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Feuertanz

Harry/Draco
von

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Verräter

Harry versuchte ein unbeteiligtes Gesicht zu machen, als er sich das Pergament durchlas. Darauf stand alles, was er über die Horkuxe und Voldemort wusste. Alles, was Dumbledore ihm darüber beigebracht hatte, stand dort in der Handschrift seines Mentors. Harry kam sich verraten vor. Minerva beobachtete Harry genau, während sein Blick wieder und wieder über die Zeilen huschte. Sie sah das fassungslose Stirnrunzeln und das wütende Aufblitzen, hinter den Gläsern der Brille, als er erkannte, dass Dumbledore nie vorgehabt hatte, ihm die ganze Verantwortung zu übertragen.
 

„Nun, ich warte noch auf eine Antwort, Mister Potter“, erinnerte Minerva Harry sanft an ihre Anwesenheit. „Wann hätten Sie es mir erzählt?“
 

Harry ließ das Blatt sinken und sah seine Lehrerin fest an.
 

„Ich hätte es nicht erzählt. Ich bin davon ausgegangen, dass Professor Dumbledore dies nicht wünscht…“
 

„Und Sie wollten sich allein auf die Suche danach machen?“
 

Eigentlich war es keine Frage, doch Harry fühlte sich genötigt zu nicken.
 

„Ja.“
 

„Sie wissen doch hoffentlich, dass ich das nicht zulassen kann“, sagte Minerva. Ihre Stimme klang gutmütig, doch in ihren Augen lag eine Härte, die keinen Widerspruch duldete.
 

Harrys Körper spannte sich unwillkürlich an und doch blieb seine Stimme völlig ruhig, als er antwortete:
 

„Ich habe von Professor Dumbledore einen Auftrag bekommen und ich werde ihn auch ausführen.“
 

„Nein, Mister Potter. Das werden Sie ganz sicher nicht. Ich bin im Gegensatz zu Professor Dumbledore nicht bereit, Sie diesem Risiko auszusetzen.“
 

„Sie können mich hier nicht einsperren!“
 

„Ich dachte, das hätten wir bereits getan“, entgegnete Minerva gelassen.
 

Harry sprang auf und stützte sich auf dem Schreibtisch ab, der ihn von seiner Lehrerin trennte. Sein Körper bebte vor unterdrückter Wut.
 

„Sie werden mich nicht hier einsperren! Sie haben kein Recht dazu!“
 

Die vorgetäuschte Ruhe fiel von Minerva ab; sie stand ebenfalls auf und sah Harry kalt an.
 

„Ich habe jedes Recht, zu verhindern, dass Sie in Ihr Verderben rennen, Mister Potter! Setzten Sie sich wieder hin und hören Sie mir zu!“
 

Widerspenstig schüttelte Harry den Kopf; er wollte nicht nachgeben. Das Verlangen, Voldemort zu stellen und zu töten war zu groß.
 

„Mister Potter!“ Die flache Hand Minervas krachte auf die Schreibtischplatte; einige lose Blätter wurden durch den Luftzug aufgewirbelt und segelten zu Boden. „Ich sagte, Sie sollen sich setzten. Sofort!“
 

Durch den harschen Befehl überrumpelt, gehorchte Harry und ließ sich auf seinen Stuhl zurückfallen. Er starrte seine Professorin an und verschränkte die Arme vor der Brust.
 

„Was wollen Sie mir sagen? Dass ich nicht gut genug bin, um in den Kampf zu ziehen? Dass ich mich überschätze? Dass Voldemort mich töten wird?“, zählte Harry auf. Sein ganzer Körper bebte vor Zorn, während er sprach.
 

Minerva strich sich seufzend eine Strähne, die sich aus ihrem Dutt gelöst hatte, hinters Ohr.
 

