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Alissa

von

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Sie fühlte sich hilflos, nutzlos.

Hatte ihre Mutter ihr doch alles beigebracht, in zahllosen Nächten, ohne Schlaf, so hatte sie das Gefühl, nichts, überhaupt nichts machen zu können. Alissa stand wie gelähmt da, als Frau Borden sich von einer Bettseite auf die andere warf.

Unter Schmerzen.

„Tante Alissa, so tu doch was, irgendwas!“, sie hörte die Worte von Frau Bordens Tochter, war aber unfähig ihre Sinn zu erfassen. Überhaupt schien ihr denken blockiert zu sein, als müssten ihre Gedanken erst durch Watte schleifen.

Maja zerrte an ihren Kleidern, schlug auf sie ein und rief ihren Namen.

Alissa bekam dies nur am Rande mit, als würde sie völlig neben sich stehen. Verdammt, was hatte sie nur falsch gemacht, die Zusammensetzung war richtig, die Zutaten stimmten…

Nur wirkte der Extrakt nicht so wie er sollte…

Die Schreie, welche sich zu Frau Bordens Schmerzen hinzugesellten, waren wie Schnitte in ihre, Alissas, Seele… nur tausendmal schlimmer. Alissa bekam Angst.

Diese Schreie, dachten sie entsetzt, waren zu hoch für einen Menschen.

Menschen durften nicht so schreien.

Sie flehte bei Gott, dass sie aufhören würde zu Schreien, sie würde sogar ihre Seele dem Teufel verkaufen, damit Frau Bordens Schmerzen und Schreie aufhören würde…

Die hölzerne Tür, schwang mit einem lauten Knarren auf und ein älterer Mann trat ins kleine, nur mit einem Bett eingerichtete, Zimmer. Er trug die Kleidung der hiesigen Miliz. Einen, aus rotbraunem Leder bestehenden Wams, eine schwarze Lederhose mit schwarzen Lederstiefeln.

Ein Langschwert baumelte an seiner linken Hüfte. Mit ihm trat noch ein Zweiter,

unsymphatischer, Milize, mittleren Alters ein.

Alissa kannte den Älteren.

Er war der Hauptmann der Miliz, in diesem Ort, er hörte auf den Namen Falcon.

Sie hatte schon viele schlechte Erfahrungen mit ihm gehabt, er gab ihr die Schuld an den Tod seines Sohnes.

„Was geht hier vor, warum schreit diese Frau? Sprich!“, er ließ seinen Blick durch das kleine Zimmer schweifen und blieb schließlich an Alissas zarten weiblichen Gestalt, hängen.

Sie sah ihn flüchtig in die Augen und neben den üblichen Hass der in seinen Augen loderte, wenn er sie anstarrte, glaubte sie eine Spur von Mordlust und Schadenfreude zu sehen. Doch kurze Zeit später erlosch die Mordlust und sie fragte sich, ob sie es sich nur eingebildet hatte.

Maja antwortete an Alissas Stelle.

„Meine Mutter ist vor einer Woche erkrankt und Tante Alessa bot sich an sie zu heilen.“

Er ignorierte Maja und starrte Alissa an, dann sprach er einen Satz aus den sie wohl nie mehr vergessen würde.

„Habe ich dich endlich Alissa, nur Heilkundige können Erkrankte heilen, oder…“

Ihr Herz schlug schneller, ihr Atem beschleunigte sich, ihr Körper schüttete Adrenalin aus und dann konnte sie nicht mehr Falcons schadenfrohen Blick ertragen und sie sah auf die Holzbohlen des Bodens. Maja hatte die Wahrheit gesagt und das würde ihr zum Verhängnis werden.

Alissa wusste was die nächsten Worte Falcons sein würden.

„Oder Hexen!“, er schrie fast und sein Partner, der bisher nur herumstand, machte sich sofort daran, sie zu fesseln. Beide duldeten keine Widerworte und schafften sie fort.
 

