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Schlaf

von

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Kapitel 2

Kapitel 3
 


 

„Tatsurou- chan… wenn wir jetzt nicht aufstehen, liegen wir beide die nächste Woche mit einer Lungenentzündung im Bett.“ merkte Yukke an, schob den anderen ein wenig von sich, um ihm schief ins Gesicht zu grinsen. Tatsurou knurrte nur etwas unverständliches, und zog vor Kälte zitternd den warmen Körper Yukkes’ wieder näher an sich. Da mit dieser Art von Unterstützung wohl nicht zu rechnen war, zog der blonde Bassist seinen Sänger einfach erbarmungslos hoch und legte sich dessen Arm um seine Schulter. Langsam gingen die beide in dem dämmernden Licht bis zum Ende der riesigen Stahlbrücke. Dort angekommen versuchte Yukke ein Taxi heranzuwinken, aber an diesem frühen Sonntagmorgen war kaum Verkehr und deshalb mussten sie zu Fuß weitergehen. In drei Stunden würde die Rainbowbridge ein autoverstopftes, hupendes Verkehrchaos sein. Aber jetzt hörte man– abgesehen von einigen vorbeifahrenden LKW- nur den Wind, der zwischen den Stahlstreben der Brücke und den angrenzenden Hochhausschluchten rauschte.

Trotz der Gefahr, erkannt zu werden, entschied sich Yukke den nächsten U-Bahnschacht hinab zusteigen und den Frühzug zu nehmen. Es war zu schwer, den anderen die ganze Zeit zu stützen, denn Tatsurou war körperlich und geistig vollkommen erschöpft und konnte kaum noch selbst laufen. Er stolperte immer wieder über seine eigenen Füße und zu seiner Müdigkeit war auch noch ein leichtes Zittern hinzugekommen. Die vergangene Nacht hatte ihnen beiden sehr zu schaffen gemacht, doch Yukke versuchte das beängstigende Bild von Tatsurou auf dem Geländer stehend, in den Abgrund hinab sehend, wenigstens solange zu verdrängen, bis sie in seiner Wohnung angekommen waren. Er wollte nicht in der Öffentlichkeit Aufsehen erregen und womöglich am nächsten Tag in der Boulevardpresse erscheinen. Deshalb versuchte er seine Gedanken abzulenken und starrte auf den Monitor gegenüber dem Bahnsteig auf dem eine freundliche Nachrichtensprecherin die Wettervorhersage vorlas. Sie erzählte, dass der leichte Regen und auffrischende Seewind der vergangenen Nacht sich den nächsten Stunden durchaus zu einem ausgewachsenen Unwetter entwickeln würde und riet den Menschen an diesem Sonntag lieber daheim zu bleiben.
 

Yukke mochte schlechtes Wetter, denn dann war es besonders gemütlich sich in der Wohnung einzukuscheln und einfach nur nichts zu tun als dem Regen zuzuhören, dessen Prasseln die Geräusche der Stadt vollkommen übertönte. Ein Privileg, welches er in letzter Zeit ausgesprochen selten wahrzunehmen konnte, denn sie waren den ganzen Sommer auf Tour gewesen. Es war allerdings sehr zweifelhaft, ob er heute dazu kommen könnte.

In dem Moment als er diesen Gedanken hegte, schoss die U-Bahn heran und hielt quietschend an. Genau vor den beiden wartenden Männern öffneten sich die automatischen Türen mit einem leichten Zischen und sie betraten den Zug. Die Bahn war kaum besetzt, sodass die beiden in einem fast leeren Wagen saßen und es gar nicht auffiel, als Tatsurou mit dem Kopf auf Yukkes Schulter einschlief und im Schlaf einige Tränen verlor.
 

