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Feuertanz

Harry/Draco
von

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... müssen Opfer gebracht werden

Anmerkung: Noch eine neue Beta ist mit dabei: Chaotizitaet (und sie ist wirklich gut^^). Damit wären es dann drei, die mein Geschreibsel auf Lesbarkeit überprüfen g Vielen Dank auch an Alraune knuff und Black Priestess (für die ich demnächst wirklich mal nen Tempel bauen gehe *g*)
 

ooOoo
 


 

… müssen Opfer gebracht werden.
 

Siedende Eifersucht, gepaart mit der stechenden Erkenntnis, sich an diesem Abend komplett zum Idioten gemacht zu haben, ließen Draco alles um sich herum vergessen. Beinahe blind vor Zorn, seinem schmerzenden Herzen entsprungen, atmete er erleichtert auf, als er letztendlich in sein Zimmer stolperte.
 

Noch immer hatte er Harrys fassungslosen Blick deutlich vor Augen, als er einfach so gegangen war. Und noch immer spürte er grimmige Befriedigung deswegen. Wenigstens einen letzten kläglichen Rest seines Stolzes hatte er retten können. Dennoch hatte er alle Willenskraft zusammennehmen müssen, um seine Füße zu zwingen, sich zu bewegen – denn am liebsten wäre er genau dort geblieben, wo er sich befunden hatte: In Harrys Armen. In den Armen einer Person, für die Draco die zweite Geige spielte. Hatte Harry sogar daran gedacht, was Ginny davon halten würde, als Draco seinen Egoismus und Hochmut, beide vertraut wie ein alter, gemütlicher Mantel, mühsam abgestreift hatte? Als er sich seinem jahrelangen Erzrivalen zu Füßen geworfen hatte, im wahrsten Sinne des Wortes?
 

Als er Harry noch viel mehr zu Füßen gelegt hätte, wären sie nicht... unterbrochen worden?
 

Mich selbst.
 

Nun, vielleicht sollte Draco ihr sogar dankbar sein, dafür, dass sie ihn unwissentlich davor bewahrt hatte, den letzten Funken Selbstachtung zu verlieren.
 

Meinen Körper...
 

In den letzten Monaten hatten seine Nerven ständig blank gelegen. Sein Schlechtes Gewissen, die Gier Harry nahe zu sein und sein Pflichtgefühl zerrten an seinem Verstand. Einzig jene Momente, die er mit Harry verbringen konnte, ließen ihn vergessen, was von ihm erwartet wurde – und der heutige Tag hatte seine Grenzen fast überschritten: Erst die unzähligen Stunden, in denen er Harry einer Meute Menschen überlassen musste, dann dessen ausbleibende Antwort was Ginny betraf – deutlicher als jede laut ausgesprochene Antwort. Eifersucht ließ ihn zähneknirschend die Fäuste ballen. Draco verabscheute es, teilen zu müssen. Harry teilen zu müssen. Gleichgültig, ob es um Ginny, Ron oder Hermine ging.
 

Meine Seele...
 

Denn Draco wusste, dass Harry bei einem offenen Streit immer die Partei seiner Freunde ergreifen würde. Auch wenn er sich noch so brennend das Gegenteil wünschte.
 

Alles, was mich ausmacht...
 

Egal wie oft sie ihren Stolz subtil, stückchenweise opfern würden, gleichgültig wie oft Harry im Schutz der nächtlichen Schatten zu ihm kommen würde – Draco konnte gar nicht gewinnen. Hatte es vielleicht auch gar nicht verdient.
 

Nur für dich. Bedingungslos.
 

Die Tür öffnete sich und Draco erstarrte, seinen Augen nicht trauend, als Harry eintrat. Allein sein Anblick, die tiefgrünen Augen in dem schwachen Licht schimmernd, die Wangen gerötet, weil er gerannt war – zu ihm, Draco, gerannt war – ließ Euphorie und pure Wärme die bösartig nagenden Empfindungen vertreiben, sein Herz schneller schlagen, seine Kehle eng werden.
 

Doch ein kleiner Teil der Eifersucht blieb zurück, gepaart mit dem Ärger über die eigene Naivität, über die eigene Genügsamkeit – weil Harry Potter ihn mit seiner bloßen Anwesenheit so lächerlich glücklich machen konnte. Dementsprechend abweisend (das hoffte er zumindest) brachte er die Worte heraus:
 

„Was machst du hier?“
 

Ein leises Klicken verriegelte die Tür, und Draco vergaß zu atmen, als Harry lächelnd sein Hemd aufknöpfte.
 

„Wonach sieht’s denn aus, Draco?“
 

Gebräunte Haut wurde entblößt, quälend langsam. Er hätte die Augen nicht abwenden können, wenn sein Leben davon abgehangen hätte.
 

„Sieh es einfach als nachträgliches Geburtstagsgeschenk an“, fuhr Harry scheinbar völlig ruhig fort. Nur die nervös an den Knöpfen nestelnden Hände verrieten seine Unsicherheit.
 

Draco schwieg – eine der seltenen Gelegenheiten, in denen Verblüffung ihn schlicht kein vernünftiges Wort zustandebringen ließ. Und mit jeder Sekunde die verging, wirkte Harry befangener. Seine Scheu sicher nur schwer überwindend, ging Harry langsam auf Draco zu, blieb dicht vor ihm stehen und holte tief Luft, ehe er mit blutroten Wangen wisperte:
 

„Schlaf mit mir.“
 

Dracos Verstand schien augenblicklich wie leergefegt. Unsicher lächelnd, strich Harry ihm sanft über die Wange, biss sich auf die Lippen, da Draco seiner Stimme noch immer nicht traute. Also verzichtete er auf sie – seine Hände zitterten unkontrolliert, als er nach Harry griff, sich an ihn pressend, ihn küsste; verlangend und so unrettbar verloren.
 

Ihre Zungen berührten sich; ein Kampf, den keiner gewinnen konnte, den keiner gewinnen wollte. Stolpernd stieß er Harry rückwärts auf das Bett zu, spürte fordernde Hände; kühle Luft, die ihn erschauern ließ, als seine Hose zu Boden glitt.
 

Harry fiel, zog ihn mit sich. Ihre nackten Körper prallten hart auf das schäbige Bett; wälzten sich herum, bis Harry Draco auf sich zog, ihn besitzergreifend mit den Beinen umklammerte.
 

Das hereinfallende Licht des zunehmenden Mondes spendete gerade genug Helligkeit, um erhitzte Wangen, geöffnete feuchte Lippen und fiebrig glänzende Augen zu enthüllen, die ihn musterten. Wie gebannt starrten sie einander an. Dracos Herzschlag dröhnte in seinen Ohren, zog seine Kehle zusammen. Der Moment schien Ewigkeiten zu währen, die Sekunden wurden zu Äonen, als Draco begriff.
 

Als er wahrhaftig begriff, wie Harry sich das „Geschenk“ vorgestellt hatte. Nun war Draco sogar dankbar über seine zeitweilige Unfähigkeit zu sprechen – blieb nur zu hoffen, dass auch sein Gesicht ihn nicht verriet.
 

Kräftige Finger fuhren zärtlich über seinen Nacken, und Dracos Atem stockte, als Harry sich ihm entgegendrückte und sanft seine Zunge über die Konturen seines Mundes gleiten ließ.
 

Die ungewohnte Zärtlichkeit der Berührung ließ Draco stöhnend die Augen schließen. Sich an Harry pressend, leckte er über dessen Lippen, das leise Seufzen genießend, welches nun zu hören war. Sein geöffneter Mund glitt an Harrys Hals herab, saugte an der gebräunten glatten Haut; spielerisch biss er hinein, lauschte entzückt dem leisen Aufschrei Harrys, der unwillkürlich begann, seine Hüften gegen Dracos zu reiben. Köstlich süße Wärme erzeugend. Drängend streichelte Draco über Harrys Körper, spürte ebenso verlangende Finger an seinem, als sie sich wieder küssten. Härter jetzt, alle Zurückhaltung vergessend.
 

Dracos Verstand verging im Nebel der Lust, grelle Lichtblitze explodierten hinter seinen Lidern, als sein Unterleib unbeherrscht gegen Harrys stieß. Sehnige Arme und Beine umklammerten Draco innig, nicht einen Moment lang wurde der perfekt aufeinander abgestimmte Rhythmus ihrer Hüften unterbrochen. Harrys warme nackte Haut so dicht an seiner kostete Draco fast alle Willenskraft. Mühsam riss er sich von Harrys Lippen los, denen ein leiser Protestlaut entwich.
 

„Dreh dich um…“
 

Sich nervös über die Lippen leckend, starrte Harry ihn an; erschauderte unter den besänftigenden Liebekosungen seiner Hände.
 

„Vertrau mir.“
 

Dracos Stimme bebte, wie sein ganzer Körper bebte, wie seine Hände, die Harry sanft dirigierten. Sein Magen zog sich in nervöser Vorfreude zusammen, als Harry sich ungelenk herumrollte. Sich, die Augen geschlossen, Draco überließ.
 