Meine Heimat hatte sich in den vier Jahren, in denen ich fort war, kaum bis gar nicht verändert, dachte ich verwundert. Als wäre die Zeit, seid meiner Abreise, stehen geblieben…Ich war wieder hier hergekommen weil ich jemanden suchte… eine Frau… meine Verlobte.

Und wenn man etwas, oder jemanden, suchte sollte man in einer Taverne nachfragen, dort bekommt man immer Informationen und Alkohol lockert ja bekanntlich die Zunge, hier, sowie überall auf der Welt, sagte mir einst ein guter Freund.

Hier auf den einsamen Straßen des Stadtrandes, war es unheimlich still, als würde die Nacht alle Geräusche verschlingen, selbst die meiner eisenbeschlagenen Lederstiefel und das Prasseln dieses verdammten Regens!

Seit die Nacht, vor ungefähr zwei Stunden, herein gebrochen war, regnete es wie aus Eimern und langsam zerrte dieser Regen an meinen Kräften und das, obwohl ich junge siebenundzwanzig Jahre alt war!

Der verlockende Duft von Essen ließ mich aus meinen pessimistischen Gedanken hochschrecken. Vor mir gewahr ich ein einzelnes, aus Holz bestehendes, Haus. aus den kleinen verdreckten Fenstern, strömte warmes Licht und ein Chor, von fröhlichem Gegröle ließ keinen Zweifel, ich war da… vor mir lag die Taverne.
 

Der kleine, dicke Wirt sah mich, mit einem, schon fast in der Luft greifbaren, Misstrauen an. Okay, ich wusste natürlich, dass ein Tempelritter hier eher selten ist… Aber muss er gleich so misstrauisch sein, das er mir keine Informationen geben will?

Ich saß gerade auf einen drei- beinigen Schemel, in einer dunklen Ecke, des großen, bäuerlich eingerichteten Schankraums und trank gerade einen Schluck Met, als eine raue Stimme an mein Ohr drang…

„Hey, Ritterchen! Solltet ihr nicht in Jerusalem sein und die Christenheit schützen?“, er lallte und der Spott in seiner Stimme war nicht zu überhören.

„Ritterchen, hmm… so haben wir doch alle unsere Titel, Saufbold!“, flüsterte ich und sah in die Richtung, aus der die Stimme drang.

Ich erkannte sofort mit wem ich da sprach- Falcon, Hauptmann der Miliz, damals der schlimmste Kerl, dieser Gefilde… und sein Sohn war genauso… damals…

„Falcon…“, sagte ich nachdenklich.

Er könnte wissen, wo meine Verlobte sei!

„Was ist, du Möchtegern Ritterchen?“, grölte er zu mir herüber und mit ihm die anderen sechs Männer an seinem großen Tisch.

Meine Hoffnungen zerplatzten, er war noch immer so wie früher, vielleicht sogar schlimmer…Auf jeden Fall immer noch ein dümmlicher Befehlshaber, mit einer viel zu hohen Meinung von sich selbst! Dennoch er war angetrunken, also fragte ich ihn direkt was ich wissen wollte.

„Wo ist Alissa?“, sagte ich in einem bewusst freundlichen Ton.

Er sah mich mit einem höhnischen Blick, aus seinen trüben Augen an und sagte:

„Du meinst wohl diese Gotteslästernde? Die im Wald lebt und jeden hineinlässt der zu bezahlen bereit ist?“

Sie soll was sein, meine liebe, treue Alissa soll was sein? Dieser Kerl machte mich langsam wütend, dachte ich mir. Komischer Weise dachte ich noch darüber nach, mein Schwert zu ziehen und ihn die Kehle durchzuschneiden, was mich erschrak, war diese Kälte, die ich dabei empfand…

„Wie sieht sie denn aus?“, fragte ich mit unterdrückter Wut in der Stimme.

