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Parasitäre Lebensform

Schuldig & Aya
von

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Beziehungsweise

Schuldigs Verstand versuchte ihm inzwischen zu erklären, dass es absolut hoffnungslos war und er Aya endlich gehen lassen sollte, weil es sonst nur Ärger gab.

- Was Schuldig nur noch mehr davon überzeugte, dass er genau das nicht wollte. Seit wann hätte denn bitteschön sein Verstand was zu melden? Vor allem, wenn ein gewisser anderer Teil ihn gerade darauf aufmerksam machte, dass Aya unglaublich sexy aussah, wenn er verwirrt war.
 

Also Entscheidung ganz klar gegen Gehenlassen. Nur, wie sollte er das anstellen? Irgendwas sagen? Aber was? Er bekam langsam das dumpfe Gefühl, dass Reden sie irgendwie nicht weiterbrachte.

Viel mehr fürchtete er, komplett verrückt zu werden, wenn er auch nur noch eine Sekunde lang über etwas anderes nachdenken musste, als über Ayas Haut und wie gut sie sich anfühlen würde.
 

Gerade in diesem Moment wurde es Aya zu bunt und er ging zum Angriff über, indem er versuchte, an dem Telepathen vorbei zur Tür zu gelangen. Keine sehr erfolgversprechende Aktion und auch nicht unbedingt durchdacht ausgeführt. Denn kaum hatte er das Hindernis, sprich Schuldig, umrundet, wurde er von eben diesem ergriffen und befand sich nun mit dem Rücken zur Tür, Schuldig ziemlich nah vor ihm.
 

Ganz klar zu nah. Obwohl, na ja... Aber das war jetzt überhaupt nicht die Frage, sondern warum diese verdammte Tür nach innen aufging und Aya demzufolge den Fluchtweg versperrte.

Aya fluchte innerlich und sah auf.

Warum starrte der Deutsche ihn so an? Aya konnte diesen Gesichtsausdruck, diesen Blick aus den grünen Augen nicht deuten, spürte nur, wie er ihn gleichzeitig erschreckte und anzog. Schuldigs Finger zogen eine kribbelnde Linie über sein Gesicht, als er ihm eine Haarsträhne aus dem Gesicht strich, jagten ihm eine Gänsehaut über den Rücken. Sein Atem ging schnell und sein Herz schlug viel zu laut.
 

Verdammt, das war Schuldig. Ausgerechnet Schuldig. Milliarden Menschen auf der Welt und dann ausgerechnet Schuldig. Immer noch konnte er sich nicht von dem Blick dieser Augen losreißen. Das war es! Schuldig hypnotisierte ihn! Immerhin war er Telepath, wer konnte schon sagen, zu was er sonst noch so fähig war.
 

Schuldig lächelte. Nicht sein gewöhnliches, verächtliches Grinsen, es war völlig anders. Herausfordernd? Nachsichtig? Sein Haar kitzelte leicht über Ayas Wange, als er sich weiter vor beugte und ein heiseres Flüstern an Ayas Ohr erklingen ließ. "Zu was ich fähig bin? Möchtest du es wissen?" Seine Hand berührte wie zufällig Ayas Hüfte, strich von dort aus bedächtig höher.

Er fühlte Schuldigs Atem, der ebenso schnell und schwer wie sein eigener ging. Er erschauderte. Okay, was waren noch mal gleich die Gründe für...
 

Seine Gedanken versiegten, als er Schuldigs Lippen auf den seinen fühlte, seine Zunge, die sanft darüber strich. Aya hörte sich selbst seufzen. Er war kurz davor, einfach nachzugeben. Diese Lippen, die Hände, die er auf seinem Körper spürte, das war so genau das, was er wollte.

Aber verdammt noch mal, das war Schuldig! Schuldig, der nichts ernst nahm, der immer nur spielte, der nicht auf seine Frage geantwortet hatte. Schuldig, der nicht bleiben würde.

Er sollte sich das nicht antun. Am besten wäre es, zu gehen, diese ganze blöde Erpressung abzubrechen und Schuldig nie wieder zu sehen. Er müsste ihn nur noch einmal wegstoßen. So wie eben, wie heute morgen.
 

Aber er zögerte. Diese Nähe, diese Wärme halfen einfach viel zu gut gegen die Einsamkeit viel zu gut, um von Dauer zu sein und viel zu gut, um es nicht noch schlimmer zu machen, wie ihm sein Verstand zuflüsterte. Aber dieses höhnische Zischen verlor sich, schmolz dahin.

Und als er eine Hand in Schuldigs Nacken legte und den Kuss erwiderte, spielte das auch keine Rolle mehr. Später vielleicht, aber daran wollte er jetzt nicht denken. Es war ja auch unwichtig gegen Schuldigs Geschmack und das Gefühl, wenn ihre Zungen sich aneinander rieben, gegen die Finger, die sanft an seiner Wange ruhten und gegen die erhitzte Haut seltsam kühl wirkten.
 

Er trat vor, zerstörte auch den letzten Abstand zwischen ihnen, und Schuldig zog ihn in eine enge Umarmung. Aya verlor sich in der Wärme, konzentrierte sich nur auf den Kuss und auf die Hand, die seinen Nacken liebkoste und ihm heiße Schauer über den Rücken sandte. Er hätte nicht sagen können, ob Minuten oder Sekunden vergangen waren, als sie den Kuss lösten und sich schwer atmend in die Augen sahen. Kein stummes Zwiegespräch, keine Fragen. Aya erinnerte sich vage, dass da eben noch Fragen gewesen waren, viele, wichtige Fragen. Aber ihm wollte keine mehr einfallen. Er war froh darüber, es war so befreiend, einmal nicht zu zweifeln.
 