Nach zwanzig Minuten Fahrtzeit kamen sie in dem Viertel an, wo ihre beiden Wohnungen lagen. Glücklicherweise befand sich die Haltestelle direkt gegenüber dem Wohnhaus, in welchem Yukke lebte. Weiter als über die Straße und in den Fahrstuhl hätte er den größeren Mann unmöglich transportieren können, denn mittlerweile musste er Tatsurou beinahe tragen. Jetzt ärgerte er sich fast, dass er nicht auf Satochis Angebot eingegangen war, mit ihm in das Fitnessstudio zu gehen, in dem der Drummer Stammgast war. Nachdem sie endlich vor der Haustür standen hatten sich solcherlei Gedanken allerdings vollständig aus Yukkes Kopf verflüchtigt und er wollte nur noch schlafen. Mir einer Hand wühlte er in seiner Hosentasche nach dem Schlüssel und mit der anderen hielt er Tatsurou fest, der jetzt gegen die Wand lehnte.

Yukkes Wohnung war klassisch japanisch eingerichtet, mit Tatamimatten auf dem Fußboden, Wandschränken und Schiebetüren. Die Wände bestanden allerdings nicht aus Papier, sondern waren nur damit verkleidet. Dies war besonders im brütend heißen und feuchten Sommer Tokyos angenehm, nützte aber auch seiner Nachbarschaft, denn Yukke liebte es mitten in der Nacht auf seinem Bass zu klimpern. Die Strenge der beiden großzügig geschnittenen Räume wurde allerdings durch die beiden riesigen Regale aufgelockert, in denen Yukke seine Bearbricks Figürchen sammelte und durch den halb offen stehenden Schrank, aus dem einige bunte Hawaiihemden hervorstachen.

Völlig erschöpft zog er Tatsurou in das Schlafzimmer, legte ihn auf seinen Futon und deckte ihn zu. Zu kaputt, um noch seinen Gästefuton aus dem Wandschrank zu ziehen, schnappte er sich eine weitere Decke, zog sich und Tatsurou noch schnell die Schuhe aus, legte sich neben den Sänger auf die Matratze und schlief sofort ein.
 

Gegen Mittag wachte Yukke durch das Klopfen der schweren Regentropfen an den Fenstern auf. Wie vorausgesagt, hatte der Taifun die voll Stadt erwischt und schwarze Regenwolken entluden sich in strömenden Regenfällen über Häusern, Autos und Menschen.

Neben sich spürte er die Hitze eines Menschen, der sich im Schlaf ganz dicht an seinen Rücken gerollt hatte. Yukke drehte sich vorsichtig um und betrachtete Tatsurous Gesicht. Er wirkte so friedlich. Kaum zu glauben, dass das der gleiche Mensch war, der die Nacht zuvor auf der Brücke stand. Voller Sorge dachte er über ihre unsichere Zukunft nach und beschloss für sich, dass er Tatsurou jetzt unmöglich allein lassen konnte, aus Angst, sein Freund würde sich wieder etwas antun.

Er wollte dem Schlafenden einen fast schon mütterlichen Morgenkuss auf die Stirn geben, aber als Tatsurou im Schlaf wie ein kleines Kind die Stirn runzelte, hauchte er ohne nachzudenken einen Kuss auf seine Lippen. Durch sein eigenes Tun erschrocken, zuckte Yukke zurück und berührte fassungslos seine eigenen Lippen. Was hatte ihn da überkommen? Vollkommen verwirrt stand er auf und ging ins angrenzende Badezimmer.

Die kalten Fliesen waren angenehm kühl. Er presste seine vor Aufregung erhitzte Stirn dagegen und atmete tief durch. Erst jetzt bemerkte er, dass er am Abend zuvor erkältet hatte und schob seine Gefühlsverwirrung auf die fiebrig verstörten Gedanken.
 

Eine heiße Dusche half ihm, seinen Geist etwas zu ordnen und für die folgenden Tage zu planen. Bestimmt hatte sich Tatsurou ebenfalls erkältet, also musste er Medikamente kaufen, denn für einen Sänger war eine Erkältung oder gar eine Bronchitis viel problematischer. Außerdem musste er einige Klamotten für ihn besorgen, denn der große Mann würde in einer von Yukkes Hosen ziemlich lächerlich aussehen. Der Bassist musste unwillkürlich lächeln, als er sich vorstellte, wie Tatsurou in einer extremen Hochwasserjeans aussehen mochte. In ihrem Beruf mussten sie zwar öfters seltsame Kostüme tragen, aber sie hatten zu Beginn ihrer Karriere gemeinsam beschlossen, es nicht zu übertreiben. Eine kalte Hand krampfte sich um Yukkes Herz, als ihm wieder einfiel, was ihm gestern Nacht von Tatsurou berichtet wurde. Vielleicht würden sie nicht mehr zusammen Musik machen können, wenn es Miya wirklich gelang, den Sänger aus der Band zu werfen.
 

