Ein alter Verehrer
Hallöchen,
das zweite Kapitel geht ins Netz.
Diesmal trifft Sesshomaru auf einen alten Verehrer seiner Gefährtin. Zum
ersten Mal lehrt er das Gefühl der Eifersucht kennen.
Viel Spaß beim Lesen.
*****************************************************************************
Ein alter Verehrer
"Wie konntet Ihr Manabu-sama nur so einen Schrecken einjagen. Er hat es nur
gut mit mir gemeint. Da ich aus meiner Meinung über die Heirat mit dem Kaiser
kein Geheimnis gemacht habe, wollte er mir nur damit helfen. Er dachte, so
könnte ich vielleicht den Kaiser in Schach halten, zumindest für eine gewisse
Zeit", sagte Ayaka und lächelte erneut
"Leider hat es den Falschen erwischt", knurrte Sesshomaru. Ayaka legte die
Hand auf seinen Arm und sah ihn an.
"Werdet Ihr mir das je verzeihen können?", fragte sie nun kummervoll. Sie
ahnte, dass sie ihn mit ihrer Tat tief verletzt haben musste.
Er sah in ihre traurigen Augen. "Ich habe den Rest meines Lebens Zeit, dich
dafür büssen zu lassen. Und ich werde mir bestimmt dazu einige Sachen einfallen
lassen", antwortete er und der unerwartete warme Ausdruck in seinen goldenen
Augen, als sein Blick viel sagend über ihren Körper glitt, nahm seinen Worten
die Bedrohung.
Ein bekanntes Kribbeln erfasst Ayaka und sie lächelte. "Ich werde eure Strafe
erwarten... Gebieter."
"Wer ist Yori?", die Frage ließ Ayaka’s Fröhlichkeit verschwinden. Sie hatte
es schon geahnt, dass er es wissen wollte. Überlegend runzelte sie die Stirn.
Was konnte sie ihn über Yori bloß sagen?
"Er ist der Anführer eines kleinen Rudels. Er untersteht der Herrschaft
meines Vaters."
"Weiter!", Sesshomaru wusste, dass das nicht alles war.
Ayaka streifte ihn mit einem raschen Seitenblick, dann fixierte sie erneut das
Hauptgebäude, als wäre es furchtbar interessant. "Yori und ich waren seit
unserer frühesten Kindheit befreundet. Wenn ich daran denke, was wir alles
angestellt haben, dann kann man von Glück reden, dass dieses Schloss noch
steht. Für Yori war es immer selbstverständlich, das er mich zur Gefährtin
nehmen würde, wenn die Zeit dazu gekommen ist. Ich empfand für ihn jedoch
immer nur Freundschaft.
Yori hat um mich geworben, bevor der Kaiser beschloss mich zu heiraten. Bei
diesem Werben ist er einmal etwas zu... weit gegangen.
Ich habe ihn in seine Schranken verwiesen. Danach war unsere Freundschaft nicht
mehr wie früher. Er hatte sich verändert und das nicht unbedingt zu seinem
Vorteil.
Mein Verweis hat ihn aber nicht davon abgehalten, mir weiter den Hof zu machen.
Mein Vater hätte mich ihm vielleicht sogar versprochen, wenn der Kaiser nicht
gewesen wäre. Yori ist jung, waghalsig und hat bisher meinen Vater immer
unterstützt."
"Aber du traust ihm nicht?", fragte er.
Ayaka schüttelte den Kopf. "Nein, nun nicht mehr. Irgendetwas an ihm... stört
mich."
Das war es also. Dieser Yori hatte sich Aussicht auf Ayaka ausgemalt. Nicht
nur das. So wie es Ayaka beschrieben hatte, hatte es dieser Kerl gewagt ihr zu
nahe zu treten. Im Nachhinein, überkam ihn ein Gefühl, in dem er, zu seinem
Erstaunen, Eifersucht erkennen musste.
Sollte dieser Kerl seine Grenzen Morgen nicht erkennen, dann würde er sie ihm
aufzeigen müssen und zwar recht nachdrücklich. Und es würde ihm eine ganz
persönliche Freude sein.
