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Drachenherz und Sternenauge

von

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Der Mondlichtdiebstahl

Der Mondlichtdiebstahl
 

Ein schwarzer Schatten schlich langsam und vorsichtig durch die Gassen Zedanias. Er hatte einen Auftrag, einen Auftrag von enormer Wichtigkeit für ein uraltes Volk von Alben und Zauberern, dass ein Scheitern unvorstellbar war. So von der Dringlichkeit getrieben, begab sich der Schatten zu einem imposanten Gebäude. Viele behaupteten, dass dies das schönste Haus der ganzen Stadt war und auch der Schatten musste zu geben, das die Stadthalle sehr beeindruckend war, doch er hatte das schönste Bauwerk bereits gesehen und musste nicht behaupten und glauben, dass es das schönste war. Der alte Höllensaal war ein Relikt aus der Zeit der Isiskinder, aus der Zeit des Albenvolks, dem er nun einen Auftrag erfüllen sollte. Nun dieses uralte Gebäude, an dessen Stein und Glas und auch an seiner Seele die Zeit genagt hatte, wie ein hungriger Riese und doch war es so herrlich, dass einem das Herz aufging, wenn man es nur sah.

Der Schatten duckte sich in die Dunkelheit eines Hauseingangs der Stadthalle gegenüber. Heute war dort eine Versammlung und doch war heute der einzige Tag, der zur Erfüllung des Auftrags möglich war, denn heute verkrochen sich die Wesen, die der Schatten in der Nacht zu furchten hatte, in die tiefsten Winkel die sie finden konnten, denn heute war Vollmond und diese Wesen hassten Vollmondnächte.

Lange musste der Schatten warten, bis die Tore der Halle aufgingen und eine Schar wohl gekleideter Herren hinausströmte und sich in alle Winde zerstreute. Heute hatte niemand Lust noch zu reden, über Belanglosigkeiten, wo man doch gerade über so wichtige Dinge beraten hatte. Nein heute gingen alle Herren sofort nach Hause, denn heute war Vollmond und sie hassten Vollmondnächte.

Nun, da die Halle und das, was der Schatten begehrte verlassen waren, konnte er sich ans Werk machen. Schnell waren der Haken und das Seil, das der Schatten um die Schulter gewickelt hatte, an der Brüstung eines kleinen Balkons an der Seite des marmornen Hauses befestigt. Geschickt, lautlos und rasch kletterte der Schatten hinauf. Seine Herrin, eine Albin, hatte ihm beigebracht, wie er die schöne Glastür öffnen konnte ohne Spuren zu hinterlassen. Leise, wie auf samtenen Katzenpfötchen, durchquerte er das Zimmer, das hinter der Glastür lag, es war ein Schreibzimmer, das wohl einem wichtigen Mann gehörte oder einem unwichtigen, der sich wichtig machen wollte. Nachdem der Schatten das überdimensionierte Schreibstübchen verlassen hatte, schlich er über die Flure zu einer Breiten Treppe, die hinunter in die Eingangshalle führte. Jeder Schritt wurde von dicken Teppichen gedämpft und der Schatten musste sich nicht mehr bemühen leise zu sein. Die Treppe und der Korridor zur Ratshalle waren schnell passiert und bald schon schlüpfte der schwarze Schemen durch eine Seitentür in das Heiligtum der Ratsherren und dort, auf einem Podest lag der Gegenstand, den er begehrte.

Mondlicht lag auf einem schwarzen Seidenkissen und seine silberne Klinge schimmerte in dem Licht, das ihm seinen Namen geliehen hatte. Die weiße Scheide mit ihren schwarzen Schlangendrachen auf der Haut lag neben dem einzigartigen Schwert, das nur die Alben geschmiedet haben konnten. Und so war es auch, Mondlicht war in den Schmieden im tiefen Norden geboren und dort gehörte es auch hin, doch vorher musste es noch seine Aufgabe erfüllen.
 

Khay hatte lang suchen müssen, um einen geeigneten Schlafplatz zu finden. Er lebte schon lange nicht mehr in dem verfallen Lagerhaus, das er als kleiner Junge sein zu Hause genannte hatte. Als er zehn geworden war, haben ihn die anderen verjagt, denn das Haus gehörte den Kleinen, das hatte auch Khay gewusst, aber es war trotzdem schwer den einzigen Ort zu verlassen, an dem man sich geborgen und sicher fühlte.