Er begann, die obersten Knöpfe von Schuldigs Hemd zu öffnen, aber seine Bewegungen wurden immer fahriger, als sich dessen Küsse Stück für Stück seinen Hals entlang brannten und die leicht rauen Hände unter sein T-Shirt wanderten und am Hosenbund entlang sanft über Bauch und Rücken strichen.
 

Schuldig ließ seine Hände höher wandern, genoss die Hitze und die leichte Gänsehaut, die seine Berührungen auslösten. Als seine Hände die Schultern erreichten, löste er sich widerwillig von Ayas Hals, um ihm das T-Shirt über den Kopf ziehen zu können. Kaum war der Mund unter dem schwarzen Stoff wieder zum Vorschein gekommen, fing er ihn schon mit dem eigenen ein.

Aya war erst ein wenig überrumpelt, als er die Zunge des anderen wieder an seinem Lippen spürte, erwiderte den Kuss aber leidenschaftlich, noch bevor Schuldig ihm das T-Shirt ganz über das Gesicht geschoben hatte. Ohne den Kuss zu lösen, ließ er die Arme nach vorn sinken und zog Schuldig näher, ließ das T-Shirt hinter ihm achtlos fallen.
 

Während Schuldigs Hände sich ausgiebig seinem nun nacktem Oberkörper widmeten und ihm fast den Atem nahmen, scheiterte er am letzten Knopf von dessen Hemd, der sich standhaft weigerte, durch das Knopfloch zu rutschen. /Himmel! Zieh endlich dieses verdammte Hemd aus!/ murrte Aya und schob Schuldigs Zunge demonstrativ zurück in dessen Mund.
 

Schuldig hätte sich ja dagegen gewehrt, wenn er nicht hätte grinsen müssen. ~Endlich ein vernünftiger Gedanke.~ antwortete er spöttisch, während er sich hastig aus dem störrischen Kleidungsstück schälte und Ayas Mund zurückeroberte. Ob der Knopf jetzt doch nachgab oder abriss, konnte Aya nicht erkennen, aber es hätte ihm in dem Augenblick schwerlich gleichgültiger sein können. Seine Hände strichen neugierig über die leicht dunklere Haut von Schuldigs Schultern und Brust, wobei sie das handtellergroße Pflaster, das neben dem rechten Schlüsselbein klebte, einigermaßen großzügig ausließen.
 

Schuldig stöhnte auf und überlegte gerade, wie er Ayas Hose am besten los werden konnte, als ihm auffiel, dass dieser nicht mehr so ganz bei der Sache war.

Aya strich mit leicht abwesendem Blick über die warme Haut, seine Lippen verharrten auf Schuldigs. Er fühlte sich komisch. Nicht schlecht, nur irgendwie eigenartig. Lust und Erregung vermischten sich in ihm mit irgendetwas, das er erst jetzt bemerkt hatte. Schuldigs Stimme in seinem Kopf hatte ihn irgendwie darauf aufmerksam werden lassen. Es waren fast dieselben Gefühle, aber irgendwie ungewohnt und anders.
 

~Magst du es?~

Schuldigs Stimme holte ihn aus seinen Überlegungen und ließ ihn aufsehen. Es klang irgendwie nervös und er meinte, einen Hauch von Unsicherheit herauszuhören.

/Bist du das?/

Der Telepath nickte leicht und wartete auf Ayas Antwort.

/Hm, ich denke schon./

Aya spürte, wie sich Schuldigs Mund zu einem Lächeln oder einem Grinsen verzog das konnte er nicht ausmachen. Aber was er sah, war das Aufblitzen in den grünen Augen, als Schuldig ihn küsste. ~Dann versuch jetzt bloß nicht, abzulenken!~ flüsterte es in seine Gedanken, während er wieder näher an den warmen Körper gezogen wurde. Und er ließ es geschehen, schmiegte sich bereitwillig enger an die weiche Haut, die sich so gut gegen seine anfühlte.
 

Aya intensivierte den Kuss, ließ seine Zunge Schuldigs Mundhöhle erforschen, sie sanft über Lippen und Gaumen streifen. Die Augen hatte er geschlossen, bemerkte aber nun, wie er von Schuldig mit sanfter Gewalt in Richtung Bett geschoben wurde. Eng umschlungen legten sie etwa die Hälfte des Weges zurück.
 

Schuldig unterbrach den Kuss, um Luft zu holen und sah Aya ins Gesicht, der ihn mit geröteten Wangen und ebenfalls etwas außer Atem anblickte, die violetten Augen herausfordernd und verlangend. Der Anblick machte ihn fast wahnsinnig. Er beugte sich über Ayas Schulter, biss leicht in die weiße Haut, reizte sie mit seiner Zunge. Er spürte, wie Ayas Hand auf seinem Rücken kreisend unter seinen Hosenbund wanderte und machte sich nun selbst an dessen Reißverschluss zu schaffen, nachdem er den obersten Hosenknopf geöffnet hatte. Seine Fingerspitzen tasteten sich über Ayas Bauch hinab unter seine Unterhose, fuhren dessen wachsenden Erregung auf und ab.

Lustvoll stöhnend legte Aya einen Arm um Schuldigs Hals. Er zog ihn weiter rückwärts zum Bett, wobei ihm seine nun offene Hose über den Hintern nach unten rutschte.
 

