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When midnight knocks on the door

Ein Wirtschaftsseminar mit Folgen...(kapi 3 fertig, demnächst on)
von

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Tag 2

When Midnight knocks on the door
 

Hallihallo… Hier bin ich wieder mit dem zweiten Kapitel meiner Geschichte. Ich möchte mich auch ganz doll bei meinen Kommischreibern bedanken *um den Hals fall* und *durchknuddel*. Als ich die Kommis gelesen hab, hab ich mich gleich wieder an die Geschichte gesetzt und weiter geschrieben und das ist dabei rausgekommen. Ich hoffe es gefällt euch… Ach ja und noch mal danke an Sersee und mephistolino, die sich gleich nach ihrem Winterurlaub wieder an das Kapitel gesetzt haben und es korrigiert haben. *knuddel* Aber jetzt los…
 

[Ich öffne noch einmal die Augen, doch die Dunkelheit ist so dicht, dass ich nichts erkennen kann und ehrlich gesagt, verspüre ich nicht die geringste Lust, herauszufinden wer sich da gerade auf meinen Bettrand gesetzt hat. Die Müdigkeit hat aus mir ein gleichgültiges Wesen gemacht. Langsam tauche ich in einen tiefen Schlaf und bemerke nur noch ansatzweise, wie mir jemand sanft eine Haarsträne aus dem Gesicht streicht.]
 