„Diese Hure ist Schuld das mein Sohn nun in geweihter Erde ruht…“, er stockte und fuhr dann mit einem humorlosen lächeln fort „und jetzt lernt sie das nette Inquisitionsverfahren kennen, das hat sie verdient!“, dies schrie er und brach in ein durch und durch wahnsinniges Lachen aus.

Ich fühlte nur Hass auf diesen Mann und ein unnatürlich starkes Mitgefühl. Ich konnte es mir nicht erklären, einerseits hasste ich ihn, damals wie heute, anderseits tat er mir leid, er musste seinen Sohn wirklich geliebt haben…

Diesmal wiederholte ich sanft nochmals meine Frage, auf die ich noch keine Antwort hatte, in der Hoffnung, dass diese Dame, von der er sprach, nicht meine Alissa war.

„Wie sieht sie aus?“

Dabei schweifte mein Blick durch den Schankraum, alle sahen mich und Falcon an und die Gespräche sanken in ein Flüstern ab.

Meine Hand sank auf meinen Schwertgriff, doch hatte ich nicht vor es zu benutzten…

Es starben schon zu viele durch mein Schwert, viele nicht einmal in Gottes Namen und dieser traurigen Bilanz wollte ich nicht noch ein Schicksal hinzufügen.

Falcons Antwort gefiel mir nicht, ganz und gar nicht.

„Diese Hure, Alissa? Große blaue Augen, schwarzes Haar, zierliche- weibliche Gestalt.“, überflüssiger Weise fügte er hinzu:

„So tritt uns der Teufel gegenüber, in Form eines Weibes!“, schrie er halblachend.

„Der Herr, wird morgen Mittag über sie richten!!“, sein Lachen wurde schrill.

Schon wieder ein krankes Hirn, das am Wahnsinn leckt, ich hatte so etwas schon zu oft in meinem Leben gesehen…

Das reichte, er beschrieb sie, ich verließ die Taverne und spürte die kühle Nachtluft auf meiner Haut.

Ich musste fort, zu ihr. Alissa. SOFORT!!
 

Frierend wachte sie auf, ihr Kopf schmerzte und ihr schwarzes, bis zum Kinn reichendes Haar, war zerzaust. Sie setzte sich hin und legte ihren Kopf auf die Knie, die sie mit ihren Armen umschlang. Alissa sah sich um.

Sie war in einem kleinen Raum, ungefähr zwei Meter breit und drei Meter lang. Der Boden war mit dreckigem Stroh bedeckt und an der Wand, sie bestand aus roh behauenen Steinquardern, sammelte sich Schimmel. Ein kleines, vergittertes, Fenster ließ darauf schließen, dass es draußen Gewitterte und der Mantel der Nacht sich über das Land gelegt hatte. Gegenüber dem Fenster lag eine große schwere Tür, aus Eichenbohlen und Eisen.

Seufzend massierte sie ihre Handgelenke, auf denen blutige Striemen von denn Fesseln zu sehen waren. Sie fühlte sich einsam und das war ihrer Meinung nach das schlimmste Gefühl, schlimmer als jeder Schmerz.

Einsamkeit…

Sie lebte immer unter Leuten und wollte viele Kinder mit ihrem Verlobten haben, welcher an den Kreuzzug gegen die Heiden teilnimmt, aber nie dachte sie, würde sie in Einsamkeit sterben. Nur weil sie Frau Borden helfen wollte… Sarkastisch kam ihr ein Reim in den Sinn:

Höfflichkeit ist eine Zier, doch weiter kommt man ohne ihr.

Warum wirkte der Extrakt nicht, diese und andere Fragen, führten in ihrem Kopf einen irren Veitstanz aus, als sie ihre großen, tränenerfüllte, blaue Augen in ihren zarten Händen verbarg.

Sie hörte Schritte und die schwere Tür öffnete sich. Ein breiter Schatten fiel in den Raum.
 

Ich rannte wie von Furien gehetzt durch die nächtlichen Gassen, ohne Ziel. Verdammt, wenn ich in Panik gerate vergesse ich alles, sogar zu Fragen wo meine liebe, treue Alissa nun ist…

Langsam beruhigte ich mich und sah mich um.