Schuldig leistete keinen Widerstand, versuchte sich nur noch näher an Aya zu drücken, während er ihm die Unterhose herabschob. Plötzlich spürte er, wie Aya einen überraschten Laut ausstoßend nach hinten fiel, weil mit heruntergelassener Hose rückwärts laufen nicht so einfach war und sich an ihm festklammerte. Schuldig verlor ebenfalls das Gleichgewicht und wurde von Aya mit hinabgezogen, wo allerdings ihr Aufprall sanft vom Bett abgebremst wurde, das sie noch gerade rechtzeitig erreicht hatten.
 

Aya lag keuchend auf dem Rücken halb auf dem Bett und rutschte langsam runter, weil er Schuldigs Gewicht, der offensichtlich sehr bequem auf ihm lag in der Position nicht halten konnte. "Autsch.", sagte er betont und erreichte, dass Schuldig endlich mal die Hand aus seiner Hose nahm und sich, eine Entschuldigung murmelnd, von ihm runterrollte.
 

Aya setzte sich auf und rückte richtig aufs Bett. Dann beugte er sich vor, um sich seine Stiefel und die unglückselige Hose auszuziehen. "Au!", klang es wieder durch das Zimmer, diesmal zweistimmig und echter. Schuldig, der Aya entweder helfen wollte oder schon wieder was anderes geplant hatte, war mit seinem Kopf im Weg gewesen. Aya hielt sich grummelnd die Hand an die Stirn und ließ sich aufs Bett zurückfallen. "Mach du, ich hab heut kein Glück.", seufzte er, während es um seine Mundwinkel verdächtig zuckte.
 

~*~
 

Das gedämpfte Rauschen der Dusche drang vom Bad her ins Zimmer. Schuldig lauschte darauf, während er noch vor sich hindämmerte. Er konnte sich irgendwie nicht dazu durchringen jetzt schon richtig aufzuwachen, dafür war es einfach zu gemütlich unter der warmen Decke. Und das dämmriggraue Licht, das durch die Fenster fiel, sah auch nicht unbedingt vertrauenserweckend aus. Eher nach nassem Herbstwetter...
 

Er lauschte auf eventuellen Regen, konnte aber nur die Dusche hören. Seine Gedanken verließen das Thema Wetter, dass ihn ohnehin nur mäßig interessierte und wandten sich anderen Dingen zu. Wenn er jetzt aufstehen würde, wie stünden die Chancen, Aya noch zu erwischen, bevor der mit Duschen fertig war? Er versuchte abzuschätzen, wie lange Aya schon duschte, kam aber zu keinem Ergebnis. In dem Moment verstummte das Rauschen und die Frage hatte sich somit ohnehin erledigt.
 

Nur wenige Augenblicke später kam Aya zurück ins Zimmer, die feuchten Haare nach allen Seiten abstehend und ein Handtuch um die Hüften. Schuldig ärgerte sich, nicht aufgestanden zu sein.

"Ran, komm wieder ins Bett.", murmelte er in sein Kissen. Er hätte schwören können, dass da eben ein Lächeln über Ayas Gesicht gehuscht war. Trotzdem ignorierte Aya die Aufforderung eiskalt und schüttelte nur ungläubig den Kopf.
 

"Du hast dich seit ich ins Bad gegangen bin nicht einen Millimeter bewegt.", stellte er fest.

Schuldig grummelte irgendwas unverständliches, bevor er sich dazu durchrang, den Kopf zu heben. "Wie spät ist es?"

Aya zuckte die Schultern. "Halb acht? Weiß nicht genau."

Schuldig stöhnte und sein Kopf fiel umgehend wieder zurück ins Kissen. Er beobachtete träge, wie Aya zu den Einkaufstüten ging, die in der Nähe der Sitzgruppe standen, und anfing, sich die Kleidung zusammenzusuchen. Das Handtuch fing langsam aber sicher an, seinen Unmut auf sich zu ziehen.
 

"Komm zurück.", versuchte er es noch einmal.

Aya drehte sich zu ihm um, während er die Schilder von der Jeans riss, die er sich aus einer der Tüten genommen hatte. "Willst du nicht langsam aufstehen?"

"Nein.", gähnte Schuldig. "Viel zu früh. Können wir heute nicht einfach im Bett bleiben?"

"Und was ist mit Kaike?" Aya ließ das Handtuch fallen, um sich Unterhose und Jeans anzuziehen.

"Scheiß auf Kaike.", sagte Schuldig jetzt wesentlich wacher. "Komm her!"

Aya verdrehte sie Augen. "Steh endlich auf! Wir haben heut noch jede Menge zu tun."

"Wie kannst du nur so hartherzig sein?"
 

Aya seufzte und kam dann zu Schuldig herüber, wo er sich auf den Bettrand setzte.

"Also schön.", sagte er in versöhnlichem Ton, "Was muss ich tun, um dich aus dem Bett zu kriegen?"

Das Grinsen, das sich auf Schuldigs Gesicht schlich, war ganz und gar nicht mehr verschlafen.

"AUS dem Bett.", betonte Aya noch mal.

"Gott! Du bist so unromantisch.", grummelte Schuldig und führte zugleich die erste Bewegung des Tages aus, indem er Aya auf sich zog und ihn küsste.
 

Der war nicht mal ansatzweise überrascht, musste aber zugeben, dass Schuldig zu küssen eine durchaus angenehme Art war, den Tag zu beginnen. Zu angenehm vielleicht. Schuldigs Vorschlag, den Tag im Bett zu verbringen, erschien Aya mit jedem Augenblick verlockender.

/Nein, es gibt jetzt wirklich wichtigeres!/ ermahnte er sich selbst, wobei er auch gleich den Kuss löste und auf Sicherheitsabstand ging - zusammen mit Schuldigs Decke.
 

