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Bergnebel

von

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Lyrux stieß einen Schrei aus und stürzte auf die Lichtung, auf die sie die Hufspuren geführt hatten. Er rannte zu der Feuerstelle in der Mitte des baumlosen Platzes. Mit zitternden Händen fühlte er die Asche des verkohlten Baumes und die Wärme, die sie noch ausstrahlte. Dann stand er langsam auf und suchte auf dem Boden nach Spuren. Etwas abseits vom Feuer, sah er eine tiefe Kuhle im hohen Schnee. Hier hatte jemand gelegen, vielleicht Lienna, der Größe nach zu urteilen. Er schritt weiter und entdeckte neben dem Feuer ebenfalls große Kuhlen, die wahrscheinlich von den Zauberern stammten. An einem Baum fand er eine weitere kleinere Vertiefung im Schnee, vermutlich die von Elar. Sheena erblickte kurze Augenblicke später die Pferde, die verängstigt hinter einem Baum standen und brachte sie zu Lyrux. Sogleich redet er in ihrer Sprache auf sie ein; versuchte Informationen aus ihnen herauszubekommen; doch sie blieben stumm und wieherten nur voller Angst. Doch was sollte er auch von ihnen erfahren? Er wusste, dass die Beiden von den Zauberern gefangen worden waren, die Elar verletzt hatten und er konnte den Fußspuren folgen, die eindeutig die Richtung des Weges verrieten. Die einzige Frage, die er sich nicht beantworten konnte, war die, ob Elar und Lienna wohlauf waren. Er blickte nach Norden in den Wald, den Spuren hinterher, die sich weiter hinten seinem Blickfeld entzogen. Irgendwo da waren Lienna und Elar, in der Gewalt dieser Männer und vielleicht warteten sie auf ihn und Sheena? Vielleicht hatten sie ihm verziehen, in der Hoffnung, dass er sich besann und seine Fehler eingestand und ihnen zur Hilfe kam. Vielleicht…
 

„Komm.“, sagte Lyrux leise und zog an Sheenas Ärmel. „Sie können noch nicht weit sein. Lass uns ihre Pferde an unsere binden und reiten!“ Sheena nickte und tat, was Lyrux vorgeschlagen hatte. Dann schwang sie sich, wie ihr Gefährte aufs Pferd und folgte ihm tief in den Wald hinein. Es war eisig und die Welt schien in dieser Kälte erstarrt. Von den Ästen der Bäume hingen lange Zapfen aus Eis, die die verdorrten Pflanzen anmutig erscheinen ließen. Manchmal hörte man, wie einer von ihnen herunterfiel und klirrend zerbrach, wenn ein Vogel oder Eichhörnchen das gebrechliche Eis streifte. In diesen Momenten spitzte Lyrux angespannt die Ohren und bildete sich ein, Stimmen oder Schritte zu hören. Meistens musste Sheena ihn mit ihren weisen Worten: „Man hört oft nur das, was man hören will.“, enttäuschen und dann wandte Lyrux sich von ihr ab, um nicht weiter darüber zu sprechen.
 

Der Tag zog sich in die Länge und obwohl die Sonne immer höher stieg, schien es nicht wärmer zu werden. Lyrux und Sheena wickelten sich noch einige Tücher um die Köpfe, um ihre Ohren vor der Kälte zu schützen und zogen sich bei einer Rast, weitere Westen unter ihre warmen Mäntel. Die Pferde liefen dicht beienander um sich gegenseitig mit ihren Körpern zu wärmen. Wenn Lyrux und Sheena nicht über Lienna und Elar sprachen, dann über andere, weit entfernte und zurückliegende Dinge. Lyrux wollte viel über Sheenas Kindheit erfahren, doch die Zauberin blieb meist verstockt und sagte nicht viel, wenn überhaupt. Obgleich sie Lyrux sehr mochte – eine Tatsache, die Lyrux nicht übersehen konnte – vertraute sie sich ihm noch nicht vollends an. Während sie so sprach, hatte er das Gefühl, dass es noch einige dunkle Geheimnisse gab, die dieses Mädchen umwoben und das er nicht wirklich erpicht darauf war, sie herauszufinden. Denn wer wusste schon, wie sie darauf reagieren würde?
 

Am Abend erichteten die Beiden einen Unterschlupf aus Tannenzweigen und Decken, die sie auf den Rücken der Pferde ihrer Freunde entdeckt hatten. Als sie sie über ihr Gerüst aus Ästen und Zweigen warfen, durchzog der Gedanke an Elar und Lienna, wieder Lyrux Gedanken. Was ist, wenn sie erforen sind und die Zauberer nur noch ihre Leichen zu ihren Herren schleppen, als Beweis für ihre Ergebenheit und Treue? Er schüttelte den Kopf, als würden diese Hirngespinste so einfach verschwinden. Sheena bemerkte seinen gequälten Ausdruck und trat zu ihm.
 

„Lyrux, egal was du gerade gedacht hast, es war nicht die Wirklichkeit.“, sagte sie und Lyrux blickte sie ein wenig verwirrt an.
 

„Woher…?“, begann er, doch die Stimme versagte ihm und er blickte wieder hinunter auf seine Hände, die den Deckenzipfel mit festem Griff umschlossen.
 

