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Cas - Die Geschichte eines Irken

...der aus dem Kollektiv ausgegliedert wurde
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Leta

Leta
 

Das Straßenbild von Leta wurde von fremdartigen Gebäuden und schmalen Gassen geprägt, die die ganze Oberfläche ausfüllten und zu großen Teilen unbewohnt waren. Ich begab mich zu einer der Hauptstraßen, die bereits voller Wesen der unterschiedlichsten Herkunft vollgestopft war. Keiner achtete hier auf den Anderen, es sei denn, dieser Andere war von schmaler Statur, hatte grüne Haut und schmale, schwarze Antennen.

Direkt an meinem ersten Tag auf Leta war ich von einigen Boodie Nen zusammen geschlagen worden. Segg hatte sie vertrieben, als ich schon bewusstlos war. So hatten wir uns kennen gelernt. Ich weiß nicht, warum er das getan hatte. Er hatte mir gesagt, dass er Boodie Nen nicht leiden könne, ich hatte nie weiter nachgefragt. Der Raum, in dem wir wohnten, gehörte mehr oder weniger Segg.

Khan hatten wir später aufgegriffen, als er sich in einer Kneipe mit einem grobschlächtigen Vor unterhielt, dessen Hörner unruhig zuckten. Jeder weiß, was das bedeutet und sucht schleunigst das Weite, doch Khan schien keine Ahnung gehabt zu haben, also hatten wir ihn trotz seiner Proteste hinaus gezogen. Ich weiß nicht, wie er es geschafft hatte, so ahnungs- und wehrlos zu überleben, noch habe ich je einen seiner Art gesehen, aber Segg und ich hatten Khan und vor allem seine Geschichten zu schätzen gelernt.

Ich hatte jedoch aus jenem ersten Tag eine Lehre gezogen, färbte sorgfältig meine Haut und trug immer eine Kopfbedeckung, wenn ich mich unters Volk mischte. Aber in der letzten Zeit half es immer weniger. Das Irkenimperium wurde immer mächtiger, die Bevölkerung des Planeten der Heimatlosen wuchs und mit ihr die hier herrschende Wut auf alle Irken. Die Nahrungsmittel wurden knapp, vor allem für jene mit speziellen Essgewohnheiten.

Durch die allgegenwärtige Frustration wurden häufig Wesen, die einem Irken auch nur annähernd ähnlich sahen, ermordet, verschleppt oder zumindest zusammen geschlagen. Jeden Tag hörte man die Klagen ihrer Gläubiger auf der Straße, die nun nie ihr Geld bekommen würden. „Die Meisten hier waren an Kriegen mit den Irken beteiligt und haben verloren. Weißt du, was das heißt?“ , hatte Segg mich einmal gefragt. „Dass ich auf der Hut sein muss.“ „Dass sie einen Hass auf alles entwickeln, das auch nur in entferntester Weise an die Irken erinnert. Sie erkennen dich allein schon an deinem Gang.“ „Meinem Gang?“ „Ja.“An diesem Abend war ich im Raum auf und ab gelaufen, um zu sehen, wie sich mein Gang von dem der Anderen unterscheidet. Er war etwas militärisch, aber war er so außergewöhnlich, dass man mich gleich daran erkannte?

Ich schreckte hoch und rief mich zur Wachsamkeit. Ich bewegte mich auf Feindesgebiet. Ich musterte die verbissenen Gesichter und versuchte Gefühle der Feindseligkeit wahrzunehmen. Die gab es in rauen Mengen, aber nicht ungewöhnlich viel.

Als ich an jenem ersten Tag durch die Gassen gelaufen war, war ich wie berauscht gewesen, weil ich feststellte, dass ich Gefühlsregungen mithilfe meiner Antennen wahrnehmen kann. Da die Irken recht gefühlskalte Wesen sind, war mir das vorher nie aufgefallen. Das hatte mir allerdings wenig genutzt, denn die Welle von Hass, die mir entgegen geschlagen war, hätte ich auch ohne diesen Sinn wahrgenommen. So lähmte sie mich nur und überflutete alle anderen Sinne. Bei der Prügelei rissen sie mir eine meiner Antennen bis zur Hälfte ab, ein unvorstellbarer Schmerz. Das war der Punkt gewesen, an dem ich das Bewusstsein verloren hatte.

