die Hand vor den Mund. Das war ein Tabuthema über das man in ihrer kleinen Welt nicht sprach. Krilin und C18 hatten sich immer bemüht, solche Dinge von dem Mädchen fernzuhalten. Deshalb bereute sie ihre Worte auch sogleich, doch sie waren C18 in ihrem Trotz einfach so herausgerutscht.

„Entschuldige, wo war ich stehengeblieben?“, fragte C18 in einem etwas sanfteren Ton.

„Bei.. du…“, Marron schien tatsächlich um Fassung zu ringen. „Du bist von P.J fortgegangen.“

„Richtig.“ C18 überlegte kurz wo sie ansetzen sollte. Die Einzelheiten über die Wochen allein auf den Straßen von Big City, wollte sie ihrer Tochter ersparen. Sie schien schon allein bei dem Gedanken von kriminellen Machenschaften einen Herzstillstand zu bekommen. Kurz zweifelte C18 daran, ob ihre Tochter den Rest ihres Lebens auch noch hören sollte. Natürlich gab es auch sehr schöne Momente – Krilin war ein sehr gutes Beispiel.

Doch bei Dr. Gero war so gut wie alles illegal gewesen. Dieser Mann konnte nicht einmal auf die Toilette gehen, ohne wenigstens einen kriminellen Gedanken zu haben, geschweige denn die Zähne putzen. Seine übelsten Pläne waren ihm tatsächlich dabei eingefallen.

Deswegen hatte C17 in einem seiner sarkastischen Momente die Vermutung geäußert, dass der durchgeknallte Professor alles was mit Zahnhygiene zu tun hatte, wohl so sehr hassen musste, dass er seinen Unmut darüber in bösen Erfindungen äußerte.

Als sie an ihren Bruder dachte wusste C18 wo sie weitererzählen konnte.

„Nach einem Jahr, ich war gerade dabei in eine zur Zeit unbewohnte Wohnung einzubrechen, trafen C17 und ich wieder aufeinander. Wie sich zeigte hatte er denselben Einfall gehabt wie ich. Um irgendwo zu übernachten brach auch er seid Monaten in Wohnungen ein, die zurzeit leerstehend oder die Mieter gerade auf Reisen waren und ausgerechnet in mein Objekt der Begierde wollte auch er einsteigen. Wie es der Zufall auch noch wollte, herrschte an diesem Abend ein übles Gewitter und da keiner von uns beiden Lust hatte, in diesem Sturm noch einmal rauszugehen, nahmen wir uns vor, die restlichen Stunden wohl oder übel miteinander zu verbringen. Zuerst wollten wir nur das Nötigste sprechen, doch nach einer Weile siegte doch unsere Neugier und wir erzählten, wie es uns in den letzen Monaten ergangen war. Ich weiß es ist gemein, aber ich war doch froh, dass es meinem Bruder auch nicht besser als mir ging. Zwischen Geschwistern herrscht manchmal eben doch eine gewisse Konkurrenz. Treffende Beispiele gibt es in deiner unmittelbaren Umgebung.“

C18 grinste und auch Marron verstand die Anspielung. Der Herr der Schildkröten konnte es bis heute nicht verkraften, dass seine Schwester durch ihre Wahrsagerei zu einigen Millionen gekommen war, während er auf einer kleinen Insel versauerte – die sie ihm zum Geburtstag geschenkt hatte, wohlgemerkt! Marron konnte über die Tatsache, dass der alte Tattergreis sich obszön über seine Schwester äußerte, dann aber doch immer kleinlaut seine Stromrechnung von ihr zahlen ließ, nur schmunzeln.

„Nach einer recht normalen Unterhaltung kamen wir schließlich auch auf unsere Eltern zu sprechen und wir mussten uns eingestehen, dass uns die elterlichen Vierwände fehlten. Sitzt man erst einmal auf der Straße, lernt man so einiges zu schätzen das man früher besaß. Unsere Eltern hatten uns nicht viel gegeben, doch ein einfaches Bett schien uns zu diesem Zeitpunkt einem Luxusgut gleich. Schließlich wollten wir den Versuch wagen und noch einmal zu ihnen gehen. Am nächsten Morgen, nachdem wir zuerst den Kühlschrank der Wohnung geräumt hatten, machten wir uns auf den Weg…“
 

Die beiden Zwillinge hatten eine ganze Weile laufen müssen, bis sie endlich wieder vor der Wohnungstür ihres alten Zuhauses standen. Beiden Kindern ging in diesem Moment ein ziemlich mulmiges Gefühl durch den Magen. C18 konnte man ihre Nervosität deutlich ansehen. C17 schien gefasst, auch wenn er öfters als Nötig einen unsicheren Blick zu seiner Schwester warf.

Umso erstaunter waren die Beiden, als sie klopften und wenig später ein vollkommen fremder Mann die Tür öffnete. Er war in einen seidenen roten kurzen Mantel gehüllt, eine dicke protzige Zigarre ragte aus seinem Mundwinkel und C18 glaubte den Bürgermeister von Big City in ihm zu erkennen. Als die Kinder ihr Anliegen vorbrachten, winkte der Kerl nur arrogant ab und entgegnete, die Wohnung würde schon seid einem halben Jahr leer stehen. Kurz bevor er die Tür vor ihrer Nase zuschlug, warf C18 noch einen raschen Blick in das Innere der Wohnung – es war definitiv ihr früheres Zuhause.

Doch wie hatte es sich verändert?

Alles war so gut wie leer. Nur ein riesiges sperriges Bett stand im ehemaligen Wohnzimmer… und darauf rekelten sich drei halbnackte Frauen.

C18 schluckte, hielt ihrem Bruder eine Hand vor die Augen und zog ihn so schnell wie möglich weg.
 

Später am Nachmittag trampten die beiden Kinder zu einem wohlhabenden idyllischen Wohngebiet, das hauptsächlich aus Familien mit Kindern bestand. Von einer Nachbarin hatten sie erfahren, dass ihre Eltern hier her gezogen sein sollten. Die gesamte Umgebung wirkte wie aus einem kitschigen Bilderbuch. Überall Mütter die ihre Neugeborenen in Kinderwägen vor sich her schoben, während Väter in ihren Vorgärten den Rasen mähten.

C18 fühlte sich furchtbar unwohl. Sie spürte die Blicke der Bewohner auf sich ruhen und wusste, dass ihr Bruder und sie, mit ihrer schmutzigen Kleidung nicht in diese Gegend passten. Man sah ihnen einfach an wo sie hingehörten.

Eine Gruppe Kinder in ihrem Alter spielte auf dem Gehweg mit einen Hüpfseil. Als sie C17 und C18 sahen, hielten sie in ihrem Spiel inne und sahen mit misstrauischen Gesichtern zu ihnen hinüber. Für C18 ein Zeichen um mit ihrem Bruder zu sprechen.

„Hör mal, können wir nicht irgendwo anders entlang laufen?“

„Warum?“ C17 blieb stehen und sah sie verwundert an. „Was stört dich an dem Gehweg? Bis du zu edel um wie alle anderen normalen Menschen darauf zu laufen?!“

„Nein. Das Gegenteil ist der Fall. Siehst du nicht wie die uns alle anstarren?“

Scheinbar schien ihr Bruder tatsächlich keine Kenntnis von den Gaffern genommen zu haben, denn erst jetzt sah er das erste Mal zu der Kindergruppe, zu denen sich eine Mutter dazu gesellt hatte.

Ein kleines Mädchen deutete ungeniert mit dem Zeigefinger auf die Zwillinge und fragte anschließend die Frau:

„Igitt! Mama guck mal, wie dreckig die sind!“

„Zeig nicht mit dem Finger auf die“, tadelte die Frau ihr Kind. „Wo sind deine Mannieren!“

„Darf ich zu ihnen gehen?“

„Auf keinen Fall! Die sehen aus als ob sie Flöhe hätten. Troll dich ins Haus und ihr anderen besser auch!“

Die Gruppe löste sich auf, doch C17 schien diese Szene genug gesagt zu haben. Seine Augenbrauen hatten sich tief ins Gesicht gezogen und er bedeutete seiner Schwester ihm zu folgen.

Zwei Sekunden später waren sie hinter einer Hecke verschwunden und liefen durch die Hintergärten der Häuser.
 

„Nach dieser kleinen Aktion hatten C17 und ich ein Motto: Zeig mir deinen Hintergarten und ich sag dir wer du bist. Du wirst nicht glauben, was sich uns für Abgründe auftaten! Fast jede zweite Terrasse barg ein Geheimnis. Zwei Männer turtelten auf einer Veranda miteinander herum, während sie sich darüber lustig machten, dass ihre Frauen noch keinen Wind davon bekommen hatten. Drei Häuser weiter saß eine Frau mit Schnapsnase und einer Flasche Whisky in ihrem Wohnzimmer, während ihre Kinder vor einer Spielkonsole saßen. Viele Leute tun so, als ob sie eine fehlerlose Familie haben, aber letztendlich sind wir doch alle Menschen und haben unsere kleinen Macken, dass ist mir damals schon klar geworden. Das ist ein Grund warum ich Leute nicht ausstehen kann, die vorgeben eine Musterfamilie zu besitzen. Das ist doch ätzend… Unsere Eltern waren da leider auch keine Ausnahme.“
 

C17 lief voraus während C18 ihm folgte. Sie hatten sich schon einige Zeit durch die Büsche geschlichen und C18 war kein Kind von großer Geduld.

„Wie lange dauert das denn noch?“

„So lange bis wir die Alten gefunden haben…“

„Wenn wir so weiter laufen kommen wir bestimmt ans Ende dieses Snobviertel!“

„Schwesterherz, du fängst an mich zu nerven bevor wir überhaupt bei den Idioten sind.“

„Vielleicht sind wir auf der falschen Straßenseite…“

C17 gab ein genervtes Stöhnen von sich. Er wollte gerade durch eine weitere Hecke huschen, als er plötzlich stehen blieb und C18 in ihn hineinrannte.

„Kannst du nicht aufpassen!“, fuhr sie ihn an, doch ihr Bruder blickte regungslos durch ein winziges Loch im Blättergeäst vor ihm. C18 sah ihn verwundert an und in dem Moment als sie einen genauen Blick auf den Garten hinter der Hecke werfen wollte, zuckte ihr Bruder zusammen, griff mit seiner Hand in ihr Haar und drückte sie bäuchlings auf den Boden.

Anscheinend musste man ihr ihre Verwirrung ansehen, denn kurz darauf legte C17 seinen Zeigefinger an den Mund um ihr zu bedeuten still zu sein. Dann griff er mit beiden Händen in das Blättergeäst vor ihm, schob die knacksenden Zweige langsam zur Seite und nickte mit seinem Kopf in Richtung des Gucklochs, dass er für sie vorbereitet hatte.

C18 zog eine Braue fragend nach oben, dann krabbelte sie näher heran und spähte in den Nachbargarten.

Sofort erkannte sie den Grund für C17s Verhalten. Gegenüber von ihnen, auf der anderen Seite des Gartens, kniete ihre Mutter vor einem Gemüsebeet. Summend jätete sie Unkraut von einpaar Erdbeersträuchern und ahnte nicht, dass sie beobachtet wurde.

C18 konnte sich nicht erklären warum, doch nach einem Jahr auf der Straße war sie glücklich ihre Mutter wieder zusehen. Gerade als sie aufspringen wollte um zu ihr zu rennen, ergriff C17 ihr Handgelenk und zog sie unwirsch zurück. Wütend wollte sie ihn wieder anfahren, doch er schüttelte nur stumm mit dem Kopf und bedeutete ihr zu beobachten was passierte.
 

Keine Sekunde später trat der Vater der Zwillinge zu seiner Frau, half ihr höflich auf und beide sahen sich verliebt an. C18 verpasste das einen Stich. Beide sahen so zufrieden und harmonisch aus, als ob ihre Welt vollkommen wäre – allerdings ohne sie.

Kurze Zeit später hörten die Zwillinge munteres Geplapper und Gelächter und zwei Kinder, etwas jünger als sie, rannten über den Rasen und spielten Fangen. Der Junge stolperte über einen Stein und seine Schwester ließ sich sofort auf seinen Rücken fallen und lachte fröhlich dabei, während er so tat als ob er unter ihrer Last sterbe.

C18s Vater entlockte das ein belustigtes Glucksen und er sagte zu seiner Frau: „Sieh dir doch diese Prachtexemplare an! Wer hätte geahnt das es zwei solche Engel auf dieser Welt gibt.“

Ihre Mutter klopfte sich Erde von ihrer Gärtnerschürze und meinte:

„Ganz ehrlich, ich hielt es nicht für möglich. Ich dachte Kinder wären immer nur am heulen, jammern, streiten und kreischen. Doch diese beiden – sie sind das komplette Gegenteil von unseren leiblichen Kindern. Es war eine gute Idee sie aus dem Weisenhaus zu holen. So können wir wenigstens zwei Kindern Glück bescheren, die es auch wirklich verdienen.“

C18s Vater nickte zustimmend. Dann verfinsterte sich seine Miene und er sagte:

„Uns ist es wohl nicht bestimmt eigene Kinder zu haben. Aber ehrlich gesagt, hätte ich gewusst, was für Teufel unsere leiblichen Kinder sind, ich hätte sie gleich nach ihrer Geburt in einen Sack gesteckt und sie im miefigsten Fluss der Stadt ertränkt.“

Er drehte sich in Richtung der Zwillinge und beide duckten sich erschrocken hinter der Hecke. Doch die letzten Sätze die C18 von ihrem Vater vernahm, blieben ihr auf Ewig im Gedächtnis haften.

„Ratten sind sie. Verdorbene Ratten! Ich bete zu Gott das sie in irgendeiner Gosse verrecken…“
 


 

Letztendlich waren die Zwillinge nicht zu ihren Eltern gegangen. Warum auch? Sie hatten genug gehört um zu wissen, dass sie nie wieder bei ihnen willkommen waren.

Auf der Rückfahrt ins Ghetto von Big City nahm sie ein alter gutmütiger Mann mit. Er fragte sie des Öfteren, weshalb sie zu so später Stunde noch allein unterwegs waren, doch die beiden Kinder schwiegen. Daraufhin ließ sich der Greis darüber aus, wie verantwortungslos doch manche Eltern wären und wo die heutige Jugend enden würde.

Nach zwanzigminütiger Fahrt, ließ er sie an einer Sitzbank, neben einer defekten flackernden Straßenlaterne raus.

Auf das Angebot ob er die Zwillinge nicht lieber bei ihren Eltern abliefern sollte, antworte C17 nur, dass sie keine hätten und knallte, ohne ein Danke, die rostige Autotür zu.

C18 bekam davon nichts mit.

Seid dem Wiedersehen mit ihren Eltern waren die letzten Minuten wie in Trance an ihr vorbeigezogen. Ohne es richtig zu bemerken, hatte sie sich auf die klapprige Bank gesetzt, stützte ihr Kinn in die Hände und sah mit leerem Blick geradeaus. Selbst das C17 sich neben ihr niederließ war ihr nicht wirklich aufgefallen.

Um diese Zeit war sie eigentlich schon längst in einer Wohnung und lag im Bett eines abwesenden Mieters. Kinder wie sie hatten mitten in der Nacht, nichts in einer solch gefährlichen Gegend zu suchen, das wusste sie von jäh her.

Doch ihr Leben schien ihr auf einmal so sinnlos.

„Ausgetauscht… Du wurdest ausgetauscht wie eine kaputte Puppe.“

So viele Gedanken und Gehörtes schwirrte C18 durch den Kopf, doch letztendlich kam ihr immer dieser eine Satz in den Sinn.

Wortfetzen ihres Vaters spukten um sie herum.
 

„…ich hätte sie gleich nach ihrer Geburt in einen Sack gesteckt und sie im miefigsten Fluss der Stadt ertränkt.“
 

Wie konnte er so etwas sagen?
 

„Ratten sind sie. Verdorbene Ratten! Ich bete zu Gott das sie in irgendeiner Gosse verrecken…“
 

Er war doch ihr Vater!

Wie konnte er so etwas sagen?

Noch ehe C18 es verhindern konnte, spürte sie ein Kribbeln unter den Augenliedern, dass die ersten Tränen ankündigte. Es war ihr peinlich vor C17 zu weinen, doch sie konnte einfach nicht mehr. Schluchzend verbarg sie ihr Gesicht in den Händen und wünschte ihr Bruder würde von einem Meteoriten erschlagen. Sie spürte genau seinen Blick auf ihr ruhen.

Es vergingen einpaar Minuten, dann hörte sie ein leises Knarren neben sich und merkte wie C17 sich von ihr entfernte.

Darüber war sie mehr als froh. Sie hatte schon mit dem Gedanken gespielt, ihm entgegenzubrüllen, dass er endlich verschwinden solle – so peinlich war ihre Heulattacke.

Plötzlich…
 

„Hey kleiner Hosenmatz, solltest du nicht schon längst im Bett sein? ARGH!!! MEINE EIER!!! HIMMEL, ARSCH…“
 

Erschrocken blickte C18 mit tränennassem Gesicht auf. Auf der anderen Straßenseite fiel ein Mann zu Boden, der C17 mindestens um das dreifache überragte und presste jaulend seine Hände zwischen die Beine. Ihr Bruder begann mittlerweile seelenruhig die Jackentaschen des Mannes zu plündern, schlug ihm noch einmal mit der Faust in die Magengrube als sein Opfer nach ihm greifen wollte und schien irgendwann fündig geworden zu sein.

Mit einer vollkommenen Gelassenheit, stieg er über den Mann, trat dabei absichtlich auf dessen Gesicht und kam wieder auf C18 zu.

Die üblen Verwünschungen seines Opfers ignorierend, setzte sich C17 neben sie, grinste mit einem spitzbübischen Lächeln und präsentierte ihr das Portmonee des Mannes.

„Vergiss die Alten. Hast du Hunger?“

Mein Autotrauma

Marron war hin und hergerissen. Auf der einen Seite war sie mehr als glücklich, dass ihr Onkel, C18 in ihrer schwersten Stunde beigestanden hatte. Doch seine Aufmunterungsaktionen ließen wohl sehr zu wünschen übrig. Etwas skeptisch blickte sie zu ihrer Mutter, dessen Gesicht ein gerührtes Lächeln zierte, als sie an den Vorfall von damals dachte. Marron konnte sich gut vorstellen, dass C17 einen wesentlichen Bestandteil an C18s krimineller Karriere beigetragen hatte. Doch sie würde sich hüten ihrer Mutter das mitzuteilen, denn auch wenn es C18 niemals mit einem Wort erwähnt hatte – sie liebte ihren Bruder abgöttisch und mochte es überhaupt nicht, wenn man schlecht von ihm sprach, außer sie selbst tat es.

Als kleines Kind hatte es Marron stets bedauert, dass sie keine Verwandten besaß. In ihren kindlichen Vorstellungen hatte ihr Onkel deshalb den Platz, des mysteriösen Fremden eingenommen, der irgendwann mit einer Millionen Kings vor der Tür stand und ihr einen Haufen Spielsachen schenkte. Als sie acht war, überwandt sie sich und offenbarte ihrer Mutter ihre Vorstellung, woraufhin diese nur lachend meinte, dass C17 nicht der Weihnachtsmann sei.

Daraufhin sprach sie nie wieder mit ihrer Mutter über dieses Thema, ließ es sich aber nicht nehmen, weiterhin in ihren Kindheitsfantasien zu schweben.

Doch C18s Sicht der Dinge, ließ C17 nicht gerade in das Licht rücken, dass Marron sich erhofft hatte. Etwas enttäuscht war sie deshalb schon, doch andererseits ließen C18s Erzählungen C17 auch menschlicher wirken – für einen Killercyborg jedenfalls.
 

„Schön das Onkel bei dir geblieben ist“, knüpfte Marron an das Thema an. „Auch wenn er eigenartige Methoden hatte um dich aufzumuntern.“

C18 sah irritiert auf und sprach mit ehrlicher Unschuld in der Stimme:

„Wieso? Was war denn daran eigenartig?“

„Er hat einem armen Passanten in den Schritt getreten…“

„Na und?“

„Und hat ihm sein Geld geklaut…“

„Na und?“

„Und ist ihm absichtlich auf das Gesicht getreten. Aus reiner Bosheit nehme ich mal an.“

C18 zuckte nur mit den Schultern, als ob sie den Standpunkt ihrer Tochter nicht verstehe. Das war typisch für sie. Man sprach hier ein Thema an, dass sie nicht hören wollte, deshalb spielte sie C17s Verhalten einfach runter.

„Wir sind in einer hartgesottenen Gegend aufgewachsen. Nicht auf dem Ponyhof!“, sagte C18 in einen etwas schnippischen Ton. „Bei uns hieß es fressen oder gefressen werden und ich hatte keine Lust zur letzteren Sparte zu gehören.“

„Ich weiß Mama. Ich weiß, “ entgegnete Marron und musste Grinsen, weil ihre Mutter sich wieder verpflichtet fühlte, ihr Brüderchen in Schutz zu nehmen.

„Was grinst du denn so?“

„Gar nichts Mama. Erzähl weiter.“

C18 sah ihre Tochter noch einpaar Sekunden misstrauisch an, dann lehnte sie sich zurück und fuhr fort.

„Nachdem C17 und ich uns schließlich zusammengerauft hatten, ging es für uns beide Berg auf. Anfangs waren wir vorsichtig was unsere Diebstähle anging. Wir beklauten vorerst nur die kleinen Fische, doch schnell bemerkten wir, dass uns die Jahre auf den Straßen von Big City, ein gewisses Talent eingebracht hatte. Wir wurden immer geschickter, flinker und gerissener und ehe wir es uns versahen, waren mehrere Jahre vergangen und wir hatten ein kleines Vermögen angehäuft.“

„Hat euch die Polizei keine Schwierigkeiten gemacht?“

„Pah“, sagte C18 geradezu verachtend. „Diese Luschen doch nicht. Wir hatten unser Handwerk drauf und das einzige weswegen wir mal Besuch von der Polizei bekamen, war weil C17 falsch geparkt hatte. Diese Idioten merkten damals nicht einmal, dass das Auto als gestohlen gemeldet worden war und mein Bruder zahlte einfach nur brav den Strafzettel und drehte weiter seine Runden mit dem guten Stück. Ich kann bis heute nicht fassen, dass die Polizei nicht einmal seinen Führerschein sehen wollte, sonst hätten sie sofort gemerkt, dass er gar keinen hat! C17 hat sich das Auto fahren mit fünfzehn nämlich selbst beigebracht.“

Marron, die sich eine Limonade geholt hatte, und einen Schluck daraus nahm, verschluckte sich sofort und hustete was das Zeug hielt. Unter heftigen Anfällen keuchte sie hervor:

„Was??? Und mit so was…“ Ein Husten. „Und mit so jemandem…“ Ein Keuchen. „Und mit ihm bist du im Auto gesessen?!“

„Jepp“, sagte C18 beiläufig. „Er war kein schlechter Fahrer. Ich glaube er hätte sogar ein richtig Guter sein können, wenn er sich an die Straßenschilder gehalten hätte. Von C17 konntest du jedenfalls nicht erwarten, dass er bei einer roten Ampel hielt.“

Aus irgendeinem Grund fühlte sich Marron unwohl, als sie daran dachte, dass ihr Onkel sie in ferner Zukunft mal über den Haufen fahren könnte, ohne zu merken, dass das seine Nichte war, die gerade schwerverletzt an seiner Frontscheibe klebte. Bei dem Gedanken, dass er wohl noch eiskalt die Scheibenwischer betätigen würde, um ihr Blut wegzuwischen, lief es ihr eiskalt den Rücken runter. C18 bekam von Marrons Gedanken nichts mit.

„Oh wir hatten eine herrliche Zeit“, schwärmte C18 und grinste hinterhältig. „Vorbei waren die Zeiten, in denen wir in die Wohnungen von verreisten Mietern einbrachen. Wir kauften uns einfach selbst eine. Ich lief in den nobelsten Klamotten rum und nach jedem gelungen Coup, feierten wir bis in den morgen in den edelsten Clubs der Stadt. Eigentlich hätten wir besser wissen müssen, dass es nicht ewig so weitergehen konnte…“
 

C17 und C18 saßen in einem gestohlen schwarzen Sportwagen und rasten mit einem Affenzahn um jede Kurve in der Stadt. Die Stimmung im Wagen war auf Hochtouren und die Zwillinge kamen aus ihrem Gelächter gar nicht mehr heraus. Sie hatten einen tollen Abend in einem Etepetete Club, im nobelsten Snobviertel der Stadt verbracht und auch entsprechend viel getrunken.

„Hast du den Idioten an der Bar gesehen?“, fragte C18 aufgeregt.

„Welcher? Der Idiot der dich gefragt hat, ob Gott einen Engel vermisst, oder der wo mit den Geldscheinen nur so gewedelt hat, als er dich von weitem sah?“

„Hmm… Jetzt wo du es sagst. Beide!“

„Na klar habe ich die gesehen! Ich muss doch aufpassen mit was für Kreisen sich meine Schwester abgibt!“

„Damit du meine Kreise um ihr Portmonee erleichtern kannst“, antwortete C18 keck auf C17s gespielte Fürsorge, woraufhin beide lauthals lachen mussten. Sie bogen mit hundertachtzig Sachen um eine Kurve und als sie die falsche Fahrspur streiften und ein kleiner PKW darauf scharf abbremsen musste, lenkte C17 rechtzeitig ein und raste weiter.

„Hey kleiner Bruder! Mach mal langsam!“, lachte C18, als sie im Rückspiegel sah, wie ein dicklicher kleiner Mann aus dem PKW stieg und eine wüste Geste in ihre Richtung zeigte. C17 grinste bloß und nahm einen Schluck aus einer Flasche Sake. Er scherte sich nicht nur einen Dreck, was die Straßenschilder anging, sondern auch was Alkohol am Steuer betraf. Nachdem die Flasche geleert war, warf er sie achtlos aus dem Wagen, wo sie den Schädel eines Straßenpenners traf, dessen Kopf daraufhin eine hübsche Beule zierte.

„Hast du eigentlich schon eine Ahnung wo wir als nächstens einsteigen wollen?“, fragte C18.

„Klar“, C17 kramte mit einer Hand in seiner Hosentasche und zog ein zusammengefaltetes Stückchen Papier hervor, das er seiner Schwester reichte. C18 entfaltete es, las einige Sekunden was darauf stand und gab dann einen anerkennenden Pfiff von sich.

„Nicht übel!“

„Gar nicht übel!“, sagte C17. „Der Schuppen ist der teuerste Juwelierladen in der Stadt. Da kaufen alle reichen Stinker von ganz oben ein. Ich habe schon seit einigen Wochen ein Auge darauf geworfen.“

C18 runzelte die Stirn. „Mag sein, aber denk doch mal an die Sicherheitsvorkehrungen die der Laden sicherlich hat. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es so einfach wird wie beim Haus des Bürgermeisters.“

C17 musste lachen und C18 wusste weshalb. Vor zwei Monaten hatten sie im Haus des Bürgermeisters eine riesige Diamantkette mitgehen lassen. Bei ihrem Rückweg waren sie am Arbeitszimmer vorbeigeschlichen, wo sie den ehrenwerten Bürgermeister inflagranti mit seiner Sekretärin erwischten. Der Zufall wollte es, dass C18 aus reiner Langeweile auch eine teure Designer Fotokamera eingesteckt hatte und sofort packte sie die Gelegenheit beim Schopfe und schoss einpaar Fotos von dieser Szenerie.

Zwei Wochen später sendeten die Zwillinge dem Bürgermeister einen Brief, mit einpaar Kopien der Originalfotos und der „höflichen“ Bitte, innerhalb von drei Tagen einen Koffer voll Geld herüber wachsen zu lassen, wenn er nicht wollte, dass seine Frau Wind von seiner Affäre bekam.

Innerhalb der letzten beiden Monate hatten sie so den doppelten Ertrag ihrer Diebstähle erzielt. Doch als ihnen dieses Spielchen zu langweilig wurde, ließ es sich C17 nicht nehmen, der örtlichen Klatschpresse einen anonymen Brief, mit den Negativen der Fotos zusenden.

Eine Woche später hieß es in der Presse: „Skandal! Bürgermeister im Techtelmechtel mit seiner Sekretärin, während seine Frau auf einer Tupperware Party ist!“

Die Zwillinge mussten bei diesem Bericht so hämisch lachen, dass sie aus lauter Schadenfreude, den Zeitungsartikel ausschnitten und ihn an den Bürgermeister schickten. Zu gerne hätte C18 dessen dummes Gesicht gesehen aber man konnte ja nicht alles haben.

„Vertrau mir Schwesterherz, dass wird bestimmt leichter als du denkst.“, holte C17 seine Schwester aus ihren Gedanken zurück. „Es ist nur ein Juwelier! Kein Museum. Wir sind schon in größere Gebäude eingestiegen.“

C18 blieb stumm und C17 kam in Bedrängnis. Er wusste dass er ohne seine Schwester keine Chance hatte, dazu waren sie ein zu gutes Team.

„Hör mal“, begann er erneut. „Ich würde diesen Laden nicht vorschlagen, wenn ich mir nicht sicher wäre, dass unsere Erfolgschancen hoch sind! Habe ich dich jemals enttäuscht?“

„Jetzt wo du es sagst, als du meine Dolly der Sekte gespendet hast…“

„Fängst du schon wieder mit dieser Puppe an??? Du kannst dir Hunderte kaufen, wenn wir diesen Coup hinter uns haben!“

C18 grinste da sie genau wusste, wie sehr es C17 nervte, wenn sie mit alten Kamellen ankam.

„Schon gut, beruhige dich! Das war nur ein Scherz kleiner Bruder.“

„Ich bin nur einpaar Minuten nach dir gekommen. Von klein kann da also keine Rede sein.“

„Für mich bleibst du aber mein kleines putziges Brüderchen“, neckte C18 ihn.

„Dir schlägt wohl der Alkohol an die Birne…“, meinte C17 und rollte mit den Augen.

„Mein klitzekleiner Bruder.“

„Hör bloß auf…“

„Mit seinen klitzekleinen Fingerchen als er noch ein Baby war…“

„Ach, halt doch die Klappe!“

„Und wie dir Papa immer die Haare mit Fett frisiert hat…“

„Okay Lady! Noch ein Wort und ich lasse dich beim nächsten Rotlichtmilieu raus!“

C18 musste Kichern als sie an das Bild von damals dachte: Ihr Vater wie er C17 für die Messen vorbereitete und die grässliche Frisur ihres Bruders! In den letzten Jahren war es ihr gelungen an ihre Kindheit zu denken ohne Wut, ohne Trauer, ohne Schmerz.

Nun saß sie hier im Auto und konnte über ihre Vergangenheit sogar lachen! Ihr Kichern wurde zu einem Lachanfall, als ihr eine besondere Erinnerung in den Sinn kam.

„Was ist so komisch?“, fragte ihr Bruder verständnislos. „Du hast heute wirklich zu viel getrunken!“

„Stimmt“, japste C18 und betrachtete im Seitenspiegel ihre geröteten Wangen. „Aber das wirst du auch komisch finden! Weißt du noch wie wir glaubten dass Babys auf die Welt kommen?“

C17 zog angestrengt die Brauen ins Gesicht. Dann schüttelte er verneinend den Kopf.

„Ich helfe dir auf die Sprünge. Kurz nachdem, du Ratte, Dolly verschenkt hast, bist du zu mir ins Zimmer gekommen und hast mir erklärt warum du mich immer ärgerst.“

„Habe ich das?“, C17 blickte fragend drein. Dann wurden seine Augen schlagartig größer. „Ah ja! Weil Mädchen und Jungen sich nicht mögen. Und Kinder wurden im Krankenhaus gebastelt…“

„… aus menschlichen Überresten!“, vollendete C18 den Satz, dann brach sie in schallendes Gelächter aus. Ihr Bauch begann bereits zu schmerzen und C17 sah seine gut angetrunkene Schwester skeptisch an. Doch lange gelang es ihm nicht ernst zu bleiben. Nach einpaar Minuten begann es um seine Mundwinkel zu zucken und schließlich musste auch er lauthals lachen. Dann drückte er aufs Gaspedal als wolle er aller Welt zeigen, dass die Insassen des Autos nichts anhaben könne.
 

Drei Wochen später…

C17 fuhr wieder einmal wie eine gesenkte Sau. Doch diesmal nicht grundlos! Hinter dem schwarzen Sportwagen der Zwillinge, hingen ihnen drei Polizeiautos im Nacken. C18 versuchte so ruhig wie möglich zu bleiben, doch ihr Kopf raste, wenn sie an die letzte halbe Stunde zurückdachte.

Der Einbruch in den Juwelierladen war doch nicht so glimpflich verlaufen wie geplant. Die Zwillinge waren ohne Probleme in den Laden gekommen. Auch das öffnen der Vitrinen und des Tresors war leicht gewesen. Ein dicker Sack mit ihrer Beute lag nun auf dem Rücksitz.

Wobei ihnen aber das Schicksal einen Streich gespielt hatte, war, als sie zurück zum Wagen liefen und zwei Beamte davor standen und ihn begutachteten. Scheinbar war ihnen aufgefallen, dass der schwarze Sportwagen als gestohlen gemeldet worden war. C17 hatte keine andere Wahl gehabt, als die Herren kurz außer Gefecht zu setzten um an den Wagen zu kommen. Doch schon nach wenigen Minuten jagten sie drei Polizeiautos durch die Stadt.

In diesem Moment hätte C18 ihren Bruder am liebsten erwürgt. Für gewöhnlich wechselten sie vor jedem Überfall ihr Gefährt, doch C17 hatte gemeint, er sehe nicht ein, weshalb er ein neues Auto kurzschließen solle, wenn der schwarze Sportwagen, nach dem Überfall sowieso verschwinden würde.

Jetzt hatte diese Unachtsamkeit ein übles Nachspiel mit sich gezogen und sie konnten sich nur auf C17s Fahrkünste verlassen. Bei einer scharfen Kurve, wurde C18 so zur Seite geschleudert, das ihr Rücken schmerzte.

„Verdammt, schüttle diese Idioten doch endlich ab!“, fluchte sie laut.

C17 blieb stumm. Seine ganze Konzentration galt der Fahrbahn, die durch den kürzlich einsetzenden Regen nass und gefährlich war. Die Wassermassen auf dem Asphalt lagen wie eine zweite rutschige Schicht auf der Straße und reflektierten die Scheinwerfer der entgegenkommenden Autos.

C18 wusste nicht, wie ihr Bruder so ruhig bleiben konnte, ihr Herz hämmerte schon seit Minuten hart gegen ihren Brustkorb. Vor ihnen tat sich eine Gabelung auf. Die linke Spur führte in die Innenstadt, die andere hinaus aus Big City in die Berge.

C17 hielt sich links und C18 schickte dafür ein Stoßgebet in den Himmel. Sie kannte die Strecke zu den Bergen und wusste, dass die Kurven dort scharf, holprig und unübersichtlich waren. Erschwerend kam noch hinzu, dass nach einigen hundert Metern, neben der Bergstraße eine tiefe Kluft begann.

Doch zu ihrem Entsetzen und das der Polizisten hinter ihnen, zog C17 kurz vor der Gabelung das Lenkrad nach rechts. Dieses Manöver war so knapp, dass der Wagen die Leitplanke streifte und ein widerliches kratzendes Geräusch im Auto erschallte. C18 blickte aus der Heckscheibe und atmete erleichtert auf, als sie sah, dass zwei Polizeiautos ineinander kollidiert waren, während der Dritte die falsche Spur genommen hatte.

Mit einem tiefen Seufzen ließ sie sich wieder in den Sitz fallen und atmete einpaar Mal durch.

„Ich glaube mein Herz hat noch nie so schnell geschlagen.“, gestand sie ihrem Bruder.

„Wieso? War doch ein recht amüsanter Abend.“

„Jetzt spiel hier nicht den coolen Kerl!“

„Ich hatte keine Angst. Du brauchst einen Herzschrittmacher, nicht ich!“

„Oh, Verzeihung das ich nicht suizidgefährdet bin! Noch bin ich nicht aus Stahl und diese Leitplanke da hinten hätte uns locker aufspießen können.“

„Hat sie aber nicht, also lass uns nicht weiter darüber reden und erfreu dich an unserem Jackpot.“

Sofort schlug C18s Laune um und jubelnd griff sie nach dem Beutel auf dem Rücksitz und zog ihn zu sich auf den Beifahrer. Staunend betrachtete sie ein prunkvolles Diadem das mindestens eine halbe Millionen Kings wert sein musste. Natürlich würde es keine Anlässe geben um es zutragen, doch auf dem Schwarzmarkt würde es sich mehr als gut verkaufen lassen. Die nächste halbe Stunde verbrachten die Zwillinge damit, ihr Diebesgut zu bestaunen und planlos durch die Gegend zu fahren.

Die Bergregion um sie herum wurde steiniger, zum Teil lag schon Schnee auf den Berggipfeln und beide wussten nicht mehr so genau, wo sie eigentlich waren.

C18 sah aus dem Fenster in die schwarze Nacht hinaus. Zwei Jugendliche auf einer einsamen Bergstraße – klang wie in einem Horrorfilm.

„Sag mal, weißt du eigentlich wo wir sind?“

„Ehrlich gesagt, nein.“

„Na toll, “ stöhnte C18. „Wir sind irgendwo im Nirgendwo und du sagst es mir erst jetzt!“

„Was willst du eigentlich? In die Stadt können wir sowieso nicht zurück. Erst müssen wir das Auto loswerden. Du glaubst doch nicht, dass wir einfach so mit einem Sack voll Juwelen nach Big City marschieren können?“

„Auch wahr“, seufzte C18. „Aber hier will ich nicht bleiben.“

„Hat mein Schwesterherz Angst ein böser Serienkiller könnte jagt nach ihr machen?“, neckte C17 sie.

C18 wollte gerade antworten, als das Auto plötzlich einen großen Hüpfer nach vorne machte.

„Was war das???“, fragte sie.

C17 sah nach draußen. Konnte aber nichts erkennen.

„Keine Ahnung. Vielleicht ist die Fahrbahn uneben…“

„Das war nie im Leben die Fahrbahn! Das hat sich angefühlt, als ob ein Auto uns hinten rein fährt!“

„Beruhig dich. Hinter uns ist niemand oder siehst du Scheinwerfer?“

Die sah C18 nicht. Doch irgendwie hatte sie ein ungutes Gefühl im Bauch. Die Straße war so dunkel. Nirgendwo eine Menschenseele zu sehen. Rechts neben der Fahrbahn zog sich ein tiefer Abgrund entlang und noch dazu hatten sie sich verfahren.

Vielleicht hatte ihr die Verfolgungsjagd mehr zugesetzt als sie sich eingestehen wollte. C17 schien ihre Unsicherheit zu spüren. Er griff nach ihrer Hand und sagte:

„Hey ganz ruhig. In der nächsten Stadt suchen wir uns ein Hotel und legen uns erst einmal einpaar Stunden hin. Danach besorgen wir uns ein neues Auto und fahren wieder nachhause. Das war ein anstrengender Tag, aber du wirst deswegen bestimmt nicht die Nerven verlieren, oder?“

C18 schloss die Augen und rieb sich mit der Hand über die Stirn.

„Nein. Natürlich nicht. Ich weiß auch nicht warum ich mich so aufführe.“

„Versuch zu schlafen. Ich wecke dich schon, wenn wir an einem Motel angekommen sind.“

C18 lächelte ihrem Bruder dankend zu und er tat es ihr gleich. Dann nahm er seine Hand von ihrer und konzentrierte sich wieder auf die Straße. C18 rutschte einpaar Mal in ihrem Sitz hin und her, um eine bequeme Lage zu finden. Doch als sie gerade ihren Kopf zurücklehnte und die Augen schloss…

RUMS

… machte das Auto wieder einen Satz nach vorne.

Erschrocken fuhr sie auf, sah zu ihrem Bruder, der die Augen skeptisch auf die Straße gerichtet hatte. Dann wieder…

RUMS

... diesmal fester.

Plötzlich nahm das Auto an Geschwindigkeit zu.

„Fahr lieber langsamer“, meinte C18 zaghaft.

„Das… bin ich nicht.“

C18 glaubte im ersten Moment sich verhört zu haben. Doch ein Blick in C17s irritiertes Gesicht ließ sie jegliche Zweifel verlieren. Hilflos musste sie mit ansehen, wie ihr Bruder mit aller Kraft auf die Bremse trat, aber das Auto nicht einmal ansatzweise langsamer wurde.

„Was ist bloß los?!“

„Ich habe keine Ah…“ C17 stoppte und riss mit weit aufgerissenen Augen die Hände vom Lenkrad, als es von alleine nach rechts ruckte, dann wieder geradeaus lenkte und plötzlich das Gaspedal, wie von Geisterhand bis zum Anstoß nach unten gedrückt wurde. Der Geschwindigkeitsschub drückte beide so tief in ihre Sitze, dass sie Mühe hatten sich aufzurichten.

„Ach du Scheiße!“, hörte C18 ihren Bruder fluchen und als sie vor sich auf der Straße eine scharfe Linkskurve erkennen konnte, entfuhr ihr ein Aufschrei.

Das Auto raste und raste. Doch es lenkte nicht ein! Die Leitplanke kam immer näher.

Als C18 ahnte was als nächstens passieren würde, griff sie mit zitternden Händen nach der Hand ihres Bruder und drückte sie verzweifelt.

„Ich habe Angst“, wimmerte sie. Als Antwort erwiderte ihr Bruder den Druck.

Dann…

KRACH

Das Letzte was C18 sah bevor sie das Bewusstsein verlor, war wie das Auto durch die Leitplanken brach. Für den Bruchteil einer Sekunde schien es zu schweben. Dann senkte sich der vordere Teil und es fiel in die tiefe schwarze Kluft neben der Straße.

