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Never Die

von

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Never Die
 

___________________________________Prolog_____________________________
 

Gelassen und zufrieden saß Kaoru, der Bandleader von Dir en Grey, in einem Sessel und richtete sein Augenmerk auf einen Stapel wild zusammengewürfelter Zettel, der nur zwanzig Zentimeter entfernt von ihm auf einem Tisch lag. Er beugte sich leicht nach vorne und griff nach dem ersten Zettel, der ganz oben auf dem Stapel lag. Ganz vertieft las er die Zeilen, welche eins der neune Lieder von Diru bildeten. Kyo hatte sich mit seinen ausdrucksstarken Texten mal wieder selbst übertroffen, so fand es Kao zumindest. Gemeinsam hatte sich die Band ins Tonstudio begeben, um noch einmal für ihr neuestes Album „The Marrow of a Bone“, das Anfang nächsten Jahres herauskommen sollte, einige Lieder zu überarbeiten und neu aufzunehmen. Mit dem neuen Album würden auch wieder neue Konzerte starten, sie planten wieder in Deutschland und in den USA aufzutreten, doch Genaues stand noch nicht fest. Es war kurz nach zwei Uhr, als es zaghaft an der Tür klopfte und Kao mit einem lauten „Ja“ den Besucher hereinbat. Ganz langsam wurde die Tür geöffnet und Kaoru hätte am liebsten laut geschrieen ob das heute noch was werden wird, aber dann riss er sich doch zusammen, man wusste ja nie, wer auf der anderen Seite der Tür stehen konnte. Außerdem musste er, als Ältester Verantwortung zeigen und nicht wie ein kleines Kind herumnörgeln, das ihm die Tür nicht schnell genug geöffnet wird. Kaoru war ja sozusagen ein Aushängeschild von Dir en Grey, zwar erwartete keiner der anderen Members von ihm sich in die Rolle des Papa Schlumpfs zu drängen, aber es machte ihnen auch nicht viel aus, dass Kao meistens alles in die Hand nahm und bei vielem das letzte Wort hatte. Zwar war die Meinung der anderen Mitglieder auch ausschlaggebend, aber bei Meinungsverschiedenheiten klärte der Leader wie es gemacht wurde. Aber zurück zu Kao, der auf das Eintreten einer unbekannten Person wartete.

„Hallo Kaoru-san?“

„Hm?“

Ein kleiner gedrungener Mann steckte seinen Kopf durch den Türschlitz und schaute unsicher zu Kaoru rüber. Er hatte schon viel darüber gehört, dass Kaoru es hasste bei der Arbeit gestört zu werden und war deshalb auch so schüchtern und versuchte ja nicht den Leader wütend zu machen.

„Was gibt es denn?“, fragte Kao, ohne von dem Liedtext aufzuschauen.

„Ich hab hier ein Schreiben für Sie, das gerade mit der Post kam.“

„Legen Sie es auf den Tisch, ich schaue es mir gleich an, danke. Sie könne wieder gehen.“

Das brauchte Kaoru dem Mann nicht zweimal zu sagen, binnen kurzer Zeit hatte er das Schreiben auf den Tisch gelegt und war auch schon wieder weg.

Kao überflog noch einmal den Text, den er in der Hand hielt und legte ihn dann zurück auf den Stapel. Normalerweise wurde keine Post ins Tonstudio geliefert, die ganzen Fanbriefe, Werbeangebote und was sonst noch so anfiel, wurde zum Management geschickt. Deshalb wunderte sich der Leader auch über den Brief. Er nahm ihn vom Tisch und schaute sich den Absender an. Keiner drauf! Auf den Empfänger warf er nur einen kurzen Blick und bemerkte somit nicht, dass der Brief gar nicht an ihn adressiert war. Denn der Straßenname stimmte nicht überein. Ursprünglich sollte er in die Nishiganstrasse und ist stattdessen in die Nishigunstrasse gelandet, genau da wo sich das Tonstudio der Dirus befindet. Schnell riss Kaoru den Brief auf und las sich den Inhalt durch. Zuerst schaute er etwas komisch, dann verfinsterte sich sein Blick und mit lauter Stimme schrie er: „Toshi!“ Doch dieser konnte ihn unmöglich durch die geschlossene Tür hören, was Kaoru schließlich auch auffiel. Somit stand er wütend auf und knallte die Tür auf.

„Toshi! Toshimasa Hara, komm sofort hierher!“

Keine Reaktion. Entweder hörte Toshi ihn nicht oder er wollte ihn nicht hören. Wo steckte dieser Kerl nur? Die Frage konnte sich Kao auch gleich selbst beantworten, er saß wahrscheinlich mit den anderen irgendwo und sie machten Blödsinn, wie immer. Er ging durch den Flur und rief weiter nach Toshi, bis sich schließlich eine Tür öffnete und Toshi perplex aus dem Raum trat.

„Wieso in aller Welt schreist du, als würde die Welt untergehen? Ich bin doch hier, kein

Grund zur Panik.“

Grinsend schaute der Bassist seinen Freund an und verstand beim besten Willen nicht, weshalb sich dieser so aufregte.

„Tu nicht so unschuldig! Du weißt ganz genau was los ist. Ich hab gerade diesen Brief

bekommen, in dem steht, dass du eine Villa oder irgendein schniekes Haus gewonnen hast.

Hast du wieder bei irgendwelchen Preisausschreiben mitgemacht? Du brauchst dir gar nicht

erst wieder ein Lüge auszudenken!“

Darum ging es also, hätte er auch gleich sagen können.

„Sorry! Aber ich hab diesmal wirklich nichts damit zu tun. Das schwöre ich dir, warum

sollte ich ein Haus gewinnen wollen?“

Diese Frage konnte Kao ihm nicht beantworten, aber er wusste wozu der quirlige Bassist fähig war. Einmal hatte er sich einen Spaß daraus gemacht bei so einer bescheuerten Verlosung mitzumachen. Der Gewinn war ein halbes Jahr lang Freihauslieferung der köstlichen Loopycrisps. Es handelte sich dabei um Frühstücksflocken. Nach den ersten Wochen wurde allen übel von diesen Dingern. Shinya hatte diese Köstlichkeit erst gar nicht angerührt, sie hätten sich alle ein Beispiel an ihm nehmen sollen. Kyo bekam Magenverstimmungen und Die kann heute noch immer keine Frühstücksflocken sehen, bei denen ihm nicht ein Würgegefühl in der Kehle hochkommt. Dem lieben Toshi war einfach alles zuzutrauen. Er war zwar nicht der Jüngste in der Band, aber mit Abstand der kindischste. Ständig machte er irgendwelche Dummheiten und zog Die mit rein, nicht, dass sich dieser mit Händen und Füßen dagegen wehrte, der rothaarige Gitarrist war stets für Streiche und Blödeleien zu haben.

„Du willst mir also sagen, dass du nichts mit dieser Sache zu tun hast? Ich bin mir nicht

sicher, aber irgendwie kann ich dir nicht ganz glauben, warum wohl nur?“

„Ist doch klar, soviel Scheiße wie unser lieber Toshi immer produziert, da kann man ihm

auch nicht immer glauben schenken, nicht wahr Toshimasa?“, klang es aus dem Zimmer hinter ihm. Unverkennbar handelte es sich hierbei um Kyo, der unbedingt seinen Senf beigeben musste.

„Danke Kyo, das du so hinter mir stehst!“

„Kein Problem!“

„Na gut, zeig mal her, ich will mir dann wenigstens auch mal anschauen, bei was für einem

Ausschreiben ich mitgemacht habe, von dem ich aber eigentlich nichts weiß!“

Kaoru reichte ihm den Brief und seine anfängliche Wut war schon beinah verflogen. Anscheinend hatte Toshi wirklich nichts damit zu tun, zwar wusste Kao das Tosh auch manchmal sehr gut Lügen konnte, aber warum sollte er soviel Aufwand wegen eines Hauses machen?

„Ui, das nenn ich mal ne Hütte! Was da nicht alles so beschrieben steht. Hier ne Sauna, da

ein Swimmingpool und unzählige Zimmer. Das hört sich doch gut an, wollen wir uns nicht

mal diese Villa anschauen? Dieses Wochenende wäre doch ganz gut, etwas Erholung kann

uns allen gut tun, hm?“

Erwartungsvoll schaute er Kaoru an, doch dieser wusste nicht so recht was er mit dieser Idee anfangen sollte. Er ging in das Zimmer wo auch die drei andrer saßen. Kyo hatte es sich auf einem Sofa bequem gemacht, er konnte es sich immer und überall bequem machen und ein Nickerchen halten, aber jetzt gerade war er hellwach und schaute zu Kaoru und Toshi die ins Zimmer kamen. Die saß auf dem Boden und zockte gerade ein Spiel auf einer PS2, Shinya saß neben ihm auf einem Sessel und schaute ihm beim spielen zu. Beide richteten ihren Blick jedoch auf die zwei Freunde, als diese das Zimmer betraten.

„Jungs, hört mal alle kurz her. Unser Toshi hat vorgeschlagen zu dieser Hütte zu fahren und

uns dort etwas zu entspannen, ich weiß nicht so recht, was sagt ihr dazu?“

Ihr Leader schaute jeden im Zimmer an und wartete ab was sie dazu sagen würden.

„Was denn für ne Hütte? Ich hab grad nix mitbekommen“, sagte Die und schaltete die Konsole aus.

„Du bekommst ja auch nie was mit“, meldete sich Kyo wieder zu Wort.

„Da hat wohl heute jemand ganz besonders gute Laune und verschenkt Komplimente und

Nettigkeiten zum Sonderpreis. Ach, Kyo. Das wäre doch wirklich nicht nötig gewesen.

Tosh und ich werden es auch einen Tag ohne deine netten Worte überleben.“

„Leck mich!“

Kyo streckte Die den Mittelfinger raus und machte sich in Richtung Tür auf. Doch bevor er aus dem Zimmer ging drehte er sich noch einmal um und sagte: „Mir ist es schnuppe ob wir da hinfahren, regelt das unter euch und sagt einfach bescheid. Ich will jetzt allein sein, also haltet mir Toshi vom Hals.“ Mit einem Blick, den die meisten Menschen eingeschüchtert hätte, schaute er zu Toshiya rüber, doch dieser machte sich nicht viel aus Kyos Bemerkungen, da er genau wusste, dass Kyo es nicht so meinte. Er konnte sich manchmal einfach nur nicht anders ausdrücken, daher störte sie es nicht und es war auch nicht anders von ihrem Sänger zu erwarten.

„Ich schließe mich Kyo an, mir ist es relativ egal. Es ist zwar keine schlechte Idee von Toshiya, aber wenn ihr nicht hinwollt, hab ich auch nichts dagegen das Wochenende zu Hause zu bleiben“, sagte Shinya zu Kaoru gewand.

„Dann bleibt es wohl an dir hängen, Die. Was sagst du, wollen wir uns ein Wochenende in

einer Villa gönnen, die Toshi bei einem Preisausschreiben gewonnen hat?“

„ Klar, wieso nicht?! Wird sicher lustig und etwas Abwechslung haben wir uns alle verdient.