Ich musterte die schmierigen Gebäude an den Straßenseiten, in denen einige Geschäfte waren, größtenteils für Lebensmittel, zu so absurd hohen Preisen, dass sie sich nur die reichen Bewohner, also die Politiker im Exil, die mit Taschen, vollgestopft mit Geld, hier angekommen waren, leisten konnten. Aber irgendwann würden auch diese Taschen leer sein und diese speziellen Einwohner um ihre Existenz kämpfen müssen. Wie alle anderen auch. Eigentlich war dies, auch, wenn ein Außenstehender nie darauf gekommen wäre, ein ´besseres´ Viertel, man ging sich häufiger aus dem Weg, als sich ständig anzurempeln. Was nicht hieß, dass man unversehrt umherschlendern konnte.

Ich zuckte leicht zusammen, als eine starke, mordlustige Welle an meiner Wahrnehmung zerrte, doch es war nur ein Streit vor einem der Geschäfte, ein hungriger, fauchender Drakk versuchte mit Zähnen und Klauen hineinzukommen. Ich beruhigte mich wieder ein wenig.

Wenn man sich weiter von der Hauptstraße entfernte, stieß man auf eher zwielichtige Geschäfte, in denen man Tarnungen für jede Lebensform kaufen konnte. Auch für Irken. Diese Läden waren allerdings genauso gut bewacht wie die Lebensmittelgeschäfte und die Preise ebenso unerreichbar. Es gab die erstaunlichsten Dinge: zusätzliche Köpfe, Antennen, Gliedmaßen mit allen nur denkbaren Funktionen, dauerhafte Hautfärbemittel, aber auch Amputationen wurden hier angeboten. Zu viele Hörner, Beine, Augen, Fühler? Kein Problem! Es hieß, dass sogar reiche Wesen anderer Planeten sich herablassen würden, zu diesem Ort zu reisen, um sich behandeln zu lassen und auch noch Unsummen dafür bezahlten. Es gab auch Verlängerungen der Beine oder des Halses, doch die konnte ich mir eben nicht leisten.

Ich quetschte mich ungeduldig an ein paar felligen Kreaturen vorbei, wer höflich ist, fällt sofort auf.

Was genau in diesem Moment geschah. Gerade, als ich in eine Seitenstraße einbiegen wollte, zerriss ein Schrei die Luft.

„IRKEN!“, rief jemand aus der Menge: „Ein Irke! Da! An der Ecke! Reißt ihn in Stücke!“

Ich ignorierte die Wellen von Wut und Panik, die meine Sinne bestürmten, fuhr sämtliche Krallen aus und schlug jeden um, der mir in den Weg trat. Ich rannte die Gasse hinunter und hörte das aufgebrachte Schreien meiner Verfolger. Ich spürte einen brennenden Schmerz, als sich etwas glühendes in meinen Rücken bohrte, ich ignorierte es und rannte weiter. Verwirrte Wesen aller Nationen kreuzten meinen Weg und wichen mit verzerrter Miene zurück, als ich ihre Haut, ihre Schuppen, ihre Federn durchschnitt. Ich rannte, halb in Panik, stürzte um Ecken und durch Löcher, bis die Stimmen leiser wurden. Ich rannte weiter, hier und da noch ein paar Wunden schlagend, wenn sich jemand mir in den Weg stellte, weiter, durch all den Dreck und die Panik, alle entsetzten Gesichter ignorierend, einfach immer weiter und weiter, bis ich halb besinnungslos schließlich an einer Häuserfront nieder sank und an ihr eine Blutspur zurückließ.



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