Die Schatten der Dämmerung krochen langsam über das Schloss. Ayaka warf einen
Blick in den Himmel. "Ich werde Euch Eure Gemächer für heute Nacht zeigen
lassen. Es hat wohl keinen Zweck heute noch aufzubrechen. Der heilige Berg
ist voller Tücken."
Sie sah ihn fragend an und er nickte zustimmend.
Ayaka winkte einen Diener heran und befahl ihm den Haushofmeister zu holen.
"Ich werde noch mal nach meinem Vater sehen", sagte Ayaka und ließ ihren
Blick nachdenklich über das Haupthaus gleiten. Die Sorge um ihren Vater und
ihren Bruder waren deutlich in ihrem Gesicht abzulesen.
Der Haushofmeister erschien und verneigte sich höflich.
Ayaka wandte den Blick zu ihm. "Bringe Lord Sesshomaru in die besten
Gästezimmer. Ihm soll jeder Wunsch erfüllt werden."
"Es wird geschehen, wie ihr befiehlt Ayaka-Hime", mit einer Verbeugung
bestätigte der Dämon den Befehl.
Ayaka wandte sich an Sesshomaru. Sie senkte traurig den Kopf. "Es tut mir
Leid, das Ihr ein solches... Chaos hier antreffen musstet. Ich..."
Er hob seine Hand und legte sie ihr unter das Kinn. Mit sanftem Druck hob er
es an und zwang sie ihn anzusehen.
"Entschuldige dich nicht bei mir. Wir werden den Attentäter finden. Ich bin
nun an deiner Seite."
Ein Lächeln glitt über ihr Gesicht. "Er wird sich wünschen nie auf dieses
Schloss gekommen zu sein."
**************************************************************************
Sesshomaru sah aus dem Fenster. Es zeigte in den Innenhof. Nach einem kurzen
Rundblick hatte er festgestellt, dass das Gästezimmer wohl eines der besten im
Schloss war und man hatte es ihm, den zukünftigen Gefährten der ältesten
Tochter, zugeteilt. Eine Ehre.
Die Dunkelheit hatte sich schon über das Land gesenkt.
Gedankenverloren sah er auf das mit Seide bespannte Lager. Er legte weder
Haori noch Rüstung ab, sondern legte sich voll bekleidet auf die große
Lagerstatt.
Tokijin fand seinen Platz direkt neben ihm.
Er war zwar hier eigentlich unter Freunden, doch das was mit dem Fürsten
geschehen war, zeigte nur zu deutlich, dass es auch hier Feinde gab.
Derjenige, der so verrückt sein würde, unangemeldet in sein Zimmer zu kommen,
würde eine für ihn durchaus unangenehme Überraschung erleben.
Er lehnte sich an die Wand und schloss die Augen. Er benötigte keinen Schlaf,
aber er würde sich so leichter entspannen können.
Leise Geräusche an der Tür ließen ihn aufhorchen. Seine Nasenflüge bebten, als
er den inzwischen so vertrauten Geruch aufnahm.
Die Tür schloss sich wieder hinter seinem nächtlichen Besucher. Leise tappende
Schritte näherten sich seinem Bett und blieben genau neben ihm stehen.
Er öffnete die Augen und erkannte die schlanke in einem weißen Yukata
gekleidete Gestalt von Ayaka.
"Du weißt, dass es nicht richtig ist, dass du hier bist. Noch sind wir
offiziell, laut dem Kaiser, keine Gefährten", sagte er leise.
"Das fällt Euch früh ein", kam es ebenso leise von Ayaka zurück. Ein Zittern
ging durch ihren Körper. "Ich... ich... brauche Euch", kam es dann zögerlich.
Wortlos rückte er ein Stück zur Seite. Ayaka kroch rasch zu ihm und lehnte sich
an seinen Körper.
Die Wärme, die er ausstrahlte, tat ihr gut.
Es hatte sie eine Kälte erfasst, die nicht nur körperlicher, sondern auch
seelischer Natur war.
Wie konnte das alles nur geschehen?
