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Move on to new Frontiers

Auf zu neuen Grenzen
von

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Bumbelbee

~Agunimon~
 

Müde und etwas benommen richtete Takuya sich auf.

Irgendwie hatte er das Gefühl, gerade aus einem verdammt seltsamen Traum aufgewacht zu sein... wer weiß, vielleicht hätte er doch nicht mehr so lange vor der Konsole sitzen bleiben sollen.

Unfähig, seine müden Augen zu öffnen, stolperte der Junge in Richtung Badezimmer, doch als er gerade seine Zimmertür öffnen wollte und dabei ins Leere griff, merkte er, dass etwas nicht stimmte. Er verlor das Gleichgewicht und fiel unsanft auf harten Boden, wo er sich erst mal energisch den Schlaf aus den Augen wischte, um seine Umgebung erkennen zu können.
 

Was er sah, war nicht sein Zimmer. Er war noch nicht mal in seinem Haus, auch nicht an irgendeinem anderen Ort, den er kannte. Der Boden, auf dem er saß, war aus schwarzem, unebenem Gestein. Hier und dort ragten große und kleine Vulkane aus dem Boden, von denen einige in unregelmäßigen Abständen Lava ausspieen.

Dennoch war Takuya nicht heiß, obwohl die unwirtliche Landschaft und der von schwarzem Rauch bedeckte Himmel aussahen, als würde jedes lebende Wesen hier innerhalb von Sekunden zu Asche verbrennen.
 

Eine rasche Bewegung ließ den Jungen aufmerken. Ein sehr kleines Wesen war gerade hinter einen der kleineren Vulkane geflüchtet. Nun hellwach stand Takuya auf und sah in die Richtung, in die das Wesen verschwunden war.
 

Eine winzige, leuchtend orange Schnauze schnupperte schüchtern hinter dem schwarzen Gestein hervor. Dem folgte nach einigem Zögern ein dinosaurierartiger Kopf mit großen, grünen Glupschaugen.

Mit einer Mischung aus Angst und Neugierde blickten diese klaren Augen zu Takuya auf, bis sich der kleine Dinosaurier schließlich ganz hinter dem Vulkan hervorwagte. Sein Körper war winzig im Vergleich zu seinem Kopf, trotzdem schien es stehen zu können.
 

„Agunimon-sama... Herr des Feuers...“, flüsterte es ehrfürchtig, und es wirkte, als sei ihm Gott persönlich begegnet.

Langsam ließ der Angesprochene sich auf die Knie sinken. In den großen, glänzenden Augen seines Gegenübers konnte er sein Spiegelbild sehen, und wer ihm dort mit überraschtem Gesicht entgegenblickte war tatsächlich kein anderer als Agunimon.
 

Aber wie war das möglich?
 

„Wo... bin ich hier?“, fragte er verwirrt.

Offenbar begeistert, dass eine so hochrangige Persönlichkeit wie Agunimon ihn persönlich ansprach, wedelte das etwa fußballgroße Wesen mit seinem kurzen Schwanz und begann eiligst zu sprechen: „Ihr seid hier im Reich des Feuers, werter Agunimon-sama, tief im Herzen der Vulkanebene auf dem Kontinent Server!“

Seine hohe, etwas piepsige Stimme überschlug sich fast vor Aufregung, als es sprach. Nach einem kurzen Moment des Schweigens fügte es schüchtern hinzu: „Und ich bin BabyAgumon, eines der kleinsten Kinder hier.“
 

„BabyAgumon also?“ wiederholte Agunimon fragend und überging dabei lieber, dass der Kleine vor Begeisterung aufsprang, als er seinen Namen aus dem Mund des Helden hörte.

‚Na da hab ich ja nen Fan gefunden... Die Frage ist nur, wie ich hierher gekommen bin...’, dachte Takuya bei sich. Soweit er sich erinnern konnte, müsste er eigentlich in seinem Bett in der Menschenwelt liegen.
 

Der nervige Klingelton seines Handys riss ihn aus seinen Gedanken. Eilig wühlte er in seiner Hosentasche und zog nach kurzer Suche den D-Tector hervor. Sein Handy hatte sich also auch wieder verwandelt.

„Komm nach Holy Castle“ war auf dem Bildschirm zu lesen.
 

„Holy Castle...“, wiederholte Agunimon nachdenklich, „Und wie soll ich da bitte hinkommen?“

„Nach Holy Castle fährt ein Trailmon.“, antwortete ihm BabyAgumon ungefragt. „Ich kann Euch zum Bahnhof bringen, Agunimon-sama, wenn Ihr das wünscht. Das Trailmon Bumbelbee fährt dorthin.“

„Echt? Super!“, rief Agunimon begeistert, was seinen kleinen Gesprächspartner erschrocken zusammenzucken ließ.

Entschuldigend lächelnd fuhr der Krieger fort: „Könntest du mich vielleicht zum Bahnhof bringen?“
 

BabyAgumon nickte bestätigend und hopste sofort los.

„Hier entlang. Wir müssen uns ein bisschen beeilen, Bumbelbee kommt nur dreimal im Jahr hier vorbei. Ihr habt wirklich Glück, dass das gerade heute ist.“

Mit einer Geschwindigkeit, die Takuya dem Kleinen nicht zugetraut hätte, sprang das Digimon voraus. Agunimon folgte ihm, den Kopf noch immer voller Fragen.

Eine davon drängte sich ihm besonders auf: Warum war er wieder hier? Ob die Digiwelt erneut in Gefahr war? Aber wenn, was bedrohte sie?
 


 

~Blitzmon~
 

Unruhig sah der große, blaue Käfer sich um, das stählerne Gesicht zu einer nachdenklichen Miene verzogen.

Eingeschlafen war er noch als Mensch in seinem Bett, aufgewacht war er als Digimon in einer seltsamen Fabrik, die scheinbar ganz von alleine lief. Auf seinem D-Tector war die Nachricht erschienen, er solle sich nach Schloss Holy Castle begeben... wo auch immer das nun liegen mochte.
 

„Kann ich Euch vielleicht helfen, Blitzmon-sama?“, fragte eine mechanisch klingende Stimme von hinten. Der Angesprochene wirbelte erschrocken herum und fand sich einem mindestens vier Meter hohen Androiden gegenüber, der ihn seltsam starr anblickte.

„Verzeiht, sollte ich Euch erschreckt haben“, entschuldigte sich dieser, wobei er sich etwas steif verbeugte, „Mein Name ist Andromon, ich bin der Leiter und Beschützer dieser Fabrik.“

„Ähm... sehr erfreut.“, presste der Käfer hervor.

Andromons steifes, mechanisches Wesen verunsicherte ihn, auch war er es nicht gewohnt, mit dem Suffix „-sama“ angeredet zu werden.
 

„Können Sie mir vielleicht sagen, wo ich hier bin?“, fragte er, um zumindest etwas weiterzukommen und so dem durchdringend starren Blick des Digimons schnellstmöglich zu entgehen.

Andronmon neigte den Kopf.

„Dies ist eine Fabrik auf der File-Insel in der Digiwelt.“

Nun, das war zumindest eine klare Antwort. Ermutigt fragte Blitzmon weiter:

„Wissen Sie, wo Holy Castle liegt und wie ich dort hinkomme?“

„Das Schloss Holy Castle ist die Residenz der drei heiligen Engel auf dem Kontinent Folder.“, antwortete das Digimon wie automatisch, „Um dort hinzugelangen, müsst Ihr zunächst mit dem Trailmon Iron zur Windfabrik der Kokuwamon auf dem Kontinent Server fahren und dort in das Trailmon Bumbelbee umsteigen, das dreimal im Jahr über ganz Server und Folder nach Holy Castle fährt.“
 

„Kompliziert...“, klagte Blitzmon, „geht das denn nicht einfacher?“

„Nein.“, beantwortete Andromon die eigentlich rhetorisch gemeinte Frage, „Die Trailmon hier fahren nur zwischen den Fabriken, und Bumbelbee kommt nicht auf die File Insel.“

Junpei seufzte ergeben.

„Dann mach ich mich mal auf den Weg zum Bahnhof...“
 

Andromon drehte sich mit einem unangenehm mechanischen Geräusch um und deutete einen Gang hinab.

„Wenn Ihr diesen Gang entlanggeht und am Ende links abbiegt erreicht Ihr die Eingangshalle. Von dort weisen Euch Schilder den Weg zum Bahnhof. Ich wünsche eine angenehme Reise, Blitzmon-sama.“

Der Cyborg verbeugte sich geräuschvoll, wandte sich um und verließ den Raum.

Junpei ging kopfschüttelnd in die ihm angegebene Richtung. Dass in dieser Welt auch immer alles so umständlich laufen musste...
 

Der Weg zum Bahnhof war in der Tat gut ausgeschildert und Junpei saß kurze Zeit später in einem Trailmon Richtung Windfabrik. Da er noch nicht gefrühstückt hatte und es weder in Andromons Fabrik noch im Zug etwas zu Essen gab, genehmigte er sich unterwegs ein paar seiner Schokoladentafeln, die zum Glück zusammen mit dem D-Tector ihren Weg in Blitzmons Hosentaschen gefunden hatten.

Wenigstens etwas.
 

Nach etwa ein oder zwei Stunden Fahrt kam das Trailmon schnaufend zum Stehen.

Junpei stieg aus, bedankte sich mit einer Tafel Schokolade bei der Lok und sah sich erst mal nach einem Fahrplan um.

Laut Andromon kam das Trailmon Bumblebee nur dreimal im Jahr hier durch, wenn er Pech hatte, würde er also ziemlich lange warten müssen.
 

Nach kurzem Suchen fand er tatsächlich einen solchen Plan. Hier schienen ziemlich viele verschiedene Trailmon zu fahren, die meisten regelmäßig, andere schneiten wohl zufällig ab und zu herein.

Blitzmon fuhr suchend mit dem Finger über den Plan, bis er den gesuchten Zug fand.

Er hatte Glück, Bumbelbee kam offensichtlich bereits in vier Tagen vorbei.

Bis dahin konnte er sich ja in der Nähe aufhalten... vielleicht gab es hier auch irgendwo etwas Anständiges zu Essen, Schokolade alleine machte ja auf Dauer auch nicht richtig satt.
 

Drei Tage später stand Blitzmon wieder am Bahnhof.

Er hatte die Zeit genutzt, um in der Windfabrik zu arbeiten, und dabei etwas Geld verdient, mit dem er in der Digiwelt auch etwas anfangen konnte.
 

Ein leises Glockenklingen ließ Junpei aufsehen.

Auf dem Gleis, an dem er wartete, fuhr ein Trailmon ein, das tatsächlich große Ähnlichkeit mit einer Hummel aufwies.

Es hatte ein freundliches, gelbes Gesicht, sein Körper war gelbschwarz gestreift und seine sechs Räder schienen von jeweils einem der Insektenbeine gedreht zu werden. Von seinen Fühlern baumelten Glocken, wie man sie bei ganz alten Zügen im Museum noch sah.
 

Besonders schnell schien dieses Trailmon nicht zu sein...

Aber wenn es das einzige war, das nach Holy Castle fuhr, hatte er wohl keine andere Wahl, als einzusteigen.
 

Im Inneren des eher altmodischen Waggons saßen nicht viele Leute.

Auf einem Platz zu seiner Linken saß eine Art Revolver in Jeans und Cowboystiefeln, der auf einer Gitarre spielte und Countrysongs vor sich hin sang. Dem Eingang gegenüber zu Junpeis Rechten saß ein altes Ehepaar. Die Frau, eine alte Koboldin mit hochgesteckten Haaren, strickte an irgendetwas, während ihr Ehemann, der ein wenig wie ein Steinzeitmensch aussah und zur Hälfte hinter seinem weißen Bart verschwand, zu schlafen schien.

Etwas weiter links von ihnen lag ein teufelähnliches Digimon quer über die ganze Bank ausgestreckt. Die Arme hinter dem gehörnten Kopf verschränkt und die paarhufigen Füße über der Armlehne verschränkt, lag es geradezu provokativ da und schien zu schlafen.
 

Blitzmon trat näher an den Teufel heran, um seine Ahnung zu bestätigen.

„Takuya?“
 

Das Digimon vor ihm gab ein fragendes Brummen von sich und öffnete müde eines seiner hellblauen Augen. Die Katzenartige Pupille verengte sich, um den Käfer genauer zu betrachten, dann öffnete Agunimon in plötzlichem Erstaunen auch das zweite Auge.

„Junpei?“
 


 

~Wolfmon~
 

Verwundert sah Kouji sich um.

Was er sah, glich einer lichterfüllten Traumlandschaft; der Boden war aus weißem Marmor, auf dem überall seltsam gewundene Bäume aus glänzendem Kristall wuchsen. In der Luft schwebten Lichtkugeln, die ein wunderschönes Farbenspiel in den Kristallbäumen schufen.
 

„Bin ich hier im Himmel?“, fragte Kouji sich selbst, „So hohes Fieber hatte ich doch gar nicht...“

Unsicher legte er sich die Hand auf die Stirn. Er stutzte, als er etwas Hartes vor seinem Gesicht spürte. Etwas irritiert tastete er danach, spürte die Formen seiner Wolfsmaske.

Er ließ die Hände sinken und starrte sie an.

Enge, schwarze Handschuhe bedeckten die erwachsenen Hände, schwere Rüstungsteile schützen die Unterarme.
 

Er war eindeutig zu Wolfmon digitiert.

Also musste er wohl in der Digiwelt sein... oder in irgendeinem verrückten Fiebertraum.
 

Ein Klingeln aus seiner Hosentasche ließ ihn diese Möglichkeit vorerst vergessen. Ein solches Geräusch hätte ihn normal aufwecken müssen, wenn er geschlafen hätte.

Eilig suchte er nach seinem Handy und hatte kurz darauf seinen D-Tector in der Hand.

„Komm nach Holy Castle“, stand auf dem Bildschirm.
 

„Na danke...“, brummte Wolfmon genervt.

Er war krank und wollte nur zurück ins Bett. Diese verdammten Engel nahmen auch wirklich auf nichts Rücksicht...
 

Ein ungeheuer lautes Dröhnen ertönte plötzlich hinter ihm.

Erschrocken drehte Wolfmon sich um und sah auch schon die riesige Lokomotive auf sich zu rasen. Reflexartig sprang der Krieger zur Seite und entging um Haaresbreite den stählernen Rädern.

Der Güterzug rauschte laut und schnell schnaufend an ihm vorbei, das Geräusch echote mit ungeheurer Lautstärke in Koujis Kopf wieder. Ein solcher Krach war wirklich das Letzte, was der Junge jetzt brauchen konnte...
 

Zitternd stand der Wolfskrieger auf. Die Räder des Zuges hatten tiefe Spuren in den Marmorboden geschlagen, Bäume, die in seinem Weg standen, lagen in Trümmern auf dem Boden.

Das Zischen und Schnaufen kam näher, der Zug hatte sich gedreht und raste erneut mit einem dröhnenden Warnlaut auf Wolfmon zu. Trotz seiner schlechten Verfassung gelang es dem Krieger, dem Angriff ein weiteres Mal auszuweichen.

Wieder rauschte der Zug an ihm vorbei, wieder fuhr er eine ausladende Schleife, um seinen Gegner doch noch zu erwischen.
 

Wolfmon zielte mit dem linken Arm auf das Maschinenmonster und feuerte eine Lichtkugel ab, doch der Angriff war wirkungslos gegen das stählerne Ungetüm.

Ausweichen war auf Dauer wohl auch keine Lösung, denn die Lokomotive hatte zweifellos sehr viel mehr Ausdauer, als Kouji in seinem geschwächten Zustand aufbringen konnte.

Blieb also nur eine Lösung.
 

Mit einem gewagten Satz sprang Wolfmon direkt auf seinen Gegner zu. Geschickt drehte er sich in der Luft, bekam mit beiden Händen das Dach des Güterwaggons zu fassen und hielt sich so mit aller Kraft auf dem Rücken des Digimons fest.
 

Dieses schien ihn dort nicht mehr sehen zu können, oder es betrachtete ihn nicht mehr als Gegner, da er den Boden verlassen hatte. In jedem Fall fuhr das Digimon nur noch geradeaus, weiterhin alles zerschmetternd, was das Pech hatte seine Bahn zu kreuzen.
 

„ICH FAHRE! IMMER SCHNELLER!! GRAND LOCOMON FÄHRT BIS ANS ENDE DER WELT!!!“, brüllte das Monster.
 

Das laute Dröhnen der Maschine hallte schmerzhaft in Koujis Kopf wieder, vermischte sich mit dem schrillen Knirschen der zerschmetterten Bäume zu einer ausgesprochen schmerzfördernden Geräuschkulisse, die ab und an von einem ohrenbetäubenden Warnlaut zerrissen wurde.
 

Gequält schloss Wolfmon die Augen, um sich zumindest vor den viel zu schnell vorbeirauschenden Farben und Lichtern zu schützen, die wie ein grelles Feuerwerk noch durch seine geschlossenen Lider blitzten.

Gerade, als er im Begriff war aufzugeben und sich einfach fallen zu lassen, waren die Lichter plötzlich verschwunden. Wolfmon öffnete verwundert die Augen, doch außer den wirren Farben, die noch vor seinem geistigen Auge tanzten, schien es kein Licht mehr zu geben.
 

Auch Locomon schien die plötzliche Finsternis bemerkt zu haben, jedenfalls schaltete es seine Scheinwerfer ein. Im hellen Lichtkegel seiner Frontleuchten zeichneten sich die Schatten bizarrer Bäume und Felsen ab, die im Vorbeirauschen wie wilde Tiere oder Dämonen wirkten.

Wolfmon klammerte sich mit aller Kraft an das Dach des Güterwaggons. Das Gefährt bot kaum richtigen Halt und die immense Geschwindigkeit der Lok trug auch nicht gerade zu einer sicheren Fahrt bei.
 

„DEN GEGNER... VERNICHTEN!!!“, brüllte Locomon plötzlich und stieß erneut seinen furchtbaren Warnlaut aus.

Inmitten der Finsternis blitzten urplötzlich zwei glühend rote Augen auf. Kurz war im Licht der Scheinwerfer die schlanke Gestalt Löwemons zu erkennen, da sprang dieser auch schon behände zur Seite und verschwand erneut in den Schatten.

Wütend brüllte Locomon auf und wendete so plötzlich, dass es Wolfmon beinahe heruntergerissen hätte. Mit Mühe gelang es ihm, sich wieder auf das Dach des Waggons zu ziehen und dort notdürftig zu halten.
 

„Endlich Meteor!“

Löwemons mächtiger Angriff schlug laut donnernd gegen Locomons Seite. Dieser jedoch schien den Angriff kaum zur Notiz zu nehmen, er brauste unbeschadet weiter auf seinen Gegner zu.
 

Erneut war der Umriss des Löwenkriegers kurz im Licht der Scheinwerfer zu sehen, bevor er wieder blitzschnell in den Schatten verschwand. Seine rotglühenden Augen blitzen aus dem pechschwarzen Nichts hervor wie die eines seelenlosen Dämons, schienen seinen Angreifer genau zu verfolgen, als dieser erneut umdrehte um ihn zu überrollen.
 

Diesmal war Wolfmon auf die Bewegung gefasst und glaubte, sich auf dem Waggon halten zu können, als in aus dem Nichts plötzlich einer der knorrigen Äste traf.

Er verlor den Halt, erwartete schon den unangenehmen Aufprall, als plötzlich jemand seine Hand packte und ihn zurück auf den Zug zerrte. Die scheinbar ausdruckslos glühenden Augen waren das einzige, was Kouji in der Finsternis von seinem Zwillingsbruder sehen konnte, doch er fühlte die Wärme seiner Hand, als dieser ihn zu sich auf das stählerne Digimon zog.
 

„Weißt du, was dieses wahnsinnige Digimon vorhat?“, fragte Kouichi, als Locomon wieder geradeaus weiterrauschte.
 

„FAHREN! IMMER WEITER!!“, antwortete Locomon gleich selbst. Kouji stöhnte verzweifelt, als die dröhnende Stimme ihn erneut an seine Kopfschmerzen erinnerte.

Er hatte die Arme um Löwemons schlanken Körper geschlungen, dieser schien selbst guten Halt auf dem Zug gefunden zu haben.
 

„Fährst du auch nach Holy Castle?“, fragte der Löwe weiter.

„GRAND LOCOMON FÄHRT BIS ANS ENDE DER WELT UND NOCH VIEL WEITER!!!“, donnerte die Stimme der Maschine wütend.
 

„Okay okay.“, lenkte Löwemon ein, „Aber könntest du uns unterwegs in Holy Castle absetzen?“
 

„GRAND LOCOMON BLEIBT NIEMALS STEHEN! IMMER WEITER FAHREN, BIS IN ALLE EWIGKEIT!!!“
 

Kouichi seufzte ergeben. Abspringen war bei dieser Geschwindigkeit sicher eine schlechte Idee, und wenn GrandLocomon wirklich bis ans Ende der Welt fuhr, dann gute Nacht.
 


 


 

~Chakmon~
 

Schon seit einiger Zeit lief Tomoki ziellos durch die schneebedeckte Hügellandschaft, in der er heute Morgen aufgewacht war. Frieren tat er kein bisschen, obwohl stetig neuer Schnee vom Himmel fiel und die Temperatur so um den Nullpunkt liegen musste.
 

Aber als Legendärer Krieger des Eises fühlte er sich hier eigentlich ganz wohl.

Nur hatte er keine Ahnung, wie er von hier aus nach Holy Castle kommen sollte, wie es die Anweisung auf seinem D-Tector verlangte.

In dieser Landschaft sah einfach alles gleich aus... und er wusste ja nicht einmal, wo dieses Holy Castle überhaupt lag.
 

„Nanu, was macht denn ein kleiner Junge wie du hier so ganz allein?“, hörte er plötzlich eine Stimme neben sich, die ihn ein wenig an die seiner Mutter erinnerte.

Chakmon drehte sich um und erblickte eine Art Schneemann – oder eher Schneefrau -, die ihn besorgt ansah.

„Ich bin heute morgen einfach hier aufgewacht.“, antwortete der Kleine wahrheitsgemäß, „Ich weiß nicht, wie ich hierher gekommen bin.“

Die Schneefrau legte den Kopf schief.

„Einfach hier aufgewacht? Wie geht denn das, bist du im Schlaf etwa vom Himmel gefallen?“

„Nicht ganz, glaub ich.“, sagte Chakmon, „Ich komme eigentlich aus einer anderen Welt.“
 

Sein Gegenüber bekam große Augen. „Aus einer anderen Welt, sagst du? Bist du dann etwa...“, ihr Blick fiel auf das Symbol auf seiner Brust, „Der Legendäre Krieger Chakmon-sama...“

Tomoki errötete sichtbar. „Ähm... Ja... Der bin ich.“

Die Schneefrau verbeugte sich deutlich. „Verzeiht mir mein unangemessenes Verhalten, ich hielt euch für ein Kind... Mein Name ist übrigens Yukidarumon.“
 

„Ach, schon okay.“, beruhigte sie Tomoki, „Ich bin ja eigentlich auch noch ein Kind.“

Er lächelte Yukidarumon lieb an, dann fiel ihm noch etwas ein:

„Sag mal, weißt du zufällig, wie ich nach Holy Castle komme? Ich soll da nämlich hin, und ich weiß gar nicht, in welche Richtung ich da muss...“
 

Etwas nachdenklich sah Yukidarumon den kleinen Bären an. „Nun, zu Fuß kämst du ohnehin nicht nach Holy Castle, das ist viel zu weit weg. Aber ich glaube, es gibt ein Trailmon, das dort hinfährt... aber nicht oft.“

Sie machte eine kurze Pause, als versuchte sie, sich an etwas zu erinnern, worauf sie nie sonderlich geachtet hatte, dann fuhr sie fort. „Nein, es fällt mir wohl nicht mehr ein. Aber es kann nicht öfter als zwei, dreimal im Jahr gewesen sein. Ich habe zuhause einen Fahrplan hängen, weil die Kinder immer mit den Trailmon zur Schule fahren, da können wir nachsehen.“
 

„Echt? Super!“, freute sich Chakmon. Schließlich war es wirklich nicht selbstverständlich, dass jemand völlig Fremdes einem Hilfe anbot.

„Ach, das mache ich doch gerne.“, versicherte ihm Yukidarumon, „Wenn du willst, kannst du auch gleich bei uns zu Abend essen. Bei uns wohnen so viele Kinder, da kommt es auf einen mehr oder weniger schon nicht mehr an. Und du hast sicher Hunger, nicht wahr?“

„Ja... Ich hab seit gestern Abend nichts mehr gegessen...“, gestand Tomoki verlegen, als sein Magen bereits zu verstehen gab, dass er die Einladung gerne annahm.

„Na dann gehen wir am besten gleich los.“, schlug Yukidarumon vor, „Mein Haus ist hier ganz in der Nähe.“
 

Das Trailmon nach Holy Castle, ein gewisses Bumbelbee, fuhr laut Fahrplan tatsächlich nur alle vier Monate einmal. Danach betrachtet hatte Tomoki wohl richtig Glück gehabt, dass es schon in zwei Wochen am Bahnhof der Eiswüste vorbeikommen würde.
 

Yukidarumon war aber eine wirklich freundliche Gastgeberin, und ihr Mann, Moyamon, war auch sehr sympathisch. Gemeinsam leiteten sie eine Art Waisenhaus für alle Digimon Kinder, die hier in Eis und Schnee leben konnten und irgendwie ihre Eltern verloren hatten.
 

Chakmon fühlte sich richtig wohl in dieser großen Familie, und irgendwie fiel es ihm schon schwer, sich zwei Wochen später verabschieden zu müssen. Aber es musste sein. Von Moyamon hatte er erfahren, dass in letzter Zeit seltsame Dinge in der Digiwelt geschehen waren. Im Moment waren es nur Gerüchte, doch manche spirituell begabten Digimon glaubten, die Präsenz des Bösen verstärkt wahrzunehmen.

Und dass Tomoki nun hier war und nach Holy Castle kommen sollte, war der endgültige Beweis dafür, dass die Kraft der Legendären Krieger wieder gebraucht wurde.
 

Zischend wie eine Spielzeuglokomotive rollte das Trailmon Bumbelbee ein. Es war gelb und schwarz gestreift und sah irgendwie lustig aus, fand Chakmon.
 

Eilig verabschiedete er sich von Moyamon und Yukidarumon, dann stieg er ein. Das Abteil war schon recht voll, fast die Hälfte des Raumes wurde von einer Gruppe Digimon eingenommen. Diese waren fast alle auf dem Child-Level, abgesehen von einer großen Kaktusdame und einem Löwenmenschen, die verzweifelt versuchten, den Überblick über die Kleinen zu behalten.

Ein Teil der Kinder hatte sich um einen seltsamen Cowboy gruppiert, der wie eine Pistole mit Gitarre aussah und mit den Kindern Lieder sang. Ein paar andere unterhielten sich begeistert und eine weitere kleine Gruppe hatte sich um einen blauen Stahlkäfer gesammelt, der mit ein paar Tüchern Zaubertricks vorführte.

Chakmon lächelte, als er das große Digimon erkannte. Er war also nicht der einzige, der schon auf dem Weg nach Holy Castle war.
 

„Hey, Tomoki!“, rief plötzlich eine nur allzu bekannte Stimme von weiter hinten im Abteil.

Überrascht und erfreut zugleich drehte der Kleine sich um.

„Takuya Oniichan!“

Der große Feuerkrieger breitete einladend die Arme aus und fing seinen kleinen Freund lachend auf, als dieser ihm vor Wiedersehensfreude um den Hals fiel.

„Nun sind wir ja schon zu dritt, was?“, stellte das teufelsähnliche Digimon schmunzelnd fest.

Chakmon drückte sich fest an ihn. Er hatte in den letzten zwei Wochen in der Eiswüste gar nicht gemerkt, wie sehr ihm seine Freunde eigentlich gefehlt hatten...
 


 

~Löwemon~
 

Seit einer halben Ewigkeit schon brauste Grand Locomon mit zunehmender Geschwindigkeit durch die Digiwelt. Kouichi hatte längst jedes Gefühl für Zeit oder Erschöpfung verloren, seine Hände hielten sich längst von selbst an dem schwarzen Speer, den er so unter eine Leiter an Locomons Waggon gefädelt hatte, dass er selbst in den schlimmsten Kurven noch sicheren Halt hatte.

Kouji hielt sich noch immer an seiner Hüfte fest. Irgendetwas schien mit ihm nicht zu stimmen, normalerweise war er doch viel zu stolz, als dass er sich so hilfesuchend an seinen großen Bruder drücken würde... Aber vielleicht bildete der Löwe sich das auch nur ein.
 

Die Landschaft um Grand Locomon vibrierte leicht, wie das Bild am Rand eines alten Fernsehgerätes. Auch fuhr das Digimon nicht auf festgelegten Schienen, sondern fräste sich seinen Weg geradeaus durch alles, was ihm in den Weg kam, bis er zufällig auf Schienen landete, denen er ein Stück weit folgte.
 

Löwemons Arme schmerzten unter der dauernden Belastung, doch er bemühte sich, das Gefühl zu ignorieren. Er durfte bei dieser Geschwindigkeit auf keinen Fall loslassen... Auch wenn er längst keine Hoffnung mehr hatte, den Zug jemals sicher verlassen zu können.
 

Es gab ein fürchterliches Poltern, als Grand Locomon sich entschloss, wieder ein Stück weit auf Schienen zu fahren. Die Geschwindigkeit nahm durch den geringeren Fahrtwiderstand sofort wieder um einiges zu. Locomon stieß seinen tiefen Warnlaut aus, woraufhin Wolfmons Griff kurz etwas fester wurde. Er schien empfindlich auf das Geräusch zu reagieren... vielleicht hatte er Kopfschmerzen oder so etwas.
 

Löwemon wagte einen erneuten Blick nach vorne, nur um sich kurz darauf zu wünschen, er hätte es nicht getan. Das Gleis, auf dem sie nun fuhren, erhob sich in nicht allzu weiter Entfernung zu einem Gewirr aus riesigen Loopings, waghalsigen Kurven und anderen Grausamkeiten, die man sonst auf Achterbahnen finden konnte.

„Sag mir, dass das nicht wahr ist...“, flehte er verzweifelt.

Wolfmon folgte seinem Blick, nur um sich sofort darauf nur noch fester an seinen Bruder zu drücken. „Oh mein Gott...“ war alles, was er hervorbrachte, als es auch schon mit rasender Geschwindigkeit auf den ersten Looping zuging.
 

So fest sie konnten hielten sich die beiden Krieger aneinander und am Waggon fest, während der Zug mit offensichtlichem Vergnügen laut brüllend durch die Loopings rauschte.

Löwemon hielt die Augen fest geschlossen, doch er spürte auch so, wie sich die Welt um sie herum mal in die eine, mal in die andere Richtung neigte und sich dann wieder überschlug.
 

Erst, als die Fahrt wieder geradeaus zu gehen schien, wagte er seine Augen zu öffnen.

Was er sah, trug nicht unbedingt zu seiner Beruhigung bei:

Ihr Gleis machte weiter vorne eine steile Biegung nach oben, um parabelförmig über eine breite Schlucht zu führen. Und als wäre das alleine noch nicht schlimm genug, prangte an der Spitze der Kurve ein Loch.

Grand Locomon brauste nichtsdestotrotz mit unverminderter Geschwindigkeit darauf zu, offensichtlich überzeugt, das Loch im Sprung nehmen zu können.

Löwemon sog scharf die Luft ein. Das konnte böse enden... besser nicht daran denken.
 

Schon ging es steil aufwärts und Locomon gab ordentlich Dampf, um auch gegen die Schwerkraft nicht langsamer zu werden. Begeistert brüllte das stählerne Ungetüm auf, und fast im selben Moment ließ Wolfmons Griff um Löwemons Taille plötzlich nach.
 

Kraftlos fiel der Wolfskrieger in Richtung Boden, unfähig, sich weiter zu halten und scheinbar bewusstlos. Löwemon brüllte verzweifelt auf und ließ ebenfalls los. Der Speer, der ihm die Fahrt über Halt geboten habe, löste sich auf wie ein Schatten.

Mit einem kraftvollen Sprung stieß sich die schwarze Gestalt von Locomons Körper ab und sprang auf Wolfmon zu. Er erreichte ihn und schloss ihn fest in die Arme, wissend, dass keiner von ihnen einen Sturz aus dieser Höhe überleben würde.

Dennoch konnte er seinen kleinen Bruder auf keinen Fall alleine sterben lassen. Licht und Dunkelheit gehörten zusammen, keiner von ihnen könnte ohne den anderen sein.
 

Sich seinem Schicksal ergebend schloss Löwemon die Augen und wartete auf das Unvermeidliche.

Doch der erwartet harte Aufprall blieb aus. Starke Arme fingen die beiden erschöpften Krieger mitten aus der Luft, trugen sie sicher weiter.

Kouichi öffnete die Augen und blickte in das Gesicht des Drachen, dessen Feuerflügel sie sachte durch die Luft gleiten ließen.

„Vitramon... Ein Glück...“
 


 

~Agunimon~
 

Noch immer zuckelte Bumbelbee gemütlich durch die Steppe.

Agunimon beschwerte sich schon längst nicht mehr über das langsame Tempo des Trailmons, immerhin hatte es bedingungslos für ihn angehalten als er Kouji und Kouichi retten musste.

Was immer das für ein wahnsinniges Digimon war, an das die beiden geraten waren, sie konnten froh sein, so glimpflich davongekommen zu sein.
 

Besorgt sah der Feuerkrieger zu den beiden herüber. Löwemon hatte sich recht schnell erholt, nachdem er etwas geschlafen hatte, aber Wolfmon hatte hohes Fieber. Er lag nun ausgestreckt auf einer der Bänke, den Kopf auf Chakmons Schoß gebettet, so dass dieser seine Stirn bequem mit den Händen kühlen konnte.

Die alte Dame, die schon seit einer Ewigkeit mit ihrem Mann im Abteil saß und sich inzwischen als Babamon vorgestellt hatte, hatte ihnen freundlicherweise noch eine warme Decke für ihn gegeben. Zwar war diese rosa und mit Herzen und einem flauschigen Teddy bestickt, aber Kouji war im Moment ohnehin nicht in der Lage, sich über derartigen Kleinkram aufzuregen.
 

Löwemon saß auf dem Boden neben seinem Bruder und hielt dessen Hand. Er machte sich von allen hier wohl am meisten Sorgen, vielleicht fühlte er sich auch schuldig, weil er Kouji nicht hatte helfen können.
 

Blitzmon saß auf einer der Bänke und blickte auf die trübe Landschaft vor dem Fenster.
 

Die lebhafte Schulklasse war vor einiger Zeit zusammen mit Revolvermon an einer Haltestelle namens „Starmon City“ ausgestiegen, die von weitem an eine kleine Wildwest Stadt erinnerte.

Tatsächlich hielt Bumbelbee auf ihrem Weg nach Holy Castle in jedem noch so kleinen Kuhkaff, ob jemand zustieg oder nicht.
 

Ein leises Stöhnen ließ Takuya aus seinen Gedanken hochschrecken. Wolfmon rührte sich, offenbar wachte er nun doch endlich auf. Entgegen den Ermahnungen der anderen bemühte er sich in eine sitzende Position. Noch etwas benommen hielt er sich den Kopf.

„Wo bin ich hier?“
 

„In einem kleinen Bummelzug nach Holy Castle.“, antwortete Takuya, „Geht es dir etwas besser? Du warst bewusstlos, als ich dich gefunden habe.“

Wolfmon hob den Kopf, um sein Gegenüber anzusehen. Die Erschöpfung stand ihm noch deutlich ins Gesicht geschrieben, die Wangen unter seiner Maske waren gerötet.

„Es geht schon...“, log er. Nach einer kurzen Pause fügte er hinzu: „Ich war schon ziemlich erkältet, als ich noch zuhause war... eigentlich hätte ich im Bett bleiben sollen.“

Löwemon legte ihm sanft die Hand auf die Schulter.

„Du solltest dich noch etwas ausruhen.“, bestimmte Takuya, „Was auch immer die Digiwelt bedroht, kann scheinbar noch warten. Du solltest die Zeit nutzen, die uns bleibt, bis wir Holy Castle erreichen.“

„Kann sich eh nur noch um Jahre handeln.“, bemerkte Junpei sarkastisch.
 

„Jemand Kakao?“, fragte eine Stimme, die ein wenig wie ein Summen klang.

HoneyBeemon, ein kleines Digimon, das wie eine Biene aussah und hier im Zug mehrmals täglich einen Wagen mit Essen für die Passagiere brachte, schob gerade eine Ladung dampfender Tassen herein.
 

Begeistert bedienten sich die Legendären Krieger, eine Tasse heißer Kakao mit Honig hatte schließlich noch niemandem geschadet. Selbst Wolfmon nahm nach kurzem Zögern an, immerhin war das Getränkt zwar zu süß für seinen Geschmack, doch half es ganz gut gegen seine Erkältung.

Zufrieden summend brachte HoneyBeemon kurze Zeit später die leeren Tassen weg.
 

Viel geschah nicht in den folgenden Tagen. Die Kinder vertrieben sich ihre Zeit mit Spielen wie „Ich sehe was, was du nicht siehst“ und Kouji schlief fast den ganzen Tag. Er erholte sich recht schnell, zumindest dem äußeren Anschein nach.
 

„Was glaubt ihr bedroht die Digiwelt dieses Mal?“, fragte Junpei irgendwann einfach in die Stille hinein. Die anderen schwiegen zuerst nachdenklich.

„PapaMoyamon hat gesagt, dass einige Digimon in letzter Zeit die ‚Macht des Bösen’ stärker werden spüren...“, erzählte Tomoki leise, „Außerdem sollen mancherorts seltsame Dinge geschehen, die sich keiner erklären kann.“

„Was denn für Dinge?“, fragte Takuya sofort.

Tomoki schüttelte nur den Kopf, Genaueres wusste er leider nicht.
 

„Zeitverschiebungen und Dimensionssprünge.“, antwortete eine sanfte, tiefe Stimme aus dem anderen Ende des Abteils für ihn, „Hinzukommend eine auffällig hohe Anzahl an Vermisstenmeldungen.“

Das schlanke, schwarzweiße Fuchswesen erhob sich geschmeidig von seinem Sitz und faltete die Zeitung, hinter der es bis jetzt gesessen hatte.

Die Digikrieger sahen es misstrauisch an, Wolfmon knurrte.
 

„Verzeiht, dass ich mich ungefragt in euer Gespräch einmische.“, entschuldigte sich das Wesen, „Mein Name ist SchadowRenamon. Ich bin wie ihr auf dem Weg nach Holy Castle.“
 

„Zeitverschiebungen...“, wiederholte Löwemon nachdenklich, „Das erklärt einiges. Immerhin wart ihr schon seit Wochen unterwegs, als ihr uns gefunden habt... Und wir können höchstens ein paar Tage auf Grand Locomon gewesen sein.“

„Auch wieder wahr.“, stimmte Wolfmon zu, „Mehrere Wochen hätten wir da nicht überlebt... und wenn man davon ausgeht, dass wir alle gleichzeitig in der Digiwelt gelandet sind...“

„Außerdem glaube ich, kurz eine seltsame Verzerrung an den Schienen gesehen zu haben, als wir gefahren sind... so, als hätte das Bild sich etwas verzogen.“
 

„Also seid ihr in der Zeit vorgereist? Irre...“, kommentierte Junpei.

„Das kann durchaus sein.“, meinte Renamon, „Dieses Flimmern, dass du beschreibst, ist auch an anderen Orten beschrieben worden... immer da, wo sich Zeit oder Ort gerade verzerrt haben. Ich denke, dass euch die heiligen Engeldigimon deshalb zu sich rufen. Noch eilt es zwar nicht, aber wenn hinter diesen Phänomenen ein bestimmter Gegner steckt, werdet ihr es mit ihm aufnehmen müssen. Niemand sonst wäre dazu in der Lage.“

„Schon klar, wir helfen gerne.“, versicherte Agunimon.

„Auch wenn wir im Moment nur gelangweilt rumsitzen.“, bemerkte Blitzmon.
 

„Nun, wenn ihr etwas tun wollt, könntet ihr euch ja schon mal etwas informieren.“, schlug Renamon vor und schob den Jungs seine Zeitung hin. Aufgeschlagen war eine Liste von Digimon, die als vermisst gemeldet wurden. Größtenteils handelte es sich dabei um Kinder, manche waren sogar noch auf dem Baby II Level.

„Meinst du, dass sie entführt wurden?“, fragte Chakmon unsicher.

„Vielleicht.“, antwortete Renamon zögernd, „Es gab keine Spuren, die auf Kidnapping hinweisen. Alle diese Digimon sind durch Dimensionssprünge verschwunden und nirgendwo anders bis jetzt aufgetaucht; oder zumindest nur an einem Ort, der niemandem zugänglich ist.

Ich vermute, dass derjenige, der hinter diesen Anomalien steckt, diese Kinder manipulieren will, um sie für sich kämpfen zu lassen... vielleicht hat er eine Möglichkeit, sie zur Digitation zu bringen.“

„Du meinst, unser Gegner könnte Unschuldige vorschicken?“, fragte Blitzmon entsetzt.

„Wäre ja nichts Neues, Cherubimon hat das auch gemacht.“, bemerkte Wolfmon. Er sah seinen Bruder kurz vielsagend an und fuhr dann fort: „Wir können unsere Gegner mit dem D-Tector reinigen, wie wir es bisher gemacht haben. Bisher kamen sie dabei auch nicht allzu sehr zu Schaden, oder?“

„Das stimmt.“, meinte Löwemon, „Mir ist damals ja auch nichts passiert.“

„Eben, wir kriegen das schon hin.“, bestätigte Agunimon, „Wir sind nicht umsonst die Legendären Krieger. Es gibt nichts, was wir nicht schaffen würden!“

Renamon lächelte. „Das sehe ich... und nun verstehe ich auch, warum die drei Engel ein solches Vertrauen in euch haben. Ich glaube, die Digiwelt ist bei euch in guten Händen.“
 

„Apropos Legendäre Krieger...“, fiel Junpei plötzlich ein, „Fehlt da nicht noch eine?“
 

Etwas irritiert zählte Takuya noch mal durch. „Stimmt, Izumi ist nicht hier! Mann, und ich hab mich schon gefragt, warum mich niemand wegen irgendwas zusammenscheißt...“

„Sag mal bist du eigentlich wirklich so blöd oder tust du nur so?“, fragte Wolfmon resigniert. Takuya lachte etwas verplant. „Tja...“
 

„Leute...“, meldete sich Löwemon plötzlich mit deutlicher Beunruhigung in der Stimme, „Sagt mir bitte, dass wir da nicht hoch müssen...“

Er zeigte aus dem Fenster.

Vor ihnen hoben die Gleise tatsächlich steil vom Boden ab und führten einen riesigen Berg hinauf, dessen Spitze irgendwo in den Wolken zu verschwinden schien.

„Oh bitte nicht...“, murmelte Kouji leise. Die letzte Horrorfahrt hatte den Beiden offensichtlich gereicht.
 

„Nächster Halt: Sturmspitze.“, ertönte plötzlich die sanfte Frauenstimme Bumbelbees, „Verehrte Fahrgäste, aufgrund der erschwerten Streckenbedingungen möchten wir sie zu ihrer eigenen Sicherheit auffordern, ihre Sitzplätze einzunehmen und die Sicherheitsgurte festzuziehen.“
 

Mit mehr oder weniger gutem Gefühl im Bauch folgten die Digikrieger den Anweisungen.

Kurze Zeit später eilte auch schon HoneyBeemon durch das Abteil, diesmal ohne seinen Wagen.

Es prüfte kurz, ob auch alle angeschnallt auf ihren Plätzen saßen, dann öffnete es die rückwärtige Tür und verschwand nach draußen, vermutlich, um die Lok bergauf zu schieben, falls sie es alleine nicht schaffte.
 


 

~Fairymon~
 

Abwartend trommelte die knapp bekleidete Fee mit dem Fuß auf dem Bahnsteig. Schlimm genug, dass sie schon einen vollen Monat auf diesem Berggipfel festsaß, jetzt hatte auch noch dieser dämliche Zug Verspätung.
 

Schön, es war ganz nett hier, sicher. Viel frische Luft, jede Menge Platz zum Fliegen... und die Leute waren schließlich auch ganz nett.

Aber einen ganzen Monat nur zwischen Vögeln und anderem Fluggetier zu leben... Okay, genossen hatte sie es schon.
 

„Stimmt etwas nicht, Fairymon-sama?“, fragte die zwitschernde Stimme ihrer Freundin Piyomon vorsichtig.

„Nein, schon okay. Ich bin nur nervös.“, versicherte Izumi entschuldigend, „Außerdem kannst du das ‚-sama’ ruhig weglassen, hab ich doch schon oft gesagt, oder?“

„Schon...“, meinte Piyomon verlegen, „Aber du bist doch so eine berühmte Heldin... Da kann ein kleines Kind wie ich sich doch nicht auf das gleiche Level wagen.“

„Ach was“, meinte Fairymon lachend und verwuschelte das Gefieder an Piyomons Kopf, „Du bist immerhin das mutigste kleine Vögelchen das mir je begegnet ist. Und wir sind Freunde, oder?“

Biyomon lächelte ein wenig stolz. Dass eine der Legendären Krieger sich ausgerechnet mit ihr, dem schwächsten und schüchternsten Digimon des gesamten Dorfes, angefreundet hatte, machte sie richtig glücklich.
 

Verträumt blickte der rosarote Vogel in den strahlend blauen Himmel. Der Wind, der hier unablässig wehte, ließ Wolken ständig ihre bizarren Formen ändern. Eine von ihnen sah kurz aus wie ein Schmetterling, genau wie an dem Tag, als Fairymon plötzlich bei ihnen aufgetaucht war.
 

Es war ein vergleichsweise windstiller Tag gewesen, und Piyomon war erneut mit ihren hoffnungslosen Flugversuchen gescheitert. Zerrupft und traurig hatte sie auf einem der Felsen gesessen und sich gefragt, warum ausgerechnet sie nicht in der Lage war, sich wie ihre Freunde und Geschwister in die Luft zu erheben. Und wo sie bleiben sollte, wenn an diesem Ort jemand, der nicht fliegen konnte, ständig auf Hilfe angewiesen war...
 

Da war plötzlich Fairymon hinter den Felsen aufgetaucht. Sie hatte ein wenig mit Piyomon gesprochen und sie nach Holy Castle gefragt. Sie schien ziemlich enttäuscht darüber, so lange auf das Trailmon warten zu müssen.
 

Dann hatte sie plötzlich gefragt, warum Piyomon denn so alleine und traurig da säße, und Piyomon hatte ihr ihren Kummer erzählt.