Fahrig öffnete Draco die Schublade des klapprigen Nachttisches, ergriff das bauchige Tongefäß, das er, heimlich auf eine solche Situation hoffend, besorgt hatte. Draco sah auf, und bemerkte Harrys fragenden (anklagenden?) Blick.
 

„Ich… das ist…“, versuchte er sich zu rechtfertigen.
 

Das Gesicht in den Armen vergrabend, schüttelte Harry den Kopf.
 

„Ich weiß, was das ist. Mach… mach einfach weiter.“
 

Verwirrt über den verletzten Tonfall, beugte Draco sich vor und küsste Harrys Nacken. Beruhigende Worte murmelnd, zeichnete er mit seinen Fingerspitzen federleicht die Konturen von Harrys Wirbelsäule nach. Ertastete die Gänsehaut, lauschte lächelnd dem leisen Seufzen, als Harry sich entspannte. Doch als Dracos Hände tiefer wanderten, spürte er wie Harry sich erneut versteifte, sein Gesicht stöhnend in die Kissen drückte. Dieses Mal war es kein lustvoller Laut. Zögernd hielt Draco einen Moment inne. Die Gier, Harry zu besitzen und die Sorge, ihn zu verletzen kämpften in ihm. Noch immer wisperte Draco beschwichtigende Nichtigkeiten in Harrys Ohr, verteilte sanfte Küsse auf seinem schweißbedeckten Rücken.
 

Harry bäumte sich auf, keuchte erstickt, als Dracos Fingerspitzen zwischen seine Beine glitten, dort auf glühende Hitze trafen. Draco sah, wie sich Harrys Fäuste im Laken verkrallten, und riss seine Hand zurück als hätte er sich tatsächlich verbrannt. Still seufzend barg er sein Gesicht in Harrys Halsbeuge. Die Lust war nur noch ein schwaches Echo. Er wollte Harry; begehrte ihn verzweifelt. Aber nicht so. Nicht wenn Harry zitternd und verkrampft unter ihm lag.
 

Er spürte wie Harry sich bewegte, versuchte ihn anzusehen. Draco presste die Lippen zusammen, als er dessen zittrige Stimme hörte:
 

„Du… du musst nicht aufhören…“
 

Ein spöttisches Schnauben nicht unterdrückend, schloss Draco die Augen, als Harry sich herumdrehte.
 

„Draco?“
 

Sich auf die Unterlippe beißend, ließ Draco den Kopf hängen, sodass ihm sein wirres Haar in die Stirn fiel.
 

„Was?“
 

„Warum... ich meine... willst du es nicht?“
 

Statt direkt zu antworten, legte Draco den Tiegel in Harrys Hand.
 

„Gib ihn mir wieder, wenn du glaubst bereit zu sein.“
 

Dracos Arme gaben nach, das schmale Bett bot kaum genug Platz für eine, geschweige denn zwei Personen, sodass Dracos Körper halb auf Harrys zu liegen kam, dessen Haut sich tröstlich warm anfühlte.
 

Harrys Hände glitten an Dracos Seiten entlang. Die Lippen zu einem entschuldigenden Lächeln verzogen, küsste er ihn. Zurückhaltend, fast schon schüchtern.
 

„Es tut mir Leid.“
 

Draco fing seine Hand ab, bevor sie zwischen ihre Körper schlüpfen konnte, verflocht seine Finger mit Harrys. Er wollte keine Wiedergutmachung. Nicht so. Nicht jetzt. Nicht weil Harry glaubte, er wäre es ihm schuldig.
 

„Nein… es ist schon gut…“
 

Harry sah gekränkt aus, und etwas in Dracos Brust zog sich zusammen. Die tröstenden Worte, dass er ihn nicht aus Wut abgewiesen hatte, nicht herausbringend, zog er Harry näher an sich heran. Es war beruhigend, diesen verschwitzten Körper unter sich zu spüren, Harrys Atem an seinem Hals, ließ Dracos schnell schlagendes Herz zur Ruhe kommen. Wie jedes Mal. Und fast schaffte er es zu vergessen, dass er Harry in jeder Sekunde, die sie zusammen verbrachten belog. Es war eine Farce – Draco fürchtete den Tag, an dem Harry es herausfinden und ihn hassen würde.
 

Kälte, eisig und schmerzend, kroch durch seine Venen, unwillkürlich verstärkte er den Griff um Harrys Körper, als könne er den Gedanken so von sich fernhalten. Die qualvolle Vorstellung, dass es irgendwann vorbei sein würde.
 

„Draco?“
 

Harrys Flüstern vibrierte, jähes Kribbeln auslösend, an seinem Ohr.
 

Einen Herzschlag lang verspürte Draco namenloses Entsetzen. Wie eine Vorahnung. Er glaubte fast, dass Harry wusste was vorging. Und dass er ihm genau dies vorwerfen würde.
 

Sich nervös über die tauben Lippen leckend, sah Draco auf. Harry seinerseits sah nachdenklich auf das Tongefäß.
 

„Was?“
 

„Mit wem… ich meine vorher… mit wie vielen…?“
 

Draco versteifte sich, mehr aus Überraschung, denn aus Wut – mit dieser Frage hätte er nun wirklich nicht gerechnet. Harry brach mit zusammengepressten Lippen ab.
 

„Ich wüsste nicht, was dich das angehen würde“, erwiderte Draco barsch. Dann schlich sich Bitterkeit in seine Stimme. Die Worte waren heraus, ehe er sie überdacht hatte: „Ich frage dich ja auch nicht, was du mit diesem Wiesel getrieben hast.“
 

Schwer schluckend schüttelte Harry den Kopf.
 

„Nichts… nichts von dem was wir tun. Nicht mal ansatzweise…“
 

In Dracos Brust explodierte helles Licht, als er sich der Bedeutung bewusst wurde. Und er opferte, wie Harry, wieder einmal einen weiteren Teil seines Stolzes. War überhaupt noch etwas davon vorhanden?
 

„Niemand“, antwortete Draco. „Da gab es niemanden… vor dir.“
 

Ein schneller Blick, zwischen Hoffnung und Unglaube schwankend. Harrys Mundwinkel zuckten, ehe er lächelte.
 

„Aber, du… du wusstest was du tust…“
 

„Versuchst du mir hier zweifelhafte Komplimente zu machen?“ Draco erhob sich halb. „Das nennt man Intuition, außerdem bin ich nicht in einem Kloster aufgewachsen. Und jetzt hör auf, so dämlich zu grinsen!“
 

„Ich grinse nicht“, log Harry fröhlich. Seine Arme um Draco schlingend, zog er ihn zurück auf seinen schlanken Leib.
 

Augenrollend vergrub Draco seine Nase wieder in Harrys Nacken, murmelte undeutliche Verwünschungen, die Harry glücklich auflachen ließen. Innerlich seufzend schloss er die Augen. Warum nur fühlte er sich immer dann, wenn er seinen Stolz für einige Augenblicke vergaß, wie ein kompletter Idiot? Wie ein glücklicher Idiot?
 

Harrys Atemzüge wurden ruhiger, tiefer. Den Kopf hebend und dem Drang nicht widerstehend, Harry noch einmal beim Schlafen zu beobachten, zuckte Draco etwas zusammen, da Harrys Finger sich in sein Haar krallten. Als suche er Halt…
 

„Bleib.“
 

… oder als versuche er ihn festzuhalten. Draco verzichtete darauf Harry zu sagen, dass er nicht hatte gehen wollen. Er gab dem sanften Zug nach, der seinen Kopf wieder auf Harrys Brust dirigierte. Ein seltsames Gefühl der Ruhe, der stillen Freude breitete sich in ihm aus. Ließ ihn träge und auf merkwürdige Weise hellwach zugleich dem gleichmäßigem Herzschlag Harrys lauschen.
 

Draco schlängelte einen Arm unter Harrys Nacken, suchte eine bequemere Position und lächelte, als seine Finger etwas Seidiges berührten. Er brauchte es nicht zu sehen, um zu wissen, dass es ein blassblaues Haarband war. Draco konnte sich noch gut daran erinnern, wie die zerfransten Enden um die Stängel der vielen bunten Wildblumen geknotet gewesen waren.
 

Amüsiertes Gelächter vibrierte in Dracos Brust, als er sich an seinen Geburtstag erinnerte. Er hatte geglaubt völlig allein zu sein, doch Megan hatte ihn eines Besseren belehrt.
 

Dracos Herz schmerzte. Harry meiden zu müssen, fiel ihm mit jedem Tag, jeder Stunde schwerer. Zudem erschien ihm die Einsamkeit gerade an diesem speziellen Tag beinahe unerträglich.
 

Der Hunger hatte ihn aus seinem Zimmer getrieben, in dem er sich am liebsten verkrochen hätte. Draco wusste, dass er Harry im Speisesaal sehen würde – und er spürte schon jetzt den vertrauten Schmerz, der ihn bei seinem Anblick fast in die Knie zwingen würde.
 

Eine wohlbekannte Stimme, seinen Namen rufend, ließ ihn lächelnd stehen bleiben. Megan. Sie bedeutete Wärme, und das bizarr anmutende Gefühl, sie beschützen zu wollen.
 