Nie hätte sie damit gerechnet, so einen Verrat hier vorzufinden. Wer konnte
ihrem geliebten Vater nur so etwas antun wollen?
Sesshomaru legte einen Arm um sie und zog sie noch fester an sich. Es freute
ihn, dass sie seine Nähe suchte, dass sie ihm so vertraute.
Sacht strich er über ihr dichtes Haar, und fühlte, wie sie sich näher an ihn
schmiegte.
"Ruh dich aus. Bei mir bist du sicher… Gefährtin", flüsterte ihr leise zu.
"Ich weiß,... ai shiteru, Sesshomaru", kam es kaum hörbar als Antwort, dann
glitt sie in tiefen Schlaf.
Einem Schlaf von dem sie wusste, dass er von Sesshomaru beschützt werden würde.
*************************************************************************
Heller Sonnenschein fiel durch das Fenster. Ayaka begann sich langsam zu
rühren. Als sie Augen aufschlug, sah sie als erstes goldene Augen, die sie mit
eindringlichem Blick beobachteten.
"Guten Morgen, Sesshomaru-sama", murmelte sie noch leicht verschlafen. Für
einen Moment war sie versucht den Kopf wieder an seine Schulter zu legen und
die Augen zu schließen.
Leider riss sie seine Stimme aus diesen Gedanken. "Du musst gehen. Wir wollen
sobald wie möglich aufbrechen. Mach dich reisefertig."
Mit einem leisen Seufzer erhob sie sich von dem Lager.
Fasziniert beobachtete er sie, wie sie sich, beleuchtet von dem hellen
Sonnenlicht, reckte. Innerlich schüttelte er den Kopf über die Gedanken, die
ihm gerade durch den Kopf schossen. Er begehrte diese Frau mit jeder Faser
seines Körpers. Ansonsten hatte er seine Gefühle immer unter Kontrolle, nur
bei dieser Frau versagte seine Selbstbeherrschung.
Ayaka wandte ihm den Kopf zu. In seinem Gesicht zeichnete sich nichts von
seinen Gedankengängen ab. Dennoch spürte sie mit weiblicher Intuition, was ihn
beschäftigte.
Rasch beugte sie sich vor und hauchte ihm einen schnellen Kuss auf die Wange,
dann verschwand sie mit einer Geschwindigkeit, die ihre Müdigkeit von vorhin
Lügen strafte.
So rasch wie möglich kehrte Ayaka in ihre Gemächer zurück.
Das Schloss erwachte allmählich und die Diener begannen wieder ihre Arbeit
aufzunehmen. Es gelang ihr unbeobachtet in ihre Räume zu gelangen. Rasch
huschte sie durch die Tür und schloss wieder hinter sich.
Er hatte Recht, je eher sie aufbrachen, desto schneller würden sie Daichi
finden und umso eher würde ihr Vater das Heilkraut bekommen.
Aus einer ihrer Truhen nahm sie sich eine dunkle Hakama und einen Haori mit
Blumenmuster.
Kaum hatte sie sich angekleidet, als es schon an der Tür klopfte. Ohne das
"Herein!" abzuwarten wurde die Tür aufgeschoben und Aimi kam herein.
Sie stürmte auf Ayaka zu und umarmte sie. "Guten Morgen, Onee-chan!", rief
sie fröhlich.
Ayaka fing sie auf. "Morgen, Aimi! Schon so früh auf !?"
Die Kleine löste sich von ihr und trat einen Schritt zurück. Prüfend sog sie
die Luft ein, dann musterte sie Ayaka. Ein listiges Grinsen breitete sich auf
ihrem Gesicht aus.
"Ich glaube, es gibt da so eine Anordnung vom Kaiser, dass ihr erst nach der
Hochzeit die Nächte miteinander verbringt... oder täusche ich mich?"
Ayaka fuhr hoch und Röte breitete sich unwillkürlich auf ihren Wangen aus.
"Und ich glaube, dass du noch zu jung bist, um dir um solche Traditionen den
Kopf zu zerbrechen."
Das Kleine kicherte vergnügt und wich in Richtung Fenster zurück. "Mach dir
keine Sorgen Schwesterherz. Ich glaube, Vater wird auch nichts dagegen
haben..."
