Die Nachrichten
Kapitel 2: Die Nachrichten
Stille. Überall um ihn herum war es still. Kein Tier traute sich in seiner Gegenwart auch nur einen Laut von sich zu geben. Seine Aura schüchterte jeden ein dem er begegnete.
Nur sie hatte niemals Angst vor ihm gehabt. Warum wusste selbst er nicht. Sie war ihm gefolgt über fast 10 Jahre hinweg. Noch jetzt konnte er ihr kindliches, naives Lachen hören. Noch immer konnte er nicht glauben, dass sie wirklich so schwach geworden war. Es war fast unmöglich. Selbstmord. Alles hätte er ihr zugetraut nur so etwas nicht. Erbärmlich, das war das einzige Wort dafür.
Aber es war egal. Sie war tot. Nur ein weiterer Mensch der ihn nicht mehr belästigen konnte. Er hatte besseres zu tun als sich mit solchem Gesindel herumzuschlagen. So war er jetzt auch auf dem Weg in sein Schloss.
Als sein Blick zum Horizont glitt war die Sonne gerade dabei alles in verschiedene rot- und orange Töne zu tauchen. Es würde nicht mehr lange dauern und der Mond würde sie ablösen. Er musste sich eine Stelle suchen an der er bleiben konnte. Diese war auch schnell gefunden.
Mit einem, für ihn kleinen, Satz sprang er auf einen Baum und überblickte die Lichtung unter ihm. Der Mond, welcher mittlerweile aufgegangen war, tauchte, mit seiner fast ganz runden Form, alles in ein silbriges, milchiges Licht. Der Wind der durch die Blätter der umliegenden Bäume rauschte, trug einen seltsamen Geruch mit sich. Es war der gleiche Geruch wie der, den er in der Hütte wahrgenommen hatte. Es war der süße Duft des Todes.
Der Dämon sah auf. Etwas kam auf ihn zu geflogen. Mit einem geschickten Griff fing er das Etwas auf. Er hielt einen leicht an den Rändern angerissenen Zettel in der Hand. Wie auf dem ersten Zettel war auch hier mit einer zarten Handschrift etwas drauf geschrieben worden. So wie er es sah war es die gleiche. Doch das war nicht möglich. Das was er in der Hand hielt war eindeutig neuer wie das was er heute gefunden hatte. Mit ruhigem Blick überflog er den Inhalt.
Auf lautlosen Schwingen
zieht die Leere durch mein Land
Durch Träume der Sehnsucht
die ich niemals fand
Träume eines Menschen
den ich einmal kannte
Es war jemand
den man bei meinem Namen nannte
Du hast ihn getötet
hast ihn erstickt
Mit deinen Taten
ihn verstoßen, ausgenutzt
und sein Gefühl verraten
Er liebte doch so stark
wie ein Mensch nur lieben kann
Genau wie auch der andere Zettel löste dieser sich in der Säure des Dämons vollständig auf.
Am nächsten Tag machte er sich zu dem Gebirge auf, das nur zwei Tage von seinem Schloss entfernt war. Für einen Menschen hätte der unebne und felsige Weg ein Problem dargestellt. Doch nicht für ihn.
Die nun karge Landschaft störte ihn nicht weiter. Eher im Gegenteil. So konnte er sich zumindest von nichts ablenken lassen und nach eventuellen Feinden Ausschau halten. An einzelnen Felsvorsprüngen, sprang er bis fast zum Gipfel hinauf und begann dann wieder den Abstieg. Dieser allerdings stellte sich als etwas schwieriger heraus. Es musste einen Erdrutsch gegeben haben. Der Weg stellte sich nämlich als ein einziger Abhang heraus. So musste er sehr vorsichtig sein. Ein Absturz wäre zwar nicht weiter schlimm gewesen, doch eine solche Blöße wollte er sich nicht geben. Egal ob ihn jemand sah oder nicht. Der Nachteil allerdings war, dass der Abstieg so den ganzen restlichen Tag dauerte. So fand er sich am Abend an einem Gebirgsbach wieder. Ruhig floss er in die endlose Nacht hinein und verlor sich am Ende in der fast endlos wirkenden Dunkelheit. Der Dämon selbst hatte sich auf einen kleinen Vorsprung gesetzt und überblickte einen weiten Teil der immer noch öden Landschaft.