Zu ihrer großen Überraschung hatte die Heldin sofort ihre Hilfe angeboten und sich bereit erklärt, in den vier Wochen, die sie auf Bumbelbee würde warten müssen, mit dem kleinen Piepmatz zu üben.
 

Der Erfolg war erstaunlich, auch wenn die Fee manchmal nicht sehr geduldig war.

Erst hatte sie Piyomon nur durch die Lüfte getragen, um sie an das Gefühl des Windes unter ihren Flügeln zu gewöhnen. Dabei hatte sie ihr erklärt, wie man die Luftströmungen am besten ausnutzte und worauf man dabei achten musste.

Später hatte sie den kleinen Vogel zeitweise losgelassen und war knapp über ihr geflogen, um Piyomon schnell fangen zu können, falls es die richtige Strömung verlor.
 

Schon nach zwei Wochen hatte Piyomon das Grundprinzip begriffen und war von da an in der Lage, zusammen mit Fairymon um die Bergspitzen zu fliegen und die Gegend zu erkunden.
 

Dankbar lächelte die Kleine ihre neue Freundin an.

„Ich habe dir so viel zu verdanken... Ich wüsste gar nicht, wo ich jetzt wäre, wenn du mich nicht gefunden hättest.“

„Ach was.“, winkte Fairymon ab, „Ich habe dir ja auch zu danken. Immerhin durfte ich die ganze Zeit bei euch wohnen und mit euch essen.“ Sie lächelte freundlich.
 

Da rollte auch schon ein ziemlich erschöpft wirkendes Trailmon ein.

Es sah aus wie eine verschwitzte, etwas rundliche Hummel, an deren Fühlern Glocken baumelten. Sie zog nur einen Personenanhänger, das allerdings schien für das Erklimmen des Berges schon schwer genug gewesen zu sein, denn es wurde zusätzlich von einem Bienenähnlichen Digimon geschoben, dass sich, kaum dass der Zug zum Stehen kam, erschöpft auf die Plattform sinken ließ.

Beide Digimon, sowohl das Trailmon als auch sein kleiner Begleiter, hatten die Zugkraft beim „Aufstieg“ mit ihren viel zu kleinen Insektenflügeln unterstützt.
 

Garudamon, der stolze Bürgermeister der Himmelsfestung, versorgte die Erschöpften Digimon mit etwas stärkendem Tee, während sich die Abteiltüren öffneten.
 

Fairymon verabschiedete sich von Piyomon mit dem Versprechen, sie in jedem Fall noch einmal zu besuchen, bevor sie in ihre Welt zurückkehren würde, dann stieg sie ein.
 

Die Digimon, die in dem Zug saßen, sahen auch alle etwas mitgenommen aus. Nun gut, Izumi hatte die Gleise, die hier hoch und wieder herunter führten, bei ihren Erkundungstouren mit Piyomon ja gesehen, eine Zugfahrt dort hoch war sicher nicht so angenehm.
 

Aber dass sich selbst ihre Herren Kollegen so anstellten... Erbärmlich.
 

« Buon Giorno! », grüßte sie freudig, die Jungs stöhnten nur gequält.

„Schön, dass du auch da bist.“, meinte Blitzmon schließlich. Er schien den Aufstieg am besten verkraftet zu haben, vielleicht, weil er als einziger richtig fliegen konnte und an das Gefühl gewöhnt war.
 

„Nächster Halt: Tal der Stille“, ertönte eine freundliche Stimme im Abteil, „Verehrte Fahrgäste, bitte nehmen sie Platz und legen sie die Sicherheitsgurte an. Unsere Weiterfahrt führt in kürze steil nach unten.“
 

Der Anweisung folgend setzte Izumi sich neben Chakmon und zurrte den Gurt fest. Kurze Zeit später kam auch schon die Kleine Biene in das Abteil und prüfte, ob alle Passagiere angeschnallt waren, dann setzte es sich selbst hin und legte den Gurt an.

Bergab wurde seine Hilfe wohl nicht gebraucht.
 


 

~Wolfmon~
 

Kouji war froh, als er den Höllentrip über den Berg hinter sich hatte. Gegessen hatte er zwar nicht sehr viel, aber das wenige, was er trotz seiner Erkältung zu sich genommen hatte weigerte sich nun, zu bleiben, wo es war.
 

Seit einiger Zeit fuhr Bumbelbee nun schon wieder langsam und auf gerade Strecke, doch allzu sehr besserte sich Koujis Zustand dabei leider nicht.

„Gibt es hier vielleicht ne Toilette?“, fragte er vorsichtig, als HoneyBeemon wiedereinmal vorbeikam.

„Hier im Zug nicht, aber wir machen im nächsten Bahnhof einen längeren Halt, dann können Sie dort die Bahnhofstoilette benutzen.“

„Trifft sich super!“, meinte Agunimon erfreut, „Ich muss auch schon ganz dringend.“
 

Wolfmon hätte Takuya für seinen kindischen Zwischenruf ohrfeigen können, auf der anderen Seite war er ihm aber auch dankbar, dass er es für Unbeteiligte so aussehen ließ, als müsste auch Kouji die Toilette nur aus den normalen Gründen aufsuchen.

An der nächsten Haltestelle stiegen Wolfmon und Agunimon aus. Blitzmon versprach, ihnen im Zweifelsfalle die Tür offen zu halten.
 

Der Bahnhof war tatsächlich ziemlich groß und leider auch unübersichtlich. Ein paar Schilder, die Richtung WC wiesen, hätten hier sicher nicht schaden können.

Letzten Endes fand der Feuerkrieger jedoch, wonach sie suchten.
 

Das Stille Örtchen war ausgesprochen sauber für einen öffentlichen Raum. Auch waren die Kabinen einzeln abgetrennt und die Spülung hatte den faszinierenden Nebeneffekt, nicht nur den Inhalt selbst, sondern auch dessen Geruch spurlos verschwinden zu lassen.
 

Noch immer reichlich blass und erledigt wusch sich Wolfmon das Gesicht. Er fühlte sich zwar etwas besser, nachdem er das furchtbare Übelkeitsgefühl endlich los war, aber dafür kam es ihm von, als müsste er sich dringend am Waschbecken festhalten, um nicht umzukippen.

„Das hat man wohl davon, wenn man mit so einer Erkältung nicht brav im Bett bleibt...“, meinte er sarkastisch zu seinem Spiegelbild.

Er sah wirklich verdammt mies aus... Kein Wunder, dass Löwemon sich Sorgen um ihn machte.
 

„Alles okay bei dir?“, fragte Takuya plötzlich.

Wolfmon drehte sich zu ihm um. „Ja... Geht schon. Warst du nicht längst fertig?“, fragte er, während er den Wasserhahn zudrehte.

„Eigentlich schon. Hab mich noch ein bisschen umgesehen, und dann dachte ich, ich schau lieber mal, wo du so lange bleibst. Bumbelbee fährt gleich weiter.“

Wolfmon nickte und bemühte sich, einigermaßen aufrecht zu laufen. Er wollte nicht schwach wirken, auch wenn er sich gerade durchaus schwach fühlte.
 

Kurze Zeit später saßen sie alle wieder in Bumbelbees Waggon und unterhielten sich über die seltsamen Vorkommnisse und den Grund für ihr Hiersein. Besonders viele zusätzliche Fakten hatten sie nicht gefunden. Laut der Zeitung, die ShadowRenamon am Bahnhof gekauft hatte, hatte es wohl ein paar weitere Entführungen gegeben, aber alles in allem sah es so aus, als befände sich ihr mysteriöser Gegner noch immer in einer geheimen Vorbereitungsphase.
 

„Jemand etwas Suppe?“, fragte Honeybeemon, der erneut mit seinem Wägelchen ankam.

Nachdem die kleine Biene versichert hatte, die Suppe sei äußerst magenfreundlich – sie fuhr die Strecke ja nicht zum ersten Mal und wusste sehr wohl, was sie nach der waghalsigen Berg und Talfahrt anbieten durfte – nahmen auch Kouji und die beiden älteren Digimon einen Teller voll an.
 

Langsam und gemütlich fuhr das Traimon weiter Richtung Holy Castle, wo die drei Heiligen Engel bereits auf die sechs Legendären Krieger warteten, die ihnen hoffentlich gegen den noch unbekannten Gegner helfen konnten.

Dark Tower

~Agunimon~
 

Zischend und schnaufend fuhr Bumbelbee letztendlich in Holy Castle ein. Zwei Monate hatte die Fahrt gedauert, und Takuya war froh, das Trailmon nach so langer Zeit endlich verlassen zu können.

Zwar war es in Bumbelbees Abteil ganz gemütlich gewesen, doch auf Dauer eben auch ganz schön eintönig.
 

ShadowRenamon ging ihnen voraus durch den schön gestalteten Labyrinthgarten, zwischen dessen turmhohen Rosenhecken bildschöne Marmorstatuen und Springbrunnen standen.

Takuya war dankbar, dass Renamon sie führte; alleine hätte er den Weg durch den Schlosspark sicher nicht gefunden.

Als sie das Labyrinth schließlich verließen, ging es über goldgesäumte Kieswege zwischen Blumenbeeten hindurch auf ein sagenhaft schönes Schloss zu.
 

Renamon brauchte gar nicht an der riesigen Pforte zu klopfen, das Tor schwang auf, kaum dass die Legendären Digikrieger sich ihm näherten.

In der gigantischen, marmorverzierten Eingangshalle stand ein Digimon, das auf den ersten Blick wie ein strenger Bibliothekar aussah. Es trug eine altmodisch wirkende Perücke und lange Gewänder, die seine Füße – falls es welche hatte – völlig verdeckten. Die Roben unter seinem grünen Mantel wurden von einem seltsam deplazierten, rosaroten Nierenwärmer zusammen gehalten, in dem ein abgenutztes, grünes Buch steckte. Vor seinem linken Auge klemmte ein Monokel.

Agunimon klappte der Mund auf. „B-Bokomon?!“

„Bookmon, wenn ich bitten darf.“, korrigierte das Digimon streng, „Ich will ja nicht umsonst digitiert sein.“

„Aber er war trotzdem Bokomon.“, meinte Neemons etwas verpennte Stimme von weiter unten. Auf dem Boden lag etwas, das auf den ersten Blick wie ein dickes, gelbes Faultier aussah und rote Stampelhosen sowie eine farblich passende Schlafmütze mit Bommel trug.

Neemon war scheinbar auch digitiert, hatte sich dabei aber kaum verändert.
 

Seine Beine waren kleiner im Vergleich zum Rest seines Körpers, die Arme waren länger und endeten in je zwei gebogenen Faultierkrallen. Seine Ohren hingen durch die Schlafmütze etwas herab, deren Bommel baumelte vor seinem Gesicht herum. Seine Pyjamahosen hingen etwas tiefer, über den ausgeleierten Gummizug lugte ein kurzes Fellschwänzchen.

Sein dummer, verpennter Gesichtsausdruck jedoch war noch immer derselbe wie vor einem Jahr.
 

Etwas umständlich bemühte sich das Digimon auf die Hinterläufe und gähnte ausgiebig.

„Nun, wie auch immer.“, meinte Bookmon ungerührt, „Jedenfalls haben wir hier auf euch gewartet.“

„Tja, unser Zug war ja leider etwas langsam...“, grinste Agunimon verlegen, „Aber ein anderer fuhr eben nicht.“

„Könnten wir jetzt vielleicht endlich erfahren, warum konkret wir hierher geholt wurden und was genau man von uns erwartet?“, knurrte Wolfmon ungehalten.

Er hatte sich gut von seiner Grippe erholt und inzwischen wohl auch zu seiner üblichen schlechten Laune zurückgefunden.

ShadowRenamon trat etwas scheu hervor und verbeugte sich kurz vor Bookmon.

„Die drei heiligen Engel ließen mir eine Nachricht zukommen, ich sollte...“

„...hierher kommen. Du bist also das schwarz weiße Renamon, von dem mein Kleiner gesprochen hat. Gut, kommt mit. Die heiligen Engel erwarten euch im Speisesaal.“
 

Es warf einen verächtlichen Blick zu BigNeemon, der noch immer verplant in der Gegend herumstand. „Und du zieh deine Hose hoch, das ist ja unanständig!“

„Das ist deine Schuld.“, klagte das Faultier, „Du hast den Gummi ausgeleiert.“

Wütend stellte sich Bookmon hinter ihn. Mit beiden Händen packte er den Gummizug der Hose und riss ihn so plötzlich nach oben, dass BigNeemon kurz in der Luft hing und wie ein nasser Sack tiefer in die Hose rutschte. Als die Hose weit genug oben saß ließ Bookmon los und der Gummi schnalzte mit einem unangenehmen Geräusch zurück.

Neemons Augen wurden tellergroß und er blieb einige Sekunden vor Schmerz erstarrt stehen, bevor er einfach nach hinten umkippte und auf dem Boden weiterschlief.
 

Die Digikrieger hielten es für besser, dem keine Beachtung zu schenken, und folgten Bookmon, der das Faultier am Gummizug in den Speisesaal mitzog.
 

„Da bist du ja endlich, Mampapa, wir warten schon!“

Die kindliche, naive Stimme des Engeldigimons schien im ersten Moment genauso wenig zu seinem erwachsenen Äußeren zu passen wie der alberne Nierenwärmer um seine Taille. Jedoch nur auf den ersten Blick, denn Patamon benahm sich noch immer wie ein kleines Kind.

Ungeduldig schob er Bookmon, den er inzwischen größentechnisch um mindestens einen halben Meter übertraf, in den Speisesaal und fiel dann jedem der sechs Digikrieger der Reihe nach um den Hals.

„So schön euch alle wiederzusehen, Freunde“, meinte er und drückte Wolfmon und Löwemon noch mal extra fest an sich, „Ich hab euch ganz doll vermisst.“

„Wir dich auch, kleiner.“, meinte Blitzmon. Seine Stimme klang, als würde er grinsen, auch wenn sein Gesicht das nicht zeigte. Nun, zu wie viel Mimik waren die Kiefer eines Insektes auch fähig?

„Und groß geworden bist du...“, bemerkte Fairymon, „Lass dich doch mal ansehen.“
 

„Ja, ne?“, meinte der Engel und stellte sich so hin, dass man ihn gut betrachten konnte. Er hatte die Gestalt eines großen, muskulösen Mannes, sein langes, goldblondes Haar ging ihm fast bis zu den Knien. An seinen Schultern saßen insgesamt sechs gefiederte Flügel. Der rosarote Nierenwärmer passte farblich gar nicht zu seiner ansonsten in weiß und dunkelblau gehaltenen Kleidung.

„Ich bin aufs Adult-Level digitiert, jetzt heiße ich Angemon.“

„Das freut mich für dich.“, meinte Takuya, „Aber ich schätze mal, wir sollten uns langsam auch im Speisesaal einfinden? Immerhin winkt Bookmon da hinten schon seit ner geraumen Weile mit dem Zaunpfahl...“
 


 

~ShadowRenamon~
 

Renamon folgte den anderen schweigend in den Speisesaal.

Er selbst hatte zwar viel Zeit in der Nähe des Schlosses zugebracht und kannte die Gärten und Vorhöfe fast besser als seine richtige Heimat, doch Holy Castle selbst hatte er nie betreten.

Auch die drei heiligen Engel hatte er nie persönlich getroffen, die Nachricht, die ihn wieder hierher geführt hatte, war das erste Mal, dass sie sich an ihn persönlich gewandt hatten.
 

Er war deutlich überrascht von Angemons unautoritärem Auftreten. Er benahm sich wie ein Kind, ganz anders, als man es von einem so hochrangigen Digimon erwarten würde. Seine gefiederten Flügel schienen keinen Moment stillhalten zu wollen, er flatterte unablässig mit ihnen, während er die Digikrieger zu ihren Plätzen an der langen, reich gedeckten Tafel dirigierte.
 

Renamon setzte sich scheu auf den ihm zugewiesenen Platz neben Chakmon.

Am anderen Ende des langen Tisches saßen die drei heiligen Engel. In der Tat jedoch war Angemon das einzigen von ihnen, das in seinem jetzigen Zustand ein Engeldigimon war. Neben ihm saß ein Gatomon, neben diesem wiederum ein Antylamon; beides also Tierdigimon, die wohl erst im späteren Verlauf ihrer Digitation wieder zu Engeln werden würden.
 

Bookmon und BigNeemon wuselten um den Tisch herum und brachten das Essen, auf das sich die sechs Helden auch gleich stürzten. Renamon zögerte etwas, bevor er auch zu essen begann.

Er fühlte sich zwischen all diesen bedeutenden Persönlichkeiten irgendwie klein und nichtswürdig.
 

Nachdem sich alle durch die ersten paar Gänge gefuttert hatten und es etwas ruhiger wurde, stand Gatomon auf und räusperte sich.

„Ihr habt euch sicher bereits gefragt, weshalb wir euch wieder in die Digiwelt und nach Holy Castle gerufen haben.“ Auf ein knappes Nicken der Digikrieger und Renamon führ die Katze fort: „Vielleicht habt ihr sogar schon vermutet, dass es mit den seltsamen Geschehnissen der letzten Zeit zusammenhängt.“

Wieder ein Nicken. Gatomon schien einen Moment zu überlegen, wie sie fortfahren sollte, dann sagte sie: „Das ist durchaus der Grund dafür. Nur wären diese kleinen, zwar beunruhigenden Vorkommnisse doch nicht groß genug, euch mitten in der Nacht in die Digiwelt zu teleportieren, wie es Antylamon auf meine Bitte hin getan hat.“

Sie schien dabei hauptsächlich die Legendären Digikrieger anzusprechen, denn Renamon war ohnehin in der Digiwelt gewesen.
 

„Nun haben wir jedoch eine seltsame Warnung bekommen, diese Vorkommnisse seinen nur ein Vorbote des wahren Übels, und nur diejenigen Krieger, die auch Lucemon zu stürzen vermocht hatten, würden in der Lage sein, das Grauen zu stoppen. Nachdem diese Prophezeiung von keiner Geringeren als meiner kleinen Schwester Nefertimon kam, dachte ich mir, es sei besser, euch schon mal hierher zu holen und in der Zwischenzeit herauszufinden, um wen oder was es sich bei diesem ‚Übel’ handelt.“

Die schneeweiße Katze setzte sich wieder und überließ Angemon das Wort.

Mit einem Mal vollkommen ernst stand auch dieser auf. Er erinnerte in keinerlei Hinsicht mehr an das kindische, verspielte Engelchen von zuvor.

„Während ihr mit Bumbelbee auf dem Weg hierher wart, haben wir Boten durch die ganze Digiwelt geschickt, um die Ursache der Zeit- und Dimensionsverschiebungen zu ermitteln und die verschwundenen Kinder zu finden. Dabei fanden wir heraus, dass ein gewisses ‚Deemon’, ein unangenehmer Zeitgenosse, der bisher nur durch schlechtes Benehmen und dumme Sprüche aufgefallen war, mit seinen dunklen Kräften hinter den Verschiebungen steckt.

Die entführten Kinder befinden sich vermutlich in seinem Stützpunkt, einem schwarzen Turm in der nähe der Todeswüste.“
 

Angemon schnippte kurz in die Finger, worauf hinter ihm ein Bildschirm erschien.

Darauf war eine zerklüftete Felslandschaft zu sehen, in deren Mitte ein schlichter, schwarzer Turm stand. Am unteren Ende des Turmes befand sich eine Art Eingang, der im Vergleich zum Turm selbst geradezu winzig wirkte.
 

„Dieser Turm sendet unheimliche negative Energien aus.“, erklärte Angemon, „Er ist vermutlich nicht nur Deemons Hauptquartier, sondern auch die Ursache für die Störungen in der Raum-Zeit-Sphäre.“

„Aus diesem Grund möchten wir, dass ihr Deemon für uns erledigt und ihn mitsamt seines Turmes zerstört.“, fuhr nun Antylamon fort, „Und du, ShadowRenamon, wirst sie begleiten. Die Legendären Digikrieger leben in einer Welt, die zwar recht nahe an unsere grenzt, aber doch ganz anders ist. Du bist viel in der Digiwelt herumgereist und verfügst nicht nur über großes Wissen, sondern auch über eine erstaunliche Kombinationsgabe. Mit diesen Fähigkeiten wirst du den Helden eine große Hilfe bei ihrer Aufgabe sein.“

Er hob eine seiner großen Pfoten und ließ eine glänzende Kugel auf den Fuchs zuschweben.

Als er sie auffing, verschwand sie, doch zugleich erfüllte eine angenehm warme Kraft seinen Körper.

„Mit dieser Energie wirst du in der Lage sein, auf das Adult-Level zu digitieren, wann immer es nötig ist. Dennoch möchte ich dir davon abraten, dich zu überschätzen; überlass das Kämpfen den Legendären Kriegern.“
 

Renamon nickte dankbar und verbeugt sich vor Antylamon. „Ich werde mein Bestes geben, die Legendären Krieger mit meinem Wissen zu unterstützen.“

„Dessen bin ich mir sicher.“, mischte sich nun Agunimon ein, „Also worauf warten wir? Nehmen wir uns diesen Deemon zur Brust!“
 


 

~Blitzmon~
 

Gesagt, getan. Kaum, dass Takuya, stellvertretend für das gesamte Team, dem Anliegen der Engel zugestimmt hatte, hatte Antylamon die sieben Digimon auch schon in die unmittelbare Nähe dieses furchtbaren Turmes teleportiert.
 

Die Gegend war noch um einiges trostloser, als sie auf dem Bildschirm in Holy Castle ausgesehen hatte. Die Luft war staubtrocken, der Boden bestand aus festgetretener Asche, die nur von weitem wie Gestein ausgesehen hatte. Kein Wind rührte sich, es war weder warm noch kalt, weder hell noch dunkel.

Tatsächlich schien es in dem ganzen Gebiet kein einziges der zehn Elemente zu geben, denen die Legendären Krieger angehört hatten.
 

Der unheimliche Turm selbst, dessen negative Ausstrahlung aus dieser geringen Entfernung selbst für einen Laien wie Junpei deutlich spürbar war, schien aus purem Hass zu bestehen. „Mann...“, meinte Blitzmon erstaunt, „Das Ding ist ja viel größer, als ich gedacht habe. Auf Angemons komischem Bildschirm sah der Eingang noch so klein aus, aber das Ding ist locker groß genug, dass wir alle in unserer B-Hybridform übereinander durchpassen würden!“

„Wir sind aber nicht die Bremer Stadtmusikanten.“, meinte Fairymon neckend.

„Wer sind denn die Bremer Stadtmusikanten?“, wollte Renamon wissen. Gerade, als Tomoki es ihm erklären wollte, unterbrach Löwemon:

„Ohne jetzt stören zu wollen, aber... sollten wir vielleicht langsam mal los?“

„Ist doch egal, gehen wir einfach.“, meinte Wolfmon gleichgültig und schritt auf die riesige Öffnung am Fuß des Turmes zu.

Die anderen folgten ihm eilig.
 

Ein fürchterliches Donnern begrüßte sie, als sie eine Art Ebene betraten, in dem allerlei merkwürdiges Gerät herumstand. Baumhohe Antennen ragten seltsam verdreht und verwinkelt in Richtung des tiefschwarzen Himmels, Blitz und Donner wüteten wie wild über das dichte Wolkenmeer und schlugen in breiten, gezackten Lichtsäulen in die Antennen ein.

Der Lärm war ohrenbetäubend.
 

Ihrem gesunden Verstand und den mahnenden Worten ihrer Grundschullehrer und Eltern folgend drückten dich die Helden so nah es ging auf den staubigen Boden.

Keiner von ihnen, abgesehen vielleicht von Blitzmon, konnte zuverlässig einschätzen, wie viel Volt ein solcher Blitz hatte – aber sie alle wussten, wie viel in etwa von ihnen übrigbleiben würde, wenn einer davon jemanden traf.

Wenn ihr Lehrer schon wegen der Blitze in der Menschenwelt solche Warnungen aussprach, sollte man hier erst recht nichts riskieren.
 

Nur Blitzmon wagte nach einiger Zeit aufzustehen. Er war immerhin der Legendäre Krieger des Donners, da konnte er sich ja schlecht von ein paar Blitzen einschüchtern lassen.

Und einer musste ja mal die Gegend auskundschaften... Man war ja nicht nur so aus Spaß hier.
 

All seinen Mut zusammennehmend, flog der blaue Käfer nach oben. Schon traf ihn auch der erste Blitz, doch wie erwartet hielt Blitzmons stählerner Körper dem Strom nicht nur stand, sondern war zugleich in der Lage, die ganze Elektrizität in sich aufzunehmen.

Der Schlag war jedoch nicht alleine gekommen. Blitzmon hatte etwas auf seinem Kopf gespürt, was sich anfühlte wie ein Stein, den jemand nach ihm geworfen hatte.

Als er sich nachdenklich den Kopf rieb schoss auch schon der nächste Angriff auf ihn zu. Dieses Mal traf ihn was immer es war direkt ins linke Auge.
 

Junpei heulte gequält auf. Das würde ein schönes Feilchen geben...

Mit Tränen in den Augen sah der Krieger sich nach dem Übeltäter um. Sehen konnte er nicht, was da mit irrem Tempo auf ihn zuschoss und ihn von allen Seiten angriff, dafür war das Etwas zu klein und zu schnell.

Gleichzeitig schien es elektrisch geladen zu sein – bei jeder Berührung mit Blitzmon gab es einen fürchterlichen Schlag und es flogen Funken in alle Richtungen.
 

Rasend vor Zorn und Schmerz schlug Junpei blind in die Luft. Blitzmons Donnerfaust traf auf einen kleinen, kugelförmigen Körper und schoss das winzige Digimon mit unbändiger Kraft in Richtung Boden.

Wie eine Bombe schlug das Wesen einige Meter neben dem Rest der Truppe ein und blieb reglos im Boden stecken. Sofort erschien auch der Digi Code um seinen winzigen Körper.
 

Blitzmon landete etwas verdattert neben dem kleinen Krater. Auch die anderen wagten sich vorsichtig heran, um zu sehen, was da genau gelandet war.

Das Digimon, das vor ihnen im Boden steckte, sah aus wie eine blaue Kugel mit Beinen. Der Rest seines Körpers war nicht zu sehen; Arme und Gesicht waren wohl beim Aufschlag unten gewesen.
 

Entschlossen zückte Junpei seinen D-Tector und scannte den Code, der das Digimon umgab.

Sofort digitierte das Wesen zurück. An Stelle des kleinen Balles saß dort nun eine grüner Wackelpudding mit Schnuller, von dem kleine Blubberblasen nach oben stiegen.

„Pabu...“, blubberte das Kleine traurig.

Junpei hob es vorsichtig hoch.

„Keine Angst mein Kleiner, jetzt wird alles gut... Dir wird keiner mehr was tun.“

Als das Digimon noch immer nicht zu weinen aufhörte, zog der Käfer eine Tafel Schokolade aus seiner Tasche. „Schau mal, magst du so was? Ja? Dann darfst du aber nicht mehr weinen, okay?“

Der Trick wirkte. Sofort hörte Pabumon auf zu weinen und nahm glücklich die Schokolade an, die ihm Junpei in mundgerechte Häppchen zerlegte.

Als es die Schokolade aufgegessen hatte, verschwand das Baby freudig durch ein Dimensionsloch nach Hause. Es winkte dem Käfer noch begeistert zu, bis das Tor sich wieder schloss.
 

„STAGE ONE: CLEAR.“ ertönte plötzlich eine Stimme, die besser in ein Videospiel gepasst hätte. „NEXT LEVEL START“
 


 

~Fairymon~
 

Die Landschaft um sie her verschwand plötzlich, die Digiritter und Renamon verloren den Boden unter den Füßen. Blitzmon und Fairymon begannen instinktiv zu fliegen, während die anderen haltlos in die Tiefe stürzten.
 

„Agunimon Slide Digitation zu... Vitramon!“, brüllte Takuya fast verzweifelt, da hob sich der gigantische Drache auch schon mit ein paar gewaltigen Schlägen seiner feurigen Flügel in die Höhe.

Die anderen saßen sicher auf seinem Rücken, offensichtlich froh, das der plötzliche Fall noch ein gutes Ende genommen hatte. Löwemon zitterte noch immer vor Angst und drückte sich fest an Wolfmons Brust. Vermutlich hatte ihn der freie Fall an seinen Sturz von der U-Bahn Treppe erinnert, der ihn vor etwa einem Jahr fast das Leben gekostet hätte.
 

„Ihr hättet uns ruhig auch helfen können.“, merkte Kouji verächtlich an, da weder Blitzmon noch Fairymon versucht hatten, sie zu fangen.

„Tut mir Leid...“, entschuldigte sich Junpei, „Das ging alles auf einmal so schnell...“

„Faule Ausreden...“, knurrte der Wolfskrieger und drückte seinen großen Bruder beschützend an sich.
 

„Leute, ich will ja nicht stören, aber könnte mal einer das Fenster zumachen?“, brummte Vitramon unter ihnen, „Hier zieht’s!“

Tatsächlich war ein unangenehm starker Sturm aufgekommen, der die brennenden Schwingen des Drachen zu dreifacher Größe aufbrausen ließ. Bei jedem Flügelschlag stoben Funken hoch, die größer waren als Chakmons ganzer Körper.

Sicherheitshalber packte Wolfmon seinen wild umherflatternden Schal und knotete ihn etwas fester, um nicht zufällig damit in die Flammen zu kommen.
 

Die Umgebung hatte sich vollkommen verändert. Boden war weit und breit keiner in Sicht, um sie herum gab es nichts als klaren, blauen Himmel. Der Sturm trieb kleine Wolkenfetzen durch die Luft, viel zu schnell, als dass man ihre Formen mit den Augen hätte erfassen können.
 

„Erst Donner, jetzt Wind... vielleicht müssen wir alle zehn Elemente durchlaufen, um nach oben zu gelangen.“, vermutete ShadowRenamon.
 

„Nun, scheint jedenfalls, als wäre ich jetzt dran.“, meinte Fairymon. Mit ein paar schnellen Flügelschlägen stieg sie nach oben und sah sich nach einem möglichen Gegner um.

Der Sturm schien ihre Flugfähigkeiten nicht einzuschränken, während Blitzmon und Vitramon ganz schon kämpfen mussten, um nicht in die falsche Richtung geweht zu werden.
 

Doch noch ein anderes Wesen im Raum schien von den heftigen Windverhältnissen wenig beeindruckt. Mit einem furchtbaren Kreischen stieß ein riesiges Vogelwesen vom Himmel, blieb mitten in der Luft stehen und schoss den Feuerschwall, der ihn bis dahin umgeben hatte, direkt auf Vitramon.

Reaktionsschnell konterte Chakmon den Angriff mit seinem kleinen Schneesturm; das Eis verdampfte Sekundenschnell zu nichts, doch auch der Feuerangriff verlor seine Kraft und kam nur noch in Form harmloser Funken auf die anderen nieder.
 

Das Digimon kreischte wütend.

Es sah aus wie Garudamon, dennoch war es nicht dasselbe, das Izumi bei ihrer Ankunft kennen gelernt hatte. Dieses hier war weiblich, ihr Gefieder war nicht rotbraun, sondern fast pink. Ihre himmelblauen Augen sahen Fairymon wie aus weiter Ferne an.
 

„Das ist ein Perfect-Level Digimon!“, warnte Renamon, „Es ist vielleicht sogar stärker als ihr!“

„Er hat Recht“, gab Wolfmon zu, „Im normalen Hybrid-Zustand sind wir nur etwas stärker als ein normales Adult-Level... Und von hier aus geht keine DoubleSpirit Digitation...“

“Selbst wenn“, brummte Vitramon, „Kannst du nicht fliegen. Und Aldamon käme bei dem Sturm auch nicht sehr weit... Ich kann mich so schon kaum halten, und das trotz meines Gewichts. Als Aldamon bin ich kleiner und leichter, da weht es mich doch weg wie ein Blatt im Wind!“
 

„Haltet ihr euch da raus, das ist meine Sache!“, fuhr Fairymon die Jungs an, „Das... das ist Piyomon...“

Verzweifelt suchte sie den Blickkontakt zu ihrer Freundin, doch deren Augen waren leer und kalt. „Piyomon, hörst du mich? Ich bin es!“
 

Der riesige Vogel wandte sich zu ihr um. Ausdruckslose, blaue Augen musterten die Fee.

„Gegner... Vernichten...“, murmelte sie wie hypnotisiert und schoss mit enormer Geschwindigkeit auf Fairymon zu.

Diese konnte nur mit Mühe dem halbherzigen Angriff ausweichen.

„Piyomon... Bitte...“

Mit wenigen, jedoch sicheren Flügelschlägen hob sich Garudamon zu einem erneuten Angriff in die Höhe. Fairymon ballte verzweifelt die Hände zu Fäusten.

Es half alles nichts, sie würde gegen Piyomon kämpfen müssen, um ihre Freundin zu befreien... So, wie Blitzmon das grüne Babydigimon befreit hatte.
 

„Fairymon Slide Digitation zu... Shutumon!“
 

Schnell wie ein Pfeil flog die schlanke Kriegerin auf das angreifende Digimon zu. Sie drehte ihren Körper immer schneller um die eigene Achse, konzentrierte sich auf den Sturm und ließ die Luft um sich herum mit wirbeln.

Bald schon spürte sie, wie der Wind ihrem Willen gehorchte; der Sturm änderte seine Richtung, ein Wirbelwind entstand um Shutumons Körper und raste mit zunehmender Drehgeschwindigkeit auf Garudamon zu.
 

Unfähig, dem gigantischen Sog standzuhalten, wurde Garudamon in den vernichtenden Strudel gerissen. Leuchtend rote Federn wirbelten durch die Luft, als Shutumons Wirbelsturm den riesigen Körper erfasste und mitriss.

Immer schneller drehte sich die Luft um die Windkriegerin, selbst Vitramon konnte trotz der großen Distanz kaum noch gegen den Sog ankämpfen.

Verzweifelt schlugen die riesigen Feuerschwingen auf und ab, bemüht, nicht näher an den tödlichen Tornado zu kommen. Blitzmon hatte sich gegen die gewaltige Drachenbrust gestemmt und schob nach Leibeskräften, um seine Freunde zu beschützen.
 

Die Kraft des Windspirits war gewaltiger als sie je gedacht hatten; Izumi war sonst immer die Schwächste von ihnen gewesen.

Davon war jetzt jedoch nicht mehr viel zu sehen, der Sturm, den sie entfacht hatte, ließ selbst ein Perfect-level Digimon wie eine leblose Puppe durch die Luft wirbeln.
 

Als Shutumon aufhörte, sich zu drehen, ließ der Wind nach. Der Tornado löste sich auf und Garudamons Körper sank leblos herab, umgeben von einem Digi Code. Shutumon scannte diesen und tauchte herab, um ihre geschwächte Freundin aufzufangen.
 

Piyomon öffnete erschöpft die Augen. „Fairymon? Bist du das...?“

Shutumon nickte. Sanft drückte sie den warmen Vogelkörper Piyomons näher an ihre Brust.

„Ist alles in Ordnung bei dir?“, fragte sie besorgt.

„Schon gut... nur ein bisschen schwindelig.“, beruhigte Piyomon sie, „Es geht schon.“
 

Ein weiterer Dimensionskorridor öffnete sich. Piyomons Heimat war in der runden Öffnung zu sehen. Etwas umständlich löste sich das Vögelchen aus Shutumons Armen.

„Ich muss nach Hause... Aber ich komme euch besuchen, sobald ich kann.“, sagte sie, während sie eifrig mit den kleinen Flügeln schlug, um sich in der Luft zu halten, „Viel Glück bei euren nächsten Kämpfen... Und passt auf wegen Deemon, er ist auf dem Ultimate-Level.“

Aufrichtige Besorgnis stand in Piyomons Augen geschrieben, doch gleichzeitig auch großes Vertrauen.
 

„Keine Sorge, von dem lassen wir uns nicht einschüchtern.“, Meinte Vitramon siegessicher.

Nun, da der Sturm nachgelassen hatte, konnte er wieder problemlos fliegen.

„Wir haben es schon mit wesentlich mächtigeren Gegnern aufgenommen.“, bestätigte Wolfmon und verschwieg dabei wohlweislich, dass sie im Moment nicht weiter digitieren konnten.
 

Die Sorge schwand aus Piyomons Blick und der kleine Vogel machte sich mit schnellem Flügelschlag auf in Richtung Heimat.

„Wir sehen uns auf jeden Fall noch mal, bevor ich wieder in meine Welt muss!“, rief Shutumon ihr hinterher, „Versprochen!“
 

„STAGE TWO: CLEAR“, ertönte wieder die mechanische Stimme, als sich der Korridor geschlossen hatte, „NEXT LEVEL START“
 

Ohne jede Vorwarnung standen die Digimon plötzlich in grellem Licht. Geblendet schlossen sie die Augen, außer dem grellweißen Licht war nichts zu sehen.
 


 

~Wolfmon~
 

Angestrengt starrte Wolfmon in das Licht. Um sie herum schien es nichts zu geben, außer seinen Freunden konnte er nichts und niemanden sehen.

Zumindest hatten sie wieder Boden unter den Füßen.
 

Löwemon und die anderen schienen in diesem gleißenden Licht überhaupt nichts sehen zu können. Sie alle hielten sich die Augen zu, die vom grellen Weiß zu schmerzen schienen.

Sah aus, als wäre das hier nun Wolfmons Gebiet.

„Sei vorsichtig...“, warnte ShadowRenamon plötzlich. Er hielt die Augen mühsam geöffnet, es sah aus, als wenn er mit Mühe tatsächlich etwas erkennen konnte.

„Es gibt Digimon, die sich im Licht besser tarnen können als manch anderer in der Finsternis...“
 

Wolfmon nickte knapp. „Ich weiß... aber das Licht ist mein Element, hier kann mir niemand etwas anhaben. Auch wenn ich für ein wenig Schatten dankbar wäre... das Licht ist in so konzentrierter Form einfach nicht mehr schön.“

Er lächelte seinen großen Bruder liebevoll an, auch wenn der es nicht sehen konnte.
 

Plötzlich wieder ernst wandte sich Kouji von seinen Freunden ab.

„Da kommt etwas... ich kann Schritte hören.“
 

Tatsächlich trat etwas aus dem Licht hervor. Wolfmon knurrte. Sein Gegenüber tat es ihm gleich. Das Digimon sah aus wie ein großer, blauer Hund. Sein flauschiger Kragen und der eingekringelte Schwanz waren weiß, auf seiner Stirn prangte ein gelbes Kreuz. Lange, rote Bänder standen aus seinem Nacken hervor wie die Enden eines Schals, nur dass sie fast zu steif für einen solchen waren.
 

Das Digimon machte einen Schritt in Koujis Richtung, dieser zog seine Lichtschwerter.

„Steckt die weg!“, bellte das Digimon, „Wenn ich schon mit dir kämpfen muss, dann auf gleichem Level.“

Wolfmon zögerte einen Moment, dann gehorchte er. Renamon sah erschrocken auf.

„Auf gleichem Level, was? Das kannst du haben. Wolfmon Slide Digitation zu... Garmmon!“
 

Nun ebenfalls auf allen Vieren trat Garmmon auf seinen Gegner zu.

„Du wirkst ziemlich gefasst... unser vorheriger Gegner schien nicht so klar bei Verstand zu sein.“, bemerkte Garmmon. Er war nicht wirklich auf ein Gespräch aus, aber doch neugierig.
 

„Ich sträube mich nicht gegen den Willen Deemons.“, antwortete der Hund, „Ich heiße nicht gut, was er tut, aber ich kann mich nicht wehren. Deswegen tue ich, was er sagt, und schaffe mir Freiraum durch Gehorsam. Ich will nur fair kämpfen, das lässt er zu.“

Er machte eine kurze Pause. „Mein Name ist Gaogamon. Ich wollte schon lange gegen dich Kämpfen, Garmmon... Wenn auch nicht unter solchem Zwang.“
 

Kaum hatte Gaogamon zu Ende gesprochen, sprang er auch schon blitzschnell auf seinen Gegner zu. Fast im selben Moment sprang auch Garmmon los und nur kurze Zeit später rollten sich die beiden Kaniden knurrend und beißend über den Boden.

Durch das blendend helle Licht konnte niemand außer Renamon etwas erkennen, und selbst der sah nicht mehr als zwei schemenhafte Gestalten, die mit wildem Gebell aufeinander losgingen und sich im nächsten Moment wieder verbissen knurrend über den Boden rollten.
 

Garmmon spürte die Zähne seines Gegners viel zu oft an den Stellen seines Körpers, die der Panzer ungeschützt ließ, doch dessen Bisse waren nichts gegen den Schaden, den Garmmons gewaltige Reißzähne mit jedem Biss verursachten.
 

Als die beiden schließlich auseinander gingen, stand der Sieger eindeutig fest. Gaogamons blaues Fell war blutverschmiert, tiefe Bisswunden klafften an seinem Körper. Garmmon dagegen hatte lediglich ein paar oberflächliche Kratzer an Hals und Armen abbekommen.
 

„Du... bist tatsächlich so stark, wie ich angenommen hatte.“, presste Gaogamon heraus. Er hatte sichtlich Mühe zu sprechen, aus seinem Hals quoll Blut. „Ich wünsche dir viel Glück.“

Mit diesen Worten brach der blaue Hund endgültig zusammen.

Kouji zögerte einen Moment, dann trat er auf ihn zu und nahm den eben erschienenen Digi Code in sich auf.
 

Wo Gaogamon zusammengebrochen war lag nun ein etwas kleinerer blauer Hund.

Mühsam richtete sich das Digimon auf. Es warf einen Blick auf das Dimensionstor, das sich hinter ihm aufgetan hatte, dann verbeugte es sich vor Garmmon.

„Es war mir eine Ehre, gegen Euch kämpfen zu dürfen, Garmmon-sama.“, sagte es und reichte dem Wolf seine Hand, „Und ich bedanke mich vielmals dafür, dass ihr Deemons Bann von mir genommen habt.“

„Keine Ursache.“, versicherte Kouji und reichte dem Hündchen die Pfote, „Hat Spaß gemacht gegen dich zu kämpfen.“
 

Nachdem Gaomon durch den Korridor gegangen war und sich dieser geschlossen hatte, meldete sich wie erwartet die nervige Stimme wieder.

„STAGE THREE: CLEAR.

NEXT LEVEL START“
 

Das Grelle Licht verschwand so plötzlich, wie es gekommen war. An seiner statt tanzen plötzlich Flammen über den Boden, die Luft war stickig und verqualmt und der Boden glühte unter Garmmons Pfoten.

Erschrocken sprang der stählerne Wolf auf, um den Bodenkontakt zu verringern. Dabei hatte er es mit seinen stählernen Pfoten noch richtig gut; Renamon war mit einem verletzten Heulen aufgesprungen und ließ sich nun von Shutumon tragen, die sich ununterbrochen mit ihren Flügelförmigen Ohren Luft zufächelte.

Chukmon wäre beinahe zu einer jämmerlichen Pfütze zerlaufen, hätte Blitzmon ihn nicht hochgehoben und in den kühlenden Wind Shutumons gehalten.

Das hier war dann wohl Takuyas Gebiet... sollte der sich nur beeilen, dass sie schnell aus dieser furchtbaren Hitze entkommen konnten.
 


 

~Vitramon~
 

Die Luft roch nach einer Mischung aus brennendem Holz und Fleisch, teils angenehm, teils beißend. Vitramon empfand die für die anderen unerträgliche Hitze eigentlich nur als angenehm warm, doch Chukmons fast flüssiger Zustand machte ihm deutlich, dass sie hier nicht zu lange bleiben durften.

Kouji und Kouichi würden es zwar durchaus noch eine Weile aushalten können, und Shutumon war in der Lage, sich durch ihren Wind zu kühlen, aber für die anderen drei sah es nicht sehr rosig aus.
 

Mit einem ausladenden Flügelschlag schwang sich Vitramon in die Luft und hielt nach seinem Gegner Ausschau. Je schneller er diesen fand und besiegte, desto schneller waren seine Freunde in Sicherheit. Okay, nicht in Sicherheit, aber zumindest raus aus dieser sengenden Hitze.

Soweit hatte er das Prinzip hier schon verstanden: Es war nichts anderes als eines dieser billigen Videospiele, in denen man sich durch mehrere ziemlich gleich aufgebaute Levels bis zum Endgegner durchspielen musste.
 

Tatsächlich hatte er schnell seinen Gegner gefunden; oder besser: Der Gegner hatte ihn gefunden.

Ein rotglühender Feuerball sauste haarscharf an Vitramons Kopf vorbei. Als er dessen Flügel traf, loderten die Flammen einen Moment lang meterhoch auf.

Vitramon wandte sich in die Richtung, aus der der Angriff gekommen war.
 

Ein riesiger roter Dinosaurier – oder Drache – stand nicht unweit von ihm auf dem Boden. Dichte Rauschschwaden quollen aus seinen Nüstern, es schnaubte wie ein wilder Stier. Sein langer Schwanz peitschte hin und her wie der einer gereizten Katze, das weiße Haar in seinem Nacken war drohend gesträubt.

Wieder brüllte der Drache wütend auf und schoss einen Feuerball in Vitramons Richtung, doch diesmal war Takuya vorbereitet. Seinem Beast Instinkt folgend brüllte er zurück und flog auf das Digimon zu. Seine Flammenflügel plusterten sich auf, er schoss Feuer in Richtung seines Gegners.

Viel nutzte ihm das sicher nicht, wenn sein Gegner auf dasselbe Element spezialisiert war, aber es verdeckte einen Moment lang die Sicht zwischen ihnen.
 

Vitramon rammte seinen Gegner mit all seiner Kraft und stemmte die Arme gegen die Schultern seines Gegners, um diesen umzuwerfen. Der rote Dino hielt mit aller Kraft dagegen, die gelben Markierungen, die wie ein Code über die Schwarzen Streifen auf seinem Körper liefen, glühten gefährlich auf, als es sich mit seinem ganzen Gewicht gegen Vitramon stemmte.
 

Eine Weile rangen die beiden Feuerdrachen so miteinander, bis es Takuya letztlich unter Aufbietung all seiner Kraft gelang, seinen größeren Gegner umzuwerfen. Vitramon brüllte triumphierend auf und legte gleich nach, bevor der andere Drache erst aufgestanden war.

Durch die Erschöpfung hatte Takuyas Kontrolle über seinen Beast Zustand nachgelassen, er stürzte sich wie ein Tier auf den unterlegenen Drachen, bis dessen Digi Code erschien.
 

Kaum dass er diesen aufgenommen hatte, beruhigte Vitramon sich wieder.

Wo der riesige, rote Drache gelegen hatte saß nun ein kleines, rotes Etwas. Es hatte ein bisschen Ähnlichkeit mit einem Tokomon, aber bereits kleine Flügelöhrchen und einen Schwanz, der an seine erwachsene Form erinnerte.