"Was könnte denn bitte wichtiger sein?", nörgelte Schuldig ernsthaft ratlos und warf abwechselnd Aya und seiner Decke sehnsüchtige Blicke zu.

"Sei nicht albern! Ich will die Übergabe so schnell wie möglich hinter mich bringen und dann verschwinden. Solange Kaikes Leute nach uns suchen, ist es hier nirgends sicher."

Schuldig setzte sich auf und fuhr sich mit einer Hand durch die verwirrten Haare, während er noch mal herzhaft gähnte. "Ach, vergiss die Erpressung doch einfach.", meinte er missmutig. "Wir könnten schon heute Abend an einer Strandbar auf irgendeiner netten Südseeinsel sitzen und es uns gut gehen lassen."
 

Aya sah ihn eine Sekunde lang verwirrt an. "Woher der plötzliche Sinneswandel? Wolltest du dich nicht noch bis vor kurzem an Kaike rächen?"

"Nein, du willst dich rächen. Dich, dein Haus und dein 'normales Leben'. Und ich hatte nichts dagegen, wegen meiner Wohnung, meiner Schulter und der ganzen Unannehmlichkeiten, aber...", Schuldig zuckte kurz mit den Schultern. "Na ja, ich bin nun mal nicht besonders nachtragend. Irgendwie fühl ich mich auch entschädigt. Und wenn ich die Wahl habe zwischen Urlaub und blutiger Rache, muss ich nie lange überlegen."

Aya nickte nur und schwieg einen Moment. "Wenn das so ist...", meinte er dann kühl. "Aber ich brauche das Geld."

"Wozu? Wegen den Schulden für dein Haus? Das ist doch albern. Wir verschwinden von hier und dann-"

"Hör auf! Du verstehst das nicht." Ayas beherrschter Tonfall ließ keinen Widerspruch zu. "Du lebst nur auf Kosten anderer. Aber ich werde das nicht tun. Ich bleibe niemandem etwas schuldig. Weder meiner Bank, noch Kritiker. Und am aller wenigsten dir." Für einen Moment hielt er Schuldigs Blick noch fest, dann wandte er sich ab und ging zu den Einkaufstüten, um ein T-Shirt und einen Pullover herauszusuchen.
 

Schuldig saß etwas verdattert da und haderte mit dem Schicksal. Es gab doch nun wahrhaftig genug hübsche, dumme Menschen auf der Welt. Also warum um Himmels Willen, hatte er sich nicht einen davon ausgesucht? Nein, es musste ja der komplizierteste sein, der sich weit und breit finden ließ. Ausgerechnet Aya! Beziehungsweise Ran... Gott, da fing es ja schon an.

Er seufzte. "Du machst dir immer alles so schwer. Wenn man dich so denken hört, könnte man nach einer Weile wirklich auf die Idee kommen, das Leben wäre gar nicht so einfach wie es ist."

"Nichts ist einfach und das willst du partout nicht verstehen." Aya zog sich mit wütenden Bewegungen das schwarze T-Shirt über und griff nach dem dunkelblauen Pullover. "Ich musste hart für meine Unabhängigkeit kämpfen. Und für dich werde ich sie genauso wenig wieder aufgeben, wie für Weiß."
 

Schuldig nickte nur kommentarlos und verschwand dann ins Badezimmer. Was konnte er denn dazu auch sagen? Aya legte es doch darauf an, sich das Leben schwer zu machen.

Sie würden diese Erpressung also durchziehen. Stress für nichts und wieder nichts, seiner Meinung nach. Aber solange es Aya besänftigen würde...

Außerdem: Je eher sie das hinter sich hatten, desto eher könnte er mit Aya die Kurve kratzen. Philippinen, Fidschi-Inseln, Seychellen... Nach dieser Woche konnte er echt mal wieder Urlaub vertragen. Ein Grinsen schlich sich auf sein Gesicht. Der Gedanke an Palmen, Nichtstun und Aya am Strand munterte ihn wieder auf.
 

Dass Aya heute morgen so distanziert, fast schon aggressiv war, bedrückte ihn doch mehr, als es eigentlich sollte. Offensichtlich fühlte er sich durch Schuldig bedroht, was dieser nicht wirklich nachvollziehen konnte.

Aber vielleicht lag es auch nur am Stress. Wieder ein Punkt, der für baldigen Urlaub sprach.

Schuldig beschloss, nicht weiter darüber nachzugrübeln - das machte Aya schon für zwei - und warf seinem Spiegelbild ein fröhliches Grinsen zu, bevor er ein Handtuch aus dem Regal auf den Boden neben der Dusche warf und dann unter dem warmen Wasser lieber noch eine Weile seinen Karibik-Gedanken nachhing.
 

~*~
 

Als er wieder in das luxuriöse Hotelzimmer trat, stieg ihm gleich Kaffeeduft in die Nase. Ein Blick durch den Raum zeigte ihm, dass der niedrige Tisch bei der Sitzgruppe mit Geschirr gedeckt worden war, das auf den ersten Blick teuer schrie. Die Einkäufe standen in Reih und Glied vor dem Bett und an ihrer Stelle belegte ein mit Frühstück beladenes Serviertischchen den Platz neben der Couch.

"Hach, es geht doch nichts über Zimmerservice." merkte Schuldig in überschwänglichem Tonfall an. "Sag mal, haben die die Taschen nach Größe geordnet?"
 

Aya, der bis jetzt reglos vor einem der riesigen Fenster gestanden hatte, wandte sich vom tristen Grau der Stadtkulisse ab und sah zu, wie Schuldig die meisten der Tüten auf das Bett leerte, offenbar auf der Suche nach etwas Bestimmtem. Er hatte nicht das Gefühl, dass Schuldig auf seine Frage tatsächlich eine Antwort erwartete und so schwieg er.
 