Ein kurzer Blick in das Schlafzimmer verriet ihm, dass der andere immer noch fest schlief. Yukke beeilte sich, bei dem schlechten Wetter ins Krankenhaus zu gelangen, um dort Medizin für sich und Tatsurou zu besorgen und dann schnell ein paar Straßen weiter in dessen Wohnung einige Dinge einzupacken. Den Schlüssel für die Wohnung hatte er aus Tatsus Jackentasche gefischt und jetzt stand er pudelnass darin und sah sich um.

Wie zu erwarten, herrschte ein unfassbares Chaos. In dem kleinen Wohnzimmer stapelten sich Türme von Comics und Manga gen Himmel. Überall lag schmutzige Wäsche auf dem Boden, unterbrochen wurde diese Potpourri an Kleidung, von einem Haufen CDs, DVDs und Büchern. Der blonde Bassist stakste wie ein Flamingo durch das Gewühle und bemühte sich, auf nichts zu treten, was mehr als 100 Yen kostete, als er zum Kleiderschrank trat und ihn aufschob. Eine ganze Ladung weiterer Gegenstände fiel ihm dabei entgegen; Aufräumen bedeutete für Tatsurou immer nur, alles in den Schrank zu werfen, um ihn dann schnell zu schließen und alles zu vergessen. All das verwunderte Yukke nicht besonders, schließlich hatte er schon einmal in einer Wohngemeinschaft mit diesem Schlamper gelebt. Schnell packte er ein paar von den wenigen sauberen Kleidungsstücken in eine Sporttasche. Auch an einige Utensilien aus dem Badezimmer dachte Yukke und war schon fast zur Tür hinaus, als er auf einer kleinen Kommode etwas Glänzendes sah.

Es war Tatsurous Brille. Früher, in der Schule hatte er sie immer getragen, aber ein Stylist der Plattenfirma hatte ihm zu Kontaktlinsen geraten. Auf Konzerten waren diese in der Tat auch viel praktischer, denn so konnte er seine ekstatischen Tänzchen auf der Bühne aufführen, ohne sich Gedanken um die Gläser zu machen. Und auf der letzten Tour hatte er sogar ganz vergessen, sie einzustecken. Auf diese Weise konnte er auch nicht vergessen, sie beim Schlafen abzunehmen und niemand konnte darauf treten, wenn sie ihm in den engen Schlafkojen der Tourbusse nachts von der Nase fiel. Ein wenig bedauerlich empfand das Yukke, denn er war immer der Meinung gewesen, dass Tatsurou mit der Brille besser aussah. Er steckte also die Gläser für ihn ein und machte sich schnell wieder auf den Weg, durch den strömenden Regen, zurück nach Hause.
 

Vollkommen durchnässt erreichte er seine Unterkunft und nahm eine weitere heiße Dusche, um seine wie Espenlaub zitternden Glieder wieder aufzuwärmen. Dadurch wacht nun endlich auch Tatsurou auf uns schaute sich verwirrt um. Er kannte zwar Yukkes Wohnung, hatte aber noch nicht oft dort übernachtet, war zudem im ersten Moment schlaftrunken und deshalb etwas orientierungslos. Erst als Yukke mit nassem Haar aus dem Bad kam, erkannte er, wo er sich eigentlich befand.

„Yu- kun?...“, fragte er leise und musste dabei husten.

„Ich hab dich in meine Wohnung gebracht. Hier“, er reichte Tatsurou ein Glas Wasser und zwei Tabletten „nimm das, du bist erkältet.“ Der Sänger schluckte gehorsam die Medikamente.