„Ich sehe dir an, was du denkst.“, entgegnete sie wissend und lächelte ihn zaghaft an. „Das ist nicht schwer bei dir. Du stellts deine Gefühle meist offen zur Schau.“
 

„Ich stelle meine Gefühle nicht zur Schau!“, zischte Lyrux und Sheena konnte sich ein Lachen nicht verkneifen, als sie ihn ansah.
 

„Doch, gerade jetzt hast du es wieder getan!“, lachte sie und Lyrux befestigte wütend die Spitzen der Decken am Holzgerüst. Sheena fing sich wieder und wartete einen Moment, bevor sie wieder etwas sagte. „Aber das ist ja gut so. Denkst du, Zauberer, die verstockt und gefühlslos sind, haben viele Freunde? Ich glaube nicht. Und das gilt für alle Wesen Donaras. Ich denke, so wie du bist… bist du in Ordnung.“ Ihre letzten Worte waren leise und zaghaft aus ihrem Mund geflogen, doch berührten sie Lyrux am tiefsten und er warf ihr einen fast dankbaren Blick zu. Einen kurzen Augenblick standen sie still, schweigend und nichts tuend da, dann machten sie sich daran, ihren Unterschlupf auszupolstern und ihr Gepäck in ihn hinein zu verfrachten.
 

Es wurde dunkel und bald konnte man die Hand vor Augen nicht mehr erkennen, so dass Lyrux und Sheena in ihren Unterschlupf krochen und sich auf ihre weichen Decken legten. Ein magisches Feuer zu entzünden, oder den Raum in ihrem Unterschlupf zu erwärmen, hätte zu viel Energie und Kraft gekostet, als das es etwas an ihrer Lage verbessert hätte – so ließen sie es bleiben. Es verging einige Zeit, bis Lyrux Sheena ruhig atmen und leise schnarchen hörte. Er spürte ihren Körper neben seinem, spürte ihre angenehme Nähe. Ganz langsam suchte seine Hand die ihre und berührte sie leicht und zaghaft. Nichts rührte sich, sie schlief also tief und fest. Lyrux drehte sich zu ihr um und strich ganz sanft über ihre Hand, ihren Arm hinauf bis zu ihrem Gesicht, das in der Dunkelheit vor ihm verhüllt war. Doch er brauchte kein Licht, um zu wissen, dass sie hübsch war. Müde ließ er seine Hand auf ihre sinken und dachte an Lienna. Lienna – das Mädchen, nach dem er sich so lange gesehnt hatte. Das Mädchen, dass er immer zu erreichen versucht hatte und das Mädchen, welches sich einem anderen zugewandt hatte. Einem besseren, vielleicht? Bilder schweiften in Lyrux Kopf hin und her. Erinnerungen an damals. Lienna und er am zerstörten Haus seiner Eltern. Lienna und er, als sie bei ihrer Tante im Garten gearbeitet hatten und Lienna ihm ein Lächeln nach den anderen schenkte. Die Hütte im Wald, die sie zusammen entdeckt hatten. Die erste Nacht, die sie dort gemeinsam verbracht hatten und Liennas Angst vor den wilden Tieren. Der Moment, in dem er sie in den Arm nahm, sie an sich drückte und ihr versicherte, immer für sie da zu sein – egal was passieren würde. Die Tage, an denen er ihr die Wälder gezeigt hatte und die Nächte in denen er mit ihr zu den Sternen aufgeschaut hatte. All diese Erinnerungen strömten nun in einem scheinbar nie endenden Strom auf Lyrux ein und blockierten sein weiteres Denken. Das alles war nun vorbei, weil ein dahergelaufener Prinz sich in ihr Leben eingemischt hatte und sich herausnahm, dass Lienna ihm gehöre… das sie ihn liebe. Was konnte er denn schon dagegensetzen? Einen Kuss., dachte Lyrux im nächsten Moment. Er hat sie geküsst, eine Erfahrung, die Lyrux nie gemacht hatte… aber nicht Lienna, sondern Elar hatte geküsst. Sie wollte gar nicht von ihm geküsst werden. Sie ist weggelaufen, nachdem er es getan hatte. Im nächsten Moment dachte Lyrux an Liennas Handlungen, als sie wieder gekommen war. Nett und freundlich war sie zu ihm gewesen, hatte ihm geholfen, sich mit ihm unterhalten und sich um ihn gesorgt. Und um ihn? Wr hatte sich um Lyrux gesorgt, wo er doch genauso gegen die Zauberer gekämpft hatte? Kurz schwiegen die Gedanken in Lyrux Kopf. Sheena. Sheena hat sich um dich gesorgt. Hat sich um dich gekümmert und dir geholfen. Nicht Lienna. Sheena.
 

Ganz kurz entfachte Lyrux auf seinem Zeigefinger ein magisches Feuer und beleuchtete damit ihr Gesicht. Ja, es war hübsch. Im Schlaf sogar noch mehr, als wenn ihre wachen, klaren Augen daraus hervor stachen. Das Licht erlosch und Lyrux Augen konnten nichts mehr sehen. Schließlich durchkreuzten noch einige wirre Gedanken seinen Geist, bevor er dann in einen tiefen und sanften Schlaf fiel, der ihn als seine Sorgen mit einem Schlag vergessen ließ.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  mitsuki11
2008-05-01T22:59:04+00:00 02.05.2008 00:59
Hi

interessane Story bis jetzt!

Bin schon gespannt wie es weiter geht!

LG

Mina


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