Lebe ich noch? Sterbe ich? Oder bin ich schon tot?
TROPF --- TROPF --- TROPF
Lebe ich noch? Sterbe ich? Oder bin ich schon tot?
TROPF --- TROPF --- TROPF
Dunkelheit. Um mich herum ist nichts als Dunkelheit. Vor meinem inneren Auge sehe ich den Säureregen langsam durch das meterdicke Gestein des Höhlendaches, an armdicken Stalaktiten entlang in die nach Schwefel stinkenden Lachen des Höhlengrundes rinnen.
TROPF --- TROPF --- TROPF
Wie in Zeitlupe beobachte ich, wie der Tropfen in das Schwefelmeer eindringt, kreisrunde Wellen schlägt und wieder in die Höhe gewirbelt wird, als würde die Lache ihn ausspeien.
Selbst hier, in den Katakomben des Zentralmassivs, gibt es kein Entkommen vor der Verdammnis, die die Menschheit selbst heraufbeschworen hat.
Die großen Zivilisationen – vor Jahrtausenden zerstört.
Die tiefen Wälder – niedergebrannt, in der Hoffnung, wiederzuerrichten, was längst verloren war.
Das Leben auf der Oberfläche des Planeten, den man einst Erde nannte – untergegangen im Feuersturm, den die Menschen selbst entfachten.
Was von ihnen noch übrig ist, hockt in tiefen, dunklen Höhlen und fristet ein erbärmliches Dasein.
Und noch immer herrscht Krieg. Bin nun auch ich ein Opfer dieses Krieges geworden?
Kriegsherren sind erfinderisch. Da sie nicht selbst an die Oberfläche zurückkehren können, haben sie Drachen gezüchtet, die sie für sich kämpfen lassen. Volk gegen Volk, Stamm gegen Stamm, jeder bemüht, seine knappen Ressourcen zu Lasten des Anderen zu mehren. Stirbt der Drache, ist der Stamm dem Untergang geweiht.
Wir sind anders. Denn wir sind die Drachentöter. Wir töten nicht, um zu unterwerfen, sondern um Allianzen zu schließen. Unsere Mission ist es, die Drachenkriege zu beenden und die Menschheit zu einen. Und unsere Sippe wächst. Jahr für Jahr, Monat für Monat, mit jedem toten Drachen folgen mehr verzweifelte Menschen unserem Glauben.
Doch diese Drachen waren zu stark für mich und meinen Vater. Wer konnte auch ahnen, dass das alte Drachenweibchen ein fast ausgewachsenes Junges hat.
„Vater? VATER!“
Mit einem Satz springe ich auf die Beine und reiße meine Augen auf. AH, was blendet das! Der glutrote Ball der Morgensonne strahlt durch den Eingang der Höhle in das Gewölbe, so dass ich meine Augen mit meinem Arm abschirmen muss. Ich lebe also noch. Gut.