Mein verrückter Professor

„Grundgütiger!“

C18 nickte nur und zog ihr Hemd wieder über ihre Schulter, bevor Mutenroshi draußen etwas mitbekam und anfing die Scheibe voll zu sabbern.

„Wie du siehst habe ich eine stattliche Narbe von diesem Tag davongetragen. Ein Wunder das es nur diese ist.“, sagte sie und knöpfte ihr Hemd zu.

„Oh Mama, das tut mir ja so Leid…“

C18 schüttelte nur verneinend den Kopf. Ihre Tochter hatte keinen Grund sich für etwas zu entschuldigen. Niemand war dafür verantwortlich bis auf eine Person.

„Wie dem auch sei“, fuhr C18 fort. „Dieser Unfall war der größte Wendepunkt in meinem Leben. Ich kann nicht glauben das mein Bruder und ich ihn überlebten.“

„Wie kann man so etwas überhaupt überleben?“, flüsterte Marron beinahe ehrfürchtig.

„Ich habe keine Ahnung Liebes“, und es entsprach der Wahrheit.

„Dieser Unfall… Er ist wie ein riesiger trüber Tümpel in meinem Kopf. Manche Dinge habe ich so klar vor mir aber von einer Minute auf die andere bin ich mir nicht mehr sicher ob ich sie wirklich gesehen habe. Ich kann mich nur schemenhaft an einige Dinge erinnern. Ich weiß nicht einmal in welcher Reihenfolge ich sie gesehen habe. Bin ich ohnmächtig geworden nachdem die Scheibe geborsten ist? Habe ich geschrien? Mein Zeitgefühl war, “ C18 schnipste kurz, „ vollkommen weggeblasen! Als ob ich in einem nie enden wollenden Alptraum steckte.“

„Gibt es nicht eine Kleinigkeit an die du dich erinnerst?“

C18 überlegt angestrengt und massierte sich mit zwei Fingern an der rechten Schläfe.

„Doch. Etwas weiß ich noch ganz sicher. Nach dem Absturz bin ich noch einmal aufgewacht…“
 

Ein abartiges Stechen bohrte sich in ihren Rücken und stöhnend schlug C18 die Blut verkrusteten Augenlieder auf. Mit dem erlangen ihres Bewusstseins wurde sie augenblicklich von einer Welle aus Schmerzen überrascht, die sich qualvoll in jedes ihrer Körperteile zog.

Hätte sie jemand gefragt wäre C18 in diesem Moment nicht in der Lage gewesen zu sagen was passiert war. Ihre Gedankengänge hatten sich auf ein Minimum reduziert und einzelne Wortfetzen spukten in ihrem Kopf.

„Schmerzen… Blut… Kälte… Dunkelheit…“

Verstört nahm C18 mit ihrem benebelten Geist ihre Umgebung war.

Überall lagen Scherben, sie selbst lag auf dem Rücken und über ihr hingen die Sitze des Wagens. Wäre sie bei klarem Verstand gewesen hätte sie allein deshalb bemerkt, dass das Auto auf dem Dach liegen musste. In ihrer üblichen Leichtsinnigkeit hatte sich keiner der Zwillinge angeschnallt und so waren sie bei ihrem Absturz, wie Würfel in einem Becher, im Wagen herumgestoßen worden.

Ächzend hob C18 ihren Arm und wischte sich mit der vor Kälte zitternden Hand über die Stirn, dabei verschmierte sie das Blutrinnsal, das aus ihrer Kopfwunde hervortrat. Es vergingen etliche Minuten bis ihr klar wurde, dass sie nicht alleine im Wagen gewesen war. Zwar wollte ihr der Name ihres Mitfahrers nicht mehr einfallen, trotzdem brachte sie die Kraft auf, ihren Kopf zum Fahrersitz zu drehen.

Doch dort war niemand. Der lädierte Sitz hing schräg von der Decke und dort wo die Fahrertür gewesen war, klaffte ein riesiges Loch. Die spitzen Felsen des Abhangs hatten bei ihrem Absturz das Auto an zahlreichen Stellen aufgeschnitten - wie ein Dosenöffner eine Konserve.

Der scharfe Geruch von Benzin lag in der Luft und C18 hustete Blut. Irgendwann bemerkte sie, dass sie ihre Beine nicht mehr spüren konnte, sah mit letzter Kraft an sich herab und ließ ihren Kopf anschließend seufzend zurückfallen.

C18 hatte genug gesehen um zu erkennen, dass sich das Polster ihres Sitzes gelöst hatte und sich die Metallstücke des Kopfteils nun tief in ihr Fleisch bohrten. Traurig schloss sie ihre Augen und fand sich mit ihrem Schicksal ab – sie würde sterben. Das Einzige worauf sie noch hoffen konnte war das es schnell ging.
 

Knack…
 

Träge öffnete C18 noch mal die Augen und drehte ihren Kopf langsam in die Richtung, aus der sie ein Rascheln vernahm. Erst jetzt bemerkte sie, dass um den Wagen herum Bäume und Gebüsch wucherten.

Dicht neben ihrem deformierten Autofenster raschelte es hinter einem kleinen Buchsbaum. Dann wurde der Stamm des jungen Gewächses grob zur Seite gerissen und ein Paar Füße hielt kurz vor C18s Fenster. Kurz darauf folgte eine weitere Person aus der Finsternis, eindeutig größer als ihr Vorgänger und zog mit schweren mechanischen Schritten etwas hinter sich her.

C18 riss entsetzt die Augen auf als sie das Häufchen Elend, dass der Fremde hinter sich herzog als ihren Bruder identifizierte. Ein Schluchzen entwich ihr, als er rücksichtslos auf den Boden fallen gelassen wurde und sein leichenblasses Gesicht in ihrem Blickfeld erschien – die toten Augen direkt auf sie gerichtet.

„Hol sie raus!“, befahl eine barsche Stimme. „Und dann bringst du beide in mein Labor! Beeil dich, der Junge ist schon seit einigen Minuten tot! Zehn Minuten länger und ich kann ihn abschreiben…“

„Und sein anderer Arm?“

„Den lässt du im Wald. Er wird später ohnehin keine Verwendung mehr für ihn haben. Falls dem Mädchen auch etwas fehlt lässt du es liegen - bis auf den Kopf und ihren Torso! Die brauche ich.“

Dann verschwand das kleinere Fußpaar wieder zwischen den umliegenden Büschen in der Dunkelheit. Nun griff der zurückgebliebene Fremde mit zwei riesigen Fäusten nach unten. Seine Hände schoben sich unter das Metall des Daches, packten dabei so fest zu, dass es sich unter seinem Griff verbog und zwei Sekunden später, wurde das Auto hoch geschleudert und landete wieder auf den Reifen. Doch zu diesem Zeitpunkt hatte C18 erneut das Bewusstsein verloren.
 


 

Ein nerviges Piepsen hatte sich seit geraumer Zeit in C18s Unterbewusstsein geschlichen. Um sie herum war nur Schwärze, doch anders wie zuvor im Autowrack, spürte sie diesmal keine Schmerzen. Sie fühlte rein gar nichts.

Zaghaft gelang es ihr ihre Augen zu öffnen. Zu ihrem erstaunen umfing sie weder kalte Bergluft, noch eine dunkle Waldlandschaft – stattdessen nur ein spärlich beleuchtetes Laboratorium.

Dem Anschein nach lag sie auf einem Labortisch.

„Wie eine Leiche die seziert wird“, schoss es ihr kurz durch den Kopf und eine Gänsehaut zog sich über ihre Arme. „Bloß runter hier“, war ihr nächster Gedanke, der sich aber schwerer gestaltete als erwartet. An ihren Armen waren Infusionsschläuche befestigt die direkt in ihren Venen endeten und es ihr somit unmöglich machten von der unbequemen Bettstatt loszukommen. Zumindest hatte sie angenommen, dass es eine Infusion war, doch ein zweiter Blick belehrte C18 eines besseren. Die Substanz die geradewegs in ihre Venen lief war schwarz und für einen lächerlichen Augenblick hatte sie tatsächlich angenommen es sei Öl.

Mit einen Kopfschütteln verwarf sie diesen Gedanken, setzte sich auf und tat sich daran eine Nadel nach der anderen herauszuziehen, bis sie hinter sich eine Tür aufgehen hörte.

„Ich sehe du bist aufgewacht.“

C18 drehte sich im sitzen um und erblickte einen alten Mann im Ärztekittel vor sich. Er erinnerte sie an einen ergrauten streunenden Wolf, denn sein Haar wirkten verfilzt und sie vermochte nicht zusagen wie viele Falten er besaß. Dazu trug er noch einen dieser altmodischen Schnauzbärte, die ihr Bruder gerne mal als Rotzbremse bezeichnete.

„Wer sind sie?“, fragte sie geradeheraus.

„Zuerst einmal würde ich dir abraten die Schläuche abzunehmen. Ich bezweifle das du schon bereit bist dein Bett zu verlassen.“

Im ersten Moment wollte C18 zickig entgegnen, dass man diesen Tisch nicht als Bett bezeichnen konnte, verkniff sich aber ihr Kommentar.

„Und Zweitens bin ich der Mann dem du dein Leben verdankst mein Kind.“

„Mein Leben?“, wiederholte C18, dann überfielen sie die Bilder vom Unfall. In ihrem inneren Auge sah sie erneut, wie ihr Wagen auf die Leitplanken der Straße zuraste und hindurch brach. Der Moment in dem das Auto zu schweben schien, bevor sich sein Fronteil in die tiefe schwarze Kluft beugte… Die Hand ihres Bruders die sie verzweifelt umklammerte.

„Mein Bruder!“, entfuhr es ihr. „Wo ist er?“

„Der junge Mann?“, fragte der Arzt. Dann sprach er mehr zu sich selbst. „Dein Bruder also. Ich hatte mir so etwas schon gedacht.“

„Ich will nicht wissen was sie sich gedacht haben ich will wissen wo er ist?!“

Es kam herrischer aus ihrem Mund als sie vorhatte, doch C18 verlor die Geduld mit diesem Mann. Konnte er nicht verstehen dass sie haufenweise Fragen hatte und verwirrt war?

Scheinbar nicht, denn sein Ton wurde sofort bissig.

„Junge Dame, vergiss nicht dass du es mir verdankst, dass du hier sitzt! Du könntest genauso gut noch in eurem Autowrack eingequetscht sein und verbluten!“

C18 verstummte und in ihr breitete sich tatsächlich etwas wie Reue aus. Es war nicht oft vorgekommen dass jemand ihr bereitwillig geholfen hatte, sie war schließlich nur ein Gossenkind.

Ihr Gegenüber schien ihr Schweigen als stummes Eingeständnis zu nehmen und trat an einen niedrigen Schrank mit Schulbladen, der an der Wand stand. Eine davon zog er auf und kramte nach einpaar Gegenständen, dabei fuhr er fort.

„Sei unbesorgt. Deinem Bruder geht es bestens. Auch wenn es ihn schlimmer erwischt hat als dich.“ C18 schluckte und der alte Mann zog einen hohen Stuhl zu ihr vor den Tisch und nahm darauf Platz.

„Das sah wirklich nicht gut aus für euch beide.“, fuhr er fort, griff nach ihrer rechten Hand und begann ihren Puls zu messen. „Dein Bruder wurde bei eurem Absturz wohl aus dem Wagen geschleudert. Ich war der festen Annahme dass er sterben würde. Mehrere Knochenbrüche, tiefe Schnittwunden, innere Blutungen, seinen rechten Arm verlor der bedauernswerte Junge gänzlich. Folge mit deinen Augen dem Licht!“

C18 zog bei diesen Sätzen scharf die Luft ein, während der Arzt mit einem kleinen Lämpchen vor ihren Augen von rechts nach links schwenkte.

„Und du warst auch nicht in beneidenswertem Zustand. Ihr armen Kleinen hattet Glück das mein Labor hier in der Nähe ist.“

„Sind wir in einem Labor?“, kam C18s Frage.

Ein Nicken ihres Gegenübers war die Antwort, mehr nicht. Es folgte eine unangenehme Stille in der C18 beobachtete wie der Professor seiner Arbeit nachging. Er prüfte ihre Reflexe, hörte ihre Atemwege ab, stach die Infusionsschläuche zurück in ihre Venen und aus einem ihr unerfindlichem Grund, hielt er ihr ein merkwürdiges Gerät an die Brust, mit einem kleinen Display.

Kaum berührte sie der kalte Metalldetektor rasten auf der Anzeige einpaar Zahlen vorbei. Irgendwann nahm der Zahlenwechsel ein unglaubliches Tempo an und der Arzt zog erstaunt das Gerät von ihr, als plötzlich ein lauter Knall ertönte.

Eine kleine Rauchwolke hüllte beide ein und C18 musste husten.

„Fabelhaft“, hörte sie den Professor triumphieren, während er die rauchenden Überreste des Geräts in seiner Hand begutachtete.

„Was war das?“

„Nichts was dich vorerst interessieren sollte mein Kind.“ Der Arzt erhob sich und stellte den Stuhl wieder zurück an seinen Platz. „Ich habe euch neue Kleidung besorgt. Leider ist das Emblem meiner Firma darauf, aber ich denke, dass ist das kleinste Übel. Du wirst dich jetzt ausruhen. Die Eingriffe die ich an dir und deinem Bruder vorgenommen habe waren recht… einschneidend und werden sicherlich bald ihre Auswirkungen zeigen.“

„Sie meinen wir werden Nebenwirkungen haben.“

„Gewiss. Doch bestimmt nicht solche wie du vermutest.“

„Wie meinen sie das?“

„Alles zu seiner Zeit. C03! Komm rein! Sofort!“

Die automatische Schiebetür ging erneut auf und C18 erschrak, als ein Hüne von einem Mann plötzlich in den Raum eintrat. Er hatte dicke Arme, Beine wie ein Elefant und sein Körper erinnerte sie einfach nur an einen Schrank. Vollkommen fehl am Platz erschien dagegen sein Kopf, der viel zu klein wirkte und schon jetzt darauf schließen ließ, dass er nicht viel Inhalt besaß.

„C03! Kümmere dich gut um C18 und sorge dafür dass sie sich ausruht. Nebenbei schaust du noch nach C17. Beide sollen ihre Räume erst verlassen wenn ich es ihnen erlaube. Hast du das verstanden?!“

„Ja Professor.“

Der Arzt quittierte die Antwort mit einem Nicken und wandte sich ab. Doch seine Patientin hielt ihn noch einmal zurück.

„C18? Ich heiße nicht so. Ich heiße…“

„Ich nenne dich C18. Jeder meiner Patienten besitzt einen Namen, der auf einer Buchstaben und Zahlenformation basiert. Da wirst du auch keine Ausnahme machen!“

„Wahrscheinlich weil du schon so alt wirkst, dass dein Erinnerungsbereich in deiner Birne zerbröselt“, ging es C18 durch den Kopf. Doch stattdessen fragte sie:

„Und wie ist ihr Name? Oder soll ich sie Professor ABC-Nullachtfünfzehn nennen?“

„Nein. Ich heiße Dr. Gero und wünsche nicht so respektlos von dir angesprochen zu werden. Behalte immer im Hinterkopf wer dich vor dem Tod gerettet hat, kleines Mädchen!“

Damit schien für den Professor das Thema erledigt. Er drehte C18 den Rücken zu und ließ sie mit dem lächerlichen Verschnitt eines Igors im Raum zurück. Ratlos sah sie sich im Zimmer um, bis ihr Blick auf ein ordentlich zusammengefaltetes Kleiderbünden auf der Ablage des Schranks fiel. Sie sah an sich hinunter und musste beim Anblick des typischen Patientenkittels würgen.

„Hässlich!“, dachte sie, sprang vom Tisch auf und zog die Infusion mit ihrem Gestell zum Schrank. Prüfend nahm sie das oberste Kleidungsstück in die Hände. Es war eine blaue ärmellose Weste, gar nicht mal so schlecht. Nur das Emblem gefiel ihr nicht. Es sah aus wie eine rote kantige Schleife, in deren Schlaufen jeweils ein weißes R gestickt war.
 


 

Die nächsten Tage zogen sich schleppend und ereignislos dahin. Wie der Professor es befohlen hatte, machte C18 keine Anstalten ihr Zimmer zu verlassen, doch nach dem dritten Tag begann ihre Umgebung um sie herum unerträglich zu werden. Die Wände ihrer Bleibe besaßen etwas Erdrückendes und es gab keinerlei Möglichkeiten sich abzulenken.

Bald begann sie sich nach ihrem Bruder zu sehnen, doch der Professor war strikt gegen ein Treffen. Täglich kam er dreimal am Tag ins Zimmer geschneit, entnahm ihr Blutproben, unterzog sie seltsamen Tests und verlies sie so schnell wie er gekommen war, aber mit hochzufriedener Miene.

Auch C03 konnte der Langeweile keine Abhilfe schaffen. Tatsächlich verströmte er noch mehr davon, als es das Zimmer jemals könnte.

Immer wenn er kam stellte er sich neben die Tür, sprach kein Wort und sah mit leerem Blick vor sich her und C18 schickte einen Dank an den Himmel wenn er ging.

Die Zeit in ihrem Zimmer schien ihr wie ein Gefängnis und die Eintönigkeit ließ ihr keine andere Wahl, als ihren Gedanken nachzuhängen. War dieser Unfall eine göttliche Strafe dafür, dass die Zwillinge so ein kriminelles Leben geführt hatten?

Was war ihnen denn anderes übrig geblieben? Ihre Eltern hatten sie nie gefördert, nicht einmal gewollt! Wie hätten sie jemals ein Studium, geschweige denn die Bücher dafür bezahlen sollen? Zudem besaßen sie keinerlei Vorbildung. Sie hatten Glück dass sie intelligent genug waren, um sich wenigstens Lesen und Schreiben selbst beizubringen. Rechnen war nie ein Problem gewesen. Wenn man so gerne Geld zählte wie die Zwillinge kam das von ganz alleine.

C18 konnte sich gut vorstellen, dass ihnen eine tolle Zukunft bevorgestanden hätte, wären ihre Eltern mit ihrem Selbstmitleid nicht so überfordert gewesen.

Doch so schnell diese Gedanken kamen, so schnell wurden sie wieder verbannt, denn in diesem Moment wurde C18 immer schlagartig klar, das sie kurz davor war es ihren Eltern gleich zu tun. Niemals wollte sie sich so bemitleiden wie diese Schwachköpfe!

Sie war ein Mensch der in die Zukunft blicken konnte und in der Gegenwart lebte – sie war klüger und selbstbewusster!

Diese Erkenntnis bestärkte C18 in den Tagen ihrer Isolation von der Außenwelt. Doch am vierten Tag bemerkte sie eine erste Veränderung an sich.

Sie wurde nicht müde! Anfangs hatte sie angenommen, dass es an den Strapazen der letzten Tage lag, die sie nicht zur Ruhe kommen ließen. Doch egal wie ausgeglichen sie sich auf ihre Bettstatt legte, ihr fehlte die normale Erschöpfung die jeder Mensch am Ende eines langen Tages verspürte.

Zwei Tage darauf kam eine weitere und auch erstaunlichere Entdeckung – sie empfand das erste Mal etwas wie Hunger, doch erst am sechsten Tag seit ihrem Erwachen in Dr. Geros Labor!

Niemand verbrachte sechs lange Tage ohne auch nur ein Anzeichen von Hunger oder Durst. Das war nicht normal! Zuerst dachte C18 ihre Appetitlosigkeit rührte von der Infusion her. Doch die wurde ihr einpaar Tage davor abgenommen. Nun achtete sie seit dieser Absonderlichkeit umso mehr auf merkwürdige Veränderungen und wurde mit jedem weiteren Tag fündig.

Bei einem Sehtest mit dem Professor, war sie imstande auf der gegenüberliegenden Wand projizierte Buchstaben zu lesen, die nicht einmal größer als ein Stecknadelkopf waren. Später stellte sie fest, dass ihre Reflexe um ein vielfaches zugenommen hatten und sie konnte problemlos ein altes fleckiges Magazin in Sekunden durchlesen und den Inhalt wortwörtlich wiedergeben.

Bei dem Versuch aus einem Glas Wasser zutrinken, bemerkte sie das erste Mal ihren Kraftanstieg. Als sie nach dem Gefäß griff zerbrach es in ihren Händen in kleine Splitter. Ratlos hatte C18 auf den Scherbenhaufen geblickt bis ihr auffiel, dass keiner der Splitter ihr auch nur einen kleinen Kratzer in den Handflächen zugefügt hatte.
 

Keine dieser Entdeckungen hatte C18 verunsichert. Vielmehr war sie positiv überrascht und schon bald begann sie mit allem was sie in ihrem spärlich eingerichteten Zimmer finden konnte herum zu experimentieren. Sie verbog die Werkzeuge des Professors die in den zahlreichen Schubladen der Kommode zu finden waren, testete ihr Sehvermögen auf größeren Distanzen und schaffte es problemlos eines der Stahlbeine des Stuhles, den Dr. Gero für gewöhnlich verwendete, herauszubrechen und eine Schleife daraus zu formen.

Zu ihrem erstaunen schien der Professor nicht einmal erbost darüber zu sein, er lobte sie sogar für ihren Wissensdurst und stellte ihr weitere Gegenstände zur Verfügung, die sie allesamt demolierte.

Irgendwann war es dann soweit. Der Professor entschied, dass es an der Zeit war C18 wieder in die Außenwelt zu lassen.
 

An einem herrlichen Frühlingstag stand C18 vor dem Laboreingang, hielt sich eine Hand über die Augen, um sich vor dem gleißenden Sonnenlicht zu schützen und betrachtete die weite Berglandschaft die sich vor ihr erstreckte. Die frische Luft war ein Seeleinheil für ihren Körper und mit wohlwollen atmete sie einpaar Mal durch, um so viel wie möglich davon zu bekommen.

„Wundervoll!“, schoss es ihr durch den Kopf und vor lauter Glück, breitete sie die Arme aus und drehte sich wie ein kleines verspieltes Kind einpaar Mal im Kreis, vollkommen gleichgültig darüber denkend, was Igor, alias C03 von ihr halten sollte.

Dieses Gefühl der Freiheit war zu schön um es nicht auch angemessen zu genießen. Was C18 nicht wusste war, dass C03 sie beobachte und sich für einen kurzen Augenblick, die Leere in seinem Blick verflüchtigt hatte. Doch kurz darauf zerstörte seine monotone Stimme C18s Glücksrausch.

„Komm mit.“

„Ich will noch etwas die Aussicht genießen!“, bockte C18, hielt in ihrer Bewegung inne und sah C03 vorwurfsvoll an.

„Komm mit“, wiederholte er nur, drehte sich mit schweren Schritten zu einem kleinen Trampelpfad links vom Laboreingang um und fügte noch hinzu. „Der Professor wartet.“

Dann trottete er langsam den Abhang hinunter.

C18 zog eine Schnute. Doch schließlich folgte sie C03s Aufforderung, allerdings nicht bevor sie sich noch einmal umgesehen hatte. Dabei fragte sie sich, warum der Professor sein Labor auf einem fast unzugänglichen kleinen Bergplateau, inmitten einer gewaltigen Bergkette errichtet hatte. Doch wer sollte aus dem Professor schon schlauer werden?
 

Später waren ihre Gedanken über den skurrilen alten Mann jedoch wie weggeblasen. Als C18 und C03 nämlich auf einem kleinen grasüberwucherten Hügel inmitten des Waldes ankamen, sah sie schon von weitem eine Gestalt, die sie unter Tausenden sofort erkannte.

Ihr den Rücken zugewandt mit verschränkten Armen, stand ihr Bruder einpaar Schritte von Dr. Gero entfernt. Seine typische Masche wenn er mit jemanden einpaar Minuten verharren musste, obwohl er den Anwesenden zum Kotzen fand.

Auch seine Kleidung hatte sich geändert. Er trug eine blaue zerschlissene Jeans, ein weißes Hemd, worüber er sich ein schwarzes T-Shirt gestreift hatte und um den Hals ein rotes Halstuch.

C17s bockiges Auftreten ließ C18 grinsen, denn auch sie brachte dem Professor nur deshalb so etwas Ähnliches wie Respekt entgegen, weil sie wusste was sie ihm schuldete. Doch es änderte nichts daran, dass sie den alten Kauz nicht ausstehen konnte.

Als sie und C03 den Hügel hinauf schritten, drehte sich C17 das erste Mal um und ein Lächeln stahl sich über sein Gesicht, als er seine Schwester sah.

Die Geschwister hatten sich in ihrem ganzen Leben nie umarmt. Es gehörte zu einem absoluten Tabu für beide. Doch die Freude den jeweils anderen unversehrt und unentstellt vorzufinden ließ sie für einen winzigen Augenblick ihre persönlichen Anstandsregeln vergessen.

Es war wohl der einzige Tag an den sich C18 gerne zurückerinnerte, wenn sie an den Aufenthalt bei Dr. Gero zurückdachte.

Denn an den darauf folgenden Tagen änderte sich alles Schlag auf Schlag. Die über alles geliebte Unabhängigkeit und Freiheit der Zwillinge wurde plötzlich in ihre Schranken gewiesen – und das ausgerechnet durch den widerlichen alten Kauz den sie maßlos unterschätzt hatten.

Meine wahren Kräfte

„Es war wohl wirklich so etwas wie… Hochmut weswegen wir nicht erkennen wollten, was hinter der alten faltigen Stirn von Dr. Gero tatsächlich steckte, “ erzählte C18 und deutete auf ihre eigene Stirn. „Ich will ehrlich sein. Dr. Gero war hässlich. Potthässlich. Er war arrogant, hinterhältig, manipulierend und wie schon erwähnt hässlich. Aber keinesfalls dumm! Dieser Mann hatte Grips im Hirn da sah Einstein aus wie ein Jahrmarktartist.“

C18 zog eine angeekelte Grimasse und überlegte sich bereits, welcher Flüssigreiniger ihre Kehle herabfließen musste, um ihren Körper von diesen Worten reinzuwaschen. Sehnsüchtig sah sie zum Spülbecken, wo unmittelbar daneben eine kleine grüne Plastikflasche „Glasklar“ stand, die laut der Werbung Lupenreinheit nach einem Atemzug versprach. Schnell verwarf sie aber diesen Gedanken, denn soviel Chemie konnte wohl auch an einem Cyborgkörper nicht unbeschadet vorbeiziehen. Womöglich würden aus ihren Ohren Blubberblasen schießen und welche Irre wollte so etwas schon? Mit einem Seufzen fuhr sie fort.

„Die Veränderungen die Dr. Gero vornahm kamen zuerst langsam und unbemerkt. Anfangs schrieb er uns nur vor was wir zu Essen hatten, welche Tests er mit uns durchführen musste, welche Arbeiten wir für ihn verrichten sollten oder wann wir ins Bett zugehen hatten. Lachhaft! Ich war volljährig und ließ mich von einem Opa behandeln als ob ich vier war! Wir fühlten uns wie Hänsel und Grethel im Lebkuchenhaus. Doch weil C17 und ich uns jetzt regelmäßig treffen durften, drückten wir beide Augen zu… allerdings nicht ohne ein kleines Zähneknirschen.

Die Wochen darauf wurden allerdings immer sonderbarer…“
 

„Der alte Sack spinnt doch“, fluchte C17 und haute mit der Faust auf den Tisch, der daraufhin laut in alle Ecken der Kammer verstreut wurde. Schweigend sah C18 auf die Holzspäne, hörte ihrem Bruder aber weiterhin zu.

„Holz hacken?! Mit bloßen Fäusten?!“

„Den Tisch hast du doch gerade sehr gut klein bekommen“, sagte C18.

„Darum geht es gar nicht“, fauchte C17. Missmutig zog er einen der Stühle zu seiner Schwester, drehte ihn mit der Lehne nach vorne, um verkehrt herum, aber immer noch C18 zugewandt, Platz zu nehmen. Sie selbst saß mit übereinander geschlagenen Beinen und verschränkten Armen auf einem kleinen Sitzbrett, das in der altmodischen, fensterlosen und dunkel gehaltenen Küche, an der linken Wand befestigt war.

„Es geht mir darum das ich keine Lust habe für diesen Idioten auch nur einen Finger zu rühren!“

„Wir sind es ihm schuldig“, seufzte C18.

„Jede Schuldigkeit hat ein Ende!“

„Es ist für uns ein Leichtes dieses Holz zu fällen. Auch ohne Axt!“

„Jede-Schuldigkeit-hat-ein-Ende!“, wiederholte ihr Bruder eindringlich mit einer bedeutsamen Pause bei jedem Wort. „Jetzt mal ehrlich Schwester, wir sind vom Regen in die Traufe gekommen! Unser Elternhaus war ein Rattenloch und dieser Saftladen hier ist eine ganze Rattenbucht. Wir sind gesund. Wir können gehen. Wir sind sogar stärker, schneller und geschickter als vorher! Warum behält Dr. Frankenstein uns also noch hier?!“

C18 blieb stumm. Diese Frage hatte sie sich schon oftmals gestellt. Nachdenklich wanderte ihr Blick durch den Raum, bis sie wieder zu ihrem Bruder sah, der sich voll und ganz auf sie fixiert hatte.

„Du weißt genauso gut wie ich, was ich meine, nicht wahr?“ Es war keine Frage, sondern vielmehr eine Feststellung. Ertappt senkte C18 den Blick. Doch bevor sie antworten konnte, schwang die Schiebetür der Küche mit einem zischenden Laut zur Seite und C03 zwängte sich in die kleine Kammer.

„Ihr sollt los“, verkündete er.

„Sagt wer?“, fragte C17 und blickte herausfordernd auf den Koloss vor sich. Seit seinem täglichen Kraftanstieg, war C18s Bruder äußerst hochmütig und kampflustig geworden. Er schien geradezu auf eine Gelegenheit zu warten, seine neuen Kräfte auszuprobieren und C03 kam ihm da sehr gelegen.

Doch der sah C17 nur schweigend an.

Dann wiederholte er seinen Satz: „Ihr sollt los.“

Eine bedrohliche Atmosphäre sickerte durch den Raum, als C17 sich erhob und den Stuhl unachtsam wegstieß. Dann schritt er mit gemächlichem Gang auf C03 zu, stemmte die Hände in die Hüften und antwortete mit leicht zur Seite geneigtem Kopf.

„Zwing mich doch!“

„Der Professor hat dir einen Befehl erteilt.“

C18 war überrascht. Es war das erste Mal das C03 einen Satz auf die Reihe gebracht hatte, der nicht wortwörtlich aus Dr. Geros Mund stammte. Doch ihr Bruder antwortete nur:

„Warum hackt Dr. Gero sein blödes Holz nicht selber?“

„Dr. Gero möchte dass ihr es tut.“

„Sag ihm dass Patient C17 nicht einsieht, warum er Holz hacken soll, wenn der Professor doch sagt, dass er noch zu schwach ist um entlassen zu werden! Ich könnte einen Kollaps bekommen und womöglich noch mal dazu verdonnert werden, weitere drei Monate hier zu versauern.“ Sarkasmus pur. So war C17.

„Du hast Dr. Gero zu gehorchen.“

„Das sehe ich anders.“ C17 verschränkte die Arme, drehte C03 den Rücken zu und grinste boshaft. „Ich bin nicht so ein einfältiger Strohkopf wie du. Im Gegensatz zu dir habe ich meinen eigenen Willen und kusche nicht vor dem Professor herum. Wenn du deinen geliebten Doc also glücklich machen willst, musst du wohl selber deinen Hintern in den Wald bewegen…“

Wieder blieb C03 eine ganze Weile stumm. Dann wandte er sich plötzlich an C18.

„C18. Der Professor hat euch einen Befehl erteilt.“

„Tut mir leid“, sagte sie und zuckte abweisend mit den Schultern. Es war an der Zeit die Fronten zu klären und gegen ihren Bruder zog Dr. Gero den Kürzeren „Ich sehe die Sache leider genauso wie mein Bruder. Dr. Gero möchte Brennholz? Dann soll er es sich selbst holen!“

„Ich muss dich bitten ihm keinen Widerstand zu leisten.“

Fragend sahen die Zwillinge sich an, dann blicken sie wieder zu ihrem Gegenüber.

„Soll das eine Drohung sein?“, fragte C17 amüsiert doch C03 ignorierte ihn.

„Der Professor hat dich in der Hand. Ich muss dich bitten ihm keinen Widerstand zu leisten.“

Aufgebracht sprang C18 auf und funkelte C03 an.

„Der Professor hat einen feuchten Dreck! Ich kann machen was ich will! Warum sagst du das außerdem ausgerechnet zu mir?“

„Weil dein Bruder mir egal ist. Du aber nicht.“, kam es in C03s üblicher monotonen Art.
 

C18 war sprachlos.

Verblüfft betrachtete sie ihren Gegenüber, dann wanderte ihr Blick zu C17 dessen Mundwinkel ein verräterisches Zucken aufwies. Machte dieser Igor Verschnitt ihr gerade tatsächlich den Hof?! Großer Gott! Wie überraschend kam denn das???

Ein angeekeltes Frösteln durchzog ihren Körper.

Damit hatte sie nun wirklich niemals gerechnet. C03 war immer so still, emotionslos und willenlos. Er war wie eine Stehlampe im Dunkeln – man merkte erst dass es ihn gab, wenn man versehentlich über ihn stolperte!

Ein Japsen kam von C17 und mit roten Wangen wirbelte C18 zu ihrem Bruder, der kurz davor war lauthals loszulachen. Ihr Verehrer dagegen blickte teilnahmslos vor sich her, als hätte er nie etwas gesagt, streckte aber die Hand nach ihr aus.

„Du musst gehorchen! Es ist besser für dich.“ Wieder diese emotionslose Tonlage! Was war dieser Kerl, ein Roboter?!

Angewidert sah C18 auf die ausgestreckte Hand, dann wanderte ihr Blick zu C03s Gesicht – dieselbe trostlose Mimik wie immer. Dieselbe Leere in den Augen wie am Tag an dem sie ihn kennenlernte. Kaum zu glauben das dieser Kerl scheinbar etwas wie Empfindungen besaß.

„Das gibt es doch nicht!“

Beide drehten sich zu C17 um als er lauthals anfing zu lachen und C18 fühlte sich in ihre Kindheit zurückversetzt, als ihr Bruder sie gerne einmal mit Peinlichkeiten aufzog. Ein genervtes Stöhnen entrang sich ihrer Kehle und in einer trotzigen Geste, verschränkte sie die Arme vor der Brust und drehte sich von C03 weg.

„Das ist nicht komisch du Idiot!“

„Doch ist es!“, japste C17 und Tränen traten ihm die Augen. „Der Klotz und du?! Die Schöne und das Biest wie frisch aus dem Märchenbuch entsprungen!“

„Hör auf zu lachen du Blödmann!“, fauchte C18. Eine riesige Wut staute sich in ihr auf. Nicht nur auf C17, auch auf C03 und diese gesamte makabere Situation. Ihre rechte Hand war fest geballt und bei dem Wunsch ihrem Bruder eine gewaltige Trachtprügel überzuziehen, zuckten winzige Blitze um ihre Faust – viel zu klein um von jemanden bemerkt zu werden, doch trotzdem da.
 

KRACH
 

Erschrocken weiteten sich C18s Augen, als sie ihren Bruder durch die Wand brechen sah.

C03 war doch tatsächlich, mit einem riesigen Satz, nach vorne geprescht und hatte C17 mit seiner schweren Pranke getroffen. Fassungslos blickte C18 auf die bröckelnde Wand, wo ein riesiges Loch klaffte.

Dahinter lag bäuchlings ihr Bruder mit Staub und Geröll übersät auf dem Boden. Mit trockener Kehle sah C18 zu ihm hinüber, ließ ihren Blick an seinem Körper auf und abwandern, auf der Suche nach blutigen Verletzungen. Zuletzt blieb sie an seinem Gesicht hängen – betete förmlich C17 möge die Augen aufschlagen.

Und tatsächlich…

Ein Zucken ging durch seinen Körper. Dann öffnete er die Augen, blinzelte einpaar Mal irritiert und richtete sich auf. Mit offenem Mund beobachtete C18 wie ihr Bruder erstaunt an sich herabblickte, anscheinend genauso überrascht wie sie, dass er noch lebte.

Plötzlich huschte ein Lächeln über C17s Gesicht, seine eisblauen Augen hefteten sich gnadenlos auf C03.

„Das ist ja interessant“, sagte er in einem arroganten Ton. „Nicht nur stärker, schneller sondern auch unverwundbar!“ Als C17 dann auch noch die Hand ausstreckte und C03 aufforderte näher zukommen, hielt C18 die Luft an. „Komm her Fettsack! Ich will sehen was mein neuer Körper noch so drauf hat.“

„Hör auf damit“, rief C18 ihrem Bruder zu. Doch C17 grinste nur und stachelte C03 weiter an.

„Was ist los mit dir? Gerade eben wirktest du fast lebendig und jetzt stierst du wieder mit hohlem Blick durch die Gegend. Ist deine Wut so schnell verflogen wie sie gekommen ist?“

C17 nickte in C18s Richtung „Oder wolltest du nur vor meiner Schwester den großen Macker spielen? Nur zu deiner Information – bevor du mit ihr Händchen halten darfst friert die Hölle zu. Ich will keinen Speichellecker wie dich in unserer Familie!“

Ob es wohl diese Worte waren, weswegen C03 letztendlich auf ihren Bruder zupreschte, wusste C18 nicht. Jedenfalls endbrach ein heilloses Durcheinander, als der riesige Koloss auf C17 losstürmte. Sie hatte diesem schweren Ungetüm nicht zugetraut das er sich so schnell bewegen konnte. Sie kannte C03 immer nur in einem lahmen Gang, bei dem man sich fragte, wie er überhaupt vom Fleck kam. Doch die Art wie er seine schweren Arme hob und sie auf C17 zurasen ließ, wirkte unnatürlich und mechanisch. Die winzige Fläche im engen Raum trug noch zusätzlich dazu bei, dass die Situation von Minute bedrohlicher wirkte. Oftmals musste C18 zurückweichen, aus Angst C03 könnte sie mit seinem haltlosen Gefuchtel treffen. Doch zu ihrer Überraschung gelang ihr das erstaunlich gut, nein, mehr noch! Sie erkannte bei jedem Hieb wie unkoordiniert und fehlerhaft C03s Bewegungen waren, während C17 tadellos angriff.
 

Sein Tritt in die Magengrube kam schnell. C03s Hiebe waren dazu verdammt ihr Ziel zu verfehlen, noch bevor er ausgeholt hatte.

C17s Bewegungen waren fließend und präzise, C03 wirkte wie der berühmte Elefant im Porzellanladen.

C17 schien mit Taktik und List zu kämpfen. C03 kämpfte wie er aussah – einfältig und schwer von Begriff.
 

C18 hatte sich nie für Kampfkünste interessiert. Straßenkämpfer, Boxer, Karatemeister, all diese Leute waren für sie immer nur Langweiler mit vielen Muskeln und wenig Hirn. Als Kind hatte sie einmal das große Turnier der Kampfsportarten im Fernsehen beobachtet. Viele der Kämpfer beschrieben nach ihrem Sieg, wie herrlich das Gefühl sei, wenn das Blut vor Spannung in den Adern pulsierte. Wie aufregend der Nervenkitzel den anderen zu überbieten und ihn in die Knie zu zwingen sei.

Damals hatte C18 nicht verstanden was damit gemeint war, doch nun in diesem Moment konnte sie eine gewisse Anspannung und Kampflust nicht leugnen. Irgendwie wollte ihr Körper dem starken Impuls folgen, ihrem Bruder beizustehen, obwohl C03 ihr nie etwas Böses getan hatte.

Und als ob C17 ihre Gedanken gelesen hätte…

„Hey Schwesterherz, zeig mal was du drauf hast!“

… wich er absichtlich zur Seite als C03 wieder einen Querschläger ausübte – der direkt in ihre Richtung schoss.

In diesem Moment geschah alles in Zeitlupe.

C18 konnte deutlich die Faust auf sich zurasen sehen. Sah das Gesicht ihres Bruders, der sie erwartungsvoll anlächelte während er noch auswich, als wolle er sagen:

„Komm schon! Das kannst du auch!“

Sie spürte den Impuls der deutlich schrie sie solle endlich ausweichen. Doch stattdessen hob C18 ihren linken Arm vor das Gesicht und wartete auf den Schlag.
 

BAMM!
 

Die Blicke der Beiden trafen sich, als C03s Faust auf C18s Unterarm prallte. Ihr Gegenüber schien etwas erschrocken als ob er nicht verstehe, wie sie plötzlich vor ihm aufgetaucht war.

„C18.“, sagte C03 in seiner typisch lahmenden Sprache. „Entschuldigung…“
 

Entschuldigung? Wäre sie seit der OP nicht so unglaublich stark wäre sie jetzt tot! Und sie erhielt nur eine dämliche Entschuldigung?!

Diese kleine Erkenntnis in ihrem Hinterkopf ließ sie vor Wut die rechte Hand zur Faust ballen und ehe sie verstand wie sie es getan hatte, schossen Blitze bei ihrem Schlag hervor. Ein gleißend violetter Strahl erhellte die kleine Küche und C03 riss es von seinen riesigen Beinen, hinaus aus dem Raum und wieder durch die nächste Wand.

Die Zwillinge hörten den massigen Körper einpaar Mal durch Wände krachen, bis plötzlich wieder Stille einkehrte. Der helle Strahl war verschwunden. Die Küche wieder dunkel und trist wie zuvor. Doch zurück war ein bleibender Eindruck ihrer tatsächlichen Kräfte geblieben.
 

Sekunden vergingen. Beide brauchten eine Weile um das Geschehene zu realisieren. C18 ließ sich langsam auf einen Stuhl sinken. Nicht aus Erschöpfung sondern um die skurrile Situation zu verdauen. C17 stand regungslos da. Seine Mimik ließ nicht erkennen was er dachte, während sein Blick die kaputte Wand fixierte.