Ihr Blick fiel auf dem Fenster und im nächsten Moment verschwand ihr Lächeln.
"Aber ich schätze, dem da unten wird es wohl nicht gleich sein."
Neugierig trat Ayaka an ihre Seite und sah nach unten auf den Hof.
Dort war eine Gruppe von etwa zehn Wolfsdämonen angekommen. Sie sahen sehr
kriegerisch aus.
Alle waren bewaffnet. Größtenteils mit Schwertern, aber sie sah auch einige
Sperre und einer trug sogar eine riesige Axt.
Die meisten kannte sie davon nicht, doch der Anführer, der war ihr nur zu
bekannt.
"Yori!", murmelte sie leise.
"Das gibt Ärger...", sagte Aimi angespannt und zeigte mit einem Kopfnicken
auf die große weißhaarige Gestalt, die ebenfalls auf dem Innenhof stand.
Langsam zog die Wolfsmeute einen Halbkreis um Sesshomaru.
Lautlos fluchte Ayaka, als sie sah, wie der Anführer der kleinen Wolfsgruppe
und der Inuyoukai genau aufeinander zusteuerten.
Hastig wandte sie sich ab, griff nach ihrem Schwert befestigte es an ihrer
linken Seite und steckte den Dolch hinten in ihren Gürtel.
Ohne weiter auf ihre kleine Schwester zu achten, die wie gebannt am Fenster
stand und das Geschehen im Hof weiterverfolgte, rannte Ayaka nach unten.
*************************************************************************
Die Sonne schien hell. Es würde ein strahlender Tag werden. Ideal zum Reisen.
Auch wenn diese Reise kein Vergnügen sein würde.
Plötzlich drehte sich der Wind und trug Sesshomaru neue Nachrichten zu. Er
hatte sich an die verschiedenen Gerüche, die hier im Schloss herrschten schon
gewöhnt, doch was der Wind nun ihm zutrug, war neu und hob nicht gerade seine
Laune.
Unter dem großen Torbogen, dem Eingang zum Schlosshof, tauchte eine Gruppe von
Wolfsdämonen auf. Etwa zehn Stück. Sie kamen johlend auf den Hof und benahmen
sich, als ob ihnen das ganze Schloss gehören würde. Die Wachen hatten sie
vorbeigelassen, dass hieß sie waren keine Unbekannten für sie.
Das ließ nur den einen Schluss zu, dass dieser Yori, von dem Ayaka gestern
gesprochen hatte, die Gruppe anführte.
So wie die hier auftauchten, bekam er gleich den richtigen Eindruck von diesem
Kerl. Wer sein Rudel so wenig unter Kontrolle hatte, war alles andere,
nur kein guter Anführer.
Der Haushofmeister eilte an Sesshomaru vorbei, der Gruppe entgegen. Tief
verbeugte er sich vor einem jungen Wolfsyoukai. Dieser trug sein langes
schwarzes Haar offen. Sein Gesicht wies markante Züge auf. Das Kinn war
herrisch nach vorne gestreckt. Der Körper war mit einer Rüstung geschützt. An
seiner linken Seite hing ein Schwert.
"Yori-sama, Herzlich willkommen. Der Herr wird Euch gleich empfangen. Er
bittet nur noch um etwas Geduld", klang die Stimme des Haushofmeisters zu
Sesshomaru herüber.
"Wir werden warten!", kam die Antwort.
Der Haushofmeister eilte schnell von dannen.
Die Wolfsdämonen bemerkten Sesshomaru und ein Raunen ging durch die Reihen.
Seine Erscheinung war wahrhaftig nicht gerade unfällig zu nennen.
Sesshomaru unterdrückte sein Youki fast vollkommen. So war seine wahre Stärke
nicht zu erkennen. Mit kühlem Blick musterte er die Gruppe, die sich nun
lauernd näherte. Vor ihm stellten sie sich in einem Halbkreis auf.
Der Anführer trat direkt vor ihn und baute sich vor ihm auf. Die Hände in die
Seiten gestemmt, glitt sein Blick in schon fast entwürdigender Weise an dem
Inuyoukai hinab.