KAPITEL ZWEI: TAG 2
 

Am nächsten Morgen erwache ich durch etwas Weiches und Warmes, das sanft meine Lippen streift. Es fühlt sich schön an. So schön, dass ich sofort gute Laune bekomme. Ich schlage die Augen auf, um zu sehen, wer mich schon so früh am Morgen verwöhnt. Ein Blick auf die Person über mir genügt und meine Laune ist wieder im Keller. Es ist nicht wie erhofft Collin, nein. Es ist Fynn, der mich jetzt, nachdem er mitbekommen hat, dass ich wach bin, mit seinem üblichen Lächeln begrüßt. Er weicht ein Stück von mir zurück, sodass ich mich aufrichten kann. “Morgen, Dornrösschen!”, sagt er und besieht sich genauer mein vor Wut und Angst verzerrtes Gesicht. “Was ist los?” “Kannst du mich nicht einfach in Ruhe lassen und dir ein anderes Opfer suchen?”, frage ich ihn und muss mich bemühen ruhig zu bleiben. Die Wut überdeckt meine Angst vollkommen und mein Verstand hat sich ausgeschaltet. “Verschwinde!”, schreie ich jetzt schon fast. Fynn Grinsen friert ein. “Was fällt dir ein, so mit mir zu reden?”, fragt er drohend. Ich schlucke. Das war wieder eine Aktion, die nur ich hinbekommen konnte. So habe ich Fynn noch nicht erlebt. Ich hocke vor Angst versteinert in meinem Bett und ihm scheint aufzufallen, dass er ein bisschen zu stark reagiert hat, um sein Ziel bei mir zu erreichen, denn im nächsten Satz spricht er wieder nahezu normal mit mir. “Warum bist du so wütend?” “Weil ich gehofft hatte, dich frühestens heute Abend, nachdem die Sonne untergegangen ist, wiederzusehen. Aber, dass du jetzt schon am Morgen kommst, nur um mit mir zu spielen…” “Oh, versteh ich das richtig, dass es dir lieber wäre, wenn Blondie hier an meiner Stelle säße und mit dir spielen würde?” Ich werfe Fynn einen bösen Blick zu. “Du glaubst nicht, dass er mit dir spielt? Wie naiv bist du? Es ist doch offensichtlich, dass er dich nur braucht, um an mich ranzukommen.” “Darf ich dir auch eine Frage stellen?”, frage ich ihn bissig. “Ja, klar!”, antwortet Fynn anscheinend ein wenig verwirrt, dass ich ihn das frage. “Du willst doch leben, oder?” “Ja, natürlich, ich glaube das würde fast jeder antworten, wenn du ihn fragst.” “Warum…?”, beginne ich, doch Fynn unterbricht mich. “Was hast du vorhin gesagt? Darf ich dir EINE Frage stellen? Das war sie!”, sagt er und grinst mich zuckersüß an. Mein Blick verdunkelt sich. “War ein Scherz. Was wolltest du sagen?”, sagt er hastig, als er meinen Blick bemerkt. “Wenn du schon die ganze Zeit weißt, dass ich nur der Köder bin, warum kommst du dann immer wieder zu mir?” “Weil ich keine weiteren dreihundert Jahre ohne mein Mädel aushalte!”, sagt Fynn in einen aufgebrachten Ton. “Warum kommst du dann zu mir?”, wiederhole ich meine Frage, diesmal aber bestimmter, “Amelie ist tot!” Fynn stutzt. “Woher weißt du von Amelie?”, fragt er verwirrt und mustert mich eindringlich. “Collin!” Mehr ist nicht nötig, um Fynn eine zufriedenstellende Antwort zu geben. “Hast du schon mal was von Reinkarnation gehört?”, fragt Fynn schließlich in seinem fast normalen Tonfall. Seine Wut auf Collin scheint er ziemlich gut unter Kontrolle zu haben. Sollte ich mir vielleicht von ihm abgucken… Aber nun zu seiner Frage… “Reinkarnation? Wiedergeburt?”, ich hab immerhin Kamikaze Kaito Jeanne gelesen, “Ja schon, aber was hat das damit zu…!”, ich breche ab. Jetzt verstehe ich, was Fynn damit meint und die Wucht dieser Nachricht würde mich glatt umhauen, wenn ich nicht schon im Bett sitzen würde. Ich soll die Reinkarnation von Fynns Amelie sein? “Bist du dir sicher?”, frage ich schließlich und blicke ihm direkt in die Augen. “Zu Siebzig Prozent! Ich bräuchte Blut von dir, um einen hundertprozentigen Beweis zu erhalten.” “Du hast mich schon gebissen! Warum hast du da nicht den Test gemacht?”, frage ich ihn vorwurfsvoll. “Ich hatte es vor, doch der Geschmack deines Blutes war so ungewöhnlich, dass er mich total berauscht hat. Das ist mir das letzte Mal passiert, als ich auf einer Reise durch China Opium in einer Pfeife geraucht habe. Und das ist gut dreihundert Jahre her!” “Du hast Opium geraucht? Wie bist du denn drauf? Aber mal was anderes: was ist, wenn ich nicht die Reinkarnation von Amelie bin? Was wirst du dann mit mir machen?” “Hm… Ich weiß nicht.” “Gestern wolltest du mich noch zu den Engeln schicken und heute weißt du nicht, was du mit mir machen sollst?” “Nun, ich war besorgt, da Blondie sich ganz schön an dich rangeschmissen hat und er Vampirjäger ist, dachte ich, du würdest dich ihm anschließen. Immerhin weißt du im Vergleich zu anderen ziemlich viel über mich.” “Ach und woher willst du wissen, dass ich mich jetzt nicht Collin anschließe?” “Du bist ein Dickkopf und nach seiner tollen Aktion, bei der er dir vorgespielt hat, er würde sich für dich interessieren, wärst du viel zu nachtragend, um dich ihm anzuschließen.” Ich betrachte ihn nachdenklich. Er hat recht. Genauso würde ich reagieren, doch woher weiß er davon? Bin ich tatsächlich die Reinkarnation von Amelie, die er ja ziemlich gut gekannt hatte? “Fynn, würde es dir was ausmachen, wenn du mich alleine lassen würdest, ich würde mich gern umziehen und dann zum Frühstück gehen, denn im Gegensatz zu dir, brauche ich noch was zum Essen!”, sage ich, schwinge mich neben ihm aus dem Bett und gehe durch das Zimmer zum Kleiderschrank. “Und ob es mir etwas ausmacht. Ich brauch noch Blut von dir!”, sagt Fynn, steht ebenfalls auf und folgt mir. “Nicht jetzt! Ich muss erst einmal etwas essen, um wieder auf meine normale Blutmenge im Körper zu kommen, da kannst du mir jetzt nicht noch mehr aussaugen, als du es ohnehin schon getan hast!”, versuche ich ihn umzustimmen. “Du tust ja gerade so, als ob ich dich wie ein Tetrapack leer getrunken hätte. Es ist nur eine kleine Menge. Nicht mal ein Milliliter!” “Nein!”, sage ich eindringlich und laufe aus seiner Reichweite, allerdings ohne Erfolg, denn auf irgendeine unergründliche Weise ist er an mir vorbei gehuscht und steht jetzt direkt vor mir. Ich drehe mich sofort auf dem Absatz, na ja eigentlich auf meiner Ferse, denn ich habe keine Schuhe an, um und will in die Gegenrichtung gehen, doch seine Hand umschließt blitzschnell mein Handgelenk und zieht mich zurück zu ihm. Ich pralle mit voller Wucht gegen seine muskulöse Brust und verliere das Gleichgewicht. Genauso schnell legt er seine Arme um meine Hüften und zieht mich an sich, damit ich nicht falle. In meinem Körper herrscht jetzt ein riesiger Adrenalinüberschuss und mein Herz schlägt wahrscheinlich doppelt so schnell, wie normal. “Nicht fallen!”, sagt er nun und blickt zu mir herunter. “Lass mich los!”, sage ich und versuche mich aus seiner Umarmung zu lösen. “Das selbe Spiel wie gestern…”, grinst Fynn und legt die Hand an mein Kinn. Er zieht es leicht in die Höhe, sodass ich ihn direkt ansehe. Er neigt den Kopf und Sekunden später spüre ich wieder die weichen Lippen, die mich vorhin geweckt haben. In meinem Kopf wird alles neblig. Ich kann nicht denken, spüre nur Fynns Kuss. Mein Widerstand erschlafft langsam, doch ein letzter Rest bleibt dennoch üprig. Fynn löst den einseitigen Kuss mit einem leichten Seufzen. “Warum musst du nur so verdammt stur sein. Lass es doch einfach geschehen. Ich spüre doch, dass es dir gefällt.” Ich starre in Richtung Boden, beziehungsweise auf Fynns Bauch, da ich direkt an ihm lehne und keinen Boden sehen kann. Ich versuche stur auszusehen, doch der eigentliche Grund, warum ich Fynns Blick meide ist, dass ich bei seinen letzten Wort leicht rot angelaufen bin und das triumphierende Gefühl will ich ihm nicht geben. Fynn seufzt noch einmal, doch diesmal genervt. Er zieht meinen Kopf wieder in die Höhe und drückt ihn leicht zur Seite. Anscheinend ist ihm jetzt egal, ob es mir weh tut oder nicht. “Au… Fynn das tut weh!”, sage ich doch ich ernte nur ein “Sei still!” in einem ziemlich sauren Ton. Er neigt seinen Kopf zu meinem Hals und ich spüre seinen Atem, der mir die Nackenhärchen in die Aufrechte treibt. Seine Zähne streifen an meiner Halsschlagader entlang. Langsam beißt er in mein Fleisch und ich bemerke das altbekannte stechende Gefühl am Hals. Ich spüre förmlich, wie die Wärme meinen Körper verlässt und ich erschaudere. Doch so schnell wie er zugebissen hat, löst er sich auch wieder von mir. Einige Bluttropfen hängen auf seinen Lippen und geben ihnen einen roten Schimmer. “Und?”, frage ich und blicke ihm direkt in die Augen, um eine Antwort aus ihnen lesen zu können, doch man kann in ihnen genauso viel lesen, wie in einem kleinen, zugefrorenen Dorfteich. Fynn öffnet den Mund, um etwas zu sagen, doch im selben Moment fliegt meine Zimmertür auf. “Du miese alte Fledermaus, lass gefälligst die Finger von meiner Freundin!”, schreit Kraven, der die Situation blitzschnell erfasst hat, doch Fynn lässt sich davon keineswegs beeindrucken. “Ich sage es dir später!”, antwortet er auf meine Frage, berührt mit seinen Lippen für Millisekunden meine und lässt mich dann los. Er geht in Richtung Tür und muss zwangsläufig an Kraven vorbei. Dieser hatte den Kuss zornerfüllt betrachtet und sieht Fynn jetzt mit dem selben Blick an. Fynn bleibt vor ihm stehen “Genieß die Zeit, die du noch mit ihr hast, denn lange wird sie nicht mehr deine Freundin sein.” Mit diesen Worten verlässt Fynn den Raum und ich bin mit Kraven allein. “Was sollte das denn?”, fragt er mich jetzt wütend. “Woher soll ich das wissen. Ich kann mich auch nicht in einen Vampir hineinversetzen!”, antworte ich ihm ebenso gereizt und beginne jetzt einen Pullover, eine Hose und diverse andere Kleidungsstücke aus dem Schrank zu holen. “Lass gefälligst die Finger von ihm. Du bist meine Freundin!” Bei diesen Worten wirbele ich herum und blicke ihn zornerfüllt an. “Du tust ja gerade so, als ob diese Aktion von beider Seiten Einverständnis, also von Fynn und mir aus, gelaufen wäre!” “So kam es rüber!” Kraven hat jetzt seinen trotzigen Ton aufgelegt. “Dann such deine Brille! Fynn hatte mich voll in der Mangel, da hatte ich keine große Möglichkeit mich zu wehren. Glaubst du mir macht das Spaß, andauernd gebissen zu werden?” Während ich das sage, huscht Kravens Blick zu meinem Hals und er entdeckt einen neuen Biss. Seine Wut scheint sich zu legen. Er kommt langsam auf mich zu und betrachtet sich die Wunde. “Das sollte sich wirklich jemand ansehen! Komm wir gehen zu Waldenburg!”, sagt er, nimmt meine Hand und will mich aus dem Zimmer ziehen. “Lass uns lieber zu…” Collin gehen, wollte ich eigentlich sagen, doch eben fallen mir Fynns Worte wieder ein: ‘Du glaubst nicht, dass er mit dir spielt? Wie naiv bist du? Es ist doch offensichtlich, dass er dich nur braucht, um an mich ranzukommen.’ “…Ach es geht schon. Warte kurz.”, sage ich zu Kraven und wühle kurz in meiner Tasche und ziehe zwei Pflaster aus dieser. Ich trete vor den Spiegel und klebe mir die Pflaster auf die Bisse, da der eine noch blutet und die Bisse an sich schon sehr merkwürdig aussehen und ich unangenehme Fragen vermeiden will. Kraven sieht mich nicht ganz überzeugt an. “Sicher?”, fragt er und beäugt mich misstrauisch. “Ja, es geht schon!”, sage ich und lächele ihm entgegen. Zusammen gehen wir aus meinem Zimmer und den Gang entlang. Die hölzerne Treppe knarrt, während wir dem immer lauter werdenden Geräuschen von Tellerklirren und Gesprächen folgen. Das Speisezimmer ist schon relativ voll. Auch Tine, Fab, Becky, Joel und Moritz sitzen bereits an einem Tisch für acht Personen. Kraven und ich gehen zu ihnen. “Morgen!”, sage ich und versuche fröhlich zu klingen. Ein toller Morgen ist das bis jetzt, wirklich, “Ihr hättet ruhig etwas sagen oder warten können.” “Wir wollten warten, doch Kraven hat gesagt, dass er dich abholt!”, sagte Fab und nickte Kraven zu. “Achso, gut!”, antworte ich nur und schnappe mir den Teller vom Platz neben Moritz und mache mich auf, dass Büffet zu entern. Ich sehe noch aus den Augenwinkeln, wie Kraven den Teller neben meinem Platz nimmt und die Verfolgung startet. Beim Büffet angelangt betrachte ich mir die Auslagen und beginne meinen Teller zu beladen. Nachdem ich ein paar mal an diesem auf und ab gegangen bin, gehe ich zu den anderen zurück. “Du hast dir ja ganz schön was vorgenommen!”, stellt Moritz grinsend fest, als ich mich wieder neben ihn setze. “Kaffee, Fine?”, fragt Becky und hält mir eine Kaffeekanne entgegen. “Nein, heute nicht.”, antworte ich. Mit dem Adrenalinschock, den mir Fynn vorhin verpasst hat, werde ich wohl den ganzen Tag ohne Kaffee oder irgendwas anderes Wachmachendes auskommen. “Wow, was ist denn passiert, dass unsere Lorelai Gilmore keinen Kaffee will?”, frage Joel verblüfft. “Mir wurde heute morgen von einem gewissen jungen Mann mit unnormal langen und spitzen Eckzähnen ein Besuch abgestattet.” “Fynn war da?”, fragt Tine entsetzt. “Ist was passiert?” “Ich bin etwas Blut losgeworden, sonst nichts!” “Er hat dich wieder gebissen?” Ich nicke nur, weil ich mir gerade die letzten Reste meines Brötchens in den Mund geschoben habe. “Warum wehrst du dich nicht?” “Wie kommst du darauf, dass ich mich nicht wehre? Glaubst du mir gefallen die Bisse? Aber Fynn ist einfach zu stark, da komm ich nicht gegen an!” “Ist doch auch egal, oder? Solange es Fine gut geht! Geht es dir gut?” “Ja, es geht schon. Man gewöhnt sich daran.”, sage ich schulterzuckend. “Guten Morgen!”, sagt eine Stimme direkt hinter mir. “Morgen Collin!”, sagt Becky und lächelt der Person hinter mir zu. “Möchtest du dich nicht zu uns setzen?” “Klar! Mann, bin ich froh, dass es noch etwas zu essen gibt. Ich habe nämlich verpennt.” “Das Frühstück ist in einer zwanzig Minuten zuende, also würde ich dir raten nicht so viel zu quatschen und dir lieber was zu spachteln zu holen!”, grinst Moritz. Collin verschwindet für gut eine Minute und kommt dann ebenfalls mit einem vollen Teller wieder und setzt sich mir gegenüber auf den einzigen noch freien Platz. “Woh, Fine! Sitzt du schon die ganze Zeit hier?”, fragt er, als er aufsieht. “Ja, eigentlich schon!” “Da habe ich dich ja glatt übersehn, Sorry!” “Ich bin kein VIP, der es dir übel nimmt, wenn man ihn übersieht!”, antworte ich ihm tonlos. Irgendwie mag bei mir keine glückliche Stimmung aufkommen. Fynns Worte hallen immer noch in meinem Kopf wider. “Collin, Fynn hat Fine schon wieder gebissen!”, sagt Tine jetzt. Ich werfe ihr einen bösen Blick zu. Eigentlich sollte Collin das nicht erfahren. Ich will sein besorgten Blick nicht sehen, wenn er um seinen Köder fürchtet und meide seinen Blick. “Fine?”, fragt er und ich hebe gezwungenermaßen meinen Kopf und blicke ihn genervt an. “Ist es schlimm?”, fragt er und sieht mich beunruhigt an. Dieser Blick regt mich auf, doch ich unterdrücke meine Wut und schüttele den Kopf. “Ich sehe es mir nachher mal an, okay?” “Von mir aus!”, sage ich mies gelaunt und trinke den letzten Rest meines Orangensafts aus. “Wann geht das Planspiel los?”, frage ich und erhebe mich. “In einer halben Stunde. Was hast du vor?” “Ich gehe noch einmal kurz in mein Zimmer. Was nachsehen…” “Du solltest nicht allein gehen! Wer weiß, wann Fynn wieder auftaucht.” “Ich glaube nicht, dass er so schnell wieder auftaucht. Immerhin hat er mir erst vor einer halben Stunde Blut abgezapft.” “Trotzdem…” “Ich komme mit!”, sagt Joel und erhebt sich ebenfalls. “Dann los! Sagt Kraven, wenn er wieder da ist, dass ich in meinem Zimmer bin, sonst dreht er noch vollkommen durch.”, sage ich und betrachte Kravens leeren Stuhl. “Machen wir!” Joel und ich verlassen die Gruppe und gehen schweigend zurück zu unseren Zimmern. “Was willst du eigentlich nachsehen?”, fragt Joel schließlich, als wir vor meiner Tür stehen. “Ich will nachsehen, ob sich Tim gemeldet hat. Er ist ja gestern nach Kanada geflogen und hat versprochen, dass er sich bei mir meldet, wenn er angekommen ist.”, sage ich und betrete mein Zimmer. Das ist zwar nicht ganz das, was ich nachprüfen will, aber es scheint ausreichend, um Joel zufrieden zu stellen. In Wirklichkeit habe ich gehofft, dass Fynn da ist, um endlich eine Antwort zu bekommen, ob ich nun die Reinkarnation von Amelie bin, oder nicht. Aber außer mir und Joel ist niemand da. Auch keine Nachricht oder sonst irgendein Zeichen, dass Fynn hier war. Während ich mein Handy anschalte sehe ich zum Fenster. Es ist ein ganz anderer Tag, als gestern. Der Himmel ist strahlend blau und die Sonne scheint kräftig durch die Fenster. Kein Wunder, dass Fynn nicht da ist. Die Sonne würde ihn umbringen. Dann würde ich eben noch etwas warten müssen. Ich blicke auf mein Handy. Netzsuche. Klasse, jetzt ist das hier auch noch das totale Funkloch! Ich gehe zu der Balkontür und ziehe sie auf. Kalte, klare Luft weht mir entgegen und ich trete hinaus. Joel folgt mir und wir genießen einige Minuten einfach nur das schöne Wetter. Nebenbei höre ich, wie es an der Tür klopft. “Ja?”, rufe ich und gehe zurück in mein Zimmer. Collin kommt durch die Tür. “Hey…”, sagt er und kommt auf mich zu. “Hey!”, sage ich und stecke mein Handy wieder in meine Tasche zurück. “Ich verdrück mich dann mal…”, sagte Joel und verlässt mein Zimmer mit einem ziemlich zweideutigen Grinsen. “Wie geht es dir?” “Gut. Warum sollte es mir schlecht gehen?” Ich spiele einfach mal die Unwissende. “Weil du schon zum zweiten Mal von einem Vampir gebissen wurdest? Es tut mir übrigens Leid, dass wir dir nicht geholfen haben, aber irgendwie haben die Schutzmaßnahmen, die sonst bei jedem Vampir funktionieren, bei Fynn nicht funktioniert. Sorry. Das wird nicht noch einmal vorkommen. Das verspreche ich dir!” Collin kommt jetzt auf mich zu und nimmt meine Hände in seine. Ich spüre, dass er mich intensiv ansieht, doch ich meide seinen Blick. Fynn hat es erfolgreich geschafft, dass Collin aus meinem Herzen verschwindet. Irgendwie scheint auch Collin mitzubekommen, dass ich nicht sonderlich gut auf ihn zu sprechen ist. “Zeig mir mal deine Bisse.”, sagt er schließlich. Ich löse meine Hände aus seinen und ziehe die Pflaster von meinem Hals. “Es sieht nicht so sehr schlimm aus. Ich habe dir aber mal eine Salbe mitgebracht, die gegen diese Bisse hilft. Warte ich mach sie dir drauf…” “Ich kann das alleine!”, sage ich schnippisch und ziehe ihm die Tube aus der Hand. Collin mustert mich verständnislos. “Was ist los mit dir?” “Gar nichts! Was soll los sein?”, sage ich, während ich mir nebenbei die Creme auf die Wunden schmiere. Es brennt fürchterlich und wird ziemlich warm. “Das glaube ich dir nicht. Warum bist du sauer auf mich? Was hat Fynn vorhin getan? Was hat er über mich gesagt, was dir nicht mehr aus dem Kopf geht?” Ich starre ihn entsetzt an. “Ah, Jackpot!”, sagt er und lächelt. Wieder kommt er auf mich zu, er steht ganz dich vor mir. Ich spüre seinen Atem auf meiner Haut. Jetzt streicht er mit einer Hand über meine Wange. “Egal was Fynn über mich gesagt hat, es ist nicht wahr. Er versucht dich gegen mich aufzubringen. Er will mich durch dich schädigen, damit er sich selbst nicht die Finger schmutzig machen muss.” Ich starre ihn an. Na toll und wem soll ich jetzt glauben? Fynn sagt, glaub Collin nicht und Collin, dass ich Fynn nicht trauen soll. Was mach ich denn jetzt? Collin zu glauben wäre sicherlich besser, denn immerhin ist er ein Vampirjäger und sorgt dafür, dass diese von der Welt verschwinden und nichts böses mehr tun können. Er tut gutes für die Welt und Fynn? Er ist ein Vampir. Er saugt den Menschen das Blut aus, verbreitet Angst und Schrecken… Kurzum er verkörpert das Böse. Aber es ist schon erstaunlich, dass Vampire lieben können und da das auch Collin gesagt hat, glaube ich auch daran. Fraglich ist allerdings, wie stark er versucht an diese Liebe heranzukommen, was er bereit ist, zu tun…. “Fine? Alles okay?”, fragt Collin und mustert mich. “Was? Ja, na klar… Ich bin nur ein bisschen durcheinander.” “Kann ich dir helfen?” “Nein, damit muss ich allein klar kommen.” “Okay… Dann lass uns runter ins Kaminzimmer gehen. Die Einführung des Planspiels geht gleich los.” “Okay, lass uns gehen.”, sage ich nun wieder mit besserer Laune und wir gehen zusammen in den großen hellen Raum, wo schon am Vortag die ganzen Vorträge gehalten wurden. Ich setze mich zu Tine und Joel, die mal wieder im hinteren Teil des Raumes sitzen. Professor Barks tritt nun wieder zu dem Rednerpult. “Guten Morgen. Ich freue mich Sie hier begrüßen zu dürfen. Sie werden heute ein Planspiel, was ich selbst entwickelt habe, spielen. Dazu werde ich Ihnen jetzt die Regeln erklären. Die große Gruppe hier wird in vier kleinere geteilt und diese stehen dann für vier verschiedene Länder, wobei jeweils zwei gegeneinander antreten. Die Mitglieder eines Landes werden noch einmal unterteilt und zwar in die Bereiche Notenbank, Regierung, Unternehmen und Haushalte. Diese vier Gruppen müssen dann zusammenarbeiten und versuchen die Wirtschaft des Landes auf Vordermann zu bringen. Die vier Bereiche haben bestimmte Möglichkeiten, dies zu tun. Die Haushalte können ihre Arbeitskraft anbieten, die von den Unternehmen nachgefragt werden. Außerdem legen sie ihren Lohnsatz fest. Die Regierung legt die staatliche Güternachfrage und die Gewinn- und Einkommenssteuer fest. Die Unternehmen können entscheiden, wie viele Leute sie einstellen und wie viel Geld sie investieren, um neue Geräte anzuschaffen. Die Notenbank legt schließlich die Geldmenge fest, sodass es so gut wie keine Inflation oder Deflation gibt. Diese Daten werden dann in den Computer eingegeben, der dann berechnet, wie gut die Wirtschaft in dem Land ist…” “Also ich versteh hier nur Bahnhof!”, sage ich und versuche die Informationen in meinem Kopf zu ordnen. “Ich habe es auch nicht gerafft!”, sagt Tine neben mir. Joel seufzt. “Das ist doch alles ganz einfach…” “Im Gegensatz zu uns hast du Wirtschaft auch noch in der Schule. Und außerdem bist du sowieso ein Wirtschaftsgenie, immerhin hast du auch das Angebots-Nachfrage-Diagramm verstanden!”, sage ich und sehe ihn gespielt beleidigt an. “Um dafür zu sorgen, dass die Gruppen gut durchgemischt sind, zieht jeder beim Herausgehen eine Karte, wo die Gruppe, das Land und der Sektor drauf steht. Das war’s erst einmal, wie treffen uns um vierzehn Uhr wieder hier zu einer didaktischen Einheit. Vielen Dank für ihre Aufmerksamkeit.” “Wie spät ist es?”, frage ich und blicke mich zu Tine um. “Kurz vor dreiviertel zwölf.” “Um zwölf gibt’s essen, oder? Was machen wir dann noch die zwanzig Minuten?” “Gehen wir erst einmal hoch in unsere Zimmer und irgendwas wird uns schon einfallen.”