Erleichtert stellte er fest, dass Schuldig gut gelaunt war. Das hatte er eigentlich nicht erwartet. Genau genommen hatte er die letzten zehn Minuten damit zugebracht, sich Entschuldigungen zu überlegen - sehr erfolglos übrigens, Entschuldigungen gehörten ganz klar nicht zu seinen Stärken. Aber es tat ihm leid, dass er Schuldig vorhin so abgekanzelt hatte. Genau wie der ganze sinnlose Streit. Er hatte jedes Wort so gemeint, wie er es gesagt hatte, aber darum ging es ihm auch nicht. Es wäre einfach nicht nötig gewesen.
 

Er beobachtete niedergeschlagen, wie Schuldig nach und nach die gesuchten Kleidungsstücke fand und sich dann anzog.

Schuldig... Himmel, da kam was auf ihn zu! Trotzdem schlich sich bei dem Gedanken doch ein warmes Gefühl ein, das für wenige Sekunden ein Lächeln auf sein Gesicht zauberte.

Aber wie lange konnte das gut gehen?
 

"Meinst du, die hätten das Frühstück auch ans Bett gebracht?", unterbrach Schuldig Ayas Gedanken.

"Nicht, solange ich hier wohne." Aya ging zum Tisch hinüber und goss Kaffee in beide Tassen, ehe er sich in einen der Sessel setzte.

"Du hast einfach keinen Sinn für die kleinen Freuden im Leben.", versetzte Schuldig leichthin und ließ sich in den Aya am nächsten stehenden Sessel fallen. "Also, da du so wild entschlossen bist, Kaike um sein Geld zu bringen, weihe mich doch bitte in deine Pläne ein. Was steht denn heute auf dem Programm, das nicht noch ein, zwei Stunden hätte warten können?"
 

Aya schwieg einen Moment und trank einige winzige Schlucke Kaffee, um festzustellen, dass dieser noch viel zu heiß war. Er stellte die Tasse zurück auf den Tisch und sah wieder zu Schuldig hinüber. "Als erstes müssten wir zum Übergabeort und dort die nötigen Vorbereitungen treffen. Dann müssen wir Kaike den Brief schicken und einige Stunden vor der Übergabe muss ich mich bei ihm einschleusen."
 

Schuldig ließ von seinem Croissant ab und sah Aya einigermaßen verständnislos an. "Einschleusen?"

"Ja, ich habe es dir doch gestern erklärt. Plan B."

Schuldig dachte einen Moment lang darüber nach, was es mit Plan B auf sich hatte, kam aber zu keinem Schluss. "Hilf mir doch mal auf die Sprünge, ich war gestern nicht so ganz bei der Sache."
 

Aya nickte nur kommentarlos. "Ich werde in Kaikes Wachmannschaft sein und wenn die Übergabe nicht glatt geht, die Sprengsätze zünden, um für Ablenkung zu sorgen, und dann mit dem Geld verschwinden.", wiederholte er dann geduldig.

Schuldig sah nicht sonderlich begeistert aus. "Das ist gefährlich."

Aya nickte wieder, ging aber nicht näher darauf ein.
 

Schuldig fing an, sein Croissant mit Marmelade zu bestreichen, während er über den Plan nachdachte. Nicht gerade ein Geniestreich, wenn er ihn mal mit denen von Crawford verglich, aber auch keine allzu großen Risiken. Nur die Sache mit Aya gefiel ihm nicht. Das hieße eine große räumliche Trennung während der Übergabe. Wenn alles glatt ging, machte das keinen Unterschied, aber bei Gefahr würde er ihm erst spät helfen können.

Er seufzte, als ihm klar wurde, dass er Aya nicht davon abhalten konnte.
 

"Also gut, wann soll die Übergabe stattfinden?"

"Heute nacht."

Schuldig nickte. Es machte keinen Sinn, das Ganze weiter hinauszuschieben. Davon wurden die Risiken nicht kleiner, sondern eher noch größer. Außerdem hatte Aya Recht: Kaikes Leute suchten immer noch nach ihnen und würden sie auch eher früher als später finden.
 

Er beschloss, erst mal nicht weiter darüber nachzudenken. Wenn man schon so früh aufstehen musste, sollte man wenigstens das Frühstück genießen. Also tauschte er seinen Teller mit dem Croissant gegen Ayas aus und fing an, ein zweites mit Marmelade zu bestreichen.

Aya hob seinen Blick von der Kaffeetasse, die bis jetzt scheinbar seine ganze Aufmerksamkeit auf sich gezogen hatte, und sah erst den Teller und dann Schuldig irritiert an. "Was...?"

"Frühstück, Ran.", erklärte Schuldig mit nachsichtiger Geduld, "Wenn schon nicht im Bett, dann doch wenigstens mehr als Kaffee."
 

Aya starrte ihn noch einen Augenblick lang an, dann murmelte er ein "Danke." und fing an zu essen. Eigentlich hatte er keinen Hunger, er frühstückte nie besonders ausgiebig. Schuldig hätte ihn ruhig fragen können, ob er überhaupt etwas haben wollte... auch wenn es irgendwie... nett war. Aber es war albern, er hätte das auch gut selbst machen können. Na gut, das hätte er nicht gemacht, weil er ja auch keinen Hunger hatte... aber jetzt schmeckte es eigentlich ganz gut.
 

