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Festhalten

if all wishes could come true
von

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Part 107 - Alice

107 – Alice in Wonderland
 

Oh, Alice, dear where have you been?

So near, so far or in between?

What have you heard what have you seen?

Alice, Alice, please, Alice!
 

Oh, tell us are you big or small

To try this one or try them all

It’s such a long, long way to fall

Alice, Alice, oh, Alice
 

How can you know this way not that?

You choose the door you choose the path

Perhaps you should be coming back

Another day, another day

And nothing is quite what is seems
 

You’re dreaming are you dreaming, oh, Alice?

(Oh, how will you find your way? Oh, how will you find your way?)

(There’s not time for tears today. There’s no time for tears today.)
 

-------- Alice's Theme by Danny Elfman______
 

Kommentar: Ja, mal wieder... mit einiger Verstpätung. Aber immer noch gebetat von unserem super-beta Tree-chan! Über Kommentare und Anmerkungen, sowie auch konstruktive Kritik freuen wir uns natürlich wie irre.
 

Warnungen: Außer "Ashura"-typische Aktionen, Drama und große Gefühle? Keine.
 

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Souma seufzte als Kurogane in den Thronsaal trat, ohne angekündigt worden zu sein. Doch bis auf einen strafenden Blick wies ihn Amatersu diesmal nicht zurecht, wie sie es früher fast bei jeder Gelegenheit getan hatte.
 

„Ich hoffe, du hast die Festlichkeiten etwas genossen?“
 

Wie jedes Mal erhoffte sich der Krieger beim Betreten dieses Saales ein anderes Bild vorzufinden, als jenes, das ihn hier heute erwartete. Amaterasus Anblick versetzte ihm einen Stich ins Herz, nicht weil er ihren Anblick nicht ertragen konnte, sondern weil er hoffte, Tomoyo würde ihm hier begegnen. Dennoch ließ er sich nichts anmerken, denn ihm war längst klar, dass seine Prinzessin ihn hier nie wieder empfangen würde.
 

„Aa... auch den anderen Männern tut die Abwechslung gut.“, antwortete er ehrlich und versuchte sich gerade etwas zu sammeln. „Ich bestätige hiermit noch einmal, dass wir die rasenden Vampire besiegt und Japan von ihnen befreit haben.“ Kurz nach dem Kampf hatten er und Fye ein Gespräch mit der Königin geführt, doch sie hatte es absichtlich kurz gehalten, aufgrund der körperlichen Verfassung in der sie sich befunden hatten.
 

Die Königin nickte langsam und sah auf den Mann vor ihrem Thron. Sie war beruhigt zu sehen, dass der Kampfgeist der Soldaten zurückgekommen war und auch dass es weniger Gefallene gegeben hatte als erwartet. Dennoch konnte sie nicht anders als ständig an ihre jüngere Schwester zu denken. Obwohl dieser Krieg nun schon Jahre wütete und noch eine weitere Armee zu schlagen war, überführte sie sich all zu oft des verbrecherischen Gedankens, dass sie ihre Pflichten wenigstens für ein paar Tage vernachlässigen könnte, um sie zu betrauern. Gerade diese Gedanken hatte sie an eine Bitte Tomoyos erinnert, weswegen sie – fast mitten in der Nacht – Tomoyos ehemaligen ersten Ninja zu sich bestellt hatte.
 

„Das freut mich zu hören. Die japanische Armee hat gut gekämpft und gesiegt, auch dank unserer Verbündeten. Hoffen wir darauf die Schlacht mit der Armee aus der anderen Dimension ebenso erfolgreich zu schlagen, auf dass Japan friedlicheren Zeiten entgegen geht. Doch ich ließ dich aus einem anderen Grund rufen. Hast du dein Schwert bei dir?“
 

Fragend zog der Krieger seine Augenbrauen zusammen. Er hatte gedacht, sie würde weitere Fragen zum Krieg stellen oder sonstiges, warum sie ihn ausgerechnet nach seinem Schwert fragte, war ihm gerade ein Rätsel. „Ich gehe nie ohne mein Schwert“, antwortete der Krieger, als er auch schon das kühle Eisschwert unter seinem Yukata hervorholte und einen skeptischen Blick darauf warf, bevor er sich wieder an Amaterasu wand. „Wenn du etwas über die Magie wissen willst, kann ich da leider wenig weiterhelfen“, bemerkte er, als ihm klar wurde, dass sie sich vielleicht der fremden Abstammung dieses Schwertes bewusst war und deshalb mehr wissen wollte. Dieses Schwert war in Japan wohl einmalig... oder einmalig gewesen, bis die ceresianische Armee hier eingedrungen war.
 