Du siehst doch wie genervt Kyo ist.“

Die konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen, da er genau wusste weshalb Kyo so genervt war. Er und Toshi hatten sich nur kurze Zeit zuvor über ihn hergemacht. Indem sie mit einer Schnur in Kyos Gesicht herumgefahren sind, bis dieser von dem nervigen Gefühl wach wurde und mit voller Wucht beim Aufstehen gegen Dies Birne geknallt ist. Die darauffolgenden Fluchwörter, waren alles andere als Jugendfrei. Toshiya konnte nicht anders als sich über die ganze Situation nur lustig zu machen, was nicht gerade dazu beitrug Kyos Stimmung zu bessern. Nur Shinya hatte Mitleid mit ihm und reichte Kyo eine nasse Kompresse, die er sich an die Stirn hielt, damit der pochende Schmerz schneller verschwand.

„Also fahren wir dann am kommenden Wochenende zusammen zur Villa. Kann einer von

euch Kyo bescheid sagen, damit er sich später nicht aufregt, wir hätten ihn vergessen?“

Kaoru schaute zu Shinya und wusste, dass er sich auf ihn verlassen konnte.

„Schon gut ich gehe und sag ihm bescheid“, sagte Shinya und erhob sich aus dem Sessel, in dem er die ganze Zeit friedlich gesessen hat.
 

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Das Wochenende hatte begonnen und die Band Dir en Grey machte sich, nach einer von Kao selbst gebastelten Karte, auf den Weg zu der Villa, die Toshi angeblich gewonnen hatte. Der Leader saß am Steuer seines Wagens und Shinya Navigierte, zumindest versuchte er es so gut es ging. Manchmal verstand er die Anmerkungen von Kaoru nicht ganz und sie bogen eine Kreuzung zu früh oder zu spät ab. Kyo musste es sich hinten bei Die und Toshiya gemütlich machen, obwohl das schier unmöglich schien. Schlafen konnte er auf keinen Fall, da Toshi ständig am kichern war, er las nämlich einen, nach seiner Meinung, urkomischen Manga, wo mindestens auf jeder dritten Seite eine lustige Szene zu sehen war oder eine lustige Bemerkung stand. Die hatte sich seine PSP eingepackt und fluchte ständig, wenn er ein Hindernis nicht überbrücken konnte oder jubelte wenn er es dann doch beim x-ten Anlauf schaffte. Also blieb ihm nichts anderes übrig, als sich seinen Hut weiter ins Gesicht zu ziehen und so zu tun, als würde er schlafen, dass hielt die beiden Spaßvögel meistens davon ab ihn zu terrorisieren, wenn auch nicht immer. Nach einer scharfen Linkskurve, bei der Kyo beinah von Die und Toshi erdrückt wurde, da er rechts hinter Kaoru saß, schrie dieser auf und meinte:

„Verdammt Die, musst du dich so breit machen? Ich bekomm kaum noch Luft!“

„Ey, das ist nicht meine Schuld, Toshi drückt mich hier auch fast zu Tode.“

„Klar, jetzt bin ich schuld. Kao fährt so wie ne besoffene Oma, da kann ich doch nichts für,

wenn der die Kurven so scharf schneidet!“

„Ruhe dahinten! Sonst schmeiß ich euch gleich alle raus und ihr könnt zu Fuß weiter gehen.“

„Sicher finden wir den Weg zur Villa schneller, als du und Shinya. Bei Shins

hervorragenden Navigationskünsten und deiner genauen Karte, kann das nämlich noch

etwas länger dauern, bis wir da sind“, sagte Toshi, der sich nie eine Bemerkung verkneifen

konnte.

„Ist gut Tosh, wenn du das alles so gut kannst, dann sitzt du gleich bei mir vorne und hilfst

mir den richtigen weg zu finden.“

Mit quietschenden Reifen blieb das Auto plötzlich stehen.

„Scheiße, Kao! Wo hast du deinen Führerschein gemacht?! Mir ist durch deine Aktion

beinah das Frühstück wieder hochgekommen!“, beschwerte sich Die mit lauter Stimme.

„Sorry, Jungs. Da vorne geht es aber nicht mehr weiter, wir sind wohl wieder einmal falsch

abgebogen. Ich schlage vor, wir drehen um und machen eine kleine Pause. Shin sieht so aus,

als könnte er frische Luft gebrauchen.“

„Da ist er nicht der einzige“, hörte man von hinten Toshi murmeln, der sich gerade von dem

starken Bremsmanöver erholt hatte.

Nach einigen Metern Fahrt hielt Kaoru den Wagen wieder an, doch diesmal auf eine etwas elegantere Weise. Sofort sprangen alle nach Draußen und Die war der erste, der nach einem Plätzchen Ausschau hielt, um sich etwas Erleichterung zu verschaffen.

„Boah, was ist’n das hier? Ich seh noch nicht mal einen Platz, wo man ungestört pissen kann!“

„In welcher Pampa sind wir hier denn? Sieht ja beinah so chaotisch aus, wie in Toshis

Zimmer“, kam es von Kyo, der sich gerade streckte und eine Zigarette anzündete.

Der Ort, an dem sie sich befanden war wirklich etwas unübersichtlich. Überall ragten Bäume heraus, aber wie ein Wald sah es nicht aus, dafür war es nicht dicht genug. Auch sah es nicht wie ein Berg aus, da es keine steilen Abhänge gab, aber Flachland konnte man diese Gegend auch nicht nennen.

„Wo genau befinden wir uns?“, wollte Kyo wissen.

Kaoru kramte seine Karte heraus und warf einen Blick auf sie.

„Gute Frage. Lass mich mal schauen … also wenn ich mich nicht täusche, sind wir hier in

Chiba, aber mehr kann ich dir nicht genau sagen.“

„Chiba? Das ist aber schon ein gutes Stück von Tokio entfernt, hätt’ ich das gewusst, wär ich

nicht mitgekommen. Toshi, warum machst du bei sonem bescheuerten Ausschreiben mit

wo diese Hütte doch Kilometer entfernt von Tokio ist?“, beschwerte sich Kyo.

„Wie oft soll ich das noch sagen. Ich hab bei keinem Preisausschreiben mitgemacht. Ach, ihr

könnt mich alle mal. Mir ist das zu blöd mich ständig wegen dieser Geschichte

rechtfertigen zu müssen. Ich hab dich nicht gezwungen mitzukommen.“

Mit diesen Worten drehte Toshiya ihnen den Rücken zu und versuchte mit Die einen Ort zu finden, wo man ungestört sein Geschäft verrichten konnte. Shinya und Kaoru gingen noch einmal die Karte durch, damit Shin diesmal auch nichts falsch verstand. Plötzlich hörte man einen lauten Schrei und nach wenigen Sekunden kam Die herbeigelaufen. Völlig außer Atem stand er da und fing dann lauthals an zu lachen. Kurze Zeit später stürmte Toshi herbei und knallte Die eine, der sich immer noch nicht eingekriegt hatte.

„Die du Arsch! Ich find das gar nicht komisch!“

„Oh … doch … und wie!“, kam es stückweiße aus Die heraus, der sich gerade eine Lachträne aus dem Gesicht wischte.

„Was ist passiert?“, wollte Kao wissen.

„Nichts!“, kam es von Toshi, der sich wieder ins Auto setzte und hoffte, die anderen würden es ihm nachmachen, sodass sie weiter fahren konnten. Doch Kaoru wollte nicht locker lassen, da ihn das einfach zu sehr interessierte.

„Die?!“

Nachdem sich Die wieder beruhigt hatte, holte er noch einmal tief Luft und begann zu erzählen.

„Also, nachdem wir ein gutes Plätzchen gefunden hatten, stellte ich mich hinter einen Baum

und Tosh hinter einen anderen. Ich machte meine Gürtel locker und zog mir die Hose

runter…“

„So genau will ich es gar nicht wissen. Sag mir einfach was mit Toshi passiert ist!“

„Na gut, ich war gerade fertig und schaute zu Toshi rüber, als ich sah wie ein flauschiges

Tier, fragt mich nicht was das für eins war, an Toshis Hose hinaufkletterte. Ich wollte ihn

gerade noch warnen als das kleine Biest ihn auch schon gebissen hatte. Wo, könnt ihr

euch ja denken.“

Mit diesen Worten brach es wieder aus Die heraus und er fing noch lauter, als vorher, an zu lachen. Den anderen erging es nicht anderes. Kaoru und Kyo konnten sich ein Lachen nicht verkneifen und auch Shinya schmunzelte, als er hörte was Toshiya passiert war.

„Habt ihr genug gelacht? Dann können wir ja endlich weiter fahren!“, rief Toshi beleidigt

aus dem Wagen zu ihnen herüber.

„Toshi, nun sei nicht so. Das kann jedem Mal passieren, aber du bist halt so ein Mensch, den

so etwas magisch anzieht“, versuchte Die ihn etwas milder zu stimmen, wobei er doch genau wusste das Toshi jetzt erst einmal den Beleidigten spielen würde. Kyo drückte seine Zigarette aus und stieg mit den anderen ins Auto, damit sie endlich ihr Ziel erreichen konnten.
 

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Es dämmerte schon langsam und sie hatten die Villa noch immer nicht gefunden. Allmählich hatten alle das Gefühl, es gab überhaupt keine Villa und jemand hatte sich einfach einen dummen Scherz mit ihnen erlaubt.

„Sind wir schon da?“, nörgelte Toshi, dem schon langsam die Beine einschliefen.

„Klar! Siehst du da vorne ist die Hütte!“, meinte Kaoru sarkastisch, der schon langsam aber

sicher völlig genervt von dieser Aktion war.

„Ich hab schon son Taubheitsgefühl in den Beinen, ich glaub da kommt kein Blut mehr

rein!“

„Kannst du nicht einfach mal still sein. Du sitz doch jetzt in der Mitte, da haben deine Beine

doch genügend Platz! Nimm dir mal ein Beispiel an Kyo, der schlummert

da hinten friedlich vor sich hin und lässt mich mit seinen Problemen in Ruhe.“

„Tut mir leid, dass ich nicht so kurze Beine habe wie Kyo!“

„Ich knall dir gleich eine!“, knurrte Kyo, der in diesem Punkt sehr empfindlich war.

Die hatte seine PSP weggelegt und suchte sich eine andere Beschäftigung und was wäre da nicht besser als Shinya zu ärgern. Immerhin saß er jetzt genau hinter ihm, nachdem Toshi darauf bestand in der Mitte zu sitzen.

„Shinya.“, flüsterte er an Shins linkes Ohr.

„Hm? Was ist los Die?“, fragte er.

„Was? Ich hab nix gesagt.“, meinte Die nur.

Nach wenigen Sekunden flüsterte Die wieder Shinyas Namen.

„Verdammt, Die! Ich hör doch das du mich rufst, was willst du?“

„Ich mach doch gar nix. Vielleicht sind es ja Geister die dich rufen, weil du son hübscher

Kerl bist und sie dich als Opfergabe haben wollen.“

„Haha, sehr komisch!“

„Die, lass Shinya in Ruhe, er muss sich konzentrieren, sonst finden wir diese Hütte nie. Die

Straßen sind so schon beschissen genug und ohne richtige Navigation könnten wir sonst wo

landen.“ mischte sich Kaoru ein.