„Da bist du ja. Ich hab dich schon gesucht.“ Megans Augen leuchteten übermütig, als sie ihre kleine Hand in seine legte und Draco beharrlich mit sich zog. Fort vom Speisesaal.
 

Neben ihr hergehend, betrachtete er sie nachdenklich. Ihre Wangen waren gerötet, ihre weißen Zähne kauten nervös auf der Unterlippe.
 

„Und wo willst du mit mir hin?“, fragte Draco aufmunternd, da Megan ganz entgegen ihrer sonstigen Art beharrlich schwieg.
 

„Sag ich nicht. Ist eine Überraschung.“
 

Perplex die Stirn runzelnd, überlegte Draco, ob sie tatsächlich seinen Geburtstag meinen könnte, verwarf diesen Gedanken jedoch. Es war zu lange her, dass er dieses Datum genannt hatte. Eine der zahllosen Fragen beantwortet hatte, die sie ihm ständig stellte, wann immer sie allein waren. Dennoch, auch wenn er nicht recht daran glaubte, ein wenig Hoffnung blieb – und Vorfreude. Auf was genau, wusste er selbst nicht.
 

Megans Schritte stockten, als sie sich dem Friedhof nährten. Doch nur für einen Moment, dann zog sie Draco energisch hinter sich her, bis sie einen alten Weidenbaum erreichten.
 

„Augen zu“, kommandierte Megan, und Draco gehorchte mit einem schiefen Lächeln.
 

Er spürte wie sie seine Hand losließ, hörte leises Rascheln und dann Megans aufgeregte Stimme:
 

„Herzlichen Glückwunsch!“
 

Die Augen aufreißend, sah Draco auf sie herab. Unsicher grinste sie ihn an, einen kleinen unförmigen Kuchen in der einen, einen Strauß Wildblumen in der anderen Hand.
 

Hart schluckend, versuchte Draco der aufkommenden Rührung Herr zu werden. Er war schlicht überwältigt. Ausgerechnet, er, Draco Malfoy, daran gewöhnt, an seinen Geburtstagen mit teuren, erlesenen... und unpersönlichen Geschenken und Glückwünschen überhäuft zu werden, freute sich wie selten zuvor in seinem Leben. Über einen undefinierbaren Kuchen, von einem kleinen Mädchen mit ebenso kleinen, ungeschickten Händen selbstgebacken. Für ihn. Über einen liebevoll zusammengestellten, bunten Strauß, der nichts außer Zeit gekostet hatte, und trotzdem unbezahlbar war.
 

Plötzlich überrollte ihn die Zuneigung für dieses Kind wie eine Welle. Beschämt dachte er an die Momente zurück, in denen er genervt gewesen war von ihren Fragen, von ihrer unaufdringlichen Art, seine Nähe zu suchen.
 

Die Unsicherheit in Megans Augen nahm zu, je länger er schwieg.
 

„Ich hatte keine Kerze…“ Ihre Stimme zitterte verdächtig und brach den Bann.
 

„Das macht doch nichts… Vielen Dank, Megan“, flüsterte Draco. Seine Stimme zitterte dabei nicht weniger.
 

Lächelnd ging Draco vor ihr in die Hocke und breitete einladend die Arme aus. Erleichtert schmiegte sie sich an ihn, und Draco drückte sie, alle anerzogene Zurückhaltung und Überheblichkeit vergessend, an seine Brust.
 

„Du hast tatsächlich daran gedacht“, murmelte er. Dieses bedrückende Gefühl der Einsamkeit, der Abweisung, war verschwunden; selbst Harry, und die mit ihm verbundene Zerrissenheit, trat für einen Moment in den Hintergrund.
 

„Natürlich! So was vergisst man doch nicht!“, rief Megan empört. Einen Schritt zurücktretend sah sie ihn erwartungsvoll an.
 

„Du hast im November Geburtstag. Am zwölften um genau zu sein. Ich habe es auch nicht vergessen“, beantwortete er die unausgesprochene Frage.
 

Megan nickte glücklich und hielt ihm den Kuchen hin, der durch die stürmische Umarmung noch ein wenig mehr an Form verloren hatte.
 

„Wir teilen“, entschied Draco, doch Megan legte zweifelnd den Kopf schief.
 

„Aber es ist deiner.“
 

„Und ich möchte ihn mit dir teilen.“
 

Sich seinem Wunsch fügend, legte Megan die Blumen beiseite, um deren Stiele sie eines ihrer Haarbänder gebunden hatte. Draco grinste; sie kaute oft auf den Enden herum, wenn sie nervös war.
 

Bedächtig teilte er den Kuchen in zwei Stücke und reichte eines davon Megan, ehe er hinein biss. Ihrem erwartungsvollen Blick standhaltend, kaute Draco tapfer, ohne eine Miene zu verziehen auf etwas herum, das aus purem Salz zu bestehen schien.
 

Megan, anscheinend überglücklich dass es ihm schmeckte, biss ebenfalls hinein und verzog spuckend das Gesicht.
 

„Das schmeckt ja schrecklich!“, keuchte sie würgend.
 

Draco schaffte es so gerade noch seinen neutralen Ausdruck zu bewahren, obwohl er sich am liebsten vor Lachen ausgeschüttet hätte.
 

„Stimmt nicht. Ich mag meinen Kuchen so… würzig.“
 

Ungläubig aufgerissene hellbraune Augen starrten ihn an; ihre Lippen öffneten sich zu einem überraschten Oval.
 

„Echt?“
 

„Ja“, antwortete Draco todernst. Er spürte, dass seine Mundwinkel belustigt zuckten, und biss sich schnell in die Zunge, um das abermals aufkeimende Gelächter zu unterdrücken.
 

Noch immer sah Megan ihn zweifelnd an, dann den versalzenden Kuchen in ihrer Hand.
 

„Dann kannst du mein Stück auch noch haben“, sagte sie in einem Ton, als brächte sie ein großes Opfer. Draco brachte es einfach nicht übers Herz, sie zu enttäuschen.
 

Still seufzend und über sich selbst verwundert, aß Draco den gesamten Kuchen, der Merlin sei Dank nicht sehr groß war, heroisch auf…
 

Lächelnd sog Draco Harrys vertrauten Geruch in sich auf. Megan war noch immer schrecklich eifersüchtig auf Harry (oft hakte sie nach, warum Draco so gern mit diesem „Blödmann“ kuschelte – angesichts der unschuldigen Frage hatte Draco auch seine liebe Not, ernst zu bleiben). Wann immer sie den schwarzhaarigen Jungen sah, warf sie ihm zornige Blicke zu und ließ, wenn sie mit Draco allein war, kein gutes Haar an Potter.
 

Draco amüsierte es ungemein, wie Harry dennoch mit allen Mitteln versuchte, die Sympathie eines Kindes zu erlangen, welches sich gänzlich unbeeindruckt von seinen Heldentaten zeigte. Doch Megan war integer, was in diesem Fall Draco nur zum Vorteil gereichte – dessen Vergangenheit die Kleine ebenfalls nicht im Geringsten interessierte. Und Draco sah Harry zu gern zappeln, als dass er bei Megan ein gutes Wort für ihn eingelegt hätte.
 

Harry murmelte im Schlaf seinen Namen, versuchte sich in eine bequemere Position zu drehen, einen Arm um Dracos Taille schlingend – und auf Dracos Brustkorb lag plötzlich ein bleischweres Gewicht. Nicht zum ersten Mal fragte er sich, wie das alles enden sollte. Was wohl passieren würde, wenn er Harry die Wahrheit erzählte. Wie weit er noch gehen konnte, ohne sich selbst in seinen Gefühlen zu verlieren. Ob er Harry tatsächlich verraten konnte.
 

ooOoo
 

„Sie will dich tot sehen, Severus.“ Narzissas Augen blickten ihn voll echter Sorge an.
 

„Da ist sie nicht die Einzige“, erwiderte Severus spöttisch. Er steckte den Brief ein, den sie ihm überbracht hatte. Er kannte die Handschrift, kannte den Inhalt – Lupins zähneknirschender Dank für die Pläne.
 

„Und ich bin mir sicher, dass der Dunkle Lord es dir vergelten wird, dass du Bellatrix ausgehorcht hast.“ Lucius verschränkte, an den Kamin gelehnt, die Arme vor der Brust. „Dachtest du wirklich, du kommst damit durch?“
 

„Nein. Aber ich konnte mir diese günstige Gelegenheit etwas herauszufinden auch nicht entgehen lassen.“
 

„Zu welchem Preis?“, fragte Lucius ungehalten. „Tot nützt du nicht viel!“
 

Belustigt lächelnd hob Severus eine Augenbraue.
 

„Deine Fürsorglichkeit ist überwältigend. Der Dunkle Lord wird mich nicht töten – er wird mich anders strafen…“
 

„Du bist am Zug, Severus.“
 

Blinzelnd schalt Severus sich einen Narren, weil er sich durch die Erinnerung an dieses Gespräch hatte ablenken lassen. In der Gegenwart des Lords konzentrierte man sich lieber, oder man hatte die Konsequenzen zu tragen.
 