Ich war nahe am Stadtrand, links einzelne Häuser, ohne Licht in den Fenstern, und rechts den Waldrand, der sich anprangernd in den von Blitzen erhellten Nachthimmel erstreckte.

Mein ohnehin langes Haar, klebte an meinem Gesicht und hing, durch den Regen nass geworden, strähnig auf den weißen Mantel mit dem blutroten Kreuz, welcher mein Kettenhemd bedeckte. Mein weißer Umhang schleifte durch den Matsch der Gassen.

Auf einmal gewahr ich eine Gruppe, ungefähr ein Dutzend, Menschen verschiedenen Alters.

Ich ging ohne zu zögern hin und fragte wo ich Alissa finden könne. Diese Menschen waren Ausgestoßene, Krüppel, Blinde, von der Gesellschaft verachtete Leute, die mir dennoch höfflich erklärten, wo die Bestandaufnahme des gefürchteten Inquisitionsverfahren stattfand.

In einem kleinem Haus nicht sehr weit von hier.

Ein kleines Mädchen mit nassen blonden Haaren, vertrat mir den Weg. Ich schätzte sie auf neun bis elf Jahre, sie gehörte zu der Gruppe von Ausgestoßenen, dies erkannte man an ihren weiß geblendeten Augen, in denen man den fröhlichen Glanz, die diese einst haben mussten, nur erahnen konnte.

Ich sah schon viel Leid im Krieg und wusste, dass die Blinden nur schwer mit ihrem Schicksal klar kommen und uns Sehende beneiden… Doch wie immer kam mir nur ein Gedanke in den Kopf, wenn ich einen Blinden sah, was nützt es ein Sehender zu sein, wenn das was es zu sehen gibt, die Hölle ist? Die Kälte ließ ihre Stimme zittern als sie anfing zu reden.

„Sie wollen Tante Alissa helfen? Sie ist unschuldig, sie ist keine Hexe!“

Tante Alissa? Ich kannte nur ein Mädchen das „Tante“ zu Alissa sagte.

„Maja!“, rief ich erstaunt.

„Du bist es, was ist mit dir passiert? Wo ist deine Mutter?“, fragte ich leicht verwirrt.

Das Mädchen vor mir war Maja, das, damals, fünf jährige Mädchen, mit dem Alissa unbeschwert durch die weiten, goldig schimmernden, Weizenfelder Hand in Hand stürmte.

Maja schwieg lange und fing an zu weinen. Ich nahm sie in die Arme und beruhigte sie ein wenig. Und fragte nochmals nach, in einem fürsorglich, väterlichem Ton.

„Mutti ist gestern gestorben…, durch eine Vergiftung. Tante… Alissa… wollte ihr helfen und hat aus Kräutern des Waldes einen Trank gebraut… mit Heilkräften. Doch dann kam Herr Falcon und hat… Tante Alissa mitgenommen, kurz danach…“, sie brach ab und drückte sich an mich während sie ihr Gesicht in meinen weißen Mantel vergrub.

Ich war zwar Tempelritter, ein Killer Gottes, aber ich fühlte mit ihr, am liebsten wollte ich all ihr Leid auf mich nehmen. Die Wege des Herrn seien Unergründlich, doch wo war er, wenn ein solch schwaches Kind, seine Hilfe benötigt?

„…Herr Falcon sagte zu jemanden, dass er den Trank vergiftet hatte, um seinen Sohn zu rächen und Tante Alissa als… Hexe zu entlarven, dann…. entdeckte er mich und nahm seinen Dolch und… kam immer näher an meinen Gesicht, bis er….“, sie fing ein zu schreien und weinte ohne Hemmungen los, was ihr höllisch in den Augen schmerzen musste.