Somit lies Die Shinya in Ruhe und versuchte es Toshi gleich zu machen. Der nach kurzer Zeit

eingeschlafen war, worüber Kaoru wahrscheinlich, als einziger ziemlich erleichtert war. Kyo hingegen fand das alles andere, als toll, da Toshi es sich an seiner Schulter bequem gemacht hatte und seelenruhig vor sich hindöste.

„Wenn der mir meine Jacke voll sabbert, darf ich ihm doch eine runterhauen oder?“, fragte Kyo die anderen.

„Nun stell dich doch nicht so an. Immerhin ist er ruhig und stört Kao nicht beim fahren.“, sagte Die zu Toshis Verteidigung.

„Halt an Kaoru!“, sagte Shinya.

„Was ist los?“, wollte dieser wissen.

„Da vorne kommen wir mit dem Auto nicht weiter, aber ich sehe ein Schild, vielleicht

sollten wir uns das mal anschauen.“

Sofort bremste Kaoru, was dazu führte das Toshis Kopf von Kyos Schulter rutschte und auf seinem Schoß landete. Shinya drehte sich um und wollte wissen, ob alles in Ordnung war, als sein Blick auf Toshi fiel.

„Äh, ich will echt nicht wissen, was ihr da hinten so treibt!“

Kyo wollte gerade noch was sagen, als auch schon Toshi wach wurde.

„Was ist? Warum halten wir an? Ich hab grad so schön geschlafen.“, meinte dieser nachdem er ein langes Gähnen nicht unterdrücken konnte.

„Ja, das glaub ich dir gerne!“, sagte Shin und drehte sich wieder nach vorne.

„Was ist denn mit dem los?“, wollte Toshiya wissen, doch er bekam keine Antwort.

Kaoru und Shinya stiegen aus dem Auto und gingen die paar Schritte zum Schild. Nach wenigen Minuten kehrten sie zum Auto zurück.

„Holt eure Sachen aus dem Kofferraum, Jungs. Wir müssen noch ein Stückchen gehen, die

letzten zehn Meter können wir nicht so gut mit dem Auto fahren, da ist nur so’n kleiner Waldweg.“

Jeder von ihnen hatte eine kleine Tasche mitgenommen, weil sie nur ein Wochenende bleiben wollten, brauchten sie nicht viel mitzunehmen.

„Was ist den los, sind wir schon da?“, wollte Toshiya wissen.

„Nee, wir vertreten uns nur die Beine. Warum fragst du immer so blöd? Was denkst du denn,

weshalb wir anhalten?“, fing Kyo wieder an.

„Blablabla. Nur am meckern. Kannst du auch noch was anderes?“, wollte Toshi wissen. Er erwartete keine Antwort von dem Sänger und ging, mit seiner Tasche auf dem Rücken, zu Kaoru.

„Woher wisst ihr, dass wir hier richtig sind?“, fragte Die an Shinya gewand.

„Na ja, es steht auf dem Schild da vorn.“

Shinya zeigte mit seinem schlanken Finger auf ein Schild, das am Rande des Weges stand und kaum zu sehen war.

„Mensch, Shin. Du hast ja einen Adlerblick, ich hätt’ das Schild voll übersehen!“

Die ging rüber zum Schild und schaute es sich an. Es war ein mächtig großes Haus abgebildet, zumindest konnte man es erahnen, denn die Farbe war schon zum größten Teil abgeblättert. Außerdem stand in dicker Schrift der Name der Villa drauf: Shiguri Villa.

„Aha. Ist ja wirklich nicht mehr sehr weit. Na dann mal los!“

Leichter Nieselregen setzte ein, was die Jungs dazu aufforderte einen Zahn zuzulegen, falls sie nicht ganz durchnässt an der Villa ankommen wollten. Niemand bemerkte mehr wie der leichte Regen die Farbe auf dem Schild wegwusch und somit eine andere Bezeichnung der Behausung zu sehen war: Shiguri Sanatorium. Kaoru schloss sein Auto ab und sie machten sich gemeinsam schnell auf den Weg, auch wenn es nur zehn Meter waren, wenn der Regen stärker werden würde, blieb keine Stelle mehr trocken.

„Scheiße ist das vielleicht steil. Wenn ich mich hier aufs Maul lege, weiß ich ja wem ich dafür danken kann!“, beschwerte sich Kyo, dem der langsam aufweichende Boden unter seinen Füßen zu schaffen machte.

„Bin ich etwa schuld, dass es regnet?“, kam es von Toshi, der selber damit zu kämpfen hatte nicht auszurutschen. Der Boden unter ihren Füßen gab kaum noch halt und dass der Waldweg sehr steil war, erleichterte diese Wanderung keineswegs. Mit einem lauten Schrei landete Kyo auch schon im Matsch.

„Verdammter Mist! So `ne scheiße, woher wusste ich bloß, dass mir das noch passiert?“

Shinya drehte sich zu ihm und reichte ihm seine Hand, damit Kyo sich wieder aufrappeln konnte. Jedoch konnte Shin sich ein Grinsen nicht verkneifen, als er Kyos, mit Dreckspritzern versehrtes, Gesicht sah.

„Was ist?“, wollte dieser sofort wissen.

„Äh, du hast da so`n Paar Spritzer im Gesicht.“

Shinya holte einen kleinen Spiegel aus seinem Rucksack und hielt ihn vor Kyos Gesicht. Dieser warf nur einen kurzen Blick hinein und wischte sich dann mit seinem Jackenärmel den Dreck aus dem Gesicht. Zumindest versuchte er es, was jedoch nicht viel half, sondern nur dazu führte das der Dreck auf seinem Gesicht verteilte wurde. Toshiya und Die brachen in schallendes Gelächter aus, als sie Kyo und Shinya sahen. Wie Kyo so da stand mit Dreck im Gesicht und an den Kleidern und Shin hilflos daneben stand mit seinem kleinen Spiegel in der Hand.

„Ist gut, jetzt haben wir alle was zum lachen gehabt und können uns wieder dem

Wesentlichen zuwenden und zwar diesen gottverdammten Weg hoch zu kraxeln!“

Der Regen wurde immer stärker, aber immerhin hatten sie es nach oben bis zu Villa geschafft und standen völlig durchnässt vor dem großen Eingangstor.

„Wehe das Ding ist abgeschlossen, dann hau ich hier alles kurz und klein.“, sagte Kyo, der unbedingt an etwas seine Aggressionen abbauen wollte. Ihn kotzte diese ganze Veranstaltung schon dermaßen an, dass er sich gar nicht mehr erhoffte überhaupt noch ein erholsames Wochenende zu bekommen. Kaoru drückte gegen das Tor, das mit leichtem Wiederstand quietschend aufging.

„Siehste, kein Grund zur Aufregung.“, kam es von Toshi, der sich schon riesig darauf freute endlich ins warme und trockene Haus zu kommen. Schnell gingen alle Fünf durch das imposante Tor, einen kleinen bepflasterten Weg zur eigentlichen Haustür. Keiner von ihnen hatte mehr große Lust im Regen zu stehen und Shinya machte sich sorgen, sie könnten sich alle erkälten, da sie schon gut zwanzig Minuten gebraucht hatten, um durch den Regen zur Villa zu kommen. Die Eingangstür hatte eine Überdachung unter die sie sich stellten, damit sie wenigstens vom Regen verschont blieben, auch wenn der Wind ganz schön kräftig wehte und Toshiya anfing sich darüber zu beschweren, dass er seine Zehen nicht mehr spürte. Die drückte die Türklinke runter, doch die Tür ging nicht auf.

„Das soll wohl ein Scherz sein! Warum geht die blöde Tür nicht auf?“, wollte Die wissen.

„Lass mich mal sehen. Hängt hier nirgends ein Schlüssel herum oder vielleicht liegt ja einer

unter der Fußmatte?“, schlug Kao vor, der aber selber nicht sehr davon überzeugt war einen Schlüssel zu finden. Es war schon stockdunkel und man konnte nur leichte Umrisse sehen, wie sollten sie also bei diesen Bedingungen eine kleinen Schlüssel finden? Shinya zog sein Handy aus der Tasche und machte seine integrierte Taschenlampe an. Dann schaute er sich etwas um und sah eine kleine Nische am Boden neben der Tür, aus der ein schwaches Glitzern drang, wenn Licht darauf fiel.

„Ich glaub ich hab was gefunden.“, meinte er und bückte sich, um sich Gewissheit zu verschaffen. Tatsächlich war es ein Schlüssel, den er sofort ins Schlüsselloch steckte und ihn nach rechts drehte. Ein leises Klacken war zu hören und die Tür ging, wie von alleine auf. Somit konnten sie endlich in die Villa eintreten und sich umziehen gehen bzw. ein Bad nehmen. Da Kyos Gesicht immer noch leicht verschmutzt war, obwohl der Regen schon einen großen Teil weggewaschen hatte.
 

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„Stockduster!“, meinte Die.

„Gibt’s hier keinen Lichtschalter?“, wollte Toshi wissen und tastete mit der Hand an der rechten Seite der Eingangstür, bis er auf einen Wiederstand stieß. Es handelte sich hierbei tatsächlich um einen Lichtschalter, den er auch gleich umlegte.

„Evoila. Wir haben Licht.“

Jeder von ihnen schaute sich um, denn es war schon ein beeindruckendes Haus, in dem sie sich befanden. Da sie schon nicht die Möglichkeit hatten sich Draußen etwas umzuschauen, zum einen regnete es und zum anderen war es schon ziemlich dunkel, außer leichten Umrissen konnte man nicht viel erkennen, wollten sie sich wenigstens Toshis Bude anschauen. Sie befanden sich in einer großen Halle, von der eine Treppe auf der linken Seite nach oben führte. Ein großer Torbogen führte in einen dunklen Raum, dessen Größe man schwer erahnen konnte, aber man konnte annehmen, dass er schon eine beachtliche Größe hat. Insgesamt führten drei weitere Türen aus der Halle hinaus, wo genau hin wollten sich die Jungs später anschauen. Da sich für gewöhnlich die Schlafzimmer im oberen Stockwerk befinden, gingen alle fünf die Treppe hoch, um sich ein Zimmer zum schlafen zu suchen.

„Toshi, geh du mal vor.“, wand Kao sich an Toshiya.

„Warum ich?“

„Du bist der größte, falls da einpaar Spinnweben oder sonst was ist, kannst du uns ja vorwarnen.“

„Ich finde Kyo sollte gehen, falls da eine tiefe Decke ist, kann ER uns ja vorwahren.“ Schelmisch schaute Toto zu Kyo rüber.

„Ich glaub hier ist jemand mächtig auf Schläge aus!“, meinte dieser nur und knallte Toshi eine mit seiner Tasche.

„Kyo, sei doch nicht so überrascht, du weißt doch das Toshi auf SM-Spielchen steht und dich nur deshalb ständig reizt.“, sagte Die und fing sogleich auch an zu lachen.

Auch Kao stimmte mit seinem rauen Lachen mit ein und Shinya, sowie Kyo konnten ihr Grinsen nicht verbergen.