Plötzlich klatschte jemand in die Hände.

In der Eingangstür, vom spärlichen Licht des Flurs beleuchtet, stand Dr. Gero und grinste selbstgefällig. „Noch viel besser als ich es erhofft hatte, meine Kleinen.“

Im Gedanken fragte sich C18 ob dieser Mann ein Genie oder ein Teufel war…

Meine Detektivspielchen

Wütend stemmte C18 eine Hand an die Eingangstür des Kame House. Von draußen hämmerte Muten Roshi jammernd an die Tür und rüttelte am Griff.

„C18 lass mich rein! Bitte!“

„NEIN!“

„Es regnet!“

„Die Sonne scheint.“

„Woher willst du das wissen?!“

„Stell dir vor, Häuser haben Fenster!“

„Hast du kein Mitleid mit einem armen alten Mann?“

„Wenn er Muten Roshi heißt nicht.“

„Hast du keinen Respekt vor einem armen alten Mann?“

„Wenn er Muten Roshi heißt nicht.“

„Ihr Frauen seid alle Scheiße! Das ich mir von einem solchen Frauenzimmer das gefallen lassen muss! Seid Krilin dich hier angeschleppt hat darf ich gar nichts mehr in meinen eigenen vier Wänden! Wärst du in meiner Zeit aufgewachsen würdest du vor deinem Mann kuschen. Aber dieser Waschlappen kriegt das vor lauter Paff Paff nicht gebacken!“

DAS, war ein gewaltiger Fehler gewesen!

C18s Augenbrauen zogen sich tief ins Gesicht. Ihre Hand legte sich an den Türgriff und noch ehe Muten Roshi es sich versah, riss sie die Tür mit solchem Schwung auf, dass er ihr entgegen fiel. Noch bevor er sie mit seinen grapschenden Fäusten erwischen konnte, trat sie ihm mit solcher Wucht in den Schritt, dass er im hohen Bogen hinaus ins umliegende Meer flog.

Draußen sah die Schildkröte den Abflug des Meisters und fügte anerkennend hinzu:

„Das war schon lange mal nötig, meine Liebe!“

„Wem sagst du das?“, antwortete C18 und knallte die Tür zu.
 

In der Küche sah Marron aus dem Fenster und beobachtete wie Muten Roshi im Meer gegen einem Riesenkraken ums Überleben kämpfte.

„Äh, Mama. Muten Roshi ist an eine Krake geraten.“ Zaghaft blickte sie zu ihrer Mutter die am Küchentisch Platz nahm. „Sollten wir ihm nicht helfen?“

„Wieso? Wenn er Glück hat ist die Krake weiblich. Dann weiß er mal wie es ist, wenn man überall angegrapscht wird. Sogar in achtfacher Ausführung.“

„Alter Schwerenöter“, murmelte Marron und nahm gegenüber von ihrer Mutter Platz. „Hast du eigentlich mal mit Papa darüber gesprochen, ob wir nicht mal ausziehen wollen? Gestern hat Muten Roshi meine Unterwäsche wie ein Maulwurf durchwühlt. Ich habe mich danach so geekelt, dass ich fast alle meine Höschen verbrannt habe.“

„Schätzchen, ich bearbeite deinen Vater deswegen schon und glaub mir er wird langsam aber sicher weich.“

C18 musste grinsen wenn sie daran dachte wie Krilin ihr aus der Hand fraß.

Wenn er verlegen wurde, kniff er wie ein kleiner Schuljunge die Augen zusammen, wurde knallrot und kratzte sich lachend am Kopf. Dann stotterte er sinnlosen Zeugs vor sich her und ertappte sich bei erotischen Fantasien, was ihn noch mehr aus dem Konzept brachte.

„Also, wo waren wir?“, griff C18 das Thema wieder auf.

„Du hast das erste Mal deine wahren Kräfte entdeckt.“, antwortete Marron und sofort galt ihre volle Aufmerksamkeit nur noch ihrer Mutter.

„Ja genau.“, sprach C18 und suchte eine Stelle an der sie wieder anknüpfen konnte. Nach einer kleinen Denkpause erzählte sie schließlich weiter. „Du kannst dir sicher vorstellen wie eigenartig es für uns war, plötzlich mit solchen Fähigkeiten ausgestattet zu sein. Nach der Auseinandersetzung mit C03 waren wir ziemlich verstört. Naja… Ich war verstört. C17 ließ sich nichts anmerken, aber ich glaube ihn hat das Ganze genauso durcheinander gebracht wie mich. Nachdem ich C03 so fertiggemacht hatte, keimte in mir etwas Ähnliches wie Schuld auf. Versteh mich nicht falsch! Ich mochte ihn nicht. Er hat mir nie etwas Böses getan, aber ich mochte ihn einfach nicht. Seine ganze Art war so… willenlos. Es widerte mich an. Trotzdem wollte ich ihn nicht töten. Zum Glück waren meine Fähigkeiten noch nicht so ausgereift das ich ihn lebensgefährlich verletzt hatte. Er war schlicht und ergreifend K.O. gegangen.“

„Habt ihr euch nicht gefragt warum Dr. Gero nicht wütend war?“

„Natürlich haben wir das“, antwortete C18. „Aber erst viel später. Nach dem ersten Schock waren wir viel zu sehr damit beschäftigt begeistert von unseren Fähigkeiten zu sein.“

„Also ward ihr nicht sehr abgeneigt von Dr. Geros Eingriffen.“

C18 grinste. Natürlich waren sie das nicht. Sie hatten einen Autounfall überlebt ohne danach ein Leben als Krüppel fristen zu müssen. Als zusätzliches I-Tüpfelchen besaßen sie übermenschliche Kräfte. Und jetzt mal ehrlich! Wer hatte als Mädchen nicht einmal davon geträumt als Wonderwoman durch die Gegend zu fliegen.

„Wir waren noch jung Marron. Da siehst du solche Dinge nicht so eng. Stell dir vor, du wärst an meiner Stelle gewesen und hättest keine Ahnung von Dr. Geros wirklichen Absichten. Würdest du dann nicht auch begeistert sein dass hier zu können?“

C18 ließ eine kleine Ki-Kugel in ihrer Hand aufleuchten. Gerade mal so groß wie ein Tennisball. Dann verpuffte das kleine Objekt in ihren Händen wie eine Seifenblase.

„Natürlich haben wir Dr. Gero gehasst, allerdings nicht wegen unserer neuen Kräfte. Es war die Art und Weise wie er uns behandelte. Und bei unserem Kampf gegen C03 wurde uns klar, dass Dr. Gero keinerlei Ethik besaß. Wo ich nach meiner Attacke wenigstens noch einen Hauch von Skrupel empfand, war Dr. Gero nur begeistert von unseren Fortschritten. Er stand da und klatschte freudig in die Hände, als wären wir die sensationellen Modelle in einer neuen Handyreihe, während C03 als Altmodell reif für den Schrottplatz war. Natürlich tat es uns um C03 nicht leid. Jedenfalls zu Anfang nicht. Denn später erfuhren wir, was es mit ihm wirklich auf sich hatte…“
 

„Der Professor wird ausflippen“, kicherte C18.

Sie fühlte sich wie ein Schulmädchen das sich spät abends zu einer Party davonschlich. Flink huschten die beiden Zwillinge von einem Gebäude zum nächsten. Das Fliegen war für sie seit langem kein Problem mehr. Dr. Gero hatte ihnen in den letzten Wochen die Palette an Fähigkeiten die sie nun besaßen, stückchenweise zugespielt und übermütig wie sie waren, tollten sie jedes Mal wenn er sich im Labor einschloss in den umliegenden Städten herum – ganz heimlich versteht sich. Der Professor war immer noch strikt dagegen das sie in die Außenwelt gingen. Der einzige Grund warum die Zwillinge noch bei ihm blieben war, weil sie begierig danach waren, noch mehr über sich selbst herauszufinden.

Natürlich wussten sie, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis ihr kleines Spiel aufliegen würde. Der Professor oder sein streudoofer Gehilfe brauchten nur einmal wegen einer Kleinigkeit, in den Wohnbereich, oberhalb des Labors zu kommen und schon würden sie merken, dass ihr Neuzugang verschwunden war. Doch das war ihnen vollkommen egal.

Eigentlich legten sie es sogar darauf an dass der Professor zornig wurde. Bisher hatte er ihre frechen Antworten und Sticheleien mit einem verärgerten Pochen seiner Stirnader über sicher ergehen lassen und nun wollten die Zwillinge wissen, wie weit sie gehen konnten.

„Hey Schwester, sie dir mal das Gefährt da unten an!“, rief C17 sie herbei. Er stand am Rande eines Hochhauses, blickte hinunter auf die darunter entlang führende Straße und zeigte auf ein rotes Cabriolet indem eine heiße Brünette saß.

C18 musste schmunzeln. Wie sie ihren Bruder kannte meinte er nicht die kesse Braut am Steuer, sondern das Auto das sie fuhr. Für C17 wurden Frauen erst attraktiv wenn kein motorgetriebenes Gefährt weit und breit zusehen war. Manchmal befürchtete sie, dass er eher einen Sportwagen als eine Frau heiraten würde.

„Was willst du denn mit dem Wagen? Wir können fliegen!“, fragte sie ihren Bruder und hob demonstrativ einpaar Meter vom Boden ab. „Das ist doch viel besser! Außerdem sind wir durch deine Fahrkünste das letzte Mal eine steile Klippe hinab gestürzt.“

„Das war nicht meine Schuld“, sagte C17 verärgert. Sie hatte sein Ego definitiv angekratzt. „Du warst dabei! Das Auto hat gemacht was es will!“

„Als ob ich das vergessen könnte. Komm lass uns ab… C17?“ Verwundert blickte sich C18 um. Sie hatte ihrem Bruder nur für eine Sekunde den Rücken zugekehrt, da war er verschwunden.

„Was machst du denn da???“, rief C18, als sie ihn zwischen den umliegenden Hochhäusern auf das Cabriolet hinabsausen sah. Dann machte sie sich an seine Verfolgung.
 

In der Zwischenzeit hatte C17 den Wagen erreicht. Die brünette Dame im Wagen, die fahrlässiger Weise ihren Lidschatten während der Fahrt auffrischte, erstarrte zur Salzsäule, als sich ein wildfremder Mann auf ihren Beifahrersitz fallen ließ. Einpaar Sekunden blinzelte sie vollkommen perplex.

„Wer sind sie?!“

„Polizei. Rechts ran fahren, aber plötzlich Kleines!“

„Warum? Wieso… Wie kommen sie überhaupt in meinen Wagen?!“

„Muss ich mich vor jemandem rechtfertigen, der mit hundert Sachen durch die Stadt rast und sich schminkt? Sie hätten einen Senioren überfahren können.“

Das war C17 natürlich scheiß egal.

„Ich will erst ihren Ausweis sehen!“

„Natürlich. Wenn sie rechts ran fahren! Biegen sie in die nächste Straße rein, damit wir den Hauptverkehr nicht stören.“

„Das gibt’s doch nicht! Scheiß Bullen, “ fluchte sie, tat aber wie ihr geheißen. Der Wagen hielt in einer kleinen Seitengasse, wo niemand zu sehen war. C17 stieg aus und ging um das Cabriolet herum auf die Fahrerseite.

„Aussteigen und ihre Papiere zeigen!“

Die Frau gab ein genervtes Stöhnen von sich, hinterfragte ihren Gegenüber aber nicht und stieg aus. Sie schnappte sich ihre Handtasche vom Rücksitz, kramte darin herum und dann…

„AAARGH!!!“

Kreischte sie hysterisch als C18 unmittelbar neben ihr auf dem Boden landetet.

„SEID WANN FLIEGEN POLIZISTEN DENN?!“

C17 gab ihr eine leichte Kopfnuss. Die Frau sackte mit einer Beule am Kopf zu Boden und ließ die Schlüssel fallen.

„Was soll denn das?“, fragte C18 genervt und beobachtete ihren Bruder dabei, wie er summend die Schlüssel aufhob.

„Wenn man vom Pferd gefallen ist, soll man wieder aufsteigen. Mal sehen ob mein Fahrstil uns wirklich in den Tod getrieben hat. Also los Schwester, steig ein!“
 

Als sie wieder ins Labor zurück schlichen war es schon spät am Abend. Das Labor besaß zwei Eingänge. Einer der direkt durch Dr. Geros Werkstatt führte, der andere war im oberen Geschoss am Ende des Flurs und eigentlich nur für Notfälle gedacht. Natürlich war damit ein Brand gemeint, aber Freiheitsentzug fiel für die Zwillinge auch unter diese Kategorie. Geschickt wie die Zwillinge waren, hatten sie schnell erkannt, welche Kabel sie entfernen mussten, um ohne den Feueralarm zu aktivieren aus der Tür zu entkommen.

Der Professor hatte ihnen strikt verboten die zweite Tür zu benutzen. Anscheinend war er der Auffassung dass er genug Autorität besaß, um sie einzuschüchtern.

Dem war nicht so…
 

„Alles ruhig.“, sagte C17 gleichgültig, als er durch die Tür spähte und schließlich eintrat.

„Wenn er etwas bemerkt hat wird er auch nicht die ganze Zeit vor der Tür Wache stehen.“, entgegnete C18.

„Reg dich ab. Der Kerl sitzt doch eh nur die meiste Zeit in seinem Loch und tüftelt herum.“

„Ich frage mich was er ausheckt?“

Es war eine nebensächliche Frage von C18 gewesen. Trotzdem begann es wie so oft im Oberstübchen der beiden zu rattern wenn sie über dieses Thema nachdachten.

„Ich wüsste zu gerne…“, begann C17 nach kurzem Schweigen. Dann stoppte er vollkommen im Gedanken versunken.

„Was?“, C18 sah ihn fragend an.

„Ob… Dr. Gero vielleicht hinter unserem Unfall steckt?“

Kurze Stille breitete sich aus. Dann schüttelte C18 verneinend den Kopf.

„Wieso sollte er? Was hätte das für einen Sinn? Er kannte uns doch nicht.“

„Und genau das finde ich so eigenartig!“, erwiderte C17 und blickte seiner Schwester direkt in die Augen. „Ein wildfremder Mann gabelt uns nach einem Unfall auf. Präpariert uns komplett um und lässt uns dadurch zu Supermenschen werden.“

„Das er da nicht an uns gedacht hat ist klar. Der Kerl pusht nur sein Ego mit solchen Nummern auf.“

„Und du glaubst nicht, dass er keine Skrupel hätte, einpaar junge Leute von der Straße dafür aufzugabeln? Sieh dir C03 an! Der Kerl ist hell wie ein Eimer Kohle. Würde mich nicht wundern, wenn er nach einpaar Exemplaren gesucht hat, die mehr Grips in der Birne besitzen.“

„Großer Gott! Hörst du dir überhaupt zu?! Du klingst vollkommen paranoid!“

C18 trat langsam zu ihrem Bruder und legte eine Hand auf seine Wange. Es war eine der wenigen Momente in denen sie sich um ihn sorgte.

„Was ist bloß los mit dir??? Kannst du nicht für einen Moment dankbar sein das wir noch leben? Ich mag Dr. Gero auch nicht! Aber wir werden ja auch nicht für immer hier blieben. Hab doch einfach noch etwas Geduld! Er wird uns bald gehen lassen! Bestimmt will er nur das Beste für uns und ist zu vorsichtig.“ Beide sahen sich kurz in die Augen. Dann nahm C17 ihre Hand von seinem Gesicht, umklammerte sie aber weiterhin in seinem Griff. Er sah sie aus ernsten Augen an und sagte in einem verschwörerischen Ton.

„Ich bin nicht Schuld an unserem Unfall…“

C18 seufzte. Darauf lief das also hinaus. Sie wollte C17 nur necken, nicht ihm unterstellen er sei Schuld an ihrer Misere gewesen. Woher hätte sie denn ahnen sollen, dass er ihren sarkastischen Einwurf so persönlich nahm.

„Ist ja gut. Ich habe dass nicht so gemeint, du musst…“

„Und ich will wissen wer es war!“, schnitt er ihr das Wort ab. „Wenn der alte Sack heute Nacht schläft gehe ich runter und sehe mich mal in seiner Werkstatt um.“

„Wir dürfen nicht runter!“

C17 grinste schelmisch.

„Wir durften auch nicht raus. Trotzdem konntest du es nicht erwarten, aus diesem Kabuff herauszukommen.“

Autsch! Erwischt…

C18 musste ertappt lächeln und ihre Wangen wurden vor Verlegenheit rot. Tatsächlich war es ihre Idee gewesen die Kurve zu kratzen und als sie das erste Mal, außer Reichweite des Labors waren, hatte sie gejubelt und den nächstbesten Baum umarmt.

„Na gut.“, antwortete sie schließlich und ihr Bruder atmete erleichtert aus. „Aber ich komme mit!“
 


 

„Wie lange willst du noch suchen?!“

„Bis ich etwas gefunden habe!“

„Oh Mann!“, fauchte C18 und beobachtete den Aufzug zum Wohnbereich, der nur aus einer kleinen Plattform bestand, die per Knopfdruck rauf und runter glitt. Nicht das sie vor Dr. Gero Angst hatte, aber C17 durchwühlte seit drei Stunden die Werkstatt. Sie hatte es satt Wache zu stehen und wollte endlich zurück in ihren Ruheraum. Zudem gab sich ihr Bruder keine Mühe Ordnung zu halten und C18 musste jeden zweiten Gegenstand, den er in den Händen gehalten hatte, an seinen richtigen Platz zurück stellen.

Nach weiteren fünf Minuten war ihr so langweilig geworden, dass sie achtlos Dr. Geros Tastatur zur Seite schob und auf dem Schreibtisch Platz nahm.

„Stehst du überhaupt noch Wache?“, fragte ihr Bruder.

C18 zuckte gelangweilt mit den Schultern. Sie wusste selber nicht mehr was genau sie eigentlich hier unten wollte. Dr. Gero war sicher nicht so dumm und protokollierte seine Geheimnisse, falls er welche besaß.

„Das ganze ist doch sinnlos. Wir wissen nicht einmal nach was wir suchen!“

„Ich habe dich nicht gezwungen mitzukommen.“, warf C17 barsch ein. Dann wandte er sich zu einem Schrank in dem mehrere kleine quadratförmige Schubladen steckten. Er zog eine nach der anderen auf, durchwühlte den Inhalt, zog Akten und Blaupausen hervor und studierte sie still. Worauf er später noch einen Blick werfen wollte, warf er neben C18 auf den Schreibtisch und hantierte anschließend weiter.

Da sie nichts Besseres zu tun hatte, griff C18 nach einer der Mappen, die C17 neben ihr stapelte. Gedankenlos blätterte sie darin herum, bis sie erkannte was sie da eigentlich in der Hand hielt.

„Das ist ja C03s Akte!“

„Ich weiß“, sagte C17 und zog eine weitere Schublade auf. Eine ganze Aktenreihe kam zum Vorschein und für eine Sekunde schien C17 ernsthaft zu überlegen, ob er sich das wirklich antun wollte. Dann seufzte er geschlagen und zog die erste Mappe hervor. „Das kann jetzt etwas länger dauern, bis ich mich da durch gekämpft habe. Wenn du schon dabei bist, schau dir die Akten an, die ich dir hinwerfe, bevor du noch auf dem Tisch einpennst und Dr. Gero denkt du willst ihn verführen.“

„Igitt… Wie geschmacklos!“, sagte C18 und ein angewiderter Schauer lief ihr über den Rücken. „Als ob wir nicht beide wüssten das der Kerl komplett asexuell ist!“

„Meinst du?“

„Klar.“

„Wirklich?“

„Ja doch!“

„Na dann schau mal was der Professor hier versteckt hat.“

C17 drehte sich feixend um. In seiner Hand hielt er ein Erotikmagazin. Er klappte es auf und dabei auch das längliche Poster in der Heftmitte, dass eine lüsterne Krankenschwester in kurzer Uniform und einer überdimensionalen Spritze präsentierte.

„Oh-mein-Gott!!!“, entrüstete sich C18, entriss ihrem lachenden Bruder das Heft und mit einem kleinen Ki-Blast entflammte es in ihrer Hand.

„Hey, das wollte ich vielleicht noch lesen!“, sagte C17 doch er wurde von solchen Lachkrämpfen geschüttelt, dass C18 wusste das er sie verschaukelte.

„Oh du!!!“, fauchte sie, gab ihm mit der Mappe einen Schlag auf den Hinterkopf und drehte ihn wieder zum Schrank. „Sieh zu das du fertig wirst, du bescheuertes Großmaul!“

C17 lachte noch vor sich hin, begann aber endlich die Aktenreihe zu durchstöbern.

C18 lehnte sich wieder an den Schreibtisch.

Beinahe hätte sie durch diesen Zwischenfall die Mappe in ihrer Hand vergessen und schlug sie auf, um sie eingehender zu studieren.

Sie blätterte weiter bis sie auf eine zweispaltige Tabelle stieß. In der ersten Reihe hatte der Professor das Datum eingetragen, in der nachfolgenden seine Bemerkungen und Entdeckungen des jeweiligen Tages.

Was ihr dabei auffiel war, dass der erste Eintrag nicht mit dem Tag von C03s Einlieferung begann, sondern mit einer Beobachtung von Dr. Gero bei dem großen Turnier der Kampfsportarten vor neunzehn Jahren. Er beschrieb C03 darin als maskulin, kräftig und ausdauernd. Mit guten Vorraussetzungen für seine erste Versuchsreihe.

C18 zog die Brauen tief ins Gesicht.

Die Chronologie kam ihr seltsam vor. Warum hatte der Professor schon vor seiner Einlieferung C03 beobachtet? Er konnte doch nicht ahnen, dass er irgendwann mal sein Patient werden würde!

Eine Gänsehaut lief ihr über den Rücken und ihr Blick fiel auf den Schrank, den ihr Bruder gerade durchforstete. Konnte es möglich sein, dass irgendwo dort drinnen eine Akte von ihr steckte, die bereits seit ihrer Geburt geführt wurde?

Ein mulmiges Gefühl breitete sich in ihrer Magengegend aus, dann las sie die nächsten Zeilen weiter.

Laut dem Zeitablauf wurde C03 vor zehn Jahren im Labor eingeliefert. So lange war er hier?

Dankbarkeit allein konnte einen Menschen doch nicht zehn Jahre an einen Ort fesseln… Es sei denn Dr. Gero hatte seine Finger im Spiel.

Doch als sie einen weiteren Blick auf die Tabelle warf, konnte sie sich denken, warum Dr. Gero C03 nicht gehen ließ. In mehrer Zeilen tauchten Bemerkungen auf wie, unvorhersehbare Wutausbrüche, Anfälle mit aggressiven Verhaltensstörungen, Orientierungslosigkeit und ständige Trägheit. Scheinbar war C03 immer noch nicht gesund. Das erklärte auch sein merkwürdiges Verhalten.

An einem Eintrag vor fast zwei Jahren blieb ihr Augenmerk hängen. Darin beschrieb Dr. Gero, dass C03 das gesamte Labor beinahe verwüstet habe. Er war damals schwer zu kontrollieren, doch drei Monate später hatte Dr. Gero mit einer weiteren OP seinen Patienten in den Griff bekommen. Das konnte wohl nicht ganz stimmen, sonst wäre C03 schon vor eineinhalb Jahren entlassen worden.

Sie überflog die nächsten Zeilen da sie nur Fortschritte von C03 enthielten. Dann blätterte sie die Seite um. Dabei fiel ein Blatt aus der Mappe zu Boden. C18 hob es auf und las die Überschrift. Es handelte sich um C03s Biographie.

Interessiert wollte sie den ersten Abschnitt durchlesen, doch plötzlich rieselte einwenig Putz von der Decke. Fragend blickte C18 hinauf. Die Decke schien in unregelmäßigen Abständen zu vibrieren. Als würde jemand im Wohnbereich immer wieder mit voller Wucht gegen den Boden stampfen.

„Hörst du das auch?“, fragte C18 ihren Bruder. C17 hatte gerade eine der Akten eingehender studiert, als seine Schwester ihn ansprach. Mit gerunzelter Stirn blickte er nach oben, dann…
 

„AAAARRHH!!!“
 

C18 rettete sich mit einem Sprung gerade noch rechtzeitig zur Seite, ließ die Mappe dabei fallen, als auch schon die Decke hinabstürzte und auf den Schreibtisch krachte, der unter der Last des Zements zusammenbrach. Als sich die Staubwolke gelegt hatte stand C03 auf dem Geröllhaufen und brüllte wie ein Tier.

Seine Augen leuchteten rot, sein Atem ging stoßweiße und durch gebleckte Zähne hindurch, während er die Zwillinge fixierte.

„WAS SUCHT IHR HIER?!“, brüllte er ihnen entgegen und schlug vor Wut schäumend gegen eine Stehlampe die einpaar Schritte vom Schreibtisch gestanden hatte. Sie flog auf C17 zu, doch mit einem schnellen Schritt zur Seite verfehlte sie ihn, und krachte Funken sprühend an die Wand.

„Verdammt du hirnloser Gorilla! Beruhige dich!“, blaffte C17 ihn an und stellte sich in Kampfposition. „Wir haben uns hier nur mal umgesehen. Deswegen brauchst du nicht gleich das ganze Haus in Trümmern zu le…“

Weiter kam C17 nicht. Denn mit einem Affenzahn hatte C03 seinen Kopf mit der rechten Faust gepackt und drückte zu. C17 bis die Zähne zusammen und als C03 ihn einen halben Meter vom Boden baumeln ließ, trat er unbeholfen mit den Füßen.

Dann spannten sich C03s Muskeln bis zum Zerreisen an und mit einem animalischen Schrei, warf er C17 in Richtung seiner Schwester. C18 konnte gerade noch ausweichen und keine Sekunde später hörte sie wie ihr Bruder, an der metallenen Eingangstür hinter ihrem Rücken abprallte.

Als sie mit wütendem Blick zu C03 sah raste dieser bereits auf sie zu.

„Hör sofort auf, oder ich trete dir dein Hirn aus dem Leib!“, schrie sie ihm entgegen. Doch als sie zu einem Schlag ansetzen wollte, sprang C03 über sie hinweg auf C17 zu. Dieser hatte sich bereits aufgerichtet, sah den Koloss auf sich zukommen und ging in Abwehrhaltung.

„Als ob das etwas bringen würde, du Sandsack!“, lachte er C03 entgegen. C18 hielt die Luft an als der schwere Koloss aus vollem Halse brüllend auf C17 zuraste. Die schwere Pranke C03s hob sich im Flug und als der Schlag ihren Bruder traf, gab die Tür hinter ihm mit einem ächzenden Laut nach und die schweren Metallflügel brachen hinaus ins Freie, samt der beiden kämpfenden Männer.

Draußen herrschte tiefste Nacht und es regnete. Ein stechender Wind wehte durch die umliegenden Bäume und Blitze zuckten am Himmel. Die beiden Kämpfenden waren im angrenzenden Wald verschwunden. Sofort setzte C18 ihrem Bruder nach.

Als sie zwischen den Bäumen flog, hatte sie für eine kurze Sekunde befürchtet, sie hätte die beiden im finsteren Wald verloren. Doch plötzlich ertönte ein weiterer Wutschrei von C03 links von ihr. Sofort wirbelte sie herum und flog in die Richtung aus der sie den Kampflatz vermutete und tatsächlich…

Keine Sekunde später leuchtete ein greller blauer Blitz zwischen den Bäumen auf und C18 war sich sicher das er von ihrem Bruder kam. Sie kannte seine Attacken in und auswendig.

Als sie auf einer kleinen Lichtung ankam lag C03 keuchend auf dem Boden. C17 stand mit weit aufgerissenen Augen einpaar Schritte von ihm entfernt und ein hellblauer Ki-Ball leuchtete in jeweils einer Hand von ihm auf – bereit um sie abzuschießen.

„Worauf wartest du?“, schrie C18 über den Platz, doch als ihr Blick auf C03 fiel, erkannte sie weshalb ihr Bruder zögerte.

Dort wo früher einmal C03s rechter Arm gewesen war, fehlte ihm bis zum Halsansatz ein großer Teil seines Brustkorbs. Doch anstatt blutenden Innereien starrten C18 nur mechanische Kleinteile entgegen und etwas Ähnliches wie eine Pumpe, die wohl für die Blutzufuhr zuständig war und immer wieder eine Ladung der roten Flüssigkeit hervorstieß. Da C03 nur noch in unregelmäßigen Abständen zuckte und keine Anstalten machte wieder aufzustehen, ließ C17 seine Arme sinken und die Ki-Bälle verpufften.

„Was zum Teufel ist das?“, fragte er und trat zu seinem besiegten Gegner.

C18 stellte sich zu ihm und sah auf den Körper vor ihnen hinab. Ein letztes Zucken ging durch C03, dann schoss ein kleiner Funken aus seiner Wunde. Anscheinend hatte der Regen einen Kurzschluss verursacht. Das rote Leuchten seiner Augen verschwand und der Leichnam blieb reglos liegen.

„Ist er tot?“, fragte C18.

„Scheint so.“ C17 beugte sich zu ihm hinab. „Falls man so ein Ding als tot bezeichnen kann.“

„Er war einmal ein Mensch.“ C18 fiel C03s Akte wieder ein.

„Quatsch. Sieh ihn dir an! Der besteht nur aus Bauteilen, wie ein Küchenmixer.“

„Und was ist mit uns?“, C18 traf es wie einen Schock als ihr dieser Gedanke in den Sinn kam.

C17 sah sie bloß irritiert an. Es war eindeutig das er nicht verstand wie seine Schwester auf diesen Gedanken kam, immerhin hatte er C03s Akte nicht so eingehend gelesen wie sie.

C18 beugte sich zu ihm herab und sagte: „Ich habe vorhin C03s Akte gelesen. Er war vor neunzehn Jahren beim großen Turnier. Aber erst vor zehn Jahren wurde er hier eingeliefert. Der Professor hat ihn beobachtet noch bevor er überhaupt ahnen konnte, dass er im Labor eingeliefert wird!“

„Er könnte schon vorher eine Maschine gewesen sein.“

„Nein! War er nicht.“ C18 hatte Dank ihrer neuen Fähigkeiten einen großen Teil von C03s Geschichte aus seiner Biographie erfahren, auch wenn sie nur für den Bruchteil einer Minute einen Blick darauf hatte werfen können, bevor auch schon die Decke über ihr zusammen gebrochen war. „C03s richtiger Name war Pabpoja. Er war ein Schwergewichtweltmeister.“

„Na und?“

„Er wurde im Oktober 717 in einem Krankenhaus von Mangawo Island geboren.“

„Bist du sicher?!“, fragte C17 und stand auf. Ihm wurde nun zu deutlich dass er wahrscheinlich einen Menschen getötet hatte. Sein erster Mord.

„Ja.“, C18 blieb noch einpaar Sekunden neben C03 knien. Ihr kam das Schwarzweißbild in der Biographie in den Sinn, dass Pabpoja mit einer Frau und drei Kindern zeigte. Hätte sie es nicht besser gewusst wäre die junge Frau an seiner Seite C18s Ebenbild gewesen. Nun wurde ihr auch klar, warum C03 sie immer so anders behandelt hatte.

„Es reicht.“

C18 sah fragend zu ihrem Bruder hinauf, der entschlossen seine Fäuste ballte.

„Ich will wissen was Dr. Gero mit uns gemacht hat! Und wenn ich es aus ihm herausprügeln muss!“

Mein verlorenes Schaf

C18 war in der Waschküche und holte die Wäsche aus dem Trockner, während Marron in der Küche saß und nachdenklich mit einer runden Praline spielte, die sie zwischen ihren Fingern hin und herrollte. Dabei hatte sie ihren Ellbogen auf den Küchentisch gestemmt und den Kopf auf ihre Handfläche gelegt.

Wenn sie den Zusammenhang richtig verstand, war C03 eigentlich Pabpoja, ein Schwergewichtsweltmeister und Familienvater. Demnach ein weiterer Cyborg von Dr. Gero.

Gut, damit hatte Marron gerechnet. Doch sie hatte bei C18s Erzählungen eher an ein Modell wie C16 gedacht, der gar keinen menschlichen Ursprung besaß. Das eine weitere Seele diesem skrupellosen Wissenschaftler zum Opfer gefallen war, stimmte sie traurig.
 

Mittlerweile hatte sich C18 mit dem Wäschekorb in die Küche gesetzt und begann die Teile auszusortieren, die nicht gebügelt werden mussten.

„Du wirkst so nachdenklich.“, warf sie nebenbei ein.

„Naja“, sagte Marron und suchte nach den passenden Worten. „Du hast doch gesagt C03 war auch früher ein Mensch. Warum benahm er sich dann nicht wie ihr?“

„Das kann ich dir auch nicht sagen.“, antwortete C18. „Ich kann nur vermuten, dass er Dr. Geros erster Cyborg auf menschlicher Basis gewesen ist. Jeder Prototyp hat die eine oder andere Kinderkrankheit und so war das wohl auch bei C03. Jedenfalls möchte ich nicht wissen, wie viele Fehlläufe Dr. Gero noch hatte bis er uns erschuf. Obwohl… Eigentlich hat er uns zum Schluss auch als fehlerhaft abgestempelt.“

„Was geschah als ihr Dr. Gero zur Rede stelltet.“

C18 überlegte kurz.

„Ich glaube das war unmittelbar nach unserem Kampf im Wald.“

Daran konnte C18 sich noch gut erinnern…
 


 

Als sie im Labor ankamen schäumten beide vor Wut. Trotzig stapften sie den Abhang zum Eingang hinauf und über die aufgebrochene Metalltür hinweg. Es wurde Zeit für einpaar Antworten und die würde ihnen der Professor nun geben!

Als sie die Werkstatt betraten zuckte ein Blitz am Himmel und wie ein unheimlicher Dämon stand Dr. Gero mitten im Raum und wurde sekundenlang vom gleißenden Licht erleuchtet.

„Was ist geschehen?“, fragte er. Es klang ruhig, keinesfalls außer sich, was C18 anlässlich der zerstörten Decke nicht verstand.

„Ihr bescheuerter Roboter ist durchgedreht!“, antwortete C17.

„Roboter?“

„C03!“, fuhr C18 den Professor an. „Wir dachten immer er wäre wie wir, aber sie haben ihn zu einer Maschine umfunktioniert! Wie krank ist das?! Er war ein Mensch und jetzt ist er diese Konservendose!“

Der Professor blieb stumm und C17 sprach weiter.

„Aber was uns mehr interessiert - haben sie mit uns dasselbe gemacht? Oder hatten sie sogar ihre Finger bei unserem Unfall im Spiel?!“

Es kehrte Stille in den Raum ein. Sogar der Wind schien sich draußen zu legen. Dr. Gero sah die Zwillinge aus unergründlichen Augen an, bis er schließlich seufzte.

„Ich hatte befürchtet dass ihr irgendwann dahinter kommen würdet.“ Er legte seine Hände hinter den Rücken und lief gemächlich im Raum umher. Irritiert sahen die Zwillinge einander an. Sie hatten damit gerechnet das der Professor leugnen, lügen oder schreien würde, aber nicht das sein Geständnis so schnell kam.

„Was meinen sie damit“, zischte C18 wütend.

„Ihr armen Kleinen. Ich wünschte ich hätte euch dieses Schicksal ersparen können.“, fuhr Dr. Gero fort. „Ich bin dafür verantwortlich.“

„Wofür?“, kam es gleichzeitig von den Zwillingen.

Der Professor nahm sich einen Stuhl aus einer Ecke des Labors und setzte sich.

„Ihr seid heute Nacht hier runtergekommen um zu spionieren, nicht wahr?“

„Und wenn es so war, wir haben allen Grund misstrauisch zu sein!“, blaffte C17 ihn an.

Dr. Gero hob beschwichtigend die Hand. In der anderen hielt er C03s Akte.

„Natürlich habt ihr das. Immerhin konnte ich euch nicht ewig von der Wahrheit fernhalten. Doch ich wollte euch wenigstens so weit vorbereiten dass ihr dem armen C03 keine Schuld gebt. Er ist nur eine arme missverstandene Seele gewesen, die nicht wusste was er tat. Es ist ein Jammer das es soweit kommen musste.“

Der Professor schüttelte den Kopf und C18 konnte nicht sagen, ob ehrliches Mitleid aus ihm sprach oder nur bloße Theatralik.

„Was wollt ihr wissen?“

„Alles!“, kam es wie aus der Pistole geschossen.

„Gut.“, Dr. Gero verschränkte die Arme vor der Brust. „Wisst ihr eigentlich auf welchem Gelände ihr seid?“

Die Zwillinge schüttelten verneinend den Kopf.

„Dieses Grundstück, dass Labor, die Werkstatt – diese gesamte Einrichtung gehört der Red Ribbon Armee.“

C17 zog überrascht die Brauen hoch. Anscheinend hatte er von der Red Ribbon Armee gehört, worin er seiner Schwester voraus war. Fragend sah C18 ihn an und er deutete ihren Blick richtig.

„Die Red Ribbon Armee, Schwesterherz, ist eine Terroristenorganisation. Sie hat ihren Sitz im Norden und schon mehrere Dörfer in dieser Region eingenommen.“

„Dann sind wir im Bunker eines Verbrechers. Toll. Ist ja nicht so als ob wir es mit dem Gesetz so ernst nehmen würden, “ warf C18 gelangweilt ein. „Aber was hat die Red Ribbon Armee mit uns zu tun?"

„Ursprünglich nichts. Ich wollte nur ehrlich sein. Jedenfalls bin ich einer ihrer Forscher und meine Aufgabe ist es, den ultimativen Söldner zu erschaffen.“ Demonstrativ hob er die Fetzen von C03s Akte in die Höhe. „C03 oder Pabpoja, wie immer ihr ihn nennen wollt, war einer davon. Er hat sich vor zehn Jahren der Armee angeschlossen und sich freiwillig in das Söldner Programm eingetragen.“

„Wir sind aber nicht freiwillig hier!“, warf C17 ein.

„Das ist mir bewusst Junge. Lass mich ausreden!“ Der Professor blätterte in der staubigen Akte herum. Es musste ihn viel Mühe gekostet haben, sie aus den Trümmern zu bergen. „Bevor Pabpoja zu mir kam, hatte ich einige Roboter gebaut, die dem kampflichen Zwecke dienten. Einige davon waren sogar sehr gut, nur hielten sie nicht lange und waren auch recht… dämlich. Deshalb musste ich mich umorientieren. Also stieg ich auf Roboter mit menschlichem Ursprung um – Cyborgs, wie man in meinem Bereich sagt.“

„Dann war C03 einer dieser Cyborgs“, sagte C18. Dann stockte sie. „Einen Moment! Sind wir auch…“

„Bedauerlicherweise ja…“

Wütend ballte C17 die Fäuste und brüllte dem Professor entgegen:

„Was soll das, sie Ratte?! Sie können uns nicht gegen unseren Willen in Kampfmaschinen umfunktionieren!“

„Zügle deine Zunge!“, herrschte ihn Dr. Gero an und stand abrupt von seinem Stuhl auf. „Willst du die Wahrheit hören oder nur weiterhin den arroganten Gockel markieren?!“ Dann grinste er böse und fügte noch hinzu. „Außerdem schienst du mir bis vor kurzem nicht sonderlich abgeneigt von deinen neuen Fähigkeiten.“

Hätten Blicke töten können wären beide Männer tot umgefallen. In C17s Augen blitzte blanker Hass und Dr. Gero sah verächtlich und voller Arroganz auf ihn herab. C18 befürchtete das das Fass der Unsympathie kurz davor stand überzulaufen.

„Erzählen sie endlich weiter!“, forderte sie den Professor auf. Mit einem verärgerten Schmunzeln drehte er sich zu ihr um. Er war nicht begeistert davon wie respektlos C18 mit ihm sprach, fuhr aber dennoch fort.

„Wie ihr wollt, meine Kleinen.“ Seine Hand fuhr zu seinem Schnurrbart und strich darüber. „Es gab einen bestimmten Grund, weshalb Pabpoja seiner Umwandlung zum Cyborg zugestimmt hat. Er erfuhr vor elf Jahren dass er an einer unheilbaren Blutkrankheit litt. Als Professor sah ich es deshalb als meine Pflicht, ihm als Söldner der Red Ribbon Armee eine gesunde Zukunft zu bescheren. Und tatsächlich… Dank meiner überragenden Fähigkeiten erschuf ich meinen ersten funktionsfähigen Cyborg – C03!“

Bei dem Wort funktionsfähig zog C18 die Brauen zusammen. Gab es Menschen die zu Cyborgs umgewandelt wurden und als funktionsuntauglich galten? Doch Dr. Geros Stimme riss sie aus ihren Gedanken.

„Die ersten Testreihen liefen optimal. C03 machte schnell Fortschritte. Doch irgendwann…“

„… verloren sie die Kontrolle über ihn.“, beendete C18 den Satz.

„Korrekt. Er zeigte abnormale Verhaltensmuster auf. Ich konnte soviel tun wie ich wollte, doch es gelang mir nicht, ihn zu bändigen. So verschob sich der Termin seiner Entlassung immer öfters, bis die Red Ribbon Armee beschloss, dass er aus dem Verkehr gezogen werden sollte.“

„Inwiefern?“, hakte C17 nach.

Dr. Gero sah ihn aus unergründlichen Augen an. Dann legte er seinen Zeigefinger an den Hals und fuhr sich langsam quer von einer auf die andere Seite.

„Ou. Verstehe…“ meinte C17 knapp angebunden.

„Meine Vorgesetzten waren der Ansicht, dass keine weiteren Gelder in C03 investiert werden sollten. Ihrer Meinung nach sollten die Söldner bezahlt werden, die seit Jahren auf Kommandant Reds Befehl hin, einen seltsamen Schatz suchen. Laut meinen Befehlshabern handelt es sich dabei um sieben Kristallkugeln, die uneingeschränkte Macht verleihen. Fragt mich nicht ob an dieser Geschichte etwas dran ist.“ Dr. Gero zuckte die Schultern. Entweder schien er die Meinung seiner Vorgesetzten nicht zu teilen, oder es interessierte ihn schlicht und ergreifend nicht.

