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Globetrotter

Wir brauchen keine Chemie, keinen Kompass, keinen Reiseführer, keine Landkarte... und kein Viagra!
von

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Reactio Insolitus - 2

Später Abend.

Wir hatten mit dem Vater dieser Kinder gesprochen, wobei 'wir' dann doch eher der Arzt war. Ich gewöhnte mich zwar an die Sprache und hörte einiges heraus, das ich dann einigermaßen verstand, aber das hielt sich auch in Grenzen.

Er meinte, der Bentley würde etwas länger repariert werden müssen.

Deshalb hatten wir eingewilligt, bei der Ernte zu helfen, um im Gegenzug dazu den Ochsenkarren und die Übernachtung in der Scheune zu bekommen.

In besagter Scheune standen wir nun und ich war gerade dabei, mich umzuziehen. Das Öl war mittlerweile mehr als unangenehm... Das Hemd konnte ich wohl vergessen, dachte ich, als ich es mir über den Kopf zog, um mich anschließend zu waschen.

"Sie sollten sich von einer Kuh abschlecken lassen, der Speichel wirkt bakterientötend."

"Das ist ja widerlich!"

Entgeistert drehte ich mich zu meinem Begleiter um.

"Wie kommen Sie darauf, dass ich das nötig habe, häh?", fuhr ich ihn an.

"Ich mein ja nur – war ein Vorschlag...", gab er zurück.

"Ja, ein verdammt blödsinniger! Ich hab Ihnen doch gesagt, Sie sollen die Klappe halten, wenn Sie eh nichts Gescheites sagen!"

"Das ist aber wirklich so...", fing er an.

"Das ist mir egal. Seien Sie bloß still...", unterbrach ich ihn zischend.

Ich drehte mich wieder zu der Schüssel mit dem Wasser herum und griff nach dem Lappen.

Also echt – wie kam der immer auf so was?! Da waren wohl einige Synapsen seines Gehirns nicht ganz richtig verbunden, dachte ich, während ich versuchte das Motoröl abzubekommen.

Was für eine Sauerei aber auch! Und dieser verdammte Bentley lief immer noch nicht! Ich hatte ja gewusst, dass dieses Auto uns nur Probleme machen würde.

Ich spürte den Blick meines Begleiters im Nacken.

"Was ist?", grollte ich, "Was glotzen Sie denn so?"

"Was denn... ist Ihnen das etwa peinlich?", kam es amüsiert zurück, dennoch schwang etwas Überraschung in seinem Tonfall mit – er hatte wohl nicht erwartet, dass es mir auffiel.

"Nein, es nervt!", knurrte ich.

"Och, geben Sie doch zu, dass Sie schüchtern sind!"

"Ich bin NICHT schüchtern!", fauchte ich und fuhr wieder zu ihm herum. Er quittierte das bloß mit einem breiten Grinsen und musterte mich provokativ auffällig.

"Sie haben es ja auch gar nicht nötig! Ich meine – bei dem Körperbau un--... umpf!!"

Ich hatte ihn mit dem nassen Lappen direkt im Gesicht getroffen.

"Halten Sie die Klappe! Tun Sie lieber was konstruktives, anstatt hier dämliche Sprüche zu klopfen!"

"Wie soll ich denn was Konstruktives tun, mein Bester? Es ist bald Nacht!", meinte er, nachdem er sich den Lappen vom Gesicht genommen hatte und sah mich fragend an. Ich stieß einen entnervten Seufzer aus.

"Sie könnten schlafen gehen, dann halten Sie wenigstens den Mund..."

Das war ja nicht auszuhalten...

"Ich bin aber noch gar nicht müde!", meinte er fröhlich und warf den Lappen wieder zurück. Ich fing ihn auf und drehte mich wieder um, um mich weiter abzuschrubben. Ziemlich hartnäckiges Öl, aber nach und nach ging es dann doch ab. Ein paar Flecken blieben, doch die würden mit der Zeit wohl wieder weggehen. Ich hängte den Lappen über den Rand der Schüssel und trocknete mich ab, bevor ich mich wieder zu ihm umdrehte.

Sein Grinsen wurde ein wenig breiter. "Na, jetzt sehen Sie ja wieder ganz anständig aus!", flötete er und musterte mich erneut. Allerdings blieb sein Blick an meinem Brustkorb hängen und sein Grinsen verblasste ein wenig.

"Oh. Was haben Sie denn da gemacht?"
 

"Ooooh!! Do handa! Fye, kiek amol do handa!"

"Herrgoetsakra, isch dat an Häusel!"