„Schon gut ich gehe ja vor. Bevor hier noch eine gewisse Tratschtante meint, alles aus meinem Privatleben zu erzählen.“

Die schlug Toshi freundschaftlich auf die Schulter und sie gingen dann auch endlich die Treppe hoch. Auf einmal blieb Die auf halbem Weg stehen und meinte: „Hey Leute, hört ihr das auch?“

„Was meinst du? Ich höre rein gar nichts. Na ja, außer Toshi, aber bei dem würde ich mir eher Sorgen machen, wenn ich ihn gerade NICHT mehr höre!“, sagte Kao, der genau neben Die stand. Da war es wieder. Dieses Geräusch. Kinderlachen.

„Ich höre es doch ganz deutlich, da lacht doch ein Kind.“

„Vielleicht sind es ja Geister, die dich als ihr Opfer holen wollen, weil du ja so ein hübscher

Junge bist.“, kam es von Shinya. Alle fingen an zu lachen.

So plötzlich, wie das Geräusch gekommen ist, so schnell war es auch wieder verschwunden.

„Jetzt hat es aufgehört!“

„Das war bestimmt der Wind. Was sollte ein Kind hier alleine machen und dann auch noch so weit von einer Stadt entfernt?“, sagte Shinya der schon oben mit Toshi und Kyo auf Kao und Die wartete. Hier führte ein langer Gang nach rechts zu weiteren Räumlichkeiten. Ein weiterer Lichtschalter zeigte ihnen den Weg. Toshi lief zur ersten Tür, riss diese auf und schaute, nachdem er auch hier das Licht angeschaltet hatte, hinein. Es war ein Schlafzimmer mit mehreren Betten drin. Es glich eher einem Gemeinschaftsschlafzimmer. Schon merkwürdig. Welcher normale Mensch hat so ein Zimmer bei sich im Haus. Man würde doch eher annehmen, dass es bei solch einem großen Anwesen unzählige Schlafzimmer mit je einem Bett geben würde, daher stutzte Toshi auch etwas als er diese Entdeckung machte. Der gleiche Anblick bot sich auch im Zimmer gegenüber. Eine weitere Tür zeigte ein großes Badezimmer, wie man es aus Herbergen kennt. Mit vielen Waschbecken und abgegrenzten Toiletten. Nur bei den letzten Zimmern war die Betteneinteilung etwas anders. Da gab es nur drei Zimmer in denen ein Einzelbett stand, in den drei anderen Zimmern waren entweder zwei Betten oder drei bis vier vorhanden, aber jedes der Zimmer besaß ein Bad für sich.

„Komisches Haus! Was haben denn diese Gruppenschlafzimmer und das Badezimmer zu

bedeuten? War das hier mal ne Herberge für Schulfahrten?“, stellte Toshi die Frage in den Raum, die sich die anderen auch fragten. Aber sie waren zu müde und hungrig, als sich den Kopf um die Zimmer zu zerbrechen. Kao und Kyo nahmen sich ein Zimmer mit Einzelbett, dass tat Toshi auch, da er meist einen unruhigen Schlaf hatte und die anderen nur stören würde. Shinya und Die nahmen sich ein Zimmer wo zwei Betten standen, es machte ihnen nichts aus sich ein Zimmer zu teilen, da sie es für gewöhnlich auch bei Tourneen oder Konzerten machten. Als die beiden in ihrem Zimmer waren und ihre Taschen abstellten, meinte Shinya: „Ich weiß nicht. Irgendwie find ich das hier alles ein bisschen komisch, du nicht auch?“

„Ach, Shin. Mach dir nicht immer so viele Gedanken.“, sagte Die und strubelte ihm durch das Haar. Nachdem auch die anderen ihre Sachen in die Zimmer gebracht hatten und Kyo sich “frisch“ gemacht hatte, wollten sie sich auch die weiteren Räume im unterem Teil des Hauses anschauen. Hier musste es ja auch eine Küche geben. Immerhin stand in dem Brief, dass alles vorbereitet sei und der Gewinner doch bitte innerhalb eine Woche anreisen sollte. Shinya und Die waren die ersten, die sich schon mal unten etwas umschauen wollten. Bingo! Gleich bei der ersten Tür, die sie öffneten, handelte es sich tatsächlich um die gesuchte Küche. Es war eine recht große Küche, vielleicht etwas zu groß, aber es war ja auch ein relativ großes Haus. Nun gut, weiter zur Essenssuche. Denn allmählich meldete sich der Hunger bei Die und er wollte unbedingt etwas zwischen die Beißerchen bekommen.

„Mal schauen was wir hier so haben …“

Er machte einen Schrank nach dem anderen auf und fand nur lauter Geschirr, Besteck oder andere Dinge die halt in einer Küche vorhanden waren, aber das, was er suchte, fand er nicht.

„Was genau suchst du? Ich schätze mal, dass es sich nicht um Lebensmittel handelt, da die

meisten im Kühlschrank sind.“, meinte Shinya zu Die und zog fragend eine Augenbraue hoch.

„Na was wohl. Ich suche den Alk. Immerhin wollen wir doch etwas feiern. Schließlich gewinnt man nicht jeden Tag ein Haus oder?“

„Da hast du Recht, aber selbst wenn wir kein Haus gewonnen hätten, bräuchtest du nicht mal

einen Grund, um dich vollaufen zu lassen!“, sagte Kao im scherzhaften Ton, als er mit Kyo und Toshi in die Küche kam.

„Jetzt hast du mich aber schwer getroffen. Willst du damit etwa sagen ich sei vom Alkohol

abhängig?“, sagte Die und ging auf den Scherz von Kaoru ein.

„Nein, ich will nur sagen, dass du ein alter Säufer bist und gerne mal über die Stränge

schlägst!“

Alle fingen an zu lachen.

„Den Alkohol findest du da unten, es stehen auch schon einige Flaschen gekühlt im Kühlschrank.“, sagte Shinya, der nicht viel von den Saufgelagen seiner Bandkollegen hielt. Jedoch sagte er nicht nein, wenn ihm eingegossen wurde, da er doch schon sehr gerne trank. Nur wusste er wann er genug hatte, im Gegensatz zu manch anderen. Er deckte mit Kyos Hilfe den äußerst kleinen Tisch, mit Brot und Aufstrich. Keiner hatte große Lust noch um diese Zeit etwas zu kochen und sicher würde auch kein Pizzadienst bis hierher, in diese gottverlassene Gegend, liefern. Selbst wenn, er würde sicher ebenfalls eine Wegbeschreibung brauchen und dann noch sehr viel Glück, bis er dieses abgeschiedene Haus finden würde. Also setzten sich alle an den Tisch und aßen so lange bis Die meinte sie könnten jetzt ruhig anstoßen. Shinya holte den Alkohol aus dem Kühlschrank und stellte Pinchen hin. Erst als alle zwei der drei Flaschen leer waren gingen sie gemeinsam nach oben, um sich schlafen zu legen. Die Zeiger der Uhr in der Küche zeigten schon nach elf an und sie waren sichtlich erschöpft von der anstrengenden Suche und der kleinen Wanderung bis zum Haus. Binnen kurzer Zeit waren überall die Lichter aus und jeder von ihnen lag schlafend im Bett. Es war zwei Uhr dreiundzwanzig, als Die im Bett hochfuhr, weil er wieder dieses Kinderlachen hörte. Verdammt, dachte er. Wie kommt es das er schon wieder dieses Lachen hörte, hier im Zimmer weht ganz sicher kein Wind. Die Fenster waren fest verschlossen. Er wickelte sich aus der Decke und stand in langen Hosen barfüssig auf dem Boden.

„Scheiße ist das kalt, haben die hier noch nie was von Bodenheizung gehört?“, meinte er im Scherz zu sich. Das Kinderlachen wollte einfach nicht aufhören, also beschloss er sich Gewissheit zu verschaffen, dass hier wirklich ein Kind lachte.

„Shin schläfst du? Ich gehe mal kurz runter.“

Doch Shinya hörte ihn nicht. Die holte sich seine Hausschlappen, zog sich ein Shirt rüber und machte leise die Tür auf. Das Lachen wurde lauter, also war das kleine Blag unten. Dem würde er gleich eine Standpauke halten, was diese Scheiße soll, mitten in der Nacht wie ein Verrückter zu lachen. Er ging schnell die Treppe runter und drücke auf den Lichtschalter, doch das Licht ging nicht an. War vielleicht eine Sicherung rausgesprungen? Nach dem Sicherungskasten wollte er jetzt sicher nicht suchen, wer weiß wo dieser zu finden wäre und außerdem schien reichlich Licht vom Mond herein. Nachdem sich der Regen gelegt hatte, war der Himmel sehr klar geworden, was sich bis jetzt nicht geändert hatte.

„Hey, Kleines. Wo bist du?“

Keine Antwort. Das Lachen wurde spöttisch, so als würde ihn jemand auslachen.

„Ich denke, du hattest deinen Spaß und jetz komm und geh nach Haus. Ich bin müde und will endlich in Ruhe schlafen!“

Die wurde langsam ungeduldig. Soweit er sehen konnte, gab es eigentlich kein Versteck wo sich jemand aufhalten konnte. Wo also war das kleine Blag? Das Lachen wurde lauter und Die erkannte, dass es einem kleinen Mädchen gehören musste.

„Jetzt ist gut, Kleine. Hör auf und komm aus deinem Versteck raus!“

Plötzlich ging für einen Bruchteil einer Sekunde das Licht an und wieder aus. Und man konnte jemanden atmen hören, so als wäre dieser Jemand sehr schnell eine kurze oder auch längere Strecke gelaufen.

„Wer ist da? Bist du es kleines Mädchen?“

Etwas unbehaglich wurde ihm schon. Immerhin sah er so gut, wie nichts und plötzlich, wie aus dem Nichts hörte er jemanden schwer atmen.

„Komm wir müssen uns verstecken, der Doktor, er kommt gleich.“

Die fuhr zusammen, weil die Stimme des Mädchens so unerwartet zu hören war.

„Wo bist du? Ich sehe dich nicht.“

„HIER!“

Die entfuhr ein leiser Schrei, da ihn das Mädchen an die Schulter getippt hatte.

„Man musst du mich so erschr …“

Mehr brachte er nicht heraus, da ihn der Anblick des Mädchens leicht irritierte. Sie hatte ein langes, weißes Nachthemd an. Doch das war nicht sonderlich überraschend, wenn auch das Hemd schon sehr lange aus der Mode gekommen war. Was Die mehr zu schaffen machte, war das Mädchen selber. Ihr linker Arm fehlte, anstelle von ihm hatte sie ein Gebilde aus Schläuchen, in denen man sehen konnte wie das Blut durch den künstlichen Arm gepumpt wurde, Eisenplatten aus denen noch vorhandenes Gewebe herausquoll, anscheinend war der Arm nicht völlig amputiert worden. Zumindest sah es grotesk aus und als das Mädchen bemerkte wie Die ihren Arm anstarte meinte sie: „Das war der Doktor. Jeder von uns war schon bei ihm. Sei vorsichtig, sonst holt er auch dich.“ Sie fing wieder an zu lachen und machte dabei eine fürchterliche Fratze. Das Mondlicht viel ihr ins Gesicht und Die konnte sehen das auch ihr Gesicht entstellt war. Sie hatte eine Brandwunde, die sich von der linken Schläfe bis zum Mundwinkel hinzog. Vorsichtig fragte Die: „War das auch der Doktor?“

„NEIN!“, fuhr sie ihn wütend an und ein leicht verrückter Blick spiegelte sich in ihren Augen.

