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In meinen Träumen

one-shot (HarryxDraco)
von

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one-shot

In meinen Träumen
 


 

Manchmal liege ich nachts lange wach.
 

In der Nacht ist die Welt so still, dass einem die banalsten Dinge auffallen. Dann höre ich das Brummen des Kühlschranks so laut, als wäre es ein Presslufthammer. Ich höre das Knacken der Heizung, das Ticken des Weckers, das entfernte Geräusch des Straßenverkehrs und das Schlagen meines eigenen Herzens.
 

Poch poch poch poch...
 

In Nächten wie diesen, wälze ich mich unruhig von einer Seite auf die andere und versuche an nichts zu denken, damit ich endlich entspannen kann und in den lang ersehnten Schlaf abdrifte. Aber natürlich funktioniert es nicht, an nichts zu denken, wenn man sich darauf konzentriert.
 

Noch einmal wechsle ich die Position und drücke meinen Kopf frustriert ins Kopfkissen. In letzter Zeit habe ich viel zu wenig Schlaf abbekommen. Das merke ich alleine schon daran, dass ich tagsüber unkonzentriert bin und mir die einfachsten Dinge schwerer fallen als sonst. Zum Beispiel die richtige Anzahl an Löffeln Kaffee in die Maschine zu geben. Meistens brauche ich dafür mittlerweile drei Anläufe. Aber auch wenn die Müdigkeit so tief in meinen Knochen sitzt, hilft sie mir jetzt nicht dabei, einzuschlafen.
 

Tick tick tick tick...
 

Manche Leute sagen, dass der Krieg einen verändert. Diese Leute haben sicherlich Recht. Das, was man dort erlebt, wird einen nie wieder loslassen. Viele Menschen kommen niemals über die traumatischen Erlebnisse hinweg, die sie in Kriegszeiten erlebt haben. Ob ich einer dieser Menschen bin? Vielleicht... ich weiß es nicht. Ich habe mir darüber niemals den Kopf zerbrochen. Das habe ich über andere Dinge getan.
 

Es gibt noch eine andere Sache, die einen genauso verändert und wenn man mich fragt, meine ich sogar, dass sie es noch mehr tut als alles andere.
 

Die Liebe.
 


 

* * * * * * * * * *
 


 

Im Krieg gab es nicht viele erfreuliche Momente. Fast jeden Tag ereilten uns neue Nachrichten über Verluste lieber Menschen und vernichteten damit einen weiteren Funken Hoffnung in uns. Verzweiflung, Krankheiten und Hunger machten sich breit und wir wurden von Tag zu Tag müder. Unsere Seite war nicht schwach, nur fehlte uns der entscheidende Schlag, um die dunkle Seite zu besiegen. Voldemort und seine Anhänger stellten sich als sehr zäh heraus und entwickelten eine unheimliche Gabe dafür, ihren Kopf in letzter Sekunde immer wieder aus der Schlinge zu winden, um sich zurückzuziehen und dann wieder mit einem schrecklichen Angriff aus dem Hinterhalt auf sich aufmerksam zu machen.
 

Hermine saß nächtelang in den unzähligen Bibliotheken Londons und zermaterte sich den Kopf über neue Strategien und besonders effektvolle Zauber, die wir vielleicht anwenden könnten. Ich bewunderte sie für ihr Durchhaltevermögen und ihren Einsatz. Selbst ich hegte schon den Gedanken, aufzugeben, aber das hätte ich ihr natürlich niemals gesagt.
 

Und dann kam der Tag, als es passierte.
 

Der Alarmzauber setzte sofort ein, als ein einzelner Todesser seinen Fuß auf den Asphalt vor Grimmauld Platz setzte. Das alte Haus meines Paten diente auch nach Dumbledores Tod weiterhin als Hauptquartier. Ein erneuter Fidelus-Zauber, den McGonagall ausgesprochen hatte, machte das Gebäude wieder für jedermann unsichtbar. Geheimniswahrer wurde Hagrid, der eher sein Leben hergegeben hätte als das Werk, das Dumbledore begann und nun durch uns fortgeführt wurde, zu zerstören.
 

An diesem Abend war auch ich in den Sicherheits-Trupp eingeteilt. In meinen Tarnumhang eingehüllt, ging ich mit den sieben anderen Zauberern hinaus auf die Straße. Nervosität machte sich breit. War es eine Falle? Vielleicht war der einzelne Todesser nur ein Spion oder einfach nur der Vorbote einer weiteren Gruppe Anhänger des dunklen Lords. Vorsichtig pirschten wir uns voran, die getarnten von uns deckten den anderen den Rücken.
 