„Nun, das war es in etwa, was ich Ihnen vorhalten wollte.“ Sie hob abwehrend die Hände, als Harry etwas einwerfen wollte. „Lassen Sie mich ausreden. Sie überschätzen Ihre Fähigkeiten maßlos! Sie sind noch nicht gut genug, um gegen den Dunklen Lord zu bestehen. Das, was Sie bisher geleistet haben, war in der Tat beeindruckend, doch basierte Ihr Erfolg einzig und allein auf Glück. Sie haben den Dunklen Lord nicht besiegt. Sie sind mit dem Leben davon gekommen und dafür sollten Sie mehr als dankbar sein!“
 

Minerva holte tief Luft und seufzte leise, beim Anblick von Harrys kalkweißem Gesicht. Ihr war bewusst, dass sie Harrys Selbstbewusstsein einen Dämpfer verpasste und doch musste er begreifen, dass er es auf sich allein gestellt nicht schaffen würde.
 

„Sollten Sie dem Lord jetzt in die Hände fallen“, fuhr sie ruhig fort, „werden Sie mit Sicherheit sterben. Er wartet nur darauf, dass Sie ihm direkt in die Falle gehen. Doch Ihre Zeit wird kommen. Bis dahin wird der Orden Ihre Ausbildung übernehmen. Sind Sie damit einverstanden?“
 

Harry atmete einige Male tief durch, um sich wieder zu beruhigen, ehe er antwortete:
 

„Ich muss zurück in den Ligusterweg. Das hat Professor Dumbledore gewollt. Es gibt da einen Zauber, der mich schützt…“
 

Eine Augenbraue Minervas wurde spöttisch hochgezogen; sie erinnerte plötzlich an Snape.
 

„Und dann binden Sie sich ein hübsches Schleifchen um, wenn die Todesser an Ihrem Geburtstag kommen, um Sie zu holen, ja? Dieses Haus steht unter ständiger Beobachtung und unsere Gegner warten nur darauf, dass Sie so dumm sind und sich dorthin begeben. Bis zu Ihrem Geburtstag mögen Sie dort sicher sein, doch um Mitternacht werden sie zuschlagen. Es ist eine Falle und Sie bleiben hier!“
 

Minerva lehnte sich in ihrem Stuhl zurück und wartete auf Harrys Antwort. Eine Uhr tickte leise in dem sonst völlig stillen Raum.
 

„Wie würde eine Ausbildung des Ordens aussehen?“, fragte Harry schließlich seufzend.
 

~*~
 

Die Kerkertür öffnete sich mit einem leichten Knarren und Fackelschein tanzte über die Wände. Lucius lehnte an den Gittern seiner Zelle und sah den Besucher spöttisch an.
 

„Du hast dir Zeit gelassen, Severus.“
 

„Ich dachte, ihr braucht etwas Zeit für euch.“ Severus befestigte die Fackel an der Wand und sah Lucius durchdringend an. „Wie geht es dir?“
 

Im flackernden Licht konnte man das spöttische Lächeln sehen, das Lucius’ Lippen umspielte. Wider besseren Wissens trat Severus vor und begab sich in Reichweite seines Freundes.
 

„Oh bitte, Severus. Lass den Smalltalk und sag mir, was ich hören will!“
 

„Und das wäre?“
 

Lucius griff unvermittelt nach Severus’ Robe. Er zog den ehemaligen Professor mit einem Ruck näher an die Gitter. Aller Spott war aus den grauen Augen gewichen, als sie Severus’ ausdrucksloses Gesicht fixierten.
 

„Lass mich nachdenken, mein Freund… mich würde brennend interessieren, warum mein Sohn in die Dienste des Lords eingetreten ist. Und vor allem, wo er sich jetzt aufhält.“ Die seidige Stimme zitterte vor unterdrückter Wut, während Lucius sprach.
 

Severus presste die Lippen zusammen und versuchte, sich aus seiner prekären Lage zu befreien – ohne Erfolg.
 

„Draco ist in einem anderen Stützpunkt untergebracht. Man sagte mir nicht, in welchem. Ich bin dabei, den Dunklen Lord… Lucius, bitte!“, röchelte Snape hochrot im Gesicht, als er immer weniger Luft bekam.
 