„Gigi...“, murmelte das Kleine und hielt sich schützend die winzigen Pfötchen vor die Augen, als fürchte es weitere Angriffe von Vitramon.

Diesen bekam sofort ein schlechtes Gewissen.

„Tut mir Leid Kleiner... Ich wollte dir nicht wehtun...“

„Gigi?“, fragte das kleine Wesen, noch immer zitternd.

„Bestimmt nicht. Es tut mir Leid, dass ich dich erschreckt hab. Ich bin schon so darauf aus, mir endlich diesen gemeinen Deemon vorzuknöpfen, dass ich ganz vergessen habe, dass du nichts dafür kannst, dass du mich angreifst...“, entschuldigte Takuya sich ehrlich, „Kann ich das irgendwie wieder gutmachen?“

„Gigi... Deemon puttmachen?“, fragte das Digimon.

„Das auf jeden Fall. Nach allem, was der verbrochen hat.“, bestätigte Vitramon bestimmt.

„Gigi!“, meinte das Digimon sofort freudig, dann hüpfte es auch schon durch einen magischen Tunnel nach Hause.
 

„Hat sich offensichtlich doch nur erschrocken...“, stellte Takuya erleichtert fest.
 

„STAGE FOUR: CLEAR“, erklärte nun endlich die Computerstimme.

„NEXT LEVEL START“
 


 

~Chukmon~
 

Mit einem Mal war die schreckliche Hitze verschwunden.

Von Feuer und Stein war nichts mehr zu sehen, der Boden war meterhoch bedeckt von glitzerndem Schnee.

Erfreut sprang Chakmon auf den Boden, wo seine Füße sofort tief einsanken.
 

„Na ganz toll...“, knurrte Garmmon wenig begeistert, „Von einem Extrem ins nächste... Dabei war ich so froh, meine Erkältung endlich los zu sein...“

Schützend nahm Löwemon den frierenden Wolf in die Arme, doch auch er selbst zitterte vor Kälte. Shutumon hatte ihre Flügel eng um sich geschlungen und auch Blitzmon schien der Kälte nicht sehr zugetan.

Renamon schließlich hatte sein schwarzweißes Fell mächtig aufgeplustert, um der grausamen Temperatur zu trotzen.
 

Vitramon flog zu den anderen zurück und legte schützend seine brennenden Flügel um die Freunde, um ihnen so etwas Wärme zukommen zu lassen.

„Jetzt bist du dran, Chakmon. Gib dein Bestes, okay?“, meinte der große Drache aufmunternd.

Chakmon nickte. Hier in Schnee und Eis hatte er den großen Vorteil. Er würde seine Freunde beschützen, immerhin war er längst nicht mehr die kleine Heulsuse, die sich vor allem fürchtete... Er war einer der zehn Legendären Digikrieger, und er war genauso stark wie die anderen.
 

Sein Mut verließ ihn dann doch einen Moment, als er seinen Gegner auf sich zu stampfen sah. Ein riesiges, rotes Mammut kam durch den Schnee auf ihn zu. Chakmon brauchte gar nicht erst Renamons Information, er konnte sich auch so denken, dass es sich bei dem zotteligen Riesen nur um ein Perfect-Level handeln konnte.
 

Nachdem er den ersten Schreck verdaut hatte löste sich Chakmon wieder aus seiner Erstarrung. Es half nichts, als Eiszapfen in der Gegend herumzustehen, wenn er kämpfen musste – auch Takuya Oniichan würde der Kälte nicht ewig standhalten können.
 

„Chakmon Slide Digitation zu... Blizzarmon!“
 

Durch seine Größe nun wesentlich mutiger als zuvor trat Tomoki dem Feind entgegen. Mit einem mächtigen Brüllen stürzte er sich auf Mammon und bekam mit beiden Händen dessen gewaltige Stoßzähne zu fassen.

Das Mammut trompetete wütend und versuchte, sich dem Griff zu entwinden. Blizzarmon hielt ihn mit einiger Anstrengung fest, bis es ihm schließlich unter Aufbietung all seiner Kräfte gelang, das Digimon vom Boden zu heben.

Triumphierend hob er den Koloss über seinen Kopf und warf ihn anschließend hoch in die Luft. Er zog seine beiden Wurfäxte und schleuderte diese in einem brausenden Schneesturm nach oben auf das in der Luft wehrlose Mammon.
 

Mit einem furchtbaren Donnern schlug das tonnenschwere Digimon auf dem Boden auf. Mit sichtlicher Mühe zwang sich das Mammut wieder auf die Beine – es hatte den Angriff überstanden.

Blizzarmon fing seine Waffen auf und trat einen Schritt zurück. Sosehr er es auch gehofft hatte, hatte er doch nicht geglaubt, Mammon mit einem Schlag besiegen zu können. Immerhin hatte er es mit einem Perfect-Level zu tun... Das Digimon war wesentlich stärker als er und zudem gegen Eis und Kälte gewappnet.
 

Wütend brüllend rannte Mammon auf Tomoki zu. Dieser warf dem Eiszeitwesen seine Äxte entgegen. Nahezu wirkungslos blieben die Waffen im dichten Fell des Dickhäuters stecken.

Dieser feuerte seine Stoßzähne wie Raketen auf Tomoki, was ebenso wirkungslos war.

Als das Mammut seinen Gegner mit gesenktem Haupt über den Haufen rennen wollte, packt sich dieser erneut die riesigen Stoßzähne.

Mammons eigenen Schwung ausnutzend ließ Blizzarmon sich nach hinten fallen und warf seinen viel schwereren Gegner über sich. Dieses Mal sprang er selbst hinterher, zog seine Waffen aus Mammons Fell und schlug sie ihm diesmal direkt hinter den Ansatz seiner stählernen Maske. Dann packte er das schwere Digimon mit den Tauen auf seinem Kopf und schleuderte es mit aller Kraft in Richtung Boden.
 

Diesmal blieb Mammon liegen; ein Digi Code erschien um seinen riesigen Körper.

Schnaufend zog Tomoki seinen D-Tector und scannte den Code.

Als das Licht verschwand, lag ein hilfloses Bakumon an seiner Stelle. Mühsam stand der kleine Tapir auf.

„Alles okay bei dir?“, fragte Tomoki besorgt, „Tut dir was weh?“

Bakumon schüttelte den Kopf. „Neinnein, jetzt nicht mehr. Jetzt ist Deemon auf meinem Kopf weg, der hat wehgetan...“

Es sah Tomoki begeistert aus seinen großen, blauen Augen an. „Vielen vielen Dank für eure Hilfe, Blizzarmon-sama. Ich hoffe sehr, dass wir uns mal wieder sehen!“

Und mit diesen Worten verschwand es wie die anderen.
 

Tomoki blieb etwas verwirrt stehen. Das war schnell gegangen… Aber irgendwie musste es vorangehen, auch, wenn der spielähnliche Aufbau langsam monoton zu werden drohte.
 

„STAGE FIFE: CLEAR“, erklärte die Computerstimme.

„NEXT LEVEL START“
 


 

~Blitzmon~
 

Erneut änderte sich die Umgebung, kaum, dass die Stimme verstummt war.

Der Schnee und die Kälte verschwanden, stattdessen standen die Helden nun in einer Art Halle. Die weit entfernten Wände bestanden aus miteinander vernieteten Metallplatten, überall standen Säulen aus glänzendem Stahl.

Der Boden war glatt wie die Oberfläche eines Spiegels. Junpei blickte zu seinen Füßen, wo ihm das Spiegelbild Blitzmons entgegenblickte.
 

Das nächste Level… Deemon fiel echt nichts Neues mehr ein.
 

Viel Zeit, sein muskulöses Selbst im Spiegel zu betrachten hatte Junpei jedoch nicht.
 

Das schrille Geräusch einer Trillerpfeife, von den metallischen Wänden und Säulen zu einem furchtbaren Krach gesteigert, ertönte ohne Vorwarnung in der Stille.

Erschrocken wandten sich die Kinder nach der Quelle des Kraches um, doch das vielfache Echo der Säulen machte es ihnen unmöglich, den Urheber des Geräusches zu finden.
 

Junpei schrie auf, mehr vor Schreck als vor Schmerz, als ihm plötzlich etwas am Hinterkopf traf und dort explodierte. Das Trillern stoppte.

Wütend sah Blitzmon in die Richtung, aus der der Angriff ihn getroffen hatte.

„Wer auch immer das war, gehört mir!“, setzte er fest.

Die anderen schienen einverstanden mit seiner Entscheidung.
 

Renamon blickte nachdenklich auf sein Spiegelbild im Boden.

„Der Umgebung nach zu urteilen haben wir es jetzt mit dem Metall zu tun… unser Gegner ist also entweder ein Roboter oder ein Cyborg-Typ… oder etwas ganz anderes, das irgendwie mit Metall zu tun hat.“, vermutete er.

„In jedem Fall ist es feige.“, brummte Vitramon beleidigt, „Es versteckt sich und greift uns von hinten an, das ist doch voll bescheuert.“

„Es ist eine brauchbare Taktik.“, wandte Garmmon ein, während es mit den Pfoten gegen eine der Säulen schlug. Das Geräusch klang ziemlich hohl.

„Diese Dinger hier verursachen ein ziemlich starkes Echo, nicht mal jemand mit einem stark ausgeprägten räumlichen Gehörsinn kann hier den Ursprung eines Geräusches zurückverfolgen. Unser Gegner nutzt diesen Feldvorteil, um unbemerkt aus dem Versteck heraus angreifen zu können… Vermutlich benutzt er auch Lenkangriffe, die im Flug ihre Richtung ändern können.“

„Feige ist es trotzdem…“, grummelte Takuya.

Renamon nickte bestätigend.

„Aus diesem Grund denke ich auch nicht, dass es ein Perfect-Level ist. Zwar sind die meisten metallisierten Digimon auf dem Perfect- oder sogar Ultimate-Level, aber wenn unser Gegner so stark wäre, hätte er es nicht nötig, aus dem Hinterhalt anzugreifen.“
 

Blitzmon presste wütend die Kiefer gegeneinander. Sollten die doch mutmaßen, was sie wollten, helfen tat ihnen das auch nicht; es machte ihren Gegner weder sichtbar noch gab es einen anderen Hinweis auf dessen genaue Position.
 

Erneut erklang das Geräusch der Trillerpfeifen, erneut explodierte irgendetwas auf Blitzmons Panzer. Diesmal kamen die Angriffe aus verschiedenen Richtungen, wurden also ziemlich sicher ferngelenkt.

„Nun reicht es aber… Komm raus und kämpfe, wenn du kein Feigling bist!“, brüllte der stählerne Käfer wütend.

Nichts rührte sich, offensichtlich hatte das Digimon kein Problem damit, sich als Feigling zu bekennen.
 

Junpei hatte langsam die Nase voll. Er hatte Versteckspiele noch nie leiden können, und er wusste genau warum.

Er wollte gerade hochfliegen, um sich einen besseren Überblick zu verschaffen, als ihm etwas einfiel. Das Metallelement war dem des Donners nicht abgeneigt…

„Leute, fliegt in die Luft und seht zu, dass ihr auf keinen Fall irgendwas Metallisches anfasst!“, riet er den anderen.
 

Shutumon flog sofort mit Renamon nach oben, die anderen kletterten auf Vitramons Rücken. Dort wurde es dank Blizzarmon zwar etwas eng und Takuya fiel es sichtlich schwerer, sich in die Luft zu heben, als vorher, aber der Drache dachte nicht im Traum daran, sich die Anstrengung anmerken zu lassen.
 

Als er sich sicher war, dass keiner seiner Freunde mehr den Boden, die Säulen oder die Decke berührte, sammelte Blitzmon alle seine Energie in den Fäusten.

„Thor Hammer!“

Der Angriff traf den Spiegelboden effektiver, als irgendjemand gedacht hatte. Das Metall leitete den Strom blitzschnell weiter und alles, was den improvisierten Stromkreis berührte, bekam mehrere tausend Volt ab.

Es gab ein Geräusch wie bei einem Kurzschluss, als in der Ecke etwas explodierte.
 

Blitzmons Angriff war so schnell vorbei, wie er gekommen war. Einige verirrte Blitze zuckten noch über das Metall, weshalb sich die Digimon lieber nicht auf den Boden zurückwagten.

ShadowRenamon lag reglos wie eine Puppe in Shutumons Armen. Offensichtlich war er zu schüchtern, sich in den Armen der gut gebauten Frau übermäßig zu bewegen; vielleicht aber auch einfach nur erfahren genug, es nicht darauf ankommen zu lassen.

Zudem schien Blitzmons alles vernichtender Angriff ihn schwer beeindruckt zu haben. Seine sonst zu schmalen Schlitzen verengten Augen waren weit geöffnet und starrten den mächtigen Käfer mit einer Mischung aus Erstaunen und Ehrfurcht an.
 

Mit festem Schritt trat Blitzmon auf die Ecke zu, in der der jämmerliche Schrotthaufen lag, den der Angriff getroffen hatte. Achtlos und ein wenig genervt scannte er den Digi Code, der den Blechhaufen umgab. Zurück blieb ein kleines, zitterndes Digimon.

„Capurimon?“, fragte Junpei unsicher. Das Wesen zuckte ängstlich zusammen.

Ein Vorteil hier in der Digiwelt war, dass man den Namen eines Digimon wissen konnte, ohne es je persönlich gekannt zu haben; man musste nur vorher eines seiner Art kennen gelernt haben.
 

Das Capurimon hob ängstlich den Blick, als wollte es nachsehen, wo der erwartete Angriff abblieb. Scheinbar war es wirklich ein ziemlicher Angsthase, oder Blitzmons Thorhammer hatte es so erschreckt, dass es sich lieber nicht zu viel traute.

Junpei sah es freundlich an.

„Du musst keine Angst vor mir haben, Kleiner. Deemons Kontrolle über dich ist weg, du bist nicht mehr mein Gegner.“

„Du… du kämpfst gegen den bösen Deemon?“, fragte das Kleine ängstlich. Seine Augen unter der stählernen Maske waren groß geworden.

„Na klar.“, entgegnete Junpei sicher, „Immerhin bin ich einer der Zehn Legendären Digikrieger.“

Nein, er gab überhaupt nicht an… okay, vielleicht ein bisschen.
 

In jedem Fall wirkte die Prahlerei. Capurimon sah den Helden aus großen Augen an.

„Dann macht ihr Deemon voll fertig, ja? Und wir müssen keine Angst mehr vor ihm haben?“

„Klar machen wir den fertig.“, bestätigte Blitzmon siegessicher.

„Genau.“, stimmte Vitramon breit grinsend zu, „Wir machen Deemon so platt, dass der sich nie wieder traut, irgendwas anzustellen.“
 

Ermutigt durch das Versprechen zweier so bedeutender Helden machte sich Capurimon auf den Weg nach Hause, um gleich seiner Mammi zu erzählen, was er erlebt hatte. Man wurde schließlich nicht jeden Tag von einem legendären Helden aus dem Bann eines Dämons befreit…
 

„STAGE SIX: CLEAR“, ertönte die Computerstimme, die in diesem Level grausam verzerrt klang, „NEXT LEVEL START“
 


 

~Garmmon~
 

Der Metallraum verschwand wie alle bisherigen Landschaften, diesmal, um einer Welt aus Fels und Stein Platz zu machen. Die Erde unter Garmmons Pfoten war weich, fast wie frisch umgegraben, hier und da ragten Felsbrocken hervor, die in willkürlichen Formationen aus dem Boden zu wachsen schienen.
 

„Nun also Erde…“, stellte Renamon überflüssigerweise fest. Kouji konnte dem Fuchs ansehen, dass er sich bereits seine Gedanken über den hiesigen Gegner machte.

Mit was sie es wohl diesmal zu tun bekamen?
 

Kurz entschlossen sprang der große Wolf auf einen der Felsen, um sich umzusehen. Wenn er sich nicht sehr irrte würden sie es vor Deemon noch mit insgesamt vier Digimon zu tun bekommen. Garmmon war noch fit, sein Kampf war schon eine Weile her und hatte ihn nicht sehr gefordert.

Insofern konnte es nicht schaden, wenn er den Erdgegner übernahm; auf diese Weise konnte er sich noch ein wenig warmlaufen.
 

Lange musste er gar nicht warten, da trat auch schon ein schwer gepanzerter Dinosaurier zwischen den Felsen hervor. Wild brüllend stampfte das Digimon über den Boden, seine vier Füße hinterließen tiefe Abdrücke in der weichen Erde.

Sein langer, kräftiger Schwanz endete in einer mit fiesen Stacheln besetzten Kugel, die er unruhig hin- und herschwenkte und dabei im Weg stehende Felsen zertrümmerte.

„Ankylomon.“, beantwortete ShadowRenamon Koujis unausgesprochene Frage, „Ein Dinosaurierdigimon auf dem Adult-Level. Sein Panzer ist hart wie Diamant und nahezu unzerstörbar, dafür macht er es jedoch auch langsam. Seine gefährlichste Waffe ist der Morgenstern an seinem Schwanz, außerdem kann es sich zu einer stachelbewehrten Kugel zusammenrollen und alles niederwalzen, was in seinem Weg ist.“

Garmmon bedankte sich für die reichhaltigen Infos mit einem knappen Nicken.
 

Der Dinosaurier sah in der Tat ausgesprochen schwerfällig aus, aber sein extremes Gewicht und sein dicker Panzer waren mit Sicherheit nicht nur von Nachteil.

Mit einem Angriffslustigen Heulen machte der Wolf auf sich aufmerksam. Der Dino gehörte ihm, die anderen sollten sich ruhig erstmal ausruhen.
 

Ankylomon wandte ihm langsam seinen runden Kopf zu und musterte den weißen Wolf aus leeren, hypnotisierten Augen. Es zögerte einen Moment wie im Kampf mit sich selbst, dann brüllte es wütend auf und sprang in die Luft.

Kouji hatte sich nicht geirrt; Ankylomon war ohne weiteres in der Lage, seinen schweren Körper in Schwung zu bringen.

Wie Renamon vorhergesagt hatte rollte das Digimon sich zu einem großen Ball zusammen, so dass die Stacheln auf seinem Panzer in alle Richtungen zeigten. Gleichzeitig begann es sich zu drehen und schon rollte es rasend schnell auf Garmmon zu, eine tiefe Spur im Boden zurücklassend, wo es sich entlang bewegte. Der weiße Wolf sprang behände in die Luft, als Ankylomon wie eine außer Kontrolle geratene Walze unter ihm hindurchdonnerte und den Felsen, auf dem er gestanden hatte, einfach wegfegte.

Winzige Felssplitter flogen nach allen Seiten, wo die riesige Kugel entlang rollte.
 

Ankylomon stoppte in einigem Abstand, drehte sich eine Weile auf der Stelle, als wolle es sich in den Boden graben und entrollte sich mit einem wütenden Brüllen, als es merkte, dass ihm sein Gegner entkommen war.

Erneut griff es mit seiner zerstörerischen Technik an, und diesmal wich Kouji nicht aus.

Fest grub er seine Krallen in die weiche Erde und stellte sich der wütend auf ihn zurollenden Kugel.

Gerade, als diese ihn niederzuwalzen drohte sprang er ihr direkt entgegen und warf sich mit aller Kraft gegen den sich schnell drehenden Körper.
 

Ankylomon geriet aus dem Gleichgewicht, flog kurz durch die Luft und landete mit einem Erdbebenverursachenden Donnern auf allen Vieren. Wütend schlug es mit dem Schwanz nach Garmmon, doch dieser war vorbereitet.

Er packte den Schwanz mit dem Maul und verbiss sich in dessen hartem Metallbeschlag, während er seine Räder schräg auf den Boden stellte. Noch ehe der Dinosaurier begriff, wie ihm geschah, heulten Garmmons Motoren auf. Die vier Räder griffen gut auf dem von Ankylomon festgewalzten Boden und bald schon begann Garmmon, sich schnell im Kreis zu drehen. Sein Maul verzog sich zu einem fiesen Grinsen, seine stahlharten Zähne hielten Ankylomons Schwanz und rissen den schweren Dinosaurier daran in die Höhe.

Sein extremes Gewicht wurde dem Digimon nun zum Verhängnis, die Fliehkraft riss den Koloss gnadenlos in die Höhe während Garmmon sich immer schneller auf der Stelle drehte.
 

Plötzlich ließ Kouji los. Der Dinosaurier flog völlig wehrlos durch die Luft und ruderte fast verzweifelt mit den Beinen, währen der Wolf seine Krallen in den Boden schlug und die schnelle Rotation abrupt stoppte.

Mit einem triumphierenden Heulen schoss Garmmon eine Lichtkugel auf Ankylomon, dessen ungeschützter Bauch in der Luft völlig bloß lag.
 

Der Angriff zeigte volle Wirkung, Ankylomon fiel reglos zu Boden. Ohne zu zögern nahm Garmmon den Digi Code in sich auf und reinigte das Digimon von Deemons fiesem Einfluss.

Ein kleines, beiges Wesen mit seltsamen, flügelähnlichen Ohren sah ihn aus schwarzen Knopfaugen an.

„Danke, dass du mich befreit hast.“, sagte es und deutete eine Art Verbeugung an, „Auch wenn mir jetzt ein bisschen schwindlig ist.“

„Das tut mir Leid… ich hab wohl doch etwas übertrieben.“, entschuldigte sich Garmmon.

„Ach, das macht nichts.“, meinte das Digimon grinsend, „Ich mag Karussell fahren.“

Es wedelte freudig mit seinen großen Ohren, dann sprang es durch den Korridor nach Hause.
 

„STAGE SEVEN: CLEAR“, meldete sich die nervige Stimme erneut.

„NEXT LEVEL START“
 

Allmählich wurde die Prozedur schlichtweg langweilig. Na ja, wenn Renamon sich nicht geirrt hatte, mussten sie nur noch drei Levels durchstehen…
 


 

~Löwemon~
 

Kaum war die Stimme verstummt wurde es mit einem Schlag dunkel.

„Hey, wer hat das Licht ausgemacht?“, beschwerte sich Junpeis Stimme irgendwo links.
 

Kouichi blinzelte, um seine Augen schneller an die Dunkelheit zu gewöhnen. Es half durchaus, wenn auch nicht viel. Die Dunkelheit selbst war vollkommen, aber Vitramons Flammenflügel spendeten ein wenig Licht und Garmmon hatte zu leuchten begonnen. Vielleicht strahlte er auch immer ein ganz schwaches Licht ab, das man nur nicht sah, wenn es um ihn her zu hell war… In jedem Fall bot Kouji so eine nahezu perfekte Zielscheibe für jemanden, der in der Dunkelheit sehen konnte.
 

Löwemon trat auf seinen jüngeren Zwillingsbruder zu und berührte sanft seine Schulter. Der Wolf erschrak kurz, offensichtlich konnte er nicht erkennen, wer ihn berührt hatte.

„Du solltest besser zu den anderen gehen.“, erklärte ihm Kouichi ruhig, „Komm mit, ich führe dich hin.“

Der Löwenkrieger legte seine Hand auf Garmmons Rücken und lenkte ihn in Vitramons Richtung. Auch die anderen sammelte er vorsichtshalber ein.

Er selbst konnte im Schein von Vitramons Flügeln einigermaßen gut sehen, seine Katzenartigen Augen reflektierten das wenige Licht hervorragend.

Die anderen sahen scheinbar nur Löwemons leuchtende Augen.
 

Angespannt sah sich Kouichi nach seinem Gegner um. Vitramons Licht an sich reichte nicht weit, aber die Katzenaugen reflektierten es gut genug, um Löwemons Blickfeld ausreichend zu beleuchten.

In einiger Entfernung konnte er schließlich zwei Paar rot glühender Augen ausmachen, die begierig auf die schwache Lichtquelle starrten. So dicht, wie sie übereinander lagen, mussten sie wohl zu einem einzigen Digimon gehören.
 

Löwemon öffnete seine Augen so weit wie möglich, um sein Blickfeld zu vergrößern. Das Digimon musste größtenteils schwarz sein, sein dunkler Umriss zeichnete sich nur schwach als der eines Drachen oder Gargoyles in der Finsternis ab.

Kouichi knurrte drohend. Ihm gefiel nicht, wie dieses teuflische Digimon seinen Bruder anstarrte.
 

Entschlossen trat er durch die Finsternis auf das Wesen zu. Seine leuchtenden Augen fixierten die seines Gegners, sein Blick war herausfordernd genug um deutlich zu machen, dass er es war, auf den sich der Gargoyle zu konzentrieren hatte.
 

Aus den Augenwinkeln bemerkte Kouichi, dass Renamons Augen ebenfalls leuchteten. Vielleicht konnte auch er etwas mehr erkennen als die anderen, aber seine angestrengte Haltung verriet deutlich, dass es nicht ausreichte.
 

Der Gargoyle richtete nun endlich seinen Blick auf den ankommenden Löwenkrieger.

„Sieh an… der Herr der Finsternis fordert ein Nichts wie mich zum Kampf heraus?“ Seine Stimme klang verschlagen, hinterhältig. Er legte seinen länglichen Kopf schräg in den Nacken und blickte Löwemon aus seinen vier Augen kampflustig an.

Kouichi knurrte drohend. Er mochte dieses Digimon nicht, gleichzeitig spürte er aber, dass ihm das Wesen verbunden war; ein Geschöpf der Finsternis, seinem Element. Und wie die meisten dieser Art ziemlich unangenehm.
 

„Du scheinst nicht so stark hypnotisiert wie die anderen.“, stellte Kouichi trocken fest.

„Ich lasse mich nicht manipulieren.“, gab das Digimon fast trotzig zurück, „Ich kenne meine Grenzen. Ich gehorche, wem ich muss und tue, was ich will, wenn es im Rahmen des Möglichen ist.“

Es machte eine kurze Pause, in der es seinen Gegner abschätzend musterte.

„Deemon will euch loswerden, er mag euch nicht. Ich habe nichts gegen euch, im Gegenteil, aber ich töte, wenn man es mir sagt. Ich heiße übrigens Devidramon.“
 

„Du wirst uns nicht töten.“, stellte Löwemon fest, „Wir sind stärker als du.“

„Aber du bis der Einzige, der mich sieht.“, konterte Devidramon geschickt, „Dein kleiner Bruder ist ein leichtes Ziel… Ich werde gegen dich kämpfen, wenn du darauf bestehst, aber kannst du mich auch davon abhalten, das Wölfchen zu verletzen?“

„Du wirst Garmmon nichts tun, hast du mich verstanden?“, brüllte Kouichi. Devidramon provozierte ihn absichtlich, das war ihm klar, aber trotzdem… Kouichi hatte keinen Zweifel daran, dass der Gargoyle seine Worte ernst meinte.

Devidramons Augen blitzten spöttisch. „Halte mich davon ab, wenn es dir so wichtig ist. Ich will nur spielen…“

„Spielen also, ja? Das kannst du gerne haben…“, knurrte Kouichi mühsam beherrscht.
 

„Löwemon Slide Digitation zu… KaiserLeomon!“
 

Er hätte Devidramon sicher auch in seinem H-Hybriden Zustand erledigen können, aber irgendwie war ihm danach, seine Selbstbeherrschung aufzugeben und sich wie ein wildes Tier auf den Gargoyle zu stürzen.

Wütend brüllend schlug er mit seinen Krallen nach Devidramon, der mit einem schnellen Sprung nach oben auswich. Mit wenigen Schlägen seiner großen Flügel brachte er sich in eine Höhe, in der KaiserLeomon ihn nicht mehr springend erreichen konnte, und wandte sich unverzüglich dem leuchtenden Wolf zu.
 

„Natürlich spielen… Kannst du verhindern, dass ich dein Brüderchen verletze, oder kannst du es nicht? In der Dunkelheit ist er so wehrlos wie du es vorher im Lichtgebiet warst…“

Devidramons heuchlerische Stimme regte KaiserLeomon auf, aber wenn er sich jetzt provozieren ließ, hatte er fast schon verloren.

Wenn Devidramon spielen wollte, konnte er das haben… Er war nicht der einzige hier, der in der Dunkelheit einen Vorteil hatte. Und wenn er sich in der Luft so sicher glaubte, schätzte er die Lage falsch ein.
 

Der schwarze Löwe zog sich auf leisen Pfoten in den Schatten zurück und nahm den Gargoyle ins Visier. Kaum, dass dieser sich siegessicher auf Kouji stürzen wollte, traf KaiserLeomons Attacke und schleuderte ihn einige Meter weit zurück auf den Boden.

Devidramon hatte den Angriff, der fast dunkler was als die Umgebung, nicht gesehen, weil seine Augen zu lange auf Garmmons leuchtenden Körper gerichtet gewesen waren.
 

Kouichi sprang wie ein Pfeil aus den Schatten und stürzte sich auf seinen verwirrten Gegner, der unter seinen Pranken aufquietschte wie eine Maus.

KaiserLeomon grinste triumphierend.

„Tja, wie es aussieht… hab ich wohl gewonnen.“

Devidramon protestierte nicht. „Das hab ich erwartet… Du bist wirklich so gut, wie die Gerüchte sagen. Legendärer Krieger der Finsternis… Viele von uns haben nie geglaubt, dass jemand, der der Finsternis zugetan ist, effektiv für das Gute Kämpfen kann. Du bist der Beweis, dass es doch geht… Man kann der Dunkelheit auch zugetan sein, ohne so ein linker Dreckskerl wie ich zu sein.“
 

Er grinste erschöpft, als plötzlich ein Digi Code um ihn erstrahlte. KaiserLeomon schloss kurz geblendet die Augen, dann las er die Daten ein. Das Digimon unter seinen Pfoten schrumpfte zu einem Wesen, das wie eine Mischung zischen Vogel und Fledermaus aussah.

Seine großen, gelben Augen blickten den Löwen noch immer etwas frech an, aber in ihnen war auch etwas Respekt zu sehen.

„Meine Eltern sind sicher sauer auf mich, weil ich so lange weg war… na ja, wäre nicht das erste Mal, dass ich mir Hausarrest einhandle. Falls du mal im Schattenwald vorbeikommst, frag nach PiccoDevimon. Würde mich freuen, wenn du mich besuchen kommst.“

Der kleine Teufel grinste schalkhaft: „Rein pro Forma müsste ich mich ja entschuldigen, dass ich dich geärgert habe, aber das ist nicht so meine Art. Also tu ich’s nicht.“
 

Und damit flatterte er einfach durch einen Dimensionskorridor davon in einen Wald, der fast ebenso dunkel war wie das momentane Level.
 

„STAGE EIGHT: CLEAR“, meldete sich die inzwischen wohlbekannte Stimme aus dem Off.

„NEXT LEVEL START“
 


 

~Vitramon~
 

Kaum dass sich die Dunkelheit verzogen hatte, standen die Helden in einem dichten Wald. Zwischen den vielen knorrigen Bäumen war gerade genug Platz, dass sie sich nicht gegenseitig auf die Füße treten mussten, aber nicht genug, als dass ein Kampf möglich erschien… Einige der Bäume standen so dicht, dass nicht einmal mehr Renamon sich dazwischen hätte hindurchquetschen können.
 

„Tja, sieht aus, als wäre jetzt Holz an der Reihe.“, mutmaßte Takuya, „Ups…“ Fügte er hinzu, als er merkte, dass einer seiner Feuerflügel etwas zu nah an einen alten Kirschbaum geraten war.

Gepeinigt schrie der Baum auf, als seine Krone lichterloh zu brennen begann. Nun mussten sie ihren Gegner zumindest nicht mehr suchen…

Einen einzelnen Baum in einem Wald auszumachen, hätte ansonsten wohl ewig gedauert.
 

„Jureimon“, klärte Renamon den verwunderten Takuya auf, „Ein Perfect-Level, das wie ein Kirschbaum aussieht. Offensichtlich hast du gerade seine Krone in Brand gesteckt… Dich sollte man nicht in einen Wald lassen.“

Skeptisch sah der Fuchs auf das Feuer, dass für seinen Geschmack etwas zu schnell von Vitramons Flügeln auf die Bäume überging uns sich dort ausbreitete.

Das panisch umher rennende Jureimon tat sein übriges, das Feuer schnell im ganzen Wald zu verteilen.
 

Rasend vor Angst und Zorn feuerte der alte Baum seine Kirschen auf Vitramon ab, an dessen Panzer sie wie kleine Feuerwerke zerplatzten.

Takuya störten die Angriffe nicht so wirklich, vielleicht, weil die Kirschen schon fast verbrannt waren, bevor sie ihn trafen. Schuldbewusst sah sich der Drache den brennenden Wald an; Blizzarmon sprühte Schnee auf die brennenden Bäume, um zumindest sich selbst und die anderen zu schützen, aber das Feuer war zu stark, um es ganz zu löschen.
 

Nun, auf diese Weise brauchte sich Vitramon zumindest nicht zurückzuhalten, mehr Schaden konnte er ohnehin kaum anrichten. Er drehte die Waffen an seinen Armen nach vorne und zielte auf den tobenden Kirschbaum.
 

„Corona Blaster!“
 

Schnell hintereinander trafen die Feuerkugeln ihr Ziel. Wenn Jureimon besiegt war würden sie diese Level ohnehin verlassen, also war es wohl egal, wie viel hier abbrannte… ändern konnten sie es ohnehin nicht mehr und leben tat hier auch keiner.
 

Die schnellen Feuerkugeln entzündeten alles, was nicht ohnehin schon brannte, und erledigten Jureimon ohne nennenswerte Schwierigkeiten. Zwar war der Baum ein Perfect-Level, aber offenbar hatte er eine große Schwäche gegenüber Feuer.

Vitramon las seinen Digi Code ein und Muschmon flüchtete, kaum dass er zurückdigitiert war, durch den Dimensionskorridor in Sicherheit.
 

Der Kampf war schnell gegangen im Vergleich zu den vorherigen, und doch hatte das Feuer sich schon weit ausgebreitet. Der ganze Wald stand bereits in Flammen, lediglich der Bereich, den Blizzarmon durch Eis und Schnee geschützt hatte, war noch unversehrt.
 

Abwartend lauschte Vitramon durch das knistern des Feuers. Die Computerstimme, die sonst am Ende jedes Levels ihren Kommentar abließ, blieb diesmal seltsamerweise aus… Und das, obwohl Takuya sich sicher war, das Level erfolgreich abgeschlossen zu haben.

Oder wirkte die Zerstörung der Landschaft sich irgendwie auf das Ergebnis aus?

Hatte er denn sonst irgendwas übersehen, was er noch hätte tun müssen?
 

Jureimon war sicher der richtige Gegner gewesen, eine Verwechslung war ausgeschlossen. Die Manipulationen in seinem Digi Code stimmten mit denen überein, die auch in Growlmons Code gewesen waren, sie trugen eindeutig Deemons Handschrift.

Ansonsten… was konnte es sein, das noch fehlte?
 

Fragend wandte sich der Drache in Richtung des Eiswalles, der die anderen vor ihm und vor allem dem Feuer trennte. Ob einer von ihnen eine Idee hatte, was da schief gelaufen war?
 

Kaum, dass er die Frage laut stellen wollte, ertönte doch noch die erwartete Stimme:

„S-T-A-G-E N-I-N-E: C-L-E-A-R“, sie klang etwas brüchig, verrauscht wie ein altes Radio, so dass man sie kaum verstehen konnte, „N-E-X-T L-E-V-E-L S-T-A-R-T“
 

Die Umgebung verschwand so plötzlich, als hätte jemand den Fernseher ausgeschaltet. Die Freunde schwebten plötzlich irgendwo im leeren Raum, ein zweidimensionaler Ladebalken schwebte neben ihnen im Nichts.
 

„Was ist denn das jetzt für ein Blödsinn?“, sprach Kouji aus, was alle dachten, und zeigte auf den Ladebalken, „Jetzt sagt mir bitte nicht wir sind wirklich in so einem albernen Computerspiel gelandet.“

„Nun, dass diese Welt aus Daten besteht, wusste ich ja“, bemerkte Shutumon nachdenklich, „Aber mit so einem Ding hatte ich nicht gerechnet…“
 

„Sieht echt aus wie auf einem Computer“, meinte Tomoki, „Ob Takuya irgendwas Wichtiges kaputt gemacht hat, dass das jetzt nur so langsam läuft?“

„Möglich wär’s.“, meinte Kouji und sah den Drachen fies an.

„Immer bin ich schuld…“, jammerte Takuya.

Okay, er hatte den Wald abgefackelt, aber das war doch keine Absicht gewesen! War ja nicht seine Schuld, dass die Bäume so nah aneinander standen…
 

„99% fertig…“, bemerkte Kouichi, „Aber irgendwie hängt er jetzt fest.“

Der schwarze Löwe legte den Kopf schief und tippte mit der Pfote gegen den Ladebalken. „Na komm, das eine Level wirst du doch noch hinbekommen, oder?“, flehte Blizzarmon den Balken an.
 

Mit einem Mal konnte Takuya nicht mehr atmen. Erschrocken versuchte er zu schreien und schluckte eine Menge Wasser.

Panisch strampelnd versuchte er seine Lage unter Kontrolle zu bringen, aber er hatte keine Chance. Er bekam keine Luft, dafür aber Wasser in die Lunge, er konnte nicht husten und seine Krallen fanden nirgends Halt.

Seine Augen brannten und von seinen Flügeln kam ein ersterbendes Zischen.

Noch bevor er verstand, was geschehen war, wurde dem Feuerkrieger schwarz vor Augen.
 


 


 

~ShadowRenamon~
 

Das Level hatte letztendlich schneller geladen, als irgendjemand nach der langen Wartezeit geahnt hätte. Vielleicht war diese Verzögerung eine List Deemons gewesen, um die Helden aus dem Konzept zu bringen; jedenfalls waren sie alle völlig überrumpelt, als sie sich plötzlich weit unter Wasser wieder fanden.
 

Vitramon war zu Agunimon zurückdigitiert, nachdem die Hitze seiner Flügel nicht mehr gereicht hatte, dem Wasser zu widerstehen. Renamon schwamm zu ihm und zog den bewusstlosen Krieger in die Nähe der anderen, um diese nicht zu verlieren, versuchte jedoch gleichzeitig, an Höhe zu gewinnen.

Sie mussten tief unter Wasser sein, Renamon hatte kaum genug Luft, als dass er es bis an die Oberfläche schaffen würde, und den anderen ging es sicher nicht besser. Aber sie mussten es versuchen, sonst hatten sie schon verloren.
 

Unerwartet tauchte Blizzarmon plötzlich unter sie. Er blähte die Backen auf und blies einen starken Eishauch in die Tiefe. Das Wasser unter ihm gefror und im Nu entstand unter ihnen ein riesiger Eisberg.

Dieser drückte mit gewaltiger Kraft nach oben und schob die Freunde mit rasender Geschwindigkeit aufwärts. Zu ihrem Glück schien das Wasser hier keine Druckunterschiede aufzuweisen, wie es normal der Fall war, sonst hätten die Digimon den rasanten Aufstieg nicht überlebt.
 

Renamon schnappte nach Luft, kaum dass er es konnte.

Der Eisberg hatte sie nach oben geschoben, der Teil von ihm, der aus dem Wasser ragte, war gerade groß genug, dass sie alle auf ihm Platz fanden.

„Mann, das war knapp…“, bemerkte Blitzmon schwer atmend, „Danke, Blizzarmon.“

„Kein Problem“, entgegnete das weiße Flauschmonster, „Mein großer Bruder hat mir mal erzählt, das Eis ganz schnell nach oben steigt, wenn man es unter Wasser drückt, wegen dem Auftrieb und so. Scheint funktioniert zu haben, aber ich hätte nicht gedacht, dass es so schnell geht.“

„Dein großer Bruder ist wohl sehr schlau, was?“, fragte der Käfer nach.
 

„Ich unterbreche ja nur ungern“, wandte Renamon ein, „Aber Agunimon atmet nicht mehr…“

„Ach was.“, meinte Garmmon kalt, „Der hat doch nur ein bisschen Wasser geschluckt.“

Er schlug brutal mit einer seiner Pfoten auf Agunimons Brust, woraufhin dieser hustend wieder zu sich kam und erstmal ein paar Liter Wasser hoch würgte.

Zitternd drehte sich das Digimon auf den Bauch, um weiteres Wasser hervorzuhusten. Seine langen, goldblonden Haare hingen in nassen Strähnen herab und im Ganzen machte der vorher so starke Krieger einen recht Mitleid erregenden Eindruck.
 

Blizzarmon nahm seinen Freund schützend in die Arme und drückte ihn in sein wärmendes Fell, das zudem noch Wasser abweisend zu sein schien; in jedem Fall war es nicht nass.
 

„Scheint ihn schwer erwischt zu haben…“, murmelte KaiserLeomon besorgt, „Wasser ist eindeutig nicht gut für ihn.“

„Blöd nur, dass das ausgerechnet im letzten Level passieren musste… Wenn wir nachher Deemon entgegentreten wäre es mir lieber, Takuya wäre kampffähig.“, meinte Garmmon grummelnd. Er schien nicht viel Anteil an Agunimons Zustand zu nehmen, obwohl er doch eigentlich sein Freund war.
 

„Ist das dein einziges Problem?“, beschwerte sich Blitzmon berechtigt, „Er wäre eben fast gestorben, ist dir das egal?“

„Er ist nicht tot.“, stellte Garmmon fest, „Außerdem hat von euch keiner reagiert, als er vorhin bewusstlos war, oder? Denk lieber mal darüber nach, bevor du mir irgendwelche Anschuldigungen an den Kopf wirfst.“
 

„Wenn es euch nichts ausmacht…“, meldete sich Renamon erneut zu Wort, „Und wenn es nicht unbedingt ein Perfect-Level ist, würde ich gerne den Gegner auf diesem Level übernehmen.“

Er sah die Legendären Krieger der Reihe nach an. „Ihr solltet euch eure Kräfte für Deemon aufheben. Er ist immerhin auf dem Ultimate-Level, insofern also kein Gegner, den man zu leicht nehmen sollte… und nachdem Agunimon nun so geschwächt ist, sollte keiner von euch sich noch zu sehr verausgaben.“
 

„Recht hast du.“, stimmte Shutumon zu, „Aber kannst du hier im Wasser kämpfen?“

„Ich denke schon.“, meinte Renamon, „Ich bin ein recht guter Schwimmer und meine Attacken werden vom Wasser nicht beeinträchtigt. Zumindest in meiner jetzigen Form, ich weiß nicht, was ist, wenn ich digitiere… aber ich glaube kaum, dass ich dadurch das Schwimmen verlernen würde.“
 

In diesem Moment sprang nicht unweit von ihnen ein blauer Delphin aus dem Wasser. Rukamon, ein Säugetier Digimon, das ausschließlich im Wasser lebte. Adult-Level.

Mit einer fließenden Bewegung richtete Renamon sich auf und blickte auf die Stelle, an der Rukamon abgetaucht war. Ein verschwommener Schatten zeigte ihm, dass das Digimon noch immer knapp unter der Oberfläche schwamm.
 

Konzentriert schloss das Fuchsdigimon die Augen und suchte nach der Kraft, die Antylamon ihm gegeben hatte.

„ShadowRenamon digitiert zu… TwilightKyuubimon!“
 

Er verschwendete keine Zeit damit, seine neue Gestalt im spiegelklaren Wasser zu betrachten. Er wusste instinktiv, wie sich sein neuer Körper bewegen konnte und das reichte ihm. Für alles weitere würde er nach dem Kampf genug Zeit haben.
 

Seine Pfoten waren in flackerndes, weißes Licht gehüllt. Irgendwie fühlte Kyuubimon, dass ihn diese Energie auch über das Wasser würde tragen können, wenn er es wollte. Probehalber setzte er eine Pfote auf die kühle Oberfläche.

Seine Pfote blieb kurz über dem Wasser in der Luft stehen, als wäre sie auf weichen Untergrund aufgetroffen. Kyuubimon lief ein paar Schritte über das Wasser und stellte fest, dass er praktisch durch die Luft gehen konnte; er sollte also keine Probleme haben, mit Rukamon zu kämpfen.
 

Dieser sprang auch schon wieder auf ihn zu, um erneut anzugreifen. Blitzschnell drehte sich Kyuubimon um und fächerte seine neun Schwänze auf. Deren Enden loderten in demselben weißen Licht wie seine Pfoten.

„Neunköpfige Flamme!“

Das Licht schien sich einen Moment von seinen Schwanzenden zu lösen und schoss auf Rukamon zu. Mitten in der Luft trafen die weißen Flammen ihr Ziel und der Delphin fiel zurück ins Wasser, wo er erstmal abtauchte.
 

Kyuubimon sprang ohne zu zögern hinterher. Er war ein guter Schwimmer, und selbst Rukamon sollte er unter Wasser noch einholen können.

Er fand den Delphin schnell, das Wasser war klar und es gab keine Pflanzen oder Steine, die seine Sicht verstellen konnten.
 

Seinem Instinkt folgend rollte Kyuubimon sich zusammen und ließ die Lichtenergie seinen ganzen Körper umschließen. Im Gegensatz zu Vitramons Flügeln wurde sein Körper nicht vom Wasser beeinträchtigt; was aussah wie weißes Feuer war in Wahrheit reines Licht.
 

Wie ein leuchtender Feuerball schoss der Fuchs durch das Wasser auf seinen Gegner zu und traf das überraschte Rukamon voll. Bewusstlos trieb das Meeresdigimon an die Oberfläche.
 

Kyuubimon folgte ihm mit einem eleganten Sprung und landete sicher mit seinen Pfoten auf der Wasseroberfläche. Er las den Digi Code ein, der das besiegte Digimon umgab und sofort schrumpfte Rukamon zu einem Baby zusammen.
 

Pichimon sah ihn aus großen, roten Augen an, dann sprang es freudig planschend durch das Wasser. Ein Dimensionskorridor erschien auf dessen Oberfläche und sofort machte sich das Baby auf den Weg nach Hause.
 

„STAGE TEN: CLEAR“, erklärte die seltsame Stimme, die wieder völlig intakt schien;

„YOU WON“
 


 

~Garmmon~
 

Die Umgebung verschwand, kaum das die Stimme verklungen war.

Schon fanden sich die Helden am Fuße des Turmes wieder. Die Landschaft war noch genauso trostlos wie zuvor, nur der Turm hatte schweren Schaden erlitten. Noch immer strahlte er starke negative Energie ab, doch lösten sich bereits große Teile des seltsamen Materials auf; der Turm war kurz davor, komplett zu zerfallen.
 

Die Ströme negativer Energie begannen plötzlich, sich zu konzentrieren, der Turm löste sich komplett auf und gab den Blick frei auf eine unheimliche, schwarze Wolke, in der der Umriss eines riesigen Monsters erkennbar wurde.
 

Das Wesen strahlte eine unangenehme, Furcht einflößende Aura ab, die selbst Garmmon zittern ließ. „Was für ein Monster…“, murmelte er bei sich.