Es regnete in Strömen und die kalte Luft der frühen Dezembernacht ließ meinen Körper zu der sowieso schon vorhandenen Anspannung noch steifer werden. Lange mussten wir nicht suchen. Nur drei Häuser weiter konnten wir schon eine einzelne Gestalt unter einer Straßenlaterne stehen sehen, die in einem langen schwarzen Umhang gewickelt war und der eine Kapuze tief ins Gesicht hing. Sie machte keine Anstalten, sich zu bewegen, was mich nicht sonderlich verwunderte. Also wahrscheinlich eine Falle... Mein Blick huschte zum Ende der Straße und auch zu den Straßenrändern. Mit gezogenem Zauberstab machte ich mich darauf gefasst, dass jede Sekunde Hagel von Flüchen auf uns einströmen würden... doch es geschah nichts.
 

Nach ein paar Momenten, die sich für mich wie eine kleine Ewigkeit anfühlten, sah ich, wie sich die blasse Hand der verhüllten Person bewegte und langsam, fast wie in Zeitlupe, nach oben zu der Kapuze langte. Sie glitt nach hinten und entblößte einen platinblonden Schopf, der in dem fahlen Licht der Laterne hell erstrahlte. Graue Augen waren auf einen Punkt auf der Straße vor ihr gerichtet und der Regen fraß sich langsam durch die feinen Strähnen und ließen sie nass werden und nach unten hängen.
 

Ich hatte Draco Malfoy seit dem Abend, als Dumbledore von Snape getötet wurde, nicht mehr gesehen. Er war zusammen mit dem Verräter geflüchtet und hielt sich seitdem versteckt. Es stand für mich - für uns alle - außer Frage, dass sie auf die feindliche Seite geflüchtet waren. Nur bisher hatten wir noch keinen der beiden wieder zu Gesicht bekommen. So stand er in jener Nacht vor uns, vom Regen durchnässt und wartete darauf, dass wir etwas taten.
 

Es war Moody, der den Entwaffnungszauber sprach, doch es stellte sich heraus, dass Malfoy keinen Zauberstab bei sich trug. Seine Augen hoben sich daraufhin ein wenig und er sah zu uns herüber. Er wirkte vorsichtig und auch ein wenig ängstlich.
 

„Ich bin gekommen, um mich zu ergeben und euch Informationen über den Aufenthaltsort des dunklen Lords zu geben“, hörte ich ihn sprechen. Seine Stimme zitterte gewaltig.
 


 

* * *
 

Malfoy wurde verhört, manchmal war ich dabei. Auch unter Einfluss von Veritaserum beteuerte er immer wieder, aus freien Stücken und eigener Überzeugung zu uns gekommen zu sein. Wir konnten ihn nicht wieder wegschicken und so nahmen wir ihn eher als Gefangenen auf. Die anderen ignorierten ihn gekonnt, verließen den Raum, wenn er eintrat und irgendwie tat er mir leid. Das war das, was mir wirklich Sorgen machte. Schließlich handelte es sich hierbei um Draco Malfoy, meinen Erzfeind aus der Schule, den Jungen, der Dumbledore verraten hatte und zu den Todessern gegangen war.
 

Aber er war auch der junge Mann, der den Mut gefunden hatte, dem dunklen Lord den Rücken zu kehren und unbewaffnet zu der anderen Seite zu gehen, um dieser wichtige Informationen über seinen ehemaligen Meister zu bringen.
 

Am Abend des dritten Advents saß ich mit Hermine und Ron vor dem Kamin im kleinen Lesezimmer. Es war schon spät und die meisten Ordensmitglieder waren entweder nach Hause gereist oder in ihren Schlafquartieren. Wir drei hatten den Abend dafür genutzt, wieder einmal ein wenig miteinander zu reden, da wir so selten alle drei gemeinsam im Haus waren. Meistens war einer von uns in irgendeine der Gruppen eingeteilt und für den Orden unterwegs. Je später es wurde, desto häufiger wurde Hermines Gähnen, bis sie schließlich irgendwann entschuldigend aufstand und meinte, dass sie endlich ins Bett gehen müsse. Mit einem fragenden Blick zu Ron brachte sie auch ihn zum Aufstehen und beide wünschten mir eine gute Nacht.
 