„Dieser verdammte Mistkerl, vergreift sich an kleinen Kindern, die ihn Verraten könnten!“, flüsterte ich. Ich beruhigte Maja und übergab sie dann an einen alten einarmigen Mann, unter dem Versprechen, dass er sie beschützen solle, bis ich Alissa, die völlig Unschuldig war, befreit habe. Ich versprach Maja wieder zu kommen, wenn Gras über die Sache mit Alissas bevorstehender Befreiung gewachsen sei.

Sollte mir Falcon noch mal über den Weg laufen, würde ich nicht für seine Gesundheit garantieren können. Er blendete sie nur um, falls sie ihn verraten solle, behaupten zu können, dass sie ihn gar nicht erkennen könne, da sie Blind sei…

Mit diesem Gedanke und einer gnadenlosen Wut in mir, verabschiedete ich mich von den Leuten und ging meinen Schicksal entgegen.
 

Alissa lag nackt auf einer Bank.

Lederrieme zerrten an ihren Hand- und Fußgelenken und Peitschenhiebe ließen sie aus vielen Wunden bluten. Der Folterknecht schien erst warm zu werden und schlug immer heftiger zu.

Und Alissa fühlte…nichts. Nur eine unbegrenzte Scham. Nackt vor diesen fünf Männern, drei Wachtposten, dem Folterknecht und einen, in dunklen feinen Gewand, gekleideten Inquisitor, der leise Gebete, für die Seele Alissas, murmelte…

„Gestehe Hexe und wir machen es kurz, oder schweig und stirb langsam!“, sagte der Inquisitor, mit befehlend, eindringlicher Stimme.

Alissa wollte antworten, doch die Scham und der heftig werdende Schmerz, ließ es nicht zu.

Rote Schleier begannen sich in ihr Sehfeld zu mischen und eine Feuerlohe nach der anderen ließen ihre überreizten Nerven explodieren. Blut lief über ihren makellosen Körper und ihre Finger verkrampften sich, als sie ihre Hände zu Fäusten ballte…

Kurz nachdem sie aus ihren Kerker geschafft wurde, wurde sie hierher geschafft und auf diese Bank aus rissigen Holz gefesselt.

Der Raum war groß und einige Kohlebecken ließen den Raum rot leuchten. Folterwerkzeuge hingen an den Wänden, manche so bizarr, dass man nur erahnen konnte, was man einen Menschen damit antun konnte.

Links von ihr, lag die Tür aus diesem Alptraum, links und rechts von der Tür, standen zwei riesige Männer mit Lederrüstung ausgestattet und je ein riesiges Breitschwert in beiden Händen haltend breitbeinig da und ergötzten sich an den Anblick, der blut- und tränenüberströmten Alissa. Der andere Wächter stand neben den Inquisitor, von hohen Alter und blickte starr ins Leere, während der Folterknecht eine Pause machte und seine Werkzeuge sortierte, die er ordentlich neben den kleinen Tisch auf Alissas Kopfhöhe ablegte.

Sie berichtigte ihre Gedanken, über die Einsamkeit und kam zu dem Schluss, dass Schmerzen doch die schlimmsten Gefühle sind.

Unter den Übermächtigen Schmerzen die sie erlitt, gewahr sie ein Geräusch.

Die Tür flog auf und ein schemenhafter Umriss, mehr Schatten denn Gestalt stürmte in den Raum. Alissa kam die Art wie er sich bewegte vage bekannt vor, sie erinnerte sie an jemanden den sie einst gut kannte und den sie unheimlich vermisste. Als ihr schwarz vor Augen wurde, dachte sie an Viktor von Ischas, ihren Verlobten. Sie glaubte es sei eine Sinnestäuschung im Angesicht des Todes, doch dann umarmte sie das dunkel der Bewusstlosigkeit, bevor sie diesen Gedanke fassen konnte.
 

Nachdem ich das kleine Haus fand, es bestand aus grob gemeißelten Steinquardern, gelangte ich durch eine schwere Eichentür ins innere des Hauses.

Ein langer hoher Gang empfing mich mit warmem Licht, welches aus mehreren Fackeln an den Wänden drang. Ein teurer Teppich, verschluckte die Geräusche meiner Schritte fast ganz.