„Was machst du hier? Hier gibt es, soweit ich weiß keinen Doktor, wo kommst du her?“, wollte Die wissen.

„Ich wohne hier. Der Doktor hat uns aufgenommen und war immer sehr nett zu uns, aber

nach jenem Abend war er ganz komisch. Er fing an mit uns … Oh nein, ich glaube er

kommt und will DICH zu sich ins Labor holen. Schnell wir verstecken uns in der

Bibliothek, da findet er uns nie. Ich werde dir helfen. Vertrau mir.“

Das Mädchen kam ihm leicht verwirrt vor. Von wo, in alles in der Welt, kam sie her und was erzählte sie da von einem Doktor, der anscheinend kranke Experimente an ihr durchführte. Das Kind nahm ihn bei der Hand und zog ihn zu einer Tür, die sie sich bisher noch nicht angeschaut hatten. Auf einmal viel Die auf, dass es eine weitere Tür gab, gleich neben der Treppe. Er war sich sicher, dass hier in der Halle nur drei Türen waren, woher kam die Vierte.

„Weshalb bist du hier?“

Sie wollte gerade die “neue“ Tür öffnen, als sie plötzlich stehen blieb und sich zu ihm umdrehte. Hämisch grinste sie ihn an, ihre langen, schwarzen Haare hingen ihr wirr ins Gesicht und sie hatte wieder diesen verrückten Blick.

„Ich bin krank im Kopf, sagen meine Eltern.“

Sie lachte auf und krallte sich in Dies Unterarm. Er zuckte zusammen. Ihre Finger, oder was davon noch übrig war, hatten spitzgeformte Fingernägel, die sich schmerzhaft in das Fleisch bohrten, Blut sickerte aus den fünf kleinen Wunden.

„Du musst wissen, ich sage nie die Wahrheit. Der Doktor wartet schon …“

Sie öffnete die Tür und ein grelles Licht blendete Die. Zum Schutz hielt er sich den Arm vor die Augen. Man hörte einen dumpfen Schlag. Stille.

„Die?!“
 

Stöhnend wachte Die auf und drückte eine Hand an seinen Hinterkopf. Eine leichte Beule war zu spüren. Er machte ganz langsam die Augen auf und schrie auf, als er plötzlich Shinya vor seinem Bett sitzen sah.

„Du bist wach. Schön. Ich habe mir schon Sorgen gemacht. Was treibst du mitten in der

Nacht unten im Flur und dann auch noch nicht einmal Herr deiner Sinne. Du hättest dich

ernsthaft verletzten können, in deinem angetrunkenen Zustand. Was wolltest du unten?“,

stellte ihn Shinya besorgt zur Rede. Es war schon hell, wie lange hatte er geschlafen? Was war passiert? Und wo ist das kleine verrückte Mädchen?

„Was ist passiert? Mein Kopf platzt gleich. Boah, haste ein Aspirin für mich?“

Shinya stand auf und kramte in seiner Tasche nach einem kleinen Beutel. Es war eine Art erste Hilfe Beutel, den er immer auf Reisen mit sich hatte. Dann holte er aus dem Badezimmer ein Glas Wasser und gab Die die gewünschten Tabletten.

„Hier. Du fragst mich was passiert ist? Das sollte ich DICH fragen. Als ich aufgewacht bin,

um mich zu erleichtern hab ich gemerkt, dass du nicht mehr im Bett warst und bin dich

suchen gegangen. Ich hab nur noch gesehen wie du zusammengesackt bist und bin dann

auch schnell zu dir gelaufen. Was wolltest du unten?“

„Ich hab wieder dieses Lachen gehört. Du wirst nie glauben was passiert ist. Da war son

kleines Gör, total verunstaltet, ihr Arm und Gesicht. Ich bekomm jetz noch ne Gänsehaut.

Die war völlig irre. Redete ständig von so nem Doktor und das sie krank im Kopf wäre.

Dann hat sie mich zu ner Tür geschleppt, die eigentlich gar nicht da war. Unten sind doch

nur drei Türen oder? Sie machte die Tür auf und das Licht blendete mich. Danach hab ich

nix mehr mitbekommen.“

„Komisch. Ich hab niemanden gesehen und es war auch keine Tür da, als ich zu dir kam.

Wahrscheinlich hat dir der Alk ganz schön zugesetzt.“

„Ach, komm. Soviel hatte ich nun auch nicht getrunken.“, protestierte Die und wollte aus dem Bett steigen.

„Na ja, ist noch alles gut gegangen. Die Jungs und ich wollten uns noch ein bisschen im

Haus umschauen, wenn du dich besser fühlst, kannst du ja zu uns nach unten kommen.“, sagte Shinya und erhob sich vom Stuhl, den er neben Dies Bett gestellt hatte, und ging aus dem Zimmer. Hatte sich Die die ganze Geschichte nur eingebildet? Vielleicht hatte er wirklich zu viel getrunken und halluziniert. Er streckte sich, auf einmal fuhr er zusammen. Leichter Schmerz fuhr durch seinen Unterarm. Hatte ihn das Mädchen nicht an diesem Arm festgehalten? Er schaute ihn sich an und bemerkte fünf kleine Stellen an denen verkrustetes Blut zu sehen war. Was hatte das zu bedeuten?
 

„Und wie geht’s dem alten Säufer?“, wollte Toshi wissen. Die hatte allen einen leichten

Schrecken versetzt. Sie dachten schon er hätte eine Gehirnerschütterung oder sonst was.

„Es geht ihm gut. Er hat sich den Kopf gestoßen und redet wirres Zeug.“

„Also, so wie immer.“, meinte Kyo.

„Hey, Jungs kommt mal her und schaut euch das hier mal an.“, hörte man Kaoru aus dem Zimmer mit dem großen Torbogen. Die stolperte gerade die Treppe herunter und gesellte sich zu den anderen.

„Was gibst, Kao? Hat du alte Schmuddelhefte vom Vorbesitzer gefunden?“, fragte Toshi, der wahrscheinlich, als Einziger ständig solche Witze machte.

„Ich glaub nicht, dass für dich hier was dabei ist, Toshi.“

Bei dem Zimmer mit dem Torbogen handelte es sich um eine Art Aufenthaltsraum. Überall standen Sessel und Sofa. Ein großer Kamin zierte eine karge Wand, auch war gleich um die Ecke eine Tür, die höchstwahrscheinlich in den Keller führte. Es hangen einige Bilder an den Wänden und ein Klavier stand auf der Gegenüberliegenden Seite vom Kamin. Von wegen Sauna und Swimmingpool. Wo sollte das alles sein, im Keller? Das sah hier eher wie ein Ferienheim oder Jugendherberge aus. Es gab noch nicht mal einen Fernseher, geschweige denn ein Telefon. Na ja, sie hatten ja auch alle ein Handy. Und immerhin gab es Strom und fließend warmes Wasser. Man hatte Toshi beschissen, darüber waren sich alle einig. Aber wo sie schon mal hier waren, konnten sie auch gleich das Wochenende hier verbringen. Fernab der Zivilisation. Kaoru stand vor einem Regal in dem unzählige, gerahmte Bilder standen. Eines hatte er herausgeholt und hielt es in der Hand. Es handelte sich um eine Art Gruppenfoto, das war wohl Beweis genug, dass es sich hier um eine alte Jugendherberge handelte. Wahrscheinlich hatten alle Gruppen oder Klassen, die hier einmal waren ein Foto als Erinnerung geschossen und es dann hier ins Regal gestellt.
 


 

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Es war schon später Nachmittag. Shinya setzte sich ans Klavier und klimperte ein wenig vor sich hin. Kaoru hatte sich ein Buch aus einem Bücherregal neben dem Kamin genommen und las darin. Kyo döste oben in seinem Zimmer, Toshi hatte sich Dies PSP von oben geholt und spielte damit. Nur Die wusste mit seiner Zeit nichts anzufangen. Daher entschied er sich, noch ein wenig das Haus anzuschauen. Zwei der drei Türen hatte er sich noch nicht angeschaut und das wollte er jetzt ändern. Etwas enttäuscht war er, als er sah was sich hinter Tür Nummer zwei verbarg, ein großer Essraum. Kein wunder, dass in der Küche nur so ein kleiner Tisch war. Der diente wohl eher nur zum Zubereiten der Speisen, denn gegessen wurde ja auch wo ganz anders. Aber die dritte Tür war schon interessanter. Es handelte sich hierbei um eine Bibliothek. Wollte ihn das Mädchen nicht in eine Bibliothek führen? Egal, er wollte sich nur mal umschauen. Es war ein schönes Zimmer, so wie man sich nun mal eine Bibliothek vorstellt, mit vielen Büchern. Die ging an ein Regal und las sich die Titel durch. Nichts dabei was seine Aufmerksamkeit erregte. Eins der Bücher war umgefallen und er wollte es wieder gerade hinstellen, als er bemerkte das dieses Buch sehr kurz war und deshalb nach vorne gestellt wurde, damit die Bücher alle in einer geordneten Reihe standen. Er zog es raus und sah, dass dahinter ein etwas kleineres, schmales Buch stand. War das ein Versteck oder ist es einfach nur nach hinten gerutscht? Die zog es heraus und stellte das andere wieder hinein. Jetzt war er neugierig. Was war das für ein Buch? Er setzte sich an den Tisch, der mitten im Raum stand, machte die kleine Tischlampe an, da es draußen schon zu dämmern anfing und klappte das Buch auf.
 

13.05.1956
 

Heute hat der Doktor wieder jemanden von uns zu sich gerufen. Seit jenem Tag benimmt er sich höchst merkwürdig. Ich habe Angst, sehr sogar. Den Gedanken wegzulaufen habe ich schon lange fallengelassen. Es ist zwecklos. Der Wald ist zu dicht und zu groß. Zu Fuß würde ich es nie schaffen und außerdem fürchte ich mich vor den merkwürdigen Gestalten die der Doktor vor einigen Wochen eingestellt hat. Zwar habe ich sie noch nicht gesehen, Angesicht zu Angesicht, aber als eine der Schwestern Hals über Kopf geflohen ist, konnte ich sehen wie ihr zwei Kerle mit langen, schwarzen Mänteln in den Wald gefolgt sind. Sie ist nie wieder zurückgekommen. Hoffnung, dass sie es geschafft hat, habe ich keine.
 

Etwas verwirrt schaute Die, als er diese Zeilen las. Handelte es sich hier um ein altes Tagebuch? Und wieder kam ein Doktor zur Sprache, war es der gleiche? Er blätterte etwas weiter.
 