Besonnen ließ Severus den alabasterfarbenen Läufer diagonal über drei Felder ziehen. Gewiss würde er sein Gegenüber gewinnen lassen, doch seine Vorsicht verbot es ihm, dieses Spiel leichtfertig zu verlieren.
 

Herablassend lächelnd blockierte der Dunkle Lord Severus’ Figur, die seinem bereits die Kampfstellung einnehmenden König gefährlich nahe war, mit einem Springer, der sich bedrohlich vor dem Läufer aufbaute.
 

„Zu offensichtlich, Severus. Das ist sonst nicht deine Art.“
 

Den Spott ignorierend, betrachtete Severus die Konstellation seiner weißen Figuren, die im Licht der flackernden Kerzen golden schimmerten. Einige hatten die kleinen Arme abwartend vor der Brust verschränkt, mit dem Fuß tappend.
 

„Das Spiel der Könige gehörte noch nie zu meinen Stärken.“
 

„Und falsche Bescheidenheit? Gehört sie zu deinen Stärken?“
 

Die glühenden Augen blitzten amüsiert, als Severus kopfschüttelnd verneinte. Er fragte sich, was der Sinn dieser Posse war. Der Dunkle Lord hätte ihn nicht eingeladen (was in seinem Fall einem direkten Befehl gleichkam), würde er kein bestimmtes Ziel verfolgen. Wollte er ihn jetzt für seinen Frevel, Hand an Bellatrix gelegt zu haben, büßen lassen? Vielleicht würde ein direktes Geständnis seine Strafe mildern?
 

„Dann übe dich nicht darin“, tadelte Voldemort, und Severus senkte zähneknirschend den Kopf. „Bellatrix trug mir zu, dass die Todesser unruhig werden, sie gieren förmlich nach einer Aufgabe…“
 

Und? Was trug sie Euch noch zu?
 

Flüchtig aufsehend, wandte Severus sich schnell wieder dem Brett zu; er hatte den lauernden Ausdruck in des Lords Augen bemerkt.
 

„Sie sind nicht ausgelastet, wie es scheint“, antwortete Severus ausweichend.
 

Es war bittere Realität, dass die Werwölfe sich gegenseitig an die Kehle gingen und so mancher Rekrut unter den blutlechzenden Händen der Älteren zu leiden hatte. Doch nach wie vor bezweifelte Severus, ob es Voldemort bei dieser Audienz wirklich nur um interne Stimmungen ging.
 

„Was denkst du, könnte man dagegen unternehmen, ehe sie sich gegenseitig umbringen? Um einige von ihnen wäre es wirklich schade.“
 

Eine beiläufige Feststellung, als könne der Lord sich nicht wirklich für dieses Thema erwärmen. Severus’ Nackenhaare stellten sich auf, angesichts der knisternden Gefahr. Ohne darüber nachzudenken stupste er einen Bauern an, der angesichts der unrettbaren Situation, in die er gebracht wurde, nur sehr langsam über das Feld schlurfte.
 

„Plant Ihr einen Angriff?“ Severus hasste sich für das verräterische Krächzen in seiner Stimme.
 

„Ist es das, was du vorschlägst?“
 

Blutleere Lippen verzogen sich zu einem siegessicheren Lächeln. Severus konnte die Falle förmlich zuschnappen hören, aus der es kein Entrinnen gab. Der Lord bewegte ebenfalls einen Bauern, sein Zug war genauso unnütz wie Severus’ vorhergehender; ihre Schlacht wurde nicht länger mit Obsidian und Alabaster ausgetragen. Den Blick hebend, bereitete Severus sich auf eine vernichtende Niederlage vor.
 

„Es könnte sie von ihrer Langeweile ablenken.“
 

„Das könnte es tatsächlich!“
 

Gespielt überrascht richtete sich der Lord auf; Severus verabscheute ihn zutiefst für diese perfide Farce.
 

„Ah, ich denke, ich werde auf deinen Rat hören, Severus.“ Voldemorts Körper spannte sich, wirkte wie ein dunkles Tier, bereit zum Sprung. „Und vielleicht locken wir ja den Orden des Phönix aus seinem Versteck heraus.“
 

Bellatrix’ Gift zeigt immer mehr Wirkung. Vielleicht will er mich auch einfach nur prüfen. Oder schlimmer: Er verliert die Geduld…
 

Severus’ Gedanken rasten, während jahrelange Übung seiner Stimme die nötige Sicherheit verlieh, um ein verräterisches Beben zu unterbinden.
 

„Ihr würdet es jetzt schon auf eine Konfrontation ankommen lassen?“
 

Voldemorts Augen glommen im dämmrigen Licht unheilvoll auf.
 

„Ungern“, antwortete er zischend. „Ich kann warten.“
 

Darauf, dass Malfoys Sohn seinen Auftrag ausführt.
 

Die Worte mussten nicht ausgesprochen werden; Severus konnte sie in glühenden Iriden lesen, wie sie in den seinen zu lesen sein musste.
 

Also war er, Severus, das Ziel.
 

„Wann soll dieser Angriff stattfinden, Mylord?“ Jedes Wort schien auf Severus’ Zunge zu kleben, drohte ihn zu ersticken.
 

„Bald.“ Voldemorts deutete auf die bedeutungslos gewordenen Figuren, die zwischen ihnen standen.
 

„Dein Zug.“
 

Mit steifen Fingern nahm Severus den Turm zur Hand, die Augen seines Gegenübers verengten sich zufrieden und Severus glaubte, in dem überheizten Raum keine Luft mehr zu bekommen.
 

Langsam zog der Dunkle Lord seinen Zauberstab aus den weiten Ärmeln der nachtschwarzen Robe. Eibe, ebenso tödlich wie jener Mann, der das Schachbrett mit einem Wink verschwinden und stattdessen eine Karte erscheinen ließ. Die britischen Inseln – Severus’ Hand begann unmerklich zu zittern.
 

„Wähle, Severus.“
 

Wähle den Ort aus, der vernichtet werden wird.
 

Und der Orden dürfte es nicht erfahren, wenn…
 

Wähle die Menschen aus, deren Schreie dich des Nachts verfolgen werden.
 

… er sich nicht verraten wollte…
 

Wähle zwischen Leben und Sterben.
 

… er nicht alles zunichte machen wollte…
 

Wähle den Verrat an Unschuldigen.
 

… er dieses Monster sterben sehen wollte…
 

Wähle den Tod Unbeteiligter.
 

… er seine Rache bekommen wollte.
 

Die Figur aus weißem Stein stand auf der kleinen Ortschaft Greenock, hoch oben im Norden Schottlands. Des Lords Augen leuchteten befriedigt.
 

Schachmatt.
 

ooOoo
 

Harrys Brust berührte im gleichmäßigen Rhythmus seiner Atemzüge Dracos Rücken, während dieser blinzelnd die goldenen Lichtringe auf dem Boden betrachtete, welche durch das winzige Fenster fielen.
 

Im ersten Moment des Erwachens konnte Draco nicht genau benennen, was ihn störte; seine Finger waren noch immer mit Harrys verschlungen, lagen warm und tröstlich auf seinem Bauch. Etwas war anders. Und es lag auch nicht an Harrys Beinen, die sich zwischen seine geschoben hatten. Vielleicht war es das sehr neue Gefühl, jemanden neben sich zu spüren, oder endlich mal wieder eine Nacht durchgeschlafen zu haben…
 

Lautes Klopfen ließ Harry ebenfalls aus dem Schlaf schrecken – plötzlich wusste Draco, was ihn irritiert und geweckt hatte: Das Quietschen der heruntergedrückten Türklinke.
 

Harry festhaltend, der fast schon panisch die Decke zurückschlug, flüsterte Draco ihm zu:
 

„Bleib liegen und sei einfach still – wer immer es ist, wird wohl nicht so dreist sein wie du, und einfach hier einbrechen.“
 

Ein wütender Blick Harrys ließ Draco spöttisch eine Augenbraue hochziehen. Harry würde jetzt keinen Streit über Dreistigkeit vom Zaun brechen können, und dies schien ihm gewaltig gegen den Strich zu gehen. Draco hätte sich unter anderen Umständen sehr daran erfreut.
 

Wieder klopfte es, und Harrys Körper spannte sich wie eine Stahlfeder, zitterte regelrecht.
 

„Draco?“, rief Megan unsicher.
 

Erleichternd ausatmend, barg Draco sein Gesicht in Harrys Nacken. Er hätte es zwar nie zugegeben, aber hätte McGonagall vor seiner Tür gestanden, wäre er doch in arge Erklärungsnot geraten.
 

„Glück gehabt“, flüsterte er grinsend, ehe er dem Mädchen antwortete: „Ich bin da, Megan. Warte kurz.“
 

Sich blitzschnell Hose und Hemd überziehend, schloss Draco die Tür auf, und nur Sekunden später schlangen sich Megans Arme um seine Taille. Ihr Gesicht an Dracos Brust pressend, begann sie jämmerlich zu weinen. Harrys fragenden Blick ignorierend (ebenso die Tatsache, dass er sich schon wieder eine Blöße gab), strich er, beruhigende Worte wispernd, durch ihr verschwitztes schmutzigblondes Haar.
 