„Und das, wo Takuya praktisch kampfunfähig ist.“, bemerkte Shutumon, „Kannst du wirklich nicht weiter digitieren? Wenn wir wenigstens MagnaGarurumon auf unserer Seite hätten…“

Garmmon schüttelte den Kopf.

„Ich kann nicht einmal zu BeoWulfmon digitieren, obwohl ich beide Spirits zur Verfügung habe. Und für MagnaGarurumon brauche ich noch vier andere Elemente… Selbst, wenn Niisan und Junpei mir ihre geben könnten, fehlen immer noch Wasser und Stahl.“
 

„Macht euch mal keinen Stress.“, unterbrach Agunimon. Seine Stimme klang schwach und er konnte sich nur mit Mühe auf den Beinen halten, sein Körper war noch immer triefend nass, so dass er sich nicht mit seinem Feuer wärmen konnte.

„So leicht räumt man mich nicht aus dem Weg, glaubt ihr denn, das bisschen Wasser macht mich kampfunfähig? Dieser alberne Deemon bläst sich doch nur auf, der ist bestimmt nichtmal halb so stark, wie er tut.“

Kouji sah genau, dass Agunimon nur bluffte, um die anderen zu motivieren. Selbst ein Blinder konnte sehen, dass der Feuerkrieger viel zu geschwächt war, um zu kämpfen, erst recht gegen ein Ultimate-Level, aber Takuya war wohl zu stolz, das zuzugeben.
 

Garmmon grinste. „Agunimon hat Recht, wir werden uns doch nicht von so einem feigen Angeber einschüchtern lassen. Immerhin sind wir die Legendären Digikrieger, wir schaffen jeden Gegner.“

Alles eine Frage der Motivation. Wenn jeder an sich glaubte und sein Bestes gab, würden sie es schon irgendwie schaffen.
 

„Ganz meine Meinung.“, stimmte Shutumon zu, „Wenn wir an uns glauben, schaffen wir alles. Es kommt nur auf den Kampfgeist an.“

„Schließlich haben wir bisher auch immer gewonnen, oder? Man verliert nur, wenn man Angst hat!“, meinte Blizzarmon.

Blitzmon nickte nur, während KaiserLeomon die sich verdichtende Wolke im Auge behielt.

„Er ist ziemlich groß… Aber das macht ihn nicht gefährlicher, nur leichter zu treffen.“
 

„HaHaHa… Glaubt ihr Narren wirklich, eine Hand voll digitierter Menschenkinder und ein kleiner Fuchs könnten es mit mir aufnehmen?“, ertönte plötzlich eine grauenhafte Stimme von weit oben.

Deemon hatte sich fertig materialisiert. Er war riesig, seine nackten Füße sanken allein durch sein Eigengewicht tief in den staubigen Boden, ein Teil seines Körpers war bedeckt von schmutzigem Fell. Aus seinen Schultern ragten riesige Flügel hervor, an denen Hände mit langen Krallen saßen. Über seinem riesigen, mit krummen Zähnen besetzten Maul blitzten zwei kleine, bösartige Augen auf die Digiritter herab.

Er war, um es mit einem Wort zu sagen, einfach nur hässlich.
 

„Buah, hat der einen Mundgeruch…“, empörte sich Blitzmon.

In der Tat stank der Atem, den Deemon aus seinem riesigen Maul ausstieß, bestialisch. Garmmon bemühte sich, nicht durch seine empfindliche Nase zu atmen, um nicht das Bewusstsein zu verlieren. Kyuubimon und KaiserLeomon kämpften offenbar mit dem gleichen Problem, Blizzarmon hielt sich beide Pranken vor das Gesicht.
 

Kouji wollte nicht wissen, was dieses Ungetüm zuletzt gegessen hatte, er wollte das furchtbare Wesen nur so schnell wie möglich zerstört haben.

Er hielt die Luft an und sammelte Energie in seinem Maul, um einen Angriff auf Deemon zu starten, doch die Lichtkugel zerplatzte wirkungslos in dessen Fell.
 

„Versuchen wir einen gemeinsamen Angriff!“, schlug Shutumon vor und erhob sich in die Lüfte. Sie ließ die Arme kreisen und entfachte einen gewaltigen Sturm. Blizzarmon steuerte eine Ladung Schnee und Hagel zu, die Shutumons Sturm zu einem fiesen Blizzard steigerten und Junpei schleuderte seine Blitze in den Sturm.
 

Die geballte Kraft dreier Elemente schlug mit einem gewaltigen Donnern ein, doch als sich der Rauch verzogen hatte stand Deemon noch immer unversehrt an Ort und Stelle.

Das Monster lachte höhnisch.
 

„War das etwa schon alles? Ihr dummen, kleinen Kinder…“

Er verzog seine hässliche Fratze zu einem noch hässlicheren Grinsen und hob eine seiner Klauenbewährten Pranken. „Ich zeige euch mal, wie man einen richtigen Angriff macht!“

Mit für seine Größe erstaunlichem Tempo fuhr seine Pranke nieder und traf Shutumon mitten in der Luft.

Entsetzt schrie Izumi auf und landete einige Meter weiter unsanft im Dreck.

Sie kam zitternd wieder auf die Beine, offensichtlich nicht schwer verletzt.
 

„Seht ihr?“, höhnte Deemon, „Ich hätte sie töten können, wenn ich wollte, aber bei solchen Schwächlingen wie euch macht das keinen Spaß…“

„Du mieser…“, knurrte Blitzmon und stürzte sich todesmutig auf den Feind. Seine wütenden Attacken trafen Deemon in schneller Folge, bis dieser ihn schließlich mit einer achtlosen Handbewegung aus der Luft schlug wie eine nervige Fliege.

Schwer getroffen krachte der Käfer auf den Boden, wo er sich mühsam aufrichtete. Sein Körper schien vom Sturz stark zu schmerzen, aber er konnte sich noch bewegen. Einen erneuten Angriff wagte er jedoch nicht.
 

„Wieder einer kaputt… Was ist jetzt, wer will als Nächster?“, spottete Deemon.

Er schien sich seines Sieges sicher, aber er hatte auch allen Grund dazu. Seine Kraft war denen der Digiritter meilenweit überlegen.
 

Agunimon rannte wutentbrannt auf das Ungetüm zu. Seine nassen Haare flatterten wild hinter ihm, aus den Löchern in seiner Rüstung kam kein Feuer, sondern nur dicker Qualm.

Mit einem gewaltigen Sprung, den Kouji ihm in diesem Zustand nicht mehr zugetraut hätte, raste der Feuerkrieger auf Deemons Gesicht zu, die Faust zum Schlag erhoben.

Dieser schnappte einfach mit dem Maul nach Agunimon und schluckte ihn achtlos herunter.

„Das war’s dann wohl für euren Anführer.“, meinte er ungerührt und rülpste genüsslich.
 

Die anderen starrten ihn schockiert an. Das war viel zu schnell gegangen um es gleich zu realisieren. Takuya war weg, einfach nicht mehr da. Deemon hatte ihn einfach so heruntergeschluckt.

Das war doch nicht fair… einfach nicht fair, dass Deemon ihnen so überlegen war… so mit ihnen spielte.

Wenn sie wenigstens hätten digitieren können…
 

Blind vor Angst und Hilflosigkeit sah Garmmon zu dem riesigen Ungetüm hoch. Blizzarmon hatte sich wutentbrannt auf ihn gestürzt, schlug auf ihn ein und verlangte, dass er Takuya wieder ausspucken sollte, aber Deemon schlug ihn nur ebenso achtlos fort wie er es zuvor mit Blitzmon gemacht hatte.
 

KaiserLeomon schoss aus der Entfernung auf das Monster, aber seine Attacken prallten ebenso wirkungslos ab wie zuvor Garmmons Angriff.
 

„Lauft weg, Freunde… schnell!“
 

Takuyas Stimme drang schwach in Koujis Bewustsein. Einen Moment war er sich nicht sicher, ob er sich das nicht eingebildet hatte, dann spürte er, dass Takuya tatsächlich in seinen Gedanken gesprochen hatte. Und er verstand, was die Warnung bedeutete.
 

„Weg von ihm, schnell!“, brüllte er und drehte sich auf der Stelle um.

Garmmon rannte, so schnell ihn seine Pfoten trugen. Er musste Abstand von Deemon gewinnen, soviel wie irgend möglich, und er wusste, dass die anderen seinem Beispiel folgten.
 

Ein gewaltiger Knall ertönte. Garmmon spürte, wie er mitten im Sprung von einer mächtigen Druckwelle erfasst und durch die Luft geschleudert wurde. Er konnte sich nicht bewegen, sein Körper wurde wie eine Puppe weggerissen und schlug mehrmals auf dem Boden auf, bevor er endlich liegen blieb.
 

Zögernd stand Garmmon auf, als alles vorbei war. Sein Körper schmerzte, er hatte mit Sicherheit einige Prellungen abbekommen. Staub und Asche rieselte von seinen Schultern.

Unsicher sah er sich nach den anderen um.

KaiserLeomon grub sich nicht weit von ihm aus dem Sand, sein Körper zitterte und er bewegte sich vorsichtig, aber er schien zum Glück nicht schwer verletzt.

Renamon kam in einiger Entfernung zu ihnen wieder auf die Pfoten. Er war zurückdigitert, schien aber sonst keinen Schaden erlitten zu haben.
 

Vor ihnen war ein riesiger Krater im Boden, wo vorher Deemon gestanden hatte. Blizzarmon stand weit weg von ihnen an dessen Rand. Soweit Garmmon auf die Entfernung erkennen konnte war er unverletzt, lediglich sein dickes Fell war an einigen stellen verbrannt.
 

Shutumon schien es schwerer erwischt zu haben. Ihre Flügel waren schlimm verbrannt und sie zögerte, sich aufzurichten. Sie musste der Explosion noch zu nahe gewesen sein, oder war einfach nicht gut genug gepanzert.
 

Blitzmon schien es relativ gut zu gehen, sein Panzer hatte zwar einige Risse, aber keiner von ihnen war wohl tief genug, um zu seiner Haut durchzudringen. Junpei schritt auf das von der Explosion grausam entstellte Etwas zu, das vorher Deemon gewesen war. Entschlossen scannte er den breiten Digi Code, der das erbärmliche Wesen umkreiste.
 

Deemons Reste lösten sich auf, sein leuchtendes Digiei schwebte zum Himmel.

Zögernd kamen die anderen wieder auf Blitzmon zu.

„Mann, das war knapp…“, meinte Shutumon entgeistert.

„Ja, das stimmt.“, schloss KaiserLeomon sich an, „Wenn Kouji uns nicht gewarnt hätte, hätte und die Explosion eben voll erwischt…“

Er ließ seinen Blick mit einer Mischung aus Angst und Erleichterung durch den tiefen Krater schweifen.

„Ich frage mich nur, wie das passiert ist…“
 

„WÄÄÄH, TAKUYA IST TOT!!!“
 

Das markerschütternde Heulen ließ die Digimon aus ihrer nachdenklichen Stille schrecken.

Ungläubig wandten sie sich zu Blizzarmon um, der nicht weit von ihnen auf die Knie gesunken war. Er weinte und schrie verzweifelt wie ein Kind, das nicht glauben wollte, was es doch wusste.
 

In seinen gewaltigen Vorderpranken ruhte ein rotschwarz gefärbtes Digiei, auf dessen Schale deutlich das Symbol des Feuers zu sehen war.

Holy Castle

~Kommissar Inukage~
 

Grübelnd brütete der Kommissar über seinen Unterlagen.

Draußen wurde es bereits dunkel, ein weiterer Tag erfolglosen Suchens ging zu Ende.
 

Vor ihm auf dem Schreibtisch lagen die Steckbriefe der sechs Kinder, die vor etwa drei Wochen über Nacht verschwunden waren. Sechs Kinder, der Jüngste unter ihnen zehn, der Älteste dreizehn Jahre alt, die einfach so spurlos aus ihren Zimmern verschwunden waren.

Noch einmal ließ sich Kommissar Inukage die Fakten durch den Kopf gehen.
 

Der älteste Junge, Shibayama Junpei, 13 Jahre alt. Etwa 1,50m groß und leicht übergewichtig, strubbelige hellbraune Haare und braune Augen.

Er ging seit einem Jahr auf die Mittelschule, seine Noten waren relativ gut. Er hatte keine Geschwister, dafür aber noch beide Eltern. Sein Vater war berufstätig, ebenso seine Mutter, aber beide waren oft genug zu Hause.

Inukage hatte mit den beiden gesprochen, Frau Shibayama hatte sich nicht erklären können, warum ihr Sohn von zu Hause weglaufen hätte sollen. Er war den Angaben nach ein sehr fröhlicher, etwas rundlicher Junge, der andere gerne mit seinen Zaubertricks unterhielt und eine Schwäche für Schokolade hatte.

An und für sich schien es nicht, als hätte es familiäre oder schulische Probleme gegeben, die eine Erklärung für sein nächtliches Verschwinden gaben.
 

Dann war da Minamoto Kouji, 12 Jahre alt. Seine Größe betrug ca. 1,35m, er war relativ schlank, hatte lange, schwarze Haare und blaue Augen.

Er hatte gerade die Grundschule abgeschlossen, seine Noten waren in den meisten Fächern recht gut. Seine Eltern waren getrennt, er lebte bei seinem Vater und dessen zweiter Frau, die gerade schwanger war. Sein Vater hatte ihn lange Zeit in dem Glauben gelassen, seine richtige Mutter sei gestorben, weswegen der Junge die erneute Hochzeit eher schlecht aufgenommen hatte.

Zwar war dieser Streit vor etwa einem Jahr scheinbar beigelegt worden, doch die Schwangerschaft der Frau konnte möglicherweise erneut Differenzen hervorgerufen haben.

Zumal der Junge wohl schon seit einiger Zeit wusste, dass sein Vater ihn im Bezug auf seine Mutter und vor allem seinen älteren Zwillingsbruder belogen hatte.

Alles in allem fanden sich in diesem Falle genug Gründe, von zu Hause auszureißen; Kouji war ein recht selbstständiger, verantwortungsbewusster Junge, der gut auf sich selbst achten konnte.

Allerdings war das Zimmer, aus dem er verschwunden war, von innen abgesperrt gewesen, Herr Minamoto hatte die Türe aufgebrochen, als sein Sohn gegen Mittag noch immer nicht herausgekommen war. Es schien also unmöglich, auf normale Umstände das Zimmer zu verlassen…

Zwar glaubte Kommissar Inukage durchaus an die Existenz übersinnlicher Dinge, doch konnte er diese in seinem Beruf nicht in Betracht ziehen, selbst, wenn es Beiwese gäbe. Die Öffentlichkeit glaubte niemals an die Möglichkeit, dass sich ein Kind einfach in Luft auflöst oder durch einen Raum-Zeit Tunnel aus einem von innen verschlossenen Raum verschwindet.
 

Koujis Zwillingsbruder, Kimura Kouichi, war ebenfalls in dieser Nacht verschwunden. Er sah genauso aus wie sein Bruder, hatte aber kürzere Haare.

Auch er hatte vor kurzem die Grundschule hinter sich gebracht, seine Noten waren ebenfalls recht in Ordnung. Er lebte bei seiner Mutter, die sich sehr um ihn bemühte obwohl ihr wenig Geld zur Verfügung stand.

Frau Kimura war schwer betroffen vom Verschwinden ihres Sohnes, sie konnte sich nicht erklären, weshalb er hätte weglaufen sollen. Zwar hielt sie es für möglich, dass er gegangen war, um sie zu entlasten, aber gleichzeitig wisse er doch auch, wie sehr sie an ihm hing.

Kouichi war ein freundlicher, eher zurückhaltender Junge. Seit einem Unfall vor etwa einem Jahr hatte er Angst vor Treppen, weshalb ihn ein paar Mitschüler teilweise übel fertig machten. Möglicherweise konnte auch das ein Fluchtgrund sein, allerdings hielt Inukage das wegen des bevorstehenden Wechsels auf die Mittelschule für eher unwahrscheinlich.
 

Der vierte war Kanbara Takuya, ebenfalls 12 Jahre alt, etwa 1,30m groß, normal gebaut, mittellange, strubbelige dunkelbraune Haare und braune Augen.

Er hatte ebenfalls gerade die Grundschule hinter sich, seine Noten waren jedoch weniger gut. Aus diesem Grund hatte er sich auch kurz vor seinem Verschwinden mit seinen Eltern gestritten, die seine mangelnde Lernmotivation beklagt hatten.

Sein Vater war berufstätig und oft längere Zeit außer Haus, seine Mutter war dafür den ganzen Tag für ihn und seinen jüngeren Bruder Shinya da.

Frau Kanbara hatte ebenfalls ziemlich geweint, als sie mit Inukage gesprochen hatte, offenbar gab sie sich die Schuld an Takuyas Verschwinden. Sie machte sich ziemlich fertig deshalb und hatte mehrmals erwähnt, wie schrecklich es sei, wenn ihrem Jungen nun etwas passiert wäre und das letzte, was er von ihr gehört habe, seien diese furchtbaren Vorwürfe bezüglich seiner Noten gewesen.

Takuya wurde als lebhafter, begeisterungsfähiger Junge beschrieben, der oft handelte, ohne nachzudenken und gerne mal seine eigenen Möglichkeiten überschätzte.

Gut möglich, dass er den Streit zum Anlass genommen hatte, abzuhauen, und nun nur nicht zurückkehrte, weil ihm etwas zugestoßen war.

Auch, wenn Inukage sich pessimistische Gedanken wie diesen Verbot; es galt schließlich zu hoffen, dass die Kinder lebend wieder auftauchten.
 

Unter den Kindern war auch ein Mädchen, Orimoto Izumi, ebenfalls 12 Jahre alt. Sie war etwa 1,30m groß, ausgesprochen schlank, hatte lange, blonde Haare und grüne Augen.

Sie hatte mit ihren Eltern eine Zeit lang in Italien gelebt und war erst seit zwei Jahren wieder in Japan. Aus diesem Grund hatte sie anfangs Probleme gehabt, Freundschaften zu schließen, doch vor einem Jahr hatte sich das plötzlich gebessert.

Sie hatte die Grundschule erfolgreich abgeschlossen und bereitete sich auf die Mittelschule vor. Sie hatte keine Geschwister, kam mit ihren Eltern aber recht gut klar.

Probleme hatte es keine mehr gegeben, eine Erklärung für ihr Verschwinden gab es auch nicht.
 

Der Jüngste war Himi Tomoki, 10 Jahre alt, etwa 1,05m groß. Er hatte kurze, dunkelbraune Haare und grüne Augen.

Er hatte gerade die vierte Klasse hinter sich gebracht und einigermaßen durchschnittliche Noten. Sein Vater war berufstätig, die Mutter war im Haushalt tätig und kümmerte sich liebevoll um Tomoki und seinen älteren Bruder. Mit diesem hatte Tomoki sich früher oft gestritten, doch seit etwa einem Jahr waren diese Differenzen plötzlich aus der Welt gewesen.

Frau Himi hatte sich nicht erklären können, weshalb Tomoki weglaufen sollte; er war noch jung und leicht beeinflussbar, niemals selbstständig genug, um alleine irgendwo hinzugehen.
 

Kommissar Inukage vermutete deshalb, dass die Kinder wenn überhaupt gemeinsam fortgelaufen waren. Offensichtlich kannten sie sich alle untereinander und waren eng genug befreundet, um gemeinsam irgendwo hinzugehen.
 

Auf der anderen Seite jedoch war fraglich, ob die Kinder überhaupt weggelaufen waren.

Dagegen sprach zum Beispiel, dass jemand, der längere Zeit weggehen wollte, sich einige Dinge einpackte, die ihm am Herzen lagen, und zumindest etwas Proviant und vielleicht Kleidung.
 

In diesem Falle jedoch waren die Kinder ohne irgendwelches Hab und Gut verschwunden – bei einer genauen Bestandsaufnahme hatte sich sogar herausgestellt, dass nicht einmal bei jedem ein kompletter Satz Kleidung fehlte.
 

Inukage ging die Liste der mit den Kindern verschwundenen Gegenstände noch einmal durch.
 

Frau Shibayama vermisste einen blauen Overall, den Junpei sehr gerne trug, und seine Turnschuhe. Junpeis Handy war ebenfalls mit ihm verschwunden, ebenso eine große Menge Schokoladentafeln, die sich in den Taschen des Overalls befunden hatten.
 

Herr Minamoto hatte nach ausgiebigem Suchen festgestellt dass außer Koujis Turnschuhen und seinem Handy nur sein geliebtes Kopftuch und eine blaue Jacke fehlten, die ihm eigentlich längst zu klein war. Was wiederum bedeuten musste, dass der Junge fast nackt durch die Gegend lief.
 

Frau Kimura vermisste dagegen durchaus einen ganzen Satz Kleidung. Dieser bestand aus einer langen, weißen Hose, einem langärmligen weinroten Shirt, einer kurzärmligen grünen Jacke und Turnschuhen. Zwar waren die Kleidungsstücke auch schon ein wenig zu klein, doch für neue war nicht genug Geld da und der Junge hing an diesen Kleidungsstücken. Kouichis Handy war ebenfalls verschwunden.
 

Frau Kanbara vermisste nur ein gelbes T-Shirt mit schwarzem Aufdruck, eine hellbraune Schirmmütze mit demselben Muster und einer darüber gezogenen Fliegerbrille. Außerdem waren Takuyas Handy und seine Turnschuhe verschwunden.
 

Frau Orimoto fehlte außer dem Handy nur eine violette Mütze, die Izumi vor ein paar Monaten als einziges Kleidungsstück vor einer ausgiebigen Ausmistungsaktion verschont hatte. Zwar trug das Mädchen die in ihren Augen eher kindische Mütze schon seit Monaten nicht mehr, hing aber dennoch irgendwie an dem Stück.
 

Frau Himi schließlich vermisste nur eine Orangefarbene Ballonmütze und ein Paar roter Hosenträger, sowie das Handy, dass Tomoki seit Jahren beinahe immer bei sich trug.
 

Nachdenklich kratzte sich der Kommissar mit dem Kugelschreiber am Kopf. Jedes der Kinder musste ein Handy bei sich haben, doch war keines von ihnen erreichbar – vielleicht befanden sie sich in einem Funkloch.

Ein Kollege versuchte seit der Vermistmeldung, die Kinder zu erreichen, auch wenn er bis jetzt immer nur die Information bekommen hatte, der Benutzer sei nicht zu erreichen.
 

Dann stellte sich noch das Problem, dass die meisten der Kinder kaum bis gar keine Kleidung bei sich hatten – Unterwäsche trug keines von ihnen.

Außer Junpei hatte auch keiner von ihnen Proviant dabei.
 

Alles in allem war das doch sehr mysteriös.

Seufzend lehnte sich Inukage in seinem Stuhl zurück. Diese ganzen Umstände ergaben einfach keinen Sinn, wenn auf der einen Seite ein paar Fakten zusammenpassen, fehlte es doch wieder an einem Punkt.

Von einer Entführung war auch nicht auszugehen, in keinem der Kinderzimmer waren Spuren eines Kampfes zu sehen gewesen. Nur Takuyas Zimmer war furchtbar durcheinander gewesen, aber dort sah es nach Angaben seines kleinen Bruders immer so aus, dass jeder Kidnapper beim Einbruch stolpern müsste.

Und auch die Kidnappertheorie bot keine Erklärung dafür, dass eines der Kinder aus einem verschlossenen Raum verschwunden war.
 

Letztendlich brachte alles Nachdenken doch nichts. Wichtig war nicht, herauszufinden, warum die Kinder verschwunden waren, wichtig war, sie zu finden.

Das Wie und Warum sollte die Suche doch lediglich erleichtern, nicht komplizierter machen.
 

Niedergeschlagen blickte Inukage auf den großen, schwarzen Schäferhund, der zusammengerollt mitten im Zimmer lag und fest schlief. Wulfen hatte wieder den ganzen Tag an allen möglichen Orten nach den Kindern gesucht, hatte die geruchlichen Spuren von den Zimmern der Kinder in deren Schulen, auf Spielplätze und zu Spielzeugläden verfolgt. Sogar nach Shibuya waren sie mit ihm gefahren, weil sich die Kinder dort oft im Stadtpark trafen, aber gefunden hatten sie nicht die kleinste Spur.

Und das, obwohl Wulfen mit einer noch nie da gewesenen Begeisterung suchte und seine große, feuchte Nase fast in jede Ritze gesteckt hatte.
 

Wo konnten die Kinder nur sein? Warum und wie waren sie verschwunden, und, das Wichtigste überhaupt, waren sie wohlauf?
 


 

~Kouji~
 

Dampfend und schnaufend führ das Trailmon Worm die Digiritter zurück nach Holy Castle. Es machte auf Angewomons Befehl hin eine Sonderfahrt, da außer Bumbelbee normal niemand in diese Gegend fuhr und in diesem Fall nicht so viel Zeit verschwendet werden sollte.
 

Die Stimmung in dem altmodischen Waggon war gedrückt.

Es herrschte größtenteils betretenes Schweigen, dass nur von Tomokis Schluchzern unterbrochen wurde.

Die Kinder waren wieder zurückdigitiert; sie alle trugen die Kleidung, die sie schon bei ihrem ersten Aufenthalt in der Digiwelt angehabt haben, nur ein paar Nummern größer.

Kouji war recht froh darüber, zumal er sonst wohl nur seinen Schlafanzug angehabt hätte.
 

Auf der anderen Seite fragte er sich, wie er plötzlich auf diesen Gedanken gekommen war.

Vor nicht mal zwei Stunden hatten sie noch gegen Deemon gekämpft, nun saßen sie in einem Trailmon zurück nach Holy Castle.
 

Deemon war letzten Endes fast zu schnell gestorben, und bis jetzt war sich keiner von ihnen sicher, woran und warum.

Hinzu kam noch Takuyas plötzlicher Tod.

Kouji konnte noch immer nicht richtig fassen, dass der sonst so laute, nervige Junge einfach so nicht mehr unter ihnen war… Auch, wenn die drückende Stille im Raum fast schon Beweis genug sein sollte.
 

„Ich fasse es immer noch nicht, dass Takuya einfach tot sein soll...“, sprach Izumi aus, was alle dachten, „Das ging alles so furchtbar schnell…“

„Er muss der Explosion zu nahe gewesen sein.“, vermutete Renamon, „Immerhin hatte Deemon ihn verschluckt… Wenn ihn das allein noch nicht getötet hat.“
 

„Ich finde das furchtbar…“, murmelte Junpei, „Ausgerechnet Takuya… Was sollen wir seiner Mutter erzählen, wenn wir heimkommen?“
 

„Es ist noch nicht alles verloren, oder?“, fragte Izumi gezwungen optimistisch, „Wir haben doch sein Digiei… Also kommt er auch zurück.“
 

„Schön, wenn wir das sicher wüssten.“, murrte Kouji. Er wusste selbst nicht warum, er konnte diese gezwungen optimistische Atmosphäre einfach nicht mehr schweigend hinnehmen, „Immerhin ist Takuya kein Digimon, sondern ein Mensch. Es könnte genauso gut sein, dass in dem Ei nur der Teil von Agunimon ist, der schon immer ein Digimon war; also eine Reinkarnation von AncientGreymon. Und selbst wenn Takuyas Bewusstsein noch in ihm ist, ist nicht gesagt, dass er wieder genauso wird, wie wir ihn kannten. In jedem Fall schlüpft er als Digimon, wie willst du das dann seiner Mutter erklären?“
 

Tomoki schluchzte laut auf und drückte das Digiei unter seinem T-Shirt fester an sich.

Kouji hatte gar nicht gemerkt, wie hart sein Tonfall ungewollt geworden war. Er hatte Tomoki nicht zum Weinen bringen wollen.
 

„Nun reicht’s aber!“, fuhr Junpei ihn an, „Nur weil dir scheißegal ist, was aus Takuya wird, musst du uns nicht so niedermachen weil wir noch Hoffnung haben, ja? Hier sind vielleicht auch noch Leute, denen Takuya etwas bedeutet!“

„Führ dich nicht so auf, ja? Ich sag nur, was ich denke, und das ist nun mal, dass nicht feststeht, ob Takuya wieder lebendig wird. Tut mir ja Leid, dass ich so ein elender Pessimist bin!“

Ohne es zu merken war Kouji aufgesprungen.

Natürlich war ihm nicht egal, ob Takuya wieder zurück kam oder nicht, aber er sah keinen Sinn darin, sich Illusionen zu machen.

Bevor er etwas tun konnte, hatte ihn Junpei am Kragen gepackt und grob hoch gezerrt.

„Hast du immer noch nicht genug? Wir wissen alle, dass du Takuya nie leiden konntest, aber das gibt dir nicht das Recht, hier so rumzuschreien, kapiert?“
 

„Hör auf!“, fuhr Kouichi verzweifelt dazwischen und versuchte, Junpei von Kouji abzuhalten, „Lass Kouji bitte los, er hat dir nichts getan!“

„Junpei bitte, das macht es nicht besser!“, warf nun auch Izumi ein und endlich ließ Junpei los.
 

„Tut mir Leid…“, murmelte er, „Ich hab die Nerven verloren.“

„Mir tut es auch Leid.“, entschuldigte sich Kouji, „Ich hätte nicht so grob werden dürfen. Takuya hat mir selbst Mal gesagt, ich soll nicht immer den anderen die Hoffnung nehmen…“

Den letzten Satz hatte er mehr zu sich selbst gesagt als zu den anderen.
 

Es war nicht wahr, dass er Takuya hasste; okay, er war nie wirklich mit ihm klargekommen, aber irgendwo mochte er ihn schon. Und dass Takuya tot war traf ihn nicht weniger als die anderen. Er zeigte es nur nicht so… und er konnte sich nicht verzweifelt einbilden, dass alles gut werden würde.
 

„Irgendwie hat Kouji-san ja auch Recht…“, drang Tomokis verweinte Stimme aus seiner Ecke hervor, „Im Grunde können wir nicht wissen, ob Takuya Oniichan je wieder so wird wie früher.“ Seine Hände zitterten, als er das Ei beschützend streichelte. „Alles, was wir machen können, ist das Ei ausbrüten und hoffen…“
 

Kouji sah betreten zu Boden. Er hatte Tomoki nicht verletzen wollen… Er schaffte es nur einfach nie, so was wie Rücksicht auf die Gefühle anderer zu nehmen. Traurig blickte er auf Tomoki, der immer noch verzweifelt gegen seine Tränen kämpfte.

Das Ei unter seinem T-Shirt ließ ihn aussehen, als sei er schwanger.

Genau wie Koujis Stiefmutter es im Moment war.

Er war auch zu ihr nicht besonders nett gewesen. Kouji kam nicht wirklich damit klar, dass er eine kleine Halbschwester bekommen würde, aber es war nicht gerecht, die Frau deshalb so anzufahren. Sie konnte nun wirklich nichts für seine Situation…

Und erst recht nicht dafür, dass er Kouichi fast nur im Geheimen treffen konnte.
 

Sanft spürte er dessen Hand auf seiner Schulter.

„Alles in Ordnung bei dir, Kouji?“

„Nein… Seh ich so aus?“

Kouichi sah ihn mitleidig an, dann drückte er seinen Bruder mit sanfter Gewalt zurück auf den Sitz. Tröstend legte er ihm einen Arm um die Schultern.

„Es wird schon alles gut werden. In dieser Welt, und zu Hause auch.“, versicherte er ihm, „Ich weiß, du magst diese optimistische Einstellung nicht so… Aber ich kann dir versprechen, dass ich bei dir bleibe. Wir sollten Vater vielleicht einfach mal eröffnen, dass wir längst voneinander wissen; er kann uns nicht verbieten, uns zu treffen.“

Kouji rang sich ein schwaches Lächeln ab.

„War denn so deutlich zu sehen, was ich gerade gedacht habe?“

„Ziemlich.“

Kouichi grinste, und Kouji konnte nicht anders, als die Geste zu erwidern. Es fühlte sich gut an, in Kouichis Nähe zu sein… Es war gut, einen großen Bruder zu haben, der einfach für ihn da war, wenn man ihn brauchte.
 


 

~Tomoki~
 

Es kam Tomoki vor, als sei kaum Zeit vergangen, seit sie Deemon besiegt hatten, und doch standen die Kinder schon wieder vor den Toren Holy Castles.

Das Schloss war so prunkvoll wie zuvor, doch der Junge hatte keinen Blick für die schönen, goldenen Verzierungen und die matt schimmernden Wände. Beschützend drückte er das warme Digiei an seinen Bauch.
 

Das Ei war warm, und etwas schien in seinem Inneren zu pulsieren wie ein winziges Herz. Dennoch gab es nicht im Geringsten dieselbe Wärme wieder, die Takuya ausgestrahlt hatte… Und ohne die feurige Aura ihres Freundes fehlte ihrem Team einfach irgendwo die gute Laune.
 

Das große Flügeltor schwang auf und ein weiblicher Engel erschien auf dem Gang. Sie bat die Kinder freundlich herein und wies sie in den Speisesaal, um sich nach den harten Kämpfen erst einmal zu stärken.

Tomoki nahm am Rande wahr, dass die Frau Orphanimons Stimme hatte. Vermutlich hatte auch sie nun ihr Perfect-Level erreicht.
 

„Nun schau bitte nicht so traurig, mein Kleiner.“, meinte sie mit sanfter Stimme. Sie legte dem Jungen mitfühlend die Hand auf die Schulter und hob sein Gesicht etwas, sodass er sie ansehen musste. Ihr zartes Gesicht war wie das Angemons zur Hälfte hinter einer Maske versteckt, sodass ihre Augen nicht sichtbar waren. Dennoch spürte Tomoki deutlich, dass sie ihn ansah.

„Aber Takuya ist gestorben… und er kommt vielleicht nicht wieder, weil… weil…“

„Weil Menschen normalerweise für immer sterben, nicht wahr?“, beendete Orphanimon – oder wie immer sie jetzt hieß – den Satz für ihn.

Tomoki nickte traurig.

„Aber Takuya war zur Hälfte ein Digimon… vielleicht auch mehr als nur das. Dürfte ich Agunimons Ei bitte kurz sehen?“
 

Zögernd holte Tomoki das Digiei unter seinem T-Shirt hervor, weigerte sich jedoch, es komplett aus der Hand zu geben. Angewomon musterte es einen Moment, während er es noch in den Armen hielt, dann legte sie eine Hand auf die rotschwarze Schale. Forschend fuhren ihre Finger das goldene Feuersymbol nach, dann nahm sie Tomoki das Ei sanft, aber bestimmt weg und wog es mit beiden Händen.

Abwartend sahen die Kinder, die noch immer in der Eingangshalle auf ihren jüngsten Begleiter warteten, die Frau an.
 

„Ich fürchte, ich kann euch selbst nicht genau sagen, ob euer Freund unverändert zurückkehrend wird.“, sagte sie schließlich und gab Tomoki das Ei zurück. Der Junge schloss es sofort beschützend in die Arme, bemüht, nicht wieder loszuweinen.

„Aber fest steht, dass das Baby im inneren dieses Eis AncientGreymons vollständige Reinkarnation ist… Also ist auch der Teil seiner Seele, die in Takuya gelebt hat, hier. Auch vermute ich, dass er im Vollbesitz seiner Erinnerungen ist… Die Frage ist nur, ob er Takuyas Willen und Bewusstsein beibehält oder zu dem Agunimons – oder besser, AncientGreymons – zurückfindet. Und, ob er in der Lage sein wird, wieder seine menschliche Gestalt anzunehmen.“
 

„Was heißt das, ein Teil von AncientGreymon hat in Takuya gelebt?“, fragte Kouji nach, „Und seit wann?“

„Etwa seit ein paar Minuten nach seiner Geburt.“, beantwortete Angemon die Frage für sie, „Ebenso wie bei euch. Aber das ist eine längere Geschichte, und ihr solltet nun wirklich erst einmal zu Tisch kommen. Wir erzählen euch alles, während ihr esst.“
 

So fanden sich die Kinder dann auch schnell im Speisesaal ein.

Irgendwie schien es den drei Heiligen Engeln gelungen zu sein, Speisen herbeizuschaffen, die die Kinder aus ihrer Welt kannten und mochten. Aus diesem Grund fiel es ihnen nicht schwer, trotz ihrer miesen Verfassung genug zu essen.

Dabei hatten die Kinder bis eben gar nicht gemerkt, wie hungrig sie tatsächlich waren.

Als Angemon sicher war, dass die Kinder das Essen bereitwillig zu sich nahmen, fing er an zu erzählen:

„Vor langer, langer Zeit, noch bevor der Krieg zwischen Beast- und Human-Typ Digimon ausgebrochen ist, erschienen in der Digiwelt neun Eier, auf denen die Symbole, die wir heute als die der zehn Elemente kennen, abgebildet waren. Aus diesen Eiern schlüpften insgesamt zehn Baby-Digimon, die dieselben Symbole trugen.

Das Auffällige an diesen Kindern war, dass jedes von ihnen von Geburt an über die Macht eines speziellen Elementes gebot und dieses durch seine bloße Anwesenheit manipulieren konnte. Die Kinder digitierten wie ihre Altersgenossen, und ihre seltsamen Fähigkeiten und die Zeichen fielen lange Zeit niemanden mehr weiter auf.“
 

„Als der Krieg ausbrach, waren die zehn gerade auf dem Child-Level und hatten keine andere Wahl, als sich den Entscheidungen ihrer Eltern zu fügen.“, fuhr Antylamon für ihn fort, „Familien rissen auseinander, die Zwillinge Spinxmon und Garurumon wurden getrennt, weil Spinxmon immer ein Tier und Garurumon ein Mensch war, Greymon wurde von seinen Eltern verstoßen, als er vom Mensch zum Tier digitierte. Andere verloren ihre Familie und Freunde in den zahllosen Schlachten oder erlitten ähnlich schlimme Schicksale, die ich nicht alle kenne und schon gar nicht aufzuzählen vermag.“
 

„Aus diesen und anderen Gründen hat keiner der zehn je die Hand oder Pfote im Kampf erhoben.“, übernahm wieder Angemon das Wort, „Obwohl bekannt ist, dass es zwischen Greymon und Garurumon anfänglich oft Streitereien gegeben hatte, die jedoch nichts mit den Kriegsgründen zu tun hatten; wie Antylamon sagte, war Greymon in seiner Kindheit ein Human-Typ, ebenso wie Garurumon.

Dennoch erreichten sie das Ultimate-Level innerhalb extrem kurzer Zeit. Jeder von ihnen wurde mehrmals gebeten, an den Schlachten teilzunehmen, um die jeweils andere Seite endgültig zu vernichten, da sie mit ihrem ungeheuren Einfluss auf die Elemente über unglaubliche Kraft verfügten.“
 

„Aber keiner von ihnen hat zugestimmt, oder?“, hakte Izumi nach. Angemon nickte.
 

„Wie es dann weiter ging, ist euch bekannt.“, übernahm Angewomon die Erzählung, „Lucemon beendete den Krieg durch seine reinigende Energie und seine bewegenden Worte und brachte die Digimon dazu, einander als gleich zu akzeptieren.

Die negative Energie, die er dabei in sich aufnahm, und die Macht, die er durch seine alleinige Herrschaft über die gesamte Digiwelt innehatte, beeinflussten ihn letztendlich so stark, dass er sich der Finsternis nicht erwehren konnte; er wurde grausam und tyrannisch.

Zu diesem Zeitpunkt hatten die Zehn Krieger der Elemente einander bereits gefunden und Freundschaft geschlossen. Sie alle waren dem Krieg aus eigenen Gründen abgeneigt gewesen und keiner von ihnen zeigte sich den anderen gegenüber voreingenommen oder feindselig, obwohl fünf von ihnen Beast- und fünf Human-Typen waren.“
 

„Als Lucemon seine Tyrannei begann, schlossen die zehn sich zum ersten Mal als Gruppe von Kriegern zusammen.“, fuhr Antylamon fort, „Obwohl sie ihre Kräfte nie gegen andere Digimon eingesetzt hatten und Lucemon aus tiefstem Herzen dankbar waren, dass er den Krieg beendet hatte, wussten sie alle, dass sie den Engel mit vereinten Kräften besiegen würden.

Wie ihr wisst, gelang es ihnen, Lucemon zu besiegen, auch, wenn sie dafür ihre Körper verloren.“
 

An dieser Stelle übernahm wieder Angemon das Wort: „Wir haben euch damals erzählt, dass die Seelen der Zehn Legendären Digikrieger in den Spirits eingeschlossen wurden.

Das war keine Lüge, jedoch auch nicht die ganze Wahrheit; die Zehn hatten selbst beschlossen, ihre Seelen aufzuteilen. Eine Hälfte sollte mit der Erinnerung und der Kraft der Elemente in der Digiwelt zurückbleiben; als das, was ihr nun als Spirits kennt.

Zunächst sollte es nur einen für jedes Element geben, doch hatte Trojamon, das Holz, berechtigt eingeworfen, dass das vielleicht nicht genügen würde. Zwar war genau die Hälfte von ihnen menschlicher und die andere tierischer Natur, doch konnte das noch als purer Zufall abgetan werden.

Es war also sein Vorschlag, zu jedem Element zwei unterschiedliche Spirits zu schaffen, um deutlich den Willen zum Frieden zu zeigen.“
 

„Die andere Hälfte“, ergänzte Angewomon ruhig, „Begab sich in eure Welt.“

Sie machte eine Pause, in der sie die Kinder eines nach dem anderen ansah.

„Jeder der zehn Legendären suchte sich ein neugeborenes Kind aus, das seinen Ansprüchen entsprach und dem eigenen Charakter möglichst nahe lag. Sie ließen den Teil ihrer Seele, der übrig war, mit euren Seelen verschmelzen und machten euch so zu einem Teil ihres Selbst.

Nach welchen genaueren Kriterien ihr ausgewählt wurdet, ist mir nicht bekannt; vermutlich war viel Willkür im Spiel.

Ich selbst wusste nur den ungefähren Zeitraum, in dem die Seelen in eurer Welt sich ihre neuen Körper gewählt haben mussten. Deswegen habe ich an jeden, der in Frage kam, geschrieben, in der Hoffnung, möglichst viele der Auserwählten in die Digiwelt zu rufen.“
 

„Verstehe.“, meinte Kouji, „Dann war es also kein Zufall, dass gerade wir die Spirits bekommen haben?“
 

„Nein, bestimmt nicht.“, meinte Antylamon, „Die Spirits haben nur darauf gewartet, dass der andere Teil ihrer Seele zurückkehrt. Die Spirits der Dunkelheit gingen sogar so weit, jeden anderen Anwärter zu verweigern und zu töten, bis es mir durch Zufall gelang, den wahren Erben der Finsternis zu finden.“

Entschuldigend blickte der Hase Kouichi an.

„Es tut mir Leid, was ich dir damit angetan habe…“
 

„Ist schon in Ordnung.“, wehrte Kouichi ab, „Immerhin wurdest du selbst auch beeinflusst. Außerdem… Hätte ich wohl sonst auch nie den Mut gehabt, Kouji anzusprechen. Vielleicht sollte ich dir dankbar sein…“

Liebevoll lächelnd sah er seinen kleinen Bruder an. Kouji erwiderte den Blick sichtlich gerührt.

Antylamon schien erleichtert über Kouichis Reaktion.
 

„Aber was ist jetzt mit Takuya?“, stellte Tomoki die Frage, die schon die ganze Zeit über still im Raum schwebte.

Die drei Engel sahen sich einen Moment schweigend an, als wollten sie entscheiden, wer die Frage beantworten solle, dann sprach erneut Angewomon:

„Genau wissen wir das wie gesagt leider nicht. In dem Ei befindet sich AncientGreymons vollständige Seele, also auch der Teil, den Takuya in sich trug. Was nun aus eurem Freund werden wird, vermag ich nicht zu sagen… Ihr solltet das Ei einfach ausbrüten, dann werden wir es sicher irgendwann erfahren.“
 

Tomoki nickte still und drückte das Ei unter seinem Shirt wieder fest an sich. Er hätte es in jedem Fall ausgebrütet, das brauchte ihm niemand zu sagen. Solange er den leisen Herzschlag im Eiinneren spüren konnte, würde er das ungeborene Baby beschützen… egal, ob es nun Takuya war oder doch nur der Teil von ihm, der schon immer ein Digimon gewesen war.
 

Die drei Engel boten ihnen an, die Nacht im Schloss zu verbringen, und nur kurze Zeit später fanden sich die Kinder in einem großen Schlafsaal wieder, in dem mehrere riesige Himmelbetten für sie bereit standen.

Tomoki drückte das Ei unter der warmen Zudecke an sich wie einen wertvollen Schatz, den er um jeden Preis beschützen musste.

Während er schlief spürte er noch, wie die Bewegungen unter der Schale langsam zunahmen.
 


 

~Takuya~
 

Der Kampf gegen Deemon schien aussichtslos. Sosehr sich die Krieger bemühten, keine ihrer Attacken zeigte auch nur die geringste Wirkung auf das riesige Monster.

Verzweifelt sammelte Agunimon seine verbleibenden Kräfte und stürzte sich auf seinen Gegner, hoffend, dass dieser letzte Angriff den Kampf für sie entscheiden würde.
 

Doch Deemon reagierte schneller, als Takuya erwartet hätte. Sein Schlag traf ins Leere, die Luft zum Atmen wurde knapp. Deemons riesiges Maul schloss sich hinter ihm, etwas drückte ihn hinunter in dessen Schlund.

Die Luft im Inneren des Dämons war erdrückend und so dick, dass Agunimon nicht mehr atmen konnte. Hilflos bemühte er sich, die grausam stinkenden Gase nicht einzuatmen.
 

Gase? Vielleicht war das eine Lösung… vielleicht war das ihr Weg zum Sieg.

Takuya war keine große Leuchte in Chemie, aber einige der Versuche waren doch in seinem Gedächtnis hängen geblieben. Wenn er sich nicht irrte… und wenn er zumindest ein klein wenig Feuer hervorbrachte…

Es würde ihn sicher sein eigenes Leben kosten, doch das musste es wert sein.

„Lauft weg, Freunde… Schnell! Solange ihr es noch könnt…“, schrie er verzweifelt in Gedanken, hoffend, das sein D-Tector die Nachricht an die anderen weiterleiten würde.
 

Dann schloss Agunimon die Augen. Mit aller Macht konzentrierte sich der Krieger auf sein Element, spürte nach der Kraft in seinem Innersten und ließ die Hitze nach außen strömen. Inmitten all des schwarzen Rauches löste sich ein winziger Funken aus Agunimons Körper.

Doch dieser winzige Funken reichte aus, das Gas zur Explosion zu bringen.
 