„Im Endeffekt brachte ich es nicht übers Herz C03 das anzutun. Soviel ich weiß, besaß er Frau und Kinder. Welcher Unmensch könnte sich zu so etwas in der Lage sehen?“ Dr. Gero schüttelte bedauernd den Kopf und das erste Mal keimte in C18 etwas wie Verständnis auf. „Ich sagte dem Hauptquartier dass ich C03 eliminiert hätte. Dann setzte ich alles daran ihn für die Außenwelt wieder herzurichten. Es vergingen Jahre bis ich seine ständigen Tobsuchtsanfälle verringern konnte und weitere bis sie gänzlich ausblieben. Irgendwann dachte ich, er wäre endlich bereit für ein normales Leben. Das war zu dem Zeitpunkt, als die Red Ribbon Armee ihr Hauptquartier im Norden verlor. Für mich war das ein Zeichen des Himmels. Nun konnte ich für C03 endlich den nächsten Schritt planen. Ein Leben ohne die Red Ribbon Armee. Ein Neubeginn mit seiner Familie...“

Die Zwillinge blieben stumm und C18 konnte nicht leugnen das sie von dieser ehrlichen Schuld nicht erstaunt war. Plötzlich sah sie den Professor aus anderen Augen. Womöglich war er nur ein Mann, der für seine früheren Missetaten Reue empfand. Wer war sie das sie von sich behaupten konnte, ihr Leben wie eine Heilige geführt zu haben?

C18 erhaschte einen kurzen Blick auf ihren Bruder der noch nicht ganz überzeugt schien.

Doch in einem überraschend ruhigen Ton sagte er:

„Na schön. Anscheinend dienten ihre Forschungen nicht immer nur ihrem eigenen Zweck. Doch was hat das mit uns zu tun? Wieso sind wir hier?“

„Mein armer Junge“, antwortet Dr. Gero. „Ihr seid hier, weil ich C03 zu früh entlassen habe! Ich hatte mir eingebildet er wäre keine Gefahr mehr für sich und andere. Doch ich war ein Narr! Ich entließ ihn vor sechs Monaten. Am vierundzwanzigsten Januar.“

Beide Zwillinge rissen die Augen auf.

Der Tag ihres Unfalls!

„Nur fünf Stunden nachdem er seinen ersten Schritt in die Freiheit getan hatte, stand C03 mitten in der Nacht wieder vor meiner Tür. Er berichtete mir dass er einen Rückschlag erlitten habe. Dabei habe er ein Auto mit zwei Jugendlichen attackiert.“

In C18s innerem Auge spielten sich die Szenen ihres Unfalls ab. Sie sah sich mit ihrem Bruder im Auto sitzen. Irgendwo in der Dunkelheit der Nacht hatte C03 gelauert. Verrückt und mit dieser gierigen Mordlust, wie bis vor kurzem im Wald. Es war ihm egal gewesen, wen er angriff, Hauptsache er konnte seinen Bluthunger stillen.

Dann wendete sich der gesamte Hass den sie gegen den Professor gehegt hatte auf C03.

Wie konnte diese Missgeburt ihr das antun???

Sie hatte Todesängste durchlitten! Ihr waren vor Verzweiflung die Tränen in die Augen gestiegen, weil sie nicht den Gedanken ertragen konnte, dass sie sterben würde! Keiner der nicht in einer ähnlichen Situation war, konnte nachempfinden wie es war, wenn man dem Tod in Form eines tiefen dunklen Bergabhangs auf sich zurasen sah. Das furchtbare Gefühl nichts gegen das Kommende unternehmen zu können!

Für C03 waren sie nur wie Puppen in einem Spielzeugauto gewesen - doch für die Zwillinge war dieses Spiel tödlicher Ernst!
 

Dr. Gero hatte den beiden jungen Menschen Zeit gelassen das Gehörte zu verdauen. Er lehnte an einer Wand und sah voller Schuld zu Boden. Bevor er fortfuhr, seufzte er noch einmal.

„Als C03 mir die Unfallstelle zeigte, hatte ich nicht mehr damit gerechnet dass ihr noch lebt. Ich war am Boden zerstört. Zwei junge Menschen aus dem Leben gerissen, nur weil ich mich verkalkuliert hatte! Ich dachte ich würde an meiner Schuld zugrunde gehen.“

Dann sah Dr. Gero sie aus hoffnungsvollen Augen an.

„Doch wie bei einem Wunder steckte noch ein Hauch von Leben in euch! Und ich packte die Gelegenheit beim Schopf. Ich kann nicht gut machen was C03 getan hat! Es muss ein schreckliches Trauma hinerlassen haben. Doch ich dachte mir, wenn ich schon nicht die seelischen Narben entfernen kann, dann doch sicherlich die Äußerlichen. Und da ihr vollkommen unschuldig in die Sache hinein gezogen wurdet, wollte ich euch etwas geben, das euch Freude bereitet. Aus zertrümmerten, schwächlichen Körpern, sollten starke junge Menschen werden!“

Dr. Gero war auf C17 zugetreten und legte ihm die Hand auf die Schulter. Als ob er zu seinem Sohn sprach, mit dem er nicht immer einer Meinung war, jedoch trotzdem nur das Beste für ihn wollte.

„Drei Tage hatte die OP gedauert um euch wieder zu stabilisieren und weitere zwei Wochen bis ich euch mit euren neuen Gaben ausgestattet hatte. Und nun steht ihr hier! Gesund, lebendig, stark und bereit für einen Neubeginn. Obwohl ich nicht sicher bin, ob ihr auch wirklich glücklich darüber seid...“

Dr. Gero nahm seine Hand von C17 und schaute erwartungsvoll in die Runde. Die beiden Zwillinge tauschten vielsagende Blicke aus. Dann lächelte C18 und auch ihr Bruder schloss resignierend die Augen.

„Ja Professor“, antwortete C18. „Das sind wir.“

Draußen hatte es aufgehört zu regnen.
 

Verwirrt blickte Marron ihre Mutter an. Alles was sie über Dr. Gero gehört hatte, stand im kompletten Widerspruch zu dem, was sie immer von ihm gedacht hatte.

„Ich weiß was du denkst“, sagte C18 und faltete einpaar Socken zusammen. „Oh Dr. Gero! So ein netter Mann! Er wollte doch nur das Beste für die armen kleinen Zwillinge.“

„Aber… wollte er nicht? Das hört sich so an, als ob er nur Buße tun wollte. Du hast selber gesagt, dass ihr auch keine Engel ward!“

Es kam fast schon vorwurfsvoll aus ihrem Mund und C18 blickte ihre Tochter aus großen Augen an. Dann schüttelte sie nur den Kopf und faltete weiter.

„Vielleicht war er auch nicht mehr als das berühmte verlorene Schaf.“, warf Marron ein.

„Du bist wie ich in deinem Alter. Blond und blöd.“

Marron blähte wütend die Wangen auf. Was sollte das schon wieder heißen?!

„Wenn du irgendwann mal so alt bist wie ich, weißt du dass in jedem Schafspelz auch der berühmte Wolf stecken kann.“

Mein Plan zur Freiheit

„Mein Sofa! Juhu!“, glücklich lies sich Muten Roshi auf die Couch plumpsen. „Und mein Fernseher! Meine Küche! Mein Klo! Danke C18! Vielen Dank!“

Die Augen des alten Mannes mussten so hell strahlen, dass es C18 einem Wunder gleichkam, dass die Sonnenbrille auf seiner Nase nicht schmolz.

Wäre Muten Roshi nicht so pervers hätte man ihn fast für putzig halten können, wie er so dastand und den Fernseher umarmte und streichelte, nur aus lauter Freude weil C18 ihn endlich wieder ins Haus gelassen hatte.

„Ich weiß dass ich manchmal unausstehlich bin, aber ich schwöre dir C18, diese Stunden da draußen haben mich verändert!“ Eigentlich saß Muten Roshi nur vier Stunden bei schönstem Tropenwetter vor der Tür, aber ohne die aktuelle Ausgabe des Playboys lag er nicht so gerne draußen auf seiner Liege. „Ich werde mich ändern! Ich werde den ganzen Tag mit euch verbringen und keine einzige obszöne Bemerkung äußern. Ich werde… C18? Wo bist du? Marron? Hallo?“
 


 

Die beiden Frauen waren zwischenzeitlich hinaus an den Strand gegangen. C18 hatte einen kleinen Klapptisch nach draußen gebracht, während Marron die Stühle aus dem Haus besorgte und Eistee brachte. Dann setzten sich Mutter und Tochter an den Tisch und genossen die herrlichen Strahlen der Sommersonne.

Da Muten Roshi seid Stunden kein Essen, kein Fernsehen und auch nicht aufs Klo gehen konnte, ging C18 davon aus, dass sie die nächsten Stunden ihre Ruhe vor ihm hatten. Seine Schildkröte döste unweit von ihnen im Sand. Selbst wenn sie wach gewesen wäre, hätte C18 keine Einwände gegen einen zusätzlichen Zuhörer gehabt, schließlich mochte sie die alte Reptiliendame, da sie im Gegensatz zu ihrem Meister vorbildliche Stubenreinheit und Anstand bewies.

Eigenartig wie schnell man Menschen mit Tieren verwechseln konnte…

C18 lehnte sich einpaar Sekunden zurück und schloss die Augen. Es tat gut endlich mal aus dem miefigen Haus zu kommen.

„Wie hast du das vorhin gemeint?“

C18 öffnete die Augen und sah ihre Tochter fragend an. Marron fuhr daraufhin fort.

„Du hast gesagt Dr. Gero wäre ein Wolf im Schafspelz gewesen.“

„Ach das meinst du“, antwortete C18. Sie nahm ihr Glas in die Hand und rührte mit dem Strohhalm darin herum. „Glaubst du allen ernstes ich würde Dr. Gero hassen wenn ich nicht einen guten Grund dafür hätte?“

„Ich dachte immer du hasst ihn weil er euch in Cyborgs umgewandelt hat.“

„Das hatten wir bereits besprochen“, seufzte C18 und stocherte mit dem Strohhalm nach den Eiswürfeln. „Zu diesem Zeitpunkt gab er sich noch Mühe seine wahren Absichten zu verbergen. Ich glaube wir sind auch sehr blauäugig in diese Sache hineingelaufen. Wie man das häufig tut wenn man jung ist.“

Kurzes Schweigen trat ein. Dann fuhr C18 fort.

„Nachdem Dr. Gero uns seine Version erzählt hatte glaubten wir ihm. Sie schien uns realistisch, da wir C03 zuvor in seiner Raserei erlebt hatten. Er war wirklich eine Gefahr für die Allgemeinheit, damit hatte der Professor in jeden Fall recht. Ich bezweifle auch nicht das C03 damals an unserem Unfall Schuld war.“

„Du hast gesagt seine Frau sah aus wie du“, warf Marron nachdenklich ein. „Aber Onkel C17 stand er immer sehr aggressiv gegenüber. Könnte es nicht sein, dass C03 wollte das du zu einem Cyborg umgewandelt wurdest, weil er in dir seine Frau sah?“

Dieser Gedanke war C18 zuvor noch nie gekommen. Doch nach einpaar Sekunden schüttelte sie verneinend den Kopf.

„Als wir zu Dr. Gero kamen war C03 in einem Stadium, in dem er nicht mehr selbstständig handeln, geschweige denn denken konnte.“

„Aber als ihr im Labor herumgeschnüffelt habt, hat er euch doch aus eigenen Stücken angegriffen! Genau wie damals bei eurem Unfall. Er muss also noch ein bisschen Eigeninitiative besessen haben!“

„Nein.“, sagte C18 so entschieden, dass Marron sie irritiert ansah. „C03 war mit den Jahren zu dem geworden, was Dr. Gero in ihm sah. Eine seelenlose Maschine. Wer weiß… Einpaar Jahre mehr und wir wären auch so geworden?“
 


 

Die verzweifelte Mutter kauerte am Boden und drückte wimmernd den kleinen Säugling in ihren Armen an sich. Als C17 mit einem bösen Grinsen und einem einzigen Hieb seiner Faust den Tisch, im verwüsteten Wohnzimmer zertrümmerte, kreischte sie und das Kind fing an zu weinen.

„Es muss doch nicht so ablaufen, Kleine.“, sagte C18 mit einem kalten Lächeln. „Sag uns nur wo die Dateien von deinem Mann sind und wir lassen dich und dein süßes Baby in Ruhe.“

Ein Schluchzen entrang sich der Frau und sie kreischte:

„Woher soll ich wissen dass ihr uns nicht genauso tötet wie ihn!!!“

„Wenn du nicht so dumm bist wie er passiert euch auch nichts.“, C17 trat neben den Leichnam eines Mannes, dessen Hals durch seinen gebrochenen Nacken unnatürlich gewinkelt war und der mit toten Augen vom Boden zu seinen Mördern hinauf starrte. Mit sadistischer Freude stemmte er sein rechtes Bein auf den Brustkorb des Toten und feixte seiner Frau mit unverhohlenem Hohn entgegen. „Du hast die Wahl. Entweder die Dateien oder zwei Tote mehr in diesem Haus.“

C18, die dem Schauspiel bisher nur von einer Ecke des Raumes zugesehen hatte, kam nun mit langsamen Schritten auf die Frau zu. Neugierig musterte sie den Säugling in den Armen der Mutter und als sie sich hinunterbeugte und dem Kleinen mit dem Zeigefinger über die Wange streichelte, hielt seine Mutter den Atem an.

„Was für ein süßes Baby. Ich kann nicht glauben dass du so dumm bist und sein Leben aufs Spiel setzt – aus reiner Sturheit.“

Die Frau brach in Tränen aus, vollkommen überfordert mit der Situation.

„Bitte“, wimmerte sie, „Bitte tut uns nichts! Er ist doch noch ein Baby! Er hat doch noch sein ganzes Leben vor sich.“

C17 war zu seiner Schwester getreten und beide Zwillinge lächelten kalt auf die Frau vor ihren Füßen hinab.

„Es liegt ganz bei dir…“, antwortete er.

Einpaar Sekunden wiegte sich die weinende Frau mit dem Kind hin und her. Dann hob sie den Arm und deutete mit dem Zeigefinger auf ein Bild, das an der Wand hing.

„Ihr müsst es nach links versetzen“, flüsterte sie. „Dann öffnet sich im Arbeitszimmer meines Mannes eine kleine Luke an der Wand, rechts von der Zimmertür.“ Ihr Schluchzen wurde heftiger. „Dahinter ist ein kleiner Tresor. Aber ich weiß die Kombination nicht…“

Überzeugt davon dass das ihr Todesurteil war, begann sie zu flehen.

„Bitte glaubt mir! Bitte lasst mein Kind am Leben! Bitte!!“

„Die Kombination ist das kleinste Problem“, versicherte ihr C17 und drehte besagtes Bild an der Wand leicht nach links so dass es nun schief hing. Dann trat er aus dem Raum auf dem Weg zum Arbeitszimmer.

Die Verzweiflung der Frau gewann überhand und Unheil ahnend, drückte sie ihr Kind an sich und kauerte sich zusammen. Leise Schluchzer hallten durch den stillen Raum, während C17 durch ein lautes Geräusch erkennen ließ, dass er den Tresor gefunden hatte und ihn in seine Einzelteile zerlegte.

Keine Minute später stand er wieder im Wohnzimmer und hielt eine CD in die Höhe.

„Da ist das schöne Stück“, sagte er triumphierend zu seiner Schwester.

C18 drehte sich zu der Frau um.

„Braves Mädchen. Zu dumm das dein Mann nicht so schlau war wie du. Aber ich sag ja immer das Männer dämlich sind.“

„Dein Bruder ist auch ein Mann!“, erinnerte sie C17.

„Genau deswegen sag ich es doch“, dann trat C18, gefolgt von ihrem Bruder, kichernd aus der Haustür, ohne die verzweifelten Schluchzer der Frau, deren Leben sie soeben zerstört hatten zu sich durchdringen zu lassen.
 


 

„Ausgezeichnet“, lobte der Professor die Zwillinge. „Das habt ihr sehr gut gemacht, meine Kinderchen.“

C18 mochte es nicht wenn Dr. Gero sie so nannte, genauso wenig wie ihr Bruder, doch das war eine der Macken, mit der sie in den letzten Monaten gelernt hatten zu leben.

Der Professor erhob sich von seinem Schreibtisch und lief auf die Zwillinge zu. In Windeseile hatte er die CD C17 entrissen und begutachtete sie unter seinem forschenden Blick.

Nachdem er sein Objekt der Begierde in den Händen hielt waren die Zwillinge für ihn Luft. Er wandte sich von ihnen ab und hantierte an seinem Laufwerk um die CD hineinzuschieben.

C18 sah ihren Bruder mit hochgezogenen Brauen an und sofort verstand C17.

Mit einem Räuspern versuchte er diskret auf sich aufmerksam zu machen, doch der Professor saß bereits vor seinem Monitor und tippte wie ein verrückter auf die Tastatur ein.

„Professor?“, kam es von C17.

Ein Brummen war die Antwort.

„Haben sie vergessen was sie uns versprochen haben?“

Erneut kam ein Brummen.

C17 zog erbost die Augenbrauen ins Gesicht. Leise trat er hinter den Professor und zog so beiläufig wie möglich, mit seinem Fuß eines der Kabel das zum Monitor führte aus der Steckdose.

„ZUM TEUFEL!“, fluchte der Professor, sprang auf und fuhr seinen Cyborg an.

„Was gibt es denn C17?!“

C17 hob in einer unschuldigen Geste die Arme.

„Ich wollte nur sicher stellen dass sie mir auch zuhören!“

„Nun, ich höre!“, keifte er. Dabei kauerte sich Dr. Gero unter den Schreibtisch um den Stecker wieder an seinen ursprünglichen Platz zu bringen.

„Professor, sie haben uns versprochen, dass wir uns heute auswärts amüsieren dürfen.“

„Amüsieren! Pah!“, verächtlich erhob sich Dr. Gero. „Habt ihr auch etwas anderes im Kopf?“

„Ja,“ entgegnete C18. „Wann wir eigentlich für unsere Dienste bei ihnen entlohnt werden!“

„Entlohnt? Junge Dame sieh dich an! Du bist ein Cyborg mit übermenschlichen Kräften! Was könntest du mehr wollen?“

„Von einem Cyborg-Dasein allein kann man nicht leben!“

„Ich habe euch so konstruiert, dass Nahrung und Wasser für euch nur als Genussmittel dienen. Man kann also durchaus sagen, dass ihr von eurem Cyborg-Dasein leben könnt.“

C17 faltete in gespielter Euphorie die Hände und sagte:

„Großer Gott! Vielen Dank das sie uns Dinge sagen die uns nicht interessieren! Was wären wir bloß ohne sie!“

Vor Wut stieß sich Dr. Gero den Kopf an der Schreibtischplatte an. Sarkasmus war eine Sache mit der er schlecht umgehen konnte. Als er sich aufrichtete, leuchteten auf seinen fahlen knochigen Wangen dunkle Flecken und eine Zornesader pulsierte an seiner Schläfe.

„Deine Frechheiten gehen mir gewaltig gegen den Strich, du respektloser Bengel! Ihr beiden habt nichts als Flausen im Kopf, also ab nach oben mit euch! Ich will euch für den Rest des Tages nicht mehr hier unten sehen!“

C18 zog wütend die Augenbrauen zusammen.

„Wir sitzen seit Tagen hier drinnen und langweilen uns! Wir haben es verdient endlich aus diesem Loch raus zu kommen! Immerhin haben wir die letzten Monate zahlreiche Einbrüche und Informationsmaterial für sie besorgt! Von den Agenten der Regierung, die Mitglieder der Red Ribbon Armee jagen, will ich gar nicht erst anfangen zu reden! Ohne uns wäre dieses stinkende Labor schon längst entdeckt worden und sie würden im Gefängnis sitzen. Schließlich machen wir jetzt die Drecksarbeit von C03!“

„Und ihr wärt ohne mich tot!“

Stille kehrte ein und C18 sah mit funkelnden Augen zu dem Menschen, dem sie unglücklicher Weise ihr Leben verdankte. Wie oft hatten sie schon ähnliche Unterhaltungen geführt und immer hatte er sie mit diesem einen Satz zum Schweigen gebracht!

Mit einem aufgebrachten Schnauben, drehte sie sich Weg und lief in Richtung des Aufzugs. Sie konnte das triumphierende Grinsen auf Dr. Geros Gesicht geradezu auf ihrem Nacken spüren. Als sie auf die Plattform des Aufzugs stieg, hatte sich C17 noch immer nicht vom Fleck bewegt und fokussierte mit verschränkten Armen und ernstem Blick den Professor. Sie konnte sich denken, dass ihr Bruder sich im Geiste schon ausmalte, wie er Dr. Gero genauso tötete, wie die bedauernswerten Jäger, die sich hinauf in ihre Berge verirrten.

„Komm C17. Lass den alten Mann mit seinen Computern spielen.“, wütend knurrte der Professor in ihre Richtung, woraufhin C17 leise lachte und sich in Bewegung setzte.

„Dr. Gero, wir sind ihnen äußerst dankbar, dass wir noch am Leben sind.“, fügte C18 noch hinzu. „Aber nach Jahren in diesem stinkenden Loch, scheinen wir sie etwas mit unserer Dankbarkeit verwöhnt zu haben. Nur weil sie uns gerettet haben, heißt das nicht dass wir für immer hier bleiben werden! Erst recht nicht, wenn sie uns als ihre persönlichen Hausangestellten ansehen. Wenn sie so weiter machen, sind wir schneller aus der Tür verschwunden als sie bis drei zählen können.“

C17 stieg auf die Plattform und C18 drückte einen Knopf auf der Steuerkonsole. Der Aufzug kam in Bewegung und während die Zwillinge hinauf fuhren, verdunkelte sich Dr. Geros Blick. Hätten sie geahnt, welche Pläne der Professor in seinem Kopf schmiedete, wären sie nicht so leichtsinnig gewesen ihn zu unterschätzen. Doch während die wütenden Zwillinge das erste Mal seit langem wieder heimlich in die nächste Stadt verschwanden und sich einen ausgelassenen Abend gönnten, trat Dr. Gero an seinen Aktenschrank, zog eine der Schubläden auf und kramte darin herum. Nach einpaar Sekunden fand er wonach er suchte.

Bepackt mit einer kleinen Kiste und zwei Blaupausen, trat er an seinen Schreibtisch und breitete sein gesamtes Werkzeug aus. Mit einer Präzision wie sie nur ein Professor haben konnte, maß er Millimeter genau die Abstände für die Stromkreisverbindungen einer Fernbedienung ab.
 

Erst in den frühen Morgenstunden kehrten die Zwillinge zurück. Lustlos bildete C17 die Vorhut als sie wieder durch den Notausgang eintraten, wobei er sich nicht die geringste Mühe gab leise zu sein. Schließlich folgte C18.

„Das war mal wieder nötig! Ich habe total vergessen wie es ist Freiheit zu schnuppern.“, dabei streckte sich C18, als hätte sie nach langer Arbeit erholsam geschlafen.

„Ich bin immer noch dafür dass wir die Kurve kratzen.“, sagte C17 und lief langsam in die Küche. Dort ließ er sich auf einen der klapprigen Stühle nieder und stellte seine Füße auf dem Tisch ab.

C18 ging zu einem der Schränke und holte zwei Gläser heraus, füllte beide mit Leitungswasser, reichte ihrem Bruder eines und nahm auf der anderen Tischseite Platz.

„Gönnen wir dem alten Herren noch eine Gnadenfirst. Wenn er nicht aufhört uns wie seine Sklaven zu behandeln, können wir jederzeit abhauen.“

Kurze Stille trat wieder in den Raum. C17 nahm ein Schluck aus seinem Glas, dann legte er es auf den Tisch und fragte.

„Wie lange soll das eigentlich so weiter gehen?“

C18 wusste was er meinte, antwortete aber nicht. Sie hatte sich selber immer gefragt, welche Zukunftsaussichten sie hier haben sollte. Doch sah es in der Außenwelt besser aus?

Beide hatten keine Familie, keine Freunde und mittlerweile fühlte sie sich mehr wie eine Maschine als ein Mensch. Tatsächlich hatte sie in den letzten Monaten entdeckt, dass sie weniger Skrupel besaß, andere zu verletzen, als noch vor eineinhalb Jahren bei C03.

Sie fühlte sich zu den Menschen nicht mehr verbunden. Manchmal ertappte sie sich bei dem mordlustigen Gedanken, einfach mal nach Big City zu fliegen und ihre alte Heimatstadt samt ihrer Eltern dem Erdboden gleich zu machen.

Doch ein winziger Funken Menschlichkeit in ihr verbat ihr das. Genau wie die Tatsache einen alten Mann, der ihr vor langer Zeit einmal das Leben gerettet hatte, einfach sich selbst zu überlassen.

Das Verhältnis zwischen den Zwillingen und dem Professor hatte sich nicht lange gebessert, nachdem er ihnen reinen Wein über ihren Unfall eingeschenkt hatte. Einer der Gründe für die Verschlechterung war, dass Dr. Gero es schon nach kurzer Zeit für selbstverständlich ansah, dass beide ihm nach C03s Tod zur Hand gingen. Dabei schränkte er sie immer weiter in ihrer Bewegungsfreiheit ein und C18 hatte das Gefühl, dass er sie nur für einen Haufen laufender Schaltkreise ohne eigenen Willen hielt.

„Ich hasse ihn“, sagte C17 vor sich hin, während er mit geschlossenen Augen seinen rechten Fuß gegen die Tischplatte stemmte, immer wieder mit dem Stuhl vor und zurück schaukelte und die Arme hinter seinem Kopf verschränkte.

Seine Schwester sah ihn vorwurfsvoll an, doch C17 ignorierte sie.

„Du kannst es mir nicht übel nehmen. Er behandelt uns wie Putzroboter! Ich weiß wir sollten dankbar sein, aber ich habe dir schon mal gesagt, dass jede Schuldigkeit ein Ende hat. Wir sollten endlich abhauen. Soll der alte Mann doch hier drinnen krepieren.“

„Er ist dann ganz alleine. Immerhin haben wir C03 getötet. Wer soll das Labor beschützen?“

C17 öffnete überrascht die Augen.

„Willst du mir einen Vorwurf machen? Hey, C03 hatte es verdient! Diese Missgeburt ist Schuld an unserem Unfall!“

„Das meinte ich nicht.“, beschwichtige C18 ihren Bruder. „Aber hätten wir ihn nicht getötet, hätte er bestimmt weniger Probleme uns gehen zu lassen. Immerhin braucht er dadurch jemanden der auf das Labor aufpasst. Ich sag es nicht gerne, aber mit dieser Aktion haben wir uns ein Eigentor geschossen.“

Wie vom Donner gerührt hörte C17 auf zu wippen. Er sprang vom Stuhl auf und sah seine Schwester an.

„C18, das ist es! Das ist die Lösung!

Irritiert blickte sie C17 an. Es stand ihr buchstäblich ins Gesicht geschrieben, dass sie den Zusammenhang nicht verstand.

C17 legte jeweils eine Hand auf ihre Schultern und grinste sie siegessicher an.

„Wir brauchen C03 wieder! Wenn er hier ist, können wir verschwinden. Dann braucht der Professor uns nicht mehr.“

„A-Aber, er ist tot…“

C17 rollte mit den Augen, dann klopfte er seiner Schwester leicht auf den Kopf.

„C18, ist da oben eigentlich etwas? Wie oft haben wir dem Professor bei seinen Forschungen assistiert. Du müsstest doch mitbekommen haben, dass er vor allem auf die Knochen angewiesen ist. Er braucht nur das Knochenmark und die Wirbelsäule, schon lebt C03 wieder!“

„Aber auch das Hirn du Einstein…“

„C03 hatte nicht viel davon. Außerdem hat der Professor doch gesagt, dass er früher Cyborgs ohne organischen Ursprung gebaut hat.“

„Das sind dann Androiden. Wer hat von uns beiden nichts im Kopf…“

„Bleib bei der Sache du Erbsenzählerin!“, antworte C17 genervt. Er verschränkte die Arme vor der Brust und dachte nach. Dabei murmelte er vor sich hin. „Ja… Das müsste theoretisch funktionieren. Knochen brauchen länger bis sie zerfallen. Mit seinem Hirn kann Dr. Gero nichts anfangen. Das ist bestimmt schon verwest.“

C18 sah ihren Bruder fassungslos an.

„Du verlangst von mir, dass wir zu C03s Grabstätte gehen und ihm seine Knochen aus dem Würmer zerfressenen Körper reißen?! Da sage ich nur – Igitt! Ich fasse seine Leiche bestimmt nicht an. Das ist mir definitiv zu makaber.“

C17 sah seine Schwester einpaar Sekunden aus ernsten Augen an. Dann grinste er böse und sagte nur ein Wort: „Tussi!“
 

Zwei Stunden später, nach einer ausgelassenen Diskussion mit ihrem Bruder, in der C18 darauf pochte keine Tussi zu sein und letztendlich C17 wieder seinen Willen bekam, stand C18, in tiefster Nacht mit einer Schaufel bewaffnet neben der Stelle, in der sie vor eineinhalb Jahren C03 vergraben hatten. Damals hatten sie noch die Tragweite eines Mordes begriffen und versucht die Leiche verschwinden zu lassen. Heute war ihnen das egal da die Polizei nicht gegen sie ankam.

Ihr Bruder krempelte sich bereits die Ärmel hoch, während C18 noch angeekelt auf das Grab sah und ihr klar wurde, das sie als Leichenschänderin einen neuen Tiefpunkt erreichte.

Als C17 den ersten Spatenstich machte und seine Schwester sich nicht rührte, sah er sie an und zog eine Braue hoch.

„C18? Bist du geistig anwesend?“

Widerwillig brummte C18.

„Gut. Denn jetzt wird eine Leiche ausgebuddelt! Stell dir vor er ist eine Schatzkiste mit Süßigkeiten, statt Innereien im Torso.“

Als sie sich immer noch nicht rührte, schüttelte C17 den Kopf.

„Wird das heute noch was… Tus-si?“, das letzte Wort betönte er mit einem falschen Lächeln.

„Ich bin keine Tussi“, fauchte C18. „Aber warum ballern wir das Loch nicht einfach auf? Das geht schneller und macht weniger Dreck…“

„Und könnte die Leiche auch gleich zerstören! Aber wie groß ist diese Wahrscheinlichkeit schon? Neunzig, Fünfundneunzig Prozent? Kaum der Rede wert, oder?“

Geschlagen seufzte C18 und machte sich an die Arbeit. In ihrem Tempo kamen sie rasch voran, ein normaler Mensch hätte Stunden gebraucht, doch C18 kam es wie eine Ewigkeit vor. Mit jedem Spatenstich stieg die Anspannung, bei dem Gedanken, dass sie bald auf eine verrottete Hand treffen würde.

Einen Außenstehenden hätte dieses Szenario an einen Horrorfilm erinnert. Zwei Jugendliche bei Nacht, auf einer mit Nebel bedeckten Lichtung, mitten im tiefsten Wald die ein Grab aufschaufelten.

Irgendwann war es dann soweit. C17 warf eine weitere Fuhre Erde hinaus aus dem Loch, da bemerkten sie das erste Mal den widerlichen Gestank von Verwesung in der Luft.

C18 drehte sich der Magen um, doch C17 ließ sich nicht stören. Keine Minute später lugte das erste Körperteil hervor, C03s linkes Bein, leider auch von Maden befallen.

Schließlich hatten sie es geschafft den gesamten Körper freizulegen. Die Leiche war in einem miserablen Zustand, das gab ihren Vorhaben einen gehörigen Dämpfer.

„Ich glaube nicht dass von seinen Knochen viel übrig ist? Denkst du Cyborgs verwesen schneller? Eigentlich unlogisch, wir besitzen doch viele Fremdbauteile in unserem Körper.“

C17 zuckte unwissend mit den Schultern.

„Vielleicht hängt das vom Typ ab. Soweit ich weiß hat der Professor mal gesagt, dass wir zum größten Teil unsere Haut und Organe behalten haben. Unsere Wirbelsäulen und Gehirne sollen auch in gutem Zustand gewesen sein…“

C18 fröstelte es als sie ihrem Bruder so reden hörte. Es klang als wäre ihr Körper ein Baukasten gewesen, aus dem der Professor je nach belieben ein Körperteil entwendet hatte. Ihr Blick wanderte zu C03. Sie hatten ihn bei ihrem Kampf bereits in einem sehr ramponierten Zustand zurückgelassen – doch das war kein Unterschied zu jetzt.

Seine Augäpfel waren verschwunden, stattdessen waren die Augenhöhlen gefüllt mit Erde. Seine Wangen waren eingefallen, seine rechte Wange sogar ganz aufgerissen und rostiges Metall, von seinem Schädel lugte unter der Haut hervor, genau wie sein Gebiss.

Der Teil seines Brustkorbs, der nicht vom Kampf zerstört wurde, war noch von Erde bedeckt. C17 kniete sich hinab und strich sie weg, so dass der Torso zum Vorschein kam.

„C18. Sieh mal.“

„Ich habe keine Lust einen Haufen Gedärme zu sehen in dem sich Ungeziefer tummelt.“

„Nein. Hier drinnen… Sein Körper… Alles ist leer!“

„Was???“ Ungläubig kniete sich C18 hinunter und tatsächlich. Die riesige Wunde die ihm C17 zugefügt hatte, ließ ohne Probleme zu, dass man in C03s Torso blicken konnte. Doch von den mechanischen Bauteilen die C03 besessen hatte, fehlte jede Spur. C18 konnte sich noch gut an das Innere des Cyborgs erinnern, vor allem an die kleine Pumpe die immer Blut aus der Wunde gespritzt hatte. Was jetzt übrig geblieben war, war nur eine leere Hülle mit einpaar vereinzelnden Knochen.

„Seine Wirbelsäule fehlt auch.“, bemerkte C18. Dann sahen beide Cyborgs einander an. Sie hatten nur einer Person gesagt, wo C03 vergraben lag.

Warum hatte Dr. Gero C03s Überreste geholt?

Mein Wolf im Schafspelz

„Wenn der Professor seine Überreste geholt hat, dann muss er schon lange mit dem Gedanken gespielt haben, C03 wieder zu erschaffen.“, sagte C17, während C18 mit ihm den Hang hinauf zum Labor lief.

Beide waren in einen langsamen Trott gefallen, dass gab ihnen genug Zeit über ihre neue Entdeckung zu spekulieren.

„Warum hat er uns nichts gesagt?“, fragte C18.

„Hmm…“ C17 überlegte vor sich hin, trat dabei einen kleinen Kiesel vor seinen Füßen weg. „Er ist ein Angeber. Wenn eine neue Erfindung am Start ist, prahlt er tagelang damit vor uns. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es dieses Mal anders wäre, wenn er C03 wieder rekonstruiert. Irgendetwas stimmt da nicht. Wenn er uns nichts gesagt hat, will er nicht das wir es wissen.“

„C03 wollte uns umbringen. Womöglich dachte er wir wären dagegen.“, wandte C18 ein.

„Natürlich“, lachte C17 leise. „Dr. Geros Rücksicht. Wie konnte ich die vergessen? Vielleicht weil wir in den letzten Monaten so viele Menschen in seinem Auftrag getötet haben, dass ich nicht glauben kann, dass er so selbstlos ist?“

C18 seufzte. Diese Situation ging über ihren Verstand hinaus. Einerseits wollte sie dem Professor glauben, da sie genau wusste, dass sie sich das letzte Mal schwer in ihm geirrt hatten. Andererseits keimte der Zweifel an Dr. Gero immer wieder von neuem auf.

Nach eineinhalb Jahren wussten sie nichts über ihn, nur seine kranke Vorliebe stundenlang im Labor zu sitzen und wie ein wahnsinniger auf seine Tastatur zu hämmern.
 

Als sie vor der stählernen Eingangstür des Labors standen, wurde C18 erst klar, wohin sie ihr Bruder geführt hatte. Für gewöhnlich benutzten sie bei solchen Mitternachtsaktionen immer den kleinen Notausgang, um unentdeckt rein und rauszukommen. Doch C17 schien heute Nacht diesen Eingang zu bevorzugen.

„Du willst wieder im Labor herumschnüffeln, nicht wahr?“, fragte C18.

„Der Professor müsste jetzt schon längst im Bett liegen und von binomischen Formeln träumen. Ich möchte nur sehen ob er C03s Überreste im Labor hat. Vielleicht arbeitet er schon an seinem neuen Cyborg?“ C17 trat zu einer kleinen Konsole, die in die Tür eingelassen war und tippte den Zugangscode ein. Ein leises Summen ertönte, die Tür entriegelte sich und klappte langsam nach innen auf.

Als die Zwillinge eintraten war es stockdunkel und C18 betätigte den Lichtschalter. Das erste was sie stutzen ließ, waren zwei große Behälter von denen sie sicher war, dass sie heute Nachmittag noch nicht im Labor gestanden hatten. Neugierig trat sie an einen der senkrecht aufgestellten, massigen Metallbehälter heran und lugte durch eine Scheibe, die in der oberen Hälfte eingelassen war. Ging man von der Größe aus hätte C18 ohne Probleme hinein gepasst.

„Was sind das für… Kapseln?“, fragte sie. C17 zuckte mit den Schultern. Auch er konnte sich darauf keinen Reim machen. Forschend strich er mit der Hand die Seiten ab, auf der Suche nach einem Knopf oder etwas ähnlichem und wurde schnell fündig.

Ein leises Piepsen ertönte dann klappte der Deckel des Behälters nach oben auf. Neugierig spähten die Zwillinge hinein, wie kleine Kinder die eine Schatztruhe entdeckt hatten – doch der Behälter war leer.

„Schade“, sagte C18 enttäuscht und zog eine Schnute. „Ich hatte etwas Besonderes erwartet. Oder wenigstens C03s Überreste…“

„Ich glaube nicht dass diese Kapsel für C03 bestimmt ist…“, antworte C17. Mit skeptischem Blick deutete er auf den zweiten Behälter nebenan. Auf der Oberfläche war in großen Lettern eine Achtzehn aufgemalt.

„Du meinst, die… die ist für… für mich?!“, stotterte C18 fassungslos und konnte eine Gänsehaut nicht unterdrücken. Als C17 sie wieder schloss, bemerkten sie auf der Kapsel die sie untersucht hatten eine große aufgemalte Siebzehn.

C18 erinnerten die Behälter stark an Särge und am liebsten wäre sie hinauf zum Professor gerannt und hätte ihn mit der bloßen Faust den Kopf abgetrennt.

Konnte es möglich sein, dass der alte Mann tatsächlich vor hatte sie beide umzubringen?

Skeptisch blickte sie an der Kapsel hinauf und bemerkte einen langen Schlauch der an eine Art Sauerstoffgenerator angeschlossen war, der offenbar die Luftzufuhr regelte.

Also doch keine Särge? Wofür waren die Kapseln dann gut?

C18 war von ihrer Entdeckung so schockiert, dass sie nicht bemerkt hatte wie C17 bereits das Labor des Professors auf den Kopf stellte. In seiner Wut über den neuen Fund, gab er sich nicht die geringste Mühe leise zu sein und als er sich trotzig an den PC setzte, packte auch C18 die Suchwut.

Ohne genau zu wissen wonach sie eigentlich Ausschau hielt, stellte sie sich an den Schrank und begann achtlos eine Schublade nach der anderen auf dem Boden auszuleeren.

„Der alte Sack misstraut uns tatsächlich… Sein PC hat ein Passwort.“

„Red Ribbon Kingdom. Alles zusammen und klein geschrieben…“

„Woher weißt du das denn?“, C17 drehte sich zu seiner Schwester und blinzelte sie erstaunt an, die daraufhin mit einem zuckersüßen Lächeln antwortete.

„Eventuell haben meine kleinen Äuglein aus Versehen dabei zugeschaut, wie der Professor mal das Passwort eingegeben hat. Dummerweise wollte mein Gehirn das Passwort nicht so schnell wieder vergessen und da Dr. Gero nichts gemerkt hat, dachte ich mir dass ich ihn damit nicht unnötig auf die Palme bringe. Du weißt doch, der arme alte Mann hat einen furchtbar hohen Blutzucker!“

C17 musste grinsen und als er sich zum Monitor umdrehte um das Passwort einzugeben sagte er: „Und genau deswegen sind wir beide so ein gutes Team – wir sind beide von Grund auf verlogen. Gleich und gleich gesellt sich gern.“

C18 kicherte und blätterte in einer der Mappen, die mit „C16“ beschriftet worden war.

War das auch ein Cyborg? Den hatte sie noch nie gesehen oder von ihm gehört. Vielleicht hatte er das Glück gehabt, dass Labor verlassen zu dürfen. Oder er war womöglich ein Auslaufmodell, das vor ihnen gebaut und schon ewig verschrottet worden war.

C18 traute Dr. Gero mittlerweile alles zu.

Mit einem Schulterzucken warf sie die Mappe von sich, denn sie hatte genug mit ihren eigenen Problemen am Hut. Da musste sie sich nicht noch Gedanken um ihre Vorgänger machen.

Bei den nächsten Schubladen wurde ihr klar, dass der Professor seit ihrer letzten Suchaktion, die meisten seiner Akten irgendwo anders aufbewahren musste. Einige Schubladen waren vollkommen leer, andere enthielten nur veraltete Zeichnungen auf vergilbtem Papier. Als sie die letzte Schublade aufzog, hatte sie damit gerechnet, nichts Brauchbares zu finden, da sprang ihr eine kleine graue Box ins Auge. Neugierig holte sie ihren Fund heraus, öffnete ihn und erblickte einen kleinen Stapel Karteikarten.