„Was ist passiert, Megan?“, fragte Draco leise, als das Zittern der schmalen Schultern etwas nachließ.
 

Die Nase hochziehend, warf Megan Harry einen zornigen Blick zu und schüttelte den Kopf.
 

„Er soll weggehen!“
 

Wortlos griff Harry nach seinen Sachen, in seinen Augen konnte Draco Sorge und Mitleid erkennen, und eine stumme Frage, die Draco auch unausgesprochen verstand. Für einen Moment staunte er regelrecht darüber, wie gut sie einander inzwischen kannten, dann nickte er zustimmend. Sie würden sich später sehen.
 

Als die Tür hinter Harry ins Schloss fiel, berichtete Megan unterbrochen durch vereinzelte Schluchzer, dass ihre Eltern in ihr Heimatdorf zurückkehren wollten. Bald. Die Zähne zusammenbeißend, verzog Draco keine Miene, als diese Nachricht ihn traf wie in Schlag ins Gesicht. Er konnte kaum glauben, dass er Megan verlieren sollte.
 

Ihre tränennassen Augen sahen Draco vertrauensvoll an, so als könne er dieses Unglück abwehren. Und wie sehr er es sich wünschte, diese Macht zu besitzen…
 

„Megan, ich…“ Draco schüttelte den Kopf und jenes hoffnungsvolle Leuchten in Megans Augen erlosch. „Es tut mir Leid, aber ich kann dir nicht helfen… ich weiß nicht wie…“
 

Die bebende Unterlippe zwischen die Zähne gezogen, schluchzte Megan unglücklich. Draco hatte sich selten so hilflos gefühlt wie in diesem Moment. Alles in ihm schrie danach, diesen Verlust nicht zuzulassen. Sie würde ihm jetzt weggenommen werden – dieses kleine Mädchen, das sich irgendwie seine Freundschaft und einen Teil seines Herzens erschlichen hatte.
 

Dieser Teil würde leer bleiben – und was Harrys Teil betraf, war es nur eine Frage der Zeit, bevor Draco sich einsamer fühlen würde als jemals zuvor.
 

Die dürren Arme klammerten sich an ihm fest, als wäre er der letzte Halt – und Draco blinzelte gegen dieses furchtbare Brennen in seinen Augen an, während er Megan ebenso verzweifelt festhielt wie sie ihn.
 

ooOoo
 

Zu sehr in Sorge um Megan, als dass er die Blicke seiner Freunde wahrnehmen konnte, ließ Harry sich neben Ron nieder. Er mochte Megan, auch wenn das kleine Biest ihm nur zu gern das Leben schwergemacht hätte. Sie hielt sich einzig Draco zuliebe zurück. Sie jetzt so bitterlich weinen zu sehen, zog Harrys Brust schmerzhaft zusammen. Verdrängte das Glücksgefühl, über Dracos Geständnis in der letzten Nacht…
 

„Harry?“ Rons angespannte Stimme, ließ Harry zusammenzuckend aufblicken. Siedendheiß fiel ihm sein unberührtes Bett ein – und sein abruptes Verschwinden gestern Abend.
 

Weder Ron noch Hermine erwiderten sein unsicheres Lächeln. Harry wappnete sich innerlich und suchte fieberhaft nach einer glaubhaften Ausrede, als kam, was kommen musste.
 

„Harry, wo warst du letzte Nacht? Ginny sagte, dass du plötzlich abgehauen bist. Wir haben dich gesucht und…“ Ron brach ab und seufzte, „… wir haben uns Sorgen gemacht.“
 

Das schlechte Gewissen schnürte Harrys Kehle zu. Wieder musste er lügen. Und so ungern er es tat, er sah keine andere Möglichkeit.
 

„Mir wurde das gestern alles zuviel. Ich… ich brauchte einfach ein wenig Ruhe. Ich war in der Scheune und bin da eingeschlafen.“ Selbst in Harrys Ohren hörte es sich lahm an.
 

Hermine runzelte misstrauisch die Stirn, und Harry begann zu schwitzen. Sie glaubte ihm nicht, oder schlimmer…
 

„Ich war in der Scheune…“
 

… Hermine wusste, dass er log.
 

„Ich hätte wohl ganz hineingehen sollen“, fuhr Hermine zögernd, mit gesenktem Blick fort. „Ich habe nur kurz hineingeleuchtet und deinen Namen gerufen, ehe ich wieder gegangen bin.“
 

Harrys Mund klappte auf. Er brachte kaum einen klaren Gedanken zustande, während Ron – anscheinend beruhigt – Hermine damit aufzog, dass sie tatsächlich mal nicht gründlich genug gewesen sei.
 

Er war schon immer ein miserabler Lügner gewesen. Für einen kurzen Moment sah Hermine ihn an, grimmige Härte lag in den Augen, bestätigte Harrys Vermutung: Sie hatte ebenso wenig die Wahrheit erzählt wie er selbst. Aber warum?
 

Seine Unsicherheit überspielend, lauschte er mit halbem Ohr Rons Erzählungen über den vergangenen Abend. An den passenden Stellen mechanisch lachend, zerbrach Harry sich den Kopf über Hermines Verhalten. Hatte Draco etwa Recht? Ahnte sie etwas?
 

Molly trat mit zusammengepressten Lippen an ihren Tisch und bat Ron ihr zu helfen, die Zwillinge zu finden. Um sie, wie Molly schnaubend erklärte, wegen des Getränkefiaskos zur Rede zu stellen. Ihrer Miene nach zu urteilen, täten Fred und George gut daran für die nächsten hundert Jahre auszuwandern.
 

Sehr zu Harrys Unbehagen, begleitete Hermine Ron nicht, als er seiner wutschnaubenden Mutter aus dem Speisesaal folgte. Harry ahnte, was kommen würde – und hätte sich nur zu gern vor dieser Konfrontation gedrückt.
 

Hermines Hände spielten unruhig mit ihrem Besteck, die Brauen gerunzelt blickte sie stur auf die Maserung des alten Eichentisches.
 

„Hermine, ich…“, setzte Harry an, ohne genau zu wissen was er sagen sollte. Er wollte nur die eisige Stille zwischen ihnen brechen.
 

„Ich will es nicht hören.“ Erst jetzt sah Hermine ihn an. Wieder mit diesem harten, unversöhnlichen Ausdruck in den sonst so sanften Augen. „Ich will nicht wissen, wo du warst. Und ich will Ron deinetwegen nie wieder belügen müssen!“
 

Jedes Wort traf Harry wie ein Hieb. Er öffnete seinen Mund und schloss ihn wieder. Hilflos, nicht fähig etwas zu erwidern, sah er sie an. Sah wie die Wut plötzlich verflog, durch Mitleid ersetzt wurde; ihre Schultern entspannten sich, als sie nach Harrys Hand griff. Seine kalten Finger wärmend.
 

„Nein, sag es nicht. Dann gibt es nichts, was ich vor Ron verheimlichen müsste. So ist es nur eine Ahnung – nicht mehr.“
 

Ihr Lächeln war voller Bitterkeit, die Harrys Herz zerriss. Ein letztes Mal drückte Hermine seine Hand, ehe sie Harry allein am Tisch zurückließ. In diesem Moment hasste er sich selbst für die Feigheit, seine Freunde zu hintergehen. Für die seltsamen zwiespältigen (zärtlichen, verbotenen?) Gefühle, die er Draco entgegenbrachte. Deren Intensität sein schlechtes Gewissen besiegte. Wann immer er auch nur an Draco dachte.
 

Die heiße Stirn gegen seine Handflächen pressend, schloss er die Augen. Mit einem Mal wurde ihm die Aussichtslosigkeit ihrer Situation bewusst. Wie lange könnten sie es noch verheimlichen? Harry biss grimmig die Zähne zusammen, als ihm die Prophezeiung in den Sinn kam. Wie viel Zeit blieb ihnen noch? Sie könnten sich nicht auf ewig hinter den Klostermauern verstecken…
 

Die Sehnsucht nach Draco glühte in seinem Inneren, obwohl sie sich gerade noch in den Armen gelegen hatten. Der Drang Draco zu sehen, zu berühren, sich zu vergewissern, dass er wirklich da war, wurde übermächtig.
 

Erst als er keuchend und mit schmerzenden Rippen im staubigen Dämmerlicht der Scheune stand, wurde ihm bewusst, dass er gerannt war.
 

Das Herz schlug ihm bis zum Hals, dennoch überkam ihn diese vertraute Ruhe, als er Draco erblickte. An eines der Fässer gelehnt, die Stirn auf seine Knie gestützt, wirkte er so verloren wie Harry sich fühlte. Draco blickte auf und Harry erschrak, als er pure Verzweiflung in dessen Augen wahrnahm. Von dem Wunsch beseelt, Draco Trost und Halt zu schenken, ging Harry vor ihm in die Knie.
 