Das Letzte, was Takuya mitbekam, fühlte sich an als würde es ihn zerreißen. Gas und Feuer kombinierten sich zu einem ungeheuren Überdruck, der seinen Weg nach außen nicht erst suchte, sondern mit Gewalt erzwang. Die Hölle schien mit einem Schlag von ihren Ketten befreit, Teufel und Dämonen ließen ihre Kräfte spielen.

Dann wurde es plötzlich still.
 

Schwerelos und weit weg von jedem Schmerz schwebte Takuyas Seele in der Finsternis. Angenehm warme, sanfte Flammen umloderten seinen geisterhaften Körper, liebkosten ihn mit sanftem Streicheln.

Er fühlte sich wohl und geborgen wie seit langem nicht mehr. Das Feuer war wie ein Teil von ihm, ein zweites Ich, das ihn von Geburt an begleitet hatte, ein Freund, der ihn immer beschützt hatte, immer für ihn da war.
 

„Wo bin ich hier?“, fragte er leise in die Finsternis.

Niemand antwortete ihm. In der Ferne leuchtete ein helles Licht, wie das Ende eines Tunnels.

Es schien ihn zu sich ziehen zu wollen, doch das Feuer hielt ihn zurück.

„Geh nicht… Du musst nicht dorthin.“

„Warum nicht?“, fragte Takuya die Stimme, die aus den Flamme zu kommen schien, „Ich bin doch tot, oder?“

Die Flammen streichelten weiter beruhigend seinen Körper.

„Du bist tot… Aber du musst nicht gehen.“

„Warum nicht? Kann ich noch zurück?“

„Willst du den nicht? Du kannst zurückkehren, wenn du es möchtest.“

„Natürlich will ich zurück, was denn sonst? Aber wenn man stirbt, kann man doch nicht zurück…“

„Als Mensch ist man für immer tot, das ist wahr.“, bestätigte die Stimme.
 

Das Licht schien Takuya zu rufen, doch jetzt wollte er nicht gehen.

Nicht nur das Feuer hielt ihn jetzt zurück, er konnte noch weitere Stimmen spüren, die nach ihm riefen. Andere Elemente, die auf ihn warteten…

„Deine Freunde vermissen dich.“, meinte die Stimme des Feuers leise.

„Kann ich denn zurück?“, fragte Takuya unsicher.

„Wenn du das willst.“, antwortete die Stimme, „Dann kannst du es.“

„Aber wie?“

„Du bist ein Teil von mir. Und damit bist du ein Digimon.“

„Also… Kann ich auch wie ein Digimon wiedergeboren werden?“

„Genau. Wenn es sich jemand für dich wünscht, darfst du zurück.“

„Ich möchte zurück.“, entschied Takuya ruhig, „Die anderen warten auf mich.“
 

Das grelle Licht verschwand. Auch die Dunkelheit zog sich zurück, wurde sanfter, wie ein ruhiger Schleier, der ein anderes, wärmeres Licht durchließ. Ein sanfter Wind schien ihn zu umspielen, wartete auf ihn. Eine schwache elektrische Ladung lag in der Luft, schien ihn zu rufen.

Und vor allem anderen war da das beruhigende Gefühl von Schnee, der wunderbar kühl auf ihn herabrieselte, einen angenehmen Kontrast zu den Flammen schuf und deren Wärme stärkte.
 

Takuya spürte deutlich die Anwesenheit seiner Freunde, wusste, dass sie auf der anderen Seite auf ihn warteten.
 

Neugierig versuchte Takuya, die dünne Wand zu berühren, die ihn umgab, doch er konnte seine Arme nicht spüren. Er versuchte, seinen Körper zu bewegen, doch nichts tat sich.

Erst, als er versuchte, sich mit seiner ganzen Kraft gegen die Wand zu werfen, kam er voran.

Der Raum, in dem er sich befand, bewegte sich, schien zu rollen wie ein Fass oder etwas Ähnliches.

Noch einmal warf sich der Junge gegen die Wand. Diesmal gab es einen Ruck, als wäre sein Gefängnis irgendwo heruntergerollt, vielleicht eine große Stufe oder einen kleinen Abgrund.

Etwas benommen blieb Takuya erstmal am Boden liegen.

Die Wände waren ganz leicht transparent, Licht schimmerte hindurch wie durch Papier und er konnte schwache Schatten dahinter erkennen. Dennoch waren sie stabil genug, seinen Angriffen zu trotzen; eher rollte das ganze Gefäß.
 

„Es bewegt sich!“, rief Tomokis Stimme gedämpft von außen. Er musste recht Nahe sein, doch Takuya konnte kaum etwas erkennen.

Erneut warf er sich gegen die Wand, diesmal etwas stärker und schnell nacheinander. Sein Gefängnis rollte schnell voran, Takuya wurde von der Bewegung mitgenommen und überschlug sich mehrmals.

Hastige Schritte waren von außen zu hören, Stimmen riefen durcheinander.

Takuya rappelte sich hoch und sprang erneut gegen die Wand, diesmal gefasst auf die Bewegung. Er sprang in so rascher Folge, dass die Drehung ihn nicht mitreißen konnte, fast wie in einem Laufrad.
 

„Vorsicht, die Treppe!“, rief Kouichis Stimme erschrocken.

‚Was für eine…’, dachte Takuya, doch noch bevor er das Wort „Treppe“ zu Ende denken konnte, verstand er bereits, was Kouichi gemeint hatte.
 

Mit mehreren, unangenehm harten Schlägen prallte das Gefäß auf den Stufen ab, sprang unkontrolliert abwärts und überschlug sich ein paar Mal.

Takuya konnte nichts dagegen tun, hilflos wurde er zwischen den Wänden hin und her geworfen und wusste bald nicht mehr, wo oben und unten war.
 

Benommen blieb er schließlich liegen und wartete erstmal, bis das Schwindelgefühl nachließ.

Er hörte die Schritte der anderen, die ihm wohl gefolgt waren. Jemand hob den Raum hoch, in dem Takuya sich befand. Entweder handelte es sich um einen sehr großen Jemand, oder der Raum und damit auch Takuya war einfach sehr klein.

Es musste wohl eher Letzteres sein, denn derjenige, der ihn hochgehoben hatte, war der Stimme nach Tomoki.

„Da ist ein Riss drin!“
 

Takuya blinzelte.

Tatsächlich: In der Wand direkt vor seinen Augen war ein Riss, durch den das Licht deutlich stärker hereinkam.

Noch einmal warf sich Takuya mit aller Kraft gegen die Wand, diesmal gezielt auf die Bruchstelle. Ein paar Splitter brachen heraus, der Riss vergrößerte sich. Nun, da Tomoki ihn festhielt, rollte das Gefäß nicht mehr davon; Takuyas Angriffe wurden Effektiver.

Der nächste Stoß öffnete das Gefängnis vollständig, die Hülle sprang auf.
 

Neugierig steckte Takuya den Kopf über den Rand. Er sah direkt in Tomokis Gesicht, das Tatsächlich viermal so groß war wie Takuyas gesamter Körper.

Er musste ganz schön geschrumpft sein, nachdem er gestorben war…
 

Takuya hüpfte behände aus dem unteren Teil seines Eis auf den plüschigen Teppich, dessen Fasern ihm fast bis zu den Augen reichten. Gerade wollte er sich auf die Suche nach einem Spiegel oder etwas Ähnlichem machen, da hob Kouji ihn einfach hoch.

Prüfend sah der Junge ihn an.
 

„Sieht aus wie eine Flamme mit Augen.“, stellte er fest, „Ob das wirklich Takuya ist?“

‚Natürlich bin ich Takuya, wer sonst?’, wollte dieser rufen, doch stattdessen kam nur ein Schwall Seifenblasen hervor.

Einen Moment war der Junge verwirrt, doch dann verstand er. Natürlich, er war als Digimon wiedergeboren worden… also musste er jetzt wohl ein Babydigimon sein.

Das erklärte auch, warum er so klein war. Und warum Kouji ihn so zweifelnd ansah.
 

„Ist doch jetzt egal ob oder ob nicht, gib her, du machst ihm ja Angst!“, protestierte Tomoki.

„Ist ja gut…“, brummte Kouji und gab Tomoki das etwa handgroße Digimon.

Dieser drückte es sofort beschützend an sich.

„Solange wir nicht wissen, ob das wirklich Takuya ist, müssen wir eben Geduld haben…“, murmelte der Kleine, „Und du sei bitte nett zu ihm.“

„Ich hab ihm nichts getan.“, widersprach Kouji und drehte sich demonstrativ weg.

Takuya sah ihm etwas mitleidig nach. Kouji hatte ihm nichts tun wollen, er war sonst ja auch nicht sehr sanft ihm gegenüber. Tomoki war doch sonst nicht so aufbrausend… was war nur los mit ihm?
 


 

~Kouji~
 

Bemüht ruhig wandte sich Koji wieder der Treppe zu, die das Ei eben heruntergepoltert war.

Er hatte dem Babydigimon wirklich nichts getan, es war unfair von Tomoki, ihn so anzuschreien. Auf der anderen Seite verstand er natürlich auch, warum der Kleine das Baby nicht aus der Hand geben wollte.

Er hatte von allen am meisten gelitten, als Takuya gestorben war, da war es wohl normal, dass er das Ei, das von Agunimon übrig geblieben war, um jeden Preis beschützen wollte.

Selbst, wenn es nicht Takuya war.
 

Zögernd kam nun auch Kouichi die Treppe herunter. Er hielt sich mit beiden Händen am Geländer fest und schien sich ziemlich zusammennehmen zu müssen, um nicht stehen zu bleiben.

Es war nicht nur der lebensgefährliche Unfall von damals, der Kouichi so verunsicherte, aber außer Kouji wusste niemand der Anwesenden die ganze Geschichte.
 

Sicher, Kouichi hatte kurz nach seinem Unfall damals schon gezögert, Treppen all zu schnell herunterzugehen, aber so schlimm wie jetzt war es da noch nicht gewesen.

Nur hatten Kouichis Schulkameraden es leider ausgesprochen amüsant gefunden, den Jungen mit seiner Angst aufzuziehen und ihn nur so zum Spaß gelegentlich die Schultreppen herunter geschubst. Zwar hatte Kouichi sich dabei noch jedes Mal rechtzeitig fangen können, aber die scherzhaften Angriffe hatten dafür gesorgt, seine Angst vor Treppen zu einem ausgewachsenen Trauma zu steigern.
 

Helfend hielt Kouji seinem Bruder die Hand hin, als dieser das Ende der Treppe fast erreicht hatte. Kouichi zögerte erst, die Hand anzunehmen, dann siegte doch sein Vertrauen über die Angst und die schlechten Erfahrungen.

Kouji zog ihn nicht herunter, er hielt nur ruhig seine Hand und bot ihm damit zusätzliche Sicherheit.
 

„Danke…“, murmelte Kouichi leise, als er wieder sicheren Boden unter den Füßen hatte.

„Kein Problem.“, wehrte Kouji ab, „Du hilfst mir ja auch, wenn du es kannst.“
 

„Ob das Ding auch einen Mund hat?“, fragte Izumi, den Blick noch immer auf das rotgelbe Baby in Tomokis Händen gerichtet.

„Muss ja wohl, wenn es was essen muss, oder?“, meinte Tomoki.

„Das lässt sich bestimmt ganz leicht rausfinden.“, kündigte Junpei an und zog eine Tafel Schokolade aus seiner Tasche.

Er entpackte die Leckerei und brach eines der Stücke heraus. Auffordern hielt er es dem Baby vor das winzige Gesicht.
 

Schneller, als einer von ihnen schauen konnte, war das Stück verschwunden und das Kleine gab kauende Geräusche von sich. Junpei glotzte etwas verblüfft.

„Das ging schnell…“

„Also muss es einen Mund haben, wenn es die Schokolade essen kann… Nur gesehen hat man nichts.“, stellte Izumi fest.

„Das haben wir gleich.“, versicherte Junpei und brach ein weiteres Stück Schokolade ab.

Dieses Mal hielt er es jedoch nur kurz in Reichweite des Flämmchens, dann zog er es schnell weg.

„Sag schön ‚Aaaa’“, befahl er.
 

„Aaaa“, machte das Kleine. Unter seinen Augen tat sich ein Mund auf, der zuvor wohl von seinem weichen Flaum verdeckt worden war. Die Öffnung war gerade groß genug für das Schokoladenstück, das Junpei ihm hineinwarf.

Das Digimon schmatzte glücklich.
 

„Meinst du, das könnte wirklich Takuya sein?“, fragte Kouichi leise.

„Möglich. Manieren hat es jedenfalls keine.“, stellte Kouji fest, während das Baby sich weiter mit Junpeis Schokolade füttern ließ.

„Wollten wir nicht langsam mal frühstücken?“, fragte er dann etwas lauter, sodass auch die anderen ihn hören konnten, „Damit der Kleine auch was halbwegs gesundes zu Essen bekommt.“

„Ja, wär vielleicht besser.“, stimmte Izumi zu, „Abgesehen davon hab ich auch Hunger.“

„Der Kleine scheinbar auch noch.“, meinte Junpei, „Frag mich echt, was der für nen Magen hat… der hat ne ganze Tafel Schokolade verdrückt, die passt da doch eigentlich gar nicht rein…“
 

Der Speisesaal war liebevoll für sie gedeckt.

Offensichtlich hatte sich bereits herumgesprochen, dass das Baby geschlüpft war, denn es war auch für Takuya ein Teller vorhanden. ShadowRenamon saß bereits am Tisch und frühstückte. Er nickte den Kindern freundlich zu, als sie ankamen, unterbrach aber sein Essen nicht.

Bookmon und BigNeemon kamen den Kindern am Eingang entgegen.
 

„Aah, das Kleine ist also geschlüpft.“, stellte Neemon mit seiner üblichen Emotionalität fest, als er das Flämmchen auf Tomokis Mütze sitzen sah.

„Kannst du uns sagen, was das für ein Digimon ist?“, fragte der Junge an Bookmon gewandt.

Dieser starrte das Kleine eindringlich durch sein Monokel an, was dieses dazu verleitete, ebenso intensiv zurückzustarren.

Dann zog der Bibliothekar gewichtig sein großes Buch aus dem Nierenwärmer und schlug es mit geradezu ritueller Feierlichkeit auf. Das Buch war größer geworden, seit sie das letzte Mal in der Digiwelt waren, vermutlich war auch sein Inhalt mit Bokomons Digitation umfangreicher geworden. Nach einigem Blättern hatte das Digimon dann gefunden, was es wissen wollte:

„Das ist Chaudmon, AncientGreymons Baby I Level. Im Gegensatz zu seinen Altersgenossen ist es jedoch im Stande, Feuer zu verursachen, wenn es will.“

Er tippte mit den Krallen gegen das Feuersymbol auf Chaudmons Stirn und kassierte eine Ladung Seifenblasen. Ein paar davon zerplatzten auf seiner Perücke und steckten diese in Brand.
 

Zum Glück war das Feuer nicht stark, so dass es dem in Panik geratenen Digimon schnell gelang, seine Perücke zu löschen.

Kopfschüttelnd setzten sich die Kinder zu Tisch und machten sich über das leckere Essen her, dass für sie bereitstand.
 

Sie hatten noch nicht lange gegessen, als von unten plötzlich verzweifelte Schreie zu ihnen durchdrangen. Alarmiert sprangen die Kinder auf, Renamon rannte sofort die Treppen herunter. Die anderen folgten ihm eilig, nur Tomoki hielt noch kurz an und drückte Kouichi sein Baby in die Hand.

„Warte hier auf uns, ja?“

Dann rannte er den anderen hinterher.
 

Ein paar hundert Stufen weiter unten gelangten die Digiritter in einen hochgewölbten Kellerraum. Renamon kniete auf dem Boden und beugte sich besorgt über Angewomon, die schwer verletzt zu sein schien.
 

„Was ist hier passiert?“, fragte Kouji sofort.

Agewomon bemühte sich, sich aufzurichten. „Wir… wurden angegriffen…“, presste sie mühsam hervor. Das Sprechen schien ihr schwer zu fallen.

„Angemon und Antylamon sind…“

Renamon stützte den Engel besorgt, während die Kinder den Raum nach hinweisen absuchten. Der Boden war voll mit Blutspritzern, die vermutlich von Angewomon stammten, eines der großen Bogenfenster war eingeschlagen.
 

„Was ist mit den beiden?“, wollte Junpei wissen. Zwar sah er, dass Angewomon kaum sprechen konnte, doch wollte er zumindest sicher sein, ob die Engel noch lebten.

„Sie… wurden mitgenommen… entführt.“, murmelte der Engel.

„Schon dich besser.“, meinte Renamon ruhig, „Wir werden versuchen, sie zu finden, in Ordnung?“

Er sah zu den Kindern, die einstimmig nickten. Klar würden sie versuchen, die Engel wieder zu finden. Und die Entführer besiegen, wenn es sein musste.
 

Kouji prüfte seinen D-Tector. Außer den beiden Lichtspirits befanden sich auch die ihrer ehemaligen Gegner, Wasser, Stahl, Holz und Erde darauf.

Er sollte also problemlos in der Lage sein, bis zum Ultimate-Level zu digitieren, wenn es die Situation erforderte.
 

„Sagen wir erstmal Kouichi Bescheid, dann suchen wir gemeinsam nach Hinweisen.“, bestimmte Kouji. Nachdem Takuya nicht hier war, fühlte er sich verantwortlich, den Part des Anführers zu übernehmen. „Wenn wir zumindest wissen, wo wir die Suche beginnen sollen, werden wir sie sicher finden.“

Journey

~ShadowRenamon~
 

Und schon war das Team wieder unterwegs. Diesmal hatte sie zwar niemand direkt zum Zielort teleportieren können, aber wenigstens wussten sie, in welche Richtung sie mussten.

Ein schwacher Trost, denn der Ort, an dem Angemon und Antylamon gefangen gehalten wurden, Hell Castle, befand sich praktisch am anderen Ende der Digiwelt.
 

Zum Glück würden sie nicht den ganzen Weg laufen müssen. Wenn sie erstmal den Wald hinter Holy Castle durchquert hatten würden sie zu einem Bahnhof gelangen, von wo aus sie mit verschiedenen Trailmon weiterreisen könnten.

Zumindest bis in die Nähe des Zielortes, denn dessen genauer Standpunkt war Nichteingeweihten genauso unbekannt wie der des Engelsschlosses.
 

„Warum haben die eigentlich die beiden Engel entführt?“, fragte Kouichi in die Runde, als die Gruppe nach einigen Stunden des Wanderns eine Pause einlegte.

„Ich weiß es nicht.“, antwortete Renamon nachdenklich, „Ich kann nur vermuten, dass es sich um Rivalitäten handelt. Vamdemon und LadyDevimon sind bekannt dafür, den heiligen Engeln nach Kräften entgegenzuwirken… Sie scharen allerhand nebulöse Gestalten um sich und fallen häufig durch kriminelle Delikte auf. Aber zwei der drei heiligen Engel zu entführen… Das ist schon heftig.“

„Was die wohl mit ihnen vorhaben?“, fragte sich Junpei laut.

„Sicher nichts Gutes.“, meinte Kouji, „In jedem Fall wäre es besser, wir finden sie möglichst schnell.“

„Wäre ja auch zu schön gewesen, wenn mit Deemons Ende alle Probleme gelöst gewesen wären…“, seufzte Izumi.
 

Tomoki schwieg und betrachtete das Digimon in seinen Armen. Das Flämmchen zitterte merkwürdig, hatte ängstlich die Augen geschlossen. Der Junge schien besorgt deswegen, aber Renamon erkannte die Symptome.

„Es digitiert?“
 

Plötzlich schossen Flammen um das Baby empor. Als sie verloschen, saß statt dem Flämmchen etwas Größeres, Wuscheliges in Tomokis Armen.

Große, grüne Augen sahen den jüngsten Digiritter strahlend an. Die anderen scharten sich um ihn, um das Wesen genauer zu betrachten.
 

Es hatte lange, spitze Ohren, die seitlich abstanden, dazu riesige grüne Augen und ein kleines schwarzes Näschen. Aus seinem Mund ragte ein spitzes Zähnchen hervor.

Sein Gesicht war mit weichem, beigem Flaum bedeckt, der Rest verschwand unter langem, rotbraunem Fell, aus dem gerade mal zwei winzige Hörner hervorlugten. Wie die meisten Digimon des Baby II Levels schien es nur aus einem Kopf zu bestehen, nur dass es hinten noch einen flauschigen Flammenschwanz hatte.
 

Sprechen schien es leider immer noch nicht zu können; als es den Mund öffnete, kamen nur ein paar klebrige Kaugummiblasen hervor. Deprimiert schloss das Kleine die Augen und ließ sich tröstend von Tomoki drücken.
 

„Wann lernen Digimon denn normal sprechen?“, fragte Izumi an Renamon gewandt.

„Die meisten können es ab dem Baby II Level, manche sogar schon vorher. Wobei reinkarnierte Digimon oft schon von Geburt an sprechen können… ist aber stark von den Umständen abhängig.“

„Was meinst du, ab wann Takuya wieder sprechen kann?“, fragte Junpei nach.

„Kann ich nicht sagen. Wie gesagt, es hängt viel von den Umständen ab… Und hellsehen kann ich leider auch nicht. Allerdings würde ich annehmen, dass er es spätestens auf dem Child-Level können sollte, wenn ihm die Sprachfähigkeit nicht völlig abhanden gekommen ist.“
 

„Aber wie heißt es denn jetzt auf dem Level?“, wollte Tomoki wissen.

„Wenn ich den Eintrag in Bookmons Buch der Weisheit noch richtig im Kopf habe, müsste das jetzt Embermon sein.“, vermutete Renamon.

„Stimmt das? Embermon?“, fragte der Junge sein Baby.

Das Digimon schien einen Moment in sich hineinzuhorchen, dann rief es ein freudiges „Pu!“ aus.

Schien also zu stimmen.
 

Nachdem alle gegessen und etwas geschlafen hatten nahmen die Kinder den Weg wieder auf.

Weit konnte der Bahnhof nicht mehr sein, redete Renamon sich ein, immerhin waren sie bereits seit fast einem Tag unterwegs.

Die Menschen schienen sich von der langen Wanderung zum Glück nicht den Mut nehmen zu lassen, Embermon saß bequem auf Tomokis großer Mütze. Diesen schien das zusätzliche Gewicht nicht zu stören, obwohl das Digimon genauso groß war wie sein eigener Kopf.
 

Endlich kamen die ersten Bahnhofsschilder in Sicht. Halb verdeckt zwischen den vielen Bäumen schimmerten sie hindurch, das Pfeifen eines einfahrenden Zuges war zu hören.

Gerade als die Kinder freudig losrennen wollten, gab der Boden unter ihnen nach.

Sie stürzten in scheinbar unendliche Tiefe, ein gewaltiger Sog riss sie auseinander.
 

Embermon hielt sich verzweifelt an Tomokis Mütze fest, während der Junge schon weit von den anderen abgetrieben wurde. Kouji versuchte verzweifelt, die Hand seines Bruders zu fassen, doch die unheimliche Macht, die hier wirkte, riss sie erbarmungslos in verschiedene Richtungen.

Renamon gelang es mit viel Mühe, zumindest Kouji zu fassen zu bekommen. Schützend hielt er den Jungen im Arm, als sie durch verzweigte Strudel gerissen wurden und schließlich hart auf grasbewachsenem Boden landeten.
 


 

~Tomoki~
 

Regungslos lag Tomoki im tiefen Schnee.

Glitzernde Flocken rieselten auf ihn herab, sein Körper war bereits halb bedeckt unter der kalten Decke.
 

Doch Tomoki spürte die Kälte kaum. Er, als Krieger des Eises, empfand die -40°C als gerade mal angenehm kühl, obwohl er noch immer nur sein dünnes T-Shirt trug.

Tief in Gedanken versunken starrte der Junge in den grauweißen Himmel.

Sein Gesicht und seine Augen zeigten keinerlei Emotionen, nur die unheimliche Leere in seinem Innersten.
 

Kälte.

Einsamkeit.

Nichts.
 

Eine Stimme flüsterte in seinem Ohr. Sie kam ihm nicht bekannt vor, eher unheimlich, vielleicht sogar bösartig; dennoch nahm er ihre Worte unbewusst auf.
 

Das Eis steht für Kälte.

Du bist der Krieger des Eises, weil du die Kälte im Herzen trägst.
 

‚Das ist nicht wahr.’, erwiderte Tomoki in Gedanken, ohne sich zu rühren, ‚Ich bin nicht kaltherzig.’
 

Die Kälte ist das Nichts. Der Schnee verbirgt alles unter sich, macht alles zu nichts.

Das Eis gefriert alles, bringt jedem den Ewigen Schlaf.

Ewige Verdammnis, Kälte, Grausamkeit.

Gnadenlos, Egoistisch.
 

Du kennst kein Mitleid, kennst nicht die Gefühle anderer. Dein Herz ist so kalt wie dein Körper, wie das Eis, das dir gehorcht.

Du spürst nicht die Kälte, die deine so genannten Freunde tötet.

Du spürst nicht die Kälte, die deinen Bruder tötet.

Du spürst nicht die Kälte, die alles um dich zu Ewigem Eis gefriert.

Du bist böse.
 

Tomoki schwieg. Kalt und leer sahen seine Augen zum Himmel.

‚Ich bin böse…’, wiederholte er in seinen Gedanken. Seine leeren Augen zeigten nicht, ob er es wirklich glaubte.

Die Stimme schwieg. Sie hatte tief in Tomokis Herz getroffen, er würde nicht wieder aufstehen.

Er würde seine Spirits nie wieder benutzen können, dafür waren die negativen Gedanken, die sie ihm eingeflößt hatte, schon zu tief durchgedrungen.
 

Noch immer reglos starrte Tomoki in den Himmel, ohne ihn zu sehen.

Böse.

Vielleicht war er das.

Er war kalt zu seinem Bruder gewesen, früher.

Er war egoistisch gewesen.

Aber jetzt?

Da war noch eine andere Stimme.
 

Eine warme, freundliche.

Tomoki kannte diese Stimme. Takuya. Es war Takuya, der ihn da rief.

Er lebte, konnte das sein? War Takuya wirklich zurückgekommen?
 

Tomoki blinzelte verwirrt.

Seine Augen brauchten einen Moment, um sich wieder zu fokussieren.
 

Ein Digimon hatte sich über ihn gebeugt. Seine großen, grünen Augen sahen aus wie die Embermons, doch das Gesicht um sie herum war älter. Das Digimon hatte wuschelige, feuerrote Haare und trug seltsame Kleidung, die jedoch eher für wärmere Klimazonen gedacht sein musste.
 

Freudig wedelte das Digimon mit seinem buschigen Flammenschwanz, als Tomoki sich aufsetzte.

„Du bist wach, endlich! Ich hab schon befürchtet, du bleibst da für immer liegen!“, rief es mit gespieltem Vorwurf und drückte Tomoki glücklich an sich.

Es war in etwa so groß wie Takuya, und seine Stimme war eindeutig dieselbe.
 

„Bist du… Takuya Oniichan?“, fragte Tomoki unsicher.

„Nee. Im Moment bin ich eher Flamemon.“, meinte der kleine Dämon grinsend, „Aber irgendwie bin ich schon noch Takuya, ich seh’ nur anders aus.“

Erneut drückte er Tomoki an seinen unnatürlich warmen Körper.

„Ich hab mir voll Sorgen gemacht, weil du dich nicht mehr bewegt hast…“, murmelte Takuya leise, „Erst recht, als dann die Gizamon angegriffen haben… Wenn ich nicht hätte digitieren können, dann…“

Er schüttelte seine wuschelige Mähne, wie um die negativen Gedanken wegzuwerfen.

„Aber jetzt ist ja alles wieder gut.“

Tomoki schniefte. Er hatte schon viel zu viel geweint in den letzten Tagen, aber diesmal weinte er aus Freude.

Takuya war wieder da, nicht irgendein Digimon, das aus Ancient Greymons Daten wiedergeboren war, nein, es war wirklich Takuya.

Er war zurück. Jetzt war alles wieder gut…
 

„Wollen wir dann langsam los?“, fragte Flamemon etwas ungeduldig, „Ich hab Hunger, mir ist kalt und wir haben noch ne Mission zu erfüllen, oder?“

Tomoki nickte entschlossen.

„Ja, lass uns los.“
 

Er löste sich aus Flamemons Umarmung und holte seinen D-Tector hervor.

„Zu Essen hab ich leider nichts für dich, aber gegen die Kälte kann ich was tun. Spirit Evolution! – Blizzarmon!“

Das große, flauschige Monster hob den kleinen Feuerdämon kurzerhand hoch und drückte ihn in sein wärmendes Fell. Flamemon kuschelte sich begeistert in die weißen Zotteln und freute sich über den Schutz, den diese gegen Eis und Kälte boten.
 

„Wo sollen wir jetzt hin?“, fragte Blizzarmon, der seinen Blick über das endlos weiße Feld wandern ließ.

„Nun, da wir nicht wissen, wo die anderen gerade sind würde ich sagen, wir suchen Hell Castle.“, schlug Flamemon vor, „Die anderen gehen sicher auch da hin, dann treffen wir uns sicher dort.“

„Also suchen wir einen Bahnhof, damit ein Trailmon uns in die Richtung bringt?“ fragte Blizzarmon, und versuchte im Glitzern des Schnees einen solchen auszumachen.

Flamemon nickte.
 

Nach einigem Umherblicken entdeckte Tomoki dann tatsächlich eine dünne Rauchsäule, die hinter einer Schneedüne aufstieg. Er lief darauf zu und erreichte kurz darauf tatsächlich einen verschneiten Bahnhof, der ein bisschen so aussah, als könnte auch Santa Claus hier zu Weihnachten mit seinem Schlitten durchfahren.
 

Das Bahnhofshaus sah aus, als wären seine Wände aus Lebkuchen statt aus Holz, der Puderzuckerschnee tat sein übriges.

Blizzarmon setzte sich auf eine der herumstehenden Bänke und wartete auf ein Trailmon.
 


 

~Kouji~
 

Stöhnend richtete Kouji sich auf.

Sein Kopf schmerzte von der harten Landung, obwohl Renamon sich wohl bemüht hatte, den Aufprall abzuschwächen.

Der schwarze Fuchs stromerte etwas weiter weg im Gras herum, suchte offensichtlich nach einem Hinweis darauf, wo sie waren.
 

Irgendetwas schien in Koujis Gedanken zu rotieren, ihm wurde schwindlig. Bis eben hatte eine hinterhältig sanfte Stimme in seinem Kopf gesprochen, auf ihn eingeredet.

Hatte ihm immer wieder gesagt, was für ein mieser Kerl er war, dass er kein Teamgefühl hatte und dass alle ihn hassten.

Damit kam er klar, selbst, wenn die Stimme Recht hatte; er hatte nie behauptet, besonders freundlich oder beliebt zu sein.
 

Was ihn jedoch einen Moment lang schwer getroffen hatte war, dass die Simme ihm versucht hatte einzureden, Kouichi würde seinetwegen leiden. Dass es seine Schuld sei, dass sein Bruder immer so traurig war, und das er, das Licht, ihn dazu verdammte, immer in die Schatten zurückzuweichen.

Kouji hatte sich ziemlich aufgeführt, als die Stimme beharrlich auf dieser Schilderung bestand. Ohne es bewusst zu merken war er zu Wolfmon digitiert und hatte wild um sich geschlagen, um die Stimme zum Schweigen zu bringen, bis es Kyuubimon schließlich gelungen war, ihn wieder zur Besinnung zu bringen.

Die Stimme war daraufhin verschwunden, nicht aber das beunruhigende Gefühl, dass ihre Worte wahr sein konnten.
 

Zudem machte Kouji sich Sorgen.

Was, wenn Kouichi etwas zu gestoßen war? Wo war er gelandet, hatte auch ihm jemand das Hirn weich reden wollen?

Irgendetwas sagte Kouji, dass sein Bruder in Schwierigkeiten war. Und, dass er ihn schnell finden musste.
 

Renamon kam wieder zu ihm und legte ihm die Hand auf die Schulter.

„Alles okay?“

„Mit mir schon…“, murmelte Kouji, „Aber ich mache mir Sorgen um Niisan…“

Renamon umarmte ihn beruhigend. „Du hängst sehr an ihm, nicht wahr?“

Kouji nickte.

„Wir werden ihn schon finden.“, sagte Renamon bestimmt, „Ich bin mir sicher, er ist nicht weit weg.“

Kouji nickte erneut, Renamons Anwesenheit beruhigte irgendwie.
 

Er bedauerte fast, dass der Fuchs ihn wieder losließ.

„Wir sind hier in einer Graslandschaft auf Server, ein ausgedehnter Landstrich, in dem oft ziemlich lang die Sonne scheint.“, erklärte Renamon, „Hier ganz in der Nähe befindet sich der Schattenwald… Seine Bewohner sind zwar wenig vertrauenswürdig, aber wenn man ein bisschen Geduld hat und sich von ihren Sprüchen und Tricks nicht verwirren lässt, kommt man hier an Informationen, die man sonst nirgends bekommt.“

„Meinst du, die wissen auch, wo Niisan ist?“, fragte Kouji, während der Fuchs auf sein höheres Level digitierte.

„Wenn jemand diesen Dimensionsstrudel willentlich geöffnet hat, um uns zu trennen, dann weiß sicher der halbe Wald davon.“, vermutete Kyuubimon, „Und wenn nicht, kann man uns dort zumindest sagen, wo wir Hell Castle finden.“
 

Er wartete, bis Kouji auf seinen Rücken geklettert war, dann rannte er Zielsicher in Richtung Westen. Nach wenigen Minuten des schnellen Ritts kam am Horizont auch schon der schattenhafte Umriss eines düsteren Waldes in Sicht, dessen Kronen im Schein der untergehenden Sonne einen unheimlichen Anblick boten.

Als sie den Wald endlich erreichten, war es bereits dunkel. Nur die Flammen aus weißem Licht, die an Kyuubimons Pfoten und Schwanzspitzen loderten, erleuchteten den Schattenwald, sodass sie zumindest ein bisschen sehen konnten.
 

Kouji nahm seine Hand nicht von Kyuubimons Schulter.

Der Schattenwald hatte seinen Namen sicher nicht zu Unrecht; inmitten der Dunkelheit huschten unheimliche Schatten umher, da und dort blitzen nachtleuchtende Augen auf.

Kouji zweifelte nicht daran, dass die Wesen, die hier lebten, auch gute Seiten haben konnten; seit er Kouichi kannte wusste er, dass nicht alles, was die Dunkelheit bevorzugte, zwangsläufig böse sein musste.

Aber er fürchtete, dass die Blicke, die er im Rücken spürte, fast alle feindseliger Natur waren.
 

„Kann ich euch vielleicht helfen?“, erklang plötzlich eine freche Stimme dicht neben ihm.

Kouji musste sich mächtig zusammenreißen, um nicht vor Schreck aufzuschreien, er hatte das Digimon nicht gesehen. Aus den dunklen Augenlöchern eines ausgeschnitzten Kürbisses sahen ihn zwei glühend gelbe Augen an.

„Wir… wir suchen jemanden.“, antwortete Kyuubimon, der seine Stimme als erster wieder gefunden hatte.

„Hast du in letzter Zeit einen Menschen gesehen, der so aussieht wie ich?“, fragte Kouji.

Das Digimon, das aussah wie eine schlecht zusammengenähte Stoffpuppe, legte seinen großen Kürbiskopf schief.

Seine unheimlich leuchtenden Augen starrten Kouji genau an, dann schüttelte es seinen Kürbis.

„Nein, hab ich nicht. Tut mir Leid, hier ist niemand vorbei gekommen.“

„Schade…“, meinte Kyuubimon, „Aber weißt du vielleicht, wo Hell Castle liegt?“

Einen Versuch war es Wert.
 

Pumpkinmons Augen verengten sich. „Hell Castle?“, fragte es nach, „Das muss irgendwo auf dem Kontinent Error liegen… Keine schöne Gegend, man sagt, das Bündnis der Teufel hause dort…“

„Fährt ein Trailmon dorthin?“, fragte Kouji.

„Ja, das Trailmon Darkness. Es fährt normal so gut wie nie, aber in letzter Zeit fast täglich…“, meinte Pumpkinmon, „Aber die Insel ist recht groß, und wo genau das Schloss ist, weiß ich nicht. Selbst, wenn Darkness euch direkt vor das Tor fährt, findet ihr wohl nicht durch den Vorhof…“

„Das werden wir schon schaffen.“, meinte Kouji zuversichtlich, „Danke für deine Hilfe.“

„Gern geschehen.“, meinte das Digimon und verabschiedete sich.
 

„Der war ja sogar richtig nett.“, stellte Kyuubimon fest.

„Ja.“, meinte Kouji, „Gut zu sehen, dass nicht alle hier so schlecht sind wie ihr Ruf, was?“
 

„Traut ihr der Dunkelheit?“, flüsterte plötzlich eine hinterhältige Stimme knapp über ihnen.

Die beiden wirbelten herum, um ihnen Besitzer auszumachen. Kyyubimons Licht reichte gerade noch aus, das auf dem Ast sitzende, fledermausähnliche Digimon sichtbar zu machen.

Große, gelbe Augen blickten sie berechnend an.

„Oder habt ihr Angst vor dem, was ihr nicht seht?“

Kouji blickt das Digimon einen Moment verwirrt an, dann ging ihm ein Licht auf.

„Deine Stimme… Du bist das Digimon, dass uns im Finsternislevel von Deemons Turm angegriffen hat!“

Das Digimon lachte laut. „Gut erkannt, Lichtwolf. Ich bin PiccoDevimon.“
 

„Weißt du, wo mein großer Bruder ist?“, fragte Kouji geradeheraus.

PiccoDevimon schien einen Moment zu überlegen, während er sich nach hinten umkippen ließ. Kopfüber an seinem Ast hängend antwortete es: „Vielleicht, vielleicht auch nicht.“

„Du weißt es, hab ich recht?“

PiccoDevimon grinste. „Vielleicht sag ich es dir sogar, wenn du nett fragst.“

„Bitte sag mir, wo mein großer Bruder ist.“, bat Kouji.

„Bitte reicht nicht.“, entschied PiccoDevimon und hockte sich wieder richtig herum auf den Ast, „Sag: ‚Ich flehe dich an’. Und wirf dich vor mir auf den Boden.“
 

Kouji zögerte einen Moment, dann gehorchte er. Sein Stolz verbat ihm zwar, sich vor jemandem wie PiccoDevimon in den Staub zu werfen, aber das war jetzt nicht der richtige Zeitpunkt, um stolz zu sein.

„Ich flehe dich an… sag mir, wo mein großer Bruder ist.“
 

PiccoDevimon genoss einen Moment das Gefühl der Überlegenheit, den stolzen Lichtkrieger vor sich auf dem Boden zu sehen, dann antwortete er endlich.

„Wenn du dem kleinen Trampelpfad hier einige hundert Meter weit folgst, kommst du irgendwann an eine dunkle Lichtung, auf die nie der Mond oder die Sonne scheint. Da steht ein Steinerner Turm, der nur noch durch Magie zusammenhält, durch diese aber so gut, dass kein Angriff die Mauern zerbrechen kann.“, erzählte er, „Wenn du es schaffst, die unzerstörbare Stahltüre einzurennen und die Wachen zu überwältigen, findest du im obersten Geschoss des Gefängnisturmes deinen Bruder. Dann musst du nur noch die Schlösser und Ketten knacken, die aus unzerstörbarem Digimythril geschaffen sind. Schlüssel gibt es nicht.“
 

„Und Niisan ist ganz sicher dort?“, fragte Kouji noch einmal.

„Ich hab ihn dort gesehen, und weglaufen kann er nicht. Nicht von dort, niemals.“, antwortete PiccoDevimon leise, heuchlerisch, „Niemand entkommt von dort, der einmal dort gefangen ist.“

Und mit diesen Worten flatterte das Digimon in der Dunkelheit davon.
 


 

~Kouichi~
 

Dunkelheit.

Kälte.

Zitternd schlang Kouichi die Arme um die Knie, das Klirren der schweren Ketten ignorierend. Seine Knochen schmerzten wie von einem harten Aufprall, doch das war nicht der Grund, weshalb er sich so schlecht fühlte. Auch nicht die Tatsache, dass er in einem dunklen, kalten Gefängnis saß, in dem es nach Blut und Verwesung stank.
 

Vielmehr war es die furchtbare Stimme, die stundenlang in seinem Kopf gesprochen hatte und nun als Echo durch seine Gedanken spukte.
 

Die Dunkelheit ist das Böse.

Sie bietet Mördern und Dieben Schutz, verbirgt jene, die das Licht scheuen.

Wer die Dunkelheit sucht, ist böse.

Du bist die Dunkelheit.
 

Es ist ein Schicksal, in den Schatten zu lauern und zu warten, bis du das Licht vernichten kannst.

Du wartest im Dunkeln und beobachtest ihn, den Krieger des Lichtes.

Wartest, bis du ihn töten kannst.
 

‚Das ist nicht wahr…’, redete Kouichi sich ein, ‚Ich habe Kouji zwar beobachtet, aber ich will ihn nicht töten.’
 

Natürlich willst du ihn töten, du hast es doch bereits versucht.

Es ist dein Schicksal, das Licht auszulöschen, sobald du es kannst.

Und es ist dein Schicksal, alleine zu sein.
 

Kouji hasst dich.

Er ist nur nett zu dir, weil die anderen es von ihm erwarten.

Kouji hatte so ein gutes Leben, bevor du aufgetaucht bist… eine heile Familie, ein sicheres Zu Hause… und dann kommst du, und zwingst ihn die andere Seite zu sehen…

All das Leid, dass immer im dunkeln hätte verborgen bleiben sollen…
 

Er hasst dich dafür, dass du ihm seine Illusionen, sein schönes Leben genommen hast.

Er hasst dich, weil er Mitleid mit dir haben muss, anstatt weiter unbesorgt zu leben.

Du hättest niemals in Koujis Leben treten dürfen.
 

Kouichi schluchzte.

Er wollte nicht glauben, dass Kouji ihn hasste, aber was, wenn es wahr war?
 

Es stimmte, dass er besser nie in Koujis Leben hätte treten sollen… Es wäre besser gewesen, wenn er nie erfahren hätte, dass er kein Einzelkind ist.

Er hätte keine Probleme wegen seiner kleinen Halbschwester, wenn er nicht an Kouichi denken müsste…

War es egoistisch gewesen, ihm die Wahrheit zu sagen?
 

Wäre es nicht das Beste gewesen, er wäre damals einfach gestorben, einfach nicht mehr aufgewacht? Oder gar nicht erst in der Digiwelt erschienen?

Wenn Cherubimon ihn nicht hätte rufen können, hätte es Duskmon nie gegeben…

Und wenn Kouji nie von ihm erfahren hätte, hätte er ihn auch nicht vermisst.
 

Aber was wäre dann mit seiner Mutter?

Sie wäre sicher traurig… Ob sie ihn vermisste, weil er wieder in der Digiwelt war? Wie viel Zeit war in der Realen Welt vergangen, seit sie hier waren?
 

„Hey, du da!“

Kouichi schreckte hoch. Er hatte gar nicht gemerkt, dass er nicht alleine war; ein kleines, koboldartiges Digimon saß ihm gegenüber, ebenfalls angekettet.
 

„Was willst du?“

„Nur reden. Ich sitz hier seit Ewigkeiten rum, es ist n Bisschen langweilig, wenn man nur rumsitzen und nichts tun kann…“, meinte der Kobold leichthin, „Im übrigen bringt es nicht viel, rumzuheulen, deswegen kommst du auch nicht raus. Selbstmitleid hat noch keinem geholfen, weißt du?“

Kouichi ließ demonstrativ den Kopf auf die Knie sinken.

Er fand es nicht fair, dass der Kobold sich so über ihn lustig machte, obwohl er nichtmal wusste, wie es ihm ging.
 

„Komm, jetzt heul mal nicht. Ich kann das echt nicht ab, du kommst hier eh nicht lebend raus, okay? Und wenn ich schon den Rest meines Lebens mit dir hier drin sitzen muss, dann will ich mir nicht die ganze Zeit dein Geflenne anhören.“

Offensichtlich merkte der Kobold doch, dass seine Worte Kouichis Zustand nicht gerade besserten.

„Mann, was ist denn los? Jetzt sag mir nicht, es macht dich so fertig, hier zu sein?“

Kouichi schüttelte den Kopf. Er versuchte zu sprechen, doch seine Stimme hatte ihn im Stich gelassen.
 

Der Kobold sah ihn eine Weile schräg an, dann bekam er große Augen.

„Du… bist ja ein Mensch!“

Kouichi nickte.

Der Kobold musterte ihn eindringlich. „Bist du etwa… der, der die Spirits der Finsternis beherrscht? Der Herr der Finsternis, AncientSphinxmons Erbe?“

Wieder ein Nicken. Ein lautes Klirren verriet, dass der Kobold sich auf den Boden plumpsen lassen hatte.

„Wow…“, war alles, was er erstmal herausbekam.

Dann besann er sich auf seine Manieren, obwohl ihm nie viel an diesen gelegen hatte:

„Ich bin übrigens Impmon. Freut mich, dich kennen zu lernen, auch, wenn die Umstände besser sein könnten.“

Er lachte etwas verlegen.
 

„Du bist auch der Finsternis zugetan, oder?“, fragte Kouichi leise, als er glaubte, seiner Stimme wieder trauen zu können. Er klang noch immer ziemlich verheult.

„Ja, ich bin ein Kobold, wieso?“

Kouichi schwieg einen Moment. Er wusste nicht, wie er fragen sollte, wenn überhaupt…
 

„Ich… hab vorhin so eine Stimme gehört… in meinem Kopf.“, fing er schließlich unsicher an.

Impmon sah in an, als hielte er ihn für verrückt, hielt aber ausnahmsweise seine vorlaute Klappe.

„Diese Stimme sagte, ich sei böse… weil ich die Finsternis bin, und damit der Ursprung allen Übels. Und dass ich das Licht, also meinen kleinen Bruder, auslöschen würde…

Und, dass Kouji mich hasst.“
 

Impmon schwieg einen Moment, als sei er nicht ganz mitgekommen.

„Also noch mal von vorn: Du hast irgendsone schräge Stimme in deinem Kopf gehört, die dir das Hirn weich gelabert hat, oder?“, fragte er, „Und die hat gesagt, du wärst böse, weil du die Dunkelheit bist, und setzt damit als gegeben voraus, dass die Dunkelheit böse ist? Was für ein Blödsinn ist das denn?“

Kouichi sah ihn verwirrt an.

„Ich meine“, holte Impmon aus, „Es ist ja nun nicht alles böse, was im Dunkeln rumschleicht, oder? Okay, die meisten schon, Räuber und Diebe und son Gesindel. Aber da kannst du doch nichts dafür, oder?