Auf jedem Kärtchen standen nur der Name eines Cyborgs und eine sechsstellige Codenummer. Fieberhaft überlegte C18 wofür der Code wohl gut war, da hörte sie ihren Bruder schimpfen.

„Na toll! Der Professor hat eine Datenbank für seine Cyborgs angelegt, aber ich komme nicht an die Informationen heran!“

Mit einem fragenden Blick trat C18 zu ihrem Bruder, der mit verschränkten Armen und genervtem Blick, den Monitor angiftete und spähte über seine Schulter hinweg auf den Bildschirm.

Tatsächlich, eine Cyborg Datenbank! Und als C18 ein freies Feld, das nach einer sechsstelligen Ziffer verlangte erblickte, fiel es ihr wie Schuppen von den Augen, was sie gerade in ihren Händen hielt.

„Ich weiß es! Weg da!“, rief sie aufgeregt und schubste ihren überraschten Bruder unsanft auf den Boden, um selber auf dem Stuhl Platz zu nehmen. Fluchend und seiner Schwester üble Verwünschungen an den Kopf werfend rappelte C17 sich auf. Doch als er sah wie seine Schwester bereits sämtliche Dateien aufrief blieb er voller Neugierde stumm.
 


 

„An diesem Abend erfuhren wir wirklich eine Menge über Dr. Geros Pläne und auch über uns selbst.“, erzählte C18 und rührte in ihrem Tee herum. „Zum Beispiel hatten wir bis dato nicht gewusst, dass der Professor noch weitere, lebende Cyborgs erschaffen hatte. Wir waren bisher davon ausgegangen, dass alle vor uns Schrottmodelle wie C03 waren. Tatsächlich spuckte seine Datenbank sogar aus, wo sie gelagert wurden. Was meinst du wie verblüfft wir waren, als wir erfuhren, dass das Labor noch einen Keller besaß, in der die anderen Cyborgs waren. Nun verstanden wir auch, weshalb zwischen C03 und uns so eine Große Differenz bei den Zahlen in den Namen lag. Nimmt man zum Beispiel den Namen deines Onkels C17, bedeutete das, dass noch vierzehn weitere Cyborgs nach C03 kamen. Erst dann folgten wir!

Außerdem waren wir ein völlig neues Modell. Im Gegensatz zu unseren Vorgängern besaßen wir eine ewige und unerschöpfliche Energiequelle, während die anderen ihre Energie im Kampf vom Gegner absaugten.

Wir fanden durch die Datenbank auch Baupläne von uns, die der Professor wohl eingescannt hatte, damit wir sie nicht in die Finger bekamen. Allerdings erlebten wir dabei eine böse Überraschung! Dr. Gero hatte uns einen Selbstzerstörungsmechanismus eingebaut! Ich war vollkommen fassungslos als ich das las und musste deinen Onkel davon abhalten nicht in seiner Wut das Labor zu zerstören – jedenfalls nicht bevor wir alles über Dr. Gero in Erfahrung gebracht hatten. Unser Wissensdurst hatte so zugenommen dass wir unser ursprüngliches Vorhaben vollkommen vergaßen. Stattdessen ging es uns nur noch darum, alles über Dr. Geros Pläne herauszubekommen.

Schließlich fanden wir durch die Datenbank sogar heraus, wo C03s Überreste lagen… und noch etwas viel Interessanteres, dass uns endlich zeigte, was Dr. Gero tatsächlich war!“
 

„Eine Blackbox? Was ist das?“

„Ach dummes Schwesterherz, “ tadelte C17 seine Schwester. „Noch nie etwas von einem Datenschreiber für die Unfallanalyse bei Kraftfahrzeugen und Flugzeugen gehört?“

„Nein, das liegt daran, weil ich im Gegensatz zu dir niemals so verliebt in diese Teile war, dass ich sie heiraten würde! Übrigens bist du ein Streber…“

C17 ignorierte ihre Bemerkung und trat in die Mitte des Labors, dabei richtete er seine Aufmerksamkeit dem Fußboden und stampfte einpaar Mal auf der Stelle auf, um zu erkennen, wo der versteckte Eingang unter ihnen lag.

„Eine Blackbox zeichnet im Flugzeug die Stimmen der Piloten auf. Im Falle eines Absturzes kann man die letzten Minuten zurückverfolgen. So sind schon viele Unfallursachen in der Flugfahrt aufgedeckt worden.“

Woher zur Hölle wusste ihr Bruder das?! War das typisches Allgemeinwissen für Männer, denn C18 kam sich furchtbar dämlich vor. Vielleicht hätte sie sich in den letzten Jahren mehr technische Kenntnisse aneignen sollen, statt Boutiquen auszurauben.

„Und jedem Cyborg von Dr. Gero wurde eine Black Box eingebaut? Wozu?“

„Vielleicht um Fehler an einem Cyborg herauszufinden, vielleicht um ihn besser zu kontrollieren? Vielleicht um herauszufinden, warum er bei einem Kampf versagt hat? Wer weiß? Ich könnte mir vorstellen dass es dem Professor nur um die Kontrolle geht… Auf jeden Fall möchte ich mir die Black Box von C03 mal ansehen. Vielleicht finden wir darin etwas Brauchbares. C03 durfte immer bei Dr. Gero bleiben wenn er in seinem Labor gearbeitet hat. Womöglich hat er ihm alles über seine Pläne erzählt.“

C17 hatte einen großen Teil des Labors abgesucht, bis er schließlich eine Stelle im Boden fand, die sich verdächtig nach einem Hohlraum anhörte.

Er krempelte die Ärmel hinauf, dann rammte er seine Finger in den Metallboden, riss die Fliese heraus und warf sie über seinen Kopf hinweg von sich. Mit einem lauten Scheppern landete sie auf dem Boden.

„Na sieh mal an“, sagte C17 und betrachtete neugierig die kleine Öffnung die sich vor ihm auftat. Irgendwo im Labor gab es wohl einen geheimen Hebel, mit dem Dr. Gero die Luke für gewöhnlich öffnete, doch den zu suchen hatte C17 keine Lust gehabt. C18 kam voller Vorfreude auf ihren Bruder zugesprungen und sah hinunter. Eine klapprige Leiter führte hinab und es war vollkommen finster dort unten, was für die Cyborgs allerdings kein Problem war.

„Ladies First“, frohlockte C18 und nahm ihrem Bruder den Vortritt.
 

Bei ihrem Sprung hinab fiel ihr sofort die modrige Luft auf. Was immer für ein Raum dort unten war er wurde nicht gelüftet. Doch unten angekommen erwartete C18 zunächst nur eine dunkle Höhle. Als ihr Bruder auch neben ihr landete, schritten sie gemeinsam den langen Gang entlang, bis sie auf eine schwere Eisentür stießen. Ohne lange Umschweife gab C18 der Tür einen Tritt, woraufhin sie aus den Angeln fiel. Dahinter kam ein ebenfalls finsterer Raum zum Vorschein, der allerdings schwach von mehreren kleinen blinkenden Lichtern erhellt wurde. Konzentriert blickte C18 die Stelle an um auszumachen wobei es sich handelte, da fand C17 auch schon den Lichtschalter.

„Wow“, sagten beide Zwillinge wie aus einem Mund. Vor ihnen tat sich ein Labor, weit größer als das welches sie kannten auf. Allerlei Maschinen und komplizierte Geräte standen im Raum herum und beeindruckt schritt C18 zwischen ihnen herum, dabei sog sie so viel wie möglich in sich auf. Das Zentrum des Labors war ein riesiger Computer, der durch dutzende von Drähten mit seiner Umgebung verbunden war. Einige Leitungen führten in den Boden, andere wieder hinauf zur Decke.

Vor einem übereinander gereihten Stapel Monitore blieb C18 stehen. Neugierig schaltete sie einen an und war nicht wenig überrascht, als auf der Bildfläche die Küche erschien.

„Oh mein Gott, “ entfuhr es ihr empört. „Dr. Gero hat uns die ganze Zeit beobachtet!“

Um sich von ihrem Verdacht zu überzeugen, schaltete sie auch die anderen Monitore an und tatsächlich – jeder einzelne Raum wurde Kameraüberwacht. Sogar das Bad!

Vor lauter Scham stieg C18 die Röte ins Gesicht und aufgebracht gab sie der Reihe einen Schubs. Mit einem lauten Knall fiel der Stapel nach hinten und die Funken stoben aus den zerstörten Monitoren.

„Widerlicher alter perverser Sack“, fluchte sie und wollte zu weiteren Hasstiraden ansetzen, da sprang ihr eine Pinnwand, mit mehren Fotos und Notizen ins Auge, die an der nächstliegenden Wand hing.

Bei näherer Betrachtung erkannte sie auf jedem Foto einen kleinen Jungen in einem roten Kampfanzug. Seine Haare standen ihm auf merkwürdige Art und Weise ab und C18 war nicht minder überrascht, als er auf einem Foto auf einer Wolke flog.

Mehrere handschriftliche Notizen hingen an der Pinnwand. Sogar ein Zeitungsbericht der erzählte, dass dieser Junge über Oberteufel Piccolo triumphiert hatte. C18 konnte sich noch gut an den Aufruhr von damals erinnern. Ihre Eltern waren sofort einer Sekte beigetreten, die Piccolo verehrte. Sie waren der festen Überzeugung gewesen, dass der Oberteufel die Welt versklaven würde und hatten sich eine gute Stellung erhofft, indem sie ihm Ehrerbietung engegebrachten. Umso enttäuschter waren sie, als verkündet wurde, dass Piccolo durch einen kleinen heldenhaften Jungen zur Strecke gebracht wurde.

„Was ist wohl aus dem Bengel geworden?“

C18 fuhr erschrocken zusammen und fuhr ihren Bruder wütend an.

„C17! Musst du dich so anschleichen?!“

„Tut mir leid.“, sagte er, doch seine ganze Aufmerksamkeit richtete sich auf die Pinnwand. „An den Oberteufel kann ich mich noch erinnern. Unsere Rabeneltern haben einen riesigen Aufstand deswegen gemacht. Der Junge hieß glaube ich Son Goku…“

„Woher weißt du das? Ich dachte sein Name wäre nie richtig bekannt geworden.“

„Er war mal beim großen Turnier. Kam im Fernsehen. Ich habe sein Gesicht wiedererkannt.“

„Das weißt du noch?“, fragte C18 verblüfft, woraufhin C17 sie angrinste und sich an die Schläfe tippte.

„Dieses Gehirn vergisst nie!“

C18 richtete ihren Blick wieder auf die Pinnwand.

„Oberteufel Piccolo war damals eine ziemlich große Nummer, aber wir sind sicher stärker als dieser Jahrmarktartist.“

„Hmm…“ kam es von C17. „Warum finden wir es nicht einfach heraus?“

„Wie meinst du das?“, fragend blickte C18 zu ihrem Bruder.

„Ich habe es satt immer verirrte Jäger, Polizisten oder Dr. Geros Feinde aufzumischen. Ich will eine Herausforderung! Wenn wir diesen Laden hier auf den Kopf gestellt haben, treten wir gegen Son Goku an.“

Als C17 sah das seine Schwester noch nicht ganz überzeugt war, fügte er noch hinzu:

„C18, wir haben das Potenzial die stärksten Wesen im Universum zu werden! Der Einzige der uns wahrscheinlich im Weg stehen würde, wäre dieser Knirps.“ C17 riss eines der Fotos von der Pinnwand und hielt es ihr vor die Augen. „Obwohl ich bezweifle das er auch nur den Funken einer Chance gegen uns hätte. Immerhin haben wir eine unerschöpfliche Energiequelle. Wenn er seine Kräfte verbraucht hat ist es aus mit ihm.“

C17 zerriss das Foto in zwei Teile, warf es über seine Schulter und grinste boshaft. Dann

verschränkte er die Arme vor der Brust und lehnte sich gegen die Wand.

„Stell dir das mal vor wenn wir tun und lassen könnten was wir wollen! Keine Regeln, keine Grenzen, keinerlei Vorschriften. Niemand der sich uns in den Weg stellen kann.“

Als ihm einfiel wie er seiner Schwester diesen Gedanken noch schmackhafter machen konnte, blitzten C17s Augen kurz auf.

„Es wäre wie vor unserem Unfall. Nur wären wir auf keinerlei Geld angewiesen. Wir würden uns alles was wir brauchen einfach nehmen. Die ganze Welt wäre wie ein riesiger Spielplatz für uns und du könntest dir jedes schöne Kleid holen dass dir gefällt, natürlich noch mit den passenden Accessoires.“ C17 neigte den Kopf leicht zur Seite und lächelte seine Schwester an. „Wäre das nicht toll? Ein Leben ohne Vorschriften?“

Ja. Das wäre es.

Vollkommene Freiheit und Unabhängigkeit hörten sich wie Musik in C18s Ohren an.

Und in einem hatte C17 zu hundert Prozent recht. Es nervte gegen diese kleinen nervigen Gegner von Dr. Gero zu kämpfen! Sie hatten wirklich Besseres verdient. Vielleicht stellte Son Goku tatsächlich eine Herausforderung dar? Oder zumindest einwenig Abwechslung.

Während sie über C17s Worte nachdachte, war sich C18s Bruder schon seines Sieges sicher. Er hatte seine Schwester überzeugt, dass verriet ihm ihre Angewohnheit auf der Unterlippe zu kauen, wenn sie davor war einer Verlockung nicht zu widerstehen.

C18 entging C17s triumphierendes Lächeln das er in den Raum warf. Nicht aber das er plötzlich vollkommen fixiert auf einen Punkt im Labor sah und dann wie von der Tarantel gestochen darauf zu rannte.

„Was ist los?“, fragte sie doch C17 gab keine Antwort. Stattdessen ging er zum Ende des Raums, wo weitere Kapseln aufgereiht waren, während C18 ihm hinterher lief.

„Noch mehr Cyborgs? Das müssen ja um die zwölf sein?“, sagte C18 erstaunt und folgte mit ihren Augen den Drähten, die von den Kapseln zum Zentralcomputer führten. „Warum behält uns der Professor hier, wenn er jede Menge Ersatz für uns hat?!“

„Weil er gar nicht vorhat uns gehen zu lassen“, antwortete C17 in einem bissigen Ton. „Er hat uns von Anfang an belogen! Für Dr. Gero sind wir nur Massenware!“

Wütend biss sich C18 auf die Unterlippe. Sie hatte es geahnt. Und trotzdem… Trotzdem hatte sie sich vom Professor um den Finger wickeln lassen. Insgeheim hatte sie wohl gehofft, dass er sie tatsächlich gehen lassen würde.

Wie konnte sie nur so naiv sein und einfach einem Forscher der Red Ribbon Armee vertrauen? Gedankenversunken starrte C18 durch die Scheibe in der Kapsel Nummer 14. Darin war ein fahlhäutiger Hüne von einem Mann eingeschlossen, der scheinbar in tiefen Schlaf verfallen war.

Vorsichtig klopfte sie an die Scheibe, doch keinerlei Regung kam, nicht einmal ein Wimpernzucken. Er wirkte wie tot…

KRACH

C18 fuhr herum und erwischte ihren Bruder dabei, wie er mit brachialer Gewalt eine alte verstaubte Kapsel aufriss. Als er die Tür zur Seite schmiss landete sie vor C18s Füßen und sie konnte in blauer Schrift die Zahl drei darauf erkennen.

Das war also C03s Kapsel gewesen.

Als sie näher trat untersuchte C17 den Inhalt, bis er schließlich fand was er suchte.

„Wie ich es mir gedacht habe“, sagte er. „Dr. Gero hat alle Bauteile von C03 aufgehoben.“

„Sieht aber nicht so aus, als ob er ihn wieder aufbauen will. Warum hat er sich dann überhaupt die Mühe gemacht, seine Überreste auszugraben?“

„Weil der alte Sack etwas vor uns verheimlicht. Er wollte nicht dass wir die Bauteile in die Finger bekommen“, antwortete C17 vollkommen überzeugt von seiner Theorie. „Sonst hätte er uns von diesem Labor hier unten erzählt!“

Als C17 sich wieder aufrichtete, hielt er ein kleines rechteckiges Bauteil in der Hand, gerade mal so groß wie ein Bauklotz.

„Ist das die Blackbox?“, fragte C18 verwundert.

„Kann sein…“, ratlos drehte C17 das kleine Bauteil in seiner Hand hin und her. „Ich glaube die ist für gewöhnlich viel größer. Ich habe aber selber noch nie eine gesehen. Aber wenn Dr. Gero sie in einen Cyborg einbauen will, dann muss es selbstverständlich kleiner sein.“

Ungeduldig schüttelte er den kleinen Apparat in seiner Hand wie eine Schneekugel.

„Wenn ich bloß wüsste wie wir sie zum Laufen bringen! Wir müssen doch irgendwie an das Informationsmaterial herankommen.“

C18 zuckte abweisend die Schultern.

„So dringend brauchen wir die Blackbox auch nicht. Eigentlich wissen wir genug um…“

„DA!“, rief C17 erfreut aus. Er zog ein winziges Kabel hervor mit einem Stecker am Ende, das in die Black Box eingebaut war. „Vielleicht können wir das Ding an den Zentralcomputer anschließen.“
 

Keine zehn Minuten später standen die Zwillinge vor dem Zentralcomputer und starrten wie gebannt auf den schwarzen Monitor. Gleich würde sich entscheiden, ob sich die Suche nach der Black Box gelohnt hatte.

Erwartungsvoll schloss C17 das Gerät an den Computer an. Doch anstatt das sich irgendein Fenster auftat… blieb der Monitor schwarz.

„Tja. Das war’s wohl mit den Informationen. Du musst die Black Box bei deinem Kampf gegen C03 kaputt gemacht haben.“, meinte C18 gelangweilt.

Ihr Bruder nahm diese heimliche Beschuldigung mit einem missmutigen Brummen zur Kenntnis.

„Es war immerhin einen Versuch wert“, sagte C17, doch es klang nicht so optimistisch wie er vor hatte. Enttäuscht wollte er den Stecker herausziehen…
 

„Warte!!“
 

… da griff C18 nach seiner Hand und deutete auf den Monitor.

„Sieh doch mal! Da ist tatsächlich etwas drauf!“

„Ha! Siehst du! Ich habe es doch nicht kaputt gemacht!“

„Ist ja gut du Kleinkind! Halt die Klappe!“
 

Das Bild auf dem Monitor flackerte einpaar Mal, doch irgendwann wurde es schärfer, bis man einzelne Konturen und Personen darauf erkennen konnte. C18 war überrascht! Sie hatte angenommen dass eine Black Box nur die Stimmen aufnahm, doch stattdessen konnten sie, aus C03s Blickwinkel, Szenen aus seiner Erinnerung mitverfolgen. Sogar das Datum wurde oben links eingeblendet.

Das jetzige Szenario kannte sie. Es zeigte C17 wie er im Wald gegen C03 kämpfte. Scheinbar musste man die Erinnerungen Rückwärts abspielen.

„Laaangweilig“, gähnte C17 gespielt. „Den Film kenne ich schon. Der gutaussehende Junge gewinnt.“

„Mein Gott, diese Arroganz…“ C18 rollte genervt mit den Augen. Dann drückte sie probehalber auf einpaar Knöpfen herum. Es musste doch einen Weg geben den Ablauf zu beschleunigen?!

Als sie einen kleinen Drehknopf leicht nach links bewegte, wurden die Erinnerungen zurückgespult.

So einfach war das?

Das war ja wie bei einem Videorekorder!

„Hey stopp! Du bist viel zu weit!“, sagte C17 plötzlich, woraufhin C18 schnell die Hand vom Knopf nahm. Das Bild hielt still. Anscheinend hatte sie es geschafft es irgendwie zum Pausieren zu bringen.

„Na toll. Jetzt sind wir bestimmt in C03s Steinzeit ge…“ abrupt war C17 still und C18 wusste weshalb. Beide Zwillinge blickten mit weit geöffneten Augen auf das Datum, dass sie erreicht hatten.

Der vierundzwanzigste Januar.
 

„Ich weiß noch wie ich mich fühlte als ich dieses Datum las“, C18 atmete tief aus. „Aber es ist schwer zu erklären. Niemand hat wohl so eine ähnliche Erfahrung gemacht. Natürlich gibt es Unfälle die dokumentiert werden, aber die Betroffenen sind dann meistens tot.“

Marron bemerkte wie ihre Mutter die Augen schloss und sich mit den Fingern über die Schläfe fuhr. Eine seltsame Geste, die sie zuvor noch nie bei ihr erlebt hatte. Es wirkte als ob C18 um Fassung rang und die Unruhe ihrer Mutter schien auf sie überzugreifen.

Eine Gänsehaut zog sich über ihren Rücken und Marron fröstelte bei dem Gedanken, wie sie gleich die letzten Minuten ihrer Mutter als sterblicher Mensch hören würde.

„Als ich in diesem Moment zu deinem Onkel sah war er totenblass. Ich glaube er hatte genauso Angst wie ich vor dieser Erinnerung. Ehrlich gesagt, wollte ich sie gar nicht ansehen. Aber C17 bestand darauf. Mir graute es bei dem Gedanken unseren Tod aus der Sicht unseres Mörders zu sehen.“ Noch einmal schloss C18 die Augen und atmete tief durch. „Diese Erinnerung war wie ein Horrorfilm. Du weißt du kannst nachts nicht schlafen wenn du ihn siehst, aber du willst es.

Ich konnte aus C03s Blickwinkel sehen, wie er in dieser regnerischen Nacht auf unser Auto zuraste. Er flog so tief, dass mein Bruder ihn nicht einmal durch den Rückspiegel sehen konnte. So knapp über der Fahrbahn, dass er Wasser von der regennassen Fahrbahn abbekam. Dann tat er etwas Seltsames… Er klappte seine Hand zur Seite, wie einen Deckel und darunter kamen viele kleine Drähte und Anschlüsse zum Vorschein. Ich glaube damit hat er die Geschwindigkeit manipuliert und die Bremsen versagen lassen.“

Nun schüttelte sich C18 als wäre sie mit kaltem Wasser überschüttet worden.

„Es war einfach furchtbar… Ich konnte unsere Schreie im Wagen hören. Wie ich verzweifelt nach C17 rief. Ich hörte ihn fluchen und schimpfen und wie er mit allen Mitteln auf die Bremse trat. Aber C03 begann unseren Wagen anzuschieben… Ihn zu stoßen. Er lenkte ihn auf den Abhang zu. Er tat das mit einer erschreckenden Routine! Als wäre für ihn nichts weiter dabei… Dabei hörte ich mich selbst im Auto heulen. Ach Gott…“

C18 stütze die Arme auf den Tisch und massierte sich die Schläfen.

„Mama… Du musst das nicht erzählen…“

„Ist schon gut Kleines“, sagte C18 und lächelte. Doch es wirkte matt. „Zum Schluss sahen wir noch, wie C03 das Auto durch die Leitplanke jagte. Er stand am Rand und beobachtete wie der Wagen im dunklen, nebligen Abgrund verschwand. Ich hörte meinen eigenen Schrei lange Zeit noch als Echo… und irgendwann erschallte das laute Zerschmettern des Wagens vom Abgrund hinauf.“

„Oh Mama…“, Marron standen die Tränen in den Augen. „Wie konnte er nur so grausam sein? Ich kann das nicht verstehen...“ Traurig schüttelte sie den Kopf.

„Und trotzdem war er nichts weiter als ein Handlanger“, antwortete C18 und zog wütend die Augenbrauen ins Gesicht.
 

Mit trockenem Mund verfolgte C18 auf dem Monitor wie C03 den Abhang hinab flog. Auf einer kleinen Lichtung blieb er stehen und wartete.

Es vergingen zehn Minuten und die Zwillinge sahen aus C03s Blickwinkel, wie er anscheinend teilnahmslos in den dunklen Wald starrte. Dabei fixierte er immer nur einen Punkt.

„Worauf hat er dort gewartet?“, fragte C17. „Der Professor hat uns doch gesagt, dass C03 danach vollkommen aufgelöst zu ihm geflogen ist und ihm von seinem Wutanfall erzählt hat.“

C18 stutzte als sie daran dachte.

Ja… C17 hatte Recht!

Jetzt wo sie darüber nachdachte war C03 auch viel zu präzise bei seiner Arbeit gewesen, um zu sagen, dass er in einem Blutrausch gehandelt hatte. Aufgelöst wirkte er schon gar nicht!

„Vielleicht hat er länger gebraucht um zu begreifen was er getan hat. Er war sehr dumm. Das weißt du doch…“, vermutete C18, doch richtig überzeugt war sie von dieser Theorie selber nicht.

Die Zwillinge verstummten wieder, als sie vom Monitor ein lautes Rattern wie von einem alten Raumgleiter hörten und tatsächlich… Keine fünf Minuten später landete jemand auf der Lichtung.

„DR. GERO!!!“, riefen beide Zwillinge wie aus einem Mund. Fassungslos wurden sie Zeugen, wie der Professor vom Raumgleiter stieg und ihn in einer Hoi-Poi Kapsel verschwinden ließ.

Doch das passte überhaupt nicht zu dessen Aussage!

Wie konnte Dr. Gero wissen dass C03 ihr Auto vom Abhang geworfen hatte, wenn dieser ihm noch nichts gesagt hatte?!

„Es sei denn, der Professor wusste was C03 vorhatte…“, dämmerte es in C18s Kopf und mit Schrecken geweiteten Augen beobachtete sie, wie Dr. Gero zu seinem Handlanger lief und ihn ansprach.
 

„Hast du getan was ich dir aufgetragen habe?!“, blaffte er C03 an.

„Ja Meister.“

„Ausgezeichnet!“, frohlockte der Professor und rieb sich die Hände wie vor einem Gaumenschmaus. „Die beiden Kinderlein sahen sehr gut in Form aus. Solche Exemplare brauche ich. Kommen leider auch sehr selten vor… Wo sind sie? Warum sind sie nicht bei dir?“

C03s Arm erschien im Blickfeld und deutete nach rechts in den dunklen Wald.

„Was soll das heißen C03?! Antworte mir du mieser Haufen Müll!“

„Sie sind dort drüben Meister. Ich habe ihren Wagen über den Abhang gerollt…“

„DU HAST WAS?!“, tobte der Professor los. „ICH HATTE DIR AUSDRÜCKLICH BEFOHLEN KEINEN FINGER AN SIE ZU RÜHREN!“

„Deswegen habe ich sie auch über die Klippen geworfen. Ich habe sie nicht angefasst. Wie mein Meister es befohlen hat...“

Der Professor klatschte sich die Handfläche gegen die Stirn. In einem anderen Moment hätte C18 diese Geste bei ihm zum Schreien gefunden, doch in dieser Situation wirkte es makaber. Der Professor murmelte einpaar unverständliche Sätze vor sich her, dann sprach er:

„Deine Dummheit ist für einen Mann meiner Genialität erschreckend. Aber was soll’s. Ich bin nicht umsonst auf solche Fälle spezialisiert. Diese beiden Kinder sind meine Fahrkarte zum ultimativen Cyborg! Meine genialsten Schöpfungen, durch sie werde ich die Welt beherrschen! Doch falls meine kleinen Versuchskaninchen durch deine Beschränktheit unbrauchbar sind, wirst du den Tag bereuen an dem du in Betrieb genommen wurdest, Schwachkopf!!!“
 

„Genau wie ihr beiden!“

Die Zwillinge fuhren erschrocken herum. Sie waren so gebannt von dem Gehörten gewesen, dass sie keinen Gedanken mehr an Dr. Gero verschwendet hatten. Erhobenem Hauptes versperrte er den Weg nach draußen und faltete in seiner üblichen Manier, die Hände hinter dem Rücken.

„Ihr beiden ungehorsamen Kinder, habt hier unten nichts verloren!“, drohte der Professor und sah sie aus verächtlichen Augen an. „Aber ich bin ja selbst Schuld. Ich hätte euch nicht unterschätzen dürfen. Ihr seid wesentlich intelligenter als C03, das vergesse ich bei den neuen Modellen immer.“

„Modelle?“, spie C18 wütend aus. „Ist das alles was wir für sie sind?!“

Mit gespielter Theatralik, legte der Professor einen Finger ans Kinn und tat als ob er nachdachte. „Lass mich überlegen C18. Ich bin euer Erbauer. Ich bin euer Schöpfer. Ich habe eure schwächlichen Menschenkörper perfektioniert. Demnach könnte man diese Frage wohl mit JA beantworten!“

Mit einem hässlichen Grinsen lachte der Professor ihnen entgegen und neben C18, ballte ihr Bruder die Fäuste.

„Ihr solltet euch glücklich schätzen! In der Welt die ich mir erschaffen werde, werdet ihr beide die Vorreiter sein. Natürlich werde ich irgendwann noch bessere Cyborgs als euch kreieren, aber das wird noch eine Weile dauern. So lange könnt ihr mich als euren Gott ansehen!“

„Da stecke ich mir doch lieber den Finger in den Mund, du hässlicher alter Greis!“, antwortete C17 verächtlich und spuckte angewidert auf den Boden. Dann lächelte er böse und funkelte Dr. Gero an. „Sie haben nämlich den Fehler begangen uns stärker als sie zu bauen… Was eigentlich keine große Kunst ist.“

Doch der Professor hob nur belustigt einen Zeigefinger in die Höhe und antwortete:

„Nein, ich habe nur einen Fehler gemacht und der war darauf zu vertrauen, dass ihr irgendwann zur Vernunft kommt. Dachtest du kleiner Drecksbengel tatsächlich, ich wüsste nicht was ihr beiden hinter meinem Rücken treibt? Ihr standet jede Minute unter meinem wachsamen Blick, sogar wenn ihr euch nach Draußen geschlichen habt. Wer glaubt ihr hat C03 seinerzeit befohlen euch in meiner Werkstatt anzugreifen? Dieser Idiot hat selbstständig doch keinen Finger gerührt! Doch während ihr da draußen im Regen gegen diesen wandelnden Müllberg gekämpft habt, hatte ich genug Zeit um alle Unterlagen und Protokolle über euren Unfall zu vernichten. Wenigstens etwas wozu C03 gut war. Aber wie dem auch sei… eure Jugendsünden seien euch vergönnt, denn jetzt ist Schluss mit den Spielchen! Es ist Zeit das ihr eurem Meister Gehorsam zeigt.“

Den letzten Satz warf der Professor mit einem finsteren Blick in den Raum, behielt dabei aber das selbstgefällige Lächeln bei – und das war letztendlich der Grund warum C17 lossprintete!

C18 konnte es ihrem Bruder nicht vergönnen. Mit einer wohligen Genugtuung sah sie dabei zu, wie er auf den Professor zuraste und malte sich schon auf grausame Art und Weise aus, wie Dr. Geros Blut sich in wenigen Sekunden als große Pfütze zu ihren Füßen ausbreiten würde.

Doch plötzlich…

„Argh!!“

… stoppte C17 und fiel mit schmerzverzerrtem Gesicht zu Boden. Ehe C18 wusste wie ihr geschah, trat der Professor drei Schritte an sie heran und hielt eine Fernbedienung in die Höhe. Vollkommen perplex sah C18 das kleine Gerät an, konnte sich keinen Reim daraus machen was Dr. Gero damit wollte, da spürte sie einen höllischen Schmerz durch ihre Glieder fahren, als er einen der Knöpfe betätigte.

Mit zusammen gebissenen Zähnen brach sie zusammen… und war vollkommen gelähmt.

Ihr gesamter Körper hatte sich verkrampft, ihr Hals neigte sich, mit schmerzhaft angespannten Muskeln nach rechts. Ihre Hände waren wie Klauen gespreizt, doch sie war unfähig auch nur einen Finger zu rühren. C18s Kopf ruhte auf der rechten Seite was es ihr ermöglichte, für lange Zeit den wohl letzten Blick auf ihren Bruder zu erhaschen. Der lag genauso bewegungsunfähig wie seine Schwester am Boden, während der Professor triumphierend über ihm ragte.

„Ihr kleinen Ratten“, schimpfte Dr. Gero und verpasste C17 einen Tritt ins Gesicht, woraufhin sein Kopf zur Seite kippte. „Dachtet ihr wirklich ihr könntet mir etwas anhaben?! Ich bin euer Schöpfer! Ich bin euer Meister! Ich bin euer Gott!!! Merkt euch das!!! So schnell wie ich euch eure Energie gegeben habe, kann ich sie auch wieder wegnehmen! Wie ist das Gefühl deaktiviert zu werden?! Es muss sich anfühlen als ob man stirbt! Wie oft wollt ihr einfältigen Gören noch im Jenseits landen?!“

Wütend folgte ein weiterer Tritt auf C17s Brustkorb und um C18 ebenfalls zu demütigen trat er zu ihr heran und spie eine Ladung stinkende Spucke in ihr Gesicht.

„Ihr werdet schon noch lernen was es heißt mir nicht zu gehorchen! Vielleicht werden einpaar Jahre in euren Kapseln euch Gehirn einbläuen. Wie heißt es doch so schön? Gebranntes Kind meidet Feuer.“

Mit grausamer Genugtuung verschwand der Professor aus der Labortür und machte sich daran, ihre Kapseln im oberen Stockwerk in Betrieb zu nehmen. Das Stampfen seiner wütenden Schritte war noch lange im düsteren Labor zu hören. Selbst das Auftreten auf die Leitersprossen, schien voller Wut zu sein.

Während C18 merkte wie das letzte bisschen Energie aus ihrem Körper verschwand, suchte sie mit ihren Augen den Blick ihres Bruders. C17 lag genauso verkrampft wie seine Schwester am Boden, doch seine blauen Augen sahen zu ihr – und als ob es Gedankenübertragung war, wussten beide dass sie im letzten Moment vor ihrer vollkommenen Deaktivierung dasselbe dachten:

„Das wirst du büßen Gero!“

Meine späte Rache

„Was für ein hinterhältiges Aas!“, sagte Marron empört. Nun konnte sie nachvollziehen, weshalb ihre Mutter und ihr Onkel einen solchen Hass gegen ihren Schöpfer gehegt hatten. Er war tatsächlich ein manipulierendes Schwein und bei dem Gedanken, dass sie genau wie ihre Mutter zuerst gedacht hatte, Dr. Gero wolle nur das beste für die Zwillinge, hätte sie sich am liebsten geohrfeigt.

Wahrscheinlich wäre sie an C18s Stelle auch auf diesen Schmierenkomödianten reingefallen und diese Dämlichkeit ließ in ihr Wut auf sich selbst aufkeimen. Dann kam ihr allerdings ein anderer Gedanke.

„Wie fühlt sich das eigentlich an? Deaktiviert zu werden?“, fragte Marron zaghaft, denn in ihrer Vorstellung klang es, als ob man den PC im Stand by Modus laufen ließ.

„Nicht gut.“ C18 fröstelte. „Gar nicht gut. Es ist so wie Dr. Gero gesagt hat – als ob man stirbt. Du musst dir das folgendermaßen vorstellen. Jedes Lebewesen ist auf Energie angewiesen. Wenn ein Mensch seine Energie verbraucht hat, wird er alt und stirbt, jedenfalls wenn nichts Unvorhergesehenes dazwischen kommt. Unfälle passieren leider immer. Bei Cyborgs läuft das etwas anders. Mein Bruder und ich haben eine fast unerschöpfliche Energiequelle. Wenn wir von einem Kampf etwas angekratzt sind, legen wir uns eine halbe Stunde hin und die Batterie ist wieder voll funktionstüchtig. Alt werden wir nicht. Theoretisch könnten wir also in hundert Jahren noch jung und munter durch die Gegend hüpfen. Wenn wir nicht deaktiviert werden!“

„Oh.“, gab Marron von sich und senkte den Blick. Ihr gefiel der Gedanke dass ihre Mutter sie bis an ihr Lebensende begleiten würde, aber bedeutete das nicht, dass C18 ihre Familie vor sich zerfallen sehen würde. Marron selbst hätte nicht die Stärke um so etwas zu ertragen. Wie würde die Zukunft für C18 aussehen?

Was wäre in hundert Jahren? Hätte ihre Mutter dann bereits eine neue Familie?

Marron wusste das es kindisch war, aber dieser Gedanke trieb ihr die Tränen in die Augen, was C18 nicht verborgen blieb.

„Was hast du denn?“, fragte sie sanft und streichelte Marron über den Kopf.

„Du wirst so lange leben. Papa und ich aber nicht. Wirst du uns dann… vergessen?“

C18 sah ihre Tochter verdutzt an, dann lächelte sie und streckte die Arme aus.

„Komm her du dummes Kind.“

Marron kam sich dämlich vor, doch diese mütterliche Geborgenheit war einfach jetzt nötig. Schniefend lehnte sie sich gegen ihre Mutter, die ihr über den Kopf streichelte und weiter sprach: „Niemals würde ich euch beide vergessen! Streich diesen Gedanken schnell aus deinem kleinen Kopf. Außerdem hast du mir nicht richtig zugehört. Ich sagte Theoretisch! In der Praxis sieht so etwas meistens ganz anders aus.“

Marron blinzelte ihre Mutter fragend an die sie wissend anlächelte.

„Glaubst du im Ernst ein Auto fährt hundert Jahre ohne einen Getriebeschaden?“

„Hör auf mich zu veräppeln Mama! Du bist kein Auto!“

„Aber ein Cyborg!“ C18 drückte ihre Tochter mit sanfter Gewalt von sich weg. „In meinem Körper sind dutzende von Kleinteilen die alle irgendwann versagen. Dr. Gero war zwar von seiner Leistung so fest überzeugt, um zu glauben, dass seine Erfindungen für die Ewigkeit halten, aber ich bin da realistischer veranlagt. Wir wissen beide dass das unmöglich ist. Keine Maschine der Welt hält ewig, auch wenn sie gewartet wird. Und bis auf Bulma gibt es neben Dr. Gero niemanden der das könnte.“

„Dann wirst du also gar nicht ewig leben?“

„Wenn alle Teile in meinem Körper noch lange einwandfrei laufen, werde ich wohl länger leben als der herkömmliche Mensch, aber mehr nicht.“ Dann zwinkerte C18 ihrer Tochter zu. „Also mach dir keinen Kopf. Deine Mama wird dir zwar lange erhalten bleiben, aber so lange wird sie dir nun auch nicht auf die Nerven gehen.“

Marron wischte sich mit der Handfläche über die Augen und zog eine Schnute. Plötzlich hörten sie aus dem Inneren des Kame Houses Muten Roshi rufen:

„Umarmt euch wieder! Ich steh auf solche Schweinereien!!!“

Der sabbernde senile Greis stand an einem der Fenster und presste sein Gesicht so fest gegen die Scheibe, dass es wie eine Halloweenmaske aussah. Doch nur ein strafender Blick von C18 ließ ihn schnell untertauchen und verschwinden.

Einpaar Sekunden sahen beide Frauen noch angeekelt auf das Fenster, dass einen Abdruck von Muten Roshi behalten hatte. Dann griff Marron das eigentliche Thema wieder auf.

„Also deaktiviert zu werden, fühlt sich an als ob man… stirbt?“

C18 senkte ihren Kopf nachdenklich.

„Ich bin noch nie eines natürlichen Tod gestorben, aber so stelle ich es mir vor. Wenn man deaktiviert wird, fühlt es sich an, als ob man in einer Minute um Jahre altert. Deine Kräfte schwinden, du merkst wie ein Körperteil nach dem anderen taub wird und irgendwann ist alles schwarz. Ich weiß es ist ein blödes Beispiel, aber nehmen wir zum Beispiel eine Lampe. Ziehst du den Stecker raus, kannst du damit nichts mehr anfangen, es ist ein lebloses Gerät.“

„Und wie ging es nach der Deaktivierung weiter?“

C18 wollte gerade aus ihrem Glas trinken, da hielt sie in ihrer Bewegung inne und blinzelte Marron an, als hätte sie einen Dachschaden.

„Wie es weiterging? Na wie schon? Wir waren deaktiviert! Über diese Zeit gibt es nichts zu erzählen. Wenn jemand aus dem Koma erwacht fragst du ihn ja auch nicht, was er die letzten Monate getrieben hat.“

Marron biss sich auf die Unterlippe und klatschte sich die Handfläche gegen die Stirn. Das war wirklich eine blöde Frage gewesen.

„Na gut. Dann eben anders. Wie ging es weiter als ihr wieder Aktiviert wurdet?“

C18s Miene verdüsterte sich und ein böses Lächeln trat auf ihr Gesicht.

„Wie ich schon sagte. Dr. Gero musste büßen.“

„Dann habt ihr ihn danach wohl ziemlich in die Mangel genommen?“

C18 grinste ihre Tochter an. Dann faltete sie leicht die Hände vor sich und stützte ihr Kinn daran ab.

„Was denkst du?“
 


 

Als C18 nach ihrer Aktivierung die Augen öffnete, wusste sie nicht, dass bereits vier Jahre ins Land gezogen waren. Doch was sie sofort ahnte war, dass sie sich in der vermaledeiten Kapsel befand, die der Professor für sie konstruiert hatte. Sie brauchte nicht lange um sich an die letzten Minuten vor ihrer Deaktivierung zurück zu erinnern. Ihr Gehirn schien ihr wie ein PC der nur im Standby Modus geschlummert hatte. Die Szene in Dr. Geros Geheimlabor lag noch gestochen scharf vor ihrem Auge und auch wenn Jahre vergangen waren, hatte das ihrer Wut keinen Abbruch getan.

Doch wer hatte sie Aktiviert? Dr. Gero? Niemals!

Ungeduldig wand sich C18 in ihrem eisernen Gefängnis und spielte bereits mit dem Gedanken, sich mit brachialer Gewalt aus der Kapsel zu befreien, da ertönte in lautes Summen und der Deckel klappte langsam nach oben.

Als die Öffnung groß genug war um herauszutreten, umfassten ihre Hände die Ränder der Kapsel. Sie stemmte sich etwas vor und der erste Blick den sie erhaschte galt ihrem Bruder.