Auf Solveigs und Ursis laute Ehrfurchtsbezeugungen hob ich den Blick von der Lektüre über die Anatomie von Vampiren, über der ich bis eben gebrütet hatte, und ließ meinen Blick über den weiten, windgepeitschten Landstrich schweifen.

Und tatsächlich, nur etwa hundert Meter weiter weg, inmitten der gras- und blumenbewachsenen Ebene stand--...

"Wow, Kuro-rin, schauen Sie mal!"

Mein Begleiter ließ nur ein angesäuertes Knurren hören.

"Ich hab das verdammte Anwesen schon längst bemerkt, Sie taube Nuss!"

Ich seufzte und stopfte mein Buch zurück in den Rucksack. Also, das war ja mittlerweile nicht einmal mehr mit einer Infektionskrankheit vergleichbar, so wie sich Kurogane aufführte, seit wir in dieses Land gekommen waren.

Nun gut, vielleicht war er noch ein wenig genervt von der Fahrt mit dem Bydlo. Zudem war uns nur bis fünf Uhr am Morgen Schlaf vergönnt gewesen, bis uns Solveig und Ursi überfallen und aus der Scheune gezerrt hatten, um uns nach Molenvriendin zu bringen.

Die Kleinen waren solche knochenbrechenden Aufstehzeiten schon von der Ernte her gewöhnt- während Kurogane und ich uns nur unter vieltönigem Lallen und Sabbern ins Reich der Lebenden zurückbemühten, hatten die zwei uns mit Proviant versorgt, ihren Ochsen aufgezäumt, ihn vor das Bydlo gespannt und das Scheunentor aufgeschoben. Solveig schien mit dem Umgang von Zügel und Wagenrad bereits vertraut zu sein, denn sie lenkte den Karren stolz wie keine Zweite. Ursi hockte auf ihrem Schoß und hielt die ledernen Stricke ebenfalls mit seinen kleinen Händchen umklammert. Mittlerweile war es schon fast acht Uhr am Morgen, und wir waren gefahren, ohne anzuhalten. Wir hatten die Städte Delkjendijk, Rustigonte und auch Molenvriendin bereits passiert, denn man hatte uns erklärt, dass Noctua-san während der Zuchtsaison- die sich mit der Erntezeit überschnitt- auf seiner Zuchtanlage außerhalb von Molenvriendin logierte, die jedoch aufgrund ihrer Größe kaum zu übersehen sei.

Und das da hinten musste sie sein.

"Hyuuu! Na, was habe ich gesagt?", trällerte ich daher enthusiastisch, "Da, bitte sehr! Sie sind ein richtiger Glücksbringer, Schwärzli! Ein verzweifelter Gedanke von Ihnen, und schon taucht der Zielort vor unseren Nasen auf!"

"Klappe halten! Ich hab keine verzweifelten Gedanken!", fauchte er augenblicklich zurück, "Jedenfalls keine so verzweifelten wie Sie, wenn Sie mitten in der Nacht aufstehen und mich nicht schlafen lassen, nur weil Sie in Ihren bescheuerten Büchern lesen wollen!"

"Ich bin eben ein leidenschaftlicher Bücherwurm!", verteidigte ich mich sofort, "Außerdem sind Vampire interessant! Sehr interessant sogar! Sie sind mein Lieblings-Wissenschaftsgebiet! Sie sind--..."

"Ach ja? Und warum, wenn man fragen darf?"

"Ich finde es eben sehr exotisch! Beinahe magisch!", zwitscherte ich wohlgemut zurück, "I believe it's magic!"

"Ha- aaah!", fielen Solveig und Ursi sofort begeistert ein, denn wir hatten die letzten Fahrtstunden fast ausschließlich damit verbracht, uns gegenseitig unsere Lieblingslieder beizubringen- ich hatte dafür gesorgt, dass die beiden moderne Lieder wie Steam Machine und Magic kennenlernten, sie dagegen hatten eher mit volkstümlichen Stücken wie Sieh dich um, der Plumpsack geht rum oder Zehn Balkjebeeker mit dem Kontrabass aufgewartet- natürlich sehr zu Kuroganes Leidwesen.

"AUFHÖREN!!!"

"Wiesoooo?", kicherte ich fröhlich, "I believe it's magic!"

"Ha- aaah!"

"I believe it's magic!"

Mein Wegbegleiter tobte, wir drei lachten uns jedoch nur eins und trällerten weiter.

Singen machte eben Spaß- außerdem bot es eine gute Ablenkung.

Meine Gründe für mein reges Interesse an der Gattung der Vampire hatten Kurogane nicht im Geringsten zu interessieren.