Ich selber war noch nicht in der Stimmung, ins Bett zu gehen. Während ich vor dem Kamin saß und die Flammen beobachtete, wie sie schlängelnd um die Holzscheide tanzten, drifteten meine Gedanken ab und ich ließ mich von der Wärme des Feuers einlullen.
 

Dass sich die Tür an diesem Abend noch einmal öffnete, bemerkte ich nicht. Erst als ich dieses komische Gefühl im Nacken bemerkte, dieses Gefühl, wenn man weiß, dass man nicht alleine im Raum ist, ließ mich aus meinen Gedankengängen aufschrecken und in den Augenwinkeln eine Person sehen, die sich auf dem einen Sessel niederließ, der auf der anderen Seite des Kamins stand.
 

Es war Draco Malfoy. Er sah mich nicht an. Auch er starrte in die Flammen. Er trug bereits seinen Pyjama. Er saß dort tief im Sessel, seine Arme um seine Beine geschlungen und wirkte kindlich und verloren. Ob er sich so alleine fühlte, wie er auf mich wirkte? Er schien nichts sagen zu wollen und saß einfach dort, betrachtete das Feuer und biss sich auf die Unterlippe. Ich war in seinem Anblick gefangen. Natürlich musste er meinen Blick auf sich spüren und so sah er für eine Sekunde schüchtern zu mir herüber, bevor er wieder in das Feuer sah.
 

„Stört dich meine Anwesenheit?“, fragte er schließlich und klang dabei sehr müde. „Wenn du willst, werde ich wieder gehen. Das ist es, was die meisten hier von mir wollen.“
 

Seine Worte waren sehr zweideutig und ich fragte mich, was er damit wirklich meinte. Meinte er nur, ob er jetzt und hier verschwinden sollte oder glaubte er, ich wolle, dass er den Orden wieder verließe und irgendwo anders hinging. Egal wohin, vielleicht sogar zurück zu Voldemort.
 

„Nein, bleib ruhig hier sitzen. Ich möchte, dass du bleibst“, antwortete ich und sah ihn dabei an und bemerkte, wie sich seine Gesichtszüge entspannten.
 

Nur das Knacken des Holzes war dann zu hören und die Geräusche legten sich wie eine warme Decke um uns. Die Minuten verstrichen und es wurde nicht gesprochen. Ich sah ihn noch immer an, fragte mich zum hundertsten Male, was denn wohl wirklich in ihm vorging. Seitdem er hier angekommen war, geisterten seine traurigen, grauen Augen vor mir herum. Ich hatte sie zum ersten Mal richtig gesehen, als er verhört wurde. Man merkte, dass er sich nicht gegen die Wirkung des Zaubertrankes wehrte und all die Informationen über Voldemort aus freien Stücken preisgab. Aber er war am Boden gewesen. Zutiefst verängstigt und verzweifelt. Diese Augen ließen mich nicht mehr los.
 

„Warum bist du hierher gekommen?“, fragte ich nach einer Weile. „Warum tust du es jetzt?“
 

Auch wenn meine Stimme ruhig und leise war, ließ sie ihn etwas zusammenzucken. Seine rechte Hand legte sich reflexartig um seinen linken Unterarm, wo sich das dunkle Mal befand. Er schloss die Augen und schluckte.
 

„Ich wollte es schon länger tun“, antwortete er leise und holte noch einmal tief Luft, bevor er fortfuhr. „Es gab für mich niemals eine Wahl und für mich war es auch normal, sie nicht zu haben. So bin ich erzogen worden. Die Entscheidungen meines Vaters wurden niemals in Frage gestellt.“
 

Es war überraschend, dass Malfoy so etwas Persönliches über sich erzählte. Ich entschied mich, nichts darauf zu erwidern und wartete, ob er mir vielleicht noch mehr erzählen wollte. Auf meine Frage hatte er noch nicht wirklich geantwortet. Er rutschte ein wenig auf dem Sessel umher und schien mit sich im Zwiespalt zu sein, ob er wirklich weitererzählen sollte.
 

„Potter, ich glaub's echt nicht, dass ich das alles ausgerechnet dir erzähle... aber die anderen wären schon längst abgehauen. Weißt du überhaupt, dass du der Erste bist, der mich etwas fragt, ohne mir vorher Veritaserum zu geben?“ Draco lächelt traurig und ich erwidere sein Lächeln ein wenig. Wahrscheinlich aus Mitleid.
 