Die Zeit vergeht wie im Flug und jetzt sitze ich mit der Hälfte aus meiner Klasse in einem Zimmer und diskutieren über die Wirtschaft in Land B. Ich gehöre zur Regierung und habe keinen blassen Schimmer, was ich machen soll. Anscheinend habe ich auch den Anfang der Diskussion verpasst, die gerade in vollem Gange ist. “Die Einkommessteuer liegt bei 0,235 und die Gewinnsteuer bei 0,18. Das ist extrem niedrig”, sagt Sandra, die als Einzige in der Regierung wirklich einen Plan zu haben scheint. “Bist du sicher, das das reicht?”, fragt Kai und sieht sie misstrauisch an. “Das ist niedriger als davor. Da lagen die Steuern bei 0,265 und 0,2!” “Das können wir uns leisten!”, singt Jonas aus der Abteilung Notenbank. “Staat? Staat? Erde an Staat.”, ruft Marcus ebenfalls aus der Notenbank “Ja?”, fragt Sandra, doch bevor sie mit Marcus sprechen kann, mischt sich der Haushalt mit Lawrence dazwischen: “Sandra? Wie sieht’s mit der Güternachfrage aus?” “26!” “27!”, sagt Kai von den Unternehmen. “Nein, 26!” “Wie war die staatliche Güternachfrage die Runde zuvor?”, mischt sich jetzt auch Lawrence wieder mit ein. Wie kann man sich da nur so reinsteigern? Wirtschaft ist doch total langweilig und das Spiel bringt nichts. Das ist einfach nur Rumgerate! “Letzte Runde lag die Güternachfrage bei 25,5!”, antworte ich um mich ein wenig in die sinnlose Diskussion einzubringen. “Und dabei bleiben wir auch!” “Aber das ist viel zu wenig. Ich bin für 26!”, sagt Kai “Ich auch!”, sagt Jonas “ja, 26 ist gut!” “Hallo? Wir sind der Staat, wir entscheiden das! Nicht ihr!”, ruft Sandra über die Massen hinweg und lacht. “Wartet mal, warum macht ihr die scheiß Steuern so niedrig?”, ruft Lawrence, nachdem er sich die Zusammenfassung an der Tafel betrachtet hat. “Na weil wir ein Defizit ertragen können. Dadurch können die Haushalte dann den Konsum erhöhen und die Unternehmen können mehr produzieren.” Die Diskussion geht lautstark weiter, bis die Tür aufgeht und ein großer, schwarzhaariger junger Mann hereinkommt. Als ich ihn erkenne, sehe ich verwirrt zum Fenster und muss feststellen, dass die Sonne durch dicke Wolken verdeckt ist und schon wieder Schnee vom Himmel fällt. “Wow, ihr seid ja ganz schön engagiert, was das Planspiel angeht. Solche lautstarken Diskussionen hatten wir seit Jahren nicht mehr hier!”, sagt Fynn und zeigt sein süßes Lächeln. Als er meinen gelangweilten Gesichtsausdruck sieht, grinst er noch breiter. “Fy-nn!”, sagt meine ‘beste’ Freundin Vanity, die bisher in ihren Unternehmen nichts gesagt hat und einfach nur dagesessen hat, und klimpert mit ihren Wimpern. “Ja?”, fragt er und wendet sich lächelnd ihr zu. “Kennst du dich mit Wirtschaft aus? Ich sehe nämlich gerade wie unser Land den Bach runter geht, weil der Staat nicht in der Lage ist, ordentliche Steuern zu verabschieden.” “Na hör mal! Wir sind bisher die Einzigen, die für unser Land Punkte geholt haben, also sei mal ganz still!”, sagte Sandra und wirft Vanity einen bösartigen Blick zu. “Nein, ich kenne mich leider nicht mit Wirtschaft aus. Ich habe historische Heilmethoden studiert und das hat nicht sehr viel mit Wirtschaft gemein.”, antwortet Fynn auf Vanitys Frage. Historische Heilmethoden? Also ist er früher Arzt gewesen. Immerhin müssen die ‘historischen Heilmethoden’ zu seiner Zeit hochmodern gewesen sein… Hätte ich ihm gar nicht zugetraut… Mein Bild von Fynn in meinem Kopf scheint sich langsam von ‘blutrünstiger, gemeiner Vampir’ zu ‘interessante Persönlichkeit’ zu verschieben. “Du hast historische Heilmethoden studiert? Das ist ja interessant, das hatte ich nämlich auch vor… Also, dass ich Arzt werden will, mein ich…” “Ja? Was für ein Zufall.” Gestern als sie sich mit Collin unterhalten hat, wollte sie unbedingt Wirtschaft studieren. Die dreht es sich auch so, wie sie es gerade braucht…