Entweder würde er mich nur für komplett durchgeknallt erklären- oder Angst vor mir bekommen. Auch wenn ich letzteres rege bezweifelte, denn offenbar tauchte der Begriff 'Angst' in seinem Vokabular nicht auf.

Diese Tatsache war vielleicht auch der Grund für diese Narbe gewesen, die ich gestern abend unfreiwillig entdeckt hatte, und die sich über seine Brust den halben Bauch hinunter erstreckt hatte.

Man hatte anhand der bereits verheilten Einstiche zwar die fachkundige Hand des Arztes erkannt, der dieses Prachtstück behandelt und vernäht hatte, aber ein wenig stutzig hatte es mich ja doch gemacht.

Heiliger zellulärer Defekt, wo zog man sich nur eine Wunde wie diese zu? Ich hatte mir schon längst eingestehen müssen, dass es mich doch irgendwie interessierte, doch ich wusste ebenso, dass Kurogane es mir wahrscheinlich nicht ums Verrecken erzählen würde. Vielleicht war das ja bei dieser Expedition auf die Engelsinsel passiert?

Ich wurde jedoch in meinen betriebsamen Überlegungen unterbrochen, als Solveig die Zügel anspannte und somit ihren Ochsen, einen braven braunweißen Schecken, zum Stehen brachte.

"Do semmer!", verkündete sie stolz und zeigte auf das Grundstück der Noctuas, das jetzt keine zehn Meter mehr entfernt war.

Sechs schlanke Windmühlen aus Backsteinen säumten, in einem wabenförmigen Ring angelegt, das großzügige Anwesen und drehten sich knatternd im rauen Nordwestwind. Am Fuß jeder Windmühle erstreckten sich langgestreckte, niedrige Holzbauten mit Dächern aus kurzen, harzigen Holzrieten, die die Wabenform ergänzten und sich wie ein Ring um den mit Kies gestreuten Innenhof schlossen.

Das Hauptgebäude selbst war ein stattliches Fachwerkhaus aus blendend weißem Mörtelstein und dunklem Timberholz.

Einige wenige Schwärme aus Blaustreifeneulen zogen hoch oben im grauen Himmel ihre Kreise über dem Anwesen. Diese niedrigen Holzbauten mussten die Brut- und Schlafstätten der Eulen sein, während in dem Fachwerkhaus wohl die Noctuas wohnten.

"Gut betucht scheint er ja zu sein", stellte Kurogane treffend fest. "Hobt reachten Dank, meene Leebsten", sagte ich freundlich zu unseren kleinen Begleitern, während ich mir umständlich meinen Rucksack mit dem Nötigsten an Medizin auf den Rücken schnallte, "Gegen de Meddach kummen mr zo eurm Tulpefeld! Sait mr de Grias für eur Madder!"

"Maaket mer", erwiderte Solveig strahlend, "Maaket eure Sach, ond goede Morgen!"

"Goede Morgen", antwortete ich fröhlich und winkte unseren beiden noch nach, bis der Ochsenkarren in der Ferne allmählich wieder kleiner wurde. Mein Leibwächter schien sich- mal wieder- nichts aus derartigen Verabschiedungen zu machen, denn er befand sich schon längst auf dem Weg durch den weitflächigen Innenhof Richtung Hauptgebäude, sodass ich ihm wohl oder übel nachjappeln musste wie ein Dackel seinem Besitzer.

"Kur-... oho-... rin!!"

"Ich will nichts hören. Was ist los, gibt's hier keine Alarmanlagen? Nicht einmal Hunde?"

"Was Hunde gut erledigen, erledigen Blaustreifeneulen gleich dreimal so gut", erklärte ich wohlgemut, und tatsächlich dauerte es nicht lange, bis einige der über dem Anwesen kreisenden Eulenschwärme uns entdeckt hatten. Unter lautem Glucksen und Schuhuhen kamen sechs oder sieben Exemplare auf uns herabgeflattert und ließen sich misstrauisch auf unseren Schultern und Köpfen nieder, sodass wir jede einzelne Daunenfeder in ihrer ungewöhnlichen, blau-schwarzen Zeichnung erkennen und in ihre großen, irisierend dottergelb funkelnden Augen sehen konnten.

"Blöde Viecher!!", empörte sich Kurogane natürlich sofort, "Haut gefälligst ab! Wir haben nichts zu fressen für euch!"

"Besser hüten Sie Ihre Zunge", sagte ich lachend, "Die Strix Venetustria kann zwar nicht sprechen, aber dafür zuhören!"