21.05.1956
 

Oh Gott, die Kinder. Ich höre sie jede Nacht schreien. Ihm ist wohl nicht mehr genug was er bekommt. Sie können doch nichts für ihre Krankheiten, die Armen. Morgen soll ich zu ihm kommen, werde ich dann auch zu einem Zombie, wie die anderen Schwestern? Was hat er mit mir vor? Die Kinder, die der Doktor „behandelt“ hat, wie er es nennt, machen mir unglaublich viel Angst. Sie sind wirr im Kopf und hinzukommen die Versuche an ihnen. Ganz verstört saß Mina heute in einer Ecke im Aufenthaltsraum und wippte nach vorne und wieder nach hinten. Als ich versuchte sie zu beruhigen, schlug sie mir auf die Hand, krallte sich aber im selben Moment in meinen Unterarm, mit ihren spitzenförmigen Nägeln. Vor kaum zwei Tagen hatte der Doktor ihren linken Arm behandelt, sie litt höchstwahrscheinlich sehr darunter. Aber sie würde mir nie erzählen was passiert ist, da sie eine neurotische Lügnerin war und man nie wusste, ob sie die Wahrheit sprach.
 

Das Mädchen, dachte Die. Er blätterte ganz an den Anfang, vielleicht stand da ja etwas darüber, um was es sich hier für eine Einrichtung handelte.
 

03.12.1955
 

Ich bin so aufgeregt morgen ist mein erster Tag im Shiguri Sanatorium, deshalb hab ich mir auch dieses Buch gekauft. Ich hab mir nämlich vorgenommen Tagebuch zu führen. Es war schon immer mein größter Wunsch kranken Kindern zu helfen, auch wenn diese Kinder auf eine andere Weise krank sind, mehr geistig, als körperlich. Es ist schon spät, ich sollte mich lieber schlafen legen, sonst bin ich morgen nicht ausgeschlafen.
 

04.12.1955
 

Dr. Shiguri ist ein herzensguter Mensch, wie er sich um die Kinder kümmert, als wären es seine eigenen. Ich weiß es ist nicht leicht mit den Kinder auszukommen, einige sind sehr schwer Geisteskrank, aber er gibt sich unglaublich viel Mühe mit ihnen ...
 

Es musste wirklich etwas passiert sein, wenn diese Person, es handelt sich wohl um eine Krankenschwester, noch vor fünf Monaten sehr begeistert von der Einrichtung war. Nur was? Die wollte dem gerade auf die Schliche kommen, als Toshiya ihn zum essen rief.

„Wo ist Kyo? Hat ihn keiner zum essen gerufen?“, wollte Die wissen, als er in die Küche kam.

„Toshi!“, fuhr ihn Shinya an.

„Ich hab dir doch gesagt, du sollst Die und Kyo zum essen rufen!“

„Hab ich doch. Wenn Kyo so nen festen Schlaf hat, dass er mich nicht hört, kann ich doch

nix dafür.“, versuchte sich dieser zu wehren.

„Du hast zwei gesunde Beine mit denen du nach oben gehen und ihn wecken kannst.“

„Immer ich …“

Wiederwillig lief Toshi nach oben, um Kyo zu wecken. Er wusste ganz genau, dass Kyo ihn anmeckern würde, wieso er ihn weckt. Aber das war ihm jetzt auch egal.

Die wusste nicht genau, ob er den anderen von seiner kleinen Entdeckung erzählen sollte. War es jetzt alles wirklich passiert oder handelte es sich um einen Roman? Plötzlich hörten sie einen lauten, verschreckten Schrei. Toshi. Kaoru, Die und Shinya ließen alles stehen und liegen und rannten so schnell sie konnten zu Toshi. Der stand völlig verstört vor Kyos Zimmer und zeigte mit einem Finger auf Kyo.

„Was ist passiert?“, fragte Kaoru, der als erster bei Toshi ankam.

„K … Kyo.“, brachte er nur heraus.

Kaoru blickte ins Zimmer und ihm wurde beinah übel bei dem Anblick, der sich ihm bot. Kyo lag auf seinem Bett beide Arme und Beine waren an den Pfosten des Bettes geknotet. Er lag völlig reglos da, in einer riesigen Blutlache. Man konnte schwer erkennen wo er verletzt worden war. War er wirklich tot? Shinya und Die warfen ebenfalls einen Blick ins Zimmer, Die drehte sich sofort weg. Shinya jedoch lief sofort zu Kyo und berührte ihn. Ihm war zum heulen zu mute. Das konnte doch nicht wahr sein, wie KONNTE so etwas passieren? Er tastete von der Brust ab zum Bauch hin, um die Wunde zu fühlen. Merkwürdig. Kyo hatte überhaupt keine Schnittwunde oder dergleichen. Sein Bauch hatte nicht einen Kratzer. Schnell legte Shinya einen Finger unter Kyos Nase und tatsächlich, er atmete. Was hatte das zu bedeuten?

„Kommt her, er ist nicht tot. Hilft mir ihn los zu machen.“, sagte er zu den anderen, die ganz verstört und hilflos in der Tür standen.

„Was sagst du?“, wollte Die wissen.

Sie gingen sofort zu Kyo und machten ihn los, im selben Augenblick wachte dieser auf und schaute verblüfft.

„Was macht ihr hier alle? Scheiße … Was ist das fürn Zeug?“, erschrocken fuhr Kyo hoch, als er das ganze Blut sah.

„Du glaubst gar nicht, was du uns für einen Schrecken eingejagt hast. Wir dachten schon …

dass du, nun ja … tot wärst.“, sagte ihm Shinya der unglaublich erleichtert war, dass sein Freund doch nicht ins Jenseits gegangen ist. Niemand von ihnen konnte sich diese Szene erklären. Wer hatte Kyo gefesselt, woher kam das ganze Blut und von wem war es? Die erzählte ihnen die Geschichte mit Mina und dem Tagebuch, dass er gefunden hatte. Sie hörten ihm zu und als er fertig war, herrschte für einen kurzen Moment Stille. Dann durchbrach Shinya diese mit der Aufforderung, erst einmal nach unten zu gehen und etwas zu essen, auch wenn es ihnen nach diesem Blutbad schwer fallen würde. Kyo zog sich schnell um und sie gingen zusammen nach unten. Plötzlich ging das Licht im Flur aus und sie merkten erst jetzt, dass es draußen unglaublich heftig stürmte. Wahrscheinlich war eine Sicherung rausgefallen.

„Scheiße! Weiß einer von euch, wo der Stromkasten ist? Ich ahne es schon. Sicher im Keller.

Oh Gott, nach dem Vorfall mit Kyo gehe ich da sicher nicht runter.“, meinte Toshi gleich als erster.

„Jetzt piss dir nicht ins Hemd.“, sagte Kyo genervt.

„Ich hole meine Taschenlampe, dann können wir wenigstens etwas sehen, wenn auch nicht viel.“, kam es von Shinya, der in das Zimmer von ihm und Die ging und schnell eine Taschenlampe aus der Tasche kramte. Jetzt konnten sie wenigstens sehen, wohin sie treten.

„Toshi, nimm deine Hand von meinem Hintern!“, hörte man nur kurze Zeit später Kyo schreien.

„Das ist dein Arsch? Ich dachte das wäre Dies Arm. Tschuldigung.“

Kyo knallte Toshi eine und ging weiter. Auf einmal ging das Licht wieder an.

„Was ist denn jetzt?“, fragte sich Kaoru laut.

Keiner wusste eine Antwort darauf und so gingen sie in die Küche, um doch noch etwas zu sich zu nehmen. Als sie gerade Platz genommen hatten, flackerte das Licht einmal ganz kurz und ging dann wieder aus.

„Jetzt reicht es aber, ich gehe jetz zu diesem scheiß Stromkasten und klebe die bescheuerte

Sicherung fest. Shin gib mir mal deine Taschenlampe.“, bat ihn Kaoru.

„Kao, du kannst doch nicht ganz alleine da runter gehen!“, sagte Toshi etwas verunsichert von dem ständigen Stromausfall.

„Willst du etwa mitkommen?“

„Äh… na ja, nicht so gerne, aber das Haus … “

„ … ist ein ganz normales, wie jedes andere auch. Es geht schneller, wenn einer geht,

außerdem haben wir auch nur eine Taschenlampe. Macht euch ein paar Kerzen an. Ich bin

gleich wieder da.“

Kaoru wartete bis sie genug Kerzen angezündet hatten und ging dann in die Halle. Es war unglaublich leise. Man hätte eine Stecknadel fallen hören können. Kaoru hatte sichtlich keine Angst, wahrscheinlich wäre er der letzte, der sich in diesem Haus fürchten würde. Plötzlich hörte er etwas. War ihm einer der Jungs doch nachgekommen?

„Wer ist da?“, fragte er, um sich Gewissheit zu verschaffen. Doch er bekam keine Antwort. Langsam ging er weiter. Wieder hörte er Schritte. Schweres Atmen. Stille.

„Hilf mir … Bitte …“

Kaoru fuhr zusammen. Es war wirklich jemand hier. Ein Mädchen? Mit der Taschenlampe in der Hand schien er durch die Halle und entdeckte ein kleines Mädchen neben der Treppe sitzen. Er ging zu ihr rüber, anscheinend brauchte sie Hilfe.

„Was hast du Kleine?“, fragte Kao besorgt.

Als er nahe genug war, um das Mädchen besser sehen zu können, lief es ihm kalt den Rücken runter. Mina. Nach der Beschreibung von Die musste sie es sein. Ihr Arm. Ihr Gesicht. Wo kam sie bloß her? Etwas misstrauisch bückte er sich zu ihr runter und fragte: „Was hast du? Kann ich dir helfen?“

„Mein Arm. Er ist gebrochen … hilf mir, bitte!“, jammerte sie.

Kao konnte nicht erkennen, um welchen Arm es sich handeln sollte, also streckte er langsam seine Hand aus um sie zu berühren. Auf einmal glänzten ihre Augen auf und sie packte den Leader am Arm. Er versuchte ihn wegzuziehen, doch sie krallte sich mit ihrem künstlichen Arm so sehr fest, dass es ihm somit unmöglich war. Die Taschenlampe fällt mit einem knallenden Geräusch auf den Boden. Nach wenigen Sekunden des Schweigens sagte sie, mit einem hämischen Grinsen im Gesicht: „Sagte ich mein Arm? Verzeih. Ich meinte dein Arm!“ Das Geräusch von splitterndem Knochen war zu hören, gefolgt von einem schmerzerfüllt, gequälten Schrei. Das Licht ging wieder an. Niemand mehr da.
 

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„War das Kaoru?“, fragte Shinya.

Sie malten sich schon das Schlimmste aus, dass er wohlmöglich gestürzt sei und jetzt bewusstlos im Keller lag. Toshi bekam jetzt schon eine Gänsehaut, bei dem Gedanken da runter gehen zu müssen. Keiner von ihnen wunderte sich, dass das Licht wieder an war. Als die vier Jungs in die Halle traten saß Kaoru an die Treppe gelehnt und hielt sich den schmerzenden Arm. Besorgt stürzten sie zu ihm und fragten gleichzeitig was passiert war.

„Dieses … k … kleine Luder!“, stöhnte er vor Schmerzen.