"Was haben wir denn hier? Einen Inuyoukai. Welch seltener Besuch in den
Ländern der Wolfsclans. Normalerweise trauen sich Hunde hier nicht alleine
her. Du scheinst da wohl sehr mutig, oder gar sehr dumm zu sein."
Sesshomaru’s linke Augenbraue hob sich leicht in die Höhe. Seine erste
Einschätzung von diesem Yori war offensichtlich nicht ganz vollständig gewesen.
Zu der Tatsache, dass er ein schlechter Anführer war, hatte dieser Kerl auch
keine Ahnung von angemessenem Benehmen. Man sollte immer vorher prüfen, mit
wem man diese Spielchen spielen konnte, oder mit wem nicht.
Dieser Wolfsyoukai war nicht nur sträflich dumm, sondern auch sehr schnell tot,
wenn er nicht aufpasste.
Stirnrunzelnd sog Yori die Luft ein und Sesshomaru wusste, was sein Gegenüber
so nachdenklich machte.
An seinem Körper haftete noch immer der Geruch von Ayaka und das in einer
Stärke und Intensität, wie sie kaum durch ein freundliches Hallo entstanden
war.
Die Lage war wohl mehr als eindeutig.
"Hey, du Hund. Du riechst... du riechst nach...", wie ein Schlag durchzuckte
Yori die Erkenntnis. Für den ersten Moment hatte er den Geruch, der diesem
arroganten Youkai vor ihm anhaftete, nicht richtig einordnen können.
Doch nun war er sich sicher. Er roch nach Ayaka.
Ein wütendes Knurren drang aus Yori's Kehle. Seine Hand wanderte zu seinem
Schwert und schloss sich um den Griff.
"Ayaka!", war alles, was er sagte.
Gleichmütig sah ihn Sesshomaru an.
"Rede du Hund, wie kann es sein, dass du ...", schrie Yori auf.
Mit blitzartiger Geschwindigkeit schoss Sesshomaru's Hand vor und umschloss,
wie eine eiserne Klammer, die Kehle des Wolfes.
Yori kam nicht mehr dazu sein Schwert zu ziehen, geschweige denn eine andere
abwehrende Bewegung zu machen. Im nächsten Moment wurde ihm die Luft knapp,
deutlich war der Hauch von Gift in der Luft zu spüren und Yori’s Haut am Hals
begann unangenehm zu brennen.
Das Wolfsrudel war zusammengezuckt. Doch keiner wagte ihrem Anführer zur Hilfe
zu eilen.
Die Blicke, die der große weißhaarige Youkai ihnen zuwarf, bannten sie auf der
Stelle. Gleichzeitig spürten sie, wie das Youki von ihrem Gegenüber langsam
anstieg.
In einer Art und Weise, die ihnen verriet, das sie hier auf einen Gegner
getroffen waren, den sie hoffnungslos unterschätzt hatten.
Das hier war ein mächtiger Youkai, wenn nicht sogar ein Youkaifürst.
"Du solltest schnell lernen, wie man höflich spricht, Welpe. Ansonsten werde
ich vergessen, dass ich hier nur Gast bin", kam der kalte Kommentar von
Sesshomaru. Mit einer Bewegung aus dem Handgelenk, schleuderte er Yori zur
Seite. Der Wolf überschlug sich und prallte hart auf den Boden auf.
Er richtete sich halb auf und rieb sich die Kehle, die durch den Griff, sowie
durch die Gifteinwirkung in arge Mitleidenschaft gezogen worden war.
"Wer bist... seid Ihr?", keuchte er, sich im letzten Moment auf Höflichkeit
besinnend.
"Er ist mein Gefährte!", kam die klare weibliche Stimme aus dem Hintergrund.
Yori's Blick glitt an Sesshomaru vorbei. Ayaka näherte sich aus der Richtung
des Haupthauses.
Sie trat an Sesshomaru's Seite und sah auf Yori mit einem missbilligen Blick
herab. "Ich dachte, dass du inzwischen gelernt hast, dass es immer jemanden
gibt, der stärker ist als man selbst."