C17 stand links von ihr, sah seine Schwester aus ernsten Augen an und sie fühlte dass er angespannt war – etwas vollkommen Ungewohntes für C18. Vor allem lag in seinem Blick etwas Lauerndes und er schien sie mit einem stummen Nicken auf etwas aufmerksam machen zu wollen.

C18s Augen wurden zu schmalen Schlitzen.

Ihre Intuition sagte ihr dass Vorsicht geboten war. Als sie endgültig aus der Kapsel trat und sich nach rechts umwandte, fiel ihr Blick das erste Mal auf Dr. Gero. In dieser Minute wäre sie liebend gerne mit einem Satz nach vorne gesprungen, um ihrem Schöpfer das Herz aus dem Leib zu reißen. Doch die angespannte Stimmung in Raum und der warnende Blick ihres Bruders, ließ sie vorerst gute Miene zum bösen Spiel machen. Es gab sicherlich einen Grund weshalb C17 ihren Gedanken nicht schon längst in die Tat umgesetzt hatte.

Als sie die Fernbedienung in Dr. Geros linker Hand erhaschte, wusste C18 was sie zu tun hatte. In Sekundenschnelle hatte sie ein süßes Lächeln auf ihr Gesicht gezaubert und zwitscherte dem Professor entgegen.

„Guten Tag, Dr. Gero! Freut mich sie zu sehen.“

C18 hätte am liebsten laut losgelacht als sie die Erleichterung in Dr. Geros Gesicht sah.

Anscheinend war ihm durchaus bewusst, dass seine Cyborgs allen Grund hatten ihn zu hassen, doch in seiner typischen Arroganz nahm der Professor an, er hätte durch seine letzte Aktion ihren Willen gebrochen.

„Na sehr schön! Du freust dich auch mich zu sehen, wie lobenswert!“

„Das ist doch normal, Doktor!“, antwortete C18 und konnte sich vorstellen das ihr Bruder ihr diesen Satz noch eine ganze Weile unter die Nase reiben würde. Dr. Gero schien noch einige Sekunden innerlich zu jubilieren, dann sprach er schließlich den eigentlichen Grund ihrer Aktivierung aus. Der Professor hatte sich in den letzten Jahren selbst zu einem Cyborg umgebaut! C18 hielt das für eine vollkommen bescheuerte Idee, immerhin war der Professor schon bei ihrer ersten Begegnung nicht der Jüngste gewesen. Theoretisch hatte er nur alte Organe in eine neue Hülle gesteckt, obwohl sein Äußeres immer noch genauso fahl und kränklich wie zuvor aussah.

Nach einer kleinen Ansprache, erfuhren sie schließlich den eigentlichen Grund für ihre zweite Chance. Während ihrer Deaktivierung hatte sich Dr. Gero mit der Gruppe Z angelegt. Bei diesen Leuten handelte es sich um die Freunde von Son Goku der Oberteufel Piccolo vor Jahren besiegt hatte.

C18 konnte eine gewisse Schadenfreude nicht unterdrücken, als sie als Resultat dieser Blödheit Dr. Geros abgetrennten Armrumpf erblickte. Sofort wurde ihr die Gruppe Z sympathisch. Doch solange der Professor die Fernbedienung besaß spielte das keine Rolle.

Immerhin verlangte er von ihnen seine Widersacher aus dem Weg zu räumen.
 

RUMMMS!!

Eine starke Erschütterung ließ den Eingang zur Werkstatt erbeben und Putz bröckelte von der Decke. Dr. Gero drehte sich hastig von ihnen weg zur Tür und eine Schweißbahn zeichnete sich an seiner Schläfe ab, tröpfelte an seiner faltigen fahlen Wange herab – noch nie hatte C18 den Professor so nervös erlebt.

Für gewöhnlich rang er mit jeder Faser seines Seins darum, vollkommene Autorität und Selbstbeherrschung auszustrahlen. Anscheinend wurde das auch dem Professor bewusst, denn in einem kläglichen Versuch gelassen zu wirken, scherzte er:

„Da sind sie schon! Und genau zum richtigen Zeitpunkt auf Helden ist eben doch immer verlass. Ich werde ganz sicher meinen Spaß haben.“

Doch soweit sollte es nicht kommen…

Denn nun kam C17 ins Spiel. Die Zwillinge tauschten vielsagende Blicke miteinander aus. Als ob es Gedankenübertragung war nickte C18 ihrem Bruder kurz zu. Dann trat er mit leisen Schritten auf Dr. Gero zu, immer darauf bedacht hinter seinem Rücken zu bleiben. C18 gab nicht den geringsten Laut von sich und sah nur dabei zu, wie ihr Bruder geräuschlos zum Professor schritt. Dabei spielten sich diese Sekunden für sie wie in Zeitlupe ab…

RUMMMS!!

Von draußen hämmerte die Gruppe Z an die Tür. Vereinzelte Stimmen drangen in den Raum.

RUMMMS!!

Ein weiterer Schweißtropfen lief dem Professor über die Stirn. Es war deutlich zu sehen, dass er sich mehr um seine Feinde außerhalb des Labors sorgte, als um die hinter seinem Rücken.

RUMMMS!!

Nur noch ein Schritt dann war C17 da…

RUMMMS!!

„Na wartet euch werd ich es zeigen“, knurrte der Professor. Dann drehte er sich zu den Zwillingen um und erstarrte zur Salzsäule als er direkt hinter sich in C17s kalte Augen blickte…

RUMMMS!!

… und noch ehe Dr. Gero es sich versah, schnappte sich C18s Bruder in sekundenschnelle die Fernbedienung aus der Hand des Professors!
 

„Hey!!! Was soll denn das?! Du hast sie wohl nicht mehr alle, oder?“, keifte Dr. Gero sofort los.

Nun ging eine Verwandlung in den Zwillingen vor. Die zuvor freundliche Maske wich einem gemeinen Grinsen und in ihren teilnahmslosen Augen funkelte boshafte Genugtuung. C17 hielt die Fernbedienung triumphierend in die Höhe, dabei feixte er dem Professor entgegen und sagte:

„Wenn ich richtig geraten habe Doktor ist das die Fernsteuerung mit der wir deaktiviert werden können, nicht wahr? Ich kann nicht zulassen dass sie uns damit bedrohen!“

Dr. Gero wurde aschfahl und fassungslos starrte er seinen Cyborg an, während C17 die sadistische Schadenfreude ins Gesicht geschrieben stand.

„Naja, nur für den Fall der Fälle, “ sagte er. Dann blitzten blaue Funken um die Hand welche die Fernbedienung umfasste. Ein lauter Knall ertönte, dann folgte eine kleine Rauchwolke und Dr. Geros einziges Druckmittel gegen die Zwillinge bröckelte als Staub zu Boden.

„Bist du verrückt geworden?!“, keifte der Professor los, während an seiner Schläfe eine Ader pochte. „Ich habe dir doch gar nicht erlaubt das zu tun!“

„Du deaktivierst mich nicht noch mal du alter Greis! Ich bleibe aktiv!“, entgegnete C17 feixend, während sich seine Brauen tief ins Gesicht zogen.

„C17 LASS DAS! JETZT IST NICHT DER RICHTIGE AUGENBLICK FÜR DISKUSSIONEN! UNSERE FEINDE STEHEN VOR DER TÜR!“, brüllte der Professor plötzlich los. Wer immer die Gruppe Z auch war, Dr. Gero hatte mächtig die Hosen vor ihnen voll und C18s Neugierde stieg dadurch umso mehr.

Gerade als sie ihrem Schöpfer ein gehässiges Kommentar an den Kopf werfen wollte, ertönte von draußen ein lauter Kampfschrei…

„JAAA!!“
 

Ein ohrenbetäubender Donner erfüllte das Labor und die Umgebung wurde in hellblaues fluoreszierendes Licht gehüllt. Die stählerne Tür des Labors bog sich unter der Kraft eines starken Ki-Blasts und über der Eingangstür bröckelte der Putz nur so in Strömen herab. Dann sprangen die schweren Metallflügel in den Raum hinein und mit einem lauten Grollen landeten sie im Innern des Labors, direkt vor Dr. Geros und C17s Füßen.

Das leuchtende Chaos um C18 herum wirbelte den Staub in der Werkstatt auf und verschlechterte für kurze Zeit die Sicht. Doch die Zwillinge blieben in Gegensatz zu Dr. Gero gelassen – beide hatten nicht vor sich ihren persönlichen Moment der Rache verderben zu lassen, auch wenn die Pseudo-Superhelden vom Amt vor der Tür standen.

Und als sich das Chaos lichtete erbot sich C18 der erste Blick auf die sagenumwobene Gruppe Z - und ihren zukünftigen Ehemann, Krillin.
 

„Oh oh oh!“ Marron klatschte fröhlich in die Hände. „So hast du Papa das erste Mal kennengelernt??? Hat er dich von Dr. Gero befreit? War er es Mama? Papa hat mal gesagt er hat dich gerettet! Er war es bestimmt! Anders kann es gar nicht sein! Oh wie romantisch! Das ist wie im Märchen! Die Prinzessin wird vor dem bösen Drachen gerettet und sie lebten glücklich und…“

„Stopp! Halt! Jetzt komm mal wieder runter, Kleines! So war das alles gar nicht!“, beschwichtigte C18 ihre Tochter hastig. Doch Marron war vollkommen vertieft in ihre Fantasiewelt und plapperte Geschichten wie frisch aus Grimms Märchenbuch vor sich her.

„… und ihr habt euch in die Augen gesehen und wusstet das es Liebe auf den ersten Blick war! Und dann kam die Hochzeit… Ach, das könnte ein wunderschöner Hollywood Klassiker werden!“

C18 musste dem Impuls widerstehen zu würgen. Was Romantik anging kam ihre Tochter eindeutig nach ihrem Vater. Krillin besaß auch diese verklärte Vision seine Angebetete Tag für Tag neu zu erobern. Einerseits musste sie gestehen, dass sie das äußerst reizend an ihm fand, aber manchmal übertrieb er es auch mit seiner Liebe zu ihr.

So war eines der Dauerprobleme im Kame House, dass sie nicht genug Geld besaßen, da Krillin einmal die absurde Idee ausgetüftelt hatte, einen gesamten Vergnügungspark zu mieten, damit beide dort einen ausgelassen Nachmittag verbringen konnten. Das war noch bevor sie richtig zusammen kamen. C18 war zugegebener Maßen hin und weg von diesem Tag. Doch als sie später erfuhr was für horrende Summen er bei seiner Bank als Darlehen aufgenommen hatte, gab ihr das einen gewaltigen Dämpfer und später übernahm sie die Haushaltskasse.

Marron philosophierte mittlerweile noch weiter vor sich her, was C18 nur schmunzelnd den Kopf schütteln ließ. Was hatte sie da nur für eine Romantikerin gezüchtet?

„Marron…“

„Der Prinz kommt auf seinem Ross…“

„Kleines…“

„… nimmt die hübsche Maid zu sich aufs Pferd…“

„Hör mir jetzt endlich zu!!!“

Abrupt stoppte Marron und sah ihre Mutter aus großen Augen an.

„Was ist?“

„Kleines. So war das nicht! Nicht einmal ansatzweise… Gott sei Dank, möchte man fast sagen!“

„Oh… Schade“, gab Marron enttäuscht von sich und zog ihre Lippen zu einem Schmollmund.

„Wie dann?“

„Nun“, antwortete C18. „Erst einmal wurde Dr. Gero nicht von deinem Vater getötet. Auch nicht von jemand anderem von der Gruppe Z. Denn wie ich schon erwähnt habe. Wir wollten uns unsere Rache durch niemanden verderben lassen…“
 

„JETZT IST ABER ENDGÜLTIG SCHLUSS! DU WIRST DIESEN KNOPF NICHT DRÜCKEN! VERSTANDEN?!“, tobte der Professor, wobei bei jedem seiner Worte eine Ladung Speichel aus seinem Mund flog. Doch noch bevor er es sich versah…
 

KRACH
 

… rammte C17 seinen linken Arm durch dessen Brustkorb.

Dr. Geros Mund blieb starr geöffnet. Seine Augen traten hervor wie bei einer irrwitzigen Comicfigur, was C18 innerlich lachen ließ. Dieser Anblick war zu köstlich und ihre Rache Jahre überfällig!

Der Professor sah zunächst an sich herunter, zu der Faust die durch seinen Brustkorb ragte, dann drehte er seinen Kopf zu C17, der lässig seine andere Hand in der Hosentasche versenkte und dem Professor kalt entgegenblickte.

„Aua! Was fällt dir ein?!“, krächzte der Professor. „Bist du irre geworden?!“

Mit einer wohligen Genugtuung hörte C18 den Schmerz und die Verzweiflung aus seiner Stimme heraus. Egal ob sich der Professor in den letzten Jahren ebenfalls zu einem Cyborg umgewandelt hatte, man verspürte trotzdem Höllenqualen wenn ein riesiges Loch im Brustkorb klaffte.

C17 zog mit einem Ruck seine linke Hand zurück, doch Dr. Geros Zunge schien immer noch locker zu sitzen. Langsam drehte er sich zu C17 um und brüllte ihm entgegen.

„DU BIST MEIN WERK! ICH HABE DICH ERSCHAFFEN! UNDANKBARER KERL!!!“

Noch ehe Dr. Gero reagieren konnte, war C18s Bruder mit einem Satz in die Luft gesprungen und versetzte dem Professor einen heftigen Tritt ins Genick. Ein lautes Knacken war zu hören, als sich der Kopf des Professors durch die Wucht von seinem Hals löste, dann flog er im hohen Bogen durch den Raum und landete vor den Füßen der erstarrten Z Kämpfer.

Einer von ihnen belustigte C18 besonders - ein kleingewachsener Glatzkopf mit sechs Punkten auf der Stirn.

Er sah voller Ekel auf den Kopf herab, der unglücklicherweise direkt vor ihm gelandet war. Wäre die Tür zur Werkstatt nicht durch einen von Dr. Geros Gegnern, die sich gerade vor dem Höhleneingang tummelten, aufgesprengt worden, hätte der kleine Kerl wohl panisch den Rückwärtsgang eingelegt und wäre dagegen gerannt.

Selbst getrennt von seinem Körper unterließ es Dr. Geros Kopf nicht, weiter gegen seine Cyborgs zu zetern. C18 hätte dem Professor auch gerne den Gnadenstoß verpasst, doch C17 kam ihr zuvor. Mit einem weiten Sprung durchquerte er die gesamte Werkstatt, nur um mit voller Wucht auf Dr. Geros Kopf zu landen. Der metallene Schädel gab unter dem Tritt nach und zersprang in Dutzende kleine Metallteile.

Und in diesem Moment wusste C18, dass alle Hindernisse die C17 und sie davon abgehalten hatten, ihr Leben selbständig und in völliger Freiheit zu führen ausgemerzt waren.
 

„Dieser Moment war der schönste meines Lebens! Egal wie grausam es klingt.“, sprach C18 und tatsächlich schien sie eine sadistische Freude an den Tag zu legen, die selbst Marron etwas ängstigte. „Dr. Geros Tod kann man wohl auch als symbolische Bedeutung für uns sehen. Es war das Ende eines deprimierenden Lebensabschnitts. Ich glaube wenn dein Vater nicht mit seinen Freunden vor der Werkstatttür gestanden hätte, wären C17 und ich Samba tanzend aus dem Eingang gehüpft und hätten lauthals „Arriba“ gegrölt.“

Marron gab bei diesem Gedanken ein leises Kichern von sich. Offenbar fand sie die Vorstellung ihre sonst so ernste Mutter so ausgelassen mit ihrem Onkel tanzen zu sehen sehr witzig.

C18 gönnte ihrer Tochter diesen kleinen Anfall, schmunzelte selbst bei diesem Gedanken und fuhr gleich darauf fort.

„Jedenfalls weißt du ab jetzt wie es weiterging. Bei jedem…“ C18 hielt beide Hände in die Höhe und deutete zwei Anführungszeichen an, „ „Klassentreffen“, von deinem Vater, wird über die gute alte Zeit philosophiert. Ich kann die Geschichten selber nicht mehr hören. Somit wären wir beim heute angelangt…“

Sofort fuhr Marron erschrocken zusammen. Das sollte es gewesen sein? Mehr bekam sie nicht zu hören?! Das konnte nur ein Scherz sein?

Klar kannte sie die Geschichten über die Cell Spiele in und auswendig. Bei jedem monatlichen Treffen der Gruppe Z waren mindestens drei Kämpfer dabei, die sich so ins Delirium tranken, dass immer folgender Dialog zustande kam:

„Weißt de noch die... hicks… Cell Spiele?“

Dann grunzte ein anderer.

„Türlich… hicks… genauso gut wie… hicks… damals auf Nam… hicks… Namek. Geile Zeit!“

Dann folgte eine fünfzehnminütige Diskussion darüber, welcher Gegner grausamer, welcher Kampf spannender und welcher Krieger der Gruppe Z stärker war. Gegen Ende dieser anfangs hitzigen Debatte, flaute das Temperament der Kontrahenten allerdings ab und man staunte nicht schlecht, wenn ein betrunkener Yamchu urplötzlich einen Übergang von Freezer zu Bulmas Oberweide fand.

Leider freuten sich diejenigen, denen die tausendste Wiederholung von den Kämpfen auf Namek aus den Ohren heraushing, an dieser Stelle zu früh.

Denn wenn man Pech hatte torkelte bereits der dritte Betrunkene an den Tisch und fragte:

„Wisst… hicks…ihr noch die Cell Spiele? Hicks!“

Dann begann der ganze Dialog wieder von Anfang, denn wie allgemein Bekannt hatten Betrunkene generell ein Kurzzeitgedächtnis – Es war ein verdammter Teufelskreis!

Und genau dieser Teufelskreis interessierte Marron nicht. Sie wollte mehr über das danach hören.

Es gab so viele Fragen und ihre Mutter wollte sie ihr alle tatsächlich verwehren!

Trotzig schob Marron ihre Unterlippe vor, zog ihre Augenbrauen tief ins Gesicht und verschränkte bockig die Arme vor der Brust. Dabei sah sie ihre Mutter auf eine Weise an, die wohl heißen sollte:

„Ne ne ne! Da fehlt doch noch ein ganzer Teil! Setzt du mir etwa das Spar Menü vor die Nase?“

C18 hatte gerade genüsslich auf einem Eiswürfel gekaut, den sie aus ihrem Glas gefischt hatte, als ihr die skeptische Reaktion ihrer Tochter auffiel. Genervt zogen sich ihre Augenbrauen zusammen und sie ließ es sich nehmen ein unwirsches Murren von sich zu geben, bevor sie antwortete.

„Es gibt nichts mehr zu erzählen...“

„Ist das so?“, konterte Marron. „Und was war nach den Cell Spielen?“

C18 hielt den Blick gesenkt und stocherte mit dem Strohhalm nach den Eiswürfeln in ihrem Glas. Scheinbar unfähig eine Antwort auf diese Frage zu geben. Ein verbissener Ausdruck schlich sich um ihren Mundwinkel und Marron wurde klar weshalb ihre Mutter nicht weitersprechen wollte.

Wissend stemmte sie ihre Ellbogen auf den Tisch und bettete ihren Kopf zwischen ihre Hände. Dabei lächelte sie ihre Mutter verschmitz an.

„Ich weiß was dein Problem ist.“, begann Marron und C18 sah sie mit hochgezogener Augenbraue an. „Du willst mir nicht erzählen wie du und Papa zusammen gekommen seid. Bestimmt ist es total romantisch und wir wissen beide wie sehr du Kitsch magst. Ist es dir peinlich weich geworden zu sein?“

C18 gab ein pikiertes „Pah!“ von sich und sah zur Seite, doch leider gelang es ihr nicht die leichte Röte auf ihrem Gesicht zu unterdrücken.

Natürlich hatte Marron recht. Das war einer der Gründe weshalb sie nicht weitererzählen wollte. Ihre Geschichte fortzuführen hieß einpaar Details über sich Preis zugeben, die sie eigentlich mit ins Grab nehmen wollte. Selbst Krilin hatte sie ausdrücklich verboten darüber mit jemandem zu sprechen.

„Ach Mami!“, Marron zog eine zuckersüße Schnute und blinzelte ihre Mutter aus unschuldigen Kulleraugen an. „Bitte erzähl es mir! Ich will wissen wie es weitergeht. Und du hast mir gar nicht gesagt was aus Onkel C17 geworden ist.“

„Ach ja. Das wüsste ich auch gerne, “ dachte C18 und grinste bei dem Gedanken an ihren arroganten, störrischen aber manchmal doch recht liebenswerten kleinen Bruder. Nach weiteren Minuten in den Marron sie eindringlich mit diesen treudoofen Kulleraugen anbettelte, gab C18 ein geschlagenes Seufzen von sich.

„Na schön.“, antwortete sie und Marron klatschte jubelnd in die Hände. „Aber ich warne dich! Wenn diese Geschichte ihre Runden macht, vergesse ich dass du meine Tochter bist und sperre dich einen Monat in den nächstbesten Geräteschuppen – mit Mutenroshi!“

„Meine Lippen sind auf Ewig versiegelt“, kicherte Marron und deutete mit ihren Fingern einen imaginären Reißverschluss von einem Mundwinkel zum nächsten an.

Mein Engel in der Not

„Zunächst einmal ging das mit deinem Vater und mir nicht so schnell wie du wohl denkst. Krilin und ich kamen nicht gleich nach dem Kampf gegen Cell zusammen. Ich weiß nicht ob es dir bereits erzählt wurde… naja, eigentlich bin ich sicher dass du schon von Yamchu davon gehört hast, aber dein Vater hat sich rührend um mich gekümmert, als ich von Cell nach meiner Absorbierung ausgespuckt wurde. Als ich aber in Dendes Palast wieder zu mir kam, habe ich ihm einen Korb verpasst.“

„MAMA!“

„Zu meiner Verteidigung!“, unterbrach C18 ihre Tochter. „Kurz davor wurde ich von einem widerwärtigen Mutanten ausgespuckt. Ich war voll von Cells Spucke! Keine Sanitäre Anlage weit und breit! Absorbiert zu werden war auch keine reizende Erfahrung und mein Bruder war nirgendwo zu sehen! Man kann also durchaus sagen das ich einen verdammt beschissenen Tag hinter mir hatte!“

„Dafür kann doch Papa nichts!“

„Er nicht, aber dieser Idiot Vegeta! Dein Vater hat es nicht einmal über sich gebracht mich mit Bulmas Fernbedienung zu deaktivieren. Vegeta war aber so heiß auf einen starken Gegner das er Cell freie Hand ließ und schließlich lag Mr. Allmächtig doch geschlagen im Staub.“

C18 verschränkte gönnerhaft die Arme vor der Brust und blies sich eine freche Haarsträhne aus dem Gesicht.

„Tja, der gute Vegeta hatte sich eben mächtig verkalkuliert. Wie auch immer. Wir wollen ja nicht die alten Kamellen aufwärmen. Als ich in Gottes Palast zu mir kam, fühlte ich mich ehrlich gesagt schlicht weg überfordert. Ich stand zwischen den Leuten, denen ich mit C17 kurz zuvor noch den Hosenboden versohlt hatte, während Yamchu einen Sicherheitsabstand von hundert Metern zu mir hielt und aus vollem Hals brüllte, dass Son Gohan Cell besiegt hatte und ich als nächste dran sei, wenn ich Metzchen machte. Gott! Ich fühlte mich wie ein Lamm zwischen den Wölfen.

Zwar sagte mir Piccolo, dass dein Vater sich um mich gekümmert hatte, als ich ausgespuckt wurde, aber so richtig drang diese Nachricht in diesem Moment nicht zu mir durch. Das erste was ich tat war deinen Vater anzufahren. Das zweite auf direktem Weg Dendes Palast zu verlassen.“

„Aber du bist zurückgekommen“, entgegnete Marron erwartungsvoll.

„Ja, aber nicht um mich zu entschuldigen falls du das glaubst. Ich wurde nur neugierig als ich sah dass sich der Himmel am helllichten Tag verdunkelte. Damals wusste ich von Shenlong nichts und auch nichts von dem Nebeneffekt, den sein Erscheinen mit sich brachte. Als ich zurückflog war dein Vater mit seinen Freunden gerade dabei seine Wünsche vorzutragen – und einen verwendete er für mich und C17. Zunächst wollte er das Shenlong uns in Menschen zurückverwandelte. Allerdings lag das nicht in dessen Macht. Ehrlich gesagt war ich auch froh darüber. Ich wollte meine Kräfte behalten. Also bat er den Drachen den Selbstzerstörungsmechanismus von uns zu entfernen.“

C18 lächelte und Marron sah wieder die Röte in ihren Wangen aufsteigen.

„Weißt du, dass Krilin mich pflegte als ich ausgespuckt wurde, hielt ich nur für einen plumpen Versuch mir näher zu kommen. Doch das er trotz meiner Abfuhr einen Wunsch für mich äußerte… und auch noch für C17! Dein Vater wusste nicht dass er mein Bruder war, er dachte wir wären zusammen. Und weißt du mit welcher Begründung Krilin seinen Freunden erklärte, warum er auch C17 half?“

Marron schüttelte verneinend den Kopf, viel zu gerührt um zu sprechen.

„Er sagte wir täten ihm Leid mit so einer Bombe zu leben und C17 würde doch gut zu mir passen.“ C18 strich sich eine Strähne aus dem Gesicht. „Das ist so typisch für deinen Vater. Er hatte sich Hals über Kopf in mich verguckt und obwohl er dachte ich wäre mit einem anderen Mann zusammen, tat er alles damit ich glücklich war.“

Dieser Satz entsprach vollkommen der Wahrheit. Krillin hatte schon immer die Angewohnheit gehabt, sich für jeden den er liebte aufopferungsvoll einzusetzen. Seine beiden „Mädchen“ im Haus bildeten dabei die Creme de la Creme. C18 konnte sich noch gut an den schrecklichen Tag erinnern, als Boo aus dem Raum von Geist und Zeit entwischt war. Zwar waren alle dem wild gewordenen Dämon zum Opfer gefallen, doch Krillin hatte nicht eine Sekunde gezögert seiner Frau und Tochter einen Vorsprung zu verschaffen, um ihnen wenigstens eine reelle Fluchtchance zu geben. Das damit sein eigenes Leben besiegelt war hatte für ihn keine Rolle gespielt.

Ein langgezogenes „Ha~aach“ kam von Marron und C18 konnte dem Impuls nicht widerstehen mit den Augen zu rollen, als sie den verträumten Ausdruck im Gesicht ihrer Tochter sah. Schließlich schluckte sie ihren bissigen Kommentar hinunter und begann weiterzuerzählen:

„Ich war in diesem Moment doch recht… gerührt von Krillins Handlung. Aber da seine Freunde in der Nähe waren und ich keine Minute länger in Dendes Palast bleiben wollte, verließ ich diesen Ort so schnell wie möglich. Das war das letzte Mal für eine ziemlich lange Zeit dass ich deinen Vater sah.“

„Oh… Ich dachte kurz darauf seid ihr zusammen gekommen.“

C18 schüttelte verneinend den Kopf.

„Nach den Unruhen die die Cell Spiele in der Bevölkerung ausgelöst hatten, tauchte ich einpaar Monate unter… aber ich wusste nicht was ich nun tun sollte. So sehr ich mir meine Freiheit gewünscht hatte, als es soweit war, hatte ich keine Ahnung was ich mit meinem Leben anfangen wollte. Mal wanderte ich von Stadt zu Stadt, dann zettelte ich öfters einpaar Prügeleien an um mich auszutoben, einige Mal fiel ich sogar in mein altes Verhaltensmuster zurück und raubte einpaar Läden aus. Allerdings konnte ich mich nicht so richtig an den Verfolgungsjagden mit der Polizei erfreuen.

Schnell wurde mir schließlich klar was mein Problem war – ich war einsam. Mein Bruder fehlte mir, ich war allein in einer Welt vor der mich Dr. Gero isoliert hatte und durch die jahrelange Deaktivierung war ich nicht mehr auf dem neuesten Stand der Dinge. Das Leben außerhalb des Labors war für die Menschen weitergegangen. Es gab niemandem dem aufgefallen war dass mein Bruder und ich verschwunden waren. Selbst in unserer Heimatstadt Big City konnte sich niemand mehr an uns erinnern. Einmal führten mich meine Schritte zum Haus meiner Eltern, doch das Gebäude war heruntergekommen, die Fensterläden mit Brettern zugenagelt und in dem früher gepflegten Garten wucherte Unkraut vor sich her. Neben dem Briefkasten stand ein Schild welches das Haus zum Verkauf anpries. Ich war doch recht neugierig was aus meinen Eltern geworden war, also klingelte ich bei den Nachbarn. Eine alte Frau hatte mir daraufhin die Tür geöffnet und als ich sie auf die Familie von nebenan ansprach, hatte sie nur bedauernd den Kopf geschüttelt. Was ich dann zuhören bekam jagte mir die Gänsehaut über den Rücken:

Die alte Dame hatte am Tag an dem die Cell Spiele verkündet wurden Schüsse aus dem Nachbarhaus gehört. Sie wusste dass dort schon länger der Haussegen schief hing, denn die Familie hatte einer Sekte angehört, deren Oberhaupt sich mit allem Hab und Gut der Gemeinde aus dem Staub gemacht hatte, um sich einen Unterschlupf vor Cell zu bauen. Alle Gemeindemitglieder standen vor dem Ruin und als die Spiele verkündet wurden und Cell mit der Zerstörung der Erde drohte, schienen meine Eltern jegliche Hoffnung verloren zu haben. Als die besorgte Nachbarin durch das Küchenfenster gespäht hatte, lagen dort meine Eltern in ihrer eigenen Blutlache. Die Polizei hatte später herausgefunden, dass mein Vater zuerst die schlafenden Kinder, dann meine Mutter erschoss und anschließend sich selbst eine Kugel durch den Mund gejagt hatte. Ich hasste meine Eltern, ihr Selbstmord hatte mich nicht im Geringsten berührt, doch das sie selbst ihre Adoptivkindern ins Verderben gerissen hatten…“

C18 schüttelte den Kopf.

„Eigentlich wundert mich das nicht. Bei meinen Eltern standen immer sie selbst an erster Stelle. Natürlich hatten sie keinen Moment darüber nachgedacht, was für ihre Kinder das Beste war. Selbst C17 und ich hatten bei Kindern einwenig Skrupel an den Tag gelegt. Wie traurig wenn man bedenkt, dass sie vielleicht gerade mal einpaar Jahre jünger als wir waren. Egal wie man es aber dreht und wendet – bei Dr. Gero wären wir verkommen und bei meinen Eltern schon zehnmal. Ich bin froh dass ich deinen Vater getroffen habe. Wer weiß zu was für einem Monster ich geworden wäre?

Jedenfalls fand ich den Tod meiner Eltern tragisch, doch er warf mich keineswegs aus der Bahn.“ Und Marron glaubte ihrer Mutter auf Anhieb, denn sie sagte diesen Satz in einem Ton der keine Zweifel offen lies. Bevor C18 weiter sprach dachte sie noch kurz nach:

„Ich glaube es war sechs Monate nach dem Zusammentreffen mit Cell, als ich mich entschloss meinen Bruder zu suchen. Ich vermisste ihn und seine bissigen Kommentare. Außerdem fühlte ich mich ohne ihn an meiner Seite… unvollkommen. Mir fehlten seine Anwesenheit und sein sicheres Auftreten. Leider gestaltete sich das Ganze schwieriger als ich dachte. Cyborgs besitzen keine Aura und mein Bruder und ich gehörten zu den Exemplaren, denen kein Scouter eingebaut worden war. Frag mich nicht wieso, ich habe keine Ahnung was sich Dr. Gero dabei gedacht hat. Das Einzige worauf ich mich bei meiner Suche also verlassen konnte, waren meine wachsamen Augen und pures Glück. Leider hatte ich keins… Ich suchte jeden Ort auf von dem ich wusste, dass er meinen Bruder magisch anziehen würde. Von illegalen Autorennen, Städten mit einem stimmungsgeladenen Nachtleben, bis hin zu jeder verdammten Automesse auf diesem Planeten – Nichts! C17 war wie vom Erdboden verschluckt. Irgendwann kam mir dann der Gedanke, dass er mich wahrscheinlich auch suchte und womöglich hielt er dort nach mir Ausschau, wo ich am liebsten hinging. Allerdings wusste mein Bruder dass ich einen weiten Bogen um seine Lieblingsorte machen würde! Das hätte in all den Monaten also dazu führen können, dass er dort war, wo ich ihn nicht vermutete. In dieser Hinsicht waren wir wirklich sehr verschieden und das erschwerte mein Vorhaben noch mehr.

An manchen Tagen hatte ich die Schnauze so voll, dass ich einfach einen riesigen Ki-Ball auf eine Stadt werfen wollte, um in die Nachrichten zu kommen. Irgendwo hätte mein Bruder dann sicher seine genervte Furie von Schwester gesehen, aber dann wäre die Gruppe Z auch nicht weit gewesen. Ich hatte es nur einer reinen Laune zu verdanken, dass sie mich lebend ziehen gelassen hatten. Wäre ich auf die nächste Stadt losgegangen, hätte ich kein zweites Mal soviel Glück, zumal einige von ihnen in kurzer Zeit stärker als mein Bruder und ich geworden waren. Doch genau an einem dieser Tage, an denen mir dieser Gedanke durch den Kopf ging, kam mir die Idee die mich aus meiner Sackgasse führen sollte…“
 


 

C18 wusste das sie sich auf dünnes Eis mit diesem Plan begab, doch er beinhaltete keine Toten und schien am einfachsten zu bewerkstelligen. Das Einzige was sie dazu brauchte war eine riesige Portion Geduld und sie durfte natürlich nicht dabei gesehen werden, wie sie um das Gebäude der Capsule Corporation umherhuschte. Eine ihrer einfachsten Übungen dank ihrer kriminellen Jugend!

Vor einpaar Wochen war C18 in den Sinn gekommen, dass der kleine Glatzkopf der ihr das Leben gerettet hatte, eine Fernbedienung bei sich trug, mit der er sie deaktivieren sollte. Schnell hatte C18 eins und eins zusammen gezählt: Wer eine solche Fernbedienung bauen konnte, musste Baupläne von ihr besitzen und da C17 und sie von ihrer Konstruktion her recht identisch waren, durfte es für diese Person kein Problem sein einen Scouter speziell für die Suche nach ihrem Bruder zu bauen.

Das erste Hindernis war den Erbauer der Fernbedienung ausfindig zu machen. Dafür war C18 zu der Insel gereist, auf der sie sich mit C16 vor Cell versteckt hatte. Es nahm fast den ganzen Tag in Anspruch, bis C18 die zerstörten Kleinteile der Fernbedienung fand, denn der liebeskranke Glatzkopf hatte sie vor ihren Augen mit dem Fuß zertreten und durch die Kämpfe auf der Insel waren die kleinen Bruchstücke querbeet zerstreut worden. Als C18 sicher war jedes Teil gefunden zu haben, setzte sie die Stückchen provisorisch zusammen und irgendwann fand sie wonach sie suchte!

Das Logo der Capsule Corporation fügte sich auf einem der Seitenteilchen zusammen und von da an war der Rest des Plans kein Problem. Sie wusste dass diese Firma der reichen und hochangesehen Familie Briefs gehörte. Diese Leute strotzten nur vor Genialität und C18 hatte in ihrer Kindheit schon öfters einen Bericht im Fernsehen über diese Familie gesehen. Voller Neid hatte sie damals mit offenem Mund das prunkvolle Anwesen angeschmachtet, während sie sich ausmalte wie es war in einem solchen Palast aufzuwachsen.

Keinen drei Tage später, fand sie sich selbst vor dem stattlichen Gebäude und lugte vom Bürgersteig aus unauffällig über die ordentlich gestutzte Hecke. Es dauerte nicht lange bis sie aber den großen Haken an ihrem Plan erkannte – Vegeta.

C18 hatte nicht damit gerechnet dass auch er in dem Anwesen der Capsule Corporation hauste und wie es das Schicksal wollte, schien er ein elendiger Nesthocker zu sein, denn er entfernte sich tagelang nicht vom Grundstück!

C18 dachte immer von sich selbst behaupten zu können, ein äußerst geduldiges Gemüt zu besitzen, doch nach der fünften Woche kannte sie Vegetas Rhythmus auswendig. Er stand morgens auf, frühstückte, dann verschwand er stundenlang in ein und demselben Raum, kam nur kurz zum Essen und Trinken heraus und erst am späten Abend ging er schlafen.

Tag für Tag, Woche für Woche derselbe öde Rhythmus – was für ein Langweiler!

Welche Frau hielt es länger als zwei Wochen mit so einer Person aus? Er schien sich freiwillig von der Außenwelt zu isolieren. Für C18 die so etwas jahrelang ertragen musste ungeheuerlich! Wahrscheinlich hätte es ihn nicht einmal interessiert wenn sie schnurstracks ins Gebäude gelaufen wäre. Theoretisch hätte Vegeta sie nicht einmal orten können, wenn sie im Zimmer nebenan gemütlich ein Buch las, doch die Erfahrung mit Cell hatte sie gelehrt, etwas vorsichtiger mit ihrem Leben umzugehen.

Weitere zwei Wochen vergingen und C18 hätte heulen können. Der Saiyajinprinz wollte und wollte nicht einmal für eine halbe Stunde das Haus verlassen. Zwar lag sie hartnäckig auf der Lauer doch ihre Konzentration verlor sich immer mehr. Irgendwann fragte sie sich selbst was sie hier eigentlich tat. Wäre sie nicht schneller gewesen wenn sie C17 ohne Scouter suchte? Womöglich dauerte die Konstruktion dieses Gerätes noch einmal etliche Wochen?

Doch als sie ihren schönen Plan als gescheitert abhaken wollte geschah das Wunder!
 

Es war ein sonniger Morgen wie aus einem Bilderbuch. C18 wäre auf ihrem Posten, ein starker Ast, geschützt von den unzähligen Zweigen und Blättern des großen, dicht bewachsenen Baums auf dem sie saß, beinahe eingeschlafen, da trat Vegeta mit einem kleinen brabbelnden Säugling auf dem Arm, vor die Haustür und zog ein Gesicht, als wolle er Himmel und Hölle verfluchen. Sofort fuhr C18 hoch, ihre Augen wurden zu schmalen Schlitzen und da der Baum nicht unweit des Eingags stand, konnte sie jedes Wort wunderbar hören.

Hinter Vegeta folgte eine schlanke, sehr attraktive Frau mit blauen Haaren, vielleicht gerade mal Anfang dreißig. Sie beugte sich über das Kind und strich ihm liebevoll über den kleinen Kopf. „Na mein Liebling? Gehst du jetzt mit Papa zur Krabbelgruppe? Das freut dich, nicht wahr?“

C18 wäre beinahe aus der Baumkrone gefallen!

Zum damaligen Zeitpunkt hatte sie nicht einmal in Erwägung gezogen, dass jemand wie Vegeta ein Kind besaß. Insgeheim tat ihr der Säugling sogar Leid, denn man sah dem muskelbepackten Kerl an, dass er keine Ahnung hatte, wie man mit Kindern umging. Es wollte auf seinen Armen einfach nicht still sitzen und einmal wäre es ihm beinahe entglitten, dabei ließ seine Frau einen spitzen Schrei fahren.

Man konnte von Glück reden das Vegeta gute Reflexe besaß, denn kurz vor dem Aufprall, packte er das kichernde Kind am winzigen Fußknöchel und hielt es kopfüber in die Höhe.

„Das ist eine scheiß Idee!“, fluchte Vegeta und besah sich dem Kind als sei es ein Stinktier. „Wieso muss ich lernen wie man mit dem Balg umgeht?! Du bist doch da!“

„Weil du sein Vater bist!“, wetterte die Frau los. Angriffslustig stemmte sie die Arme in die Hüften und funkelte ihren Mann erbost an. „Er soll dich nicht nur als seinen Erzeuger sehen Vegeta! Willst du für ihn nur ein Fremder sein?!“

„Wenn ich hochrechne wie viel Zeit ich mit meinem Vater in einem Raum verbracht habe komme ich auch nur maximal auf eine Stunde! Lass das!!!“, fuhr er das Kleinkind an, das eine seiner Haarsträhnen zu fassen bekam und übermütig daran zerrte. Ganz der Vater besaß der Junge viel Kraft, denn Vegetas Kopf ruckte bei jedem Ziehen zur Seite und er knirschte mit den Zähnen, während ein tiefes Knurren aus seiner Kehle entwich.

„Dieses Balg nervt mich jetzt schon…“, presste er aus zusammengebissen Zähnen hervor.

„Wirklich Bulma, ich kann das nicht! Wenn du mich mit ihm alleine ziehen lässt, kann ich nicht garantieren dass du ihn in einem Stück wiederbekommst! Ich bin für derlei Sachen nicht gemacht. Können wir ihn nicht einfach in der Wildnis aussetzen bis er alt genug ist um zurückzulaufen???“

„Das ist jetzt nicht dein Ernst?! Sag mir das das nicht dein Ernst ist, sonst hau ich zu!“

„Du sollst das lassen Trunks!!!“

Mit einem groben Ruck zerrte Vegeta das Kind von seinen Kopf weg…

„ARGH!!!“

… das daraufhin freudestrahlend ein rausgerissenes schwarzes Haarbüschel seines Vaters in den Fäustchen hielt. Das Baby strampelte mit Händen und Füßen auf und ab, ließ fröhlich die kleinen Ärmchen kreisen und lachte.

„Du verdammtes…“

„Vegeta! Untersteh dich!!! Nicht vor dem Jungen!“

„Immer heißt es nicht vor dem Jungen! Das er mir die Haare rausreißt geht aber in Ordnung, ja?!“

Bulma musste schmunzeln und das Kind glotzte seinen Vater nur aus großen Augen verständnislos an, während mit einem schmatzenden Geräusch kleine Sabberblässchen aus seinem Mund entkamen. Es schien auf seine Weise sagen zu wollen: Alter, was ist dein Problem? So lange es nur deine Haare sind ist doch alles super…

Vegeta knurrte das kleine etwas in seinen Armen böse an und grummelte.