"Mir doch egal!", keifte der Schwarzhaarige und versuchte vergeblich, eine besonders große Eule abzuschütteln, die sich in seinen Haaren festgekrallt hatte, doch sie schaukelte nur umher wie eine Gummipuppe und blieb sitzen, wo sie war. Ihr lautes Gurren und Girren hatte seine Wirkung ebenfalls nicht verfehlt- es vergingen nur einige wenige Minuten, bis die Tür des Fachwerkhauses aufging und ein pompöser, dunkelhaariger Mann hervortrat, offenkundig um nach der Quelle des Gurrens und Girrens zu suchen.

Er selbst hatte auch ein wenig das Aussehen einer dicken, missmutigen Eule- seine Stummelarme hingen herunter wie zwei lahme Flügel, er trug eine schwere Hornbrille, die seine Augen unnatürlich vergrößerte und deren Ränder von zwei buschigen, blauschwarzen Augenbrauen überwuchert waren. Wie ein kurzatmiger Pinguin kam er auf uns zugewatschelt. Seine Eulen erhoben sich sofort von unseren Schultern und flatterten zutraulich auf ihren Züchter zu.

"Das muss Noctua-san sein!", flüsterte ich meinem Leibwächter zu und winkte unserem potenziellen Kunden fröhlich zu.

"Goede Morgen!"

"Goede Morgen!", kam sofort die Antwort. Noctuas Stimme erinnerte eher an ein verstopftes Nebelhorn als an eine Eule, und als er uns erreicht hatte und mir die Hand schüttelte, zerquetschte er mir vor Herzlichkeit fast die Finger.

"Ah, da sans endlik, meen Leebster! Se send dr Dokter Fye de Flourite, neh? Mijn Naam isch Uil Noctua, mr kennat ons von meenem Poschtpapierle!"

"Dat isch just", bestätigte ich höflich, "Meen zwarter Kompl- Kurogane Koimihari- ond ik han dr Ihret Poschtpapierle kriagt und san gloich hergsaut, um Ihne zoem hulpen."

"Na heilix Blechle, det isch doch amol goed", erwiderte Noctua sichtlich erleichtert und zuckte ein wenig mit den Schultern, sodass sich seine Eulen gehorsam wieder von ihm abstießen und flatternd zu ihrem Schwarm zurückkehrten, "Ik han ja dr allerhand Leut zoe meh bschtellt, aber Se übertreffet denne ällemol! Na, kummatse, denn fanget mr gloich ah!"

"Was sagt der Kerl?", raunte Kurogane mir zu, nachdem sich der Dicke in Bewegung gesetzt hatte und uns nun in das Innere seines Hauses lotste.

"Er ist dafür, dass wir gleich anfangen", übersetzte ich ihm.

"Haben Sie denn schon eine Ahnung, was es sein könnte?"

"Das weniger. Symptome wie Ess- und Schluckbeschwerden sind bei sehr, sehr vielen Krankheiten an der Tagesordnung, und auf den ersten Blick scheint er mir ja doch ganz rüstig auszusehen..."

"Na toll", stöhnte Kurogane und patschte sich eine Hand vor die Stirn, "Sie haben also mal wieder keine Ahnung!"

"Was heißt da 'mal wieder' ?", empörte ich mich, "Ich hab gedacht, Sie mögen meine Vorträge nicht?"

"Das stimmt, aber wenn man nicht einmal weiß, was es sein könnte..."

"Ich habe schon längst meine Vermutungen! Und die Untersuchungen werden es zeigen, nicht wahr? Die Fakten sind die Bibel eines jeden Arztes, merken Sie sich das!"

Mein Leibwächter rollte nur mit den Augen, bevor er den Rucksack neu schulterte und sich in sein Schicksal ergab.

"Also schön, ich merke es mir. Und jetzt los. Diese fette Kreuzung aus Pinguin und Eule ist mir viel zu suspekt."
 

"Ihnen ist doch alles suspekt! Also, kommen Sie...", gab mein Begleiter ungerührt zurück und stiefelte dem Eulen-Pinguin hinterher.

In diesem Land waren wirklich alle Leute ein wenig komisch. Passen wir ja super hierher, dachte ich zynisch. Und dass ich kaum was von der Sprache verstand machte die Sache nicht besser.

Noctua führte und einen langen Gang herunter, bis in einen Raum, der wohl der Salon war.

Ziemlich groß das ganze hier, der Kerl schien wirklich Geld zu haben. Vielleicht würde ich dann auch mal endlich bezahlt werden. Darauf wartete ich nämlich schon viel zu lange.