Die Dunkelheit ist unparteiisch, wenn man es so sagen kann. Sie bietet Schutz vor den Blicken anderer, man kann sich vor allem verstecken, was einem unangenehm ist. Der Dunkelheit ist egal, ob du schön oder hässlich, gut oder böse bist.

Und deswegen nutzen leider viele böse Kerle ihren Schutz aus, um zu stehlen oder zu morden. Aber das sind nur die ehrlichen bösen, die wissen, dass sie was tun, wobei sie nicht gesehen werden wollen.

Die wirklich schlimmen sind immer die, die im Licht rumlaufen und sich hinter ihren Sprüchen verstecken, weil ja jeder denkt, dass die Bösen sich im Dunklen verstecken, ne?“
 

Irgendwie klang es, als hatte Impmon nur darauf gewartet, irgendjemanden mit seinen tief psychologischen Erkenntnissen zutexten zu dürfen. Er musste wirklich schon lange hier sein, wenn er sich so viele Gedanken gemacht hatte…
 

„Und was war da jetzt mit deinem Bruder?“, fragte der Kobold nach.
 

Kouichi sah traurig zu Boden. „Die Stimme sagte, er hasst mich… und, dass ich ihn irgendwann töten würde.“

„Und, glaubst du, das stimmt?“, fragte Impmon gerade heraus. Kouichi sah nur zu Boden.

„Mann, die Stimme muss dein Hirn wirklich püriert haben…“, stöhnte Impmon, „Dein Bruder ist das Licht, oder?“

Kouichi nickte, „Ja, ist er.“

„Magst du ihn?“

„Ja… sehr sogar.“, Kouichi sah den Kobold einen Moment zögernd an, dann fuhr er fort: „Unsere Eltern leben seit langer Zeit getrennt, wir haben uns nie kennen gelernt, obwohl wir Zwillinge sind. Erst vor etwa einem Jahr habe ich erfahren, dass ich einen kleinen Bruder habe, und nach ihm gesucht.“
 

Der Junge machte eine Pause, um festzustellen, dass ihm Impmon aufmerksam zuhörte.

„Damals… lief so einiges schief. Ich bin oft in Koujis Nähe herumgeschlichen und hab ihn beobachtet, weil ich mich nie getraut habe, ihn anzusprechen… Irgendwann ist er von Orphanimon in die Digiwelt gerufen worden, und ich hab ihn ganz knapp verpasst.“, Kouichi atmete einmal tief durch, es fiel ihm unerwartet schwer über all das zu sprechen.

„Ich hatte damals einen Unfall, bei dem ich fast gestorben wäre. Mein Geist wurde von Chreubimon in die Digiwelt geholt, und ich wurde einer seiner Gefolgsleute… Und als solcher habe ich versucht, Kouji zu töten.“
 

Wieder Erwarten schwieg Impmon daraufhin erstmal.

„Danach… Als Cherubimons Bann von mir genommen wurde, habe ich Kouji alles erzählt. Ich habe mich den anderen angeschlossen und seitdem mit ihnen gekämpft.“, schloss Kouichi seinen Bericht.

„Und, wie hat Kouji das aufgenommen? Dass du sein Bruder bist, meine ich?“

Kouichi dachte einen Moment nach. „Er war… erstmal verwirrt, glaube ich. Aber er hat mich immer beschützt, später… Ich denke schon, dass er mich mag.“

„Und dann lässt du dir von so ner blöden Stimme einreden, es wär nicht so, weil Licht und Dunkelheit Feinde sein sollen? Ganz schön blöd, meinst du nicht?“
 

Kouichi lächelte gezwungen. „Vermutlich…“

Impmon seufzte. „Du bist n schwieriger Fall, weißt du das? Glaubst du nicht, es hat einen Grund, dass Licht und Finsternis Brüder sind? Zwillinge sogar?“

Kouichi sah den Kobold erstaunt an. Sowas ähnliches hatte Patamon damals doch auch gesagt…
 

„AncientSphinxmon und AncientGarurumon waren auch Zwillinge. Es wird selten wirklich so gesagt, aber es ist immer von zehn Krigern die Rede, obwohl es nur neun Digieier mit Elementsymbolen gab. Dafür sind auf einem Ei zwei Symbole, nämlich Licht und Finsternis.“

„Also…“, fing Kouichi an, doch Impmon ließ ihn gar nicht erst weiterreden.

„Licht und Finsternis sind Brüder, und egal, wie sehr man versucht, sie zu trennen, sie ziehen einander immer wieder an. Sieh mal:“, er zeigte auf einen dünnen Lichtstrahl, der durch eine Ritze in der Mauer fiel, „Sieht schön hell aus, nicht wahr? So, wie der Schatten tiefer wird, je heller das Licht ist, scheint das Licht heller, wenn die Dunkelheit tiefer ist.

Dieser kleine Lichtstrahl erscheint hier drin unheimlich hell, dabei ist es draußen auch ziemlich dunkel.“
 

Kouichi lächelte schwach. Impmon hatte Recht, es war dumm, sich von einer unbekannten Stimme so einen Unsinn eintrichtern zu lassen.
 

„Und weißt du was?“, fragte Impmon nach einer Weile, „Vielleicht musst du hier gar nicht ewig bleiben, auch, wenn bisher nie jemand hier lebend rausgekommen ist.“

„Meinst du?“, fragte Kouichi unsicher.

„Ja, klar. Die Dunkelheit zieht das Licht immer irgendwie an, und je stärker die Dunkelheit, desto stärker ist auch das Licht, wie ich eben sagte.“, grinste der Kobold, „Mit anderen Worten: Ich bin mir sicher, dass dein Bruder hier früher oder später auftaucht, um dich zu retten. Und auch, wenn die Ketten und Schlösser hier aus Digimythril sind – Für die Legendären Digikrieger ist nichts unmöglich!“
 

Zuletzt hatte Impmon mit einer unerwarteten Begeisterung gesprochen. Er war aufgesprungen und seine großen, grünen Augen strahlten vor Zuversicht.

Kouichi lächelte. „Du bist dir wohl sehr sicher?“

„Natürlich!“, rief Impmon, noch immer voll in seiner Euphorie, „Siehst du das Symbol auf meiner Stirn? Es sieht ein bisschen aus wie eine Sternschnuppe, deswegen symbolisiert es für mich die Hoffnung. Und Hoffnung ist die Kraft, niemals aufzugeben, bis am Ende alles gut wird.“

Kouichi bemühte sich, trotz der Dunkelheit zu sehen. Tatsächlich war auf Impmons Stirn das Bild einer gelben Sternschnuppe zu sehen.
 

Plötzlich gab es ein Donnern wie von einem Erdbeben. Einen Moment lang fühlte es sich an, als würde der gesamte Turm einstürzen, aber dem war wohl nicht so; schließlich sollte der Turm ja unzerstörbar sein.

Von unten ertönten die Rufe der Wachen, doch diese verstummten schnell wieder.

Kouichi und Impmon lauschten in die entstandene Stille, durch die nach kurzer Zeit das Trommeln von Pfoten zu hören war, das langsam die Treppe hochkam.
 

Dann gab es einen weiteren dumpfen Knall und die Tür zu ihrem Stockwerk flog aus den Angeln. Geblendet hielten sich die Gefangenen die Hände vor die Augen, als das grellweiße Licht das Gefängnis durchflutete.
 


 

~Garmmon~
 

„Niisan?“

Suchend sah der leuchtende Wolf sich um. In dem strahlenden Licht, das er aussandte, waren die Reste mehrerer Digimon zu sehen, die durch bösartige Magie an der Digitalisierung gehindert wurden, sodass ihre Körper langsam in den Zellen dahinverwesten, anstatt sich aufzulösen und wiedergeboren zu werden.
 

Garmmon dämmte sein Licht etwas. Es gab einfach Dinge, die man lieber im Dunkeln ließ, wo man sie nicht sehen musste…

Etwas Licht brauchte er jedoch, denn der Gestank in diesem Kerker war zu stark, als dass er sich auf seine Nase hätte verlassen können. Und er musste Kouichi finden.
 

„Kouji?“

Die leise Stimme ließ ihn herumfahren. Kouichi stand in einer der Zellen am Ende des Raumes, hilflos, zitternd vor Kälte und kaum imstande, sich auf den Beinen zu halten.

Mit wenigen Schritten war Garmmon bei ihm und stemmte die Vorderpfoten gegen das Gitter.

„Keine Sorge, Niisan, ich hol dich da raus!“

„Du bist wirklich hier…“, murmelte Kouichi. Sein Blick zeigte deutlich, dass er nicht daran geglaubt hatte. Es sah aus, als hätte er bis vor kurzem noch geweint.

„Natürlich bin ich hier.“, bestätigte Garmmon, „Ich lass dich doch nicht allein.“
 

Er ließ das Gitter los, um mit den Pfoten auf das schwere Vorhängeschloss einzuschlagen. Als das nichts brachte, nahm er das Schloss in den Mund und versuchte es durchzubeißen.

„Vergiss es.“, meinte Kyuubimon, der ihm gefolgt war, „Das Schloss ist aus Mythril, es ist unzerstörbar. Selbst du…“

„Sei still, Füchschen.“, unterbrach ihn eine Stimme aus der gegenüberliegenden Zelle, „Er ist einer der zehn Legendären, wenn er das Schloss kaputtkriegen will, kann er das auch.“
 

Kouji sah den kleinen Kobold einen Moment lang verwirrt an, überrascht, noch jemanden lebend in diesem Kerker zu sehen. Dann nahm er das Schloss erneut ins Maul, diesmal so, dass er mit den Backenzähnen darauf biss.

Er sah Kouichi noch einmal ruhig an, dann schloss er konzentriert die Augen und biss mit aller Kraft zu.
 

Einige Augenblicke lang geschah nichts, dann gab es plötzlich ein furchtbares Knirschen. Angewidert spuckte Garmmon die Splitter aus. Er hatte den widerlichen Geschmack von Schmieröl im Mund, dazu noch etwas Blut. Mit der Zunge tastete er nach seinen Zähnen, doch die waren alle noch, wo sie hingehörten.

Mit den Pfoten schlug Garmmon die letzten Reste des Schlosses aus der Halterung, dann schubste er die Gittertür auf. Kouichi wollte ihm entgegenkommen, doch die Ketten waren offenbar zu kurz, um allzu nahe an das Gitter zu kommen.
 

Etwas umständlich zwängte sich Garmmon durch die enge Türe.

Er kuschelte seinen schweren Kopf an Kouichis Brust und ließ sich einen Moment umarmen, genoss einfach die Nähe. Dann besah er sich die Fesseln, mit denen die Ketten an Kouichis Händen und Füßen befestigt waren.

Sie bestanden aus zwei halbrunden Metallteilen, die auf der einen Seite mit einem Scharnier, auf der anderen mit einem Schloss verbunden waren. Wenn Garmmon einfach den Teil abbiss, an dem das Schloss und die Kette befestigt waren, sollte er das Metall einfach beseitigen können.
 

Vorsichtig, um Kouichi nicht zu verletzen, nahm er eines der Schlösser zwischen die Zähne. Als er sicher war, gefahrlos zubeißen zu können, zerstörte er das Metall. Die Fesseln gaben leichter nach als das große Schloss vorher, aber das war Kouji nur recht.

Sein Zahnarzt würde sich freuen, wenn er ihn das nächste Mal sah…
 

Schnell hatte er alle Fesseln gelöst und zwängte sich wieder durch die Tür nach draußen. Am liebsten hätte er das ganze Gitter herausgerissen, aber dann stürzte am Ende noch der Turm ein… Die Eingangstür hatte er ja auch nicht zerstören können, bis letztendlich die Wand drumherum nicht mehr halten wollte.
 

Gerade, als sie schon gehen wollten, hielt Kouichi Garmmon noch einmal zurück.

„Könntest du Impmon bitte auch noch befreien?“, fragte er vorsichtig und blickte auf den kleinen Kobold, „Er hat mir vorhin ziemlich geholfen… mir Mut gemacht. Ich will ihn nicht hier lassen.“
 

Garmmon lächelte verständnisvoll.

„Klar kann ich das. Ob ich nun fünf Schlösser durchbeiße oder zehn macht jetzt auch keinen Unterschied mehr.“ Und damit wandte er sich Impmons Zelle zu, um auch diesen zu befreien. Im Schlösserzerbeißen hatte er ja jetzt schon etwas Übung.

Kyuubimon staunte nicht schlecht über diese Leistung, Impmon schien eher erstaunt, dass man ihn tatsächlich mitnahm.
 

„Okay, ihr zwei steigt auf meinen Rücken, dann sehen wir zu, dass wir wegkommen, bevor die Wachverstärkung kommt.“, meinte Garmmon und legte sich auf den Boden, damit Kouichi und Impmon auf seinen Rücken klettern konnten.

Kouichi war ziemlich geschwächt und sah aus, als hätte er noch Schmerzen vom Aufprall – wo immer er gelandet sein mochte – während Impmon sich wohl schon seit langem nicht mehr richtig bewegt hatte.
 

Als Kouji sicher war, dass seine Reiter guten Halt gefunden hatten, folgte er Kyuubimon die Treppen herunter. Kouichi hielt sich etwas verunsichert an Garmmons flügelähnlichen Schwertern fest, während der große Wolf sich bemühte, die Treppen sicher herabzusteigen.
 

Am Fuße des Turmes warteten leider schon einige Kentarumon auf sie. Garmmon und Kyuubimon zogen es in diesem Fall vor, zu fliehen, einen Kampf konnten sie nicht riskieren.

Wäre Kouji alleine gewesen hätte er die Kentarumon zwar problemlos erledigen können, aber er musste Kouichi beschützen.
 

Zu ihrem Pech waren die Kentarumon schneller, als sie angenommen hatten, und locker in der Lage, mit Garmmon Schritt zu halten. Zwar konnte dieser nicht sein volles Tempo einsetzen, weil der Fahrtwind sonst seinen Reitern gefährlich werden konnte, aber dennoch war er sicher gewesen, die Kentarumon weit hinter sich lassen zu können.
 

Kyuubimon hatte bald nicht mehr die Kraft, das hohe Tempo zu halten, und so digitierte er zurück und sprang ebenfalls auf Garmmons Rücken. Der Wolf merkte das zusätzliche Gewicht kaum.

Vielmehr dachte er darüber nach, wie er die Verfolger abhängen konnte, wenn Geschwindigkeit alleine nicht reichte…
 

Den Schattenwald hatten sie längst hinter sich gelassen, inzwischen rasten sie über geraden Felsboden, sodass Garmmon seine Räder nutzen konnte. Die Hufe der Kentarumon waren noch immer deutlich hinter ihnen zu hören.

Vor ihnen kam eine breite Schlucht in Sicht. Vielleicht war das die Lösung…

Garmmon kniff die Augen zusammen und versuchte, den Abstand einzuschätzen. Wenn er kurz vor dem Absprung noch Vollgas gab…
 

„Ranamon? Wir springen da rüber.“, warnte Kouji.

„Bist du verrückt?“, fuhr der Fuchs ihn gegen den Fahrtwind an, „Kein lebendes Wesen hat diesen Cannion je überquert, ohne fliegen zu können! Es ist unmöglich, da…“

„Unmöglich ist nur, was noch keiner der Legendären versucht hat!“, meinte Impmon, „Wenn er sagt, er schafft das, dann schafft er es.“

Garmmon grinste. „Ich muss kurz auf volles Tempo gehen, bevor ich springe. Beschütz die anderen beiden vor dem Gegenwind, Renamon. Und legt euch möglichst flach auf meinen Rücken.“
 

Renamon legte sich schützend über die beiden anderen, als Garmmons Motoren laut aufheulten. Der Wolf ging selbst etwas tiefer und klappte seine Schwerter zur Seite, um sie wie den Spoiler eines Rennwagens gegen den Auftrieb einzusetzen, damit seine Räder am Boden blieben.

Kurz vor dem Abgrund klappte er die Flügel so um, dass der Wind ihn tragen konnte, und stieß sich mit aller Kraft ab.
 

Die Gegenüberliegende Seite des Cannions lag etwas tiefer als die, von der sie kamen.

Garmmon zog seine Hinterläufe eng an den Körper, während er die Vorderpfoten nach dem Boden ausstreckte. Seine Räder rotierten noch immer, als würde er fahren.
 

Die Räder seiner Vorderpfoten berührten gerade so den Boden am anderen Ende der Schlucht und als Kouji schon dachte, er würde es nicht mehr schaffen, zogen sie so kräftig an, dass es Garmmon mit einem Ruck nach oben zog. Er bekam seine Hinterläufe auch auf den Boden und schon fuhr er wieder sicher mit allen Vieren auf festem Grund.

Triumphierend richtete er sich auf und stieß ein überlegenes Heulen aus, wissend, das keines der Kentarumon ihnen hatte folgen können.
 

Er nahm sein Tempo etwas zurück, so dass seine Reiter sich wieder entspannen konnten. Renamon blickte erstaunt und ungläubig zurück auf die Schlucht, die sie hinter sich gelassen hatten.

„Was hab ich dir gesagt?“, meinte Impmon triumphierend, während er den frischen Wind genoss, der ihm ins Gesicht wehte, „Unmöglich ist nur, was selbst die Legendären nicht schaffen. Und die schaffen alles, wenn sie nur wollen.“
 

Kouichi schwieg und hielt lächelnd sein Gesicht in den Wind. Kouji hätte gerne gewusst, was sein Bruder dachte, doch er spürte, dass es ihm jetzt besser ging.
 


 

~Junpei~
 

Stöhnend rieb Junpei sich den Kopf.

Die harte Landung hatte er gut überstanden, dann aber hatte ihm eine unangenehme Stimme in seinen Gedanken derart haltlosen Blödsinn einzureden versucht, dass ihm der Kopf davon schmerzte.
 

Letzten Endes war die Stimme sogar beleidigend geworden, hatte Junpei als dumm und übergewichtig beschimpft… Der Junge nahm das als Zeichen dafür, dass ihr die guten Argumente ausgegangen waren.
 

Einem leisen Hilferuf folgend ging Junpei den Gang entlang, in dem er gelandet war.

An einer Kreuzung sah er schließlich einen umgestürzten Stahlschrank liegen, unter dem etwas eingeklemmt war, das aussah wie ein blauer Marienkäfer.
 

„Kann ich dir helfen?“, fragte er unsicher.

Der Käfer sah ihn halb verzweifelt, halb Hoffnungsvoll aus seinen großen Augen an.

„Wenn du den Schrank da vielleicht von mir herunternehmen könntest… Ich bin hier nur entlanggelaufen, da fiel dieses schwere Ding auf einmal um…“, er drückte erfolglos mit seinen zwei verschiedenartigen Armpaaren gegen den Stahl, „Wenn ich wenigstens nicht auf dem Rücken liegen würde…“
 

„Lass mal sehen…“, murmelte Junpei und versuchte, den Schrank zu bewegen. Das stählerne Möbelstück war wirklich so schwer, wie es aussah, und Junpei trat wieder einen Schritt zurück.

„Ich wusste, der Schrank ist zu schwer…“, murmelte der kleine Käfer traurig.

„Nur keine Sorge, noch hab ich nicht aufgegeben.“, versicherte Junpei, „Spirit Evolution – Blitzmon!“
 

Entschlossen schlug der Käfer die Fäuste gegeneinander, wodurch er einige Funken auslöste. Wäre doch gelacht, wenn er das Schränkchen nicht heben konnte…

Erneut stemmte er die Hände unter das Möbelstück, das sich diesmal sogar bewegte. Mit vergleichsweise wenig Kraftaufwand drückte Blitzmon den Schrank nach oben und bugsierte ihn zurück an die Wand, an die er gehörte.

Dann hob er den kleineren Käfer auf und setzte ihn vorsichtig wieder auf die Füße.
 

Das Digimon sah ihn mit großen Augen an, als er wieder zurückdigitierte.

„D… Danke.“, brachte er schließlich heraus, „Vielen Dank für deine Hilfe.“

„Gern geschehen.“, versicherte Junpei, „So nen kleinen Schrank heb ich doch mit links.“

„Du bist einer der zehn Legendären Digikrieger, nicht wahr? Ich bin übrigens Tentomon, auch, wenn die anderen meiner Sorte rot sind.“, stellte sich der Käfer vor, „Normalerweise geben sich anders gefärbte Digimon oft andere Namen, aber mir fällt nichts ein… also bin ich eben das blaue Tentomon.“

Er seufzte einen Moment. „Die anderen lachen mich aus deswegen, sie sagen, ein blauer Marienkäfer sei unsinnig und ich sähe lächerlich aus, aber…“

„Ich finde nicht, dass du lächerlich aussiehst.“, meinte Junpei ehrlich, „Ich hab zu Hause einen blauen Plüschmarienkäfer. Meine Mutter findet, die Farbe passt nicht, aber ich mag ihn besonders, weil er eben nicht so ist wie alle anderen. Du bist auf deine Art was besonderes, Kleiner.“
 

Tentomon sah mit Tränen in den Augen zu ihm auf. „Meinst du wirklich?“

„Klar mein ich das.“, versicherte Junpei, „Außerdem mag ich deine Farbe. Das ist ein sehr schöner Blauton, und ich finde, er passt zu dir.“

Er lächelte und streichelte Tentomons Kopf.

„Weißt du… ich war früher auch ein ziemlicher Außenseiter. Vielleicht haben mich die anderen zuerst gemieden, weil ich dick bin… Und dann kommt wohl dazu, dass ich zu sehr versucht habe, Freunde zu finden, und durch die ganzen Bemühungen vergessen habe, worauf es wirklich ankommt. Inzwischen ist das besser geworden, und ich habe viele sehr gute Freunde gefunden, die mich alle so mögen wie ich bin: Dick, rund und liebenswert.“
 

Tentomon schien nun ebenfalls zu lächeln, auch, wenn sein Käfergesicht eine andere Art von Mimik nutzte als das eines Menschen.

„Kann ich dir vielleicht auch irgendwie helfen?“, fragte er.

Junpei überlegte einen Moment.

„Vielleicht… Ich muss meine Freunde suchen, oder irgendwie nach Hell Castle kommen, wenn die anderen dahin auf dem Weg sind…“
 

Tentomon schien angestrengt nachzudenken.

„Wo Hell Castle liegt, weiß ich leider nicht so genau, aber ich kann versuchen, deine Freunde aufzuspüren. Warte einen Moment.“

Kurz entschlossen flog Tentomon los und blieb in der Luft vor einem großen Computer stehen. Er schoss einen kleinen Donnerschlag auf die Armaturen und schon erschien eine Art Landkarte auf den Monitor.

Er zoomte eine Weile darauf herum, dann schien er etwas gefunden zu haben.

„Es sind noch vier andere Menschen in der Digiwelt… Allerdings sind sie getrennt. Wo sollen wir hin?“

„Wir“ hieß wohl eindeutig, dass Tentomon ihn begleiten wollte.

„Wer ist uns denn am nächsten?“, fragte Junpei erstmal.

Tentomon prüfte nochmals seine Karte.

„Diese beiden hier.“, sagte er schließlich, „Licht und Finsternis, wenn ich die Zeichen richtig deute. Sie sind in einem Wald südwestlich von hier, wen wir ein Trailmon nehmen, sind wir in ein paar Tagen dort.“

„Wenn die bis dahin nicht weg sind…“, zweifelte Junpei.

Tentomon legte den Kopf schief.

„Als Blitzmon kannst du fliegen, oder?“, fragte er dann. Junpei nickte.

„Es gibt hier eine Plattform, wenn wir von dort starten und guten Wind haben, tragen uns die elektrischen Strömungen von dort innerhalb weniger Minuten dorthin.“

„Das klingt schon besser.“, stellte Junpei fest und so machten sie sich auf den Weg.
 

Die Plattform bestand aus einer spiegelglatten Metallplatte, um die kunstvoll verworrene Antennen aufgestellt waren. Blitzmon betrachtete die Konstruktionen misstrauisch, während Tentomon die Landschaft unter ihnen in Augenschein nahm.
 

Als er die Richtung gefunden hatte, stellten die beiden Käfer sich in Position und machten ihre Flügel startklar.

„Fertig?“, fragte Tentomon nochmals.

„Fertig.“, antwortete Blitzmon.
 

Er konnte förmlich spüren, wie die Spannung in den Antennen um sie her zunahm, und bald erfasste sie der magnetische Strom, der ihren Flug leiten würde.

Blitzmon spürte, wie die Spannung um sie herum die Schwerkraft aufzuheben begann. Seine Füße lösten sich vom Boden und er fühlte sich wie getragen von der elektrischen Ladung, die die Luft erfüllte.

Da sollte die blöde Stimme von vorhin noch mal sagen, Elektrizität sei was Schlechtes…
 

Als die beiden Käfer etwa zwei oder drei Meter über dem Boden schwebten, riss der Strom sie plötzlich nach vorne. Mit atemberaubender Geschwindigkeit trug der magnetische Tunnel sie dahin, die Landschaft rauschte verschwommen unter ihnen hinweg.

„Jetzt dürfen wir nur unsere Ausfahrt nicht verpassen.“, meinte Tentomon, in dessen Augen sich der wirre Strom um sie in Form von Daten widerspiegelte. Er reichte Blitzmon einen seiner vorderen Arme, damit dieser sich an ihm festhalten konnte.
 

Er riss Blitzmon aus dem Strom, als sie über einem dichten Wald flogen. Die beiden Käfer öffneten die Flügel und landeten sicher zwischen den Bäumen.

„Hier müssen sie in etwa sein.“, meinte Tentomon, während Junpei zurückdigitierte. Ihm war etwas schwindelig vom schnellen Flug, doch das würde sich bald legen.
 

Tatsächlich fanden sie die anderen nur kurze Zeit darauf auf einer Lichtung, auf die einzelne Lichtstrahlen durch die Baumkronen herabfielen. Kouichi lag im schatten unter einem riesigen Baum, Kouji saß neben ihm in einer der Lichtsäulen.

ShadowRenamon kniete neben einem kleinen Feuer und verarbeitete ein paar Fleischäpfel zu einer leckeren Suppe.
 

Ein kleiner schwarzer Kobold sprang von einem Lichtfleck zum nächsten, als gäbe es auf der ganzen Welt nichts Schöneres.
 

„Störe ich gerade?“, fragte Junpei scherzhaft.

„Nö, du kommst gerade richtig zum Essen.“, antwortete Kouji, ohne sich von seinem bequemen Platz zu bewegen.

Renamon winkte den etwas kräftigeren Jungen zu sich und bat dann auch die anderen, etwas näher ans Feuer zu kommen. Auch Tentomon und der kleine Kobold bekamen je eine Portion der leckeren Suppe ab.
 


 

~Flamemon~
 

„So, hier ist Endstation!“, bestimmte Trailmon Buffalo und warf seine Passagiere kurzerhand heraus. Das Flamemon ihm noch einige wüste Beleidigungen hinterher rief schien es schon nicht mehr zu hören.

„Blödes Rindvieh…“, grummelte der Feuerdämon und klopfte sich den Staub aus der Hose.

Immerhin hatte Trailmon ihnen noch versichert, dass es sie bis auf den Kontinent Error bringen konnte, wo Hell Castle lag. Offensichtlich hatte es sich dann aber doch anders entschieden und ihn und Tomoki kurzerhand rausgeworfen.
 

Seufzend sah Takuya sich nach seinem kleinen Freund um, der traurig auf die zerklüftete Felslandschaft blickte.

„Buffalo hätte uns wenigstens wo rauswerfen können, wo wir auch was zu Essen finden.“, meinte der Kleine anklagend. Flamemon umarmte ihn tröstend.

„Nur keine Sorge, wir werden schon was finden. Und irgendwie kommen wir auch auf diesen blöden Kontinent, das verspreche ich dir.“

Tomoki nickte entschlossen.
 

Tatsächlich gelang es Takuya, in der Einöde etwas zu Essen aufzutreiben. Im Moment teilte er einen Körper mit den Feuerspirits, was es ihm möglich machte, direkt mit AncientGreymon zu sprechen. Und der wusste dank seiner Erfahrung recht gut, wie man in der Wildnis überlebte.

Greymon war ein Beast-Typ gewesen, als solcher hatte er während des Krieges nur selten Nahrungsmittel in irgendwelchen Städten kaufen können, weil diese größtenteils von Human-Typ Digimon besetzt waren. Deshalb war es für ihn nichts unnatürliches, in unwirtlichen Felslandschaften nach Essbarem zu graben.
 

Die Wurzeln, die Flamemon mit einiger Mühe zu Tage förderte, sahen auf den ersten Blick ziemlich ungenießbar aus. Er grillte sie auf Anweisung seiner „Inneren Stimme“ im offenen Feuer und probierte eine davon.

Sie schmeckte gut, irgendwie erinnerte der Geschmack an die Schahschlickspieße, die sein Vater bei ihren gemeinsamen Campingausflügen gerne grillte.

Auch Tomoki probierte zaghaft eine der Wurzeln, die nach dem grillen fast ungenießbarer aussahen als davor. Nach ein paar Bissen schien auch er sich nicht mehr an dem unschönen Äußeren der Wurzeln zu stören und aß den Rest mit sichtbarer Begeisterung.
 

„Das tolle an diesen Wurzeln ist ja, das man sie nicht würzen muss.“, meinte Greymons Stimme in Flamemons Kopf zufrieden. Er teilte im Grunde genommen dessen Körper, hatte sich aber in den hintersten Winkel zurückgezogen und überließ Takuya die gesamte Kontrolle.

‚Stimmt, die sind so schon schön scharf.’, bestätigte Takuya, der noch ein paar weitere ausbuddelte. Es war schon erstaunlich, wie viele leckere Wurzeln dieser trockene Boden hergab.
 

Einige Zeit später lagen die beiden Kinder satt und zufrieden auf dem Boden und schliefen. Takuya war erstaunt, wie müde er war, aber sein Körper schien viel Energie zu verbrauchen.
 

„Das liegt daran, dass du zu schnell digitiert bist.“, meinte Greymon ruhig.

In seinem Traum konnte Takuya den mächtigen Phönixdrachen direkt neben sich liegen sehen. Die wachsamen Augen musterten die Traumgestalt des Jungen mit väterlicher Wärme, während er mit ihm sprach.

„Die Digitation aufs Baby II-Level geht normal recht schnell, doch aufs Child-Level braucht es normal einige Wochen. Du musstest digitieren, um deinen Freund zu beschützen, bist danach aber nicht wieder auf dein niedrigeres Level heruntergegangen. Deswegen kostet dich dein momentaner Zustand noch viel Energie.“
 

Takuya lehnte sich vertrauensvoll an die warme Astralgestalt des Drachen. Er war heiß, aber nicht so, das es schmerzte; eher wie wenn man sich am Strand die Sonne auf den Rücken brennen ließ. Er fühlte sich sicher, seit er wusste, das Greymon jederzeit für ihn da war.

Schon bei seiner ersten Reise durch die Digiwelt hatte er das Gefühl gehabt, das die Feuerspirits ein eigenes Leben hatten – das Agunimon ihn beschützte, so gut er es als Geist eben konnte. Er hatte diese Vermutung bestätigt bekommen, als er im finalen Kampf gegen Lucemon beinahe alle Hoffnung verloren hatte.
 

„Sag mal, Greymon…“, fragte er schließlich vorsichtig, „Ihr konntet euch doch materialisieren, als wir Lucemon zusammen besiegt haben, oder? Wie kommt es, dass trotzdem ich wieder digitiert bin? Hast du keinen eigenen Körper?“

Die Frage beschäftigte ihn schon eine Weile, schließlich war er bei ihrem Abschied davon ausgegangen, die Legendären Krieger könnten die Digiwelt fortan ohne menschliche Hilfe beschützen.

Greymon kuschelte seinen großen Kopf an Takuyas Bauch.
 

„Ich sollte einen haben, inzwischen.“, murmelte er schließlich leise, „Wir waren nur Geister, auch, als wir es geschafft haben, uns wieder zu materialisieren. Außer Bokomon, Neemon und den heiligen Engeln waren alle Digimon wieder zu Eiern geworden, deswegen wollten wir die Gelegenheit nutzen, endlich richtig wiedergeboren zu werden, aber…“

„Aber?“, hakte Takuya nach, als Greymon nicht den Eindruck machte, weiter sprechen zu wollen. Da der Drache nicht zu wissen schien, wie es weiter erklären sollte, versuchte Takuya, ihm auf die Sprünge zu helfen: „Hat es was damit zu tun, das ein Teil eurer Seelen bei uns ist?“
 

„Das sollte uns nicht an der Wiedergeburt hindern.“, meinte Greymon, „Wir sind zwar stark mit euch verbunden, aber ansonsten eigenständig. Trotzdem… irgendetwas schien zu verhindern, das wir wieder zu Digieiern werden. Vielleicht noch immer Lucemons Fluch, obwohl der nach seiner endgültigen Niederlage aufgehoben sein sollte…“

Er seufzte. „Wir blieben deswegen noch bei den heiligen Engeln. Haben Bokomon beobachtet, wie er eure Geschichte in allen Details aufgeschrieben hat… Inzwischen kennt jedes kleine Kind in der Digiwelt eure Abenteuer und verehrt euch als Helden.“

„Ja, das hab ich gesehen.“, meinte Takuya grinsend, als er an seine erneute Ankunft in dieser Welt zurückdachte.
 

„Orphanimon wusste, was sie tun musste, als unsere Kräfte erneut gebraucht wurden. Es war uns in all der Zeit nicht möglich gewesen, unsere Körper wiederherzustellen, deswegen haben die Heiligen Engel uns erneut zu Spirits gemacht und euch gerufen. Und irgendwie… war ich froh darüber, dich wieder bei mir zu haben, Partner.“

Takuya lächelte gerührt.
 

Die Ruhe währte jedoch nicht lange, denn schon zerriss der schrille Kampfschrei eines Vogeldigimons die Stille. Flamemon war sofort hellwach und sprang kampfbereit auf. Seine Mähne und sein Schwanz loderten gefährlich auf, als die Körpertemperatur des Digimons plötzlich auf das Fünffache anstieg.
 

Helfen würde ihm das jedoch nicht viel, und die beiden Karatenmon, die in der Luft über den Kindern kreisten, wussten das. Flamemon war nur ein Child-Level; selbst, wenn er es dank seiner Kraft als Legendärer Feuerkrieger bei geeigneten Bedingungen mit einem Adult aufnehmen konnte, würde er an zwei Perfects zweifellos scheitern.
 

Mit aller Kraft spie Takuya einen Feuerschwall in Richtung Himmel, um die Aufmerksamkeit seiner Gegner auf sich zu lenken, solange Tomoki noch nicht richtig wach war.

Die Aktion klappte soweit auch, die beiden rabenartigen Digimon stürzten sich mit gezückten Schwertern auf den jungen Feuerdämon.

Flamemon sprang ruckartig nach oben, um den Klingen auszuweichen und spie einen weiteren Feuerschwall, diesmal aus deutlich kürzerer Distanz. Die tosenden Flammen verdeckten einen Moment seine Sicht, doch als sich die Vögel aus dem Feuer befreiten stellte Takuya erfreut fest, dass ihr Gefieder scheinbar gute Brenneigenschaften hatte; einige Flammen waren an den schwarzen Federn hängen geblieben und fraßen sich gierig durch die Rüstungen der nun sehr wütenden Karatenmon.
 

Flamemon wich ihren zornigen Angriffen so gut er konnte aus. Sein Körper war klein und wendig und er konnte gut springen, sodass er tatsächlich eine gute Chance hatte, den goldglänzenden Schwertern zu entgehen.
 

Ein erschrockener Schrei aus Tomokis Richtung brachte ihn aus seiner Konzentration. Takuya sprang soweit er konnte hoch und entging nur knapp einem seitlichen Hieb, doch von dort oben konnte er sehen, weshalb Tomoki geschrieen hatte: Ein drittes Karatenmon war aufgetaucht, und dieses hatte den Jungen gepackt und warf ihn in eine der tiefen Schluchten, die diese Gegend zierten.

Takuya brüllte wütend auf. Nicht nur, dass er schon mit zwei Perfect-Levels total überfordert war und mehr flüchtete als kämpfte; Dieses miese Biest wagte es nicht einmal, Tomoki in einem fairen Kampf zu besiegen, sondern warf ihn einfach in einen tiefen Abgrund.

Und Flamemon konnte nichts dagegen machen.
 

Noch immer mitten in der Luft durch seinen Sprung hatte er einen Großteil seiner Bewegungsfreiheit eingebüßt und konnte nur hilflos knurren, als alle drei der bewaffneten Krähen mit gezückten Schwertern auf ihn zuschossen.

Wenn er wenigstens fliegen könnte… Die Karatenmon waren egal, er musste Tomoki retten. Irgendwie… irgendwie musste er noch einmal digitieren können. Seine Kraft war doch noch da, irgendwo tief in seinem Inneren! Die Feuerspirits waren eins mit ihm geworden, also musste ihre Kraft noch irgendwo sein.

Angestrengt schloss der kleine Dämon die Augen und konzentrierte all seine Gedanken auf das Gefühl, dass er mit dem Beast Spirit verband. Er spürte die unkontrolliert brausenden Flammen in seinem Körper, der kräftige Drachenschwanz, der zornig hin und herpeitschte und seinen Gegner mit einem Knochen zerschmetternden Schlag zurück auf den Boden schickte, die brennenden Flügel, deren Feuer die beiden anderen erschrocken zurückweichen ließen.
 

Halb überwältigt von der plötzlich wiedererlangten Kraft brüllte Vitramon auf. Das Feuer drang nach außen, sein Körper stand in Flammen, als er eines der Karatenmon rücksichtslos rammte, während er auf Tomoki zuflog.
 

Das Feuer erlosch, als der Drache sich mit einem waghalsigen Sturzflug die Schlucht hinabstürzte, sodass Tomoki sicher auf dem Rücken des großen Monsters landete, kaum dass dieser unter ihm wieder in die Wagrechte ging.
 

Erneut brüllend machte Takuya der gewaltigen Kraft gebührend Platz, während er übermütig durch die Lüfte brauste. Er war sich halb bewusst, dass er sich wie ein außer Kontrolle geratenes Monster benahm, aber etwas sagte ihm, dass das besser war als ein zwanghafter Versuch, den B-Spirit zu kontrollieren.
 

„Macht ist nichts ohne Kontrolle. Mit menschlichem Geist einen Tierischen Spirit kontrollieren zu wollen ist schwierig, sicherer ist es, die Kontrolle deinem Instinkt zu überlassen.

Versuche nicht, die Kraft der Bestie unter menschliche Kontrolle zu bringen, sondern vertrau deinem Bewusstsein als Tier.“
 

AncientGreymon war ein BeastTyp gewesen, aus seinen Worten sprach Erfahrung. Außerdem spürte Takuya, dass sein Körper seinem Willen folgte, obwohl er sich wie ein wildes Tier benahm; Tomoki saß sicher aus seinem Rücken, seine wilden Angriffe vernichteten die Karatenmon. Im Vorbeifliegen las Vitramon deren Digi Codes ein, dann flog er mit wildem Flügelschlag Buffalos Gleise entlang in Richtung des Kontinents Error.
 

Ein fieses Grinsen zeigte sich auf Vitramons Schnabel.

Als wäre er auf ein launisches Rindvieh angewiesen, um an sein Ziel zu kommen… Die Bewohner von Hell Castle sollten sich lieber schon mal warm anziehen.
 


 

~Izumi~
 

Genervt stand Izumi am Strand und warf Steine ins Wasser. Einige davon sprangen ein paar Mal, bevor sie untergingen, die meisten jedoch sanken bereits beim ersten Kontakt mit der spiegelnden Oberfläche.
 

Als wenn sie sich von irgendeiner körperlosen Stimme beleidigen lassen würde. Dass sie schwach und hässlich war hatte ihr Lanamon bereits gesagt, und sie hatte es schnell widerlegt. Lanamon war vermutlich einfach eifersüchtig gewesen, irgendwie tat sie Izumi auch etwas Leid; schließlich konnte die Wasserkriegerin ja nichts dafür, dass Cherubimons Einfluss sie so verändert hatte.

Schließlich war AncientMermaidmon wirklich schön gewesen, wie sie auf einem der Wandbilder in Holy Castle gesehen hatte.
 

Izumi hörte auf, den klaren Teich mit Steinen zu bewerfen und ließ sich resigniert ins Gras unter einem Baum sinken. Es war nicht Lanamons Stimme gewesen, die sie vorhin gehört hatte. Es musste aber sicher eine Frau gewesen sein, sowohl die Stimme selbst als auch ihre Ausdrucksweise waren eindeutig die einer Frau.

Einer ziemlich eifersüchtigen Frau wohl auch, denn sonst hätte sie nicht so beleidigend werden müssen.
 

„Bist du okay, Izumi?“, fragte plötzlich eine leise Stimme neben ihr.

Große, himmelblaue Augen waren besorgt auf sie gerichtet.

„Piyomon?“, fragte Izumi, überrascht, ihre kleine Freundin zu sehen. Das Vogelmädchen war noch immer leicht verletzt von ihrem Kampf in Deemons Turm, doch sie sah wieder recht gut aus. Ohne den Verband um ihren Oberkörper hätte man ihr kaum angesehen, dass sie verletzt war.
 

„Ja, ich bins.“, meinte die Kleine, „Ich hab dich vorhin schreien gehört und bin hergekommen. Was ist denn passiert?“

„Ach, nichts weiter“, winkte Izumi ab, „Wir waren auf dem Weg nach Hell Castle und sind getrennt worden… Als ich hier wieder aufgewacht bin, hat so eine seltsame Stimme auf mich eingeredet. Keine Ahnung, was die wollte, aber sie hat mich ziemlich aufgeregt.“

„Ihr wollt nach Hell Castle?“, fragte Piyomon überrascht, „Wieso denn? Da ist es doch ziemlich gefährlich…“
 

Izumi seufzte. „Vermutlich ja… Aber zwei der Heiligen Engel sind dorthin entführt worden, wir müssen ihnen dringend helfen. Deswegen sollte ich mich hier auch nicht zu lange aufhalten… Ich muss ein Trailmon finden, dass mich dorthin bringt. Oder zumindest in die Nähe.“

„Ich glaub kaum, dass du eins findest.“, meinte Piyomon zweifelnd, „Hell Castle liegt auf dem Kontinent Error, dahin fahren seit einiger Zeit irgendwie keine Trailmon mehr.“

„Na ganz toll…“, brummte Izumi. Nach einer Weile fügte sie hinzu: „Weißt du, wo dieser Kontinent liegt, und ob man ihn fliegend erreichen kann?“
 

Sie wollte zwar nicht unbedingt um die halbe Welt fliegen, aber sie konnte es. Immerhin hatte sie dank der Royal Knights schon Übung darin, die Digiwelt fliegend zu umkreisen.
 

„Klar kann man hinfliegen, es ist nur ziemlich weit. Ich kann dich hinbringen, wenn du willst.“, bot Piyomon an. Überrascht hob Izumi den Kopf, als der Vogel vor ihren Augen zu einem drachenartigen Feuervogel digitierte.

„Deemons Einfluss über mich ist verschwunden, aber weil ich jetzt schon mal digitiert bin, fällt es mir leichter, selbst auf ein höheres Level zu kommen. Jetzt bin ich auf dem Adult-Level, Birdramon.“
 

Sie legte sich auf den Bauch, sodass Izumi auf ihre Schultern klettern konnte. Diese zögerte noch einen Moment.

„Ist das wirklich okay, wenn du so weit fliegst? Du bist doch noch verletzt…“
 

Birdramon schüttelte ihren hübschen Kopf und hob Izumi kurzerhand auf ihren Rücken. Der lange, schwanenartige Hals machte es ihr recht einfach, das Mädchen auch dort noch zu erreichen.

„Das sind nur noch ein paar Kratzer, nichts, was mich behindern würde.“

Sie kuschelte ihren Schnabel an das Mädchen und schoss zutraulich ihre schönen Augen, während Izumi das warme Gefieder streichelte. Überrascht bemerkte diese ein herzförmiges Symbol auf Birdramons Stirn, dass ihr vorher nicht aufgefallen war. Ob sie es auch schon als Piyomon gehabt hatte? Genau genommen hatte sie darauf nie geachtet…
 

Schon erhob sich der große Vogel in die Luft, als wäre das das Einfachste auf der Welt. Ihre großen, feuerroten Schwingen sahen aus wie die Vitramons; vielleicht bestand ihr Gefieder tatsächlich aus Feuer, das jeden verbrannte, der es Birdramons Meinung nach verdient hatte.
 

Schnell zog die Landschaft unter ihnen Hinweg. Birdramon flog so schnell und sicher, als hätte sie es schon immer gekonnt. Schmunzelnd erinnerte sich Izumi an die vielen Stunden, in denen sie Piyomon mühsam beigebracht hatte, wie man flog. Nun sah man den unglaublichen Erfolg ihrer Bemühungen.

Birdramon schien richtig zu genießen, wie der Wind unter ihren Schwingen hinweg zog und sie sanft trug.

Der Wind stand tatsächlich günstig für ihre weite Reise, und so dauerte es nicht lange, bis sie den Kontinent erreichten, der in der ganzen Digiwelt als Sammelstelle für Fieslinge verschrien war.

Error

~PiccoDevimon~
 

Stolz flatterte der kleine Satansbraten durch die düsteren Gänge Hell Castles. Eigentlich hätte er ziemlichen Ärger bekommen sollen, weil Kouichi freigekommen war, aber seine Mutter hatte ihm nicht verboten, Kouji zu sagen, wo sein großer Bruder war; sie hatte nur gesagt, dass er nicht verraten dürfe, wo Kouichi bzw. Löwemon, KaiserLeomon oder der Herr der Finsternis war.

Alles eine Frage der benutzen Begriffe.

Synonyme waren doch was schönes, und es war immer gut, sich um Gesetze und Verbote herummanövrieren zu können.
 

Ja, PiccoDevimon konnte stolz auf sich sein. Er war fies, hinterhältig und unehrlich, aber er konnte die Digiritter unterstützen, ohne die Regeln seiner Eltern zu brechen.

Immerhin musste ja, wer von Natur aus ein Virus Digimon war, niemandem treu sein – warum dann den anderen Bösen?
 

Man musste ja nicht durch und durch fromm, ehrlich und gutmütig sein.

Die Welt wäre langweilig, wenn sie nur aus netten Leuten bestand, die allesamt gut zueinander waren. Deswegen liebte PiccoDevimon seine Rolle als kleiner Teufel; ein Schalk, der den Leuten auch mal Böses tun konnte, ohne dauerhaften Schaden zu verursachen.
 

Aber was seine Eltern da mit ihren Freunden veranstalteten passte ihm nicht. Vamdemon und LadyDevimon hatten zusammen mit einigen anderen starken Teufeln zwei der heiligen Engel gefangen genommen und hielten sie jetzt im Kerker fest.