Der blonde Magier lockerte seinen Griff ein wenig und ließ letztendlich ganz von Severus ab. Aufatmend rieb dieser über die roten Male, die Lucius’ Finger auf seiner bleichen Haut hinterlassen hatten.
 

„Ich bin dabei, den Lord davon zu überzeugen, dass Draco ihm durchaus noch von Nutzen sein kann“, beendete er seinen Satz.
 

Ihm war bewusst, dass er Lucius durch diese Neuigkeit nicht beruhigen konnte. Ein wütender Aufschrei bestätigte seine Vermutung.
 

„Du versuchst was? Verdammt seist du, Snape! Du hattest mir versprochen, auf Draco aufzupassen. Ich habe dir vertraut. Ich habe dir meinen Sohn anvertraut; und nun büßt er für mein Versagen! Warum, Severus?“
 

Wie ein tödlich glitzernder Dolch bohrte Lucius’ Blick sich in den von Severus, bis dieser beschämt den Kopf senkte und das dunkle Haar sein Gesicht verdeckte.
 

„Bellatrix“, sagte Narzissa, die sich bisher im Hintergrund gehalten und nur beobachtet hatte, leise. Die beiden Männer wandten sich ihr zu und Snape nickte bedächtig.
 

„Ja. Sie versprühte ihr Gift wohldosiert und brachte Draco dazu, sich freiwillig dem Dunklen Lord anzuschließen.“
 

„Und ich konnte ihn nicht aufhalten“, sagte Narzissa mit einem trockenen Schluchzen. Sie verbarg ihr Gesicht in den Händen und sprach zitternd weiter: „Er war schon zu geblendet von der Aussicht auf Ruhm und Macht. Er ließ sich von ihren Worten verführen und als er dann den Auftrag bekam, war es zu spät. Das Mal auf seinem Arm machte ihn zum Sklaven und zugleich zu einem Todgeweihten. Er konnte es gar nicht schaffen. Es war nie der Sinn, dass es ihm gelingen sollte. Nicht einmal unser Lord hatte die Fähigkeit, Dumbledore zu töten.“
 

„Aber du hattest die Macht, zu tun, was niemand vorher vollbracht hat?“, warf Lucius scharf ein.
 

Severus nickte schmal lächelnd.
 

„Narzissa kam zu mir und bat mich um Hilfe. Ich hätte sie ihr nicht verweigert, selbst dann nicht, wenn Bellatrix nicht so verdammt misstrauisch gewesen wäre. Als Draco nicht in der Lage war, den Fluch auszusprechen, tat ich es und meine Tarnung flog auf. Der Lord war nicht zufrieden. In seinen Augen hatte Draco versagt und musste, ebenso wie Narzissa, bestraft werden.“
 

„Weil er wusste, dass er damit mich treffen würde!“, knurrte Lucius. Unbändiger Hass ließ sein Blut kochen.
 

Für einen Moment herrschte Stille. Nur unterbrochen von Narzissas stockenden Atemzügen; dann sah Lucius seinen Freund mit funkelnden Augen an.
 

„Was tun wir jetzt? Oder willst du mir erzählen, Severus, dass du ausnahmsweise einmal keinen Plan hast, mit dem du dich aus dem Schlamassel windest?“
 

„Ich frage mich, Lucius, was du bereit bist zu tun, um deine Familie zu retten“, antwortete Severus ausweichend.
 

Die abgemagerte Gestalt Lucius’ beugte sich vor, jetzt mit lauerndem Blick.
 