Während Fye den Pinguinverschnitt bat, sich zu setzen um Untersuchungen anzustellen, sah ich mich ein wenig im Raum um.

Viel gab es ja nicht zu sehen. Zumindest für meinen Geschmack nichts interessantes.

Ein paar Gemälde – auf den Meisten waren Eulen - , offensichtliche teure Möbel aus edlem Holz, einen Läufer auf dem Boden und ein Kronleuchter, der von der Decke hing.

Ich wandte mich also wieder Fye zu.

Der schien ein wenig ratlos zu sein. Anscheinend hatte er immer noch keine Gründe für die Symptome gefunden.

Aber das Erscheinungsbild von Noctua hatte sich gewandelt, seit wir hier drin waren.

Er schniefte und hustete und er hatte tränende Augen. Mir sah das aus wie eine Erkältung.

Das schien mir aber nicht so dringend zu sein, wie das Telegramm angegeben hatte! Und dafür der ganze Stress? Ich stieß ein leises missmutiges Knurren aus.

"Oes de bare Hemml, emmr woen ik de Hof promeniert hänn!", meinte der Eulenpinguin gerade verschnupft. Anscheinend hatte Fye ihn gefragt, wann denn die Symptome auftraten. Nicht, dass ich ein Wort verstanden hätte, aber die Reihenfolge der Fragen, die der Arzt stellte war meistens dieselbe. Besagter nickte nachdenklich. "So... emmer buiten?"

"Nee... maar uf de Hof!"

"Also, was ist denn jetzt?!", wollte ich wissen und Fye sah zu mir.

"Er sagt, die Symptome treten immer nur dann auf, wenn er auf dem Hof ist!"

"Aha. Und haben Sie schon eine Ahnung, was es sein könnte?"

Er grinste breit. "Nein – nicht die geringste! Ich könnte Ihnen sagen, was es nicht ist."

"Das hilft aber auch nicht viel!“, grollte ich, "Für mich sieht das aus wie eine Erkältung!"

„Mein Lieber, eine Erkältung hat man aber nicht nur draußen!", meinte er altklug.

"Das weiß ich auch!", fauchte ich zurück, als er anscheinend Luft für weitere Erklärungen dazu holte.

Wenn es keine Erkältung war, was dann?

Der Kerl sah aus, als hätte er sich das Gesicht mit Brennnesseln eingerieben. Außer, dass die Pusteln fehlten...

Irgendwie kam mir das bekannt vor... eine Menge Pflanzen gab es hier ja und windig war es auch.

"Vielleicht ist es ja Heuschnupfen!", schlug ich genervt vor.
 

"Das bezweifle ich, mein Bester! Das deutet sich durch ganz andere Symptome an! Darüber hab ich Sie doch schon in Gakoshida aufgeklärt!"

"Bah!! Kann mich nicht erinnern!"

"Also, so langsam bekomme ich den Eindruck, Sie hören mir nie zu, sobald mal etwas Wissenschaftlicheres als Prügeleien oder unapetittliche Gemetzel an der Tagesordnung sind!"

"WAAS?!! Wollen Sie mir etwa unterstellen, ich wäre ein Haudegen?!"

Ich wackelte aufreizend mit den Augenbrauen.

"Uuuhuhuhh... soll ich auspacken, Kuro-mune?"

Die einzige Antwort war ein Knurren, als ob eine Gabel in einen Rasenmäher gefallen wäre, und ehe ich mich versah, hatte mich mein gewaltgeiler Leibwächter auch schon wieder beim Wickel. Noctua sah uns ein wenig befremdet bei unseren Sperenzchen zu. Mittlerweile hatten sich wieder vier jüngere Eulen auf seinen Schultern niedergelassen, offenbar gab es keinen Platz im Herrenhaus, an dem die Vögel sich nicht heimisch fühlten, und gaben für ihren Besitzer ein ansehnliches kleines Gurr- und Girrkonzert.

"Eh-... eh, meene Herrn, wennse denn so goed wäret ond-... ?"

"Ahahah-...", lachte ich unbeholfen und zappelte ein wenig in Kuroganes eisernem Griff, "Det müessetse entscholdigern, mr san halt noh geringfügijk müed von de lange Faahren, ond, ond-..."

Noch mitten in meinen- zugegebenermaßen etwas fadenscheinigen- Entschuldigungsversuchen hielt ich inne, als mir plötzlich etwas an Noctuas äußerem Erscheinungsbild aufzufallen begann.