Alles in allem waren die Erwachsenen in letzter Zeit ausgesprochen unangenehm geworden; PiccoDevimon und Impmon hatten erst kürzlich mitgehört, wie Vamdemon einer seltsamen Dame, die er mit „Herrin“ anredete, versprochen hatte, die Kinder zu beseitigen, die seinerzeit Lucemon besiegt hatten, selbst wenn er dafür in die Menschenwelt würde gehen müssen.
 

Nur kurze Zeit später war Impmon eingesperrt worden, den Grund dafür hatte nie jemand genannt. Impmon war inzwischen freigekommen, was PiccoDevimon als weiteren Grund sah, den Menschenkindern zu helfen, selbst, wenn er dafür seine Eltern verraten musste.

Genau genommen waren die beiden nicht immer so böse gewesen; sicher, sie waren Dämonen, bösartige Virus Digimon, aber sie töteten normalerweise nicht.

Nicht, bevor diese seltsame Dame aufgetaucht war, über die der Kleine nicht mehr wusste, als dass sie einen violetten Kimono trug.

Vielleicht war es besser, wenn all die Dämonen im Schloss gereinigt wiedergeboren würden; sie sollten ihm nicht Leid tun, immerhin hatten sie ihn an Deemon ausgeliefert und ihn obendrein ausgepeitscht, als er lebend zurückgekommen war, anstatt die Kinder daran zu hindern, dass Deemon getötet wurde.
 

Hatte es irgendjemanden interessiert, wie Deemon ihn behandelt hatte?

Hatte es irgendjemanden interessiert, dass er unter Folter zu Gehorsam gezwungen worden war, obwohl er versprochen hatte, Deemons Willen zu folgen?

Hatte es Deemon interessiert, dass PiccoDevimon anfangs auf seiner Seite gewesen war?
 

Nein, niemand hatte sich darum geschert. Der einzige, der nach PiccoDevimons Befinden gefragt hatte, sich darum geschert hatte, wie er sich fühlte, war KaiserLeomon gewesen.

Kouichi war trotz allem nett zu ihm gewesen, und zusammen mit Kouji hatte er später Impmon befreit.

Wer immer sagte, die Digiritter seien ihre Feinde, sollte gefälligst den Mund halten. Diese Kinder waren nett und hilfsbereit, aber trotzdem nicht so scheinheilig, wie manche hier es von allen behauptete, die mit den Engeln in Verbindung standen.
 

Sein Weg führt PiccoDevimon in den Kerker, wo Angemon und Antylamon festsaßen. Angemons natürliches Licht erhellte den ganzen Gang und machte es dem kleinen Teufel leicht, die Gefangenen zu finden.

Der Engel sang ein leises Lied vor sich hin, das wie eine Art Gebet klang. Seine Stimme war angenehm, aber sehr traurig. Der große Hase hatte sich Schutz suchend an seinen Freund gelehnt, soweit die Ketten es zuließen. Über sein flauschiges Gesicht liefen stumme Tränen.
 

Soweit PiccoDevimon wusste, wollten die Erwachsenen die beiden für ihre „Erwachsenenspiele“ benutzen, was für die heiligen Digimon das Schlimmste war, was man ihnen antun konnte.

Kopfüber an der Decke hängend sah PiccoDevimon auf die beiden Engel herab.

Man konnte ihnen ansehen, wie verzweifelt sie waren. Als höchste göttliche Macht hatten sie selbst leider niemanden, zu dem sie beten, auf dessen Schutz sie sich verlassen konnten, und ihre einzige Hoffnung waren wohl die Legendären Krieger, die durch die Kinder kommen konnten, um ihnen zu helfen.

Falls sie den Kontinent und vor allem das Schloss rechtzeitig erreichten.
 

Zwar war LadyDevimons erster Versuch, die Kinder auszuschalten, missglückt, doch der Weg ins Schloss war noch weit und die ominöse Frau hatte sicher noch eine Menge mächtiger Handlanger, die die Kinder aufhalten konnten.
 

Eine Weile noch lauschte der kleine Dämon dem traurigen Lied Angemons, dann flog er wieder davon, ein für alle Mal sicher, auf wessen Seite er stand.
 


 

~Shutumon~
 

Schnell flog Shutumon durch die bizarr geformten Felsen In die Richtung, in der Hell Castle in Etwa liegen musste. Piyomon saß auf ihrem Rücken und ruhte sich aus, der lange Flug bis zum Kontinent hatte die Kleine doch sehr erschöpft, sodass Izumi kurzerhand angeboten hatte, für eine Weile die Plätze zu tauschen.
 

Der Kontinent Error war eine ziemlich unangenehme Gegend, die Izumi nicht wirklich gefallen wollte. Allein der Name, „Error“, ließ schon nichts Gutes verheißen. Izumi erwartete jeden Moment eines dieser Windows-typischen grauen Fenster mit irgendeiner blödsinnigen Fehlermeldung. Oder wieder ein Ladeproblem wie vor dem letzten Level in Deemons Turm.

Was auch immer; hier war man nicht gerne.
 

Es fiel Shutumon schwerer als sonst, ihre Winde aufrecht zu halten ohne einen Sturm zu entfachen. Die Kontrolle über den BeastSpirit hatte sie von Anfang an gehabt; es war einfach, sie zu behalten, wenn man einfach mit den Gefühlen steuerte statt mit dem Verstand.
 

Hier jedoch schien die Macht des Windes seine zerstörerische Seite zeigen zu wollen.

Eine Art Innere Stimme sagte ihr, Dass die Kraft aller Elemente auf Error meist nur in Form von Naturkatastrophen auftrat und ansonsten gar nicht in Erscheinung trat.

Passte zum Namen, wie Izumi fand, ihr Computer machte beim Ausschalten dasselbe: Entweder ließ er sich gar nicht herunterfahren, oder er stürzte ab.
 

Nur dass sie hier mehr Einfluss hatte als auf ihrem Computer. Sie konnte den Wind kontrollieren, wenn sie es wollte, es strengte nur mehr an als sonst. Zwischen „Ganz“ und „Gar nicht“ das richtige Maß an Wind zu finden, war kompliziert, aber möglich, und nachdem sie sich auf die richtige Menge eingependelt hatte, konnte sie wieder hervorragend auf ihrem eigenen Wind gleiten.
 

Hoffentlich fanden die Jungs sich auch zurecht. Nicht, dass man sich um diese Kindsköpfe sorgen musste, aber es konnte ihnen ja auch wirklich was passiert sein.

„Hey, sieht mal da drüben!“, rief Piyomon plötzlich und deutete mit einem ihrer Flügel durch die Felsen. In einiger Entfernung tobten turmhohe Flammen, der Rauch verdunkelte den Himmel darüber.

„Takuya…“, murmelte Shutumon entsetzt. Es war zwar noch immer nicht sicher, ob was immer aus dem Ei geschlüpft war wirklich Takuya war, aber sein Name war das erste, was ihr zu den kopflos wütenden Flammen einfiel.
 

Mit wenigen schnellen Flügelschlägen schoss die schlanke Kriegerin in die Richtung, in der sie das Zentrum des Tobens vermutete.

Schon von weitem hörte sie die unangenehme Frauenstimme, die sie schon in ihrem Kopf gehört hatte. Die dazugehörige Frau, eine schlanke, leicht bekleidete Dämonin, kämpfte inmitten der Flammen mit Agunimon.

Der Feuerteufel schien ihr tatsächlich überlegen zu sein, das Feuer hatte in seinem Wüten längst ihre Flügel erfasst und ihre nackte Haut war bedeckt mit frischen Brandwunden.

Sie schien kaum in der Lage, Agunimons brennenden Fäusten auszuweichen, bis sie ihn kurzerhand mit einem einzigen Tritt in die Knie zwang.
 

Die Flammen verloschen sofort und Agunimon digitierte zu einem kleineren Teufelsdigimon zurück. Wimmernd hielt er sich die Hände vor den Schritt, wo LadyDevimon unfairer Weise hingetreten hatte.

Shutumon eilte zu ihm, während eine Ladung hart gefrorener Schneebälle auf LadyDevimons frische Brandwunden gefeuert wurden. Die Dämonin schrie gepeinigt auf und schoss auf Chackmon zu, um auch ihn auszuschalten. Dieser konnte ausweichen, hütete sich aber dafür, seiner Gegnerin zu nahe zu kommen.
 

Izumi ließ Piyomon bei Takuya, der sich langsam von LadyDevimons tiefem Tritt erholte, während sie selbst sich dem Digimon entgegenstellte.

Grob packte sie die Dämonin an den langen, weißen Haaren und zog sie zu sich, um ihr eine saftige Ohrfeige zu verpassen. Der darauf folgenden „Antwort“ hielt sie trotzig stand.

Sie konnte LadyDevimon ansehen, dass sie sauer war, aber vielleicht passte es ihr auch nicht, gegen eine andere Frau kämpfen zu müssen, wo ihr die hohen Absätze keinen so großen Vorteil einbrachten wie eben bei Agunimon.

Zudem wusste Izumi mit an Sicherheit grenzender Gewissheit, dass sie der Frau gegenüberstand, die sich noch vor kurzem in ihrem Kopf geschlichen hatte, um sie zu beschimpfen.
 

Chakmon eilte zu Takuya, währen die beiden Frauen ihren Kampf in der Luft ausfochten. Der Vorteil lag klar bei Shutumon, deren Winde sie nicht nur im Flug unterstützten, sondern zudem noch höllisch in LadyDevimons Wunden brannten.

Erst Feuer, dann Eis und schließlich Wind; drei von fünf Elementen, die nicht umsonst gut zueinander passten.
 

Kaum, dass Izumi sich schon sicher war, gewonnen zu haben, verwandelte sich LadyDevimon in eine Wolke Fledermäuse, die allesamt in unterschiedliche Richtungen davon stoben um sich vor weiteren Angriffen zu schützen.
 

Resignierend flog Izumi zurück zu den anderen.

Der wuschelköpfige Feuerdämon schien sich erholt zu haben, auch, wenn er noch immer ziemlich zerknirscht aussah. Sanft nahm Shutumon den Kleinen in den Arm, um ihn zu trösten.

Für sich beschloss sie, dass sie es sein würde, die gegen LadyDevimon kämpfen würde, wenn es erneut zu einer Begegnung kommen sollte.
 


 

~Junpei~
 

Nach einigem Laufen und noch längerer Diskussion war es Kouji gelungen, eines der ausgesprochen dickköpfigen Trailmon zu einer Überfahrt nach Error zu bewegen.

Junpei warf noch regelmäßig Schokolade in Frankens Maul, doch die Hauptüberzeugungsarbeit leistete wohl immer noch BeoWulfmons riesiger Zweihänder, den der Lichtkrieger nachdrücklich gegen Frankens stählernen Rücken hielt.
 

Junpei selbst saß die meiste Zeit mit dem Rest der Gruppe in Trailmons Waggon und führte ein paar seiner Zaubertricks vor. Impmon war hellauf begeistert von Junpeis Vorführung und ließ sich die Tricks solange zeigen, bis er herausfand, wie sie funktionierten.

Nach einigen Stunden erbarmte sich Junpei dann doch und brachte ihm ein paar der Tricks bei.
 

Kouichi hatte sich auf einer der Sitzbänke in eine Decke gekuschelt und versuchte zu schlafen. Soweit Junpei wusste, waren er und Impmon irgendwo eingesperrt gewesen; Kouichi hatte das wohl ziemlich mitgenommen. Oder aber es hatte ihn einfach fertig gemacht, was diese seltsame Stimme, die ihnen scheinbar allen erschienen war, zu ihm gesagt hatte.
 

Renamon saß neben ihm und las mal wieder Zeitung.

„Irgendwas Interessantes?“, fragte Tentomon neugierig, und Renamon schüttelte den Kopf.

„Nicht wirklich… es scheint, als wäre auch nicht bekannt gegeben, dass zwei der Heiligen Engel entführt wurden. Wollen vermutlich niemanden beunruhigen, erst recht nach der Sache mit Deemon…“

„War doch klar, dass die das geheim halten.“, mischte Kouji sich ein, der gerade ins Abteil kam. Schien, als hätte Trailmon endlich völlig eingewilligt, den ganzen Weg nach Error zu fahren.

„Steht da nichts von irgendwelchen Entführungen oder so? Die Kinder, die Deemon entführt hat, sind alle heimgekommen, aber vielleicht sind noch andere verschwunden und irgendwo eingesperrt?“, fragte Impmon.

„So wie du?“, meinte Kouichi besorgt, „Du hast nie gesagt, warum du in dem Turm warst…“

„Ich weiß es ja auch nicht.“, murmelte Impmon, der sich eindeutig bewusst war, dass alle ihm aufmerksam zuhörten.

Er druckste etwas herum, als wüsste er etwas, was er nicht sagen dürfte, dann gestand er: „Deemon war glaub ich nicht das größte Übel. Er war nur so ne Art Lakai, der für so ne komische Frau im Kimono arbeitet… und die befehligt scheinbar auch die Bewohner von Hell Castle.“

Er machte eine Pause und sah sich um, als befürchtete er, jeden Moment für seine Worte bestraft zu werden, doch dann fuhr er fort: „Ich dachte erst, man hätte mich eingesperrt, weil ich sie gesehen habe, aber PiccoDevimon war bei mir, und der wurde nur zu Deemon geschickt. Man hat mir auch nie gesagt, was ich verbrochen habe…“
 

Kouichi stand auf und nahm den kleinen Kobold sanft in den Arm.

„Ist schon gut… wir sind ja jetzt bei dir.“

„Vielleicht hatte es was mit dem Symbol auf deiner Stirn zu tun.“, vermutete Tentomon vorsichtig. Er klappte seine blauen Panzerflügel hoch und entfaltete die durchsichtigen darunter, auf denen mehrere blassviolette Kreise zu einem ähnlichen Symbol verbunden waren. „Das Zeichen auf meinen Flügeln steht für Wissen. Es ist das Selbe, das auf den gelben Digimentals zu sehen ist, aber ich bin nie mit einem von denen in Berührung gekommen. Man sieht meine Flügel zwar normal nicht, aber ich wurde trotzdem angegriffen… Man hat mich dann allerdings einfach liegen gelassen, als der Schrank auf mich stürzte, weil keiner das Ding weit genug anheben könnte und ich es eh nicht vertrage, lange auf dem Rücken zu liegen…“

Er klappte die Flügel wieder zu und sah dankbar zu Junpei hoch. „Du hast mir das Leben gerettet.“

„Ach nicht doch, so ein Schränkchen heb ich doch mit links…“, wehrte Junpei verlegen ab.

Es war ihm doch recht peinlich, dass Tentomon ihn so bewunderte.
 

Impmon sah den blauen Käfer erstaunt an. „Die gleichen Zeichen wie auf den Digimentals…“ murmelte er und berührte das Symbol auf seiner Stirn, „Ich hab auch nie eines von denen gesehen, aber…“

„Es gibt scheinbar mehrere Digimon, die je eines dieser Zeichen tragen.“, meinte Renamon, „Ich war ehrlich erstaunt, als ich Impmon gesehen habe… Aber…“

Er berührte seine eigene Stirn, auf der das Muster die Form einer weißen Seerose bildete. Junpei hatte das bisher für einen Zufall abgetan, aber offensichtlich steckte mehr hinter diesem seltsamen Muster.

„Das Hier ist das Symbol für Licht unter den Wappen. Ich habe noch das Glück, dass es durch mein Fell etwas verschwommen wirkt und nicht so stark auffällt, außerdem bin ich seit einiger Zeit mit den Digirittern unterwegs… vermutlich hat sich Antylamon etwas dabei gedacht, mich mit ihnen auf den Weg zu schicken.“
 

„Wie viele verschiedene Zeichen gibt es eigentlich?“, fragte Kouji, „Und woher kommen sie?“

Renamon suchte eine Weile nach einem passenden Anfang dann erzählte er: „Die Wappen kamen mit den Digimentals eines Tages aus einer anderen Digiwelt zu uns. Die Digiarmoreier sind auf Eiform komprimierte Rüstungen, mit denen Digimon auf spezielle Art digitieren können. Swanmon aus der Stadt des Ewigen Anfangs ist eines dieser Armor-Level Digimon.

Die Symbole auf den Eiern stehen für unterschiedliche Charaktereigenschaften, manche auch für abstraktere Werte. Meines Wissens nach gibt es elf verschiedene:

Mut, Freundschaft, Liebe, Wissen, Zuverlässigkeit und Aufrichtigkeit und Freundlichkeit sind die Symbole, die für starke Charaktereigenschaften stehen. Hoffnung und Licht sind Symbole, die noch durch den Charakter geprägt sind, jedoch nicht so stark dadurch geprägt sind.

Dann gibt es noch die Zwei goldenen Digimentals, Wunder und Schicksal. Allerdings ist deren Existenz nicht wirklich bestätigt.“

„Verstehe… Die beiden sind dann auch total abstrakt, weil man keinerlei Einfluss auf sein Schicksal oder irgendwelche Wunder hat…“, kombinierte Junpei.
 

„Normalerweise nicht.“, meinte Kouji, „aber wir kennen da ja jemanden, der immer irgendein Wunder hervorruft, wenn er eines braucht…“

Er grinste, die anderen beiden Digiritter ebenfalls. Ja, Takuya hatte ein gewisses Talent dafür, unmögliches zu schaffen.
 

„Aber mal angenommen, diese Symbole haben wirklich mehr zu bedeuten“, lenkte Impmon auf das eigentliche Thema zurück, „Was ist es dann, was wir hier für eine Rolle spielen? Und woran liegt es, dass wir zu euch Menschen gekommen sind?“
 


 

~Tomoki~
 

Suchend stromerte der Kleine Junge durch die Einöde des Kontinentes Error. Er glaubte fast nicht mehr, dass es hier irgendwo etwas Essbares gab; und wenn, war es vermutlich giftig oder so.

Wer weiß, was es hier auf Error für fiese Vieren gab, die das Datenmaterial so durcheinander brachten… Wenn es so schon schwer war, seine Elementkräfte unter Kontrolle zu halten, muss nicht auch noch im essen irgendwas sein, was die Daten völlig unbrauchbar macht.
 

Tomoki erinnerte sich noch gut an das Fluchen seines Bruders, als mal irgendein fieser „Trojaner“ all seine Computerprogramme außer Gefecht gesetzt hatte.
 

„Irgendwas gefunden?“, fragte Piyomon, die ihm bei der Suche half.

Resigniert schüttelte Tomoki den Kopf. „Leider nein… Geht es Takuya schon besser?“

„Denke schon, er sieht wieder ganz okay aus. Wundert mich aber nicht, so wie der sich im Moment an Izumi kuscheln darf… Da wird jeder Junge schnell wieder gesund.“

„Ja, vermutlich. Er hat’s schon gut, was?“, meinte Tomoki grinsend.
 

Er sah sich um, halb hoffend, irgendwo einen Apfelbaum zu sehen, als etwas seine Aufmerksamkeit erlangte. Etwas weißes, Lebendiges lag in der Nähe auf dem Boden.

Sofort rannte Tomoki auf das verletzte Wesen zu um zu helfen.
 

Es war ein Gomamon, dessen weiches, weißes Fell ganz voll Blut war. Behutsam nahm Tomoki das zitternde Digimon in die Arme.

„Hab keine Angst… Ich helfe dir, ja? Bei uns bist du in Sicherheit.“

Das Gomamon nickte schwach. Auf seiner Stirn war so was wie eine orange Sonne abgebildet, das Symbol hatte Ähnlichkeit mit dem auf Piyomons Stirn, war aber deutlicher zu sehen.
 

Vorsichtig trug der Junge Gomamon zu ihrem Rastplatz zurück. Izumi hatte von Angewomon Verbandszeug mitbekommen, das konnten sie jetzt gut gebrauchen.

Izumi versorgte den kleinen Seehund so gut sie konnte während Tomoki ihm weiter gut zusprach.

Flamemon hatte sich von der Gruppe gelöst um auf eigene Faust etwas Essbares zu finden.

Vielleicht gelang es ihm ja erneut, in einer scheinbar unwirtlichen Gegend etwas Nahrhaftes aufzuspüren.
 

Als er einige Zeit später mit einem Arm voll fertig gegrillter Fische zurückkam, hatte sich der Seehund schon wieder weitestgehend erholt und war fit genug zu erzählen, was ihm passiert war:

„Ich bin vor einiger Zeit von einem Typen namens Vamdemon entführt und hier eingesperrt worden. Zusammen mit V-mon konnte ich schließlich ausbrechen, allerdings wurden wir erwischt. Ich konnte noch flüchten, er wird wieder gefangen gehalten…“

Er machte eine Pause in der er besorgt zu einem großen Berg blickte, dann fuhr er fort: „LadyDevimon hätte mich beinahe wieder gekriegt, aber dann wurde sie abgelenkt… Ich glaube, ihr wart diejenigen, die sie verjagt haben, oder?“

Tomoki nickte und zerkleinerte einen der Fische, um Gomamon damit zu füttern.
 

Aus irgendeinem Grund fühlte sich der kleine Seehund zu ihm hingezogen.

„Sag mal…“, fragte Tomoki nach einiger Zeit, „Das Symbol auf deiner Stirn, bedeutet das was? Piyomon hat ja so ein ähnliches…“

Die beiden Digimon sahen ihn überrascht an.

„Ja, das bedeutet was.“, antwortete Gomamon, „Es sind die Wappen, die auf den Digimentals drauf sind… Meines bedeutet Mut, das von Piyomon Liebe. Es gibt insgesamt elf davon, aber normalerweise haben die nur die Digimon, die mit den Digimentals digitiert sind…“
 

„Seltsam, dass wir die auch haben, nicht wahr?“, fragte Piyomon, „Gut, dass man es bei mir nicht so deutlich sieht… Ich glaube, Deemon hat es nicht bemerkt. Er hat einige der entführten Kinder an eine Seltsame Lady weitergereicht, weil die solche Symbole hatten. Zum Glück ist er arg kurzsichtig und hat nicht gemerkt, dass ich auch eines habe. Ich glaube, ein V-mon war da auch dabei.“
 

„Aber warum entführen sie euch?“, fragte Izumi, „Ich meine, was steckt hinter diesen Symbolen?“

„Vielleicht etwas, was ihnen gefährlich wird.“, meinte Flamemon, „Oder etwas, das uns stärker macht und deswegen zu uns kommt.“

Er legte den Kopf schief und grinste, als wüsste er es besser. „Oder es bedeutet etwas ganz anderes, und unsere Feinde haben einfach nur Angst, dass es ihnen schaden könnte. Auf jeden Fall sollten wir V-mon befreien, und die anderen nach Möglichkeit auch.“
 

„Hast recht, wir können das ja wohl kaum unter den Tisch fallen lassen.“, beschloss Tomoki, „Weißt du, wo das Gefängnis genau liegt?“, fragte er an Gomamon gewandt.

Dieser nickte und zeigte auf den Berg, den er die ganze Zeit schon angesehen hatte.
 

„Da drin ist eine Höhle, in der wurden wir fest gekettet. V-mon hat ein Digiarmorei des Mutes, deswegen konnte er die Ketten mit Feuer durch schmelzen. Das Symbol auf seiner Stirn ist aber ein anderes, deswegen sind die Bösen auf ihn aufmerksam geworden.“
 

„Worauf warten wir dann noch, lasst uns los!“, entschied Flamemon.

Eine gewaltige Stichflamme schoss aus dem Boden unter ihm und hüllte ihn in Feuer ein. Als dieses sich wieder verzog, stand Vitramon vor ihnen.

„Aufsitzen, wir fliegen da hoch.“, bestimmte er kurzerhand und legte sich auf den Boden, damit die anderen auf seinen Rücken klettern konnten.
 

„Ich bleib vielleicht besser erstmal mit den beiden Digimon hier.“, meinte Tomoki, „Wir wären sonst vielleicht nur im Weg, wenn es zum Kampf kommt.“

„Tomoki hat Recht.“, meinte Izumi, während sie auf Vitramons Rücken kletterte, „Außer Piyomon kann von den Kleinen keiner fliegen. Wir schaffen es sicher auch alleine, V-mon zu befreien, oder?“
 

Vitramon nickte und erhob sich.

„Dann wartet hier auf uns. Wenn wir bei Sonnenuntergang noch nicht zurück sind, kommt uns suchen.“
 

Und mit ein paar gewaltigen Flügelschlägen war der Drache verschwunden.
 


 

~Vitramon~
 

Majestätisch flog der mächtige Drache durch die Lüfte.

Seine brennenden Schwingen trugen ihn sicher auf dem günstigen Luftstrom, den Izumis Kraft ihm schickte, und seine Körperhaltung drückte deutlich aus, dass man sich ihm nicht in den Weg stellen sollte.
 

Schnell fand Takuya die Höhle, die Gomamon ihm beschrieben hatte. Eine Art innerer Kompass schien ihm die Richtung zu weisen, in die er fliegen sollte, wie das Licht seines D-Tectors es sonst tat.
 

Ein kleiner, hundeähnlicher Drache war fest an die Wand gekettet. Sein Rücken war übersäht mit blutigen Striemen, die nur von einer Peische stammen konnten.

Über ihm stand ein Mann, der wie ein Vampir aussah. In einer seiner Hände hielt er einen rot leuchtenden Strang, den er wie eine Peitsche durch die Luft sausen ließ, um den kleinen Drachen weiter zu schlagen.

Vitramons wütendes Brüllen unterbrach ihn in seinem Tun.
 

Erschrocken drehte der Vampir sich um, als Vitramons kräftiger Schwanz ihn auch schon durch die Wand schmetterte. Izumi digitierte zu Fairymon und folgte ihm durch das Loch, um ihn zu bekämpfen.
 

V-mon hing vor Angst zittern in seinen Ketten. Vorsichtig trat Vitramon zu ihm und schmolz das Metall durch.

„Hab keine Angst, Kleiner.“, beruhigte er das Digimon, „Ich bin nicht so böse, wie ich aussehe.“ Er leckte sanft das Blut von V-mons Rücken und hob ihn dann vorsichtig hoch.

Schnell brachte er das verletzte Digimon zu Tomoki, damit der es verarzten konnte, flog dann aber sofort wieder zurück um nachzusehen, ob von Vamdemon noch etwas übrig war, was man rösten konnte.

Ein hilfloses Kind gefangen zu halten und auszupeitschen… Der Mistkerl hatte es verdient, bei lebendigem Leib zu verbrennen!
 

Als er den Ort erreichte, an dem Fairymons Winde am stärksten tobten, stellte er missbilligend fest, dass der Vampir digitiert sein musste; er war riesig geworden, sein Körper war größtenteils mit rotem Fell bedeckt.

Und er war stärker geworden.
 

Fairymon gab zwar ihr bestes, doch ihre Attacken richteten keinen Schaden an.

Stattdessen machte sich VenomVamdemon einen Spaß daraus, das Mädchen vor den Augen LadyDevimons wie einen Spielball herumzuschubsen.
 

Wütend über soviel Arroganz brüllte Vitramon laut auf. Die beiden Teufelsdigimon wandten sich erschrocken in seine Richtung, als Takuya das vertraute Auflodern von Feuer um sich spürte.

„Vitramon Perfect Evolution – Aldamon!“
 

Es ging also doch, einfach eine Stufe höher zu kommen, ohne dazwischen zum Menschen zu werden. Mit einem Triumphierenden Schrei stürzte sich der Feuerkrieger auf Vamdemon, nun ohne weiteres stark genug, es mit einem normalen Ultimate-Level anzulegen.
 

Entsetzt blickte VenomVamdemon dem langen Flammenschweif nach, den Aldamon hinter sich her zog. Viel zu schnell trafen ihn die zahlreichen Feuerkugeln, sodass er ihnen unmöglich ausweichen konnte. Nach vergleichsweise wenigen Treffern brannte bereits sein ganzes Fell, während seine eigenen Attacken zu langsam waren, Aldamon auch nur zu streifen.
 

Fairymon nutzte die Tatsache, dass ihr viel zu mächtiger Gegner abgelenkt war, und nahm sich LadyDevimon vor, die bisher nur lachend zugesehen hatte, als es noch gut für ihren Partner aussah.

„Wie sieht es aus, haben Madamme noch genug Mut, selbst zu kämpfen?“, fragte die Windkriegerin spöttisch, als sie sah, dass die Dämonin verunsichert vor ihr zurückwich.
 

Dem verzweifelten Fledermausangriff wich Fairymon mit Leichtigkeit aus, nur um einen starken Wirbelsturm aus ihren Fingern abzufeuern. LadyDevimon hatte scheinbar Schwierigkeiten, sich in den für sie ungünstigen Winden in der Luft zu halten; mit dem Wind auf ihrer Seite war Izumi in jedem Luftkampf überlegen.
 

Gerade, als die Digi Codes um VenomVamdemons massigen Körper erschienen, schien die Luft plötzlich von einer Bildstörung erfasst. Es gab ein „Pling“, wie bei einer aufpoppenden Fehlermeldung und plötzlich waren die beiden bösen Digimon verschwunden.
 

Verwirrt blickte Aldamon auf die Stelle, auf der Vamdemon bis eben gestanden hatte.

„Was war jetzt das?“

„Keine Ahnung.“, gestand Fairymon, „Schwerer Ausnahmefehler xy?“

„Sowas sagt mein Computer auch immer, bevor er abstürzt…“, murrte Takuya, „Lass uns zu den anderen zurückfliegen.“
 


 

~Kouichi~
 

Franken machte sich sofort im Rückwärtsgang aus dem Staub, kaum dass die Kinder auf Error ausgestiegen waren. Die Landschaft sah düster und unangenehm aus, was durch die sinkende Sonne nicht gerade besser wurde.
 

Die Nacht brach langsam, aber sicher an und hüllte die bizarr geformten Felsen in ein unheimliches, rotes Licht.

„Da hinten scheint etwas zu brennen.“, bemerkte Impmon vorsichtig und deutete durch die Felsen hindurch, wo wild tosende Flammen einen dunklen Berg umhüllten. Ein brennendes Etwas schoss durch die Luft und zog einen Langen Flammenschweif hinter sich her.
 

„Ob die anderen schon hier sind?“, fragte sich Junpei laut.

„Weiß nicht. Aber wenn Takuya hier ist, dann da, wo’s gerade brennt.“, stellte Kouji fest.

„Vielleicht macht er das nichtmal mit Absicht.“, meinte Impmon, „Hier auf Error existiert eine unangenehme Macht, die die Elemente durcheinander bringt. Entweder geht gar nichts oder es kommt zu viel… Es ist schon für normale Digimon schwer, hier ihre Kräfte richtig zu dosieren, deswegen halten sich gerade die Heiligen Engel oder die Legendären Krieger normalerweise von hier fern.“

„Gut, dass wir schon mal gewarnt sind.“, fand Kouji.
 

Ein fieses Kichern ließ die Kinder herumfahren.

Auf einem Felsen nicht weit von ihnen standen zwei unangenehme Gestalten. Eine von ihnen sah aus wie eine Mischung aus Mensch und Spinne, die andere wie eine Mumie.
 

„Wer seid ihr?“, fragte Kouji, der nur einen genervten Seitenblick auf die beiden warf.

„Ich“, sagte die Stimme mit feierlicher Wichtigkeit, „Bin Arukenimon, die Grausamkeit in Person und Schrecken all derer, die sich ein langes Leben erhoffen. Und das dort ist mein treuer Gehilfe Mummymon, ein untoter Handlanger und die Angst in Person! Wir beide sind die unbesiegbaren Boten des Todes, die gekommen sind, um euer wertloses Leben zu beenden!“
 

„Oh mein Gott, wir werden alle Sterben…“, seufzte Kouji mit einer Überzeugung, die selbst dem dümmsten Fiesling gezeigt hätte, dass der beängstigende Auftritt missglückt war.

Junpei unterstützte diesen Eindruck mit einem herzhaften Gähnen.
 

Kouichi dagegen betrachtete die letzten Strahlen der Sonne, die gerade hinter dem Horizont verschwanden. In ein paar Augenblicken würde es so dunkel sein, dass Löwemons Kräfte selbst die von BeoWulfmon übertreffen würden… Und da plusterten sich ein paar mickrige Perfect-Levels so auf?

Die wussten definitiv nicht, mit wem sie sich anlegten…
 

Schon stürzten sich die Beiden Gruselmonster auf ihre scheinbar hilflosen Opfer, bereit zum Angriff.

Die Digiritter tauschten einen letzten Blick, dann zogen alle wie auf Kommando ihre D-Tectoren hervor.

„(Double-)Spirit Evolution!“
 

Mummymons Bandagen wickelten sich fest um die drei Digiritter, bereit, sie zu erdrücken. Dass Löwemon schützend die Arme vor der Brust gekreuzt hatte, würde ihm nicht viel helfen… Dachte zumindest Mummymon.

„Endlich Meteor!“, brüllte der Löwenkrieger und zerriss die Bandagen mühelos. Die Schattenkugel traf Mummymon so hart, dass sie seinen halben Körper digitalisierte, bevor er überhaupt wusste, wie ihm geschah.
 

Auch BeoWulfmon und Blitzmon hatten sich von ihren Fesseln befreit. Schon schwang der Lichtkrieger seinen riesigen Zweihänder durch die Luft und schoss einen leuchtenden Wolf in Richtung Arukenimon, die geblendet die Augen schloss, als der Angriff ihren Körper erfasste.
 

Digi Codes erschienen um die Körper der beiden, doch gerade, als die Kinder sie scannen wollten, ploppte eine Fehlermeldung auf.

„Was soll das heißen, der Grafiktreiber ist kaputt?!“, brüllte Junpei entgeistert, als ihre beiden Gegner einfach in der verpixelten Landschaft verschwanden.
 

Als die „Grafik“ sich wieder normalisierte, was von den Beiden nichts mehr zu sehen.
 

„Der Kontinent heiß wohl nicht umsonst „Error“…“, murmelte Kouji verwirrt und starrte auf die Stelle, an der Arukenimon verschwunden war.
 

„Passiert so was hier öfter?“, fragte Tentomon neugierig.

„Gelegentlich“, meinte Impmon leichthin, „Die werden schon irgendwo wieder auftauchen, wenn sie nicht gelöscht worden sind.“
 

„Ist ja auch egal.“, meinte Kouichi, „Jetzt, wo wir hier sind, sollten wir vielleicht erstmal die anderen suchen, meint ihr nicht?“

Kouji nickte. „Würde mal vorschlagen, wir schauen mal da, wo es eben gebrannt hat. Ich könnte mir vorstellen, dass Takuya da irgendwo war… ansonsten würde ich sagen, bewegen wir uns mal langsam in Richtung Schloss.“
 


 

~Angemon~
 

Traurig sah Angemon auf den feuchten Kerkerboden auf der Anderen Seite der Gitterstäbe. Er hatte aufgehört zu singen, seine Stimme wollte einfach nicht mehr.

Er wusste, was ihn erwartete, wenn die Kinder scheitern würden; Er und Antylamon waren entführt worden, um die Kinder hier herzulocken und vernichten zu können. Würden sie gar nicht kommen oder, wie es der Plan war, vernichtet werden, durften die Teufelsdigimon mit ihnen machen, was sie wollten.
 

Und das Wissen darüber, was man mit ihnen vorhatte, war kein angenehmes.

„Meinst du, die Kinder kommen noch?“, fragte Antylamon leise. Seine Stimme zitterte.

„Bestimmt.“, beruhigte ihn Angemon, „Ich kenne die Kinder. Sie schaffen alles, was sie sich vornehmen. Glaub mir, wir sind bestimmt bald wieder frei. Und die Kleinen da hinten auch“ Fügte er hinzu und ließ sein Licht kurz in Richtung einer weiteren Zelle flackern, in der vier Child-Level Digimon gefangen waren.

Was genau es mit diesen Kindern auf sich hatte wusste Angemon selbst nicht, doch ihre Feindin schien zu befürchten, sie könnten die Digikrieger unterstützen.
 

Lilithmon… Wer immer diesen Teufel aus dem Bereich hinter dem heiligen Tor befreit hatte, in den HolyAngemon sie vor langer Zeit eigenhändig verbannt hatte, wusste sicher nicht, was er damit auf die Digiwelt losgelassen hatte.
 

Diese Ausgeburt des Grauens hatte damals schon genug Unheil angerichtet, was wollte sie nun? Rache für „Lord Lucemon“, den sie damals zu befreien versucht hatte?

Das würde erklären, warum sie hinter den Kindern her war.
 

Und was, wenn ihr diese Rache glücken würde? Wollte sich dann Lucemons ursprünglichen Plan wieder aufnehmen, die Digiwelt zu zerstören, um eine neue, ordentliche Welt aufzubauen, in der es weder Chaos noch Zufall gab?

Nun, soweit sollte es gar nicht erst kommen.
 

Angemon glaube an die sechs mutigen Kinder, die er einst durch die Digiwelt begleitet hatte. Er kannte ihre unglaubliche Stärke, ihren Willen, selbst das Unmögliche zu schaffen.
 

Was hatte Takuya noch mal gesagt, als er gegen Deemon kämpfen wollte? „Das Schwierige erledigen wir sofort, für das Unmögliche brauchen wir etwas länger.“

Allein der Gedanke an den Mut der Kinder ließ Angemon zuversichtlich lächeln.
 

Egal, wie lange es dauern würde; Lilithmon konnte nicht gewinnen.
 


 

~Aldamon~
 

Vielleicht hatte er sich doch etwas übernommen, einfach so Hell Castle zu stürzen; vielleicht hatte er aber auch nicht damit gerechnet, dass sie dort so viele High-Level Digimon erwarten würden.
 

In jedem Fall kam Aldamon nicht ganz so locker mit den vielen Gegnern klar, wie er es gerne gehabt hätte. VenomVamdemon und LadyDevimon waren aus irgendeinem Grund nicht nur topfit, sondern auch um einiges stärker als zuvor, und sie hatten Unterstützung von mindestens einem halben Dutzend weiteren Teufelsdigimon.
 

Aldamons Feuerkugeln hatten bereits das halbe Schloss in Brand gesteckt, doch die gegnerischen Digimon schienen nicht mehr ganz so anfällig darauf wie zuvor. Vielleicht lag es auch einfach daran, dass sie zu viele waren und den Angriffen beständig durch irgendwelche Störungen ausweichen konnten.
 

Ganz verloren war der Kampf jedoch auch nicht, denn die Dämonen hatten auf ihrer Seite fast noch weniger Erfolg. Shutumon und Blizzarmon schafften es mit einer Kombinierten Blizzard-Attacke fast immer, die Angriffe der Gegner hervorragend zu kontern, und wenn doch etwas durchkam, konnte Aldamon ausweichen.
 

Nur konnten sie kaum ewig so weitermachen, wenn sie je bis zum Schloss durchkommen wollten. Die hässliche Spinnenhexe, die ihn von unten andauernd mit giftigen Fäden beschoss, hatte er inzwischen erfolgreich angezündet, und auch die alberne Mumie brannte recht gut. Nur die Angriffe IceDevimons waren ein großes Problem, denn langsam drangen sie trotz des Sturms immer dichter zu Aldamon durch.
 

Gerade, als er ein paar weitere Feuerkugeln auf VenomVamdemon schoss, bemerkte Takuya den riesigen Eiszapfen, der auf seinen Rücken zuraste. Zum Ausweichen war es zu spät, Tomoki war zu weit weg, um eingreifen zu können und die Waffe selbst zu schwer, um sich vom Wind ablenken zu lassen.
 

Takuya sah sich schon aufgespießt auf dem kalten Spieß, als plötzlich eine goldene Klinge auf die eisige Waffe herab fuhr und den Angriff zunichte machte.
 

„Brauchst du vielleicht Hilfe?“, fragte BeoWulfmon mit einem überlegenen Grinsen.

„Nein, ich hatte alles unter Kontrolle.“, erwiderte Aldamon gespielt beleidigt, dann grinste er ebenfalls, „Kann aber nicht schaden, ein bisschen Verstärkung dazuhaben.“
 

Nun wieder komplett wandten sich die sechs Legendären Digikriger erneut ihren zahlreichen Gegnern zu.

Mummymon und Arukenimon waren unversehrt, obwohl die Flammen sie eigentlich schon völlig vernichtet haben sollten, und auch die anderen Digimon schienen noch nicht einmal ansatzweise verletzt zu sein.

Irgendwas stimmte mit denen gewaltig nicht… dass sie immer stärker zu werden schienen, obwohl sie ständig mehr einsteckten, konnte noch daran liegen, dass die Digiritter langsam aber sicher müde wurden; Aldamons Arme fühlten sich bereits so schwer an, dass er sie kaum noch heben konnte um zu schießen, und seine Schultern schmerzten bereits vom vielen Flügelschlagen.
 

Den anderen schien es kaum besser zu gehen, BeoWulfmon fiel es bereits zunehmend schwerer, sein Schwert zu heben.
 

Schließlich führte VenomVamdemon einen mächtigen Angriff aus, der sie alle wie hilflose Puppen gegen die Felswand warf. Takuya spürte, wie sein inneres Feuer zurückging und seine Kraft ihn verließ, und auch die anderen waren wieder zurückdigitiert.
 

Erschöpft und verletzt kämpften sie sich wieder auf die Füße.
 

„Das war’s dann wohl für euch Gören.“, spottete Devimon aus der hintersten Reihe der Angreifer, „Demnächst solltet ihr euch Gegner in eurer große suchen… vielleicht im Sandkasten.“
 

Die Teufel lachten schallend.
 

„Pha…“, murrte Kouji, „Noch ist gar nichts vorbei… wenn ihr Gegner in eurer Größe wollt, sollt ihr sie haben…“
 

Er sah zu Flamemon herüber und dieser verstand, was er meinte.
 

„Hyper Spirit Evolution!“
 

Die beiden Kämpfer richteten sich erneut auf und konzentrierten sich auf ihre Kraft. Takuya ließ sein inneres Feuer erneut so weit es ging auflodern, während Koujis Körper schwach zu leuchten begann.
 

„Erde zu Feuer“, murmelte Takuya und fühlte, wie der Boden unter ihm Energie durch seinen Körper schickte. Das Feuer floss ruhiger, gleichmäßiger als zuvor, seine Kraft hielt sich stabiler.
 

„Stahl zu Licht“, fing nun auch Kouji an. Seine helle Aura verstärkte sich, hin und her geworfen von unsichtbaren Spiegeln.
 

„Holz zu Feuer“, setzte Takuya fort. Das Feuer in und um ihn loderte Knisternd höher, fand Nahrung, die es stärkte und seine Reserven füllte.
 

„Wasser zu Licht“ Koujis helle Aura brach wie durch ein Prisma in verschiedene Farben, schillerte wie die vielen tausend Lichtreflexe auf der Oberfläche eines klaren Gebirgsbaches. Die tanzenden Lichter schmerzten fast schon in den Augen.
 

„Wind zu Feuer!“, rief Izumi. Ein sanfter Windstoß erfasste die Flammen, ließ sie hoch und höher lodern, brachte beständig neuen Sauerstoff, der das Feuer nährte und seine wilde, unbändige Macht entfachte.
 

„Donner zu Licht!“ Junpeis Energie schlug ein wie ein Blitz, der Koujis Licht um ein tausendfaches steigerte. Hell blitzend sprangen die Funken umher, reflektiert und umher geworfen von Wasser und Stahl und auf ein Maß gesteigert, das einen erblinden ließ, wenn man zu lange hinsah.
 

„Eis zu Feuer!“ fiel auch Tomoki mit ein. Die Kälte umfasste die Flammen, ließ sie durch ihre alleinige Anwesenheit heißer erscheinen, als erträglich sein konnte. Inmitten des Eiskalten Polarwindes strebten die heißen Flammen höher und höher, formten einen neuen, mächtigen Körper, der der gewaltigen Hitze den nötigen Platz bot.
 

„Finsternis zu Licht!“, schloss Kouichi. Die Dunkelheit umfing Koujis Körper, seine leuchtende Silhouette schien heller und klarer in der Finsternis, die ihn umgab. Schlank und stolz stand der helle Wolfskrieger auf dem Felsen, während sein starker Panzer sich um den agilen Körper legte.
 

Auch Takuya genoss das Gefühl, die Schwere Rüstung auf seinem muskulösen Körper zu fühlen. Ihr Gewicht gab ihm Sicherheit, ohne ihn zu behindern, denn er hatte Kraft genug, selbst die größten Berge zu versetzen.
 

„KaiserGreymon!“

„MagnaGarurumon!“
 

Sollten die Teufel ruhig noch so oft aufstehen, wenn sie Prügel wollten.
 


 

~Impmon~
 

Während die Digiritter das Begrüßungskomitee aufhielten schwang Impmon sich auf Kyuubimons Rücken und führte die fünf jungen Digimon in das Schloss. Er kannte die meisten Wege in dem düsteren Gebäude, doch wo genau die Engel gefangen gehalten wurden, wusste er auch nicht; es gab viele Gefängnisse, die benutzt werden konnten.
 

Zum Glück waren Kyuubimon und Fladramon gute Kämpfer, die sie notfalls vor unerwarteten Gegnern beschützen konnten. Fladramons Rücken war unter der Rüstung zwar dick bandagiert, doch er schien sich nicht um die Verletzungen zu kümmern.
 

Zurechtkommen würden sie hier also sicher, die Frage war nur, wie lange sie nach den Engeln suchen mussten… Dieses Schloss war definitiv zu groß.
 

„Hey, Impmon!“, die vertraute Stimme ließ den Kobold herumfahren.

PiccoDevimon ließ sich direkt über ihm von der Decke fallen und flatterte heftig mit den Flügeln, als er vor der kleinen Gruppe in der Luft stehen blieb.

Impmon umarmte seinen besten Freund fest, froh, ein bekanntes Gesicht zu sehen.
 

„Ihr sucht die Digiengel, richtig?“, fragte der kleine Teufel frech, „Und die anderen Kinder, die wir ihr Symbole tragen.“

„Ja, genau.“, antwortete Kyuubimon, „Du weißt, wo sie sind?“ Es war mehr eine Feststellung als eine Frage, denn der Fuchs wusste schon, wie die Antwort ausfallen würde.

„Klar. Vielleicht sag’ ich’s euch sogar.“, grinste PiccoDevimon überlegen.
 

„Wenn ich ganz lieb ‚Bitte’ sage?“, fragte Impmon mit einem breiten Grinsen, und PiccoDevimon flatterte vor ihnen davon.

„Hier lang, beeilt euch! Die warten schon ganz ungeduldig auf Rettung.“, rief er, während er in einem finsteren Gang verschwand.
 

Kyuubimon und die anderen folgten ihm eilig die verworrenen Gänge entlang. Trotz seiner kurzen Flügel war PiccoDevimon erstaunlich schnell.

Das Ende eines besonders kalten und feuchten Ganges war in helles Licht getaucht. Impmon brauchte nicht zweimal zu raten, um zu wissen, wer dort gefangen war; ein solch heiliges Licht strahlten nur Engelsdigimon aus.
 