„Alles.“
 

„Kann ich dir vertrauen, Lucius?“
 

„Habe ich dir jemals einen Grund gegeben, es nicht zu tun?“
 

Für einen Augenblick zögerte Severus; wog die Risiken ab und kam wie so oft zu dem Ergebnis, dass er Lucius’ Hilfe benötigte. Er atmete tief durch und sprach die Worte aus, die ihn als Verräter entlarvten:
 

„Dumbledore wusste von Dracos Auftrag. Ich ging zu ihm, kaum, dass Narzissa mein Haus verlassen hatte…“
 

~*~
 

Harry verließ die Bibliothek mit gemischten Gefühlen. Das Angebot seiner Professorin, so verlockend es auch klang, war in diesem Sinne kein Angebot, sondern die einzige Alternative, wollte er nicht als Gefangener hier leben. Seine Freunde warteten in der Nähe der Bibliothek auf ihn. Ihre Körper verschmolzen beinahe mit den Schatten der Neumondnacht. Bei Ginnys Anblick zog sich etwas in seiner Brust zusammen. Für ihn hatte sich seit ihrem letzten Gespräch nichts verändert. Es würde nicht leichter werden, wenn sie auf solch engem Raum zusammen leben mussten.
 

„Was hat sie gesagt?“, fragte Hermine und holte so Harry, der Ginny unverwandt angestarrt hatte, in die Wirklichkeit zurück.
 

„Ungefähr das gleiche wie du“, entgegnete Harry lächelnd, während er sich an einen der Bögen lehnte, die den Gang einrahmten. „Dass ich mich überschätze. Dass ich mehr lernen muss und dass der Orden mich weiter ausbilden wird.“
 

Hoffnung blitzte in Ginnys Augen auf und Harry unterdrückte ein Seufzen; anscheinend war ein weiteres Gespräch unvermeidbar.
 

„Also wirst du hier bleiben, Kumpel?“, fragte Ron ruhig. Sein Gesichtsausdruck war schwer zu deuten, doch er wirkte ein wenig entspannter, als Harry nickte.
 

„Ja, ich bleibe.“ Hermines fragenden Blicken wich er geschickt aus.
 

Sie gingen zum Dormitorium, welches die ehemaligen Zellen der Mönche beherbergte. Diese Zellen waren kurzerhand zu Zweibettzimmern umfunktioniert und unter den Flüchtlingen aufgeteilt worden.

Harry spielte kurz mit dem Gedanken, sofort mit Ginny zu sprechen, verwarf ihn jedoch. Der Tag war zu lang, zu grauenvoll gewesen, als dass er jetzt die Kraft aufbrachte, das letzte Fünkchen Hoffnung in Ginny zu zerstören, das sie in sich trug. Mit einem schwachen Lächeln wünschte er Hermine und Ginny, die enttäuscht schien, eine gute Nacht und betrat hinter Ron die karg eingerichtete Kammer.
 

Zwei Betten, welche seltsamerweise mit herrlich aufgeplusterten Daunendecken bestückt waren, ein marode wirkender Tisch mit einem Stuhl davor und ein schmaler Schrank, dessen Türen nicht ganz schlossen, waren die einzigen Möbelstücke. Eine Kerze warf zuckende Schatten auf die steinernen Wände. Die Zelle wirkte trotz des Lichts düster und abweisend. Dennoch atmete Harry auf, als er sich seiner schmutzigen Kleidung entledigen konnte und die antiquierte Waschschüssel entdeckte, die auf dem Tisch stand. Flüchtig wusch er sich und zischte leise, als das eisige Wasser die zahllosen Kratzer reinigte, die er auf der überstürzten Flucht davon getragen hatte.
 

Harry ließ sich auf das Bett, welches unter dem Fenster stand, fallen und streckte sich wohlig seufzend aus. Seine Gedanken schweiften ab, während Ron sich ebenfalls niederlegte und die Kerze ausblies. Die Bettfedern quietschten leise, als Ron sich auf die Seite legte und Harry leise eine gute Nacht wünschte.

Doch anstatt in Morpheus Armen zu versinken, starrte Harry in die Dunkelheit und ließ das Gespräch mit Minerva noch einmal Revue passieren…
 


 

„Wie würde eine Ausbildung des Ordens aussehen?“
 

Triumph blitzte kurz in Minervas Augen auf, doch sie verlor kein Wort über seinen Rückzug.
 