Auf seiner krummen Eulennase ging auf einmal etwas vor sich, das man wohl in etwa mit dem Ausbrechen eines Vulkans im Zeitraffer beschreiben konnte. Gewissermaßen ein Mini-Ethna.

Eine kleine, rote Pustel bildete sich, der innerhalb kürzester Zeit eine ganze Kolonie ungesund glänzender Kumpane folgte. Seine Haut verfärbte sich wie ein frisch abgekochter Hummer. Schweißperlen traten auf seine Stirn.

Der pompöse Eulenzüchter schien ebenfalls zu bemerken, dass etwas mit ihm vor sich ging, denn er wurde sichtlich unruhig und befingerte nervös die befallenen Stellen mit seinen Fingern.

„Wat-… wat um de Kaiser sein Bart is dat?? Oh Goet!! Oh Goet,ik kriags schoh wiedr!! Oh Goet, Dokter, holpet Se mir!! Oh Goet, ik-…“

Weiter kam ihm nicht. Die Luft schien ihm einfach wegzubleiben. Mit einem rasselnden Geräusch kippte er Hals über Kopf von seinem Stuhl und zappelte wie ein hysterischer Weihnachtskarpfen auf dem Trockenen, während die Eulen teilweise unter erschrockenem Schuhuhen davonflatterten oder sich unsere Köpfe als Schutzhort erwählten.

Der Ethna auf Noctuas Gesicht breitete sich unterdessen munter aus.

Hatte ich so etwas nicht schon einmal gesehen?

„Oooh GOET!! Um Goetteswuilln,holpet Se mr doch!!“

In meinem Kopf überschlugen sich die medizinischen Formeln, während ich beflissen auf der Stelle abhüpfte, um meinen Leibwächter zur Hilfestellung zu animieren.

„Oh Gott! Oh Gott!! Oh Gott! Kuro-mune, schnell, kommen Sie, Sie müssen ihn beatmen! Reißen Sie ihm das Hemd auf!! Massieren Sie ihm die Brust! Ich denke solange!!“

„WAAAAAAAAAAS?!!“

„Kommen Sie schon, das ist doch nichts anderes als eine Fußmassage!“

„Was hat denn das schon wieder damit zu tun?! Jemanden bei den Füßen zu berühren ist doch ganz anders als-… als jemanden abzuschlecken!!“

„Im Gegenteil, das ist fast das gleiche! Haben Sie noch nie jemandem die Füße massiert?“

Noctua keuchte und zappelte wie ein alter Reiher. Kurogane schien das nicht zu stören. Er bedachte mich mal wieder mit einem seiner infernalischen Todesblicke.

„Wie sollte ich dazu kommen, häh?!!“

„Keine Ahnung, vielleicht waren Sie ja mal liiert und hatten-…“

Diese Worte schienen den grimmigen Schwarzhaarigen endgültig zum Überkochen zu bringen.

„TUN SIE LIEBER WAS!! Der Kerl da krepiert, und Sie stehen hier und reden über Fußmassagen!! Denken Sie nach, verdammt!!-… UND DU VERSCHWINDEST VON MEINEM KOPF, DU MISTVIEH!! Geh dahin, wo du hingehörst!!“

Mit diesen Worten packte er eine der Eulen, die sich in seinen Haaren festgekrallt hatten, unter den Flügeln wie ein gerupftes Huhn- und rammte sie, natürlich wie immer ohne meine Zustimmung, Noctua geradewegs in das rot glänzende, mit Pusteln besprenkelte Gesicht.

Die Eule kreischte. Noctua übertönte sie mühelos.

Unter anderen Umständen hätte ich meinen Leibwächter wahrscheinlich für diese Grobheit getadelt, doch nun war ich eindeutig abgelenkt, denn kaum, dass sich die Eule im Gesicht ihres Besitzers wiederfand, schien der Mini-Ethna auf dessen Stirn, Wangen und Nasen geradezu zu explodieren.

Die Bläschen quollen so stark auf, dass sie teilweise zerplatzten und wässriges Sekret über die Haut verspritzten, das Krebsrot bekam einen Stich ins Purpurne, und offenbar hatte er immer größere Schwierigkeiten mit dem Luftholen.

In meinem Kopf ratterte es, während Kurogane die Eule weiterhin unerbittlich in Noctuas Visage gepresst hielt.

Eine unerwartete Reaktion auf etwas völlig alltägliches. Federn fielen nicht in das natürliche Beuteschema des Immunsystems und reagierte daher mit Schwellung der Haut, Bläschenbildung, Atemnot-…

Und dann fiel der Groschen.

Ich starrte erst Noctua, dann Kurogane und dann die Eulen entgeistert an.