„Kurz bevor Dumbledore starb, hatte dieser mich vor die erste Wahl meines Lebens gestellt. Er hatte geglaubt, dass ich nicht in der Lage wäre, einen Menschen zu töten. Er glaubte, dass ich mir nur etwas vormachen würde. Und weißt du was, Potter? Er hatte Recht. Ich konnte es nicht tun und vor allem wollte ich es auch nicht. Ich war dumm gewesen. Ich hätte sofort erkennen müssen, nachdem mich sein Angebot so durcheinander gebracht hatte, dass ich mein Leben lang in die falsche Richtung gedrängt wurde. Ich hätte auf mein Herz hören und dem alten Mann vertrauen sollen. Aber ich hatte noch immer versucht, die kleine Stimme in meinem Kopf zu ignorieren und hörte stattdessen die Worte meines Vaters, der mir sagte, was sich als Malfoy gehöre und dass mein Platz an der Seite des dunklen Lord vorherbestimmt sei.“
 

Malfoys Finger gruben sich während seiner Erzählung tief in seine Pyjamahose. Es sah so aus, als ob es ihm nicht leicht fiel, von den Ereignissen des Abends zu erzählen.
 

„Als die anderen Todesser kamen, Snape dann schließlich auftauchte und Dumbledore tötete, wurde mir die Entscheidung abermals genommen. Ich war wie betäubt, rannte ihm hinterher, während in meinen Ohren immer noch die Worte des alten Mannes nachhallten. Ich hätte in dieser Nacht alledem entfliehen können, ich hätte vielleicht Dumbledores Tod damit verhindert und vielleicht wäre der dunkle Lord jetzt schon besiegt. Es war alles meine Schuld. Während der letzten eineinhalb Jahre hatte ich viel Zeit, meine Handlung in jener Nacht zu bedauern. Immer mehr wurde mir bewusst, wie sehr ich die Taten unseres Meisters verabscheute und begriff, wie viel Schmerz und Sünde seine Anhänger für ihn auf sich nahmen, sie von ihm aber nie etwas zurück bekamen. Dann hatte ich endlich meinen Entschluss gefasst. Ich wollte meinen Fehler wieder gutmachen. Daher machte ich mich auf die Suche nach euch.“
 

Gebannt hing ich an seinen Lippen. Draco Malfoy dachte, ich wäre in der Nacht auf dem Astronomieturm nicht dabei gewesen. Aber ich hatte damals sehr wohl mit eigenen Augen gesehen, wie er gezögert hatte, als Dumbledore ihm sagte, es wäre noch nicht zu spät, die Seiten zu wechseln.
 

Malfoy schüttelt seinen Kopf und zieht seine Beine etwas näher zu sich heran.
 

„Wie konnte ich nur glauben, dass ich einfach so zu euch gehen könnte? Hier halten mich alle für einen Verräter und ich kann euch noch nicht einmal dafür böse sein.“
 

Ich weiß nicht, was mich dazu brachte, aufzustehen und zu ihm zu gehen. Vielleicht war es sein Verhalten, dass so malfoy-untypisch wirkte...
 

Ich tat es einfach. Ich kniete mich vor ihn und legte meine Hand auf seinen Unterarm. Er zuckte zusammen und sah mich erschrocken an, doch er zog seinen Arm nicht von mir weg.
 

„Ich glaube dir, Draco“, sagte ich.
 

Ein unterdrücktes Schluchzen war zu hören und kurz darauf merkte ich das Gewicht des Ex-Slytherins auf mir. Er versuchte, zu verbergen, dass er mit den Tränen kämpfte und versteckte sein Gesicht in meiner Halsbeuge. Meine andere Hand legte sich wie von selbst auf seinen Rücken. Ich versuchte ihn zu beruhigen und strich immer wieder an seiner Wirbelsäule entlang. Ich wollte einfach, dass es ihm besser ging. Wir hatten alle soviel durchgemacht in der letzten Zeit und jeder hatte es verdient, etwas umkümmert zu werden. In dem Moment merkte ich, dass es mehr als nur Mitleid war, das ich für Malfoy empfand.
 

Sein Oberkörper zitterte in meinen Armen und er atmete mir schwer ans Ohr.
 