Eine etwas stärkere Windböe fegte vom Gipfel des Berges hinab und erfasste einige Strähnen der geschmeidigen Dämonenhaare und wehte sie dem Besitzer leicht ins Gesicht. Wie am Tag zuvor hob der Mann den Kopf und prüfte die Luft. Wieder dieser Geruch, wieder spürte er, dass etwas auf ihn zukam und wieder fing er den Zettel auf. Wieder diese zarte Schrift. Langsam ging ihm das ganze auf die Nerven. Was sollte das? Noch einmal sah er zum Berg herauf. Der Geruch war verschwunden. Selbst der Zettel roch nun neutral. Nichts war zu sehen. Mehr aus Langeweile sah er wieder auf den Zettel und las diesen.
Ein Fluch der ohne Namen ist
lastet nun auf ihm
Auf seinem kranken Herz
das ach so sicher schien
Ein Fluch der Jahre lang
in seiner Brust sanft wuchs
Fest verankert auf der allerletzten
Seite dieses Buchs
Du hast ihn getötet
hast ihn erstickt
Mit deinen Taten
ihn verstoßen, ausgenutzt
und sein Gefühl verraten
Er liebte doch so stark
Wie ein Mensch nur lieben kann
Und wieder. Der Zettel löste sich in seiner Hand auf.
Das ganze ergab für ihn keinen Sinn Er wollte endlich wissen was diese Person von ihm wollte. Was es auch war, sie würde es nicht bekommen und würde für diese Art der Belästigung büßen.
Erst bei Sonnenaufgang machte er sich wieder auf den Weg zu seinem Schloss. Noch ca. zwei Tage würde es dauern.
Am späteren Nachmittag sah man ihn dann durch offene Wiesen wandern, bis er dann an einem See ankam und sich dort niederließ. Von dort aus war es noch genau ein Tag bis zu seinem Schloss und ein geeigneten Rastplatz würde er auf diesem Weg kaum finden ohne von seiner Strecke vollkommen abzuweichen. Die untergehende Sonne tauchte den weitläufigen See in die unterschiedlichsten Rot Töne. Ab und zu sah man ein Tier am anderen Ufer dort für eine Trinkpause kurz innehalten. Doch die Tiere waren immer aufmerksam und behielten den Dämon im Auge, um sich jederzeit in Sicherheit bringen zu können, falls von diesem Mann größere Gefahr auszugehen schien.
Schon bald darauf stand der Mond in seinem Zenit. Seine perfekte, runde Form spiegelte sich auf der glatten Oberfläche des Sees wieder und ließ diesen in seinem Schein silbern schimmern. Der Dämon saß an dem Ufer des Sees, auf einem Stein und schaute in den Himmel hinauf. Auch ihn erfasste das seichte Schimmern des Mondlichtes und hob ihn von dem Rest der Umgebung ab indem er ihn mit einer silbernen Silhouette umrahmte. Sämtliche Geräusche der Nacht verstummten plötzlich als erneut der süße Geruch des Todes die Luft beherrschte. Im nächsten Moment hielt der Dämon wieder einen Zettel in seiner Hand der von einer sanften Brise zu ihm getragen wurde. Langsam wurde dieses Spielchen wirklich lächerlich. Kurz spielte er mit dem Gedanken den Brief schon vorher auszulöschen, entschied sich jedoch dagegen. Wer auch immer ihn da belästigte, er wollte ihn aus der ruhe bringen und das würde er nicht zulassen. So las er den Brief wieder.
Den Namen, den der tote trägt,
er gleicht meinem Namen
Die Seele hier in seiner Brust
sie kennt kein erbarmen
Ich sehe nun auf ihn herab
und sehe er gleicht mir
Durch seinen Tod werde ich leben
ich und nicht mehr wir
Erst jetzt ließ er den Zettel wieder in seine kleinsten Bestandteile zerfallen. Er würde die Person die diesen Brief verfasst hatte leiden lassen. Und zwar nicht knapp. Jeder der es wagte seine Geduld mit solchem Unsinn so in Anspruch zu nehmen hatte nichts anderes verdient.