„Er-… er ist gegen seine eigenen Eulen allergisch?!!“



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Kommentare zu diesem Kapitel (9)

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Von: abgemeldet
2008-04-14T18:01:39+00:00 14.04.2008 20:01
>"Sie sollten sich von einer Kuh abschlecken lassen, der Speichel wirkt bakterientötend."

Im nächsten Kapitel erwarte ich eine erotische Szene mit einer Kuh :D
...Allein dieser Gedanke X'D

Und dann Fay, wie er diesen Leutchen da "Steam Machine" beibringt...om...xDD

>"...und versuchte vergeblich, eine besonders große Eule abzuschütteln, die sich in seinen Haaren festgekrallt hatte, doch sie schaukelte nur umher wie eine Gummipuppe und blieb sitzen, wo sie war"
Ich habe versucht, mir das bildlich vorzustellen. Sehr...sehr amüsant xD

Also, schönes Kapitel, das mit den Eulen hab ich relativ schnell vermutet...das kommt wahrscheinlich vom vielen Dr. House-gucken X'D
Bin gespannt, wies weitergeht :)
Von:  Yumeko
2008-03-31T19:59:19+00:00 31.03.2008 21:59
Diese Dialekte... oh man, aber sehr kreativ *~*
Mal was neues *lach*

Die Dialoge zwischen den beiden sind auch herzallerliebst XD
Jaja, was sich liebt das neckt sich... obwohl man manchmal denkt Kurogane würde ihn in der nächsten Szene sofort erschlagen *hust* ö_ö
"Its magic" *rumkuller* XD

Aber witzig, er hat nicht gemerkt das er genen seine eigenen Tiere...? o_o#
Armer Kerl, sehr armer Kerl ^^#
Von:  Schneeblume
2008-03-04T18:24:47+00:00 04.03.2008 19:24
Ach, was ich noch vergessen hab! *an Kopp hau*
Ich find den Namen Ursi total toll! xD
Von:  Schneeblume
2008-03-04T18:23:25+00:00 04.03.2008 19:23
Hallo ^^
Ui, ein neues Kapi *freu*
Ey, was dir alles einfällt. (Zum Beispiel die Sprachen immer.) Vor deiner Fantasie ziehe ich echt den Hut. Respekt.
Ich liebe diese Dialoge zwischen Kuro und Fye! xD Ich komm da ausm Lachen nicht mehr raus. Armer Kuro *fg*
Als ich die Symptome so gelesen hab, dacht ich mir so: Franzi, du alte Allergikerin,, pass uff, der ist auf seine Eulen allergisch!
...Joa xD... Wenns das wirklich is, dann sollte ich vielleicht doch über ein Medizinstudium nachdenken. *lach*
Freue mich auf ein neues Kapi!
Bye Franzi ^^
Von:  Lady_Ocean
2008-02-24T14:22:10+00:00 24.02.2008 15:22
*lach* Die Sprache! Die Sprache ist ja SO göttlich! Wo hast du diese Dialekte her? Gute Bekanntschaften?
Und auch das Medizin-Wissen... Ich habs ja gestern schon gesagt, das ist echt enorm! Wo hast du das nur her??? Medizinstudentin bist du wohl nicht, sonst wär dir das mit den Körperspendern nicht passiert und auch sonst sind das viel zu viele unterschiedliche Richtungen, als dass man das in zwei, drei Semestern schon alles wissen könnte, vermute ich (gibt ja noch 'nen Haufen anderer Sachen, die da gemacht werden).

Die FF ging bisher in eine ziemlich andere Richtung, als ich erwartet hatte. Nach der Charaübersicht dachte ich, dass Clow und seine Crew eine viel größere Rolle spielen. Gut, die FF hat ja praktisch erst angefangen, wenn man sich die Prozente anguckt, aber bis jetzt hatten die Piraten ja wirklich eine verschwindend geringe Rolle. Bin mal gespannt, welche Bedeutung sie in Zukunft noch bekommen werden.

Und diese ganzen Lebewesen! Voll drollig! Ich würd zu gern mal Bilder von Florian oder einem Ughl Bughl sehen (irgendwie kann ich mir den bloß als kleinen Goronen vorstellen...) oder all den anderen lustigen Viechern!