„Tut mir leid“, hörte ich seine gebrochene Stimme an meiner Seite. „Ich fühle mich nur so alleine.“
 

Ich fühlte mich auch alleine und vielleicht war genau das der Grund, warum ich mich genauso an ihm festhielt, wie er es in dem Moment mit mir tat. Ich senkte meinen Kopf und küsste ihn auf seine Haare. Sie fühlten sich genauso weich an, wie sie immer aussahen. Das schwere Atmen setzte für einen kurzen Moment aus und daraufhin sahen mich vom Weinen gerötete Augen überrascht an. Es war nicht der richtige Zeitpunkt für Erklärungen, denn ich verstand selber nicht, was mit uns in jenem Moment passierte und so kam ich dem Blonden mit meinem Kopf einfach näher. Kurz bevor meine Lippen die seinen berührten, hielt ich inne und wartete darauf, dass er das letzte Stück überbrücken würde.
 

Er tat es und das was ich dann fühlte, hätte ich niemals erwartet. Es war überraschend, es war so neu, aber vor allem war es wunderschön und ich wusste, dass ich niemals genug davon bekommen würde.
 

Seit diesem Abend hatte sich etwas gewaltig geändert. Man könnte sagen, dass es mich total erwischt hatte. Die Abende vor dem Kamin wurden zu einem festen Bestandteil des Tages und keiner von uns wollte ein einziges dieser Treffen missen. Wir mussten uns nicht verabreden. Jeden Abend, wenn ich das kleine Lesezimmer betrat, saß er entweder schon vor dem Kamin oder kam kurze Zeit später und leistete mir Gesellschaft.
 

Wir klammerten uns förmlich während dieser Zeit aneinander. Wir genossen es, jemanden nahe zu sein, der einen verstehen konnte. Wir fühlten uns beide allein, jeder auf seine eigene Weise, aber nicht, wenn wir zusammen waren. Nicht, wenn er mich in seinen Armen hielt, wenn er mich mit so viel Verständnis und Freundlichkeit ansah und ich am liebsten diese Momente für ewig angehalten hätte. Seine Küsse berührten meine Seele und ich zeigte ihm gerne ein Stück davon, genauso, wie ich die seine berühren durfte. Es war noch immer Krieg, aber für uns waren die Abende, die wir zusammen verbrachten, ein Stück Frieden.
 

Natürlich fiel es den anderen auf, dass wir so viel Zeit miteinander verbrachten und natürlich kam es heraus, dass Draco nicht mehr in seinem Zimmer schlief, dafür aber morgens mit mir aus meinem kam. Die anderen waren geschockt. Noch immer vertrauten sie Draco nicht, was mich wirklich wütend machte.
 

Draco machte es frustriert. Er wollte den anderen so gerne beweisen, dass er wirklich auf ihrer Seite stand. Er redete die letzte Zeit nur noch davon und ich fuhr ihm währenddessen durch seine Locken, bis er einschlief.
 


 

* * *
 

Ich wollte nicht, dass er es tat. Der Auftrag war gefährlich. Auch wenn er die einzige Person war, die dazu in der Lage gewesen wäre, es zu tun, wollte ich ihn nicht gehen lassen.
 

Doch Draco bestand darauf. Er wollte endlich auch den anderen Leuten im Orden zeigen, auf wessen Seite er stand und endlich richtig akzeptiert werden, wenn er von seiner Mission erfolgreich nach Hause kam. Draco kannte das Hauptquartier des dunklen Lords, er hatte schließlich sehr viel Zeit dort verbracht. Um eine wirkliche Chance gegen die Machenschaften der anderen Seite zu haben, brauchten wir mehr Informationen. Schweren Herzens und nachdem mich Draco förmlich auf Knien um mein Einverständnis gebeten hatte, willigte ich schließlich ein.
 

Die Tage, in denen er fort war und ich nichts von ihm hörte, waren für mich die Hölle. So viele Stunden saß ich alleine vor dem Kamin. Ich dachte an ihn und stellte mir vor, wie schön es wäre, wenn er bei mir gewesen wäre. Immer wieder sah ich ihn dort sitzen, wie an dem einen Abend, als ich zum ersten Mal sein wahres Gesicht sehen durfte.
 

Schon damals konnte ich in den Nächten nicht schlafen und verbrachte die Zeit lieber stehend am Fenster. Ich schaute in die Dunkelheit hinaus und hoffte insgeheim, dass ich Draco um die nächste Ecke einbiegen sehen würde und ihn zu Hause empfangen könnte. Die Nächte zogen sich dahin und Draco bog nicht ein.
 