Schnell lief Shin in sein Zimmer und holte etwas zum schienen und Verbandszeug. Währenddessen brachten Kyo und Die Kaoru in den Aufenthaltsraum. Niemand sagte auch nur ein einziges Wort, sie waren zu besorgt und gleichzeitig erschrocken. Gerade als sich Kao auf einen Sofa fallen lies, kam auch schon Shinya, um ihn zu verarzten. Er gab dem Leader ein Schmerzmittel und versorgte den Arm, so gut er konnte. Zwar war Shin der einzige, der großen Wert auf Gesundheit legte, aber das machte noch lange keinen Arzt aus ihm. Der Vorfall hatte alle ziemlich mitgenommen und wäre Kao nicht zu erschöpft gewesen, wären sie auch sofort nach Hause gefahren. Aber so haben sie sich dafür entschieden noch die letzte Nacht in der Villa zu bleiben und gleich morgen früh zu fahren. Jeder zog sich in sein Zimmer zurück. Kyo hatte ein anderes, für die Nacht, belegt, da er keine große Lust hatte den ganzen Saustall in seinem Zimmer wieder aufzuräumen, sollte das doch das Personal machen. Es war stockdunkel. Leise pfiff der Wind durch die Ritzen im Fenster. Kyo schlief tief und fest, als er plötzlich durch ein Geräusch im Badezimmer geweckt wurde. Noch ziemlich müde rieb er sich den Schlaf aus den Augen, blinzelte ein paar mal, bis sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatte und schaute sich dann im Zimmer um. Nichts. Es war wohl der Wind, dachte er und legte sich wieder schlafen. Wenige Sekunden später, erklang wieder ein Geräusch, diesmal schien es näher zu sein, als beim ersten Mal. Wenn Toshi wieder irgendwelche kranken Streiche ausheckt bringe ich ihn um oder noch besser wir lassen ihn hier alleine im Haus, dachte sich Kyo, der schon sichtlich genervt war.
 

Toshi aber schlief friedlich in seinem Bett und ahnte nicht, dass sich jemand in seinem Zimmer befand. Er wurde durch das Geräusch eines herunterfallenden Gegenstandes geweckt. Erschrocken fuhr er im Bett hoch und schaute sich völlig panisch im Zimmer um. Eine Gestalt stand nur wenige Schritte von seinem Bett entfernt.

„Wer bist du?“

„Tut mir leid, jetzt hab ich dich geweckt. Dabei wollte ich, dass du erst in meinem Labor

wach wirst.“, kam es von der Gestalt.

Toshi begriff nicht ein Wort. Waren denn alle verrückt hier im Haus? Wenn das Ding nicht in wenigen Sekunden verschwindet, wird er schreien, bis das ganze Haus wach ist.

„Wer bist du und was willst du von mir?“

„Wie taktlos von mir. Wo habe ich meine gute Kinderstube nur gelassen. Darf ich mich

vorstellen, mein Name ist Doktor Shiguri. Ich leite dieses Sanatorium. Und von dir möchte

ich nur deine Bereitschaft für ein paar kleine Experimente.“

Perplex schaute ihn Toshi an und dachte, dass das ein dummer Scherz wäre. Tatsächlich, hier waren alle völlig irre!

„Ganz sicher werde ich mich keinen kranken Experimenten zur Verfügung stellen!“, sagte Toshi schon ganz aufgebracht.

„Das habe ich mir schon gedacht. Du lässt mir keine andere Wahl …“

Das Bett fing an zu wackeln, Schlinge legten sich um die Hand – und Fußgelenke von Toshi. Was hatte das alles zu bedeuten? Das Bett richtete sich auf, die Decke fiel zu Boden. Toshi zehrte an den Fesseln und versuchte sich zu befreien, er wollte gerade los schreien, als sich eine weitere Schlinge, die aus dem Nichts zu kommen schien, um seinen schlanken Hals legte und leicht zudrückte.

„So so. Ich will dich nicht völlig in Unwissenheit lassen. Du wirst mir als Versuchsobjekt

dienen. Keine Angst um deine Freunde, die werden deinem Schicksal folgen.“, hämisch fing er an zu lachen und zückte ein Skalpell. Wollte er ihn jetzt hier auf der Stelle bei vollem Bewusstsein aufschneiden?

„Warte!“, krächzte er.

Der Doktor blieb reglos stehen und schaute ihn an.

„Was gibt es? Willst du noch ein letztes Stoßgebet gen Himmel schicken? Es wird dir zwar

nicht viel helfen, aber tu dir keinen Zwang an, nur zu.“

„Nein, ich will etwas von dir wissen.“

Überrascht schaute ihn der Doktor an. Die meisten, sie er behandelt hatte, schrieen, weinten oder betteten. Doch dieser junge Kerl versuchte seien Angst zu verbergen, auch wenn es ihm sehr schwer viel und hatte obendrein auch noch den Wunsch mit ihm Smalltalk zu halten. Nun gut, er würde ihm diesen Gefallen tun.

„Erzähl, was liegt dir auf dem Herzen?“

Toshi wartete. Er wollte soviel Zeit wie möglich rausschlagen. Nicht mehr lange und es würde hell werden und mit etwas Glück würde Shinya, der immer sehr früh aufstand ihn wecken, damit er sich auch fertig, zum Aufbruch, macht.

„Was ist nun, doch weiche Knie bekommen?“

„Nein, sicher nicht!“ Trotzig schaute er den Doktor an. Was genau war er? Ein Geist? Er konnte unmöglich noch leben, was also war er?

„Was war an jenem besagten Tag passiert? Eine ihrer Schwestern hat Tagebuch geführt und

einen schlimmen Tag erwähnt, an dem sich ihr Verhalten geändert hat. Was genau ist da los

gewesen?“

Mit weit aufgerissenen Augen blickte er Toshi an. Welches von den Miststücken hatte ein Tagebuch gehabt? Egal, sie war sowieso schon tot und würde ihm nicht mehr schaden können.

„Jener Tag hat nicht nur mein Verhalten geändert, sondern mein ganzes Leben. Ich weiß

nicht wie viel du weißt. Daher erzähle ich dir die ganze Geschichte. Es ist schwer für ein

Sanatorium aufzukommen. Die meisten Eltern haben nicht das nötige Kapital, um ihren

Kindern einen langen Aufenthalt in meiner Einrichtung zu bieten, daher brauchen wir

Sponsoren. Ich weiß, dass es komisch klingt. Aber nur so konnten wie Das Sanatorium

lange in Betrieb halten. Viele Sponsoren hatte ich noch nie gesehen, wenn man Geld

geschenkt bekommt, sind einem meist egal von wem. Doch einer der Sponsoren wollte

mich nach mehreren Bitten unbedingt persönlich treffen. Ein Treffen wurde vereinbart.

Vielleicht wirst du mir nicht glauben schenken, aber es handelte sich bei den besagten

Sponsoren, um so eine Art Hexenmeister. Sie führten viel illegale und abartige Versuche

durch. Ich wusste nachdem sie mir das alles erzählt hatten, würde ich nicht lange am leben

bleiben. Doch es kam anders. Sie stellten die Bedingung, dass ich Versuche an den Kindern

durchführe und ihnen die Ergebnisse mitteile. Natürlich weigerte ich mich. Sie meinten sie

würden wieder kommen und gaben mir ein kleines Fläschchen, dessen Inhalt ich trinken

solle, sonst würden sie hier alles niederbrennen. Ich misstraute ihnen. Es hätte sich um Gift

oder sonst was handeln können, aber ich wollte zu dem Zeitpunkt kein Menschenleben

gefährden. Nachdem ich das Mittel zu mir genommen hatte, muss etwas in meinem Gehirn

passiert sein. Sehr bereitwillig führe ich seit her Versuche zu ihrem Zwecke durch. Doch

mir fehlen männliche Wesen. Ich sandte Briefe an die Nachkommen der Familien der

Kinder die hier gelebt haben. Ihr seid die ersten die hier eingetroffen sind. Herzlichen

Glückwunsch.“

Oh, man ganz schön schwerer Brocken. Sollte er ihm glauben? Was blieb ihm anderes übrig, wenn er behauptete er wäre ein Lügner, könnte er noch ausrasten.

„Aber wie kommt es das du nach all den Jahren noch lebst und diese Mädchen Mina auch?“

„Mina?! Meine kleine treue Gehilfin. Sie ist nicht die einzige die sich hier im Haus aufhält.

Alle die ich einst behandelt hatte leben hier. Zumindest ihre Seelen. So wie meine und

Minas. Wir können Gestalt annehmen, dank den Hexenmeistern. Ich hatte immerhin mit

ihnen einen Vertrag geschlossen der mich auch bis in den Tod hinaus an sie binden würde.“

„Wieso kann Mina dann auch Gestalt annehmen? Sie hat doch keinen Vertrag unterzeichnet

oder?“ Langsam interessierte sich Toshi sehr für die Geschichte. Konnte so etwas wirklich noch im einundzwanzigsten Jahrhundert passieren?

„Das habe ich selber gemacht. Ich habe solange herumexperimentiert bis ich herausgefunden

hab wie man einen Menschen auch nach seinem Tod leben lassen kann. Natürlich sind viele

der Kinder dafür gestorben, aber für eine guten Zweck. Aber genug geredet, Zeit für große

Taten.“

Toshi wurde leichenblass, hatte er nicht genug Zeit herausgeschlagen?
 

Zeitgleich rollte sich Kyo aus der Bettdecke und stand auf. Eine kalte Briese umfing ihn. Hatte er vergessen das Fenster zu schließen? Er hatte das Gefühl nicht alleine in diesem Raum zu sein. Seine Vermutung bestätigte sich auch sogleich. Ein bläulich schimmernder Rauch drang aus dem Badezimmer heraus und auf einmal konnte er nebelhafte Umrisse sehen. Immer mehr nahm der Nebel Gestalt an. Es war eine Frau: Lange weizenblonde Haare lagen ihr auf den Schultern und umrahmten ihr zierliches Gesicht. Sie war etwas kleiner als Kyo und hatte ein langes weißes Nachthemd an. Blaue Augen schauten ihn liebevoll an.

„Hab keine Angst!“, sagte sie mit einer ruhigen Stimme.

„Ich bin … war Schwester in diesem Sanatorium und habe mich um die Kinder gekümmert.

Mein Name ist Ann. Du und deine Freunde habt mein Tagebuch gefunden und seit trotz der

erschreckenden Dinge die hier passiert sind nicht gegangen …“

„Was willst du hier?“ Kyo war auf alles gefasst.

„Es tut mir leid, wegen dem Vorfall in deinem Zimmer. Ich wollte euch erschrecken, damit

ihr endlich verschwindet. Der Doktor wird euch einem nach dem anderen zu sich holen

und ...“, ihre Stimme brach ab.

„Welcher Doktor? Ich verstehe nicht ganz. Meinst du diesen Shiguri?“

„Ja. Er ist nicht mehr Herr seiner Sinne und führt Versuche an Menschen durch. Er will

einen besseren Menschen schaffen und das Leid lindern. Dabei

ist er doch derjenige, der Leid zufügt!“

„So sieht das also aus.“ Er musste die Information erst einmal verdauen.

„In deinem Tagebuch steht, dass du auch von ihm “behandelt“ wurdest.“

„Nein. Es ist so … Ich konnte den Gedanken nicht ertragen und habe meinem Leben ein

Ende gesetzt. Es war feige von mir, ich weiß. Aber ich wollte ihm keine Macht über mich

geben!“

„Hm … du bist sehr stark. Es ist ein schwerer Schritt, sich selbst das Leben zu nehmen …“

Nach kurzem zögern sagte er: „Du bist keine Japanerin. Woher kommst du?“ Er fand Ann sympathisch und wollte sich gerne etwas länger mit ihr unterhalten. Sie hatte so eine traurigen Blick, der zugleich soviel wärme ausstrahlte. Bemerkenswert, wie viel Mut sie dem ganzen hier entgegenbrachte.