„Remus Lupin wird Ihnen sein Wissen, was Flüche und Gegenflüche angeht, vermitteln. Tonks wird ihn dabei unterstützen. Alastor hat sich damit einverstanden erklärt, dass Sie ihn auf kleinere Missionen begleiten dürfen.“
 

Minerva machte eine kurze Pause und musterte Harry eindringlich, ehe sie fortfuhr:
 

„Habe ich Ihr Wort, Mister Potter, dass Sie mein Vertrauen nicht missbrauchen, wenn Sie die Mauern dieses Klosters zusammen mit Alastor verlassen? Keinerlei Alleingänge! Das ist meine Bedingung.“
 

Harry nickte knapp.
 

„Ich verspreche es.“
 

„Gut.“ Erleichterung ließ die Züge der Lehrerin weicher werden. „Zu guter Letzt werde ich Sie in die Grundlagen der schwarzen Magie einführen.“
 

Harrys Verstand war plötzlich wie leergefegt; er brauchte einen Moment, ehe ihm die Bedeutung dieser Worte mit voller Wucht bewusst wurde.
 

„Sie wollen was?“, krächzte er fassungslos. „Das hätte Professor Dumbledore niemals toleriert!“
 

„Im Gegensatz zu Ihnen, hatte Albus sehr wohl die Weitsicht, um schwarze Magie anzuwenden – wohldosiert versteht sich. Es gibt nicht nur Gut und Böse; sondern auch den Pfad, der dazwischen liegt. Das ist etwas, was Sie dringend lernen müssen: schwarz und weiß ergibt bekanntlich grau.“
 

Der leichte Spott, der in Minervas Stimme mithallte, entging Harry. Er konnte kaum glauben, dass ausgerechnet Albus Dumbledore sich mit dieser verbotenen Materie auseinandergesetzt hatte. Alles in ihm sträubte sich gegen diese Vorstellung.
 

„Ich kann das nicht glauben!“, rief Harry und sprang auf; rastlos lief er im Raum umher.

„Er hat immer gesagt, dass dies der falsche Weg sei. Dass man Gleiches nicht mit Gleichem vergelten kann. Ich –„
 

„Mister Potter!“ Minervas Stimme war kalt wie ein Gebirgsbach und Harry fuhr mit zusammengepressten Lippen herum. „Nicht die Magie an sich ist schwarz, nur das, was wir damit vollbringen.“
 

Harrys Mund öffnete und schloss sich wieder, ohne dass ein Laut seine Lippen verließ. Mit einer ungeduldigen Handbewegung deutete Minerva auf den verwaisten Stuhl.
 

„Sie sollten wirklich lernen, über den Tellerrand hinaus zu blicken, Mister Potter“, sagte sie, nachdem Harry sich steif darauf niedergelassen hatte. „Ich hatte nicht vor, Sie zu einem zweiten Tom Riddle auszubilden. Sie werden nur in die Grundlagen eingewiesen – doch das erwähnte ich bereits –, da Sie nicht bekämpfen können, was Sie nicht kennen...“
 

+++
 

Als Severus schwieg, lag eine fast greifbare Spannung in der Luft. Lucius starrte seinen Freund entgeistert an. Severus hatte ihm soeben wissentlich den möglichen Schlüssel seiner Rehabilitation auf einem Silbertablett präsentiert. Sollte auch nur ein Wort ihrer Unterhaltung diese Mauern verlassen, würde der Lord Severus’ Existenz mit einem Schlag auslöschen.

Und doch war Severus der einzige, der ihm seine herbeigesehnte Rache ermöglichen konnte. Auch wenn er es nicht wusste; der Dunkle Lord hatte einen Fehler begangen, als er sich Lucius’ Familie bediente, um seinen Untertan zu strafen.
 

„Sag mir nur eines, Severus“, verlangte er schließlich leise. „Warum?“
 

Ein grimmiges Lächeln legte sich auf Severus’ Züge; ließ sie hart und unnahbar wirken.
 