Doch eines Nachts, als ich mal wieder schlaflos auf meiner Matratze hin und her rollte, hörte ich die Eingangstür zufallen. Grimmauld Platz war in diesen Tagen nicht voll besetzt. Nur Molly, Remus und ich waren zu der Zeit im Haus und ich wunderte mich, warum einer der beiden zu dieser späten Stunde noch aus dem Haus gehen wollte. Um der Sache auf den Grund zu gehen, schlüpfte ich in meinen Bademantel und huschte die Treppe herunter. In der Eingangshalle hingen Mollys und Remus` Mäntel an der Garderobe. Draußen lag hoher Schnee und ich glaubte nicht, dass sie einfach so hinausgegangen wären.
 

"Molly?... Remus?", rief ich etwas skeptisch und ging in Richtung Küche.
 

Doch die Küche war nicht beleuchtet. Ich fuhr mir durch die Haare und schaute den langen Flur entlang. Das Haus war wieder in Stille gehüllt und ich zweifelte an mir selbst, ob ich denn wirklich etwas gehört hatte. Wahrscheinlich war ich durch das Warten in den letzten Tagen schon so durch den Wind, dass ich mir schon Dinge einbildete. Ich beschloss, noch einmal in Mollys und Remus Zimmer zu schauen, bevor ich mich wieder ins Bett legen würde und stieg die ersten paar Stufen der Treppe hoch.
 

Mein Herz blieb fast stehen, als ich hinter mir ein Huschen hörte. Schnell drehte ich mich herum und konnte noch eine schwarze Gestalt ausmachen, die den langen Flur entlang Richtung Salon verschwand. Ein blonder Schopf war für den Bruchteil einer Sekunde im Licht zu sehen gewesen, dass von der Straßenlaterne durch die hohen Fenster herein schien.
 

„Draco, bist du das?“, rief ich erfreut und konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen. Wahrscheinlich wollte er mich einfach nur überraschen.
 

Auf Zehenspitzen folgte ich Draco zum Salon und lugte durch die nur angelehnte Tür. Der Mond warf lange Lichtfetzen auf den spiegelglatten Holzfußboden. Eine Gestalt stand gerade an der Verandatür und öffnete sie. Was hatte Draco vor? Als mir eine frische Brise in das Gesicht wehte, wusste ich, dass die Tür nun offen stand. Ich trat in den Salon ein und sah, wie mein Freund gerade in den Garten ging.
 

Lachend ging ich ihm hinterher und stellte mich in den Rahmen der Verandatür. Es hatte aufgehört zu schneien und der Himmel war klar. Abertausende von Sternen funkelten in dieser Nacht am Himmel. Es war wunderschön und als ich mich von diesem Anblick trennen konnte, bemerkte ich, dass auch Draco in den Himmel hinaufsah.
 

„Es ist so eine schöne Nacht“, flüsterte ich fast.
 

Draco blieb wie versteinert im Garten stehen und hatte mir noch immer den Rücken zugewandt. Sein Brustkorb hob und senkte sich stark und ich fragte mich, ob er bei seiner Mission verletzt wurde. Besorgt löste ich mich vom Türrahmen und ging auf ihn zu. Mit jedem Schritt knirschte der Schnee unter meinen Füßen.
 

Was darauf geschah, hätte ich niemals erwartet. Draco griff in seine Manteltasche und wirbelte dann mit erhobenem Zauberstab herum. Er sah mich wütend und auch eine Spur verzweifelt an. Seine Hand zitterte stark und ich verstand überhaupt nichts mehr. Ich ging noch einen Schritt auf ihn zu und konnte nun seine Augen im Mondlicht glänzen sehen. Sie sahen anders aus als sonst. Sie waren leer. Ich konnte ihn darin kaum wieder erkennen. Schon einmal habe ich in solche Augen gesehen. In diese Leere... in diesen Wahnsinn... Imperius...
 

„Bleib weg von mir, Harry!“ Draco schloss seine Augen und man merkte, dass er mit sich selber kämpfte und sich gegen den Fluch auflehnte, der auf ihm lag. Ich bemerkte, dass seine linke Hand zu einer Faust geschlossen war.
 

Man sagt mir nach, dass ich mutig sei und in gefährlichen Situationen oft mit Kurzschlussreaktionen handelte. Vielleicht war dieses einer dieser Momente, als ich noch ein Schritt weiter auf ihn zuging, obwohl er unter dem Imperiusfluch stand. Ich wollte ihm so gerne vertrauen und ich wusste, dass ich es konnte.
 

„Harry, nicht...“
 

Er sah mich wieder an und ich bemerkte, wie sich eine Träne in seinem Augenwinkel bildete. Sein Körper zitterte. Ich wusste, wie schwer es war, sich gegen den Fluch zu stellen.
 