Während Fynn mit Vanity spricht, beobachte ich die Beiden ununterbrochen und als Vanity eine Atempause braucht, sieht Fynn kurz zu mir und erstarrt für einen Moment. “Vanity, wenn du mich entschuldigen würdest, ich muss noch etwas erledigen…” Er erhebt sich und geht in Richtung Tür. Dabei nimmt er Umständlicherweise den längeren Weg, der an meinem Platz vorbeiführt. Neben mir, bleibt er kurz stehen und beugt sich zu mir runter. Ich sehe ihn verwirrt an. “Eifersüchtig?”, fragt er mit einem schelmischen Grinsen. “Wie kommst du darauf?”, frage ich kühl und ziehe eine Augenbraue in die Höhe. “Nun, dein Gesicht eben, war jedenfalls ziemlich süß!”, sagt er und gibt mir einen kleinen Kuss auf die Wange. Erschrocken starre ich ihm nach, bis er zur Tür hinaus und verschwunden ist. Vanity versucht derweil mich mit ihren Blicken zu töten und als ich das mitbekomme, muss ich unwillkürlich grinsen. Ich liebe es einfach ihre Pläne zu durchkreuzen. Es ist ja immerhin offensichtlich, dass sie versucht, Fynn um den Finger zu wickeln, nur das er nicht klein bei gibt. Und so habe ich es mit meiner bloßen Anwesenheit geschafft, dass ihre kleine Welt wie ein Kartenhaus zusammenbricht. Mit plötzlich extrem guter Laune widme ich mich wieder der Arbeit in der Regierung.