Eine Weile widmeten er und Schuldig sich schweigend ihrem Frühstück. Aya nippte grübelnd an seinem Kaffee, wobei seine Gedanken immer wieder zu Schuldig wanderten, was er aber zu vermeiden versuchte.

Dieser schien mit Essen beschäftigt, warf dem grübelnden Aya aber immer wieder Blicke zu und runzelte ab und zu leicht die Stirn. Aya eine Freude zu machen war offenbar nicht so einfach, wie man meinen sollte. Er schüttelte über sich selbst den Kopf. Was war bei Aya schon einfach? Daran würden sie unbedingt noch arbeiten müssen.
 

Durch die Bewegung aus seinen Gedanken gerissen, hob Aya den Blick und sah Schuldig mit misstrauisch verengten Augen an. "Liest du schon wieder meine Gedanken?"

Schuldig zog die Augenbrauen hoch und erwiderte den durchdringenden Blick aus den violetten Augen mit seinem unschuldigsten, ahnungslosesten Lächeln. Nicht sehr erfolgreich offensichtlich.
 

"Vergiss es. Das nehm ich dir nicht ab. Du bist einfach ein viel zu schlechter Schauspieler."

Das Lächeln wandelte sich zu einem amüsierten Grinsen. "Reicht ja, wenn einer von uns das perfektioniert hat, ne?"

Aya stand auf. "Wir fahren zuerst zum Übergabeort, sehen uns dort um und platzieren die Sprengsätze." Er würde auf keinen Fall nachfragen, was der Telepath mit seinem letzten Satz gemeint hatte.

"Ach, das musst du nicht, ich kann es dir auch so sagen: Ich bin ein paar Tage bei dir und lerne mindestens sechs verschiedene Menschen kennen. Du hast eine Maske für deine Schwester, für deine Kollegen, für deine Nachbarin. Wird dir eine heruntergerissen, kommt die nächste zum Vorschein. Wird ein Verhaltensmuster durchschaut, fängst du an, ein anderes vorzuspielen. Aber du bist nie ganz du selbst, das ist schon irgendwie irritierend."
 

Aya, der gerade nach seinem Mantel greifen wollte, hielt in der Bewegung inne. "Warum sollte ich das tun?", fragte er ohne sich zu Schuldig umzudrehen.

"Weil du andere von dir fernhalten willst." Schuldig sagte es fast schon gelangweilt, als wäre es die selbstverständlichste Tatsache der Welt.

"Und das ist so weil..." Ayas Stimme klang spöttisch.

"...du Angst hast?", schlug Schuldig vor.

Aya schnaubte ärgerlich. Die Behauptung war lächerlich. Vor was sollte er Angst haben? Er nahm seinen Mantel und zog ihn an. "Beeil dich. Ich will los."
 

Schuldig stand auf und suchte sich seine Jacke, ohne noch etwas zu sagen. Er folgte Aya als dieser das Hotelzimmer verließ. Wenn er eines gelernt hatte, dann, dass es keine wirklich gute Idee war, Aya zu sehr in die Enge zu treiben. Der einzige Grund, warum er noch so ruhig war, war dass er Schuldig offensichtlich nicht glaubte. Noch nicht. Aber so viel, wie Aya im Moment nachdachte, konnte das ja noch kommen.
 

Mal davon abgesehen war die Frage, wovor Aya eigentlich Angst hatte, schwierig zu beantworten. Eine komplexe, irrationale Angst, durch scheinbar vernünftige Argumente gestützt, ein fragiles, geradezu kunstvolles Gebilde von Einsamkeit und Schuldgefühlen, das Aya sich über Jahre hinweg aufgebaut hatte.

Schuldig war selbst von seinem Wunsch überrascht, es unbedingt durchschauen zu wollen. Eigentlich war es einer seiner ehernen Grundsätze, sich nicht ernsthaft mit den psychischen Problemen anderer Leute auseinander zu setzen, aber bei Aya würde er eine Ausnahme machen.
 

Er musste nur noch herausfinden, wie er das Problem am besten anpackte. Doch wenn sie erst mal weg wären und ihre Ruhe hätten, würde ihm schon was einfallen. So schwer konnte das auch nicht sein, immerhin hatte Aya es ja gestern schon mal geschafft, den ganzen Mist zu vergessen. Ein gutes Zeichen und, wie Schuldig grinsend für sich feststellte, eine glänzende Motivation für ihn, diesen Prozess zu unterstützen.
 

"Hör auf, mich so anzustarren."

Schuldig zog verwirrt die Augenbrauen hoch. "Wie?"

Sie standen inzwischen im Fahrstuhl nach unten und er hatte gar nicht bemerkt, dass er Aya angesehen hatte.

"Mit diesem Grinsen."

Schuldig hörte auf zu grinsen. "Was stimmt damit nicht?"

"Ich hasse es.", stellte Aya nur ruhig und bestimmt fest.
 

Schuldig schwieg einen Moment und sah zu, wie die Zahlen an der Fahrstuhlwand nacheinander aufblinkten und erloschen. "Weißt du, ich will dir da keine Vorschriften machen, das ist ja gewissermaßen deine Sache...", setzte er dann an und klang dabei für seine Verhältnisse ungewohnt ernst. "Aber rein traditionell jetzt: Leute in unserer Situation sollten netter zueinander sein. Ich verlang ja nicht viel, mir ist schon klar, dass das schwierig für dich ist. Aber wenn dir was Nettes durch den Kopf schießt, könntest du es zum Beispiel ruhig auch mal sagen."
 

Der Fahrstuhl kam mit einem hellen Pling in den Tiefgaragen unter dem Hotel an und Aya flüchtete ohne einen weiteren Blick an Schuldig vorbei zum Auto.