„Aus Amerika. In den Fünfzigern bin ich her gekommen, um in dieser Einrichtung zu

arbeiten. Am Anfang war alles noch sehr harmonisch, doch nach dem Vorfall in Dr.

Shiguris Arbeitszimmer, wurde er regelrecht zum Sadist. Ich hatte den Eindruck, als würde

es ihm höllisches Vergnügen bereiten uns zu quälen.“ Sie verstummte.

„Was für ein Vorfall?“

„Eines Tages saß er in seinem Zimmer und versuchte eine Lösung für unsere Geldknappheit

zu finden. Einige Sponsoren waren bei ihm. Nachdem sie gegangen waren hörte man einen

grauenhaften Schmerzensschrei aus dem Arbeitszimmer des Doktors. Ich und einige der

anderen Schwestern wollten nach ihm schauen, aber die Tür war abgeschlossen.

Wir dachten schon er hätte eine schlechte Nachricht von den Sponsoren erhalten und sich

danach das leben genommen, aber nicht so. Er sagte uns nicht was passiert war und seit

dem Tag benahm er sich sehr merkwürdig …“

„Danke, dass du mir das alles erzählt hast, obwohl es dir wahrscheinlich nicht gerade leicht

fällt.“

„Bitte, geht weg von hier. Ich will nicht, dass euch etwas zustößt! Wer weiß, vielleicht ist er

heute Nacht schon bei einem von deinem Freunden.“ Besorgt schaute sie ihn an. Kyo nickte und wollte sich gerade auf den Weg machen, um zu schauen ob es den anderen gut ging, da drehte er sich noch einmal zu ihr um. Mit traurigem Blick schaute er sie an. Sie war hübsch, wenn sie in seiner Zeit gelebt hätte, hätte er sie bestimmt mal zu einem Kaffee eingeladen. Sie schwebte zu ihm und beugte sich zu ihm.

„Du bist ein guter Mensch!“, flüsterte sie und hauchte einen Kuss auf seine Lippen. Dann war sie verschwunden.
 

Das Skalpell blitze im aufgehenden Licht der Sonne auf und wurde oberhalb von Toshis Brust angesetzt. Ein kleiner Schnitt. Blut sickerte aus der feinen Wunde. Toshiya zog die Luft scharf ein. Ihm ran der Schweiß von der Stirn. Noch nie hatte er solch eine Angst verspürt. Er dachte schon sein letztes Stündlein hätte geschlagen, als er plötzlich ein Klopfen an seiner Tür hörte, gefolgt von einer Stimme.

„Toshi? Kann ich reinkommen?“

Es war Kyo.

„Oh, da will uns wohl jemand stören. Auch gut, dann führe ich meine Versuche ein anderes

Mal durch. Ihr werdet mir nicht entkommen. Von diesem Grundstück gibt es für niemanden

ein Entkommen.“ Mit diesen Worten verschwand er genauso schnell wie er gekommen war. Kyo betrat das Zimmer und sah Toshi ans Bett gefesselt. Schnell war er da und befreite ihn. Völlig erschöpft hing Toshi in Kyos Armen. Von dessen schwereren Gewicht, zackte Kyo mit ihm auf den Boden.

„Toshi alles o.k.?“ Besorgt schaute er seinen Freund an. Nach außen sah es immer so aus, als würde er ihn nicht leiden können, aber dem war nicht so. Wenn auch nur einem der Bandmitglieder etwas passieren würde das ein zu schwerer Schlag für ihn sein. Sie waren seine Familie.

„Wir müssen hier sofort weg!“, sagte Toshi erschöpft und schloss die Augen.

Kyo lief etwas panisch zu Die und Shinya ins Zimmer. Letzterer stand im Badezimmer und putzte sich gerade die Zähne, während sich Die gerade ein Shirt rüberzog und beinah gestolpert wäre, aus Schreck, weil die Tür so plötzlich aufgerissen wurde.

„Mensch Kyo, kannst du nich anklopfen. Ich stehe hier halbnackt und du!“, bescherte sich Die scherzhaft.

„Du hast nichts, was ich noch nicht gesehen hätte. Außerdem ist Shin doch auch hier

drinnen.“

„Ja, schon. Aber bei Shin und mir ist das was anderes.“, sagte Die und zwinkerte Shinya zu,

der etwas verwirrt war, weil er nicht alles mitbekommen hatte.

„Was ist? Du stehst auf Kyo?“, fragte er deshalb irritiert.

„Shin, du hörst auch nur was du willst, na egal …“, meinte Die.

„Jungs kommt mal schnell mit zu Toshi. Ich geh und weck Kaoru auf. Hier passieren sehr

merkwürdige Dinge!“, sagte Kyo nachdem Die seinen morgendlichen Witz gerissen hatte.

Nachdem sich Kyo und Kao zu Toshi, Die und Shinya begeben hatten. Erzählte zuerst Kyo was ihm gerade passiert war und anschließend Toshi.

„Ich weiß ja nicht was ihr davon hält, aber ich denke diese Ann hat recht, wir sollten so schnell wie möglich hier verschwinden!“, kam es als erstes von Shinya, der schon die ganze zeit ein ungutes Gefühl in diesem Haus hatte.

„Aber er meinte wir würden hier nicht wegkommen.“, sagte Toshi, der immer noch leicht angeschlagen war.

„Egal was der kranke sagt, wir ziehen uns an, packen unser Zeug zusammen und

verschwinden von hier!“, beschloss Kao.

Binnen kurzer Zeit hatten sie ihre Sachen zusammengepackt und hatten sich noch einmal alle im Aufenthaltsraum versammelt. Shinya hatte gerade ein Feuer im Kamin angezündet, weil es einfach unerträglich kalt in diesem Raum war, auch wenn sie nur noch einpaar Minuten hier bleiben würden.

„Ich gehe und hole das Auto. Wartet hier!“, sagte Shinya und wollte grade loslaufen.

„Warte. Wieso gehen wir nicht alle zusammen? Das Auto kommt doch gar nicht hier rauf!“, meinte Die.

„Es geht schneller wenn einer das Auto holt. Ich werde einfach den Waldweg hochfahren, so

schmal ist er nun auch wieder nicht. Außerdem bin ich der schnellste von uns. Jetzt hör auf

mit mir diskutieren zu wollen!“

Sie schauten sich gegenseitig an. War es nicht zu gefährlich nur eine von ihnen gehen zu lassen? Aber Shin hatte Recht, seine Ausdauer war die Beste und keiner von ihnen konnte auf längere Entfernung mit ihm mithalten.

„Na gut. Wir bleiben hier und du läufst los und holst den Wagen.“, kam es dann schließlich von Die. Shinya lief noch einmal in die Küche und machte sich dann auf den Weg. Er wollte keine Sekunde länger hier bleiben und lief als wäre der Teufel hinter ihm her. Shinya bemerkte so nicht, dass ihm eine gestalt in einem langen schwarzen Mantel folgte. Es war schon eine längere Zeit verstrichen als Die sich zu Wort meldete.

„Das dauert mir zu lange. Ich gehe ihm entgegen!“, sagte Die, sprang aus dem Sessel, lief zur Eingangstür und riss sie auf, als plötzlich ein fürchterlicher Schrei aus dem Wald ertönte.

„Shinya …“

Die lief so schnell ihn seine Füße tragen konnten. Er hoffte inständig, dass seinem Freund nichts passiert sei, aber nachdem was Kao und Toshi passiert war, wusste er nicht genau ob es noch viel Hoffnung gab. Er kam zum Auto und sah Shinya zusammengesackt auf dem Boden sitzen.

„Shinya?“

Dieser drehte sich um und war etwas verstört.

„Was ist passiert?“, wollte Die wissen.

„Ich weiß nicht. Da war ein Kerl in einem schwarzen Mantel, ich konnte sein Gesicht nicht

sehen. Er ging auf mich zu und hatte seine Hände nach mir ausgestreckt, so als wollte er

mich würgen. Ich zog das Messer, das ich mir aus der Küche geholt hatte. Er lief genau in

die Klinge, schrie und verschwand. Ich hab keine Ahnung was hier los ist, aber lass uns so

schnell, wie möglich von hier verschwinden!“

Mit etwas mühe fuhren sie den schmalen Waldweg hoch und sahen wie die anderen Draußen standen. Shinya hielt vor dem großen Torbogen an und die anderen kamen ihnen schon, als er auf einmal weit die Augen aufriss. Die Villa hatte im Aufenthaltsraum Feuer gefangen, anscheinend hatten sie vergessen das Feuer im Kamin zu löschen, und es breitete sich mit einer ungeheuren Geschwindigkeit aus. Wenn es die Küche erreicht und der Gasherd Feuer fängt geht alles in die Luft, dachte er.

„Beeilt euch!“, schrie er ihnen entgegen. Jetzt hatten die anderen auch bemerkt, dass die Villa in Flammen stand. Gerade als sie sicher im Auto saßen und schon ein gutes Stück vom Haus entfernt waren, hörte man eine laute Explosion. Würde dass das Ende vom Doktor und seine krankhaften Experimenten sein?
 

Written by Marry



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  motti
2007-03-02T23:18:09+00:00 03.03.2007 00:18
Eine wirklich ungewöhnliche Fiction! Erinnert mich ein bisschen an Silent Hill. XD
Egal, mir gefällts.
Von:  Jeniva
2007-01-25T22:25:13+00:00 25.01.2007 23:25
Wow ich muss sagen ich bin platt..n_n°
Die idee zur ff war genial..^^..
Das spannende mit etwas lustigen zu kombiniern war eine gute idee..ich hab mich hier teilweise krank gelacht..XD~..
Gibt es dazu noch eine fortsetzung oder ist echt jetzt richtig beendet?weil der doktor kann ja auch irgendwo anders noch ein haus haben in dem er experimente gemacht hat?..^^
ganz großen lob..*noddu*
Von: abgemeldet
2007-01-18T15:25:56+00:00 18.01.2007 16:25
hey! ^^ jetzt hab ich s auch endlich mal geschafft deine story zu lesen.. ^^''
die is echt geil.. XD so grusilig.. *_* aber ein offenes ende.. T_T das is fies.......
was ich besonders klasse fand, war, wie du die charas umgesetzt hast.. XD die is genial! *lovel*
nya, du musst deinen anderen kram auch mal hochladen! >< *schimpf*
bis dann! hab you lüb! ^^V *knuddl*
Von: abgemeldet
2007-01-07T03:30:55+00:00 07.01.2007 04:30
WOW
extrem grosses lob
deine ff is einfach nur genial
supa geschrieben
supa inhalt
un auch gruselig ^^
wirklich seit langem ma wieder eine ff die wirklch richtig gehend spannend war
un auchn noch so schön lang ^^
gibs davon ne fortsetzung oda war dat sowat wien one shot?+
würd mich auf jeden fall supa freun wenns davon noch mehr kapis geben würde
LG :3

bb *monstaknuddelknutscha*


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