“Wenn ich richtig informiert bin, hattest du schon wieder ein Treffen mit der alten Fledermaus!”, sagt Kraven und blitzt mich böse an. “Ich habe dir doch gesagt, dass du die Pfoten von ihm lassen sollst! Du bist meine Freundin, meine, kapiert? Und ich verbiete dir, dich mit anderen Kerlen zu treffen.” Ich schließe kurz die Augen, um mich zu beruhigen. Als ich sie wieder aufmache, sehe ich gerade noch, wie er sich mit der der Hand an dem Wangenknochen umdreht und verschwindet. Meine rechte Hand schmerzt und ich sehe zu ihr herunter. Sie ist zu einer Faust geballt, aber sonst nichts, wovon der Schmerz rühren könnte. Ich drehe mich um. In einiger Entfernung stehen Tine, Becky, Joel, Moritz und Fab und schauen ab und zu zu mir herüber. “Ihr wisst nicht zufällig, warum Kraven gerade abgehauen ist, oder?”, frage ich sie und reibe meine Faust, in der Hoffnung, der Schmerz würde verschwinden. “Ähm…Weißt du das nicht selber?”, fragt Joel und blickt mich fragend an. “Sonst würde ich nicht fragen!” “Also, ich kann ihm seine Reaktion nicht verübeln, nach so einer Aktion eben…”, sagt Moritz und blickt mich an. “Hallo? Kann mir jemand mal sagen, was eben passiert ist? Ich kann mich an nichts erinnern…” “Du hast das aber ganz schön schnell verdrängt…”, bemerkt Fab. Irgendwie sind die Jungs heute nicht sonderlich kooperationsbereit. “Was?”, frage ich nun ziemlich aufgebracht und blicke von einem meiner Freunde zum Nächsten. “Du hast gerade höchst lautstark mit Kraven Schluss gemacht!”, sagt schließlich Tine und blickt mich komisch an. Ich brauche einige Sekunden, bis ich verstanden habe, was sie gerade gesagt hat. “Ich habe was?” “Du hast dich von Kraven getrennt und als er dich umstimmen wollte, hast du ihm eine verpasst! Kannst du dich daran nicht erinnern?” “Nein, ich habe den totalen Filmriss…”, sage ich, vergrabe mein Gesicht in den Händen und lasse mich auf das Sofa hinter mir fallen. Becky setzt sich neben mich und legt ihren Arm um meine Schulter. “Was hat das zu bedeuten? Warum kann ich mich an nichts erinnern? Es ist doch erst ein paar Minuten her und ich habe nicht einmal Alkohol getrunken…” “Vielleicht sollten wir Collin fragen. Ist das bei dir schon einmal vorgekommen?”, fragt Moritz und lässt sich zu meiner anderen Seite nieder. “Nein, es ist eben noch nicht vorgekommen… Wisst ihr wo Collin ist?” “Er war vorhin in unserer Gruppe und hat die Notenbank beraten, weil die absolut keine Ahnung hatte.” “Das heißt, dass er hier irgendwo ist?” “Er ist vorhin aber wieder verschwunden. Wohin auch immer…” “Lasst uns erst einmal nen Kaffee trinken gehen. Wozu ist denn sonst die Kaffeepause da?”, Joel hält mir seine Hand hin und zieht mich auf die Beine. Wir gehen ins Speisezimmer, wo auf jedem Tisch eine Kanne Kaffe und ein Teller mit Kuchen steht. Auf halben Weg zu unserem Tisch treffen wir auf Collin. Er sitzt mit den anderen Vampirjägern und Professor Barks an einem Vierertisch und wirkt ziemlich beunruhigt. “Fine, pass gut auf dich auf, heute ist die ganze Eichendorfffamilie da. Alle Familienmitglieder sind Vampire!”, sagt er und nickt mit dem Kopf zu einem runden Tisch in einer Ecke am Fenster. Dort sitzt Fynn mit einem älteren Mann. Er ist groß, hat ein faltiges Gesicht und grau meliertes Haar. Dann sind dann noch drei andere Vampire. Sie scheinen ungefähr in Fynns Alter zu sein. Teilweise etwas älter, teilweise jünger. Aber alle sehen sie umwerfend gut aus.

Ich schließe wieder zu den Anderen auf, die sich an unseren Tisch gesetzt haben und setze mich neben Joel. Somit habe ich direkten Blick auf Fynn und seine Familie. Ab und zu flackern Fynns Blicke zu mir herüber und auch die von seinem Vater liegen ungewöhnlich oft auf unserem Tisch. Jetzt neigt sich der Alte zu Fynn und spricht mit ihm. Fynns Blick huscht zu mir, dann redet er aufgebracht mit ihm. Es scheint, als wolle er den Alten zu etwas überreden. Jetzt starrt die ganze Gruppe von Vampiren zu Fynn und dann wenden sich alle mir zu. Unter dieser Aufmerksamkeit werde ich leicht rot und wende mich blitzschnell wieder meinen Kuchen zu. Bei einem Seitenblick auf Collin, sehe ich, dass auch ihm diese Aufmerksamkeit nicht entgangen ist. Er betrachtet beunruhigt die Vampire. Dann steht er auf und kommt zu uns. “Darf ich?”, fragt er und setzt sich ohne eine Antwort abzuwarten neben mich. “Hast du das eben mitbekommen?”, fragt er und sieht wieder beunruhigt zu Fynn und Co. “Was?” “Irgendwas haben die mit dir vor. Ich weiß aber nicht was. Du solltest auf der Hut sein! Ich denke, es ist am besten, wenn ständig ein Vampirjäger bei dir ist…” “Ich glaube nicht, dass sie irgendwas mit mir vorhaben und wenn doch, wird Fynn sie daran hindern.” “Wie kommst du darauf?” Collin sieht mich überrascht an. “Nun, weil Fynn doch glaubt, dass ich seine Auserwählte bin und da wird er denke ich mal nicht zulassen, dass seine Familie irgendwas mit mir anstellt.” “Aber, Vampire, die lieben sind verletzlich. Vielleicht wollen sie dich aus den Weg räumen und Fynn weiß gar nichts davon.” “Bist du dir sicher?”, frage ich nun ebenfalls beunruhigt und blicke zu Fynn, der nicht gerade glücklich wirkt. “Es ist möglich. Bei Vampiren sind die Moralvorstellungen anders als bei uns Menschen.” “Na klasse… Ich habe da aber noch einmal eine andere Frage. Und zwar haben meine Freunde mir erzählt, dass ich mich vorhin ziemlich heftig mit Kraven gestritten haben soll. Ich habe aber einen Filmriss und kann mich an nichts erinnern. Weißt du woran das liegen könnte?” “Du kannst dich an nichts mehr erinnern?”, fragt er nachdenklich. “Nein. Ich kann mich an die Situation davor und danach erinnern, aber nicht an das, was dazwischen lag. Da ist das totale schwarze Loch!” “Ist euch irgendwas merkwürdiges aufgefallen?”, richtet sich Collin nun an meine Freunde. “Nun, nur das sich Fine recht merkwürdig verhalten hat. Normalerweise schreit sie nicht so rum und klärt solche Probleme nicht, wenn zwanzig Leute um sie herum sind, sondern unter vier Augen.”, sagt Becky. “Apropos Augen. Ihre Augen waren zu diesem Zeitpunkt nicht grau, wie üblich sondern von einem ziemlich kräftigen Blau.” “Ich hatte eine andere Augenfarbe?”, frage ich nun vollkommen verblüfft. “Dache ich es mir.”, sagt Collin bekümmert und blickt mich traurig an. “Was dachtest du dir?” “Du bist besessen. Von einem Geist oder etwas in der Art. Etwas, was die Kontrolle über deinen Körper ergreifen kann.” Ich starre ihn vollkommen erstarrt an. “Na Klasse! Was kommt als Nächstes? Werde ich von einem Werwolf angefallen? Oder erscheint mir eine Todesfee? So langsam glaube ich, ich werde verrückt…” “Hey, man kann den Geist austreiben. Mach dir keine Sorgen. Allerdings kann ich das nicht tun. Wir müssen zu einer alten Bekannten von mir. Sie wohnt aber hier im Wald. Am besten gehen wir gleich nach dem Planspiel los. Wer weiß, was sonst noch passiert.” “Du machst mir ja tolle Hoffnung… Wie weit wohnt sie von hier entfernt?” “Ich denke so ein einhalb Stunden zu Fuß.” “Jippie… Was für ein toller Tag, wirklich…”, sage ich und trinke den Rest meines Kaffees. “Fine, du tust mir echt leid. Immer trifft alles dich!”, sagt Becky und legt mir mitfühlend die Hand auf die Schulter. “Tja… Kann man nichts machen.”, sage ich und versuche ein Lächeln, was wohl eher einer Grimasse gleicht.