Und Kurogane...hier ist er ja wirklich von der extrem verbohrten Sorte! Hilfe, wie kann man nur pausenlos SO grantig sein! Und das wirklich allem und jedem gegenüber. Ein Wunder, dass die Leute ihn trotzdem alle so gern haben ^^. Aber ein paar herrliche Wortgefechte sind hier wieder mit drin. Das muss dir wirklich liegen. Aber es hat irgendwie was richtig Skurriles: Die zanken sich wie Geschwister oder ein altes Ehepaar und siezen sich dabei noch! Was für 'ne Welt *lach*!
Nyo, aber ich bin mal gespannt, wie lange Kuro und Fye sich noch vor einander (und damit auch vor uns *ächtz*) ausschweigen wollen, was jeweils ihre Vergangenheit betrifft.
Was ich sehr schön finde, ist, dass Fye auch seine ernsten Momente hat, wenn es wirklich hart auf hart kommt, wie die Operation der Harpyen gezeigt hat. Ich finde, charakterlich ist das eine große Bereicherung.

Lg
Ocean
Von:  BabyTunNinjaDrac
2008-02-22T21:14:30+00:00 22.02.2008 22:14
*lachz*
Es geht weiter *__*
Awww~ Big FReude *__*
ZUerstmal: xDDD Er ist echt gegen seine eigenen Eulen allergisch? Nee, oder? xDD~ Das ist ja mal was xD~ Eine Eule, die gegen Eulen allergisch ist xD
Aber Kuros Vorschläge, was der denn jetzt haben könnte, waren auch SUPER xD~ Ja, bestimmt, Heuschnupfen *drop*
Und Kuro hat eine Narbe auf seiner Brust? Oô~
Oha, ich bin ja mal gespannt, ob man noch mehr darüber erfährt ^^
Und diese SPrache - hach, ich liebe sie einfach xD~ Es ist so amüsant xD Und man versucht immer total, mit zu übersetzen xD~
Schreibstil ist wieder klasse ^^
Chuu
Von: abgemeldet
2008-02-19T22:30:16+00:00 19.02.2008 23:30
Juhuuuuuu~~ endlich nach...*nachrechne*..vier Monaten ein neues Kappi x3
Die versch. Sprachen in den Ländern, in denen sie reisen find ich immer wieder genial...*mir kamui vorstell, wie er so spricht* OMG! xDD
Sogar verstehen kann ich die Sätze...muss wohl an meinen Verwandten in Deutschland liegen, die reden nämlich auch so ähnlich :D
Übrigens würde ich auch zu gerne wissen, woher Kurogane diese Flecken bzw. Narben hat?
Der Teil mit der Eulenallergie war echt witzig *weglöl* Ich dachte mir ja schon sowas...*auch über ein bisschen Wissen verfüge* *hust* Will lieber nicht angeben..so viel weiß ich nämlich auch nicht^^°
Naja was ich sonst noch sagen wollte: MACH SCHNELL WEITÄÄÄÄÄÄ~R!! 8*///*8
Von:  Schreiberling
2008-02-19T14:56:15+00:00 19.02.2008 15:56
Hallo.
Die FF ist einfach klasse.
Vor allem mal die ganz andere Idee und die vielen verschiedenen Reiseorte.
Außerdem sind da noch so einige Geheimnisse zu lüften. Allein zu Fye selbst, der immer so tut, als könnte ihn kein Wässerchen trüben.
Fye als Doc ist zu knuffig und Kurogane erst.
Allein wenn ich dran denke, wie er Leibwächter geworden ist.^^

Das kleine Männlein, das Musik so sehr mochte, das fand ich so niedlich und wie sie an der Uni waren.
Es ist immer wieder ultrakomisch, wo die zwei sich überall zurechtfinden müssen.^^

Die Sprachen, die Leute und die Orte. Das ist wirklich alles prima ausgedacht und schlüssig. Hut ab!!!
Auch ein großes Lob für das viele ärztliche Hintergrundwissen, das Fye immer Preis gibt, damit Kuro was lernt.^^
Ich finde es schön immer mitzurätseln, was es denn sein könnte, wie auch wieder in diesem Kapi.^^
Doch diesmal bin ich auch drauf gekommen bevor die ganzen Hinweise kamen.

Ich freu mich schon auf das nächste Pittel und ich hoffe, dass es nicht zu lange auf sich warten läast, weil die FF einfach spitze ist.
VLG
Von:  Klayr_de_Gall
2008-02-19T12:14:34+00:00 19.02.2008 13:14
Olé!!
Endlich gehst weiter~
*begeisterung put*
Geil wie immer! Und irgendwie wars ja am ende absehbar... oh man Eulenalergie... der arme...
Diese komische ausländische sprache bereitet mir echt verwirrung. *lach*
Macht bitte BITTE diesmal schneller weiter~
*gespannt auf das nächste kappi hoff*

*knuffls*
Klayr


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