Irgendwie war es sehr ruhig hier, selbst der Donner schien hier fast ganz verklungen…

Ich ging den Gang entlang und blieb neben einer schweren Tür stehen, da ich glaubte ein leises wimmern zu hören. Statt anzuklopfen trat ich die Tür wütend ein. Ich hatte allen Grund wütend zu sein, laut den Ausgestoßenen werden Menschen hier gefoltert, meistens Unschuldige.

Die Tür flog auf und ich stürmte elegant hinein. Nach einer Drehung war mir sofort klar, dass ich hier richtig sein musste. Fünf Männer standen hier drei Wachen, ein muskulöser Mann, neben einer zierlichen Frau und ein Inquisitor.

Ich erschrak, die Frau war völlig nackt und blutüberströmt, dennoch es war:

„Alissa…“, schrie ich.

„Hey, was soll das hier!“, der Wachposten links von mir erfasste meine Schulter und im selben Moment, als er meine Schulter mit seinen riesigen Pranken berührte, wusste ich, dass mir hier keiner Glauben würde. Ich fuhr in einer Drehbewegung herum und schlug meine flache Hand gegen sein Kinn, er ließ los und fiel rücklings auf den Boden. Er blieb liegen und der rechte Wachposten erwachte schlagartig aus seiner Überraschung, zog sein Breitschwert und drang auf mich ein. Ich zog ebenfalls mein Schwert und parierte seine ersten Angriffe, doch dann drang noch der dritten Posten auf mich ein.

Ich ließ alle Rücksicht walten, als einer von ihnen mir eine tiefe Schnittwunde am linken Arm zufügte und wechselte die Waffe von der linken in die rechte Hand und führte mit eine Drehbewegung einen Rundumschlag aus, aber ich tötete niemanden von beiden. Sie dürften meine Breitseite gegen ihre Schläfen spüren und wurden ohnmächtig.

Wütend drehte ich mich herum und sah Alissas traurige Gestalt, sah den Inquisitor an und machte eine auffordernde Kopfbewegung. Angst erfüllt rannte er davon.

Nur der Folterknecht nahm einen Dolch und versuchte mich zu erwischen. Als ich sah was er mit Alissa angetan hatte, ging meine Selbstbeherrschung verloren. Ich wich seinen Stich aus und ergriff ihm erst am Handgelenk und brach seinen Ellenbogen. Während er schmerzerfüllt rumbrüllte, trat ich ihm meinen Stiefel ins Gesicht und ließ meine Handkante auf seine Halsseite niedersausen. Er verstummte und fiel wie eine Statue zur Seite. Der Kampf dauerte gerade einmal eine Minute, wenn mich mein Zeitgefühl nicht täuschte. Ich schnitt Alissas Fesseln durch, legte meinen Umhang um ihre Schultern und trug sie hinaus.

Sie musste höllische Schmerzen haben, doch zum Glück war sie ohne Bewusstsein.

Und sie war… so unglaublich schön… ich hatte sie mir nach vier Jahren anders vorgestellt, doch sie sah noch immer aus wie neunzehn. Ich trug sie in den Wald und gab ihr meinen weißen Mantel, damit sie nicht fror wenn sie erwachen sollte und ließ mich neben ihr ins nasse Gras sinken. Ich schloss die Augen und hörte ein leises Seufzen.

Alissa öffnete die Augen.
 