Die nächste didaktische Einheit und das Plansiel bekomme nicht wirklich mit. Ich hänge in meinen Gedanken fest. Warum passiert mir das alles? Warum muss ich immer das schwarze Schaf sein, was von Vampiren und Geistern angefallen wird? “So, wir machen für heute Schluss und treffen uns morgen um neun wieder im Kaminzimmer zu einem Vortrag über den Burgenlandkreis und wie dieser wirtschaftlich aufgebaut ist. Bitte seien Sie pünktlich.”, sagt Waldenburg und beendete den wirtschaftlichen Bereich des Tages. Ich gehe mit meinen Freunden in Richtung Zimmer, als uns Florian entgegen kommt. “Hey, ihr! Kommt ihr mit Finsterwald spielen?” “Ja, klar, wir sind dabei!”, sagt Fab begeistert. “Ich kann nicht mitmachen!”, sage ich und Flo wendet sich mir zu. “Warum nicht?”, fragt er verwirrt und blickt mich an. “Weil… Ich habe mich gestern am Hals verletzt und werde gleich mit Collin zum Arzt gehen.”, sage ich und deute auf die Pflaster an meinem Hals. “Oh! Na gut. Dann hoffe ich für dich, dass es nicht ganz so schlimm sein wird. Kannst ja, wenn du wieder da bist, nachkommen! Kommt ihr gleich mit?” Der Rest meiner Freunde sahen zu mir. “Geht schon. Ich finde den Weg zu meinem Zimmer auch alleine.” “Pass auf dich auf!” “Klar doch!” Mit dem Versuch einer freundlichen Verabschiedung mache ich mich wieder auf den Weg in mein Zimmer. Die Treppe knarrt wie immer, während ich die Stufen erklimme und in den Gang, indem mein Zimmer liegt, einbiege. Zu meinem Erstaunen, steht eine große dunkle Gestalt vor meiner Tür und scheint auf mich zu warten. Als ich näher kommen, erkenne ich sie. Es ist der ältere Mann, der vorhin bei Fynn und den anderen Vampiren am Tisch gesessen hatte. Er blickt mich nun mit seinen leuchtend grünen Augen an. “Kann ich Ihnen helfen?”, frage ich höflich, obwohl meine Angst gerade dabei ist, meine Kehle zuzuschnüren. “Ja, das können Sie. Bin ich richtig in der Annahme, dass Sie Fine Blaschke sind?” “Ähm… Ja, das bin ich.” “Mein Name ist Lucian von Eichendorff.”, sagt er und streckt mir seine Hand hin. “S…Sehr erfreut.”, sage ich und ergreife sie nach einem Zögern. Lucian neigt sich und küsst meinen Handrücken. Etwas verblüfft stehe ich da und starre ihn einfach nur an. “Fynn hat viel von Ihnen erzählt!” “So, hat er das?”, frage ich und blicke ihn verwirrt an. “Er hat gesagt, Sie seien seiner verstorbenen Geliebten sehr ähnlich.” “So?” “Fynn mag Sie sehr und das macht ihn schwach. Ich werde nicht zulassen, dass Fynn wegen einem schwachen und wertlosen Menschenmädchen, wie Sie es sind, sich selbst vergisst und im Endeffekt von den Vampirjägern umgebracht wird.” Seine Stimme ist eiskalt. Ich schlucke. “Und was gedenken Sie dagegen zu tun?”, frage ich leicht beunruhigt. “Das werden sie schon früh genug sehen! Aber fürs erste, rate ich Ihnen, sich von ihm fern zu halten, sonst werde ich Sie umbringen!” “Aber…”, setze ich an, doch Lucian geht nun an mir vorbei und verschwindet ohne ein weiteres Wort um die nächste Ecke. Ich blicke ihm seufzend nach. Jetzt, wo mich Fynn nicht mehr umbringen will, will es sein Vater. Was habe ich getan, das mich jeden umbringen will? Ich gehe in mein Zimmer und hole meinen Mantel. Als ich wieder auf den Weg hinunter in die Eingangshalle bin, um mich dort mit Collin zu treffen, geht neben mir eine Zimmertür auf und Collins Kopf schiebt sich heraus. “Ah, da bist du ja…”, sagt er und winkt mich zu sich herein. Sein Zimmer ist ähnlich eingerichtet wie meines, doch bei ihm herrscht das totale Chaos. Klamotten, Bücher, merkwürdig aussehende Flüssigkeiten in Phiolen und andere Waffe gegen Vampire liegen auf Tisch, Schrank, Bett und Fußboden verteilt. “Sorry, für das Chaos. Ich suche gerade nach einem silbernen Dolch. Siehst du ihn irgendwo?”, fragt er und wirft einen Pullover in die Luft, um zu sehen, ob der Dolch darunter liegt. “Wozu brauchst du einen Dolch?”, frage ich ihn verwirrt und blicke mich genauer nach dem Dolch um. “Hey, wir gehen in der Dämmerung in einen Wald, wo es von bösartigen Kreaturen nur so wimmelt. Wir sollten nicht unbewaffnet gehen.” “Na das sind ja tolle Aussichten…”, sage ich mies gelaunt. “Hier nimm das hier zur Sicherheit.”, sagt Collin nun und wirft mir eine Kette zu. Da ich absolut nicht fangen kann, habe ich mir den Reflex angewöhnt, mich vor allem was auf mich zugeflogen kommt, zu ducken und so mache ich es auch jetzt. Collin sieht mich entgeistert an, als ich mich wieder aufrichte. “Was sollte das denn jetzt?” “Ich bin in Sport eine Null. Da kannst du nicht voraussetzen, dass ich fangen kann.”, antworte ich ihm und hebe die Kette auf. Sie ist vollkommen aus Silber und der Anhänger ist ein kleines, ebenso silbernes Kreuz. “Und das soll mich gegen Vampire schützen?”, frage ich misstrauisch. Mir fällt gerade die Szene aus Van Hellsing ein, wo Van Hellsing Dracula das Kruzifix vor die Nase hält, Dracula es nimmt und es in seiner Hand schmilzt. “Ja, das hilft!”, sagt Collin abwesend und steckt sich einen silbernen Dolch in eine Gürtelschlaufe. Jetzt geht er zu dem Stapel von Phiolen und steckt die mit der farblosen Flüssigkeit in seine Jackentasche. “Hier, das könntest du auch noch gebrauchen…”, sagt Collin und macht Anstalten mir eine dieser Phiolen zuzuwerfen. “Nicht werfen!”, sage ich und ducke mich vorsichtshalber. Collin lächelt und hält sie mir hin. “Was ist das?” Die Flüssigkeit sieht nicht sonderlich spannend aus. “Weihwasser. Nur für den Fall.” Collin zieht jetzt auch seine Jacke an und sieht sich noch einmal im Raum um. “Brauchen wir noch etwas? Knoblauch?”, frage ich und blicke mich ebenfalls im Raum um. “Nein, ich denke das reicht. Komm! Je früher wir loslaufen, desto schneller sind wir wieder da.” Collin nimmt meine Hand und zieht mich aus seinem Zimmer und wir gehen die Treppe hinunter. “Hey, wo wollt ihr denn hin?”, ertönt eine Stimme hinter uns und Fynn kommt auf uns zu. Collin dreht sich genervt um und da seine Hand immer noch meine festhält, drehe ich mich auch um. “Das geht dich gar nichts an!” “Oh, ich denke schon, dass es mich was angeht, wenn du mit meiner Auserwählten verschwindest, Blondie!”, sagt Fynn und verengt seine Augen zu Schlitzen. Er wirkt ziemlich gruselig, doch Colin scheint es nicht zu stören. “Du vergisst da nur eine Kleinigkeit.”, antwortet Collin und ein Grinsen erscheint plötzlich auf seinem Gesicht, “Sie will dich nicht!” Fynns Blick ist für den Bruchteil einer Sekunde auf mich gerichtet. “Bist du dir sicher? Fines Augen sagen mir was anderes!” Ich starre Fynn verblüfft und entsetzt zugleich an. Collin mustert mich prüfend, während Fynn vor sich hin grinst. “Erzähl nicht so ein Schwachsinn!”, entgegnet Collin, dann geht er weiter, ohne noch einen Blick auf Fynn zu werfen. Fynns lautes Lachen schallt uns hinterher. Schließlich treten wir hinaus in die Winterlandschaft, die um Schloss Wendgräben liegt. Schnee wirbelt um uns herum. Collin orientiert sich kurz in der Dämmerung, dann sagt er: “Hier lang!”, und er führt mich durch das große Eingangstor und zu einem kleinen gewundenen Weg - Ein Trampelpfad eher - , der tief in den Wald führt. “Zu wem gehen wir eigentlich?”, frage ich und stecke meine eine Hand in meine Manteltasche. “Zu einer alten Bekannten von mir. Sie st eine Hexe und kennt sich mit Sachen wie Geisteraustreibung besser aus als ich. Ihr Haus steht hier im Wald.” Bei den Worten fange ich an zu Lachen. “Was ist?”, fragt Collin und sieht mich ebenfalls belustigt an. “In was für einem Haus wohnt sie denn? In einem Pfefferkuchenhaus?” Collin lacht nun ebenfalls. “Nein, leider nicht.” “Oh… Dann aber vielleicht in einem, was auf Hühnerbeinen steht und den Standort wechseln kann.”, versuche ich es noch einmal. “Da hat aber jemand als sie klein war, ziemlich viele Märchen gesehen, oder? Deine Naivität ist voll süß, weißt du das?” Bei diesen Worten verblasst mein Grinsen. Vor meinem inneren Auge taucht Fynn auf, der mit mir spricht: “Wie naiv bist du?” Ist es doch so, wie Fynn gesagt hat oder war die Wortwahl nur zufällig? Ich weiß nicht mehr, wem ich glauben soll. Ich bin total verwirrt. Während ich nachdenke, verfalle ich in Schweigen und sehe mir meine Umgebung an. Wir gehen nun direkt auf ein Stück Nadelwald zu, indem es noch dunkler ist, als es durch die Dämmerung ohnehin schon ist. Hier und da sind einige Spuren von Tieren, die aber nicht sonderlich bedrohlich aussehen. “Ist vorhin eigentlich noch irgendetwas passiert?”, fragt Collin nun, um das Schweigen zu unterbrechen. “Meinst du irgendwas bestimmtes?” “ich weiß ja nicht. Irgendetwas, von dem du denkst, dass ich es erfahren sollte.”, sagt Collin schulterzuckend. “Nun, ich habe Lucian von Eichendorff kennen gelernt und mal wieder eine Morddrohung bekommen.” “Du hast was?”, fragt Collin entsetzt und bleibt stehen. Den Blick unruhig auf mich gerichtet. “Was wollte er von dir?” “Nun, er hat gesagt, dass ich mich von Fynn fernhalten soll, wenn mir mein Leben lieb ist, wobei ich das total unfair finde, da Fynn immer zu mir kommt.” “Er wird dich nicht umbringen, dafür werde ich sorgen.” Collin blickt stur geradeaus und ich folge seinem Blick, doch dort ist nichts. Er starrt einfach nur vor sich hin, während wir weitergehen. Ich lasse ihn in Ruhe und schaue auf den Weg, den wir gehen. Jetzt sind da aber nicht nur Tierspuren, sondern auch welche, die aussehen, als ob sie von einem Menschen stammen.