Mit einem Blick auf das Rudel, fuhr sie fort. Ihre Miene war dabei genauso
kühl, wie ihre Worte.
"Ihr seid hier Gäste meines Vaters des Fürsten, der Wolfclans. Entsprechend
dieser Stellung habt ihr euch hier im Schloss zu benehmen. Ansonsten...", ließ
sie die Drohung offen in der Luft schweben.
Der Haushofmeister war ebenfalls dazu getreten. Er hatte nur die letzten
Aktionen mitbekommen. Insgeheim freute er sich, dass Yori und seine Gruppe
eine kleine Zurechtweisung erhalten hatten.
Bei den letzten Besuchen hatten sie sich immer wie die Herren aufgespielt.
Mehr als einmal hatte sich Dienerinnen bei ihm im Vertrauen über die dreisten
Rudelmitglieder beschwert.
Er warf dem Inuyoukai einen schnellen Blick zu. Sesshomaru hatte sich hier
Feinde geschaffen. An dessen Stelle würde er immer dafür sorgen, sich den
Rücken frei zu halten.
"Verzeiht... Der Herr, Lao-Chin-sama, empfängt Euch nun Yori-sama."
Yori stemmte sich auf die Beine und klopfte sich den Staub aus den Kleidern.
"Wir sollten noch mal über deine... Wahl reden, Ayaka-chan", sagte er an
die junge Dämonin gewandt.
Ayaka's Miene verschloss sich noch ein wenig mehr. "Ich wüsste nicht, was wir
noch zu bereden hätten Yori-sama. Die Entscheidung ist gefallen, finde dich
damit ab."
Ein falsches Lächeln glitt über sein Gesicht, als er leicht den Kopf neigte.
"Das Leben geht manchmal seltsame Wege, Ayaka-chan. Manchmal erlebt man
Überraschungen, die dem Leben eine dann andere Wendung geben."
Mit diesen Worten ging er, ohne den beiden nochmals einen Blick zuzuwerfen,
dem Haushofmeister folgend, in das Haupthaus. Das Rudel begann sich zögernd
zu zerstreuen und lagerte schweigend in zwei kleinen Gruppen.
"Ich verstehe dich jetzt", sagte Sesshomaru. Ihm war klar, dass er sich hier
einen unversöhnlichen Feind geschaffen hatte. Doch dieser Welpe war sich gar
nicht bewusst, mit welchem Gegner er im Begriff war sich anzulegen.
Er würde es spätestens merken, wenn er starb, doch dann war es für Reue zu
spät.
"Seine Loyalität meinem Vater gegenüber stand niemals in Frage. Leider
vergisst er immer wieder, dass ich nie mehr für ihn empfunden habe, wie
Freundschaft", bedauernd sah Ayaka Yori nach. Sie hatte Sorge, dass dieses
Zusammentreffen von Sesshomaru und Yori schlimme Folgen haben würde.
Schlimme Folgen für Yori, wenn er sich nicht beherrschte beim nächsten Mal.
Sie wusste, das Sesshomaru sich nur ihr zuliebe zurückgehalten hatte. Das
nächste Mal würde Yori nicht soviel Glück haben.
"Wir brechen auf!", unterbrach Sesshomaru ihre Überlegungen. Ayaka nickte
nur und folgte ihm aus dem Tor hinaus.
Draußen verfielen sie in die Reisegeschwindigkeit von Dämonen. Wie zwei Blitze
schossen sie über die Landschaft in Richtung des heiligen Berges.
*************************************************************************
"Sei herzlich willkommen, Yori-sama!", mit diesen Worten begrüßte Lao-Chin
den jungen Wolfsyoukai in seinem Arbeitsraum.
Der Fürst hatte es sich nehmen lassen, trotz seines angeschlagenen Zustandes,
Yori in seinem Arbeitszimmer zu empfangen. Er war ja auch wieder auf dem Weg
der Besserung. Nur für größere Konfrontationen fehlte ihm noch die Kraft.
Yori verbeugte sich tief und ehrerbietig. "Mein Herr! Ich freue, mich Euch
dienen zu können."