„Konzentrier dich, Draco! Du bist stärker als der Imperius. Kämpf gegen ihn an!“
 

Draco stöhnte gequält auf und klammerte sich an seinen Zauberstab fest. Ich werde niemals vergessen, wie er mich ansah. Er wirkte hilflos und verzweifelt.
 

„Ich schaffe es nicht. Ich bin nicht so stark, ich kann nicht mehr“, brachte er unter zusammengebissenen Zähnen hervor. „Es tut mir so leid, Harry.“ Die Träne löste sich und lief seine Wange herunter.
 

„Draco, nein!“
 

Ich lief ihm jetzt entgegen. Ich musste ihn umarmen, für ihn da sein, ehrlich gesagt, wusste ich nicht genau, was ich vorhatte, aber ich wollte ihm helfen, irgendwie. Sein Gesicht versteinerte sich und er holte noch einmal tief Luft, bevor er den einen Zauber mit fester Mine aussprach.
 

„Avada Kedavra!“
 

Grelles grünes Licht, das aus seinem Zauberstab explodierte, brach die Schwärze der Nacht. Mich schauderte es, wie so eine sanfte Stimme, wie er sie besaß, alleine durch den Gebrauch dieser tödlichen Worte so hart klingen konnte.
 

Der Zauber traf nicht mich. Draco hatte den Zauberstab in letzter Sekunde auf sich selbst gerichtet. Ich sah ihn fallen. Er kippte langsam nach hinten in den tiefen Schnee, wo sich sein Haar wie ein Kissen auf die vielen weißen Kristalle legte. Seine Augen starrten regungslos in den winterlichen Nachthimmel.
 

Für einen Moment stand ich bewegungslos da und wollte nicht realisieren, was gerade geschehen war.
 

Draco war tot.
 

Ich kniete mich neben seine leblose Gestalt und merkte, wie die Barrieren in mir brachen. Meine Tränen bahnten sich ihren Weg und ich ließ sie gewähren. Ein Schmerz, so stark wie ich ihn noch niemals gespürt hatte, legte sich um meine Brust, um mein Herz und ich weinte. Ich weinte bitterlich und wollte niemals wieder von seiner Seite weichen.
 

Ich weiß nicht, wie lange ich dort neben ihm im Schnee gesessen habe. Die Kälte spürte ich nicht. Meine Finger fuhren über seine makellose blasse Haut, durch sein feines Haar, das nun durchnässt war. Ich beugte mich über ihn, umarmte ihn fest und wünschte mir so sehr, dass er diese Umarmung erwidern würde, aber das tat er nie wieder.
 

Dann blickte ich zu seiner Hand, die nicht mehr zu einer festen Faust geschlossen war. Ein Stück Pergament lag lose in seinem Griff und mit meinen zittrigen Fingern nahm ich es an mich und begann zu lesen. Es waren genaue Notizen über die Pläne Voldemorts. Draco hatte genau aufgeschrieben, wann und wo der dunkle Lord vorhatte, anzugreifen. Er hatte seine Aufgabe erfüllt.
 

Auf der Rückseite stand auch noch etwas geschrieben. Im Vergleich zur Vorderseite wirkte seine Schrift eckiger und ich hatte den Eindruck, dass er diese Nachricht entweder unter großen Schmerzen oder Qualen geschrieben hatte.
 

Harry,
 

Ich habe abermals versagt und bin aufgeflogen. Der dunkle Lord nahm mich unter Imperius, um dich ihm auszuliefern. Ich versuche es, aber seinem Willen zu widerstehen wird für mich von Minute zu Minute schwerer. Das dunkle Mal schmerzt die ganze Zeit und ich kann mir nur wünschen, dass diese Nachricht überhaupt bei dir ankommt, ohne vorher den falschen Leuten in die Finger zu gelangen. Ich hoffe, dass ihr die Informationen gebrauchen und sie sinnvoll nutzen könnt.

Es tut mir so unendlich leid, dass es so enden wird, aber ich denke, du wirst irgendwann verstehen, dass ich so handeln musste, wie ich es jetzt vorhabe.

Gerne hätte ich noch mehr solcher Momente mit dir geteilt, wie wir sie in den letzten Wochen erleben durften. Ich möchte sie nie wieder hergeben und danke dir dafür, diese Erinnerungen besitzen zu dürfen.

Bitte verzeih mir.
 