Knappe zehn Minuten später merke ich, wie Collin unruhig wird, meine Hand fester in seiner hält und seine andere Hand zu dem Dolch an seinem Gürtel huscht. “Was ist?”, frage ich beunruhigt und Collin deutet mit dem Kopf nach vorn. Dort zwischen den Bäumen steht eine dunkle Gestalt, die nun auf uns zu kommt. “Hey, Collin. Dich habe ich ja lange nicht mehr gesehen. Du existierst also noch. Find ich gut, ansonsten wäre das Leben für uns ziemlich langweilig geworden. Was treibt dich zu dieser Zeit hier in den Wald? Und noch dazu mit einer jungen Dame, die besser nicht hier sein sollte.”, sagt die Person und bleibt vor uns stehen. “Collin, wer ist das?”, frage ich verunsichert, doch Collin schweigt. Er blickt konzentriert auf den Jungen im Teenageralter. Dieser kommt jetzt direkt auf mich zu. Er stutzt. “Irgendwie riechst du nach meinem Bruder.”, sagt er und mustert mich. “Dann bist du Fine? Ich bin Gregor von Eichendorff. Freut mich sehr dich kennen zu lernen.”, sagt er und grinst mich an. Ich betrachte ihn etwas genauer, zumindest versuche ich es, denn die Dunkelheit hüllt seinen Körper so gut es geht ein. Er scheint strubbeliges braunes aber kurzes Haar zu haben und seine Augen wirken schwarz, wie die Nacht. “Hi!”, sage ich ausdruckslos. “Gregor, wir wollen nicht unhöflich sein, aber wir müssen weiter. Du entschuldigst uns.”, sagt Collin, geht an Gregor vorbei und zieht mich mit. “Wo wollt ihr hin?”, ruft uns Gregor nach. “Das geht dich nichts an und ich rate dir, uns in Ruhe zu lassen, sonst wird’s schmerzhaft für dich.”, sagt Collin drohend. Gregor bleibt stehen, während Collin und ich weiter durch den immer dichter werdenden Schnee stapfen. Langsam sterben mir meine Füße ab und mein Gesicht wird taub. “Wie weit ist es denn noch?”, frage ich Collin nach einiger Zeit. “Wir sind gleich da! Siehst du? Dort hinten ist das Haus.”, sagt Collin und deutet auf eine Baumlücke, von der Licht kommt.