Hermines Wissen wurde unwichtig, als Dracos Arme ihn verzweifelt an seinen bebenden Leib pressten. Die Zeit, die ihnen noch blieb, war ohne Bedeutung, als Dracos Atem warm über Harrys Hals floss. Jeden Gedanken an Zukunft, Prophezeiung und Schicksal verdrängend, vergrub Harry sein Gesicht in Dracos Haar. Es war unerheblich. Draco war da. Jetzt. Und nur das zählte.
 

ooOoo
 

McGonagall sah ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an. Harry rutschte nervös auf seinem Stuhl herum; ihr durchdringender Blick ließ nicht auf ihre Gedanken schließen.
 

„Warum sollte ich die McDougals überreden hier zu bleiben, Mr. Potter? Und was lässt Sie annehmen, dass es mir gelingen würde?“
 

Sich die feuchten Handflächen an der Hose abwischend, überlegte Harry fieberhaft, wie er McGonagall überzeugen konnte. Sie war die Erste gewesen, die ihm eingefallen war, als Draco ihm von Megans baldiger Abreise erzählt hatte. Der harte, kalte Klang seiner Stimme, hatte Harry nicht täuschen können – Draco zerriss es, Megan zu verlieren. Er hatte Draco nichts von seinem Plan erzählt, hatte keine unnötige Hoffnung in ihm wecken wollen. Jetzt war er fast froh, dass er Draco nicht eingeweiht hatte.
 

„Sie könnten ihnen sagen, dass es hier sicherer ist. Megan… sie ist meine Freundin. Ich würde mich besser fühlen, wenn sie hier bliebe.“ Das war nicht einmal gelogen. Auch wenn Megan ihn nicht leiden konnte, war es fast unmöglich ihrem kratzbürstigen Charme zu widerstehen.
 

„So, so…“ Minerva lächelte auf eine hintergründige Art und Weise, die Harry glauben ließ, durchschaut worden zu sein. Als wüsste sie, dass es gar nicht um ihn ging. „Ich fürchte, ich werde nicht viel tun können“, erklärte sie bedauernd und, Harry ließ enttäuscht den Kopf hängen. „Aber ich kann es versuchen“, fuhr sie mit warmer Stimme fort.
 

„Danke.“
 

Harry wollte sich erheben, als ihre nächsten Worte ihn erstarren ließen:
 

„Wie gestalten sich Ihre privaten Übungen in der Scheune? Machen Sie Fortschritte?“
 

Pures Erschrecken flutete Harrys Verstand. Sich zwingend ruhig zu bleiben, sah er ihr gerade in die Augen, in denen aufrichtiges Interesse schimmerte. Sie wusste es nicht; konnte gar nicht wissen, was sich tatsächlich zwischen ihm und Draco abspielte.
 

„Ich…“ Er erinnerte sich an dieses eine Mal, als er den Todesfluch erfolgreich angewandt hatte. An dieses eine Mal, als der Hass auf Voldemort und Snape (auf sich selbst und sein Schicksal) groß genug gewesen war, um die Worte, seinen Willen zur tödlichen Waffe werden zu lassen… Sich nervös über die Lippen leckend, holte Harry tief Luft.
 

„Ja.“
 

Verbitterung grub tiefe Falten um Minervas Mund; ihre Hände verkrampften sich unwillkürlich, als sie Harry eine Frage stellte, die seine Welt komplett auf den Kopf stellte.
 

„Vertrauen Sie Mr. Malfoy?“
 

Was?“
 

„Sie haben mich schon verstanden“, schnappte Minerva angespannt. Ihre Augen verengten sich lauernd. „Vertrauen Sie ihm?“
 

Vertrau mir…
 

Harrys Lippen waren taub, seine Zunge ein nutzloser Klumpen in seinem Mund, als er den Kopf schüttelte.
 

„Nein.“
 

Minervas Körper schien in sich zusammenzusacken, als sie ihn mit belegter Stimme entließ. Sie sah erschreckend alt und müde aus. Harry erschauderte, als er sich unwillkürlich fragte, was ihn mehr beunruhigte: Ihre Mutlosigkeit angesichts seiner Worte, oder die Tatsache, dass er gelogen hatte.
 

ooOoo
 

Minerva hatte die McDougals nicht umstimmen können. Besonders Eilidh, Megans Mutter, schien besessen von dem Wunsch, die Klostermauern hinter sich zu lassen. Soviel hatte Minerva Harry verraten.
 

Die wenigen Tage, die Megan noch im Kloster verbringen durfte, hatte sie damit verbracht eifersüchtig Dracos Nähe zu suchen. Harry hatte sich still Dracos bittendem, verständnisheischendem Blick gefügt. Auch wenn die Sehnsucht mit jedem Tag unerträglicher geworden war, hatte er es nicht mehr gewagt, eine ganze Nacht bei Draco zu bleiben; zu groß war die Furcht, Rons Misstrauen erneut zu wecken.
 

Jetzt, am Tag des Abschieds, war Harry am Ende seiner Kraft. Die wenigen Stunden, die er mit Draco verbringen konnte, schienen immer zu kurz. Als läge zwischen Mitternacht und der dunklen Stunde vor Sonnenaufgang nur ein Wimpernschlag, bevor Harry müde in sein eigenes Bett schleichen musste. Es verbitterte ihn, Draco nicht helfen zu können. Dass dieser die stumme Wut, seiner Hilflosigkeit entsprungen, allein ertragen musste. Oder wollte. Draco hatte sich schlicht geweigert, über Megans Abreise zu sprechen. Nur des Nachts umschlang er Harry verzweifelt, vergrub das Gesicht an dessen Brust und ließ sich Harrys stilles, unschuldiges Streicheln gefallen.
 

Nun konnte Harry seine schmale Gestalt erkennen, die abseits an einen Baum gelehnt Megan betrachtete. Stumme Tränen weinend, lief das Mädchen an der Hand seiner Mutter auf die Tore zu. Ihr Blick war starr auf Draco gerichtet, bis sie die Mauern hinter sich ließ und ihre Mutter mit ihr disapparierte.
 

Harry fröstelte trotz des warmen Sommerabends. Er konnte sich nicht losreißen von dem gebrochenen Anblick Dracos, der mit steifen Schritten zur Scheune ging. Automatisch, ohne darüber nachzudenken, ob ihn jemand sehen könnte (ihnen folgen könnte) ging Harry ihm nach. Um mit aller Macht die Mauer zu durchdringen, welche Draco um sich aufgebaut hatte – welche ihn ausschloss.
 

Dracos Rücken straffte sich, als Harry hinter ihn trat. Sich, seine Arme um Dracos Hüften schlingend, an ihn schmiegte.
 

„Ich will allein sein, Potter.“
 

Ein Zittern ließ Draco erbeben, und Harry verstärkte seinen Griff unwillkürlich.
 

„Es ist nicht deine Schuld, dass sie fort ist. Das hat Megans Familie entschieden.“
 

Höhnisches Gelächter ließ Harry blinzelnd aufsehen. Draco wand sich in seinen Armen, stieß ihn mit einem Ruck von sich. Kalte Wut verzerrte Dracos Gesichtszüge, ließ Harry einen Schritt zurückweichen.
 

„Es war meine Schuld, Potter! Morag hat ihren Eltern erzählt, mit wem Megan ihre Zeit verbringt. Deshalb hatten sie es so verdammt eilig, ihre Tochter von hier fort zu bringen. Sie wollten Megan schützen – vor mir!“
 

Harry blieb nichts übrig außer verdutzt zu schweigen – also hätte sein ursprünglicher, wackeliger, dann doch verworfener Plan wohl keinen Zweck gehabt (das Heldenimage rauskehren). Er hatte befürchtet, immer unter Beobachtung zu stehen, würde besagter Plan Früchte tragen.
 

Dracos Augen trugen einen gehetzten Ausdruck; seine Hände zitterten unkontrolliert, als er sich aufgebracht durch die Haare fuhr. Zögernd ging Harry auf ihn zu, und diesmal war es Draco, der zurückwich.
 

„Und so wird es immer sein, Potter. Sie werden immer mit dem Finger auf mich zeigen. Sie werden immer Todesser flüstern und sich abwenden.“ Dracos Stimme mischte sich bittere Akzeptanz bei. „Und irgendwann wirst du dich auch abwenden…“
 

„Woher willst du wissen, was ich tun werde?“, fragte Harry ruhig.
 

Die Worte hatten ihn verletzt, doch er wusste, warum Draco wie wild um sich schlug. Kannte diese Reaktion auf Schmerz von sich selbst (wie ein verwundenes, wildes Tier). Mit wenigen Schritten stand er vor Draco, berührte sanft mit den Fingerspitzen dessen Wange. Draco entzog sich Harrys Berührung, als könne er sie nicht ertragen. Die Qual in Harrys Inneren war unbeschreiblich. Es tat weh, von Draco abgewiesen zu werden. Jedes Mal aufs Neue.
 

„Ich weiß es eben…“
 

Mit geballten Fäusten wollte Draco an Harry vorbeigehen, der reflexartig nach seinem Arm griff, ihn zurückzog, bis sie dicht voreinander standen. Harry konnte nicht fassen, dass Draco ihn für so schwach hielt.
 