Mit einer einladenden Geste zeigte Lao-Chin auf einen niedrigen Stuhl. Yori
nahm Platz und musterte den Fürsten unauffällig.
Lao-Chin litt offensichtlich noch unter den Auswirkungen des Anschlages.
Allerdings schien es ihm langsam wieder besser zu gehen.
Doch Yori entging nicht das leise Zittern der Hand des Fürsten.
"Womit kann ich Euch dienen, Herr?", fragte er.
"Du hast sicher von dem feigen Anschlag auf mein Leben gehört. Mein Sohn
Daichi ist aufgebrochen, um mir ein Kraut zu beschaffen, das den
Heilungsprozess beschleunigt. Damit ist das Schloss einem Angriff ohne fähigen
Anführer schutzlos ausgeliefert. Dur wirst die Verteidigung übernehme,
solange mein Sohn nicht anwesend ist. Dafür wirst du auch belohnt werden"
Yori neigte den Kopf. "Es ist mir eine Ehre, Euch diesen Dienst erweisen zu
können. Und eine Belohnung ist nicht notwendig. Die Ehre Eures Vertrauens ist
Lohn genug."
Zufrieden legte Lao-Chin die Hand auf die Schulter des jungen Wolfs. "Das
sind die Worte eines ehrenvollen Kriegers. Nichts anderes habe ich von dir
erwartet, Yori-sama. Fühl dich hier wie zu Hause. Die Diener sind angewiesen
euch jeden Wunsch zu erfüllen."
"Ich danke Euch, mein Fürst!", erwiderte Yori. Für einen Moment zögerte er,
dann fasste er sich ein Herz und sprach den Fürsten auf seine Tochter an.
"Lao-Chin-sama, ich sah, dass Eure Tochter wieder zurückgekehrt ist."
Lao-chin nickte." Ja. Sie wird den Kaiser nicht heiraten. Unsere Erhabenheit
hat die Verlobung gelöst."
Hoffnung durchzuckte den jungen Youkai, doch wurde sie im nächsten Moment
brutal zerstört.
"Sicher hast du schon Sesshomaru-sama, den Fürst der westlichen Länder,
kennen gelernt. Er ist Ayaka’s Gefährte. Momentan sind die beiden meinem Sohn
nach und wollen für seine sichere Heimkehr sorgen."
Der Lord der westlichen Länder. Ein Youkaifürst.
Yori überlegte. Gegen so einen offen anzutreten wäre reiner Selbstmord. So wie
es aussah, würde er sich wohl eine Verbindung mit Ayaka abschminken können.
Es sei denn... diesem Inuyoukai würde überraschender Weise etwas zustoßen. Dann
wäre Ayaka wieder frei.
Keine seiner Überlegungen zeichnete sich auf Yori’s Gesicht ab.
Lao-Chin hatte ihn genau beobachtet. Er wusste, dass sich der junge Youkai
immer Hoffnungen auf seine Tochter gemacht hatte.
Doch diese waren jetzt endgültig vergebens.
Yori hob den Blick. "Ich verstehe, mein Lord. Ich hoffe, die Hime wird ihr
Glück finden." Anerkennend nickte Lao-Chin. Ihn freute, wie Yori die für ihn
sicher schmerzvolle Nachricht aufnahm. "Gesprochen wie ein Samurai. Und nun
geh und tu deine Pflicht!"
Yori stand auf, verbeugte sich nochmals und verließ dann das Arbeitszimmer.
*************************************************************************
Ende Kapitel 2
Das nächste Mal geht es los „ Auf zum heiligen Berg“. Das Rettungskommando
kleiner Bruder wird gestartet. Dabei treffen Ayaka und Sesshomaru, wie
erwartet, auf Schwierigkeit. (könnte ja gar nicht anderes sein).
Und über den ehemaligen Verehrer von Ayaka, Yori, erfahrt ihr beunruhigende
Neuigkeiten.
Wer so nett ist und mir hier einen Kommi hinterläßt, dem sage ich Bescheid,
sobald das nächste Kapitel online ist.
Liebe Grüße
chaska