Schuldig setzte sich auf den Beifahrersitz und versank in grimmigem Schweigen. Er war sich nicht sicher, was ihn mehr ankotzte. Die Tatsache, dass Aya ihn wie den letzten Dreck behandelte, oder der Umstand, dass er sich das gefallen ließ. Es war zum verrückt werden. Da hatte er Ayas Manöver durchschaut und konnte absolut nichts dagegen tun.
 

Es war ein Test. Aya versuchte, die Beziehung zu sabotieren, bevor sie überhaupt angefangen hatte und falls er Erfolg hätte, wäre er in all seinen Zweifeln bestätigt. Schuldig wäre am Scheitern der Beziehung schuld, weil er sowieso nie vorhatte, bei ihm zu bleiben, und Aya könnte sich unglücklich und selbstzufrieden in seine Einsamkeit zurückziehen, seine Wunden lecken und mit diesem weiteren Beweis für die Enttäuschungen, die im Leben lauerten, sein Misstrauen pflegen. In etwas abgewandelter Form war das für gewöhnlich Schuldigs Taktik. Er hatte sich irgendwie daran gewöhnt, dass er der gefühlsgestörte in seinen Beziehungen war.
 

Aber seinen Rotschopf würde er damit nicht durchkommen lassen. Er ließ sich nicht so einfach manipulieren. Na schön, Aya machte das nicht mit Absicht, sondern unterbewusst, es war eine von diesen Masken, von denen Schuldig gesprochen hatte. Und nur deswegen würde Schuldig es zähneknirschend über sich ergehen lassen. Deswegen und weil er diesen Mann wollte. Und zwar ganz und gar. Aya sollte ihm gehören, ihn lieben, bei ihm bleiben. Freiwillig. Warum das so war, war ihm ein Rätsel, aber er konnte es offensichtlich nicht ändern.
 

Ein Spiel. Ja, natürlich war es das, aber der Einsatz war zu hoch, um es nicht ernst zu nehmen. Er würde Aya nicht aufgeben.

Langsam kehrte Schuldig wieder zu seiner gewohnten Gelassenheit zurück und trieb sich ein wenig in Ayas Gedanken rum. Dem tat es leid, dass er so feindselig war. Aya empfand das Schweigen als unangenehm, wusste aber nicht, was er sagen sollte.

Schuldig ließ ihn schmoren und sah weiter grimmig aus dem Fenster. Nicht, weil er sich so sehr danach fühlte, sondern einfach nur als Rache, weil Aya ihn in solche Verwirrung stürzte. Allerdings wurde ihm das schnell langweilig und genau genommen war er Aya auch nicht wirklich böse. Eine Weile beschäftigte er sich damit, aus dem Fenster zu gucken.
 

"Wo willst du hin: Auf die Philippinen, die Seychellen oder doch lieber auf die Fidschi-Inseln?", fragte Schuldig aus heiterem Himmel, nachdem sie eine knappe Stunde Fahrt schweigend zurückgelegt hatten.

Aya sah ihn völlig perplex an.

"Okay, also vielleicht doch lieber die Malediven."

Aya fing an, zu überlegen, wovon zur Hölle Schuldig eigentlich sprach.

"Na wovon schon? Wohin wir fliegen, wenn wir Japan verlassen.", erklärte Schuldig mit einem Seufzen.
 

"Wir?", fragte Aya ruhig und jede Emotion aus seiner Stimme verbannend.

Schuldig nickte. "Davon war ich eigentlich ausgegangen."

"Zusammen?" Aya warf ihm einen seltsamen Blick zu.

"Nun ja. Ja."

"Warum?" Aya war sichtlich erstaunt. Er hatte trotz des Streits am Morgen nicht wirklich darüber nachgedacht, was er nach der ganzen Sache machen wollte. Wenn er ehrlich mit sich selbst war, musste er zugeben, dass er gerade das bewusst vermieden hatte.

"Na weil...", begann Schuldig, gab dann aber die Suche nach einem vernünftigen Grund als aussichtslos auf und zuckte nur die Schultern. "Mir gefällt die Idee. Ich hab doch gesagt, ich mag dich."
 

Aya antwortete nicht, sah nur weiterhin starr auf die Straße.

"Und mal davon abgesehen, dass du mich sowieso nicht loswirst, ist es dir doch auch lieber, als wieder allein zu sein.", fügte Schuldig hinzu.

"Woher willst du das wissen?"

"Na schön. Dann sag einfach, dass dir die letzte Nacht nichts bedeutet hat und es dir lieber wäre, wenn wir nach der Sache hier getrennte Wege gehen."

Aya holte tief Luft. "Die letzte Nacht hat mir nichts bedeutet und es wäre mir lieber, wenn wir nach der Sache hier getrennte Wege gehen.", sagte er kühl.
 

Schuldig sah ihn einen Augenblick lang erschrocken an und ließ sich tief in seinen Sitz zurücksinken. "Autsch.", stellte er nüchtern fest. Er schwieg für einige Sekunden, dann durchbrach sein leises Lachen die Stille. "Es ist unglaublich, wie gut du lügen kannst. Ich hätts dir fast geglaubt."

Aya seufzte resigniert, bevor sich ein Lächeln auf seine Lippen schlich, das aber sofort wieder verschwand. "Wir fahren auf keinen Fall auf eine Insel."
 

~*~
 

"Ran!", rief Schuldig über die Brücke zum gegenüberliegenden Geländer. "Was hast du denn eigentlich gegen Südseeinseln?!"