Wieder zehn Minuten später stehen wir vor einem kleinen, niedlichen Haus, dessen Fenster hell erleuchtet sind. Collin klopft an die Tür und nach einer halben Ewigkeit wird diese von einer kleinen, runden Frau geöffnet. Sie trägt ein langes, dunkelviolettes Kleid. Darüber hat se eine befleckte Schürze gebunden. Das graue Haar ist zerzaust und aus dem Haarnetz gerutscht. “Hallo, Trudy!”, sagt Collin. Die Frau mustert ihn kurz. “Ahh, Collin! Ahh, Collin! Schön dich mal wieder zu sehen, schön dich mal wieder zu sehen, ich habe dich gar nicht erkannt, ich habe dich gar nicht erkannt. Was treibt dich hier in den Wald, was treibt dich hier in den Wald zu meinem kleinen Häuschen, zu meinem kleinen Häuschen?” “Ich… nein wir brauchen deine Hilfe.”, sagt er und nickt mir zu. “Oh, was für eine entzückende junge Dame! Oh, was für eine entzückende junge Dame! Deine Freundin? Deine Freundin?”, fragt sie und tritt schließlich zur Seite, um uns einzulassen. “Nein, sie nur eine Freundin.”, sagt Collin matt und zieht seine Jacke aus. Ich tue es ihm gleich und reiche ihm schließlich meinen Mantel. “Kommt rein, kommt rein!” höre ich Trudys Stimme aus dem Nachbarzimmer und ich folge Collin leicht nervös. Das Hexenhaus erinnert mich an ein Antiquitätengeschäft. Überall stehen alte Möbel, die nicht zueinander passen. An der Wand hängen merkwürdige Bilder und überall riecht es nach Schwefeldioxid, was mir kurzzeitig den Atem verschlägt. Die Bilder von meinem letzten Italienurlaub, als ich auf den Ätna geklettert bin, um mir den Ausbruch anzusehen, sind deutlich vor meinem inneren Auge zu sehen. Genauso roch es da auch. “Setzt euch, setzt euch!”, sagt Trudy und wuselt in der Küche umher und kommt Sekunden später mit einem Tablett zurück, auf dem eine Kanne, drei Tassen und ein Teller mit Keksen steht. Collin und ich setzen uns auf ein kleines, durchgesessenes Sofa und sehen ihr zu, wie sie die Tassen auf dem kleinen Couchtisch verteilt, den Rest vom Tablett räumt und sich dann uns gegenüber auf einen Sessel setzt. “Wie kann ich euch helfen? Wie kann ich euch helfen?”, sagt sie und schaut uns gespannt an. Warum muss sie immer alles zweimal sagen? Klingt schon irgendwie krank, aber was soll’s. “Ähm…”, meint Collin. Er will die Sache also erzählen, okay. Ich habe immerhin keine Ahnung, was mit mir passiert. Ich sehe immer noch ein großes Puzzle vor mir, wo kein Teil zum anderen passt. Während Collin immer noch herumdruckst, nehme ich mir meine Tasse. Im Inneren ist eine sehr, sehr dunkle Flüssigkeit. Soll das Kaffee sein, oder doch irgendein Tee? Es riecht immerhin ziemlich stark und nicht gerade lecker. Ich tue so als ob ich einen Schluck davon nehmen würde, unterdrücke den Brechreiz und stelle die Tasse wieder auf den Tisch. Ihre Kekse versuche ich gar nicht erst. “Also, ich vermute, dass Fine, hier von einem Geist besessen ist.” “Oh! Oh! Wie kommst du darauf? Wie kommst du darauf?” “Weil ihre Freunde von Taten von ihr berichten, an die sie sich selbst nicht erinnern kann und sich ihre Augenfarbe ändert. Außerdem scheint sie recht anfällig für übernatürliche Wesen zu sein.”, erzählt Collin und deutet auf meinen Hals. Dort sind immer noch die Pflaster, die ich mir, nachdem ich Collins Salbe darauf geschmiert hatte, wieder auf die Bisse geklebt hatte. “Was hat sie da? Was hat sie da?” “Sie ist Fynn zum Opfer gefallen.” “Dem Vampir? Dem Vampir?” “Ja und das schon zwei Mal.” “Und sie lebt noch? Und sie lebt noch?” “Fynn glaubt, dass sie seine Auserwählte ist.”, erzählt Collin. “Das glaubt er? Das glaubt er?” “Ja, aber seine Auserwählte ist vor dreihundert Jahren gestorben. Genauer gesagt, hat Lucian sie umgebracht.” “Was?”, platze ich dazwischen. Trudy und Collin sehen mich erstaunt an. “Lucian hat sie umgebracht? Und Fynn hat ihn einfach machen lassen?” “Er scheint sich damit abgefunden zu haben.”, sagt Collin schulterzuckend und wendet sich wieder Trudy zu. “Wo war ich? Wo war ich?”, fragt diese verwirrt und trommelt mit ihren kleinen, runzligen Fäusten auf ihrer Stirn herum. “Ich hatte gesagt, dass Fynns Auserwählte tot ist.”, half ihr Collin auf die Sprünge. “Ach ja! Ach Ja! Und du bist dir sicher, und du bist dir sicher, dass sie nicht die Reinkarnation ist, dass sie nicht die Reinkarnation ist?” “Die Reinkarnation… Scheiße, daran habe ich nicht gedacht… Das kann sein…” “Hat Fynn was dazu gesagt? Hat Fynn was dazu gesagt?”, richtet sich die Hexe jetzt an mich. “Er wollte es mir sagen, doch dann kam Kraven dazwischen geplatzt und Fynn ist verschwunden.” “Wer ist Kraven? Wer ist Kraven?” “Ihr Freund.” “Oh! Oh!” “Du kannst inzwischen schon ein ‘Ex’ davor sagen.”, sage ich genervt und lehne mich auf der Couch zurück, nur um mich im nächsten Moment wieder nach vorn zu bewegen, da eine Feder mir kräftig in den Rücken sticht. “Oh! Oh!” “Seit wann seid ihr nicht mehr zusammen?”, fragt Collin verblüfft. “Seit heute Nachmittag. Ich kann mich aber nicht dran erinnern. Das war die Aktion, bei der ich den Filmriss hatte.” “Und du glaubst nicht, dass du die Situation nur schnell vergessen wolltest und sie so verdrängt hast?” “Innerhalb einer halben Minute?”, ich blicke ihn ungläubig an, “Man kann doch innerhalb von dreißig Sekunden so seine Tat nicht vergessen!” “Wie verstand sich Fynn mit Kraven? Wie verstand sich Fynn mit Kraven?” “Oh, sie haben sich gehasst.”, sage ich und muss unwillkürlich grinsen, “Fynn war Kraven immer einen Schritt voraus und das hat er ausgenutzt um Kraven fertig zu machen.” Langsam aber sicher regen mich der ihre Wiederholungen auf, wobei mir jetzt eine King of Queens Serie in den Sinn kommt. Doug und Carey haben sich über jemanden aufgeregt, weil sie so oft ‘eindeutig’ gesagt hat. So langsam aber sicher, denke ich auch, dass ich getrost mit meiner Story einen Film machen kann, denn das, was ich durchlebe ist ja nun wirklich nicht normal und würde bei den Leuten bestimmt ankommen. “Könnte sein, dass Fynn von ihr Besitz ergriffen hat, um Kraven loszuwerden?”, fragt Collin und blickt zu Trudy. “Möglich, möglich.” “Dann müssen wir nur noch den Geist, also Fynn vertreiben.”, sagt Collin. “Oja! Oja! Ich werde alles vorbereiten! Ich werde alles vorbereiten!” Trudy steht auf und wuselt in die Küche, um diverse Sachen zu holen. Die Sachen legt sie jetzt auf einem kleinen Stuhl ab und rollt ihren Teppich zur Seite. Ein alter morscher Holzboden kommt zum Vorschein. “Tadaa! Tadaa!”, ruft sie und hält eine weiße Kreide in die Höhe. “Was soll das denn?”, frage ich Collin verwirrt und sehe zu wie sie uns triumphierend ansieht. “Du einfach so, als wäre die Kreide was ganz tolles!”, sagt Collin leicht belustigt. Es ist offensichtlich, dass er ebenso wenig einen Schimmer von der Sache hat wie ich. Trudy krempelt jetzt die Ärmel hoch und beginnt ein Pentagramm auf den Boden zu zeichnen. “Stell dich hier rein! Stell dich hier rein!”, sagt sie und deutet auf die Mitte des Sterns. Mit mulmigen Gefühl trete ich hinein und sehe Collin ängstlich an. Er kommt jetzt auf den Stern zu, bleibt aber außerhalb und lächelt mich ermutigend an. Jetzt stellt die Hexe fünf Kerzen an die Spitzen und legt in die durch das zeichnen entstandenen Zwischenräume den anderen Krimskrams, den sie vorhin noch geholt hatte. “Die Hand der Fatima oben! Die Hand der Fatima oben!”, murmelt sie und legt eine Tonhand mit vier gleich langen Fingern in den einen Zwischenraum, der direkt hinter mir liegt. Eine getrocknete Blume legt die in den Spalt zu meiner Linken. “Das Auge des Osiris… Das Auge des Osiris…” murmelt sie weiter und legt einen unförmigen Gegenstand aus Metall auf die Rechte Seite. Als nächstes sehe ich, wie sie einen Caduceus (AdA: Hermesstab) in die linke untere Ecke legt und schließlich einen Ring in die letzte noch freie Ecke. “Collin! Collin! Lösche das Licht. Lösche das Licht!”, sagt Trudy. Collin geht zu den großen Kerzenleuchtern in der Ecke und bläst die Kerzen aus. Für einen Moment herrscht vollkommene Dunkelheit, doch dann gewöhnen sich meine Augen an das wenige Licht, das der Vollmond hineinwirft. Neben mir flammt ein kleines Licht auf. Jetzt sehe ich, wie Trudy eine Kerze nach der anderen entzündet und dann vor mir stehen bleibt. Ich sehe der Sache immer noch missmutig zu. Ich habe das Gefühl, dass irgendwas bestimmt schief laufen wird. Allgemein ist hier in Wendgräben noch nichts wirklich gut gegangen. Trudy schließt die Augen und breitet die Arme aus. “Du musst verstehn! Aus Eins mach Zehn, und Zwei lass gehn, und Drei mach gleich, so bist du reich. Verlier die Vier! Aus Fünf und Sechs, so sagt die Hex, mach Sieben und Acht, so ist’s vollbracht: Und Neun ist Eins und Zehn ist Keins. Das ist das Hexeneinmaleins!” “Das glaub ich jetzt nicht!”, platzt es mir heraus. Trudy erwacht aus ihrer Trance und Collin sieht mich erschrocken an. “Das ist Goethe! Aus Faust! Wie soll mir das bitte helfen?” “Lass mich doch einfach machen. Lass mich doch einfach machen. Jetzt muss ich noch mal anfangen. Jetzt muss ich noch mal anfangen.” Trudy blickt mich leicht beleidigt an. Jetzt schließt sie ihre Augen erneut und beginnt von Neuem das Hexeneinmaleins aufzusagen. Mir fällt auf, dass sie dies nicht noch einmal wiederholt, wie es bei ihren ganzen anderen Sätzen der Fall war. Jetzt beginnt sie etwas in einer fremden Sprache zu murmeln und mein Körper wird plötzlich ganz heiß. Die Temperatur treibt mir den Schweiß auf die Stirn, doch dieser Zustand bleibt nicht lange. Im nächsten Moment wird mein Körper von eisiger Kälte durchflutet. Und jetzt ein stechender Schmerz im Kopf. So stark, dass ich mich kaum auf den Beinen halten kann. Meine Beine Zittern als seien sie aus Wackelpudding und geben jetzt doch nach. Hart schlage ich mit den Knien auf dem Holzboden auf, die Hände an meinem Kopf, jetzt unfähig einen klaren Gedanken fassen zu können. In meinem Kopf breitet sich Nebel aus und es fühlt sich an, als hätte ich Watte in den Ohren. Alles höre ich nur noch dumpf, wie aus weiter Ferne. Doch der Schmerz in meinem Kopf wird immer stärker und nicht nur das. Er breitet sich in meinem ganzen Körper aus und raubt mir nun völlig den Verstand. Alles beginnt sich zu drehen und in den verschiedensten Farben zu leuchten. Mir kommt es vor als ob ich voll auf einem LSD-Trip bin. Die Gesichter verformen sich und nehmen merkwürdige Gestalten an, wieder beginnt sich alles zu drehen und dann wird mir schwarz vor Augen.
 

Soo, das war’s schon wieder. Ich hoffe das Kapitel ist einigermaßen akzeptabel und ihr schaut euch das dritte auch noch an… sobald ich es fertig habe ^^’ … Aber zuerst zu diesem Kapitel. Wie hat es euch gefallen? Eure Meinungen interessieren mich brennend. Das war’s aber erst einmal von mir. Bis zum nächsten Mal! *wink* See ya!

Die Banshee



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  RaMonstra
2007-07-11T18:01:19+00:00 11.07.2007 20:01
Ok, aslo der Humor in der Geschichte ich klasse ^__^
Das mit dem Tetrapack war genial XDDD

Was ich allerdings merkwürdig finde, ist die Tatsache, dass jeder es irgendwie normal findet, das Fine von einem Vampir angegraben wird o__Ò
Es scheint niemaden wirklich zu schockieren, dass sie in einem Schloss mit Vampiren wohnen ._______. und sie ständig gebissen wird.

lg Sei
Von:  Izumi_2412
2007-02-18T19:22:25+00:00 18.02.2007 20:22
finde es bis jetzt sehr interessant...
Von: abgemeldet
2007-02-17T11:55:34+00:00 17.02.2007 12:55
ha, so obwohl ich nich sofort n kommi hinterlassen hab, bin ich doch noch die erste, die zu diesem kapitel ihre spurren hinterlässt^^

die hexe is wirklich genial. die hexe is wirklich genial.

dafür, dass so viel in diesen zwei tagen passiert ist, bleibt sie ziemlich ruhig, ich würd ja, glaub ich, voll den kopf verlieren ><

dat isielie


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