Es stürmte noch immer, es war um einiges kälter geworden und man spürte förmlich, dass es bald Winter sein würde. Wenn es nach mir ginge könnte es immer Spätfrühling sein…

Als Alissa erwachte spiegelte sich erst Verwirrung und dann Erkennen in ihren Augen. Nachdem sie sich an mich geworfen hatte und erst einmal lange weinte half ich ihr behutsam auf. Ich erklärte ihr wie ich sie fand und vor allem was mit Maja geschah. Sie unterbrach mich nicht und hörte gebannt zu, doch ihr Blick sprach Bände… Man konnte ihr ansehen, dass sie am liebsten zur Stadt wollte um Maja zu sehen, doch es war klüger die Sache erst einmal ruhen zu lassen. Außerdem gab mir der Invalide sein Wort auf Maja aufzupassen bis Gras über die Sache mit der Flucht gewachsen ist. Jetzt mussten wir dafür sorgen, dass wir hier schnell wegkommen, also gingen wir durch den Wald zu Alissas Hütte. Dort angekommen zog sie sich warme und vor allem trockene Kleidung an und wir zogen Richtung Norden.

Erst jetzt da sich Alissa langsam beruhigt hatte, erklärte ich ihr was ich hier wollte außer sie zu sehen. Ich nahm sie an der Hand und überbrachte ihr schlechte Nachricht.

„Du fragst dich vielleicht wo dein Vater ist… nun ja…“, sie sah mich erwartungsvoll an und ich brachte es nicht übers Herz ihr zu sagen was im Krieg passierte. Nach unangenehmem Schweigen erfasste sie das Wort als erste.

„Du musst wissen Viktor, dass ich weiß das mein Vater im Krieg starb. Das wolltest du doch sagen?“, sie blickte erwartungsvoll in meine Augen. Die einzig Intelligente Antwort auf ihre Frage die mir einfiel war: „Häh?“

„Woher ich das weiß willst du wissen?“, sie klang gefasst und völlig ernst.

„Nennen wir es mal Ahnung und weibliche Intuition.“, ich antwortete nach kurzer Zeit.

„Ich wollte es verhindern, doch er war auf einmal einfach weg und als ich ihn fand kreisten mehrere Geier über seine Leiche, mitten in der Wüste. Er ist verdurstet. Ich weiß nicht mal wieso er verschwand. Aber ich weiß das dein Vater immer im Kampf sterben wollte und er starb nicht Ehrenhaft für einen Chevalier. Er wollte nie verscharrt werden, also habe ich seine Leiche verbrannt um ihn hier an seinen Geburtsort zu ehren.“, sie sah mich betroffen an und eine Träne kullerte ihre Wange hinab.

„Ich möchte ihn von der Steilküste aus über das Meer im Wind verstreuen, wenn du einverstanden bist und dann lass uns aus diesen Land verschwinden, einverstanden Liebling?“

Sie war es.
 

Nebel stieg vom Meer hinauf, welches gut fünfzig Meter unter uns tobte. Die Steilküste wirkte irgendwie bedrohlich, vielleicht wegen den spitzen grauen Felsen, oder wegen des Brüllens der Wellen die gegen diese prallten. Der Morgen graute und wir genossen den Sonnenaufgang. Alissa hatte die Asche ihres Vaters im Wind verstreut und sah zu wie der Wind diese auf das tosende weite Meer hinaus trug. Ein Mensch wirkt so bedeutungslos im Gegensatz zu den weiten des Meeres und der Freiheit des Windes. Ich vergaß all unsere Sorgen bei diesem Anblick des tosenden Meeres unter uns, auf dem einige Nebelschwaden zu uns hinauf krochen und die aufgehende Sonne tauchte diese ganze Szene in ein wärmendes orange- rotes Licht. Ich hatte meinen Arm um Alissas Taille gelegt und sie ihren um meine. Wir küssten uns und Alissa weinte leise, wegen des Verlusts ihres Vaters. Dann…

Ich kannte diese Melodie, ihr Vater summte diese um Alissa zu beruhigen wenn sie traurig war. Jetzt summte sie diese traurige, anprangernde Melodie und ein Schauer lief meinen Rücken hinab. Solche Momente vergießt man nie und man greift auf sie zurück, wenn man selbst traurig ist. Alissa fragte mich eine Frage, die mir reichlich unpassend vorkam, aber dabei war diese gar nicht so abwegig, angesichts dieser romantischen Szene.