Nun war Khay kein kleiner Junge mehr, er war sechzehn und man hätte ihn vielleicht als Mann bezeichnet, wenn er nicht wie ein Junge ausgesehen hätte. Er war zwar groß aber dürr und sein Gesicht hatte immer noch etwas Jungenhaftes, Weiches. Seine Augen allerdings wirkten älter und weiser als er wohl je werden würde, denn Straßenkinder wurden selten älter als zwanzig. Doch Khay hatte sich selbst versprochen älter zu werden, er wollte etwas werden, auch wenn er in alten Schuppen und verfallenen Häusern nächtigte, wollte er etwas aus sich und seinem Leben machen.

Er zwängte sich weiter in die Nische, die er nach langem Suchen als geeignet empfunden hatte sein Schlafplatz zu sein. Vor einem Jahr hatte er angefangen auf dem Markt als Lastenträger zu arbeiten, doch waren die Aufträge rar und reichte der Verdienst kaum für eine Mahlzeit.

Erst lange nach Mitternacht war der Junge eingeschlafen. Grausige Träume jagten einander, so dass er sich unruhig in der Enge bewegte und sich regelmäßig den Kopf stieß. Dann wachte er auf und starrte in die Dunkelheit, um sicher zu gehen, dass die Dämonen aus seinen Träumen nicht auch im Wachen auf ihn lauerten. Auch wenn heute Vollmond war und Khay in Vollmondnächten meist besser schlafen konnte, schlief er nur rund zwei Stunden und lang dann bis zum Morgen wach.

Der Himmel hatte sein dunkles Nachtgewand noch nicht ganz abgelegt, da lief Khay schon durch die engen Gassen der verbauten Hauptstadt. Einst, so hieße es zumindest, war diese Stadt einmal ordentlich und geplant. Die sollen gerade gewesen sein und auch ohne Betrüg groß genug eine ganze Familie von drei Generationen aufzunehmen. Doch die war schon lange nicht mehr der Fall. Vor hundert Jahren oder mehr, das wusste keiner mehr genau, rebellierten die Menschen gegen die Alben, die die Obrigkeit bildeten, Isiskinder hatte man das schöne, uralte Volkgenannt. Zu dieser Zeit wurde der größte Teil der Stadt zerstört und das Albenvolk vertrieben. Die Menschen aber hatten weiter Angst und verbrannten die letzten Isiskinder, die noch in Luzieja geblieben waren. Später hatten sie auch den Tausendjährigen Wald erobert und das Volk der Zida’ya ausgelöscht oder zumindest fast, denn einige Wenige sind nach Norden geflohen und dort hin konnten und wollten die Menschen ihnen nicht folgen, denn sie fürchteten sich vor den Drachen, die dort lebten. Drachen und Alben waren seit jeher Verbündete, denn sie sprachen die gleiche Zunge und waren allesamt unsterblich. Nun war die Stadt das was sie nun einmal war, verbaut, verplant, dreckig, schäbig und noch vieles mehr, was niemand zu benennen vermochte.

Khay wusste nur wenig von seiner Heimat und das wenige, da war er sich sicher, war falsch oder unvollständig. Doch was sollte ihn die Vergangenheit Zedanias interessieren, wenn seine Zukunft in dieser Stadt ungewiss war? Eines wusste er aber mit Sicherheit. Die Menschen hatten einen Fehler gemacht, als sie die Isiskinder verfolgt und verbrannt haben. Noch immer brannte ihm die Erinnerung an jenen Tag vor zehn Jahren im Kopf, jenen Tag, an dem die letzte Isistochter Luziejas verbrannt wurde, jener Tag an dem er mit einer Isistochter gesprochen hatte, als sie in seinem Geist war. Damals hatten seine Albträume angefangen und er hatte seit dem keine Nacht mehr durch geschlafen.

Als der Junge die Stadthalle, das schönste Haus der Stadt passierte, sah er etwas für diese frühe Zeit, da die Sterne noch nicht verloschen waren und am Horizont nur ein kleiner Schimmer der Sonne zu erkennen war, seltsames. Dort an den Toren der großen Halle hatte sich eine Menschentraube gebildet. Neugierig näherte er sich der kleinen Menge und lauschte dem angeregten Geschnatter.

„Das Albenschwert wurde gestohlen!“, rief eine alte Frau in die Masse und entsetzte Blicke und Schrei folgten. Die Menge stob auseinander, um die Nachricht zu verbreiten. Das Mondlichtschwert war aus der Stadthalle gestohlen worden, das musste jeder wissen, denn man hatte Angst vor dem Schwert, denn es war den Isiskindern heilig gewesen und dann konnte es nur schlecht sein.

Auch Khay lief los, um zu erkünden was geschehen war, und schon zur Mittagszeit wusste die ganze Stadt über den Mondscheindiebstahl bescheit. Rufe wurden laut, warum man das Schwert nicht schon längst zerstört hatte und am Abend hatte sich erneut eine Masse vor der Stadthalle gesammelt, nur viel größer als am Morgen.
 