Angemon und Antylamon sahen ziemlich mitgenommen aus, doch ihre Freude über das Auftauchen der Digimon war deutlich zu sehen. Da es keine Schlüssel zu geben schien schmolz Fladramon die Gitter und Fesseln durch, wie er es schon bei seinen eigenen getan hatte.
 

Kaum, dass er frei war, wandte sich Angemon zu einer weiteren Zelle und zerstörte mit seiner Magie dort Schlösser und Ketten. Vier verschüchterte Digimon kamen unsicher auf den Gang; jedes von ihnen trug eines der Digimental-Symbole.
 

„Wir sollten hier verschwinden, solange die Wachen beschäftigt sind.“, merkte Impmon an.

Die Kampfgeräusche von draußen waren vor kurzem verstummt, dem höhnischen Gelächter Vamdemons nach waren jedoch die Falschen am gewinnen.
 

„Das sind sie wohl noch eine Weile.“, beruhigte ihn Angemon, „Ich spüre eine gewaltige Macht erwachen, die für unsere Seite kämpft…“

„Wie wahr…“, stimmte Antylamon zu, „Feuer und Licht erheben sich mal wieder zu voller Größe. Hoffen wir, dass sie auch Lilithmon schlagen können, wenn es soweit ist.“

Er sah die elf Digimon vor ihm durchdringend an, dann meinte er: „Wir sollten fürs erste nach HolyCastle zurückkehren. Hier sind wir den Kindern nur im Weg.“

Angemon nickte und öffnete ein Tor vor sich in der Luft.

„Geht dort hindurch.“, befahl er, „Ich mag einst stark genug gewesen sein, Lilithmon zu verbannen, doch Verbannung währt wohl nie für die Ewigkeit… Selbst, wenn ich wieder zu HolyAngemon digitieren könnte, hätte ich dieses Mal wohl keine Chance.“
 

Die Kinder gehorchten, teils mit ängstlichem Gehorsam, teils widerwillig. Doch sie alle wussten, dass Angemon Recht hatte. Den Kampf dort draußen sollten sie den Menschen überlassen, die die Welt bereits vor Lucemon gerettet hatten.
 


 

~KaiserGreymon&MagnaGarurumon~
 

Die Teufel staunten nicht schlecht, als ihnen so plötzlich zwei Ultimate-Level Krieger gegenüberstanden. Von den Verletzungen und der Erschöpfung war nichts mehr übrig, stattdessen strahlen die beiden Krieger eine Selbstsicherheit aus, die schon an Arroganz grenzte.
 

MagnaGarurumon genoss die entsetzten Blicke seiner vorher so aufgeblasenen Gegner und lud lässig die schweren Kanonen an seinen Armen durch.

„Dann wollen wir mal…“, meinte KaiserGreymon so ruhig, als würde er jeden Tag ein paar Teufel erlegen, und nahm sein großes Schwert in die Hände.

„Nach dir.“, meinte Kouji großzügig und machte eine Einladende Geste in Richtung der Teufel. Greymon stieß sich mit einem mächtigen Sprung vom Boden ab und flog in Richtung Vamdemon, der hilflos zur Abwehr die Pranken hob, als hätte er sämtliche Grundlagen des Kämpfens verlernt.
 

Takuya wusste, dass ihnen ihre Arroganz im Kampf das Genick brechen konnte, doch so lange die Teufel sich von ihnen einschüchtern ließen, war sie eine brauchbare Waffe. Außerdem machte es gewaltig Spaß, sich ab und an ein wenig aufzublasen, wenn man es sich leisten konnte…
 

KaiserGreymons mächtiges Schwert schlug tiefe Wunden in VenomVamdemons riesigen Körper, der durch sein eigenes Gewicht zu plump zum Ausweichen war.
 

IceDevimon, der seinen Verbündeten mit einem Eisangriff unterstützen wollte, wurde von ein paar gut gezielten Schüssen aus MagnaGarurumons Megakanone effektiv aufgehalten. Er schützte sich mit einem Schild aus Eis, bis die riesige Kanone nur noch ein munitionsloses Klicken von sich gab, dann stürzte er sich siegessicher auf den Wolf.
 

Kouji tat einen Moment erschrocken, dann hob er die Linke Hand und eröffnete erneut das Feuer. Die Hardware seiner leer geschossenen Megakanone warf er achtlos von sich, um mehr Bewegungsfreiheit zu haben.

Die schwere Waffe traf zufällig den Kopf eines einfachen Devimon, das bisher nur in der hintersten Reihe gekämpft hatte.

Kouji entschuldigte sich selbstverständlich nicht für das Versehen.
 

„Ich hab immer gewusst, dass er eines Tages mal jemanden mit dem Ding erschlägt…“, meinte Takuya bei sich, während er sein Schwert über dem Kopf kreisen ließ, um Vamdemon endgültig zu erledigen. Als es genug aufgeladen war hielt er es vor sich wie eine Armbrust.
 

Das Feuergeschoss traf sein Ziel mit einer Gewalt, der selbst Vamdemon nichts entgegenzusetzen hatte. Sein Körper ging in Flammen auf, die Digi Codes erschienen, und diesmal verhinderte nichts die Rückverwandlung in ein Ei.
 

Man musste sie eben einfach nur schnell genug besiegen, damit sie keine Zeit zur Regeneration hatten.
 

LadyDevimon stürzte sich wutentbrannt auf den Feuerkrieger, doch sie hatte seinem Schwert erst Recht nichts entgegenzusetzen.

Gerade als Devimon seiner Mutter zu Hilfe eilen wollte, warf MagunaGarurumon ihm seine zweite Schusswaffe an den Kopf, diesmal mit voller Absicht. Der erneute Treffer reichte aus, um den vergleichsweise schwachen Teufel zu besiegen.
 

Anstatt sich darum zu kümmern packte Kouji IceDevimon an den Schultern, um die Kanonen aus seinem Brustpanzer auf ihn abzufeuern.
 

„Wenn die in dem Tempo weitermachten, haben sie die Kerle in fünf Minuten erledigt.“, meinte Junpei vom Seitenrad aus über Tomokis Anfeuerungsrufe hinweg.

„Übertreib nicht.“, wies ihn Izumi zurecht, „Mehr als zwei Minuten brauchen die bestimmt nicht mehr…“
 

Tatsächlich dauerte es nicht einmal mehr eine Minute, die verbleibenden Teufel zu beseitigen.

Doch anstatt sich über den Sieg zu freuen blickten KaiserGreymon und MagnaGarurumon gespannt auf das Schlosstor, wo gerade eine zierliche Frau erschien.

Ihr Gesicht wirkte hübsch, fast freundlich, doch ihre rechte Hand war zu einer hässlichen Klaue verformt und ihre vier Dämonenflügel sowie die bösartige Aura, die sie wie eine dunkle Wolke zu umgeben schien, zeigten, dass man dem schönen Schein nicht trauen durfte.
 

„Sei vorsichtig, sie ist anders als die vorhin.“, warnte MagnaGarurumon, der inzwischen seine schweren Panzerteile komplett abgeworfen hatte.

„Ich weiß.“, erwiderte KaiserGreymon angespannt, „Sie ist vermutlich diejenige, die hier die Fäden zieht…“
 

„Das bin ich.“, bestätigte die Frau mit einer lauten, aber nicht unangenehmen Stimme. Die beiden Elementkrieger zuckten erschrocken zusammen, sie hatten nicht damit gerechnet, aus dieser Entfernung schon angesprochen zu werden.

„Mein Name ist Lilithmon. Ich war eine große Bewunderin des Ehrenwerten Lord Lucemon, den ihr vor nicht allzu langer Zeit kaltblütig ermordet habt.“
 

Lilithmon sprach, als würde sie direkt neben den Kindern stehen, ihre Stimme drang in jeden Winkel des großen Platzes, ohne dass sie schreien musste. Takuya biss unter der Maske die Zähne aufeinander; diese Frau war ihm unheimlich.
 

„Lord Lucemon, der Lichtbringende Engel und rechtmäßiger Herr dieser Welt war immer darum bemüht, uns und allem Leben hier ewigen Frieden und Ordnung zu bringen. Doch anstatt ihm für seine Bemühungen zu danken, vernichtet ihr ihn, bevor ihr sein edles Werk vollenden konnte.“

Sie sah die Digiritter zum ersten Mal direkt an, und in ihren Augen blitzte ein gewaltiger Zorn.

„Wie eure Vorfahren, diese ach-so-legendären Mistviecher, es schon damals getan haben.“
 

„Lucemon wollte diese Welt komplett zerstören und alle Digimon zu seinen gefügigen Sklaven machen! Nennst du das „Ehrenwert“?“, fragte Kouji wütend.

Lilithmon warf ihm einen Blick zu, der dem Wolf das Blut gefrieren ließ.
 

„Rechtfertigung“, meinte sie mit gefährlich ruhiger Stimme, „Steht euch nicht zu.“
 

Keuchend ging MagnaGarurumon in die Knie. Sein Körper zitterte vor unsichtbaren Schmerzen, kalter Schweiß rann seine Schnauze herab.

„Du wagst es?!“, brüllte Takuya wütend und schwang sein riesiges Schwert in Richtung der Frau.

Diese holte lässig mit ihrer rechten Hand aus. Die goldenen Monsterkrallen ließen Greymons Drachenseelenschwert zersplittern, als wäre es aus Glas.

Entsetzt blickte KaiserGreymon auf seine nun leeren Hände.
 

„Ihr hättet euch niemals in Dinge einmischen dürfen, die euch nichts angehen.“, meinte die Höllenfürstin, diesmal mit einem eindeutig drohenden Unterton. Ihre Augen glühten erneut hell auf und Takuya fühlte sich, als wäre er mit vollem Tempo gegen eine Wand gekracht.

Er stolperte rückwärts, da erfasste ihn erneut eine unsichtbare Druckwelle und riss ihn von den Füßen.

Hilflos wurde er gegen MagnaGarurumon geworfen, der durch KaiserGreymons Gewicht gleich mit zu Boden ging.
 

„Verdammt…“, murmelte Kouji, während er sich unter dem schweren Krieger hervorzukämpfen versuchte, „Sie schleudert uns durch die Gegend wie Puppen.“

Takuya bemühte sich, wieder auf die Füße und von Kouji herunterzukommen, aber seine Glieder schmerzten, als wäre er unter eine Dampfwalze geraten.

„Sie ist… einfach zu stark…“, knurrte er.
 

Erneut griff Lilithmon an. Ihre unsichtbare Macht erfasste die beiden Krieger und warf sie wie Spielbälle vor den Augen der anderen zwischen den Felsen hin und her.

Die waren hinter den Felsen in Deckung gegangen und verfluchten den Umstand, dass sie nichts weiter für ihre Freunde tun konnten, als zu beten und ihnen im Geiste beizustehen.
 

In einem finalen Angriff warf Lilithmon ihre beiden Opfer in die Höhe, bis sie weit über den Wolken schwebten. Nicht mehr in der Lage, aus eigener Kraft zu fliegen, würden sie einen Sturz aus dieser Höhe nicht überleben.
 

„Ist das… unser Ende?“, fragte Kouji leise dem brausenden Wind entgegen, als ihm der Kontinent Error im freien Fall immer näher kam. Er spürte KaiserGreymons geschwächten Körper an seinem Rücken, als dieser sanft MagnaGarurumons Hände in die seinen nahm.

„Das muss es nicht.“, meinte Takuya ruhig, „Noch gibt es einen schwachen Funken Hoffnung.“

„Den gibt es immer…“, meinte Kouji niedergeschlagen, „Wir sind zu schwach…“

„Aber wir sind nicht alleine.“, widersprach Takuya bestimmt.
 

Er drückte MagnaGarurumons Hände fester und schmiegte sich an dessen schlanken Körper. Dass der Boden ihnen immer näher kam, schien ihn nicht zu verunsichern.

„Spürst du sie?“, fragte er seinen Freund leise, „Spürst du die Kraft unserer Freunde, die in uns fließt? Die Kraft der Legendären, die uns so weit geführt hat?

Erde, Holz, Wind und Eis zu Feuer; Stahl, Wasser, Donner und Finsternis zu Licht.“

Er schwieg einen Moment, um seine Worte wirken zu lassen, dann führ er fort:

„Und zur Endgültigen Einheit… Licht zu Feuer…“
 

Kouji schloss ergeben die Augen. Er konnte KaiserGreymons heißen Körper ganz nahe bei sich fühlen, und er spürte die Gedanken seiner Freunde und seines Bruders, die ihm Kraft gaben.

Noch war nicht alles verloren… Noch konnten sie auf ein Wunder hoffen. Zuversichtlich erwiderte er KaiserGreymons sanften Händedruck.
 

„Licht zu Feuer.“
 

Ungeheurer Mut und grenzenloses Vertrauen auf ihren Sieg fanden den Weg in Koujis Gedanken, als sein Herz und seine Seele plötzlich mit denen Takuyas im Einklang standen.
 

Feuer und Licht wurden Eins, ein helles, warmes Leuchten, das ihre Herzen und Gedanken mit Hoffnung füllte.
 

Zehn Elemente verschmolzen zu einer allumfassenden Macht, und als zwei Körper zu einem wurden erwachte ein Krieger, dessen Fähigkeiten keine Grenzen gesetzt waren.
 


 

~Susanoomon~
 

Umgeben von einer alles überstrahlenden Aura aus Licht und Wärme schwebte der mächtigste aller Krieger zurück auf den Boden. Mit vor der Brust verschränkten Armen stand er Lilithmon gegenüber, der entschlossene Blick seiner blauen Augen hielt ihrem zornigen Starren mühelos stand.
 

„Wer bist du?“, fauchte die Höllenfürstin, wütend über den provokanten Auftritt ihres neuen Gegners.
 

„Ich“, antwortete dieser ruhig, „Bin Susanoomon, die Einheit.“
 

Lilithmon schnaubte, als wisse sie nicht, ob sie Lachen oder nur den Kopf schütteln sollte.

„Lächerlich.“, urteilte sie, „Einheit? Das ich nicht lache. Einheit von was? Du bist nicht besser als die Gören von eben.“
 

Susanoomon schwieg unter ihrem abwertenden Blick, behielt jedoch seine selbstbewusste Körperhaltung provokativ bei. Als Lilithmons Augen erneut die seinen trafen, fuhr sie ihn wütend an:

„Was soll dieses Arrogante Gehabe? Zeige mir Gefälligst etwas Respekt, oder…“

„Oder was?“, fragte Susanoomon ruhig, „Willst du mich mit deinen Psychotricks fertig machen, wie vorhin die Kinder?“

„Du…“

„Ich bin die Einheit aller zehn Elemente, aus denen die Digiwelt besteht. Meine Macht… ist grenzenlos.“

Susanoomon betonte die letzten zwei Worte mit einem Nachdruck, der klar machte, dass Lilithmon gegen ihn alt aussah.
 

„Du…“, knurrte diese erneut, „Du bist der Kerl, der Lord Lucemon getötet hat?“

„Höchst persönlich.“, bestätigte Susanoomon mit einiger Belustigung über ihren Zorn und deutete eine spöttische Verbeugung an.
 

Lilithmon bebte vor unterdrückte Wut. Ihre Aura erzitterte und schwoll zu beunruhigender Stärke an, ihr hübsches Gesicht war zu einer zornigen Fratze verzogen.

„DU WAGST ES, MICH ZU VERSPOTTEN?!“, schrie sie mit schriller Stimme.

Ihre Aura explodierte, Staub und Felsen flogen durch die Luft wie Pistolenkugeln.
 

Susanoomon war mit einem Sprung bei den anderen Kindern und schützte sie mit seinem eigenen Körper vor den herumfliegenden Gesteinssplittern.
 

Als der Staub sich legte, waren sowohl Hell Castle, als auch sämtliche Felsen und Berge innerhalb eines Umkreises von mehreren Kilometern dem Erdboden gleichgemacht. Susanoomon kniete auf einer absolut ebenen Fläche, die bis zum Horizont zu reichen schien, die vier Digiritter hielt er schützend in seinen starken Armen.
 

„Danke…“, murmelte Kouichi leise, der sich noch immer ängstlich an die Brust des starken Kriegers schmiegte.

„Was… was war das denn?“, fragte Junpei verwirrt und sah sich auf der schier endlosen Fläche um, „Wo sind die ganzen Felsen hin?“

„Zerstört…“, flüsterte Izumi zitternd, „Alles zerstört…“
 

„Ihr solltet euch so gut es geht in Sicherheit bringen.“, meinte Susanoomon ruhig, „Es gibt hier nichts mehr, wohinter ihr in Deckung gehen könntet… Bleibt zusammen, damit ich euch im Notfall beschützen kann.“
 

„Ja, beschütz die Würmer nur…“, keifte Lilithmons Stimme hinter einer verbliebenen Staubwolke, „Es wird euch nichts nützen.“
 

Aus dem Staub trat etwas hervor, das kaum mehr Ähnlichkeit mit der schönen Frau von vorher hatte.

Lilithmon war riesig geworden, ihr rechter Arm und ihre Beine hatten die Form derer eines Reptils. Der violette Kimono hing in Fetzen darüber, ihre Wirbelsäule war zu einem geschuppten Echsenschwanz geworden, der unruhig zuckte wie ein totes Tier.

Aus ihrem Rücken ragten fünf paar zerfetzter Dämonenflügel, ihr schwarzes Haar war lang und stand in wirren Strähnen nach oben. Ihr Gesicht war noch immer zu einer irren Fratze verzogen, aus ihrem Mund standen zwei Reihen schiefer Fangzähne hervor. Eine dicke, hässliche Schlange glitt zwischen diesen hervor, wo ihre Zunge hätte sein sollen.
 

Entsetzt bemerkten die Kinder, dass es diese Schlange war, die sprach.

„Das habt ihr nun davon, mich zu provozieren… seht meine wahre Gestalt und sterbt.“
 

Sie holte mit ihrer Monsterpranke aus um die Kinder in Fetzen zu reißen, doch Susanoomon war schneller. Er stoppte ihre Pranke in der Luft und schlug ihr gleichzeitig die Faust in den Magen.

„Unterschätze mich nicht, Lilithmon…“, warnte er ein letztes Mal, „Und rühr die Kinder nicht an.“
 

Wütend schnappte die Schlange nach Susanoomon, doch dieser wich dem Biss gelassen aus.

Lilithmon griff weiter in wilder Raserei an, doch Susanoomon ließ sich von ihren verzweifelten Versuchen nicht aus der Ruhe bringen.

Mit einem gut gezielten Faustschlag brachte er schließlich den nötigen Abstand zwischen sich und seine Gegnerin, um sein riesiges Kanonenschwert einzusetzen. Die Furie bot durch ihre Größe ein gutes Angriffsziel für seine etwas unhandliche Waffe, und sie hatte in diesem Zustand zu wenig Kontrolle, um effektiv ausweichen zu können.
 

Susanoomon hielt die schwere Kanone mit beiden Armen vor sich und materialisierte die Lichtklinge. Mit einem einzigen Schwung teilte das Schwert ihren Körper sauber in zwei Hälften, die sofort digitalisierten.

Der Krieger scannte die wild umherschwirrenden Digi Codes, während das gereinigte Ei davonflog. Als er sicher war, dass sich keine weiteren Feinde mehr in ihrer Reichweite befanden, zog er sich wieder in die Sphären zurück, aus denen er gekommen war, und überließ den beiden Kindern wieder die für seinen Körper geliehenen Daten.
 

Erschöpft, aber zufrieden sanken Takuya und Kouji zu Boden.

Home, Sweet Home

~Angewomon~
 

Liebevoll umsorgte Angewomon die Kinder.

Es war lange her, dass in Holy Castle so viel los gewesen war, und die Frau fühlte sich bei all den Kindern schnell in eine Art Mutterrolle ein.
 

Unter ihren heilenden Händen waren bald alle Verletzungen verschwunden und während des großen Siegesbanketts kamen die erschöpften Helden schnell wieder zu Kräften. Lilithmon war schließlich mit der vereinten Kraft aller Elemente geschlagen worden, und als Susanoomon zurückdigitiert war, hatte auch Takuya seine menschliche Gestalt wiederbekommen.
 

„Was mich jetzt aber noch interessieren würde“, meinte Kouji irgendwann, „Ist, was es mit diesen Symbolen auf sich hat. Und warum Lilithmon die betreffenden Digimon aus dem Weg haben wollte.“

„Stimmt“, schloss sich Tomoki an, „Schließlich haben sie letztendlich auch nicht mehr getan, als jedes andere Digimon in ihrer Situation auch hätte tun können. Auch wenn nicht jedes Digimon so mutig ist… aber das liegt ja nicht daran, ob sie Wappen an sich haben oder nicht.“

„Ich bin noch nicht mal so mutig, nur weil ich das Wappen trage.“, meinte Gomamon verlegen, „Das muss was anderes zu bedeuten haben.“
 

„Takuya sah vorhin so aus, als wüsste er was.“, meinte Izumi direkt und wandte sich ihrem Anführer zu.

Der schüttelte zwar erstmal den Kopf und deutete auf seinen vollen Mund, schluckte dann aber schnell alles herunter, um antworten zu können.
 

„Die Zeichen haben nichts damit zu tun, dass die Digimon uns unterstützen. Sie waren eigentlich nur bei uns, weil wir sie unterwegs aus Lilithmons Gefängnissen befreit oder gleich vor ihr beschützt haben.“

Er sah sich im Raum um und schmunzelte leicht. „Wobei es natürlich schon zufällig ist, dass jedem das Digimon zugelaufen ist, dass von seinem Element gewählt wurde… vielleicht ne natürliche Anziehung oder so.“
 

„Was meinst du mit ‚Von seinem Element gewählt’“, erkundigte sich Angemon irritiert.

V-mon antwortete ihm, da Takuya schon wieder den Mund voll hatte: „Genau was er sagt, wir sind von den Geistern der Legendären Krieger ausgewählt worden.“

Er grinste und deutete auf das goldene Symbol auf seiner Stirn. „Ich bin vermutlich der einzige, der sich daran erinnert. Mir ist AncientGreymon eines Nachts im Traum erschienen und hat gefragt, ob ich mich noch an meine Inkarnation damals auf dem Mond erinnere. Ich war damals ein Chicomon, noch ganz klein, aber ich konnte mich an mein kurzes Leben erinnern. Und daran, dass damals Menschen bei mir waren.“

Er grinste Takuya an, der sich auch noch daran erinnern konnte, das Baby damals im Arm gehalten zu haben.

„Dann hat er mich gefragt, ob ich den Jungen damals mochte. Wir haben ein wenig geredet, ich weiß gar nicht mehr über was alles, und irgendwann hat Greymon dann erzählt, dass er bald wiedergeboren werden würde und jemanden braucht, der sich um ihn kümmert, während er ein Baby ist und auch später bei ihm bleibt, um im Reich des Feuers nicht so allein zu sein.

Ich sagte, dass ich das gerne machen würde, wenn ich kann.“
 

„Und das Wappen…“, fing Angewomon an, doch V-mon beantwortete ihre Frage, bevor sie sie ganz aussprechen konnte.

„Das Wappen ist nur so ne Art Markierung, auf die sich die Legendären geeinigt haben. Ihre Bedeutung war an sich egal, aber Greymon sagte, dass er das Wappen der Wunder gewählt hat, weil es ihn an Takuya erinnert. Ich verstehe auch, warum.“

Er grinste Takuya an, dieser grinste zurück.
 

„Also hat jeder der Legendären ein Digimon ausgewählt, das Babysitter spielt?“, fragte BigNeemon nach.

„Natürlich, das macht doch Sinn.“, meinte Bookmon überlegen, „Wenn es ihnen nach so langer Zeit endlich gelingt, wiedergeboren zu werden, haben sie natürlich keine Eltern oder Freunde, die sie aufziehen. Und wir können sie kaum alle zehn hier im Palast halten, sie müssen in ihre Hoheitsgebiete um ihre Kräfte richtig zu entfalten.“
 

„Verstehe…“, meinte Piyomon nachdenklich, „Aber dass wir alle zu den Kindern gekommen sind, die die Legendären als ihre Partner betrachten, war Zufall?“

„Mehr oder weniger.“, mischte Renamon sich ein, „Es wird wohl eine gewisse Anziehungskraft gegeben haben, weil wie alle einen gewissen Hang zu den jeweiligen Elementen haben. Ich persönlich halte mich gerne an Orten auf, an denen es viel Licht gibt, also ähnlich wie Kouji. Impmon dagegen stromert wie Kouichi meist mehr an dunklen Orten herum. Auf die Weise ist wohl verständlich, dass wir einander begegnet sind.“
 

„wenn es stimmt, dass die Legendären die Wappen wegen den Kindern ausgesucht haben, dann hab ich vielleicht das des Mutes, weil Tomoki so mutig ist, oder?“, fragte Gomamon.

„Dabei war ich früher so eine Heulsuse…“, nuschelte dieser unhörbar.
 

Leider währte das fröhliche Zusammensein nicht ewig, denn es wurde langsam Zeit, dass die sechs Menschen den Heimweg antraten. Schweren Herzens verabschiedeten sie sich von ihren neuen und alten Freunden und stiegen viele Umarmungen und Abschiedsworte später in das ungeduldige Trailmon Worm ein, das sie nach Hause bringen würde.
 

„Warte, Kouichi!“

Der angesprochene drehte sich noch einmal um. „Was ist?“
 

„Ich… ähm…“, PiccoDevimon saß auf dem Zaun, der neben der Bahnstation stand, und blickte den Jungen unsicher an.

„Ich… also…“, begann er erneut, dann riss er sich zusammen. „Ich kann ja AncientSphinxmon im Moment nicht fragen, also dachte ich, ich wende mich mal an dich, weil… Ich hab im Moment kein Zuhause und so, deswegen wollte ich fragen, ob ich vielleicht mit Impmon ins Reich der Finsternis gehen darf?“
 

Kouichi lächelte nachsichtig. „Klar, von mir aus gerne. Und ich denke, das Spinxmon auch nichts dagegen hätte, wenn du Impmon ein wenig zur Hand gehst.“
 

„Danke… Vielen Dank, Kouichi.“, meinte PiccoDevomon ehrlich.

Es war das erste Mal, dass er sich bei jemandem bedankte, aber es störte ihn gar nicht, dass er gerade mit seinen Prinzipien brach.
 

„Nun steig gefälligst endlich ein, damit wir heute noch loskommen!“, beschwerte sich Worm lautstark, woraufhin Kouichi zusah, dass er in den Waggon kam.

Das Trailmon schnaufte zufrieden und fuhr ab in die Welt der Menschen.
 


 

~Kommissar Inukage~
 

Vier Wochen war es nun insgesamt her, dass die sechs Kinder über Nacht spurlos verschwunden waren. Die Hoffnung der für sie gegründeten Sonderkommission sank stetig, mit jedem Tag wurde die Aussicht, die Kinder lebend zu finden, geringer.
 

Auf der anderen Seite hatten sie auch nichts gefunden, was auf eine Entführung oder einen Mord hingewiesen hätte; noch bestand die geringe Möglichkeit, dass die Kinder weggelaufen waren und sich irgendwo versteckt hielten.

Allerdings glaubte kaum jemand mehr an diese Lösung. Dafür fehlten eindeutig die üblichen Zeichen, die Kinder hinterließen, wenn sie von zu Hause wegliefen.
 

Der einzige, der noch immer nicht aufzugeben gewillt war und weiterhin jeden Tag die betreffenden Plätze aufsuchte, in der Hoffnung, etwas zu finden, was er übersehen haben konnte, war der Leiter der SoKo, Kommissar Inukage.
 

Nachdenklich schlenderte er durch den Bahnhof von Shibuya. Bisher war er fast nur durch den Park gelaufen, in dem die Kinder sich regelmäßig trafen, doch auch der Bahnhof ließ ihn und Wulfen nicht los.

Schließlich fuhren alle Kinder mit dem Zug hierher, wenn sie sich trafen, obwohl sie sich von ihren Eltern viel schneller herbringen lassen konnten.
 

Frau Orimoto hatte ihm zudem gesagt, dass Izumi immer den gleichen Weg hierher fuhr, obwohl es Alternativen gab, die manchmal weitaus schneller wären.
 

Und dann war da noch dieses Gefühl, das dem Kommissar sagte, dass dieser Bahnhof eine bedeutende Schlüsselfunktion in diesem Fall einnahm. In seinem gesamten bisherigen Berufsleben hatte ihn sein Gefühl noch nie enttäuscht, und dass Wulfen genauso dachte, bestätigte seine Gewissheit.
 

Auch heute schien der riesige Schäferhund wieder besonders begierig nach dem Geruch der Kinder zu suchen. Seine große, feuchte Nase klebte fast schon am Boden und schien das Tier wie ein Magnet durch den Bahnhof zu ziehen.

Die Geruchsspuren, die andere Hunde hinterlassen hatten ignorierte er ebenso wie ihr Gebell, während er sich auf seine Arbeit konzentrierte. Wulfen hatte die Seele eines Polizisten, und er liebte Kinder über alles.
 

Plötzlich hielt der Hund in seiner Bewegung inne, als wäre er zu Stein erstarrt, dann fing er plötzlich an, noch viel schneller zu schnüffeln als vorher.

Seine Nase zog ihn in Richtung des Aufzuges und er sein Herrchen hinterher. Er kratzte mit beiden Vorderpfoten an der Aufzugstüre und bellte zweimal, was so viel hieß wie „Aufmachen, dahinter ist etwas“.
 

Inukage betätigte den Schalter, um den Aufzug zu rufen, und gebot seinem Partner zu warten, bis die Türe sich öffnete. Wulfen stürmte sofort in den engen Raum und beschnüffelte ihn ausgiebig, während Inukage ihm folgte.

War das die Spur, nach der sie schon so lange suchten?

War dieser Aufzug der Schlüssel zur Lösung des Falles?
 

Die Türe schloss sich hinter dem Kommissar, der Aufzug fuhr abwärts.

Erstes Untergeschoss, zweites Untergeschoss… Bald lag die U-Bahn weit über ihnen, doch der Aufzug stoppte nicht. Immer weiter fuhr er abwärts, und Inukage fragte sich bald, wo er wohl hinfuhr. Zum Mittelpunkt der Erde etwa?
 

Wulfen hechelte aufgeregt und blickte voller Ungeduld auf die Türe.

Er kannte Aufzüge und wusste wohl in etwa, dass sie einen an andere Orte brachten, auch, wenn er nicht verstand wie. Tiere fragten allgemein nicht nach dem „Wie“, das war etwas, was nur Menschen taten.
 

Mit einem unsanften Aufprall kam der Aufzug schließlich zum Stehen, und als der Rauch sich lichtete fand Inukage sich auf einem runden Sammelbahnhof wieder, auf dem mehrere einspurige Gleise strahlenförmig angeordnet waren.

Auf einem dieser Gleise fuhr gerade etwas ein, das wie ein riesiger Tunnelwurm mit Scheinwerferaugen und riesigen Zähnen aussah, jedoch auch wie eine Maschine, die einen Altmodischen Passagieranhänger zog.
 

Das Wesen – Inukage war sich sicher, dass es etwas Lebendiges war – schnaubte tief, dann öffneten sich wie auf Kommando alle Waggontüren.

Wulfen wollte sofort begeistert losstürmen, als sechs Kinder aus dem Zug stiegen, doch Inukage hielt ihn fest. Schließlich wusste er, wie bedrohlich der große Hund wirken konnte, wenn er einen so stürmisch begrüßte.
 

Als Wulfen jedoch brav Sitz machte, um seinen guten Willen zu zeigen, löste der Kommissar die Leine und ließ den Hund auf die Kinder zu rennen. Er lief sofort auf zwei der älteren Jungs zu, blieb schwanzwedelnd vor ihnen stehen und beschnüffelte sie interessiert.

Einer der Jungen – Kouji, wie Inukage vermutete – hielt dem Hund die Hand hin und streichelte ihn, als dieser daran schleckte. Er war scheinbar mit Hunden vertraut, schließlich hatte er selbst einen. Sein Bruder dagegen wirkte etwas unsicher, als er Wulfens langes Fell streichelte.
 

Der Kommissar trat langsam näher, während Wulfen sich von den Kindern durchwuscheln ließ. Auch Izumi, Takuya und der kleine Tomoki gesellten sich bald dazu, wie die meisten Kinder begeistert von so einem lieben Hund.

Nur der etwas schwerere Junpei hielt sich abseits; vermutlich gehörte er zu denjenigen, die Angst vor großen Hunden hatten.

Inukage sah etwas irritiert zu, wie er dem Wurmartigen Monsterzug ein paar Tafeln Schokolade in das schwer bezahnte Maul warf, bevor das Wesen schnaufend wieder davon rollte.
 

Wulfen lag inzwischen begeistert in Koujis Armen und ließ sich knuddeln wie ein Plüschtier, für ihn war die Mission bereits abgeschlossen und er genoss die Belohnung dafür, die Kinder gefunden zu haben.

Kommissar Inukage dagegen musste noch dafür sorgen, dass die Kinder nach Hause kamen und alles Schriftliche erledigt wurde…
 

Zu seiner Verwunderung trat Takuya direkt auf Inukage zu, als er den Mann bemerkte.

Der Junge musterte sein Gegenüber eine Weile fast verwundert, dann fragte er:

„Sie sind von der Polizei? Wie sind sie hier runter gekommen?“

„Mein Hund hat mich in den Aufzug geführt.“, antwortete Inukage, überrascht, dass der Junge die Fragen stellte, „Wieso der soweit heruntergefahren ist, kann ich mir selbst nicht erklären.“

„Vielleicht, weil wir schon auf dem Weg hierher waren.“, vermutete Takuya, „Dann war es wohl eher Zufall… Na ja, ist auch egal. Haben sie nach uns gesucht oder sind sie nur zufällig hier in der Gegend gewesen?“
 

Inukage blickte den Jungen verwirrt an, soviel Direktheit hatte er noch nie bei einem Kind gesehen.

„Ja, ich habe nach euch gesucht. Ihr seid seit vier Wochen als vermisst gemeldet, eure Eltern machen sich große Sorgen.“

„Vier Wochen?“, fragte Izumi, die nun ebenfalls von Wulfen abgelassen hatte, „Ist das jetzt viel oder wenig?“

„Kommt auf den Standpunkt an.“, meinte Junpei, der noch immer einen großen Bogen um den Hund machte, „Für unsere Eltern ist es sicher viel, aber wenn man bedenkt, wie lange wir weg gewesen wären, wenn diese Zeitverschiebung nicht wäre, ist es wenig.“
 

„Was für eine Zeitverschiebung?“, fragte Inukage irritiert, „Und wo wart ihr überhaupt?“

Die Kinder, diesmal alle sechs, sahen erst den Kommissar, dann Takuya an.

Scheinbar war er so etwas wie der Anführer ihrer kleinen Gruppe.
 

„Würden sie uns glauben, wenn wir ihren sagen, dass wir von so ner Art Engel in eine fremde Welt gerufen wurden, die wir vor drei Jahren schon mal gerettet haben, damit wir sie wieder retten, und dass wir deshalb mehrere Monate in einer von Monstern bewohnten Welt gelebt haben um einige bösartige Dämonen zu besiegen, die dort ihr Unwesen getrieben haben?“
 

Erstmal erschlagen von diesem langen Satz, was sicher Takuyas Absicht gewesen war, sah Inukage die Kinder an. Er überlegte eine Weile. Konnte er das wirklich glauben? Nun, er hatte diesen Monsterzug gesehen, der die Kinder hergebracht hatte… er war tausende von Kilometern unter dem Bahnhof von Shibuya gefahren, in einem Aufzug, der normal nur zwei Stockwerke herabkam.

Und die Kinder waren alle in derselben Nacht verschwunden, als hätten sie sich in Luft aufgelöst…
 

„Glauben… würde ich euch schon.“, sagte er langsam, „Aber zu Protokoll nehmen kann ich das nicht, sonst reißt mir mein Vorgesetzter den Kopf ab.“

„Das denke ich mir.“, meinte Kouji grinsend und knuddelte weiter den freudig mit dem Schwanz wedelnden Wulfen durch.
 

„Nun, zur Not kann ich sagen, dass ihr mir nichts erzählen wolltet.“, meinte der Kommissar seufzend.

Er sah die Kinder eines nach dem anderen an. Sie sahen gesund aus, alle wohlauf und bei guter Laune. Und sie schienen sich nicht ertappt oder bedrängt zu fühlen, weil sie von einem Polizisten gefunden worden waren.
 

„Wie dem auch sei.“, sagte der Kommissar schließlich, „Eure Eltern warten auf euch. Sie haben sich lange genug Sorgen um euch gemacht, deswegen würde ich vorschlagen, ich fahre euch erstmal ins Revier und rufe unterwegs eure Eltern an, dass wir euch gefunden haben, okay?“

„Wir fahren Polizeiauto?“, fragte Tomoki begeistert.

„Ja, ich hab einen Kombi, in dem können sieben Leute sitzen. Wenn ich meinen Kollegen mit der Bahn heimschicke passen wir da alle rein.“ Inukage grinste die Kinder auffordernd an und nicht lange später saßen alle in dem großen Polizeiwagen.
 

Tomoki sah begeistert aus dem Fenster und zählte die Autos, die für sie Platz machten, die anderen fünf waren nach der zweiten Ampel eingeschlafen. Vielleicht war ihre Reise durch diese mysteriöse Welt jenseits des Bahnhofs doch ziemlich anstrengend gewesen…
 

In jedem Fall würden die Eltern froh sein, ihre lang vermissten Kinder wohlbehalten wieder zu sehen.
 


 

~Swanmon~
 

Leise summend goss Swanmon die Büsche in der Stadt des Ewigen Anfangs.

Die vielen bunten Eier gediehen prächtig, aus einigen von ihnen waren bereits Geräusche zu hören und andere zappelten bereits, als ob bald etwas schlüpfen würde.
 

Das schwanenartige Digimon kontrollierte jedes Ei sorgfältig und achtete darauf, dass es allen gut ging. Die geschlüpften Digimon behielt sie in ihrer Obhut, bis die Trailmon kamen, um sie zu den wartenden Eltern zu bringen.
 

An einem Busch nahe dem großen Baum hingen lange Zeit neun Eier, deren Schale aschgrau war und die leer und tot zu sein schienen. Dennoch verschwanden sie nicht, wie es andere tote Eier taten.

Swanmon war überrascht, als diese Eier plötzlich vor ihren Augen Farbe bekamen. Auf jedem der Eier erschien eines der Elementsymbole, auf dem größten sogar zwei.

Neugierig trat das Kindermädchen näher, als Stimmen aus dem Inneren der Eier drangen.
 

„Endlich haben wir es geschafft…“, flüsterte das Ei mit dem Zeichen des Windes. Seine Schale trug ein verschlungenes Muster aus violetten und grünen Pastelltönen, das ein wenig an sanften Wind erinnerte.

„Ja, Zeit wurde es.“, stimmte ein metallisch schimmerndes Ei zu, das das Zeichen des Stahls trug.

„Vermutlich war es Lilithmon, die unsere Wiedergeburt bis jetzt verhindert hat.“, vermutete eine Stimme aus dem Ei des Donners, dessen stahlblaue Oberfläche von goldgelben Blitzen geziert wurde.

„Stimmt, jetzt wo sie besiegt ist, ging es plötzlich ganz leicht.“ Das Ei mit dem Zeichen für Eis war hellgrau und geziert mit verschiedenen Schneekristallen.
 

„Ja, nur irgendwie vermisse ich Takuya… es war angenehm, die ganze Zeit mit ihm in einem Körper zu sein.“, murmelte das schwarzrote Ei des Feuers etwas wehmütig.

„Kann ich verstehen. Mit fehlt Kouji auch irgendwie...“, stimmte eine Stimme aus dem größten Ei zu, das ein marmorartiges Muster aus schwarz und weis trug.

„Ach, du hast ja zumindest noch mich.“, beruhigte eine Stimme aus demselben Ei, „Greymon ist ganz allein da drüben.“
 

„Ihr hängt ziemlich an diesen Menschenkindern, was?“, fragte das marineblaue Ei des Wassers, auf dem weiße Ringe über- und nebeneinander abgebildet waren, dass es wie ein Reigen von Blubberblasen aussah.

„Ist doch verständlich, wenn sie so lange bei ihnen waren.“, meinte das Ei der Erde, dessen Schale aussah, als bestünde es aus verschiedenen Gesteinsablagerungen.

„Lasst und lieber erstmal etwas schlafen.“, schlug die Stimme aus dem letzten Ei vor, das aussah, als hätte man es aus einem Holzblock ausgeschnitten.
 

„Er hat Recht, wir sollten schlafen, bis wir genug Kraft haben, um zu schlüpfen.“, meinte das Ei des Feuers, „Gute Nacht schon mal.“

„Gute Nacht.“

„Nacht“

„Schlaft gut.“

„Ihr auch, träumt was Schönes.“

„Gute Nacht.“

„Weckt mich, wenn es soweit ist.“

„Machen wir. Schlaf gut.“

„Nacht…“

„Und vergesst nicht, euch nach dem Aufstehen die Zähne zu putzen!“
 

Diese letzte Bemerkung aus dem Ei des Holzes blieb von den anderen unkommentiert, und bald schon war aus keinem der Eier mehr etwas zu hören. Swanmon wässerte liebevoll den Strauch, an dem sie wuchsen und freute sich schon darauf, die Kleinen später schlüpfen zu sehen.
 

Dann eilte sie auch schon weiter, um die bereits geschlüpften Babys mit Milch zu versorgen und nötigenfalls sauber zu machen.
 

Es war eine harte Arbeit, sich um so viele Babys und Eier zu kümmern, aber allein schon die vielen, großen Kinderaugen der Kleinen waren Lohn genug für all die Arbeit, und Swanmon würde ihren Beruf um nichts auf der Welt aufgeben.



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Kommentare zu dieser Fanfic (19)
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Von:  Child_of_Time
2009-03-08T19:35:46+00:00 08.03.2009 20:35
waaaaaaah!!! wie Kawaiiiiii!!!!!
ich liiiiebe diese FF!!!! das ist defintiv eine der besten hier auf animexx!!!! ich weiß echt nicht, was ich sagen soll............
ich les sie mir auf jeden Fall noch öfter mal durch........ ich bin echt fasziniert..........
du hast diese Sachen so simpel umgesetzt und erklärt.......... dein schreibstil ist einfach nur geil!!!!
es ist sau schade dass die FF jetzt rum ist!!! sagst du mir Bescheid wenn du nochmal ne Digimon FF schreibst??? *Katzenblick aufsetz*
mach weiter soooo!!!
Engel-chan
Von:  Kyuuo
2009-03-07T20:51:18+00:00 07.03.2009 21:51
toller epilog
ich find den komisar super
er hat gut auf die ganze geschichte reagiert
und die erklärung für die zeichen war auch super
am besten fand ich das gespräch zwischen den eiern
fallst du wieder ne digimon ff schreibs sag bitte bescheid
mfg kyuuo
Von:  MissSilverspoon
2009-03-07T20:22:46+00:00 07.03.2009 21:22
Awwww >3<
Schade, dass die Geschichte schon aus ist, aber was soll ich machen? XD Hätte gern noch das Wiedersehen mit den Eltern gelesen, vor allem, was die dann sagen würden, ihre Kinners nach 4 Wochen quietschfidel wiederzusehen xDD
Ich fand das Kapitel echt superschön, wenn auch ungewohnt kurz, wa? Besonders angetan hat mir die Stelle, wo Kouji mit dem Hund schmust *__* Ich will auch, aber lieber Kouji schmusen XDD *hibbl*

Also, ich les die Geschichte echt immer wieder durch, weil ich sie so schön finde, und danke dir nochmal, dass du sie online gestellt hast, denn so schöne Geschichten sind gar nicht so häufig wie man sie bräuchte <3<3

Salút!
X-Sroboda
Von:  Child_of_Time
2009-02-20T14:06:21+00:00 20.02.2009 15:06
Wow........... dass war mit Abstand das geilste Kapi überhaupt........
der Kampf war ja mal vielleicht hammer.........
und als die Digiritter Takuja und Koji ihre Elemente überlassen haben.......... so hab ich dass nie gesehen......... also, dass die Elemente das Feuer und das Licht auf ihre Weise verstärken........
deine Ideen verbunden mit deinem Schreibstil, das ist fast schon übermenschlich...... ich find die Geschichte sogar besser als Harry Potter oder die Bis(s)-Reihe!!!!!! Und das will was heißen!!!
ich kanns gar nicht erwarten wies weitergeht!!!
mach auf jeden Fall weiter so!!!
lg
Engel_der_Nacht
Von:  Kyuuo
2009-02-19T21:25:10+00:00 19.02.2009 22:25
tolles kapi
super kampf
haben die wappen noch ne bedeutung
freu mich aufs nächste
mfg kyuuo
Von:  Child_of_Time
2009-02-05T12:02:16+00:00 05.02.2009 13:02
aaah Taku-chan ist wieder richtig da^^
find ich supi^^
ich frage mich, was es mit den Digimon auf sich hat, die anscheinend die Wappen aus Adventure auf ihrer Stirn haben....... haben die sie einfach so oder bedeuten sie was???
Das Kapi war wieder mal super geschrieben und spannend, mach weiter so!!!!
lg Das Engelchen
Von:  Kyuuo
2009-02-04T23:15:34+00:00 05.02.2009 00:15
tolles kapi
wer war die stimme
toll dass takuya wieder kämpfen kann und dass er sich mit seinen spirits unterhalten kann
spielen die jungen digimon, die sie getroffen haben noch ne große rolle
freu mich schon aufs nächste
mfg kyuuo
Von:  Kyuuo
2009-01-29T22:05:12+00:00 29.01.2009 23:05
super ff
tolle kapis
wird der kommisar was herrausfinden können
ich find babytakuya süß hoffe aber dass er bald digitiert um seinen freunden helfen zu können
wer hat die engel entführt
freu mich aufs nächste
mfg kyuuo
Von:  Child_of_Time
2009-01-26T18:47:35+00:00 26.01.2009 19:47
uuuuuh ein neues Kapi!!!!!!
wie süüüüüüüüß~
Takuya als kleines Mini-Flämmchen^^ Ein Schnuddelknuddelpupsimups, um es in der Sprache meiner Freundinnen zu sagen^^
Du hast den Übergang in sein Digiei, also da wo er entscheiden konnte, ob er sterben oder wiedergeboren werden soll, echt gut rübergebracht.......... echt supi^^
Freu mich schon total aufs nächste Kap.........
weiter so!!!!!
Engel-chan
Von:  _Roxy-Roku_
2009-01-26T10:21:58+00:00 26.01.2009 11:21
nicht schlecht ^^
hab die Geschichte mit einem schlag durchgelesen ^^
hoffe das bald wieder ein Kapitel folgt ^^
würde mich dann auch sehr über eine ens freuen 3

liebe grüße das Rokuleinchen xD


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