„Du verurteilst mich also schon jetzt? Ohne mir die Chance zu geben, dir das Gegenteil zu beweisen?“
 

„Warten wir es ab, wer wen verurteilen wird“, wisperte Draco grimmig lächelnd.
 

Harry legte seufzend seine Stirn gegen Dracos. Er verstand ihn nicht. Manchmal glaubte er ihn zu kennen, nur um festzustellen, dass er so gut wie nichts von ihm wusste. Und auch das schmerzte.
 

„Komm.“
 

Nach Dracos Hand greifend, zog Harry ihn hinter sich her ins Freie. Er verdrängte den Gedanken an Ron. An den nächsten Morgen. An weitere Lügen und Ausreden. An eine ungewisse Zukunft. Dracos Hand lag warm in seiner, ihre Finger miteinander verwoben, als der blonde Junge ihm nun ohne Gegenwehr folgte. Und dieses aufblühende heiße Gefühl in seiner Brust wog schwerer als alles andere.
 

Die Sonne war bereits untergegangen, nächtliche Schatten hüllten die Landschaft in tiefes Blau und düsteres Grau. Verbargen sie vor neugierigen Blicken auf ihrem Weg ins Kloster.
 

ooOoo
 

Über den Bergen, die das kleine Dorf einschlossen, zuckten grelle Blitze. Die beleuchteten Fenster, der aufsteigende Rauch aus den Schornsteinen – es wirkte idyllisch, und Severus spürte würgende Übelkeit in sich aufsteigen. Donner grollte in der Ferne. Mit Gerunzelter Stirn betrachtete Severus die düsteren, sich auftürmenden Wolkenformationen. Wieder erhellte ein Blitz die Dunkelheit. Ein kühler Wind kam auf, ließ die Roben der Todesser flattern, während sie auf einer Anhöhe dem Zeichen des Angriffs entgegenfieberten.
 

Wie ein schlechtes Klischee…
 

Bitter lächelnd, betrachtete er Bellatrix, die zärtlich ihre Hand auf den Schattenkopf eines Kadi-Bakh legte, der neben ihr saß. Das Wesen grub seine silbernen Krallen tief in den Boden; vor Ungeduld bebend, endlich seiner eisernen Ketten entlassen zu werden. Er und seine Artgenossen waren nicht mehr in den Genuss der Jagd gekommen, seit Hogwarts gefallen war. Fauchend schnappte das Tier nach Greyback, der zur Seite sprang und Bellatrix’ Haustier hasserfüllt anstarrte.
 

„Verdammtes Drecksvieh! Musst du diese Brut überall mit hinnehmen?“
 

„Du wirst doch vor ihm keine Angst haben“, entgegnete Bellatrix spöttisch. „Er ist hier, um dich daran zu erinnern, dass wir nicht alle töten sollen!“
 

„Als ob ich das vergessen würde…“
 

Todfeinde… rief Severus sich ins Gedächtnis. Seit Anbeginn der Zeit.
 

Severus wandte seine Aufmerksamkeit wieder dem Dorf zu; kalte Schauer ließen ihn die Schultern hochziehen. Der Lord hatte an seinen Wünschen keinen Zweifel gelassen…
 

Seine Schritte verursachten kein Geräusch, als er an den Reihen seiner Anhänger entlang schritt.
 

„Ich hörte“, begann Voldemort schnurrend-leise, „dass einige von euch glauben, ich verstecke mich.“
 

Severus spürte mehr, als er sah, wie sein Nebenmann zusammenzuckte. Still schalt er ihn einen Narren – selbst wenn der eine oder andere so gedacht hatte, es wurde niemals ausgesprochen. Niemand wäre so dumm.
 

„Einige von euch glauben, ich verkrieche mich vor dem Orden.“
 

Diese blutroten Augen richteten sich auf Severus, der den Blick unbewegt erwiderte. Ein schmales Lächeln war sein Lohn.
 

„Manche glauben, dass ich vor dem Ministerium zurückschrecke.“
 

In der Mitte der Halle blieb der Dunkle Lord stehen, und ein jeder Todesser glaubte, er würde ihm und nur ihm direkt in die Seele sehen können.
 

„Vielleicht glauben einige auch, meine Macht ließe nach…“
 

Severus biss die Zähne zusammen. Natürlich warf der Lord seinen Männern nicht vor, dass sie sich gegenseitig an die Kehle gingen. Er hatte für jeden den richtigen Köder.
 

„Doch vielleicht wollte ich das Ministerium nur in Sicherheit wiegen…“
 

Die Spannung veränderte sich augenblicklich. Es war nicht länger der stinkende Geruch der Angst, welcher die Luft verpestete. Die Todesser witterten Blut.
 

„Vielleicht wollte ich den Orden nur täuschen…und vielleicht ist die Zeit reif, Britannien wieder brennen zu lassen.“
 

Vereinzelte Jubelrufe wurden laut, und der Dunkle Lord deutete grausam lächelnd auf Severus.
 

„Mein treuer Diener Severus hat den Ort erwählt, an dem wir beginnen werden. Wir werden diesem Land erneut zeigen, was Furcht bedeutet.“
 

Severus senkte ergeben sein Haupt, seine Unfähigkeit verfluchend, etwas gegen das geplante Gemetzel zu unternehmen.
 

„Tötet nicht alle. Wir wollen schließlich…“ des Lords Mund verzog sich spöttisch, „dass sie erfahren, wer ihren Frieden zerschlagen hat...“
 

Der Wind nahm zu. Die Luft roch metallisch, kündigte Regen an.
 

Severus sah Rudolphus, Rabastan und noch einige Todesser, die zum engsten Kreis gehörten, den komplizierten Zauber wirken, welcher eine Flucht der ansässigen Zauberer und Hexen verhindern würde. Dieser Bann würde erst enden, wenn Bellatrix den Morsmordre sprechen würde. Unwillkürlich ging sein Atem schneller – es gab kein Entrinnen. Für niemanden.
 

Dann hob Peter seinen Arm, in seiner befehligenden Aufgabe regelrecht aufgehend; grell spiegelten sich die Blitze in dem Silber der künstlichen Extremität. Die Schritte der Todesser vermischten sich mit dem Donnergrollen, während sie auf das todgeweihte Dorf zumarschierten. Alle Gedanken an das Kommende verdrängend, schloss Severus sich der Truppe an, auch wenn er jede Bewegung erzwingen musste.
 

ooOoo
 

Megan erwachte durch einen schrillen Schrei, der so plötzlich endete, als wäre eine Axt auf jene Kehle niedergegangen, die den Laut hervorgebracht hatte. Das kleine Herz flatterte in ihrer Brust, einem gefangenen Vogel gleich. Angst schnürte ihr die Atemwege zu, als weitere Hilfeschreie erklangen. Türen schlugen krachend gegen steinerne Wände, flüchtige Schatten huschten an ihrem Fenster vorbei. Die panischen Stimmen der Menschen vereinigten sich zu einem einzigen Klageton.
 

Wie gelähmt lag Megan da, war kaum in der Lage, auch nur einen Muskel zu rühren. Sie wusste instinktiv, dass sie sich verstecken musste; sie durfte nicht die Augen schließen und hoffen, dass alles nur ein böser Traum war.
 

Ihre Angst bezwingend, kroch Megan aus dem Bett. Ihre bloßen Zehen berührten den kalten Boden. Sie fuhr zusammen, als ihr Zimmer von einem grünen Leuchten erfüllt wurde.
 

Eine weitere Stimme des Chors verstummte.
 

Wie gebannt sah Megan aus dem Fenster, konnte den Blick nicht abwenden von den panischen Menschen, die ihre Häuser verlassen hatten und nun die Straßen des Dorfes füllten.

Dunkel gekleidete Gestalten schritten durch die Gassen, töteten scheinbar wahllos Frauen, Männer und Kinder, stiegen achtlos über verrenkte Körper.
 

Ein dunkler Schatten kam über einen Mann, riss mit schimmernden Krallen tödliche Wunden. Die glühenden Augen schienen sie direkt anzusehen. Dann wandte sich das Wesen ab, suchte sich ein anderes Opfer, das seinen Blutdurst stillen sollte.
 

Megans Finger krallten sich an der Fensterbank fest, nicht fähig diesen schützenden Halt wieder loszulassen, als ihre Mutter in den Raum stürzte. Die Augen weit aufgerissen, zerrte sie Megan nach draußen; dorthin, wo die Gefahr drohte. Ihre Lippen bewegten sich, doch Megan verstand die ausgestoßenen Worte nicht.
 

Sie sah ihre Schwester; die Augen ebenfalls schreckensweit, wie sie mit zitternden Händen ihren Zauberstab umklammerte.
 

Schneidendkalte Nachtluft empfing sie, ließ sie in ihrem Nachthemd frösteln. Scharfkantige Steine rissen ihre Fußsohlen auf, als sie von ihrer Mutter ins Chaos gezerrt wurde.
 

Häuser brannten, angsterfüllte Menschen, die sie anstießen – und immer wieder ließ grünes Leuchten einen dieser Menschen sterben.
 