„Weil Er-dessen-Name-nicht-genannt-werden-darf, kaum, dass er einen Teil der Prophezeiung gehört hatte, loszog, um unschuldige Kinder zu töten. Man kann mir vieles nachsagen, Lucius, und ich habe in meinem Leben einige Grausamkeiten begangen, doch Kindsmord ging über meine Grenzen!“
 

Beinahe gehetzt sah Severus in Lucius’ Augen, versuchte, darin zu lesen, doch der andere Mann bedeute ihm nur mit einem Nicken fortzufahren.
 

„Er agierte wie Herodes; er hätte jedes Kind getötet, das in das Schema passte. Und mit Potter wollte er beginnen. Allein die Tatsache, dass sie mit dem Fidelius-Zauber geschützt wurden, bestätigte seine Vermutungen. Er setzte alles daran, sie ausfindig zu machen, und Pettigrew lieferte ihm das fehlende Puzzleteil.“ Severus atmete durch und sammelte sich, ehe er weiter sprach: „Ich stand in Potters Schuld und hatte gehofft, dass ich es mit Dumbledores Hilfe schaffen könnte, sie zu begleichen. Doch wie du weißt, kam es anders – für alle Beteiligten.“
 

Lucius kniff zweifelnd die Augen zusammen. Er hatte keinen greifbaren Grund, um Severus’ Worten zu misstrauen und doch: irgendetwas schwang in dessen Stimme mit, als er von James Potter redete. Er klang zu unbeteiligt, zu sehr darauf bedacht, was er sagte und vor allem wie er es sagte, als dass es die ganze Wahrheit sein könnte. Doch Lucius war bereit, es zu riskieren.
 

„Also gut, Severus, meine Prioritäten haben sich geändert. Wie genau sieht der Plan aus?“
 

Narzissa schlug sich entsetzt mit der Hand vor den Mund, um den Angstlaut zu ersticken, der ihrer Kehle entweichen wollte, als sie Lucius’ Zustimmung vernahm. Dieser Verrat könnte ihr Schicksal besiegeln und der Weg würde in den Tod führen. Doch wenn es gelang… dann wären sie frei.
 

+++
 

Professor Sprouts Mund öffnete sich, doch kein Schrei kam über die blutleeren Lippen, als der Dementor sich vorbeugte und ihre Seele verschlang.
 

Eine zitternde Hand umklammerte einen Zauberstab, der durch die angespannten Muskeln zum Beben gebracht wurde. „Ich muss es tun! Er bringt mich um! Er bringt meine Familie um!“
 

„Töte den Überflüssigen!“ Ein schrilles Surren, ein gleißendes Grünes Licht, das ihn blendete, und Cedric fiel…
 

Silbrige Krallen schlugen tödliche Wunden in nachgiebiges Fleisch – das hervorquellende Blut glitzerte rubinrot im fahlen Licht.
 

„Geh zur Seite, du dummes Mädchen!“

„Nein! Nicht Harry!“
 

Ziegel flogen durch die Luft, als Riesen mit ihren Fäusten gegen die Mauern schlugen. Schreiende Menschen rannten kreuz und quer über die Ländereien.
 

Sirius stolperte; ungläubiges Erstaunen spiegelte sich in seinen Augen wider, als er durch den Schleier fiel…
 

Mühsam hielt Dumbledore sich aufrecht. Immer wieder rutschten seine Füße kraftlos über den steinernen Boden, während er Severus Snape ansah, auf dessen Gesicht sich Abscheu und glühender Hass abzeichneten. „Severus… bitte…“
 

Snapes’ Gesicht war eine wutverzerrte Fratze, die ihm entgegenblickte. „Und wieder und wieder, Potter, bis du lernst, deinen Geist zu verschließen!“
 

Wieder ein grellgrünes Leuchten; es traf den alten Zauberer in die Brust und er fiel und fiel und fiel...
 