„Ich habe ein paar Sachen aus deiner Wohnung geholt, als du geschlafen hast. Du kannst eine Zeit lang hier bleiben, wenn dir das recht ist.“ Der blonde Bassist schaute besorgt auf den anderen Mann hinab, der wie eine Puppe auf dem Futon saß und die Tapete fixierte. „Aber ich denke… dass vielleicht zu noch jemandem gehen solltest. Keinem normalen Arzt wegen der Erkältung oder so, sondern zu einem Spezialisten, einem Therapeuten oder so-“

„Nein! Nein! Alles nur kein Psychoheini der, der …“, Tatsurou konnte seinen Satz nicht beenden, drehte sich ruckartig zu Yukke und sah ihn mit panischen, fieberglänzenden Augen an.

„Bitte! Yu- kun!“

„Rou- chan… ich will dir doch nur helfen. Gestern, da…“, Yukkes Stimme versagte, als er jetzt direkt mit Tatsurou und den vergangenen Geschehnissen konfrontiert wurde.

„Neinneinnein“, murmelte der sonst so schlagfertige Tatsurou mit heiserer Stimme und ließ sich nach hinten in die Kissen fallen. Er hatte schreckliche Angst vor Ärzten und aus einem irrationalen Grund besonders vor Psychologen. Dies war Yukke schon früher aufgefallen, als sie sich scherzhaft darüber unterhielten, dass Künstler alle sowieso irgendwann in der Klapse landen würden und der junge Sänger sich furchtbar darüber ereifert hatte.

Nun starrte er die Decke mit einem unendlich traurigen und ängstlichen Ausdruck im Gesicht an, und unbemerkt flossen ein paar Tränen seine Wange hinab und fielen auf den weißen Stoff.
 

Dieser Anblick war kaum zu ertragen, sodass Yukke sich umdrehte und in die Küche stolperte. Dort stütze er sich auf der Anrichte ab und atmete tief durch. Die Anspannung und der Stress des vergangenen Tages fielen von ihm ab, er begann beinahe lautlos zu schluchzen und fiel auf die Knie.
 


 

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So jetzt mal Kapitel 3. Die Fic wird wahrscheinlich eine ganze Ecke länger, als ich gedacht hab, aber man kann irgendwie nicht mehr aufhören mit schreiben *g*. Mit diesem Chapter bin ich nicht so wirklich zufrieden, es passiert so wenig.. ich wollte aber meine netten Leser nicht solange warten lassen (in den nächsten beiden Kapiteln verspreche ich aber mehr Action), aber hey- dafür gabs nen Kuss^^.



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Kommentare zu diesem Kapitel (5)

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Von: abgemeldet
2007-02-06T06:59:28+00:00 06.02.2007 07:59
*_* oh......mehr! XD

das is toll ^^
eine ff ganz nach meinem geschmack
ich fands witzig als yukke in tatsus
wohnung war und auf nichts treten wollte
was über 100yen gekostet hat XD

mach weita,
ich werd das nächste kapi 100 pro lesen ^_~
Von:  AmanoShinji
2007-01-29T20:31:41+00:00 29.01.2007 21:31
wie immer ein genuss...^^
weiter so.... ich will mehr von deiner ff...^^

inhaltlich hat es mich richtig gefesselt.... und da ich den ihnalt des nächsten kapis schon (weniger als mehr)kenne, freu ich mich um so mehr auf deine ausarbeitung....^^
Von:  momo66
2007-01-27T20:57:16+00:00 27.01.2007 21:57
Ja stimmt schon das nicht so viel passiert ist aber ich fands trotzdem schön.
Freu mich schon auf das nächste Kappi^^
Von: abgemeldet
2007-01-27T16:22:41+00:00 27.01.2007 17:22
Es passiert nicht so viel in diesem Kapitel aber es ist überhaupt nicht langweilig,im gegenteil ^^
Ich mag das Kapitel sehr^^
Schreib bitte bitte bald weiter^^
Von:  Tattoo
2007-01-26T19:27:28+00:00 26.01.2007 20:27
auch wenn diesmal nicht so viel passiert ist schaffst du es trotzdem, dass es absolut nicht langweilig wird. ich jedenfalls finde das kapitel genauso toll geschrieben wie die beiden anderen!^^ weiter so!! (^_^)v


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