Alwin, der Lektor des Ra, saß im Schreibzimmer des Ratsführer und starrte desinteressiert nach draußen, auf die immer weiter anwachsende Menge, während der Ratsoberste ihm versuchte zu erklären wie das Schwert verschwinden konnte.

„Es ist eigentlich unmöglich in die Halle einzudringen und wer würde das Ding schon freiwillig anfassen?“, stammelte der andere und sah Alwin mit einem ängstlichen Lächeln an.

„Ein Alb würde es tun.“, antwortete der Lektor und erhob sich. Er war jung und schon lange im Amt, doch seit ungefähr zehn Jahren war nicht mehr der der er die Jahre davor gewesen war. Alwin zählte fünfunddreißig Jahre, mit zwanzig wurde er zum Lektor gewählt. Er war ein guter Lektor gewesen, keusch und ehrlich, so glaubte man zumindest. Er aber hütete ein Geheimnis, grausiger als alles was man seinen Vorgängern vorgeworfen hatte.

„Aber das ist völlig unmöglich!“, rief der Ratsherr empört, „Es gibt keine Alben mehr in dieser Stadt. Die letzte haben wir vor zehn Jahren verbrannt.“

„Ich weiß!“, zischelte Alwin erzürnt. Er wollte nicht an diesen Tag denken, sie war gestorben und er dazu. „Nun, Mondlicht ist weg und es ist an euch es wieder zu finden. Wenn es wieder da ist wird es in die Obhut der Kirche gegeben, wie es schon längst hätte sein sollen.“

Alwin wandte sich zur Tür, hinter der seine Diener warteten und der gesamte Rat lauschte.

Der Ratsführer begleitete ihn.

„Aber ich begreife nicht, wie es gestern verschwinden konnte. Wir hatten doch eine Versammlung.“, warf er verzweifelt ein. „Außerdem war Vollmond.“

„Warum sollte der Vollmond jemanden daran hindern etwas zu stehlen?“, fragte Alwin nun etwas amüsiert.

Der andere Mann hielt die Luft an. Niemand traute sich in Vollmondnächten auf die Straßen und die, die es taten suchten sich meist schnell eine sichere Zuflucht, denn die Vollmondnacht war den Alben heilig gewesen und dann konnte es nur schlecht sein.

Der Lektor lächelte traurig und öffnete dann die Tür. Seine Diener legten ihm sofort seine purpurne Seidenrobe an und er wand sich noch ein letztes Mal an den Ratsherrn.

„Das Schwert muss wieder gefunden werden.“

Dann schritt er, begleitet von seinen Dienern und einigen Wachen hinunter zur Eingangshalle. Dort bestieg eine Sänfte und trug ihn hinaus. Die Menge brüllte Fragen, doch Alwin ignorierte sie. Ihr Schwert war gestohlen worden, darauf hatte er gewartet. Es würde bestimmt nicht lange dauern, bis es wieder da war und dann hatte er einen Grund es immer in seiner Nähe zu haben.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Drachenwind
2007-03-24T13:50:42+00:00 24.03.2007 14:50
*verwundert umsieht* Ich dachte, ich wäre auch hier spät dran??? Hast du es neu hochgeladen?

Egal. Die Qualität der Story bleibt erhalten *gg*.

Einige Dinge, über die du als Anregung nachdenken könntest: Der Schatten ist immer nur Schatten. Dort würde, rein sprachlich, eine Variation wahrscheinlich besser wirken.
Obwohl die Passage über die Beschreibung des Hintergrunds des Landes/Volkes nicht wirklich lang ist, kannst du dir vielleicht überlegen, wie man sie näher an die Story bringt (weiß nicht, ich regel das zum Beispiel gern über Dialoge). Aber im Grunde war das nur ein gedanke, wo ich es gelesen habe. Du musst es nicht ändern, ist ja wie gesagt bei dir nicht wirklich lang *mit Grausen an die eigenen Passagen denkt...*

Was für Fragen für mich aufgekommen sind:
Wie konnte das weisere/mächtigere Volk erlauben, dass sie verbrannt werden?
Warum wollen sie das Schwert zurück?
Warum hat der Mob nicht im blinden Hass alles zerstört, was mit den Alben zusammen hing?
Und woher kam dieser Hass? Welcher KOnflikt lag ehemals darunter?
Ich denke du solltest einige irgendwann im Laufe deiner Geschichte klären.

Ansonsten vielleicht nochmal auf einige Ausdrucksschwächen hin durchlesen *gg*.

Aber insgesamt muss ich sagen gefällt mir deine Geschichte (zumindets besser als das ein oder andere Fantasybuch, das ich gelesen habe...)


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