In Liebe

Draco
 

Ich werde niemals vergessen, wie Draco damals vor mir lag. Wie er mich verließ und eins mit der Nacht wurde, die ihn mir nahm. Die Farbe wich aus seinen Lippen, wie das Leben aus ihm gewichen war und mir blieb nur eine leblose Hülle, von der ich Abschied nehmen konnte. Ein letztes Mal legte ich meine Lippen auf seine und dieses Mal fühlte es sich so anders an. Sie waren kalt und reagierten nicht auf mich. Meine Tränen liefen mir in die Mundwinkel und ich fühlte das Salz auf meiner Zunge.
 


 


 

Lips are turning blue,

a kiss that can`t reniew,

I only dream of you, my beautiful.
 

(by Muse)
 


 


 

* * * * * * * * * *
 


 

Manchmal liege ich nachts lange wach.
 

Dann versuche ich verzweifelt einzuschlafen, um aus der Realität zu fliehen, weil in genau dieser alles so schmerzt. In dieser fühle ich mich so allein und besonders nachts scheint mich die Stille verschlingen zu wollen. Jedes Ticken des Weckers, jeder Schlag meines Herzens, die Dinge, die dann so laut erscheinen, erinnern mich daran, wie viel Zeit schon vergangen ist oder noch vergehen wird, in der er nicht hier bei mir sein kann.
 

Die leisen Geräusche, die er immer von sich gab, während er schlief, ließen mich wissen, dass alles in bester Ordnung war und leiteten mich wieder in den Schlaf zurück. Die Wärme, die von seiner Seite des Bettes ausging, ist nicht mehr da und stattdessen fährt meine Hand nun über ein kaltes und glattes Bettlaken, wenn ich hinüber greife. Manchmal tue ich es noch immer aus Reflex.
 

Die Zeit vor dem Einschlafen ist die schlimmste. Sie zieht sich so ellenlang hin, denn das hat sie so an sich, wenn man etwas kaum erwarten kann. Und so ist es. In meinen Träumen liege ich hier nicht alleine. In meinen Träumen erwartet er mich schon und schenkt mir eines seiner Lächeln, die mir so tief unter die Haut gehen.
 

Ich liebe es zu träumen, denn ich träume nur von ihm.
 

Ende



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Kommentare zu diesem Kapitel (12)
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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  seiyerbunny20
2013-07-29T12:40:04+00:00 29.07.2013 14:40
Das hast du sehr schön Gemach und auch traurig. Was mit Draco passiert ist amer Harry mach wieder so
Von:  _mariko_
2009-08-05T14:57:34+00:00 05.08.2009 16:57
Mein Gott wie Traurig das ist.Ich kann keinen geschweige denn beide sterben lassen.Aber ich bewundere immer die Leute die es können.Klar passiert ihnen in meiner Geschichte unendlich viel Leid aber am Ende kommen sie immer zusammen und sind glücklich.
Von:  _mariko_
2009-08-05T14:57:17+00:00 05.08.2009 16:57
Mein Gott wie Traurig das ist.Ich kann keinen geschweige denn beide sterben lassen.Aber ich bewundere immer die Leute die es können.Klar passiert ihnen in meiner Geschichte unendlich viel Leid aber am Ende kommen sie immer zusammen und sind glücklich.
Von: abgemeldet
2007-10-01T09:44:27+00:00 01.10.2007 11:44
T___T

ich hab die story schon ma gelesen, aber *heul*
wirklich schön ... und so traurig
Von:  Netari
2007-08-14T21:43:17+00:00 14.08.2007 23:43
taschentücher bereithalten, sagtest du? ja, ist echt keine schlechte idee. bisschen kitschig, aber soo schön und so traurig ;.;
Von: abgemeldet
2007-07-25T01:21:40+00:00 25.07.2007 03:21
Das is wirklich Traaaaaurig T__T aber es is auch wirklich schöön >///<
*schnieeef*
*sich n Taschentuch hol*
*sich die tränen abwisch*

SiNa T.T

Von: abgemeldet
2007-04-21T23:16:12+00:00 22.04.2007 01:16
traurig aber schön v.v Mach demnächst mal ein Happy End, oki? xD
schuschu
Von:  YuukiHongo
2007-04-21T22:41:57+00:00 22.04.2007 00:41
T.T *heul*
is das traurig .... aber sooo schön
Von:  Brooky
2007-02-10T11:39:12+00:00 10.02.2007 12:39
och herm....ist das traurig...das ist so schön :___:
Von: abgemeldet
2007-02-09T15:13:50+00:00 09.02.2007 16:13
*schnief*
da war echt traurig
aber schön geschrieben
*beide daumen hochhalt*


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