„Willst du mich zu deiner Frau nehmen, dann sag bitte ja.“, ihre Augen lächelten als ich ihr antwortete mitgespielt ernsten Unterton.

„Wenn Madame so gnädig sind es mir gleich zu tun, wenn ich ja sagen sollte?“, ihre Antwort bekam ich nie zu hören.

Die Spitze eines Pfeils ragte aus ihrer Brust, auf der Höhe wo ihr Herz legen musste. Sie stieß ein verwirrtes Keuchen aus und Blut floss an ihren Mundwinkeln hinab. Ich sah ihr erschrocken und völlig geschockt in die Augen, was ich in ihnen sah war, vorsichtig ausgedrückt - verwirrend.

Ihre Augen hatten nicht mehr den gewohnt lächelnden Ausdruck, sondern machten einer großen Verwirrung Platz, doch dann kamen das Begreifen und der Schmerz.

Sie starb das spürte ich sie muss höllische Schmerzen haben. Panik machte sich in mir breit doch dann suchten ihre Augen meinen Blick und es war – es ist nicht in Worte zu kleiden, was ich in ihren Augen sah. Ich sah:

In ihren Augen spiegelte sich die Ewigkeit, nein Ewigkeiten und Angst vor dem was nun kommen mag, was nicht, und eine unglaublich starke Trauer. Schmerz, noch immer Verwirrung und zugleich diesen Blick den Frauen haben, wenn sie sich völlig in einen Mann verliebten, er ihre Liebe erwidert und sie ihn nun verliert ohne je eine Zukunft zusammen zu haben…

Dann kippte sie grotesk langsam, wie zum Hohn meines Schicksals nach vorn und von der Steilklippe. Ich drehte mich weg und sah was geschehen sein musste. Am Waldrand stand Falcon mit einem Langbogen in beiden Händen haltend und lachte wie von Sinnen, ab da an war mein Schock verschwunden und machten purer Mordlust, purer Wut und purem Hass Platz. Ich wollte ihn töten, ich musste Alissa rächen. Man kann Blut nicht mit Blut abwaschen? Verdammt ich weiß, doch es tut verdammt gut, dass Blut der ersten Person mit dem einer zweiten zu überdecken. Ich zog mein Schwert, nahm es in beide Hände und rannte los. Mein Schwert schleifte über den Boden und sprühte Funken und ich schrie hintereinander Alissas Namen, wahrscheinlich damit ich nicht den Aufprall ihres zarten, schlanken Körpers auf den spitzen grauen Stein hören musste…

Ich war heran und Falcon grinste mich nur schief an, ich sprang kurz vor ihm in die Höhe, drehte mich über den Rücken, in der Luft und jagte ihm meine Hacke ins Gesicht und zog mein Schwert nach um ihn den Kopf von den Schultern abzutrennen. Blut sprudelte aus dem nun kopflosen Torso und ich fühlte – nichts, keine Befriedigung, einfach nichts…

Ich merkte nicht mal, dass noch mehrere Männer mit Bögen auf mich zielten und ein Mann im dunklen Priestergewand auf mich zukam - der Inquisitor. Seine Stimme klang rau.
 

„Ihr habt eine Hexe zur Flucht verholfen und einen ehrenwerten…“, ich unterbrach ihn in seiner kalten Rede.

„Keine Hexe, meine Verlobte und einen kranken Mann.“, er sah mich noch kälter an.

„Einen ehrenwerten Mann getötet, aber ihr seit Tempelritter, deshalb gebe ich euch eine Chance! Sagt wollt ihr leben, oder sterben, Chevalier Viktor von Ischas?“



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2007-09-09T17:01:54+00:00 09.09.2007 19:01
nicht schlecht?^^
aber warum ist er Tempelritter und hilft ihr? oder besser noch warum verlobt er sich mit ihr?
Und auserdem muss doch viktor als Tempelritter wissen was passiert wenn er ihr hilft.^^
Ja, ja und zu mir sagen ich muss üben.^^


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