Kap.2
Kap.2
Die Sonne schob sich langsam über den Horizont und färbte alles in rötliche und goldene Farben. Murtagh, der inzwischen wieder zum Unterschlupf zurück gekehrt war, hockte auf dem harten Boden und sah sich den Sonnenaufgang an. Er liebte diese Tageszeit. Die Dunkelheit und die Kälte verschwanden und machten dem erwachenden Leben Platz.
Als kleiner Junge war er immer extra früh aufgestanden, um sich die aufgehende Sonne anzusehen. Sein Zimmer erfüllte sich mit dem warmen, freundlichen Licht und ließ Murtagh für einen Moment all seine Qualen und Schmerzen vergessen.
Die Sonnenstrahlen kitzelten Murtagh im Gesicht und ein schüchternes Lächeln huschte über seine Lippen.
Doch plötzlich hörte er ein befremdliches Geräusch. Er wirbelte herum und zückte seinen Dolch. „Vorsicht!“, rief Eragon erschrocken aus, der direkt hinter ihm stand. Erleichtert ließ Murtagh den Dolch wieder sinken: „ Schleich dich nie wieder von hinten an, verstanden?“ Eragon, der etwas blass um die Nase geworden war, nickte und setzte sich neben seinen Gefährten: „ Ich bin doch nicht lebensmüde. Du zerstückelst mich doch glatt.“ Eine Weile saßen die Beiden schweigend nebeneinander und betrachteten die aufgehende Sonne.
„Murtagh, kann ich dich mal was fragen?“, murmelte Eragon, während er mit einem Stock spielte. Wortlos nickte sein Gefährte. „Warst du eigentlich schon mal so richtig verliebt?“, fragte der Drachenreiter und hustete verlegen. Murtagh hob eine Augenbraue und sah Eragon fragend von der Seite an: „Wie kommst du denn darauf? Ich meine, in welchem Zusammenhang?“ Eragon bekam eine knallrote Gesichtsfarbe und zerbrach den kleinen Stock: „ Nun ja ... Ich glaube, ich habe mich verliebt.“ „Bitte? Und in wen?“, Murtagh wusste nicht so recht, was er davon halten sollte. Nicht nur davon, dass Eragon verliebt war, sondern auch im Allgemeinen von Liebe. „ Ähm ....“, der Drachenreiter warf Ayra einen verstohlenen Blick zu. Leise sog Murtagh die Luft zwischen den Zähnen ein: „Das ist nicht dein Ernst, oder? Das ist eine Liebe ohne Zukunft. Ich hoffe, dass weißt du.“ Das Strahlen aus Eragons Augen wich einem traurigen Ausdruck: „ Ja, aber ich kann es auch nicht ändern. Aber bitte sage es ihr nicht.“ Einen Moment lang herrschte betretenes Schweigen, dann seufzte Murtagh leise und fuhr sich mit der Hand durch sein Haar: „Nein... ich war noch nie verliebt“ „Ehrlich nicht?“, fragte Eragon erstaunt. „ Es gab nie eine Gelegenheit dafür.“, entgegnete Murtagh und spürte den bitteren Nachgeschmack seiner Worte auf der Zunge. „Das tut mir Leid...“, sagte Eragon leise, stand auf und ließ seinen Gefährten wieder alleine.
Murtagh musste auf einmal schmunzeln. Er wusste nicht warum, aber der Gedanke, dass er jemanden lieben würde oder umgekehrt, kam ihm völlig absurd vor. Er hatte auch nie das Verlangen jemanden nahe sein zu wollen. Er war in Sachen Liebe total unerfahren, außer wenn es um die körperliche Befriedigung ging. Bei dem Gedanken, wie viele Mädchen ihre Unschuld an ihn verloren hatten, musste er unwillkürlich grinsen.
Schlagartig holte Eragon ihn zurück in die Realität: „Murtagh!?“
Murtagh schreckte hoch: „Was?“ Eragon deutete ihm, rüber zukommen. Als Murtagh sich erhob, spürte er Saphiras Blick. Er hielt inne und sah sie abschätzend an: „Könnt ihr Drachen so was wie Liebe empfinden?“ Die Drachendame schnaubte und legte den Kopf schief. „Ja, das kann sie.“, lächelte Eragon sanft. „Sie fühlt immer das, was ich gerade fühle.“ Saphira brummte, blickte zwischen ihrem Reiter und Ayra hin und her und bekam einen besorgten Gesichtsausdruck. „Weiß sie es?“, fragte Murtagh. „Natürlich. Und sie meint, es sei hoffnungslos.“, entgegnete Eragon plötzlich verstimmt. Murtagh klopfte ihm auf die Schulter: „Sie hat Recht, mein Freund. Schlag dir die Elfe wieder aus dem Kopf. Diese Sache wird dich nur verletzen.“ Eragons Augen verengten sich: „ Woher willst du das denn wissen? Du warst doch noch nie verliebt!“ Damit ließ er Murtagh wütend stehen und wandte sich wieder der Elfe zu. Murtaghs Magen zog sich unangenehm zusammen und seine Kehle schnürte sich zu. Eragon hatte Recht. Was sollte er sich einmischen? Er hatte doch sowieso keine Ahnung von diesen Dingen. Er seufzte tief, ging zu seinem Nachtlager und fing an seine Sachen zu packen.
Kap.2 Ende