 

Mit einem unterdrückten Schrei fuhr Harry hoch und sah sich mit wilden Blicken um; sein Herz schlug so schnell und stark, dass seine Brust schmerzte. Tiefe Dunkelheit umgab ihn. Das einzige Geräusch war Rons leichtes Schnarchen. Schwer atmend ließ Harry seinen zitternden Körper in die Kissen zurückfallen. Sein Hemd klebte Schweiß durchtränkt am Körper; die unangenehme Feuchtigkeit ließ ihn schaudern. Er bedeckte sein Gesicht mit beiden Händen; sein Puls raste noch immer, jagte Adrenalin durch die Venen und Muskeln, bis Harry glaubte, vor Anspannung zu zerbersten.
 

„Nur ein Traum. Es war nur ein Traum“, flüsterte er beinahe tonlos.
 

Doch so sehr er es sich auch einzureden versuchte – es war eben nicht nur ein Traum. Es war alles Realität, vergangen zwar, aber dennoch real.

Seufzend setzte sich Harry auf die Bettkante. An Schlaf war nicht mehr zu denken, also stand er auf und zog sich möglichst leise an, um Ron nicht zu wecken. Die Tür gab ein protestierendes Knarren von sich, als Harry sie öffnete. Er hielt angespannt inne und lauschte den regelmäßigen Atemzügen Rons, ehe er sich durch den schmalen Spalt zwängte. Die endlosen verwinkelten Gänge lagen verlassen und dunkel vor ihm; nur seine leisen Schritte störten die Ruhe, die über dem Kloster lag.

Unwillkürlich stellten sich die feinen Härchen in seinem Nacken auf, als er den Innenhof betrat und kühle Nachtluft seine Haut streifte.

In der Ferne zeichnete sich ein violetter Schatten am Horizont ab; anscheinend war die Dämmerung nicht mehr fern. Leise knirschte der Kies unter seinen Schuhsohlen, als Harry auf den Brunnen zusteuerte und sich auf dessen Rand setzte. Der Wind trug den Geruch von Heidekraut und Geißblatt mit sich und Harry atmete das Aroma beinahe gierig ein. Die Stille und Einsamkeit hatte etwas Tröstliches und die Unruhe wich langsam von ihm. Den Kopf in den Nacken gelegt, betrachtete Harry die Sterne, die im Licht der aufgehenden Sonne an Kraft verloren und nach und nach verblassten.
 

Er fragte sich, was Snape jetzt tat. Ob er sich in seinem Erfolg sonnte und was er jetzt wohl plante. Hass brandete durch seinen Körper, wie eine Welle, als er an Snape dachte. Daran dachte, dass es Snape gewesen war, der Dumbledore getötet hatte. Sie würden sich wieder gegenüberstehen und dann würde er nicht mehr über ihn spotten! Harrys Hände ballten sich zu Fäusten, bis die Nägel in das weiche Fleisch seiner Ballen schnitten und rote Halbmonde hinterließen. Er hatte Minerva nicht angelogen, als er ihr das Versprechen gab, keinen Fluchtversuch zu unternehmen – zu wertvoll war das Wissen, welches ihm die Ordensmitglieder übermitteln konnten. Und der Tag würde kommen, an dem sie sich wieder sehen würden…
 

+++
 

Mit einer harschen Geste bedeutete Severus Snape der Wache, dass er allein mit dem Gefangenen reden wollte. Der Todesser verbeugte sich knapp und deutete auf eine Stelle am Ende des Ganges, der von wenigen Fackeln schwach beleuchtet wurde. Ohne ein weiteres Wort eilte Snape an dem Mann vorbei. Er hatte weder Blick noch Ohr übrig für die zerlumpten Gestalten, die ihn stöhnend und krächzend um Hilfe anflehten. Sie alle waren Gefangene, hatten den Dunklen Lord auf die eine oder andere Weise erzürnt und mussten nun den Tribut für ihr Vergehen zollen.
 