Salzige Tränen brannten in ihren Augen, suchten sich haltlos ihren Weg über die Wangen, tropften lautlos auf staubige Straßen. Megan wünschte sich weit weg, stellte sich die grünen Hügel vor, die das Kloster umgaben. Konnte beinahe den Duft des wilden Salbeis wahrnehmen, der auf dem alten Friedhof wuchs, den staubigen Geruch der Scheune, die beruhigende Stimme Dracos, die ihr versicherte, dass sie für immer seine beste Freundin sein würde.
 

Die Hand ihrer Mutter, hart in ihrem Rücken, riss sie in die grausige Realität zurück. Stieß sie unbarmherzig vorwärts.
 

Eine alte Frau lag im Weg, die wässrigen Augen gebrochen.
 

Rauch in ihrer Nase ließ ihre Sicht verschwimmen, kratzte in ihrer Kehle. Die Stimme ihrer Mutter an ihrem Ohr, schrill und voller Angst, die schlanken Finger deuteten auf die Hügel.
 

So unendlich weit entfernt.
 

Grünes Licht brach durch die namenlos und fremd gewordene Masse von Menschenleibern, ließ den Pulk in alle Richtungen ausbrechen. Ihre Mutter war plötzlich fort, und nun schrie auch Megan. Jemand stieß gegen sie; Megan fiel zu Boden. Kalte harte Steine in ihrem Gesicht, ihre Hände und Knie zerkratzend.
 

Dann feuchtwarme Hände an ihren Armen, die sie hochzogen. Gieriges Grinsen, entblößte spitze gelbe Zähne.
 

„Wen haben wir denn da?“
 

Sie wurde an eine Schulter gepresst, stinkendes Haar in der Nase. Fäulnisgeruch hüllte sie ein, ließ Megan erstickt würgen.
 

Ein Blitz, grell leuchtend durchschnitt die Nacht. Im flackernden Schein der gelegten Feuer rannte ein Mann auf sie zu. Dunkles Haar quoll unter der Kapuze hervor. Er richtete einen Zauberstab auf sie.
 

„Greyback!“
 

Der Mann, der sie an sich presste und so fürchterlich stank, wirbelte herum. Megan konnte ihre Mutter erkennen, die verzweifelt gegen den Strom ankämpfte, der sie mit sich riss.
 

„Diesmal nicht, Snape, rette wen du willst, aber sie gehört mir!“
 

Megan streckte ihrer Mutter die Hände entgegen.
 

Unheiligem Feuerwerk gleich erschien ein Totenkopf am Firmament, eine Schlange ausspuckend.
 

Dann wurde es dunkel und Megan glaubte keine Luft mehr zu bekommen, in der klebrigen Schwärze, als der Mann namens Greyback mit ihr apparierte.
 

OoOoo
 

Der Druck verschwand so plötzlich von ihrer Brust, wie er gekommen war. Sie fiel, als der Mann sie losließ. Gierig sog Megan die kühle Nachtluft in ihre Lungen. Greyback ragte über ihr auf, jeder Muskel schien sich zu spannen, als er sich auf der Waldlichtung umsah.
 

„Das ist nicht der Ort, an den ich wollte…“
 

Sein Blick fiel auf Megan, die nun ahnte, dass sie sich noch immer in Gefahr befand. Die blonden Haare hingen ihr wirr ins Gesicht, als sie mit den Beinen strampelnd von ihm weg kroch. Der Todesser ließ sich auf die Knie nieder, fing mit spielerischer Leichtigkeit ihren Fuß ein und zog sie wieder zurück. Die schmutzigen Fingernägel hinterließen blutige Spuren auf ihrer blassen Haut.
 

„Nur keine Angst meine Kleine, ich verspreche dir, es wird nicht wehtun – zumindest nicht lang.“
 

„Lass mich…“, keuchte Megan. Ihre verzweifelten Tritte prallten an ihm ab, riefen nur ein grausames Lächeln hervor.
 

„Nicht doch, du willst doch nicht etwa fliehen? Das wäre doch unhöflich, ehe wir uns kennen gelernt haben. Ich bin Fenrir.“
 

Megan antwortete nicht, ihre kleinen Finger zerrten vergeblich an seinen riesigen Pranken, in dem unnützen Versuch diese von ihrem Bein zu lösen.
 

„Jetzt wäre eigentlich der Zeitpunkt gekommen, wo du mir deinen Namen nennst“, wies er sie zurecht. Ein Anflug von Unmut schwang in seiner Stimme, strafte sein Lächeln Lügen.
 

„Ich kann schon dein süßes Blut riechen…“
 

Megan hob ihren Blick, sah die Gier in den starr auf sie gerichteten Augen. Als hätte sich ein Schleier gelichtet, verstand sie plötzlich, was ihr bevorstand, und sie schrie. Schrie so laut sie nur konnte.
 

Fenrir lachte. Ihre Angst schien die Glut in seinem Innern weiter anzufachen. Megan starrte ihn an, gefangen in namenlosem Entsetzen.
 

Ihre Kehle zog sich zusammen, ließ nur noch ein kraftloses Wimmern zu, als Fenrir ihren Kopf an den Haaren zurückriss.
 

„So köstlich… weiß und zart…“
 

Der faulige Atem strich über ihr Gesicht, während er sich anschickte, mit diesen unnatürlich spitzen Zähnen ihre Kehle zu zerreißen.
 

Doch da war...
 

Ein silbriges Aufblitzen, aus den Augenwinkeln kaum zu erkennen.
 

... etwas.
 

Ein Gurgeln.
 

Sie war wieder frei.
 

Der schwere Körper fiel zur Seite. Blut quoll aus seinem Mund, benetzte den silbernen Pfeil, der seinen Hals durchbohrt hatte.
 

Keuchend rutschte Megan zurück, (weg... bitte weg!), ihr Kopf war seltsam leer, als sie aufsah.
 

Langes, rotes Haar, mit Zweigen und Blättern geschmückt, strömte über mit einem Lederstreifen bedeckte Brüste.
 

Sie...
 

Megans Sicht verschwamm.
 

... ist kein Mensch...
 

Gemächlicher Gang, zwei erdbraune Augen, aus einem scharfgeschnittenen Gesicht hervorblitzend...
 

... zumindest nicht ganz...
 

... belustigt, so als lachten sie über einen Scherz, den niemand anderes kannte. Und zugleich, angesichts der vor ihren Hufen ausgestreckten Leiche, seltsam ruhig.
 

Alles begann sich zu drehen, als die Schrecken dieser Nacht ihren Tribut forderten. Megan glaubte eine heisere Stimme über sich zu hören, ehe ein dunkler Strudel ihren Verstand mit sich riss.
 

„Ein Menschenkind. Welch seltener Besuch im Wandernden Wald…“
 

Tbc…



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Siddhartha
2008-03-24T22:54:59+00:00 24.03.2008 23:54
Oh... mein... Gott...
"„Ich… das ist…“, versuchte er sich zu rechtfertigen.

Das Gesicht in den Armen vergrabend, schüttelte Harry den Kopf.

„Ich weiß, was das ist. Mach… mach einfach weiter.“"
Ich kann nicht mehr XD

"„Ich hatte keine Kerze…“ Ihre Stimme zitterte verdächtig und brach den Bann."
Nein, wie süüüüüüß x3

XDD schade, dass nicht McGonagall vor der Tür gestanden hat~

"„Wie gestalten sich Ihre privaten Übungen in der Scheune? Machen Sie Fortschritte?“"
Mein Gott, an Harrys Stelle hätte ich mich so ertappt gefühlt, dass ich im Boden versunken wäre xD

o.o ...Megan...? Q__Q Was passiert denn jetzt mit ihr!?

Von:  Anfang
2007-05-05T21:11:28+00:00 05.05.2007 23:11
Ich bin wirklich total beeindruckt.
eine Art das alles Gefühlvoll, spannend, aber nicht zu Kiesvhehaft rüber zu bringden ist wirklich bemerkenswert.
Ich hab fast mir der Nase am Bildschirm gejlebt um auch kein Wort das ein Dteil beschreiben könnte, zu überlesen.
Du kannst Gefühle einfach unheimlich gut beschrieben und du schaffst es, das alles vor meinem Inneren Auge aufleben zu lassen.
Das alles ist sehr patetisch.
Und ich muss sagen, die länger deiner Kapitel ist ausergewöhnlich, aber ich mag das besonders, weil man sich sicher sein kann, das man nicht aus der Spannung gerissen wird in dem man während des lesens versinkt.
Ich muss sagen, dein Schreibstyl ist sehr gut und es soll nicht beleidigend klingen wenn ich sage das er dem von der Schrifstellerin des Buches sehr ähnelt.
Ich bin beeindruckt!
Und dann möchte ich dich noch fragen ob du mir vielleicht eine ENS schiken könntest wenn es weiter geht.
Von: abgemeldet
2007-05-04T13:14:53+00:00 04.05.2007 15:14
oh gott sei dank, sie wurde gerettet
wow was ein langes Kapi
und das mit harry und Draco gefällt mir auch^^
sehr schön sehr schön
schreib ganz hsncell weiter


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