Er fragte das nicht zum ersten mal, und dementsprechend genervt sah Aya von dem Sprengsatz auf, den er gerade an einer der kräftigeren Stahlstreben befestigte. "Wie oft soll ich es denn noch sagen? Ich will da einfach nicht hin."
 

Ein einzelner Wassertropfen traf Schuldigs Gesicht und ließ ihn aufsehen. Der graue Himmel machte den Eindruck, als könnte es jeden Augenblick anfangen zu regnen. Das auch jetzt noch dämmrige Licht fraß alle Farben und stanzte die kahle Stahlkonstruktion der Brücke gestochen scharf und dunkel in die Landschaft.

Sie hatten festgestellt, dass der Verkehr wegen Straßenbauarbeiten weiträumig umgeleitet worden war, was aber diesen Ort für ihre Übergabe nur noch perfekter machte.
 

"Aber warum denn nicht?", fragte er nach, während er seinem Sprengsatz wieder mehr Aufmerksamkeit zukommen ließ.

"Was soll ich da? Auf solchen Inseln gibt es nichts außer Touristen."

"Doch. Es gibt noch das Meer, kilometerlange Sandstrände, Sonne, Palmen und leckeres Essen."

"Ich schwimme aber nicht gern, bekomme leicht Sonnenbrand und hege keine besondere Vorliebe für Palmen gegenüber anderen Bäumen.", stellte Aya klar. "Also gibt es für mich absolut keinen Grund, ausgerechnet auf eine Südseeinsel zu fahren."
 

"Ach Quatsch, ich wette, wenn wir erst mal da wären, würde es dir gefallen.", maulte Schuldig.

Aya hatte seinen Sprengsatz befestigt und sah jetzt auf. "Schuldig, ich war schon mal auf einer Südseeinsel, es hat mir nicht gefallen und folglich weiß ich ganz genau, dass es mir auch diesmal nicht gefallen wird."

"Wann warst du da?", fragte Schuldig einigermaßen verwundert.

"Im Urlaub mit meiner Familie. Ist schon eine Ewigkeit her.", antwortete Aya mit unbewegtem Gesicht.

"Ah. Und was war daran so schlimm?"

"Es war ein Katastrophe. Ich hatte Sonnenbrand, wäre fast ertrunken und war die letzte Woche krank, was übrigens am leckeren Essen lag."
 

Schuldig hatte Schwierigkeiten, sich Aya mit einer Lebensmittelvergiftung vorzustellen. Er war bis jetzt eigentlich beinahe überzeugt gewesen, dass es nichts gab, was Aya umwerfen konnte. Das Eingeständnis menschlicher Schwächen und dass Aya ihm überhaupt einmal etwas über sich erzählt hatte, ließ ihn lächeln. "Und wo würdest du gern hinfahren?"

Aya zuckte die Schultern.

"Okay, lass es mich anders formulieren: Gibt es überhaupt einen Ort, der dir eventuell, vielleicht, möglicherweise gefallen könnte?"

Aya schwieg, während er ernsthaft über diese Frage nachdachte, ohne zu einem Schluss zu kommen, da ihm nur reihenweise Orte einfielen, die ihm ganz klar nicht gefielen.

"Du bist so ein negativer Mensch!", stellte Schuldig fest.
 

Aya brummte nur etwas unverständliches, bevor er sich abwandte und ans Geländer gelehnt die kleinen Strudel beobachtete, die sich um die Brückenpfeile herum bildeten.

Schuldig konzentrierte sich noch ein letztes mal auf seine Arbeit und war dann auch mit wenigen Handgriffen fertig. Er ging zu Aya herüber und blieb dann dicht neben ihm stehen.

Einen Moment lang betrachtete er das kühle Gesicht mit dem abgewandten Blick nachdenklich, dann schlich sich ein warmes Lächeln auf sein Gesicht. "Na schön, vergessen wir die Südsee fürs erste. Was hältst du von Island? Heiße Quellen, Geysire, Vulkane aber alles unter einer dicken Eisschicht, die nur ganz selten an wenigen Stellen taut."
 

Aya schwieg einen Moment und warf Schuldig dann von der Seite her einen abschätzenden Blick zu. Diese Augen, denen nicht einmal das trübe Licht etwas von ihrer Farbe nehmen konnte, blitzten ihn verschwörerisch an. Ohne es zu bemerken erwiderte er das Lächeln kurz.

"Vielleicht doch nicht ganz so selten.", korrigierte Schuldig zwinkernd.

Aya neigte leicht den Kopf. "Und du? Was willst du dort? So ganz ohne Strand und Palmen..."

Schuldig zuckte lachend die Schultern, schloss Aya in die Arme und küsste den verblüfften Rotschopf leicht auf die Nasenspitze. "So misstrauisch? Was soll ich da schon tun? Schnee schmelzen natürlich. Und wenn ich fertig bin, fang ich an Papageien zu züchten."



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  silvermoonstini
2008-02-24T02:31:47+00:00 24.02.2008 03:31
Ich als Yaoiliebhaberin bin bei der Bettszene leider nicht ganz auf meine Kosten gekommen, aber das macht Schuldig wieder wett so süß wie er sich um Aya bemüht. Als aya ihm seine Lüge aufgetischt hat, war ich zuerst auch ganz schön erschrocken, aber zum Glück war das ja nicht wirklich ernst gemeint. Eine Sache gefällt mir an der Geschichte allerdings überhaupt nicht; nämlich dass sier nur 15 Kapitel hat...
Von:  RayDark
2007-01-24T13:36:34+00:00 24.01.2007 14:36
Und wieder s eine geile Geschichte!!!!
Du kannst wirklich echt gut schreiben!
Und ich bin schon gespannt, wie es weitergeht!^^


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