„Das mit dem Aussetzen sollten wir uns noch mal durch den Kopf gehen lassen…“

„Setz mein Baby aus und ich setze dich vor die Tür!“

„Das ist eine althergebrachte saiyajinische Erziehungsmethode. Wo liegt das Problem?“

„Das ihr Saiyajins Idioten seid! Punkt!“

„Weib! Vage es nicht-…“

„Vegeta, die Nummer zieht seid Jahren nicht mehr…“

„Verdammt Weib! Stell meine Autorität nicht… Bulma? Was machst du da? Hörst du mir zu?! BULMA! Du sollst mir zuhören wenn ich mit dir spreche Weib!!!“

Das tat sie aber nicht, auch nicht als Vegeta wütend mit dem Bein aufstampfte. Stattdessen zog sie für ihren Sohn Grimassen und entlockte ihm ein entzücktes Quieken. Wieder strampelte er glucksend auf den Armen seines Vaters. Als Vegeta schließlich grollend begann eine Predigt darüber zu halten, wie „Weiber“ auf seinem Planeten für eine solche Respektlosigkeit bestraft worden wären, verschränkte sie die Arme vor der Brust und äffte ihren „Göttergatten“ mit einem ulkigen Gesicht nach. Das Kind erkannte problemlos wen Mama da nachahmte, denn fröhlich klatschte es in die Hände und deutete lachend auf den Saiyajin.

„Mama is Papa! Mama is Papa!“, quiekte es gerade noch verständlich.

Vegeta sah seine Frau frustriert an und C18 konnte nicht anders als sie auf Anhieb sympathisch zu finden. Man sah sofort wer die Hosen anhatte und das ausgerechnet dieser Macho kürzer treten musste, stahl ihr ein fieses Grinsen über das Gesicht. Wie gerne hätte sie eine Kamera dabei. C17 und sie wären tagelang nicht mehr aus dem Lachen rausgekommen.

„Was muss ein Mann tun um in diesem Haus Respekt zu bekommen?!“, jammerte Vegeta verärgert. Seine Frau stoppte mit ihren Grimassen, blinzelte ihn verwundert an, legte den Kopf schief und lächelte, dann beugte sie sich zum misstrauischen Saiyajin vor und hauchte ihm einen Kuss in die Halsbeuge.

„Ich will doch nur das Trunks dich genau so liebt wie ich. “, Bulma zog einen süßen Schmollmund und schmiegte sanft ihren Kopf an Vegetas Brust. Eine Hand wanderte zu seinem Nacken und kraulte leicht über den Ansatz seiner Haare, dabei beäugte sie ihren Mann aus runden Kulleraugen, während das Baby argwöhnisch zu seinen Eltern aufsah.

„Du würdest mich so glücklich machen. Tu mir doch den Gefallen, ja?“

Dann sah sie ihn mit einem verschwörerischen Lächeln an und sprach in laszivem Ton:

„Heute Abend werde ich dir dafür soviel Respekt erweisen dass dir Hören und Sehen vergeht, mein mächtiger Saiyajinprinz!“

Ein Zwinkern folgte und dem Saiyajin klappte die Kinnlade runter als der Groschen fiel.

Keine Sekunde später war Vegeta auf und davon, hinterließ nur eine Staubwolke und Bulma schritt zufrieden ins Haus. Keiner von beiden ahnte dass C18 von ihrem Versteck aus alles mit angehört hatte. Mit hochrotem Kopf zur Salzsäule erstarrt, flüsterte sie zu sich selbst: „Jetzt… bin ich… auf ewig… traumatisiert.“
 


 

Etwas später huschte C18 durch eines der offenen Fenster und schlich leise durch die unzähligen Gänge der Capsule Corporation. Der Reichtum der sie umgab war überwältigend und sie musste öfters der Versuchung widerstehen, nicht einfach einen der edlen Gegenstände in ihrer Hosentasche verschwinden zu lassen. Prunkvolle Gemälde, Hightech Geräte wo das Auge hinsah, kleine Roboter die geschäftig Fenster und Zimmer putzten – es gab einfach alles! Wer hier lebte dem fehlte es an nichts.

Doch das Gebäude hatte auch seine Tücken…

Es war zu groß! Nicht selten kam es vor, dass C18 sich in einem Raum fand, den sie kurz zuvor schon durchquert hatte. Irgendwann verlor sie die Orientierung und konnte sich nicht vorstellen, wer sich hier ohne einen detaillierten Grundrissplan zurechtfinden sollte.

Doch ihre Mühe sollte belohnt werden.

Im dritten Stock (oder sogar schon der vierte? Wer konnte das noch beurteilen?) stand eine Tür einen Spaltbreit offen, während aus dem Inneren des Raumes Musik in den Flur drang.

C18 spähte unauffällig hinein und erkannte, ihr den Rücken zugewandt, die junge Frau namens Bulma, die an einer Werkbank, an der gegenüberliegend Wand, arbeitete und dabei der Melodie eines Radios lauschte. Dabei sang sie vergnügt, tippte mit ihrem Fuß zum Rhythmus und konzentrierte sich auf ihre Arbeit. So geschickt wie sie mit ihrem Werkzeug umging, so kläglich versagte sie bei dem Versuch auch nur eine Note zu treffen – ihr Gesang war scheußlich!

Scheinbar lief im Radio auch noch ihr Lieblingssong, den an einer Stelle hielt sie inne, breitete ihre Arme wie eine Diva aus und krakelte laut vor sich her. C18 lief eine Gänsehaut über den Rücken doch Bulma schien ihren Spaß zu haben, denn sich selber darüber im Klaren wie grässlich sie sang, kicherte sie amüsiert und bastelte weiter an ihrer Erfindung.

C18 beobachtete noch einige Sekunden ihr unbeschwertes Dasein, dann schlüpfte sie leise durch den Türspalt und ließ sie lautlos hinter sich zufallen. Den Rücken der Frau fest fixiert, trat ein hinterhältiges Lächeln auf ihre Lippen. Der Erfinderin würden die falschen Töne im Halse stecken bleiben, wenn sie erkannte wer ihr auflauerte. Doch zuvor gönnte C18 ihr noch die Freude an ihrem lächerlichen Lied. Mittlerweile schnipste Bulma mit einer Hand vor sich her, schraubte und hämmerte mit der anderen und wippte ihre Hüften zum Takt.

Was für eine seltsame Frau…

Mit einer letzten Basseinlage endete der Song und Bulma seufzte ein langgezogenes:

„Oh Ma~han. Schade!“

„Ich bin eigentlich recht froh darüber…“

Erschrocken fuhr Bulma zusammen und drehte sich um. Als sie die fremde Frau an der Tür sah, weiteten sich ihre Augen und der Schraubenschlüssel fiel ihr aus der Hand. C18 fand diesen Anblick witzig. Es war unschwer zu erkennen, dass Bulma ihre Emotionen ganz nah auf der Oberfläche parkte. Man sah ihr jegliches Gefühl sofort an. In diesem Moment jagte blankes Entsetzen durch ihren Körper.

Ihr Mund stand eine ganze Weile offen und sie sah C18 erschrocken an, als wäre sie ein Phantom. Nach einigen Sekunden fand sie wieder ihre Worte:

„Sag mal spinn ich?! Wer sind sie???“

Die beiden Frauen hatten einander noch nie kennengelernt, deswegen war diese Reaktion für C18 nur selbstverständlich.

„Sagen wir, ich bin eine Bekannte ihres Mannes.“, antwortete sie geheimnisvoll. Ein kleines Rätselspiel war eine nette Abwechslung und süffisant feixte C18 ihr entgegen. Wie lange würde es wohl dauern, bis Bulma erkannte, welch gefährliche Gegnerin hier vor ihr stand? Doch ihre Brauen zogen sich nur skeptisch ins Gesicht.

„Eine Bekannte? Was soll das heißen?“, und als C18 die Gedankengänge ihres Gegenüber erkannte, war es bereits zu spät. Bulmas Augen wurden groß und ihre Lippen begannen zu zittern. Ein tieftrauriges Schluchzen entrang sich ihrer Kehle und ehe sich C18 es versah, kullerten die ersten Tränen aus ihren Augen.

„Oh… mein… Gott!!! Vegeta betrügt mich???“

„Was??? NEIN!!!“

„Oh Gott er betrügt mich!!!“

„Hast du mir nicht zugehört?!“

„Wie kann er mir das bloß antun?!“

„Du verstehst das falsch…“

„Ich will sterben!!!“

„Meine Güte! Übertreibst du nicht?!“

„Bin ich zu dick geworden??? Ich war eine fette Kuh während der Schwangerschaft! Oh nein! Ich sehe da wirklich etwas!!!“, sie besah sich ihre Hüften, die das absolute Gegenteil sprachen. C18 schüttelte den Kopf und hielt sich die Hand gegen die Stirn. Wie konnte von selbstbewussten Frauen nur ein Häufchen Minderwertigkeitskomplexe zurückbleiben, wenn sie verlassen wurden? Kein Wunder hatte sie sich niemals einen Mann angeschafft!

Beschwichtigend hob C18 den Zeigefinger in die Höhe. Ihre linke Braue zuckte vor unterdrückter Wut und sie sprach in bedrohlichem Ton.

„Wenn du den heutigen Tag überleben willst, hältst du jetzt die Schnauze! Du vergisst sofort jeglichen Gedanken bezüglich mir und deines saiyajinischen Mackers! Und… du wirst mir sofort einpaar Auskünfte erteilen! Es sei denn du möchtest dass ich deinen Wunsch Gevatter Tod zu begegnen nachkomme. Dein kleiner Sohn gibt bestimmt einen süßen Oliver Twist ab…“

Stille kehrte in den Raum.

Die Blicke der beiden Frauen bohrten sich angriffslustig ineinander.

C18 war sich sicher ihren Standpunkt verdeutlicht zu haben.

Dann…

„Erst schläfst du mit meinem Mann und jetzt drohst du mir! Schlampe!!!“

„ICH SCHLAFE NICHT MIT DEINEM MANN!!!“
 


 

C18s Braue zog sich amüsiert in die Höhe als sie an diesen Tag zurückdachte.

„Weißt du Marron, Bulma Briefs war damals die schrägste Person die mir je unter die Augen gekommen ist. Mittlerweile weiß ich dass sie eine sehr liebenswerte Person ist, aber wer sie nicht kennt, fühlt sich im ersten Moment an eine unbekannte exotische Papageienart erinnert. Du musst dir das so vorstellen… Ich kam zur Capsule Corporation um den Erbauer der Fernbedienungen ausfindig zu machen, doch Bulma lebte in ihrer kleinen Welt in der jeder ihren Saiyajinprinzen anschmachtete. Das Resultat war dass ich mir üble Verwünschungen und Beschimpfungen anhören musste – Bulma ist schließlich nicht auf den Mund gefallen. Sie war stinksauer, ich war stinksauer. Letztendlich verschwendete ich fünfzehn Minuten meiner knappen Zeit mich mit ihr in die Haare zu kriegen. Ihr hirnloses Geplapper ging mir brutal auf die Nerven! Erst nachdem die Zeitansage aus dem Radio ertönte fiel mir ein dass ich mich beeilen musste. Kurzerhand zertrümmerte ich aus Wut einen von Bulmas Werkbanktischen mit der bloßen Faust.

Was meinst du wie schnell ihr plötzlich klar wurde, dass ich doch keine Affäre ihres Mannes war? Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie sie mich stotternd angaffte und ihre Beine zu zittern begannen. Bulma kann aufbrausend aber auch ein ziemlicher Hasenfuß sein.

Diese Situation nutzte ich aus um ihr mein Anliegen zu erklären. Nicht gerade höflich muss ich gestehen. Ich nahm ihr übel das sie mich als Schlampe beschimpft hatte, aber wer wäre da nicht eingeschnappt.“ C18 gab ein zickiges „Pah“ von sich, verschränkte die Arme vor der Brust und sah tatsächlich einwenig beleidigt zur Seite. Anscheinend nahm sie Bulmas Unterstellung immer noch persönlich.

„Als Bulma schließlich erkannte wer ich war, war es vorbei mit der großen Schnauze! Meine Güte, konnte die plötzlich scheiß freundlich werden?! Sie gab sich alle Mühe ihre Angst zu verbergen, aber man sah ihr an das sie am liebsten hysterisch kreischend durch die Wand gerannt wäre. Mir konnte das egal sein. Ich wusste was ich wollte…“
 


 

Mit zitternden Fingern breitete Bulma einige Skizzen auf ihrer Arbeitsfläche aus. Eine davon sah aus wie die Bauzeichnung von C17. Überrascht zog C18 eine Augenbraue in die Höhe. Als sie Dr. Geros sauberen Schriftzug auf dem Papier erkannte, tippte sie auf die Zeichnung und fragte: „Woher hast du das?“

Bulma sah verschreckt auf, wie ein kleines Mädchen das beim Puppen spielen ertappt wurde, obwohl es doch eigentlich hätte Hausaufgaben machen sollen. Als C18 die Gedanken der jungen Mutter erkannte, sprach sie:

„Ich werde dich deshalb nicht umbringen. Es ist nur reine Neugierde…“

Sichtbar erleichtert atmete Bulma aus und antwortete zaghaft.

„Trunks hat die Unterlagen mit Krilin aus dem Labor geholt.“

„Aber wir haben es zerstört.“

„Nicht den Keller. Dort hat Dr. Gero auch Cell aufbewahrt.“

Beim Gedanken an das scheußliche Monster jagte ein Schauer über ihren Rücken und sie verstummte. C18 ging durch den Kopf das sie mit ihrem Bruder jahrelang in den Kapseln geschlummert hatte, während Dr. Gero im Keller den widerlichen Mutanten heranzüchtete, der sie absorbieren sollte.

Resignierend schloss sie die Augen und meinte knapp: „Ich verstehe.“

Dann wurde der Raum nur noch von dem Klirren und Klackern der Werkzeuge erfüllt, während aus dem Radio ein Jazzsong ertönte. C18 lehnte an Bulmas Werkbank und beobachtete jeden ihrer Bewegungen, wie ein Adler der seine Beute umkreist. Jeder ihrer Griffe wurde begleitet vom zittern ihrer Hände und nicht selten kam es vor, dass Bulma vor Nervosität ihr Werkzeug fallen ließ. Als so wieder der Schraubenschlüssel auf dem Boden aufkam, gab sie ein genervtes Stöhnen von sich und raufte sich die Haare.

„Ich kann das so nicht!!!“, entfuhr es Bulma aus heiterem Himmel und C18 sah sie erbost an.

„Du wirst mir diesen Scouter bauen oder…“

„Das meine ich nicht! Ich kann das nicht wenn du mich anstarrst! Du unterdrückst meine kreativen Flüsse! Hör auf mir über die Schulter zu glotzen, dass macht mich wahnsinnig!“

Wie auf Kommando rutschte eine Schraube aus Bulmas schweißnassen Händen und sie hüpfte überreizt auf der Stelle.

Mit einem Schulterzucken wandte sich C18 von ihr ab und schritt durch den Raum, begutachtete dabei die unzähligen kleinen Spielereien, die sich mit den Jahren in den Regalen angesammelt hatten. Alles Erfindungen der Familie Briefs.

Wieder kam ein Seufzen von der Werkbank.

„Was ist denn jetzt schon wieder?!“, fragte C18 barsch und drehte sich zu Bulma um. „Ich gehe sicherlich nicht noch aus dem Raum! Für wie blöd hältst du mich?!“

„Das musst du auch nicht. Aber ich könnte mich besser konzentrieren, wenn aus diesem Raum die bedrohliche Aura verschwindet.“ Bulma wandte sich zaghaft von der Werkbank ab und meinte mit einem flehenden Gesichtsausdruck. „Könntest du nicht etwas erzählen? Das nimmt dir die mörderische Präsenz.“

Diese Ehrlichkeit verblüffte C18 und sie blinzelte ihr Gegenüber irritiert an. Dr. Gero hätte sich niemals die Blöße gegeben, einzuräumen dass ihn jemand nervös machte. Er war immer darauf bedacht gewesen, sein Genie unter jedem äußerlichen Einfluss zu demonstrieren. Natürlich konnte auch er nicht arbeiten wenn die Zwillinge um ihn herum huschten. Deshalb hatten C18 und ihr Bruder sich einen Spaß daraus gemacht, ihm öfters mal über die Schulter zu spähen, nur um mit Genugtuung zu registrieren, wie die Ader an seiner Stirn schnell anschwoll und der Professor mit aller Macht versuchte seine Fassung zu wahren. Manchmal wurde Dr. Gero so nervös, dass seine schrumpligen Hände zu zittern begannen. Das hatte ihn dann so wütend gemacht, dass die Zornesröte auf seinen fahlen Wangen aufstieg. Dann wussten die Zwillinge, dass ihr kleines Spiel vorbei war und sie verschwanden wieder in die Küche, wo sie sich hämisch über die kläglichen Versuche Dr. Geros ausließen.

Doch Bulma…

Diese Frau schien das komplette Gegenteil Dr. Geros zu sein. C18 hatte immer angenommen Erfinder wären alle vollgepumpt mit Ego, selbstverliebt und ehrgeizig, doch sie schien diese Worte nicht einmal in ihrem Sprachschatz zu haben.

„Ist das so wichtig?“, fragte C18 schließlich.

Bulma nickte nervös und wie sie so aufgescheucht da stand, schien sie eine vierstündige Thaimassage nötiger zu haben, als eine schlichte Konversation. C18 war klar das sie nur wenig Zeit hatte. Es war wichtig dass die Erfinderin wieder zur Ruhe kam. Mit einem lauten Seufzen rollte sie mit den Augen, lehnte sich an die hinterste Wand und sagte:

„Na schön. Aber ich fürchte das ich nicht die geselligste Person bin…“

„Das macht nichts. Ich brauche keine tiefsinnigen Gespräche. Wo hast du deine Schuhe her?“

C18 stutzte und starrte auf ihre Stiefel hinab. Sie hatte darauf geachtet ein flaches Schuhwerk zu tragen, das bei ihrem Vorhaben nicht zum Hindernis wurde.

„Ähm… Aus einem Laden hier in der Stadt.“

„Sind die von Prada?“

„Ja…“

„Wow. Die sind schick.“ Bulma nahm ihre Arbeit wieder auf. „Ich glaube die hole ich mir auch. Sind die nicht teuer?“

„Für mich nicht.“

„Treuekarte?“

„Diebische Elster Karte…“

„Hä? Die kenne ich ni-… Oh!“ Als der Groschen bei Bulma fiel sah sie von ihren Skizzen auf. Ihre Schultern begannen zu beben. Sie hielt sich die Hand vor den Mund und ein leises Kichern entrang sich ihr - dass schließlich einem haltlosen Lachen wich. Überrumpelt starrte C18 die ausgelassene Frau an, die sich den Bauch hielt und fröhlich japste. Schließlich huschte auch über ihre Lippen ein kleines Lächeln.
 


 

Die folgenden Stunden ähnelten mehr einem ausgelassenen Kaffeekränzchen zwischen zwei guten Bekannten. Bulma schien sich zusehends wohler zu fühlen, denn sie quatschte ununterbrochen, hämmerte und schraubte nebenbei an dem Gerät, dass immer mehr die Form eines Scouter annahm. Das die fremde Frau in ihrer Werkstatt ihr potenzieller Mörder sein könnte, schien sie vollkommen aus ihrem Bewusstsein auszublenden. Zunächst redeten die beiden Frauen nur über oberflächliche Themen:

Das Wetter, Schuhe, die neuesten Nachrichten, Schuhe, Handtaschen und natürlich Schuhe…

C18 hörte zwar die meiste Zeit nur zu, musste aber zugeben, dass sie angenehm überrascht von der aufgeschlossenen Art der Erfinderin war und da Bulma nach einer Weile keine Scheu besaß, über ihr Privatleben zu plaudern, erfuhr C18 auch einiges über die Gruppe Z.

Sätze wie:

„Ich war vor Vegeta mit Yamchu zusammen. Netter Kerl, aber er ist ein furchtbarer Drückeberger. An manchen Tagen hätte ich dieser Schlafnase am liebsten einen Wecker eingepflanzt damit er endlich in die Puschen kommt! Einmal waren wir auf einem Fest und er hat sich dort so abgefüllt, dass er mir anschließend in den Garten gereihert hat!“

Oder…

„Wusstest du das Piccolo Namekianer ist? Das ist ein außerirdisches Volk und die nehmen nicht einmal Nahrung zu sich. Ich wollte Piccolo mal darauf untersuchen ob er eine pflanzliche Lebensform ist, aber der Kerl hat mich doch tatsächlich nur angeknurrt und mir den Vogel gezeigt. Komischer Kauz…“

… entlockten C18 mehr als einmal ein leises Kichern.

Bulma hatte einfach eine wundervolle Art die Dinge anzugehen!

Sie verschwieg ihren Gegenübern ihre Gedanken nicht, sondern trat jedem mit Ehrlichkeit und ohne Argwohn gegenüber. Außerdem schien sie in jedem Menschen, egal welchem gesellschaftlichen Status, Alter oder Rassenangehörigkeit, dass zu sehen was er war – ein Mensch!

Für sie war es selbstverständlich dass jedes Lebewesen gleichermaßen essen, trinken, schlafen und unter den Frauen natürlich jede zweite über Schuhe tratschen wollte!

Außerdem schlummerte in ihr noch eine riesige Portion kindliche Neugierde…

So kam schließlich irgendwann auch die Frage auf:

„Warum willst du eigentlich einen Scouter für C17? Hast du Angst ihn zu verlieren?“

C18 hatte sich auf einen Tisch direkt neben der Zimmertür niedergelassen. Bulma arbeitete gegenüber von ihr, an einer anderen Werkbank die mitten im Raum stand, wo sie nebenbei einige Daten in einen PC eingab. Unentschlossen wiegte C18 ihren Kopf hin und her, wusste nicht ob sie sich soweit aus dem Fenster lehnen sollte, um Bulma davon zu berichten. Doch ihre gutgläubige Art schien wie Balsam für die Seele.

Womöglich war es das was den groben Saiyajin Vegeta so erweicht hatte. Etwas zaghaft druckste C18 vor sich rum, bis sie schließlich gestand.

„Ich habe C17 schon verloren…“

Bulma fischte gerade einen Draht aus einem Baukasten, als sie inne hielt.

„Seid wann?“

„Seid den Cell Spielen ist er wie vom Erdboden verschluckt.“ C18 wusste das sie sich auf dünnes Eis begab, doch sie fügte noch hinzu. „Ich habe fast den ganzen Planeten nach ihm abgesucht, aber ich kann ihn nicht finden. Deshalb bin ich auch hier. Ich dachte mir, wer eine Fernbedienung bauen kann um uns zu Deaktivieren, kann sicherlich auch einen Scouter bauen. Mir wäre sonst nie im Traum eingefallen hier reinzumarschieren. Was will ich denn im selben Haus wie dieser Idiot Vegeta! Nicht das ich vor ihm Angst hätte, aber… Naja…“

„Oh… Stimmt es das C17 dein Bruder ist?“

„Ja.“

Stille.

Dann fragte Bulma vorsichtig.

„Fehlt er dir?“

C18 wusste das es falsch war sich in eine emotional so tiefe Unterhaltung hineinzureiten. Im Nachhinein konnte sie sich selber nicht erklären was sie zu solcher Ehrlichkeit verleitete. Entgegen ihrer Natur nickte sie nach einer langen Pause und zum ersten Mal seid ihrem Gespräch verstummte Bulma. Sie sah C18 aus merkwürdigen Augen an – etwas wie Mitleid schien ihnen inne zu wohnen. Dann huschte ihr Blick zum halbfertigen Scouter. Das Gerät war rundlich und flach, wie eine zu groß geratene Taschenuhr mit einem Display. C18 wusste damals nicht das es große Ähnlichkeit mit dem Dragonballradar besaß. Bulmas Finger strichen nachdenklich über die Ränder einer Öffnung, aus der noch dutzende von Drähten hingen, die nur darauf warteten angeschlossen zu werden…
 

Dann schwang plötzlich die Tür auf!
 

Erschrocken entfuhr Bulma ein spitzer Schrei, während C18 sich die Hand auf den Mund presste, um es ihr nicht gleichzutun. Die Tür wurde in ihre Richtung geöffnet und sie saß direkt daneben auf dem Tisch. Wer immer in den Raum trat – nur die Tür zwischen ihr und dem Neuankömmling versteckte sie noch vor fremden Blicken.

Und zu ihrem Entsetzen vernahm sie die tiefe Stimme Vegetas. Sie war sich sicher ihr Herz nicht mehr schlagen zu spüren und starrte stocksteif geradeaus zu Bulma, die genauso perplex wie sie schaute. Vegeta brauchte nur ein, zwei Schritte in den Raum zu machen, dann hätte er sie schon hinter der Tür entdeckt. Der einzige Grund weshalb er noch nicht auf sie aufmerksam geworden war, verdankte C18 der Tatsache dass sie als einer von Dr. Geros Cyborgs keine Aura besaß – welch Ironie!

„Wir sind zurück“, verkündete Vegeta grimmig und C18 konnte munteres Geplapper von der anderen Türseite vernehmen. Bulmas Sohn wurde von seinem Vater wohl spazieren getragen. Doch als Vegeta den entsetzten Ausdruck auf dem Gesicht seiner Frau sah, sprach er sofort skeptisch. „Was ist mit dieser Werkbank passiert?“

In diesem Moment verfluchte C18 das sie einfach auf das Möbelstück draufgeschlagen hatte.

„Was ist los? Wieso schaust du so schockiert?“

C18 konnte sich denken weshalb. Ihr Blick wanderte zur Erfinderin.

In Bulma schien gerade ein innerer Kampf zu toben. Sie brauchte nur den Arm auszustrecken und auf den unliebsamen Eindringling hinter der Tür zu deuten und schon wäre Vegeta zur Stelle. Die Tatsache das C18 seine Frau bedrohte würde ihm sicherlich nicht gefallen, dazu hatte er sich vor kurzem als zu anhänglich erwiesen.

Auch wenn sich C18 zuvor noch furchtlos gegeben hatte, gegen Vegeta hatte sie natürlich keine Chance mehr!

Vor den Cell Spielen, ja.

Jetzt nach seinem Kraftanstieg, definitiv nein!

Bulma besaß jedes Recht sie ins Verderben zu stürzen und innerlich bereitete sich C18 schon auf einen Kampf vor. Mit geballten Fäusten glitt sie lautlos vom Tisch und sah Bulma eindringlich an. Als wollte sie sagen: „Du hast allen Grund dazu. Aber glaube bloß nicht ich kämpfe nicht!“

Vegeta tat einen Schritt in den Raum, C18 sah bereits seine Fußspitze hinter der Tür hervorkommen, dann…

„Mein kleiner Liebling ist da!!!“

Aufgescheucht wie eine Henne kam Bulma rasch hinter der Werkbank hervor und lief freudestrahlend auf ihre beiden Männer zu. Sie kitzelte Trunks am Bauch und schlang anschließend die Arme um Vegetas Nacken der erschrocken aufkeuchte, drückte ihm dutzende kleine Küsse auf die Wange, während Trunks auf Vegetas Armen kicherte.

„Spinnst du?! Doch nicht vor dem Jungen, Weib! Er soll nicht denken dass ich ein Weichei bin!!! Hörst du wie er mich auslacht?!“

„Ach Vegeta! Jetzt hab dich nicht so! Ich darf dich schon nicht in der Öffentlichkeit umarmen, jetzt willst du mir das schon in unseren eigenen vier Wänden verwehren. Du bist verklemmter als jede Nonne! Es gibt Frauen die kriegen das kalte Kotzen wenn sie ihre Männer schon von weitem sehen und ich falle dir hier willig um den Hals!

Vegeta seufzte resignierend und antwortete etwas tröstlich gestimmt.

„Ich weiß, Bulma. Aber du musst das verstehen, auf meinem Heimatplaneten ist das ni-…“

„Ist-mir-egal!“, fiel sie ihm kichernd dazwischen, tippte ihm spielerisch bei jedem Wort auf die Brust, durch und durch Temperamentsbündel wie sie war. „Du bist jetzt auf der Erde! Und ich will den Mann den ich liebe, mit soviel Zuneigung verwöhnen wie er es auch verdient. Wozu hätte ich mir sonst einen so stattlichen Saiyajinprinzen ins Haus holen sollen?“

Die letzten Worte raunte sie liebevoll.

C18 fand das Bulma furchtbar dick auftrug und Vegeta scheinbar auch, doch man hörte in seiner Stimme eine amüsierte Unternote als er sprach.

„Du schleimst doch nur weil du deinen Willen bekommen hast. Morgen früh wenn ich im Gravitationsraum trainiere wirst du mich wieder zum Teufel wünschen.“

„Habe ich das jemals getan mein geliebter Saiyajinprinz?“, fragte Bulma mit gespielter Unschuld, tat so als ob sie angestrengt einen solchen Moment in ihrer Erinnerung suchte.

„Soll ich diese Frage wirklich beantworten? Was ist mit deiner Werkbank passiert?“

Bulma drehte sich zu dem besagten Möbelstück und seufzte:

„Eines meiner Erfindungen ist in die Hose gegangen.“

„Sieht eher aus als ob jemand drauf eingeschlagen hätte…“

„Quatsch! Das bildest du dir ein. Typisch Saiyajins… Ihr seht hinter jeder Ecke einen angriffslustigen Terroristen…“ Dann strich sie ihm über die Arme und gurrte. „Auch wenn ich deine Kämpfernatur unglaublich anziehend finde.“

„Widerliche Schleimerin. Du bist nur so freundlich weil ich dir einen Gefallen getan habe…“

„Tu nicht so als ob es dir nicht gefällt!“, sagte Bulma kühn und führte ihren Mann, samt brabbelnden Anhang aus dem Raum. Die Tür fiel ins Schloss und C18 vernahm ihre Stimme im Flur, die heiter verkündete: „Außerdem kriegst du heute Abend dafür deinen Willen! Das wird es dir hoffentlich wert sein.“

Schon wieder fühlte C18 wie ihr Magen vor Ekel rumorte…

Mein Ende

„Bulma ist schon ein Engel wenn sie will“, meinte C18. „Dass sie mich damals in der Werkstatt nicht verraten hat habe ich niemals vergessen. Vegeta hat nie etwas über diesen Vorfall erfahren. Jedenfalls glaube ich das. Er hat mich zumindest nicht darauf angesprochen.“

„Vegeta ist ja schon ein Grießgram, aber glaubst du wirklich er hätte dich… getötet?“, fragte Marron. Sie kannte den Saiyajin als einen grummelnden Miesepeter, der aber ansonsten doch recht handzahm war, wenn man wusste wie man mit ihm umzugehen hatte. Das hieß im Klartext ihn einfach nur in Ruhe lassen und nicht weiter ansprechen, es sei den man rief ihn zum Essen ins Haus. Marron wusste von seinem Ruf, doch man konnte sich seine Taten nur schlecht vorstellen, wenn man sie nicht selber miterlebt hatte.

„Unser Verhältnis war damals recht, Naja, sagen wir… angespannt. Ich konnte ihn nicht leiden, er mich nicht. Nach dem Sieg gegen Cell wollte er sogar das man mich gleich danach tötet. Ich sei eine zu große Gefahr für die Allgemeinheit. Das hat schon etwas Ironisches wenn man bedenkt, dass er selbst einpaar Jahre darauf, bei dem großen Turnier Amok lief und zweihundert Menschen in den Tod riss.“

Marron fröstelte es. Sie konnte sich noch gut an diesen furchtbaren Tag erinnern, als Vegeta unter der Kontrolle von Babidi stand. Der tieftraurige und verletzte Ausdruck von Bulma, die schluchzend ihren wahnsinnigen Mann fassungslos nachstarrte, hatte sie niemals vergessen – genauso wenig wie die Schreie der Opfer.

Für Bulma empfand sie seit damals eine große Portion Respekt. Eine Frau die es geschafft hatte einen früher so blutrünstigen Krieger zu besänftigen, musste wirklich Nerven aus Stahl haben.

„Echt toll von Bulma. Das sie dich damals nicht verraten hat.“

„Nun, ich bin ihr wirklich dankbar. Doch glaub nicht dass es von Anfang an von ihr so geplant war. Nachdem ich mit Krillin zusammenkam und wir uns das erste mal wieder trafen, gestand sie mir, dass ihre Absichten eigentlich andere waren. Ursprünglich wollte sie mich so lange hinhalten bis Vegeta endlich wieder zurück war. Doch nachdem ich ihr gestanden hatte, dass ich den Scouter benötigte um meinen verschollenen Bruder wieder zu finden, tat ich ihr so Leid, dass sie es nicht übers Herz brachte mich zu verraten. Allerdings waren meine Probleme damit immer noch nicht aus der Welt.

Ich saß damals in Bulmas Werkstatt und Vegeta tigerte irgendwo in der Capsule Corporation durch die Gänge. Sollte ich bleiben oder gehen und den Scouter holen, wenn der Saiyajin wieder aus dem Haus war? Die letztere Methode wäre natürlich sicherer gewesen. Bulma schien mir schließlich wohlgesinnt, aber ich hatte so lange darauf gewartet bis Vegeta endlich das Haus verließ und ich hatte beim besten Willen nicht noch mal die Nerven, wochenlang um das Gebäude zu huschen und auf die nächste Gelegenheit zu warten. Ich war wirklich ratlos, doch mir wurde schließlich die Entscheidung abgenommen. Nachdem ich eine Viertelstunde innerlich Pro und Contra abwog, kam Bulma total abgehetzt in die Werkstatt. Sie meinte, Vegeta wäre in der Küche am Essen und sie habe deshalb nur wenig Zeit.“

Marron prustete los und auch C18 tat es ihr gleich. Dieser Satz war ein Witz an sich. Wenn ein Saiyajin erst einmal mit Essen begann, hörte er so schnell nicht mehr auf.

„Jedenfalls meinte Bulma, dass sie heute sicherlich nicht mit dem Scouter fertig werden würde. Sie bräuchte allein für die Programmierung Tage. Du kannst dir vorstellen dass ich maßlos enttäuscht war, aber ich wollte Bulma auch nicht weiter bedrohen. Nicht nachdem was sie zuvor für mich getan hatte. Sie ahnte auch, welches Risiko ich mit einem weiteren Besuch eingehen würde, deshalb schlug sie vor, dass wir uns in zwei Wochen außerhalb der Stadt treffen sollten. Treffpunkt sollte eine Kreuzung sein kurz vor den Wäldern in den westlichen Bergen. Dort würde sie mir den Scouter überreichen. Anschließend trat sie mit mir in den Flur und scheuchte mich aus einem offenen Fenster raus. Da ich keine weiteren Option besaß, konnte ich nichts anderes tun, als mich auf Bulmas Vorschlag einzulassen. So sehr es mir auch missfiel, mich auf jemanden zu verlassen, den ich kaum kannte…“
 

Es gab nicht viele Berge um die westliche Hauptstadt herum. Um genau zu sein nur einen einzigen. Daher war es kein Problem die abgemachte Kreuzung zu finden. Die Straße war leer, nur selten kam ein Auto vorbei. Überall war C18 umgeben von grünen Grasflächen. Ein kleiner Trampelpfad führte hinauf in die Wälder und eine hölzerne Bank diente Wanderern als Raststätte. C18 hatte sich darauf niedergelassen und besah sich der Aussicht vor ihr.

Da dieser Ort höher lag, konnte sie von hier aus die westliche Hauptstadt problemlos überblicken. Die Landschaft unten im Tal wurde dominiert von riesigen Wolkenkratzern, viel befahren Straßen und unzähligen großen und kleinen Bauten.

Nach dem unvorhergesehen wochenlangen Aufenthalt dort, war C18 froh, endlich wieder aus der lauten Stadt zu kommen. Die ruhige Atmosphäre war wohltuend. Für einpaar Sekunden schloss C18 die Augen und atmete die frische Luft ein.

Irgendwann wurde ihr bewusst dass sie sich wie C16 aufführte. Der stille Cyborg der mit ihr und C17, in diesem peinlichen rosa Van durch die Gegend gefahren war, um Son Goku zu suchen. Er war der einzige Cyborg den ihr Bruder und sie noch zu Gesicht bekommen hatten. Alle anderen Exemplare, die der Professor in seinem Keller versteckt gehalten hatte, hatten sie nie kennengelernt. C16 war schon ein seltsamer Cyborg gewesen. Im Gegensatz zu den Zwillingen war er nie an Kämpfen interessiert, stattdessen hatte er seine Zeit damit verbracht, die Natur um ihn herum zu genießen und wilde Tiere um sich zu scharen. Als hätte er gewusst, dass er nur noch kurze Zeit zu leben hatte. C18 konnte sich noch gut daran erinnern, wie sie nach der Absorbierung ihres Bruders mit C16 vor Cell geflüchtet war.

Trotz dessen größter Mühe konnte C16 nicht verhindern, dass auch sie dem hässlichen Mutanten zum Opfer fiel. Der friedliche Koloss war ihr damals sehr ans Herz gewachsen und sie war wirklich tief getroffen, als sie aus einer Nachrichtenreportage hörte, dass C16 bei den Spielen ums Leben gekommen war.

„Ha- Hallo… C… C18?“

Erschrocken fuhr C18 aus ihren Tagträumen und riss die Augen auf. Als sie vor sich nicht Bulma erkannte, sondern den kleinen Glatzkopf Krillin, sprang sie angriffslustig auf und fixierte den kleinwüchsigen Mann vor sich mit wütendem Blick. Anders als in ihrer Erinnerung, trug er dieses Mal legere Freizeitkleidung und hatte sich eine blaue Sporttasche um die Schultern geworfen.

„Was willst du hier?!“, fauchte sie ihren Gegenüber an und Krillin schien das Herz in die Hose zu rutschen. Etwas schüchtern, scharrte er mit den Füßen, ließ den Kopf hängen und sein Blick wanderte abwechselnd zu ihr und dann wieder auf den Boden unter ihm.

„Naja… Ähm… Bulma hat mich geschickt.“

„Wieso kommt sie nicht selber???“

„Sie kann nicht. Ihr kleiner hat Windpocken und Vegeta… Naja… Würdest du Vegeta ein krankes Kind anvertrauen? Jetzt mal ehrlich, der guckt ein Baby doch nur schief an und schon plärrt es.“

Krillin grinste. Offenbar fand er diesen Gedanken komisch. Aber als er merkte, dass C18 nicht lachte, kratzte er sich nur am Hinterkopf und nuschelte:

„Tschuldigung… War wohl nicht so witzig…“

„Wo ist der Scouter?“

„Hmm… Hä?“

„Der Scouter Glatze?!“

„Oh! Den habe ich hier!“

Freudestrahlend nahm er die Sporttasche von seinen Schultern und setzte sie auf den Boden ab. Er zog den Reißverschluss auf und unter dutzenden von Lebensmittelpackungen und Getränkedosen, zog er schließlich eine kleine Schachtel heraus. Ehe Krillin sich versah, entriss C18 ihm das Paket und nahm den Deckel ab. Als sie den fertigen Scouter im Innern erblickte atmete sie erleichtert aus – Bulma hatte tatsächlich Wort gehalten.

Kaum zu fassen das es solche Menschen gab!

„Bulma wollte eigentlich eine Kapsel draus machen aber ihr fehlte die Zeit. Außerdem ist das Teil eh zu klein. Drück einfach auf den Knopf und der Scouter schaltet sich an. Die Bedienung ist wirklich idiotensicher. Das kriegst du schon hin…“

„Idiotensicher?“

„Ja… Oh!“, panisch wedelte Krillin mit seinen Armen. „Das soll nicht heißen dass du ein Idiot bist! Du bist wirklich intelligent für eine Blondine!“

„Blondine?“

„Oh nein, “das Blut schoss dem stammelnden Glatzkopf ins Gesicht. Er glich einer seltenen Tomatespezies. „Vergiss was ich gesagt habe. Ich bin ein Idiot. Tut mir Leid. Am besten du stellst deine Fragen und ich versuche mich so kurz wie möglich zu fassen.“

Dann murmelte er mehr zu sich selbst.

„Kann ich mich einmal nicht blamieren? Krillin du bist ein Schafskopf!“

Wie er da stand und verzweifelt versuchte einen guten Eindruck zu machen, kam er C18 wie ein verschüchterter Schuljunge vor. Sie hatte es immer nur mit der Sorte Mann zu tun gehabt, die cool und kraftstrotzend vor sich her lebte. Krillin war eine amüsante Abwechslung. Er war ein angsterfülltes Reh.

„Reg dich ab Glatze. Ich werde dir schon nicht den Kopf abbeißen.“ Sie schloss die Schachtel und hielt sie mit einer Hand in die Höhe. „Danke für das Teil. Du kannst gehen.“

„Ähm… Wie? Ich soll gehen? Das war es schon?“

„Klar. Ich brauche dich nicht. Oder hast du etwas Bestimmtes erwartet?“

Anscheinend hatte Krillin das tatsächlich, denn er wurde rot und geriet ins stottern.

„N- Nein. Aber… Ich kann dich doch nicht so gehen lassen!“

Fragend zog C18 eine Augenbraue in die Höhe.

„Nicht alleine! Ich kann dich nicht alleine gehen lassen… Das wollte ich sagen.“

„Und warum nicht?“

„Naja“, Krillin deutete auf sie. „Du bist eine Frau. Was wäre ich denn für ein Arsch wenn ich dich alleine ziehen lasse. Ich habe mir gedacht, ich könnte dir bei deiner Suche helfen. Habe schon extra Proviant für uns eingepackt.“

Demonstrativ klopfte er mit der flachen Hand auf die Sporttasche.