Angewidert hob Severus seine Roben an, die sacht über den mit Unrat beschmutzten Boden schleiften; der Geruch nach Ammoniak, Blut und Wundbrand ließ ihn automatisch flacher atmen. Erst an der letzten Zelle angekommen, blieb er stehen, um die am Boden kauernde Person zu betrachten. Staub und ein akuter Mangel an Wasser hatten den ehemals silberblonden Strähnen eine dunklere Note verliehen; sie verdeckten beinahe das hohlwangige Gesicht. Die Lider flatterten auf, als der Junge die Anwesenheit Snapes spürte und graue Augen weiteten sich ungläubig, als er seinen ehemaligen Lehrer erkannte.
 

„Professor Snape!“, rief Draco überrascht aus.
 

Die flinken Bewegungen, mit denen er aufstand und an die Gitter trat, zeigten Severus, dass Draco, zumindest körperlich, unverletzt war. „Haben Sie etwas von meine Eltern gehört?“
 

„Es geht ihnen gut, Draco“, erwiderte Snape ausweichend. „Ich bin hier, um mit dir zu reden. Wie du weißt, war der Lord nicht erfreut, als er über dein Versagen unterrichtet wurde.“
 

Dracos Blick huschte durch die dürftig eingerichtete schmutzige Zelle, in die man ihn auf Befehl des Lords gebracht hatte, und seine Schultern sackten herab.
 

„Ich weiß, Sir. Hat er Sie geschickt, um mich abzuholen?“ Dracos Stimme bebte im Einklang seines Körpers vor Angst. Der Tod, durch die Hand des Lords, war bekanntermaßen weder leicht noch schnell.
 

Sanft umfasste Severus durch die Gitterstäbe die Schultern des Jungen. Dracos Sorgen waren berechtigt. Der Lord hatte seinen Tod schon so gut wie beschlossen, als Severus mit seinem Plan an ihn herangetreten war. Ein Plan, der, wie selbst Severus zugeben musste, beinahe so löcherig war, wie ein von Motten zerfressener Mantel. Doch Voldemort griff nach jedem Strohhalm, den man ihm darbot, um Potter in die Finger zu bekommen, und so war er bereit, Draco eine letzte Chance zu geben, sich zu beweisen.
 

„Ich bin nicht hier, um dich zum Schafott zu führen“, sagte Severus ruhig. „Und doch bin ich im Auftrag unseres Meisters zu dir gekommen. Er hat eine neue Aufgabe für dich. Und nicht nur du wirst dein Leben verlieren, wenn du scheiterst.“
 

Dracos Augen verengten sich; dachte er doch, er müsste einen weiteren Mord planen und durchführen. Nichtsdestotrotz nickte er tapfer, mit zusammengepressten Lippen.
 

„Was soll ich tun?“
 

Fast hätten diese Worte Severus ein wehmütiges Lächeln entlockt; mit Grauen dachte er daran, was dem Jungen noch bevorstand; was der Lord zur Bedingung gemacht hatte. Noch immer hallten die zischenden Worte in seinem Geist wider.
 

„Vergiss nicht, Severus, Mitleid ist ihre größte Schwäche. Und genau an diesem Punkt müssen wir sie treffen ...“
 

Sich selbst zur Ordnung rufend, verdrängte Severus den Gedanken an jenes Gespräch. Seine dunklen Augen bohrten sich zwingend in Dracos, als er sagte:
 

„Höre mir gut zu und unterbrich mich nicht. Ich werde es dir nur einmal sagen und was immer geschieht, erzähle niemandem davon…“
 

Tbc…



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Siddhartha
2008-03-24T14:28:40+00:00 24.03.2008 15:28
Du machst Rowling Konkurrenz o__O
Nein, ehrlich, ich find das ist einfach der Wahnsinn, so... spannend und dramatisch >___<
*zittert immer noch* xD
Von:  Rejah
2006-12-23T13:00:19+00:00 23.12.2006 14:00
moin ^^
omfg, muss er harry zu voldemort bringen oder so was? ô.O ich sterbe gleich für spannung X___X
Von: abgemeldet
2006-09-19T18:41:23+00:00 19.09.2006 20:41
wow wie spannend
schreib ganz schnell weiter


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