„Stell dir vor, ich war schon immer eine Frau und bin auch so klar gekommen.“

„Aber da war C17 bei dir oder C16. Und selbst die beiden konnten dich nicht vor Cell beschützen.“

Damit hatte Krillin einen wunden Punkt getroffen. C18 verkraftete Niederlagen genauso wenig wie jeder Kämpfer der männlichen Spezies. Aber da sie eine Frau war, wollte sie daran nicht erinnert werden! Frauen durften nachtragend sein aber Männer hatten die Schnauze zu halten!

Wütend zog sie ihre Augenbrauen zusammen. Sie beugte sich mit finsterem Gesicht zu Krillin hinab, der erschrocken einen Schritt zurückwich. Einpaar Zentimeter fehlten zwischen ihnen und C18 konnte die Verunsicherung ihres Gegenübers auf der Zunge schmecken. In einem bedrohlichen Ton zischte sie:

„Ich-brauche-dich-nicht!“, Krillin schluckte, zog den Kopf ein und sah zu Boden. „Geh mir nicht auf die Nerven und verschwinde! Ich kann sehr gut auf mich selbst aufpassen! Außerdem bist du im Gegensatz zu deinen Freunden ein mickriges Würstchen. Du kommst ja nicht einmal gegen mich an!“

Schnippisch richtete sich C18 auf und wandte sich von Krillin ab. Einpaar Schritte von ihm entfernt, erhob sie sich in die Luft, da hörte sie ihn hinter sich rufen:

„Ist mir egal was du sagst… Ich komme mit!“

C18 verharrte in der Schwebe, dachte sich verhört zu haben. Als sie sich wieder zu Krillin wandte, bebten dessen Schultern vor Aufregung, doch sein Gesicht wirkte entschlossener als je zuvor. Er sah auf und ihre Blicke trafen sich. Plötzlich schien der kleine Glatzkopf eine immense Kraft auszustrahlen.

„Ist mir egal was du sagst C18“, wiederholte er und stampfte mit dem Fuß auf. „Ein Mädchen lässt man nicht alleine losziehen und schon gar nicht eine Lady! So etwas gehört sich nicht! Selbst wenn ich mein Kissen schlachten und mir die Federn ankleben muss, um als ziemlich hässlicher Adler durchzugehen, ich werde dir folgen, zur Not eben auch heimlich! Auch wenn du mich nur für einen Waschlappen hältst… Auch wenn du in mir nur ein mickriges Würstchen siehst!!! Alles ist besser als nachhause zu fliegen und sich wie ein feiges Aas zu verkriechen. Ich könnte niemals mehr in den Spiegel blicken ohne mich vor mich selbst zu ekeln! Lieber sterbe ich als menschliches Schutzschild, als mich aus Ekel vor mich selbst aufzuhängen!“

Stille…

C18 verschlug es jegliche Worte.

Bestürzt sah sie auf den kleinen Mann vor sich hinab, der wohl ohne Scheu bereit wäre, sein Leben für eine Frau zu geben, der er nur drei Mal begegnet war.

Er blickte sie aus diesen großen, treudoofen Augen an, etwas Kämpferisches lag in seiner Haltung. Spätestens nachdem Krillin seinen Wunsch für sie und C17 verschwendet hatte, wusste C18 das der kleine Mann etwas für sie empfand. Doch sie war davon ausgegangen, dass es sich nur um eine kurzfristige Schwärmerei handelte. Die Standhaftigkeit mit der Krillin sprach, war aber so eindringlich, dass es etwas tief in C18 bewegte.

Als sie ihn bei ihrem ersten Treffen küsste, tat sie das nur, um ihn einwenig aus dem Konzept zu bringen. Es war nur ein Spiel gewesen. Niemals hätte sie geahnt, dass sich der Krieger so viel darauf einbildete – er war ein liebeskranker Romeo geworden.

Sie hörte ihr eigenes Herz bis zu den Ohren pochen. Spürte wie ihr die Röte ins Gesicht stieg und das ärgerte sie. Schnippisch sah C18 auf die Seite und antwortete kurz angebunden.

„Na gut. Du darfst mit. Einen menschlichen Schutzschild kann man immer gebrauchen. Aber wenn ich meinen Bruder gefunden habe machst du dich vom Acker!“

Krillin sah sie freudestrahlend an als wären ihre Worte eine Liebeserklärung. Er grinste breit, richtete sich zu voller Statur und klatschte sich auf die Brust.

„Ich schwöre dir C18 du wirst es nicht bereuen! Ich bin der beste menschliche Schutzschild den es gibt! Ist ja auch kein Wunder… So klein wie ich bin kannst du mich bequem auf den Rücken schnallen, deine Gegner würden mich nicht einmal bemerken!“

C18 sah ihn überrascht an, während Krillin über seinen eigenen Witz lachte.

Er rieb sich den Nacken und gluckste glücklich vor sich her, als gäbe es nichts Schöneres, als für sie durch die Hölle zu gehen. Ohne es selbst zu bemerken entlockte Krillins fröhliche Art ihr ein sanftes Lächeln, während etwas Gerührtes in ihrem Blick lag.

Als er das bemerkte sah er sie aus großen Augen an.

Ihre Blicke trafen sich…

Es war einer dieser Momente, in denen man seinem Gegenüber bis in die Seele blicken konnte. Verzaubert von ihren blauen Augen blieb Krillins Herz stehen, er hielt den Atem an und wieder schlich sich die Röte in sein Gesicht. Dann blickte er auf seine Schuhspitze und grinste über seinen kleinen Erfolg, während in seinem Bauch tausende Schmetterlinge ihre Bahnen zogen.
 

„Tja, so war das damals.“, meinte C18 und nippte an ihrem Glas. „Von da an begleitete mich dein Vater auf meiner Suche nach meinem Bruder. Allerdings muss ich gestehen… wir konzentrierten uns nach einer Weile nicht mehr auf das Wesentliche. Oft lenkten uns die kleinsten Dinge ab. Schlenderten wir durch eine Stadt saßen wir zwei Minuten später in einem Kaffee oder im Kino. Flogen wir nachts an einem Strand vorbei, packte uns das Bedürfnis dort entlang zu spazieren und die Sterne zu genießen. Glaub es oder nicht. Drei Wochen mit deinem Vater und ich entdeckte eine romantische Ader an mir, von der ich gedacht hätte, sie bei meiner Geburt nicht mit in die Wiege bekommen zu haben.“

„Drei Wochen? Die Suche nach Onkel C17 dauerte wohl doch länger als erwartet?“

„Da hast du recht. Man hätte meinen können, dass der Scouter uns in Windeseile zu deinem Onkel bringen müsste, doch dumm gelaufen… Als wir ihn das erste Mal benutzen wollten brutzelten die Schaltkreise durch. Dein Vater wollte ihn eigentlich sofort zu Bulma bringen aber… Naja…“

C18 wurde verlegen und die Röte schlich sich auf ihr Gesicht.

„Es klingt furchtbar egoistisch und mir ist das auch irgendwie peinlich. Aber nachdem ich die erste Wochen mit deinem Vater verbracht hatte, wollte ich unsere Zweisamkeit noch etwas länger genießen – und dein Onkel wäre mir da im Weg gestanden. Ich bin mir sicher, dass Bulma den Scouter ohne Probleme hätte reparieren können, aber ich war mir auch sicher das C17 total entsetzt gewesen wäre, wenn er mitgekriegt hätte, dass ich dabei war mich ausgerechnet in Krillin zu verlieben. Natürlich wollte ich deinen Onkel nach wie vor finden, aber ich dachte mir, dass einpaar Wochen früher oder später kein Beinbruch wäre. Mir graute es vor seiner Reaktion und ich stand in einem Zwiespalt. Allerdings wurde aus einpaar Wochen, schließlich ein Monat. Aus einem Monat ein halben Jahr, bis schließlich ein Ereignis kam, nachdem ich unmöglich wieder von Krillins Seite weichen konnte.
 

Eigentlich mochte C18 kein Wasser, doch hier zwischen den Dünen zu sitzen, während die Gischt der Wellen sanft ihre Fußspitzen umschmiegte, fühlte sich herrlich an. Die Arme um ihre Beine geschlungen, legte sie den Kopf auf ihre Knie, schloss die Augen und genoss die nächtliche Ruhe. Da hörte sie jemanden durch den Sand rennen. Sie blickte auf und Krillin kam freudestrahlend auf sie.

„Guck mal! Ich hab tatsächlich noch eine Tankstelle gefunden die off-…“

Vor lauter Euphorie sah er einen Stein nicht und stolperte darüber. Er geriet ins Schleudern, strampelte mit den Armen wie ein Vogel und landete letztendlich doch mit dem Gesicht nach vorne auf dem Boden. Seine „Beute“, zwei Cola Dosen, hielt er in sicherem Abstand nach oben, als wären sie ein antiker Schatz. Als er mit dem Kopf endlich wieder hervorkam, schoss eine Sandfontäne aus seinem Mund und C18 kicherte leise.

Krillin musste auch grinsen doch selbst dabei bröselte irgendwo Sand heraus. Er rappelte sich auf und kratzte sich verlegen am Kopf.

„Hier bitte…“ Er reichte ihr eine der Dosen. „Eine offene Tankstelle zu finden war einfacher als durch den Sand zu laufen.“

„Selbst Schuld. Du kannst fliegen. Warum läufst du auch?“

Er setzte sich dicht neben sie und gluckste.

„Naja… Soll ich ehrlich sein? Aber fang nicht an zu lachen!“

„Okay.“

„Manchmal vergesse ich das einfach…“

C18 lachte.

„Du wolltest doch nicht lachen!“

„Wie kannst du so etwas vergessen? Das ist keine Sache die man schnell vergisst! Das Licht im Flur abzumachen oder die Geldbörse mitnehmen – so was kann man schnell vergessen! Aber doch nicht das man Fliegen kann.“

„Oh ich habe schon viele Dinge vergessen die ein jeder permanent im Hinterkopf hätte. Ein Beispiel. Ist dir schon aufgefallen das ich keine Nase habe?“

C18 nickte.

„Als Son Goku und ich auf dem großen Turnier waren, habe ich einmal gegen einen widerlichen Kerl gekämpft. Dieser Typ muss gestunken haben wie eine Kloake. Sogar seine Attacken haben gemüffelt. Ich dachte ich komme von dem Geruch um, bis Son Goku mir zugerufen hat, dass ich doch gar keine Nase habe! Ich war gegen die gegnerischen Attacken immun und bin trotzdem angeekelt am Boden gelegen.“

Wieder folgte von C18s Seite ein Kichern.

„Du lügst doch. So was vergisst man nicht.“´

„Doch! Es ist wahr. Als der Kerl seine Attacke eingesetzt hat, haben alle angewidert die Nase zugehalten und da hab ich das aus Reflex auch gemacht.“

„Aber du hast doch nicht einmal eine Nase die du zuhalten könntest.“

„Ach ja… Stimmt.“

Krillin begann zu lachen. Das mochte C18 an ihm. Er nahm sich nicht zu ernst. Ein Lächeln huschte um ihren Mund und als er merkte das sie ihn beobachtete, wurde er sofort verlegen, senkte den Kopf, die Röte schoss in sein Gesicht und seine zuckenden Mundwinkel verrieten, dass er versuchte seine Freude im Zaum zu halten, sonst hätte er begonnen Purzelbäume zu schlagen. Er war wie ein kleiner Yorkshire Terrier, der sich mit seinen treuen Hundeaugen danach sehnte, ihr eine zärtliche Geste zu entlocken, auch wenn es nur ein minimales Schmunzeln war. C18 dachte an den Tag zurück, als sie ihm zum ersten Mal begegnet war und wie verdattert er war als sie ihn küsste. Er war total überrumpelt gewesen. Bestimmt würde er genauso dreinschauen wenn sie es jetzt wieder tat. Dann könnte er sich gar nicht mehr halten. Gerade als sie zur Seite sah und sich den Moment ausmalte...

… kam er ihr zuvor.

Ganz beiläufig und klammheimlich hauchte er ihr einen Kuss auf die Wange. Sofort fuhr C18s Kopf zu ihm. Doch was tat Krillin? Er pfiff unschuldig, vermied ihren Blick und sah hinauf zu den Sternen als sei nichts gewesen.

„Ich weiß was du getan hast! Tu nicht so unschuldig und sieh mich gefälligst an wenn ich mit dir rede!“, es kam in einem herrischen Ton und Krillin zuckte zusammen. C18 hatte schon lange nicht mehr so zickig mit ihm gesprochen. Womöglich dachte er seine Grenzen überschritten zu haben. Schuldbewusst blickte er sie an, doch anstatt das sie ihn angiftete, lächelte sie nur verschmitzt. Dann beugte sie sich zu ihm vor…

Krillin blieb der Mund offen, war sich nicht sicher ob sie tatsächlich gleich das tun würden, was er sich schon so lange erhoffte. Er sah ihre rosigen Lippen näher kommen und als sie ihre Augenlider langsam zufallen ließ, brach ein Freudenfeuer in seinem Bauch aus. Er fühlte sich wie ein nervöser Teenie, der gleich seinen allerersten Kuss bekommen würde. Mit einem seligen Lächeln schloss er ebenfalls die Augen und kam C18 entgegen. Nur noch wenige Zentimeter fehlten, dann…

PLATSCH

… erwischte beide eine große Welle.

Vollkommen überrumpelt erstarrten beide in ihrer Position. Triefend nass saßen sie da, die Kleidung aufgeweicht, die Haare hingen C18 in feuchten Strähnen ins Gesicht, das nasse Oberteil klebte an ihrer Haut und ihre Unterwäsche zeichnete sich darunter ab. C18 wollte schon losschimpfen. Da drehte Krillin das Gesicht von ihr weg und statt einer Ladung Sand, schoss dieses mal ein Schwall Wasser aus seinem Mund.

Ein Kichern folgte. Aus dem Kichern wurde ein haltloses Lachen. Dann ließen sich beide in den Sand fallen und ihr Gelächter schallte noch weit über die nächtliche Landschaft.

Es war ein ausgelassener Moment für beide und als sie sich wieder eingekriegt hatten, lagen sie einfach nur nebeneinander und hörten dem Rauschen des Meeres zu. C18 auf dem Bauch, den Kopf auf ihre Arme gebettet, Krillin auf der Seite, dicht neben ihr. Dass er ihr sanft über die Haare strich, ließ sie mit einem wohligen Seufzen zu.

Irgendwann durchbrach er die Stille.

„C18?“

„Hmm…“

„Wenn wir deinen Bruder gefunden haben werden wir uns dann noch sehen?“

C18 blieb stumm. Etwas überrascht das Krillin damit anfing. Wenn sie zufällig auf dieses Thema zu sprechen kamen, wichen beide schnell aus, warteten darauf dass der jeweils andere den ersten Schritt machte. Krillin wollte sie zu nichts drängen, C18 wollte nicht den Anfang machen. Eigentlich kannten beide schon länger die Antwort…

„Ich weiß nicht. Was würdest du dir wünschen?“

„Naja… Ich… Ähm…“

„Krillin“

„Ich würde dich gerne sehen.“

„War das so schwer?“

„Drei bis vier Mal in der Woche…“

„Oh… Das ist ziemlich oft.“

„Findest du? Schade… Ich wollte zuerst jeden Tag sagen.“

C18 lächelte und entgegnete:

„Dann würde es sich gar nicht lohnen C17 weiterzusuchen.“

„Warum?“

„Weil wir dann sowieso jeden Tag zusammen wären…“

Krillin wiegte den Kopf leicht nach links und rechts. Man merkte das er seine Antwort gut überdachte und C18 hoffte insgeheim das er endlich sagen würde, worauf beide letztendlich hofften.

„Genau deshalb dachte ich mir… dass du… vielleicht… eventuell… möglicherweise...“

„Krillin“

„… bei mir bleiben könntest. So lange du willst natürlich. Vorzugsweise für den Rest unseres Lebens.“

Den letzten Satz nuschelte er leise vor sich hin doch C18 verstand jedes Wort.

„Du willst also dass ich bei dir bleibe? Für immer?“

Ein schüchternes Nicken kam.

„Und wie stellst du dir dann unsere Zukunft vor?“

Nun erwachten seine Lebensgeister. Krillin setzte sich auf und grinste sie freudestrahlend an.

Dann begann er mit Händen und Füßen zu schildern, wie ihre gemeinsame Zukunft aussehen würde. In seiner kindlichen Fantasie schien er sich alles detailliert ausgemalt zu haben.

„Zuerst einmal werden wir ein kleines Häuschen beziehen. Ich bin im Moment noch nicht der Reichste, aber ich werde mir etwas einfallen lassen. Zur Not haben wir noch die Dragonballs, dann wünsche ich uns ein hübsches Haus! Den Ort darfst du dir aussuchen. Vielleicht an diesem Strand, vielleicht in einer schönen Stadt, was immer du willst! Magst du die Berge?“

„Nicht besonders…“

„Passt. Ich auch nicht! Und wenn wir uns häuslich gemacht haben, könnten wir ja über einen weiteren Schritt nachdenken…“

Er wurde knallrot und tippte die Spitzen seiner Zeigefinger verlegen gegeneinander.

„… so etwas wie… heiraten… oder… Kinder…“

Wow! Moment! Was war das?!

C18 fuhr erschrocken auf und der Mund stand ihr offen.

„Heiraten? Kinder??? Krillin bist du sicher das wir hier von derselben Sache sprechen?“

„Oh, du willst nicht? Naja… muss ja auch nicht…“

Er versuchte zwar seine Enttäuschung zu verbergen, doch ein Blick in seine Augen genügte und C18 erkannte wie bekümmert er war. Sofort überkamen sie Gewissensbisse. Sie setzte sich auf, sah ihn mitleidig an und streichelte ihm sanft mit der Hand über den kahlen Kopf.

„Krillin… Sei nicht traurig, aber es ist zu früh über so etwas zu sprechen. Außerdem glaube ich kaum dass ich eine gute Mutter wäre. Du weißt wie meine eigene war. Ich möchte nicht wie sie sein…“

„Gerade deshalb wärst du eine gute Mutter!“, impulsiv ergriff er mit der Rechten ihre Hand und streichelte mit der Linken über ihre Haut. „Allein das du dir darüber Gedanken machst, ob du eine gute Mutter wärst, zeigt doch das du anders bist als deine eigene. Sie hat sich einen Dreck darum geschert, was ihr von ihr haltet oder wie ihr euch in dieser beknackten Sekte gefühlt habt.“ Er lächelte ihr sanft zu und in C18s Bauch kribbelte es angenehm.

„Du machst dir sorgen um dein Kind noch bevor es überhaupt da ist. Noch bevor du überhaupt schwanger bist! Jemand der sich so sehr wünscht es besser zu machen, kann keine schlechte Mutter werden.“

„Ach Krillin…“, seufzte C18 und die Röte schlich sich auf ihr Gesicht.

Er streckte eine Hand nach ihr aus und strich ihr zärtlich über die Wange.

„Ich glaube du wärst eine wundervolle Mutter. Und ich bin mir sicher unser Kind würde das auch denken. Weißt du… Manchmal sehe ich es schon vor mir. Ein starker kleiner Junge oder noch besser! Ein wunderhübsches Mädchen!“

„Ein Mädchen?“, fragte C18 erstaunt.

„Ja! Und weißt du was ich mir am allermeisten wünsche?“

„Was?“

„Das es dann nach dir kommt. Oh verdammt. Stell dir vor es würde wie ich aussehen.“

C18 lachte heiter und Krillin fuhr fort, strich ihr dabei sanft über das Gesicht. „Ich wünsche mir, dass unser Kind deine hübsche Nase hat. Deine blonden Haare, aber vor allem deine Augen. Jah… Die wünsche ich mir am meisten.“

„Ach, und meine inneren Eigenschaften willst du nicht?“

„C18, sieh mich an! Ich kann rein gar nichts von meinem Äußeren dazusteuern, sonst hasst mich die Kleine! Da will ich wenigsten beim Charakter mitmischen dürfen…“

„Warum tust du das?“

„W-Was?“

„Dich selbst so herabsetzen.“

„Ähm... Findest du? Ich...“

„Ich mag alles an dir…“, flüsterte C18 und noch ehe Krillin es sich versah, hatte sie sich zu ihm vorgebeugt und ihre Lippen auf seine gelegt. Und dieses Mal störte keine Welle ihre Zweisamkeit, selbst als am nächsten Morgen die ersten Sonnenstrahlen den Horizont erleuchteten.
 

An diesem Punkt beendete C18 ihre Erzählung von dieser Nacht. Was nach ihrem Kuss mit Krillin am Strand geschah, musste Marron nicht wissen. Das waren „Erwachsenenthemen“, die junge naive Mädchen nichts angingen. Auch nicht wenn sie neun Monate später das Licht der Welt erblickt hatten. Außerdem gab es Dinge die Eltern gerne für sich behielten. Nicht weil die beiden verklemmt waren, sondern weil die Nacht am Strand einfach ihnen allein gehörte und das sollte sie auch in ihrer Erinnerung.

Nebenbei, Kinder finden den Gedanken dass ihre Eltern miteinander schlafen immer eklig, das war ein ungeschriebenes Naturgesetzt! Deswegen übersprang C18 diesen Teil diskret.

„So war das damals mit mir und Krillin. Nach unserem… Kuss, bat dein Vater mich niemals mehr von seiner Seite zu weichen. Tja… Und das habe ich bis heute nicht getan. Wir zogen nach kurzer Zeit beim Herrn der Schildkröten ein und einpaar Monate später kamst du dann auf die Welt. Du hättest deinen Vater sehen sollen, als er dich das erste Mal in den Armen hielt. Er hat dich an sich gedrückt und immer wieder freudestrahlend gerufen, wie hübsch du seiest… und das du Gott sei Dank eine Nase hast.“

Marron lächelte und senkte den Blick. Das ihr Vater sie abgöttisch liebte war ihr nicht neu, trotzdem hörte sie es immer gerne. Dann kam ihr ein Gedanke.

„Aber das Haus… Ihr wolltet doch ein schönes Haus bauen. Bist du nicht traurig dass das nicht geklappt hat und dass du stattdessen…“ sie nickte zum Fenster des Kame House, in dessen Innern der Herr der Schildkröten im Fernsehen eine Gymnastiksendung, mit attraktiven Frauen, anschmachtete. „… mit dem da auskommen musst?“

„Oh das? Glaub mir, ich komm schon klar. Außerdem war ich schon immer realistischer als dein Vater. Ich wusste von Anfang an dass das mit den eigenen vier Wänden nicht so einfach wird. Es dauert zwar seine Zeit aber das wird auch noch kommen. Außerdem hatten wir den wichtigsten Punkt auf unserer To-Do-Liste schon abgehakt.“

„Welcher?“

„Eine kleine Tochter zu bekommen, du Dummkopf!“

„Wirklich? Ich war euer größter Wunsch? Aber du wolltest doch gar keine Kinder…“

„Ach weißt du, im Leben kommt es öfters anders als man denkt. Es ist seltsam, aber wenn du weißt, dass dieses kleine Ding in deinen Armen von dir ist, dann ist das ein unbeschreiblicher Moment. Du warst so hübsch und winzig und so hilfsbedürftig. Kaum hielt ich dich in den Armen war es um mich geschehen. Nach dieser anstrengenden Geburt, die wirklich schlimmer als jeder meiner Kämpfe war.“

Marron lächelte ihre Mutter an. Dann…

„Und Onkel C17? Was ist aus ihm geworden?“

„Tja. Eigentlich hatten dein Vater und ich uns immer wieder vorgenommen, ihn zu suchen, wenn es mal ruhiger werden sollte.“ C18 deutete auf das Fenster des Kame Houses. „Siehst du die kleine Schachtel ganz oben im Schrank neben dem Fernseher? Da liegt noch immer der kaputte Scouter von Bulma. Wir haben uns dutzende Male vorgenommen ihn zu reparieren, aber immer wieder vergessen es nachzuholen.“

„So etwas vergisst man doch nicht! Das ist doch schließlich dein Bruder!“

„Eigentlich schon. Da siehst du wie dein Vater auf mich abfärbt. Aber du hast uns in deinen jungen Jahren so auf Trapp gehalten, dass wir die Suche immer wieder hinausgeschoben haben.“

C18 zwinkerte ihrer Tochter zu und Marron wurde verlegen. Es gab so einige Anekdoten zu erzählen, in denen sie ihre Eltern in helle Aufregung versetzt hatte. Mal wurde sie von einer Welle erfasst und ins Meer gespült, dann blieb sie mit dem Kopf in einer Riesenschnappmuschel stecken, einmal hatte sie einen Eimer grüner Farbe über sich gestülpt und geplärrt, weil sie nun wie ein Namekianer aussah.

Es wurde still zwischen den beiden Frauen und C18 bemerkte zum ersten Mal, wie spät es eigentlich war. Ihre Lebensgeschichte hatte mehr Zeit in Anspruch genommen als gedacht. Der ganze Tag war dafür drauf gegangen. Die Sonne versank schon hinter dem Horizont, wodurch die Schatten auf dem Boden sich in die Länge zogen. Einer davon stach ihr besonders ins Auge. Die große Palme einige Meter vor ihnen besaß auf einmal eine seltsame Krone.

„Das war es nun mit meiner Geschichte. Jetzt weißt du alles über deine Mutter was es zu wissen gibt.“ C18 drehte sich auf ihrem Stuhl zum Kame house und schielte durch die Fenster hinein. „Wie ich sehe hat Mutenroshi auch den Fernseher wieder zum Laufen gebracht. Scheuch ihn mal in die Küche, er ist heute mit dem Abendessen dran. Dann kannst du dich auch vor den Fernseher Lümmeln und deine Soaps anschauen.“

„Ich glaube nach deiner Geschichte, wird mir jede Soap wie eine Kindergeschichte vorkommen.“, dann dachte Marron kurz nach, nur um dann doch aufzuspringen. „Aber ob Jeff und die schöne Liliana zusammen gekommen sind will ich doch wissen.“

Marron wandte sich schon zum Gehen, dann hüpfte sie noch mal zurück, schlang ihre Arme um den Hals ihrer Mutter und drückte ihr einen Kuss auf die Wange, was C18 mit einem Schmunzeln über sich ergehen ließ. Erst dann spurtete sie ins Haus und ließ ihre Mutter die Strandaussicht genießen. Die letzten Strahlen der Sonne waren verschwunden und die Sterne funkelten am Horizont. C18 erhob sich von ihrem Stuhl, streckte sich genüsslich und rief schließlich:

„Du kannst runter kommen.“

Ein raschelndes Geräusch ertönte von der Palmenkrone. Dann ließ sich jemand langsam hinab gleiten und kam neben C18 zum Stehen.

„Hübsches Kind…“

„Genau wie ihre Mutter.“, antwortete C18 keck.

„Nur nicht so nervig…“

„Was soll das C17!“, fragte C18 leicht eingeschnappt und stemmte die Hände in die Hüften. „Nach Jahren tauchst du endlich aus der Versenkung auf, nur um sofort wieder zu sticheln.“

C17 hob beschwichtigend die Hände und grinste sie spitzbübisch an.

„Ich wollte dich nur necken.“ Er sah sich auf der Insel um und meinte. „Hübsch habt ihr es hier. Etwas einsam aber nett. Für meinen Geschmack aber zu klein.“

„Wie hast du mich gefunden? Nach der Sache mit Cell habe ich dich wochenlang gesucht, du warst wie vom Erdboden verschluckt.“

„Ob du es glaubst oder nicht… Es war reiner Zufall. Ich bin vorhin hier entlang geflogen und habe euch beide hier draußen sitzen sehen. Wow... Du hast ein Kind. Das schockt mich immer noch. Wer ist der Vater? Von da oben habe ich nicht viel mitgekriegt…“

„Du wirst staunen! Ist aber eine lange Geschichte. Hast du etwas Zeit mitgebracht?“, antwortete C18 und lächelte ihren Bruder an. Am liebsten wäre sie ihm nach all den Jahren um den Hals gefallen, aber sie waren beide keine sehr knuddeligen Typen. Stattdessen grinste er nur, hob den Arm um ihr zu bedeuten, sich bei ihm einzuhaken und als sie der Aufforderung folgte, meinte er: „Für meine Lieblingsschwester alle Zeit der Welt…“
 

ENDE
 

Wie zu jeder meiner Fanfiktion, auch hier die üblichen Fragen die ich nach Beendigung einer Geschichte stelle:
 

1. Was hat euch (nicht) gefallen?
 

2. Was hätte ich besser machen können?
 

3. War meine Grammatik und Rechtschreibung in Ordnung?
 

4. Waren die Charakteren zu OOC?
 

5. Gab es logische Ungereimtheiten?
 

6. Was war unverständlich/schlecht erläutert.
 

Vielen Dank das ihr diese Fanfiktion verfolgt habt und die Kommentare die ihr mir geschreiben habt.
 

LG Eris



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Kommentare zu dieser Fanfic (74)
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Von:  sissi-26xD
2015-08-09T05:40:11+00:00 09.08.2015 07:40
WoW !!
Die Geschichte gefällt mir so sehr !
Deine Geschichte hat mich so gefesselt, dass ich das alles azf einmal gelesen habe :)
Und jetzt is es 7:38 und ich hab überhaupt nicht geschlafen ;)
Ich hoffe du schreibst mehr Geschichten über Kuririn und C18
Oder um C17 und C18 :D
Würde mich freuen mehr über dich zu hören :)

Lg ♥
Von: abgemeldet
2015-04-04T09:13:44+00:00 04.04.2015 11:13
Ach, ich mag C18 in diesem Prolog.
Sie hat soetwas knackig-ungeschöntes an sich und ist im Vergleich zu dem, was man von Chichi und Bulma gewohnt ist, immer noch berechnend. Das erinnerte mich sehr an ihr Cyborg-Ich, und ist mit der Zeitschrift und Einkauferei angenehm vermenschlicht. Marron hat definitiv eine toughe Mutter abbekommen (und ich frage mich nicht zum ersten Mal wie Kuririn mit ihr zusammenkam!), vor allem wirkt sie dadurch noch etwas quirliger. Nebenbei hast du einen tollen Humor eingeflochten, ob es nun um Muten Roshis 'Heim' geht, das unauffällige Seufzen, die herausgerissene Seite oder die Schuhpaare. :))

Ich freu mich auf C18s Mutter, von der ich keine wirkliche Vorstellung habe. Ich denke, wäre sie noch kühler als ihre Tochter, hätte es das meiste Potenzial. Die Frage ist auch: Lebt sie noch und wird gemieden oder starb sie?

Viele Grüße,
Morgi
Von:  Carmine
2010-12-27T21:41:26+00:00 27.12.2010 22:41
Ich schreib einfach mal hier zum letzten Kapi. ^^
Und ich kann echt nur eins sagen: WOW. Ich bin wirklich begeistert! Ich hab deine FF gestern angefangen und sie hat mich so mitgerissen, dass ich sie in einem Stück durchgelesen hab und als ich fertig war, war's 03.15 Uhr, also heute Morgen... ^^
Ich muss wie meine Vorgänger zugeben, dass ist das Beste, das ich seit langem gelesen hab! Wirklich. Ich fand es sehr schön, dass die Charas so toll wiedergegeben waren, deine FF könnte sich wirklich so abgespielt haben. Ich find es echt toll, sich so in die Charas reinversetzen zu können, da hast du echt meinen Respekt!
Was die Rechtschreibfehler angeht: ich fand das auch ehrlich gesagt nicht so schlimm, ich hab da auch schon weitaus krasseres gesehen (ich sag nur "Mühlkippe"...), mich hat's im Lesefluss nicht gestört.
Also, noch mal ein ganz großes Lob, es hat mir echt Freude gemacht, diese FF zu lesen und ich werd mal bei deinen anderen reinschauen. :)
LG,
Carmine
Von: abgemeldet
2010-06-22T13:09:17+00:00 22.06.2010 15:09
Ich hab deine FF mal für YUAL vorgeschlagen, hoffentlich wird sie genommen, verdient hätte sie es ^^.
Von: abgemeldet
2010-03-12T18:33:05+00:00 12.03.2010 19:33
Waaaaaaaaas?
Vorbei? Oh man T__________________T
Diese FF war das beste was ich hier auf dieser Seite zu lesen bekommen habe. Ja es stimmt es gab Rechtschreibfehler aber ich würde nicht wie meine Vorgängerin sagen dass es sauviele waren. Ich habe wirklich viel Schlimmeres gelesen. Du hast ein kleines Problem was das und dass angeht. Kenn ich zu gut xDD

Ich bin jetzt wirklich traurig. Schneekatze hat gesagt diese FF sei ein Goldstück. Ich hätte es nicht besser ausdrücken können. Vielleicht schaue ich in deine BB FF rein. Mag diese Serie nicht besonders aber wer weiß was du daraus machst. ;D

Meiner Meinung nach gibt es nichts was du inhaltlich besser hättest machen können. Was ich mochte waren die Übergänge von Gegenwart in Vergangenheit. Der Dialog Bulma&Vegeta war einfach geil XDD
Besonderer Pluspunkt von mir für C17. Er war wirklich das Original. Einer meiner Lieblinge in der Serie =^^=

Danke für die tolle FF.
LG, Chel
Von:  rutila-luu
2010-03-12T14:56:59+00:00 12.03.2010 15:56
So und bevor ich mich nun dem Ende deiner FF widme (bin schon richtig gespann) schreibe ich dir noch zu diesem Kapitel was, das darf ja nicht ungewürdigt bleiben^^
Damit das C18 Bulma einen Besuch abstattet, hätte ich überhaupt nicht gerechnet. Ich finde das eine sehr gute und witzige Idee, dass sie auf diese Weise wieder mit der Gruppe Z zu tun bekommt^^
So eine Szene mit Trunks und Vegeta kann ich mir seehr gut vorstellen X´D Obwohl ich trotzdem nicht geglaubt hätte, dass Vegeta wirklich mit Trunks dahingeht,selbst wenn Bulma ihn mit Sex bestechen kann höhö X´D
Die Dialoge zwischen den beiden Damen kann finde ich auch klasse. Ich kann mir auch vortstellen, das es C18 auch echt mal ganz gut gefallen hat, mit einer Frau über Mode und so einen Kram quatschen zu können. Sie hatte sicher einiges nachzuholen, so allein mit ihrem Bruder und Gero^^

Von:  rutila-luu
2010-03-12T14:32:02+00:00 12.03.2010 15:32
Die Dialoge zwischen Marron und C18 in der Gegenwart waren wieder toll! xD
Vorallem mit den Auftritten von Muten Roshi zwischendurch. "Umarmt euch wieder ich steh auf solche Schweinereien" also wirklich, der alte geile sack XD :D
Und mir hat die Nacherzählung gut gefallen. Und ich stimme Chel zu, ziemlich selbstkritisch bist du ^^ Aber das ist ja nicht unbedingt schlecht. Wenn dir das Kapitel schon nicht gefallen hat, heißt das ja nur, dass man noch viel gutes bis besseres von dir lesen wird! :)

Von: abgemeldet
2010-03-11T02:29:55+00:00 11.03.2010 03:29
Uh, noch gar kein Kommentar, was für eine Schande >.<
Yay, dann bin ich mal die Erste :D

*zerknirscht gugg* Auch hier stechen mir wieder schon allein im ersten Absatz sauviele Rechtschreibfehler entgegen, du solltest das wirklich nochmal gründlich überarbeiten T__T

Oooch, Kuririn ist echt niedlich, wie er sich da um Kopf und Kragen redet, echt drollig, den muss man doch einfach lieb haben x3. Und ich finds süß, dass er ihr helfen will.
Och und dieser Hauch von Selbstironie ist auch putzig 'Ich bin der beste menschliche Schutzschild den es gibt' Was mir auch noch total gefällt ist, dass Kuririn so ein richtiger kleiner Gentleman der alten Schule ist, das passt echt zu ihm <3
Stimmt, wo du es erwähnst... er hat ja keine Nase... warum eigentlich @@? Wie kann ein Mensch denn keine Nase haben @@? *laut überleg*

> Ich kann rein gar nichts von meinem Äußeren dazusteuern, sonst hasst mich die Kleine!
xDDDDDDDD Wie süüüß, diese Aussage~

1.) Was hätte besser sein können?
EIgentlich nur die Ausmerzung der Tippfehler.

2.) Was war gut?
Der gesamte Aufbau der Geschichte, spannend, ergreifend und actionreich, mehr bleibt dazu nicht zu sagen. Ich mochte besonders die Kindheitsepisoden von C17 und C18, die haben mich teilweise wirklich mitgenommen, ich meine, diese Eltern~~

3.) Rechtschreibung & Grammatik ok?
Bei der Wahl deines Betalesers solltest du, wie ich es bereits ein paar mal angedeutet habe, etwas wählrischer sein, du bräuchtest jemanden, der das wirklich sehr sorgfältig durchliest, weil sich doch sehr viele Fehler eingeschlichen haben, sowohl in der Rechtschreibung, als auch ind er Interpunktion. Die Orthographie hingegen war sehr gut.

4.) Charas OOC?
Absolut nicht, perfekt getroffen, bis auf diesen klitzekleine Bulma Ausrutscher, aber das war nicht so schlimm ^^


Insgesamt kann ich nur sagen: Ein wirkliches Goldstück diese FF und einzigartig in ihrer Form, du hast meine Respekt.
(Magst du nicht mal was Vegeta/Bulma zentriertes in der Richtung schreiben x3? Die Dialoge der beiden warn sooo toll x3)

LG, Katze
Von: abgemeldet
2010-03-11T02:02:50+00:00 11.03.2010 03:02
So und weiter gehts x3

Ich verstehe zwar die komische Schreibweise von Kuririns Namen nicht aber gut, daran will ich mich jetzt nicht aufhängen :P
Ich mag diese Szene, wo C18 zu dem Haus ihre Eltern zurückkehrt, da merkt man doch irgendwie, dass schon einige Jahre ins Land gegangen sind und wieviel sich doch verändert hat.
Auch irgendwie niedlich diese Beschreibung, dass sie sich ohne ihren Bruder unvollkommen fühlt... Immerhin haben die beide durch die Jahre sicher eine enge Bindung aufgebaut auch wenn sie sich oft gegenseitig auf die Nerven gegangen sind.
Oh Gott Wochenlang jeden Tag auf nem Baum zu verbringen, stell ich mir minder angenehm vor.
XDDDDDDDDDDDDDD Waaaah, wie geil Vegeta mit dem Kind, das ist sowas von IC - und lustig vor allem xDDD, diese Vorstellung, ich komm grad ausm 360 Grad Grinsen nicht raus
>Können wir ihn nicht einfach in der Wildnis aussetzen bis er alt genug ist um zurückzulaufen???“
Neiiiiiiiiiiin wahhh, ich kann nicht meeeehr~~~ xDDD, Aber das passt echt zu Vegeta
Oh Mann, aber Bulma is halt echt ein Klasseweib, die hat Vegeta im Griff womit sie wahrscheinlich die eiinzige wäre, aber das war schon immer der Vorteil den Frauen in einer Beziehung haben - sie können Sex vorenthalten. Oder mit Ignoranz strafen xD
Okaay, Bulmas Reaktion ist zwar irgendwie süß und lustig, aber auch ein klein wenig überzogen - ein kleiner Tipp von mir - wenn du soviele Satzzeichen hintereinander verwendest wirkt das sehr unprofessionell und schnell überdramatisiert. Eines hinter jedem Satz ist vollkommen ausreichend.
Hm, die Begegnung der beiden finde ich ansonsten sehr gut getroffen, auch diese leise vorsichtige Annäherung und dann Bulmas Reaktionen... einfach nur genial, wie schaffst du es nur immer, die Charaktere so herrlich IC zu treffen *neidisch seufz*

Was ich nochmal erwähnen wollte - du hast wirklich sehr viele Rechtschreibfehler drin - es hat nichts mit Stolz zu tun, wenn man sich einen Betaleser sucht, jeder professionelle FF-Autor sollte einen haben und ich finde es mindert ein wenig die Qualität einer FF, wenn so viele Tippfehler dirn sind, vor allem, wenn die FF selbst inhaltlich eigentlich sehr gut ist.

Sooo, insgesamt finde ich das Kapitel wirklich gelungen, du kannst zurecht stolz auf dich sein.
Und aw, du schreibst Beyblade *~*
Sag mal, willst du nicht zufällig in meinen Beyblade-FF Zirkel eintreten? Wir haben uns ordentlichem Kritisieren verschrieben und würden uns freuen, neue Mitglieder zu gewinnen für unsere kleine Runde x3.

LG, Katze
Von: abgemeldet
2010-03-11T01:27:28+00:00 11.03.2010 02:27
Also ich fand das Kapitel eigentlich recht gut, bis auf das, dass du einmal Oberweide, anstatt Oberweite geschrieben hast, aber das war eigentlich ganz witzig x3.
Ich fand den Sprung in die Gegenwart gut und ich fand die Vorstellung irgendwie lustig, dass die Zler besoffen von irgendwelchen Erzfeinden lallen, so manchem kann ich mir dabei irgendwie gar nicht vorstellen XD
Oh Mann, ich weiß gar nich was ich schreiben soll... ich weiß, ich wiederhole mich, aber du schreibst so toll, dass ich kaum was daran auszusetzen habe und ansonsten könnte ich jetzt jeden Satz wiederholen une sagen, wie toll er ist xD.
Geil fand ich allerdings die Drohung, dass C18 Marron mit Muten Roshi in den nächsten Geräteschuppen sperrt xD
So, ich bin auch mal neugierig, wie die beiden jetzt zusammengekommen sind, denn ich glaube, Marron hat das ganz richtig gedeutet - ihre Mutter ist immer noch irgendwo Frau und somit empfänglich für Romantik, Schmeicheleien und ein bisschen Kitsch x3.

So, dann will ich mal zum nächsten Kappi hüpfen x3. Und sorry, dass ich manchmal so eine lahme Schnecke bin XD


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