Amatersu war darüber unterrichtet worden, dass Kurogane ein seltsames Schwert trug. Sie hatte es selbst einmal gesehen als sie den Männern beim Training zusah. Doch diese fremdartige Waffe nun mit eigenen Augen zu erblicken, versetzte sie in Erstaunen. Ob das eine Waffe aus einer der unzähligen Welten war, durch die der Krieger auf Geheiß ihrer Schwester gereist war? Sie hatte diese Reise für blanken Unsinn gehalten; Kurogane war zwar ein sehr talentierter Ninja, doch ein eingebildeter Rüpel von einem Mann. Doch Tomoyo war stets von ihm überzeugt gewesen, hatte ihn sogar zu ihrem ersten Ninja und Leibwächter gemacht. Sie vertraute dem Urteil ihrer Schwester, weswegen sie ihn schon lange akzeptiert hatte und auch diesem fremden Magier aus Ceres eine Chance gab. Die Königin nickte Souma zu und die Ninja trat die wenigen Schritte zu Kurogane herunter, um ihm das Schwert abzunehmen und es Amaterasu zu zeigen.
 

Ohne Widerstand zu leisten, übergab der Ninja das Eisschwert. „Fye-“ kurz verbesserte er sich, obwohl er sich sicher war, dass Tomoyo geahnt hatte, was der Blonde ihm bedeutete und es auch Souma wusste, war er sich nicht sicher, ob er Amaterasu die Vertrautheit zu ihm zu offensichtlich zeigen sollte. „Der Magier aus Ceres hat es mal geschaffen...“, erklärte er und erinnerte sich kurz an den schrecklichen Kampf damals, bei dem er sich kaum unter Kontrolle hatte und im Endeffekt feststellen musste, nur eine Kopie 'beseitigt' zu haben... hätte er ihren echten Beobachter umgebracht, dann wäre auch Tomoyo sicher nicht gestorben... er verstand den Sinn damals wie heute nicht. Dass es nur Provokation ihres Beobachters war, war ihm mittlerweile klar, aber welchen Grund es dafür gab, konnte er sich nicht erklären.
 

Souma kniete sich vor die Herrscherin und reichte ihr das Schwert. Vorsichtig bettete Amatarasu die längliche Waffe auf ihrem Schoß. Anders als ihre Schwester, hatte sie eine militärische Ausbildung genossen und Waffen waren ihr vertraut. Das Schwert war kühl unter ihren Fingern, doch spürte sie eine unsichtbare, warme Kraft in dem halb durchsichtigen Material pulsieren. Das war also eine Waffe wie sie die neuen Feinde aus der Dimension namens „Ceres“ trugen. Es war von keinem Schmied in unzähligen Arbeitsstunden geschaffen worden, sondern von einer fremden Magie, einer fremden Kunst hergestellt. Es hatte etwa die Länge eines Katanas, doch es war zweischneidig und trotz der scheinbaren Fragilität lag es schwer in ihren Händen.

Prüfend sah sie zu dem Ninja, der sie ruhig und abwartend beobachtete. „Dieses Schwert bedeutet dir viel.“
 

Sich seltsamerweise von seiner 'neuen' Herrscherin ertappt fühlend, stockte er eine Weile, bevor er ehrlich antwortete: „Aa.“
 

Die Königin schwieg eine ganze Weile. Die ganze Zeit lag ihr Blick auf dem Krieger vor ihr. Ob sie nachdachte oder den Mann prüfen wollte, war in den strengen Augen nicht auszumachen, doch niemand – selbst die Bediensteten im Raum oder Souma – wagten in diesem Moment auch nur laut zu atmen.
 

„Du hast gut gekämpft“, ergriff die König letztendlich das Wort. „Die Vampire sind endlich geschlagen.“ Sie nickte ihrer persönlichen Ninja zu und diese brachte dem obersten Heeresführer das Schwert zurück. „Doch das ist nicht das Ende des Krieges. Über unseren neuen Feind wissen wir nur wenig und daher ist es ein Glücksfall, dass dieser Magier auf unserer Seite zu sein scheint. Auf deinen Reisen hast du Erfahrungen gesammelt und Dinge gesehen, die keiner am Hof vollkommen nachvollziehen kann.“ Innerlich seufze sie und blickte Kurogane an, immer noch kühl, doch auch etwas anderes schwang in ihrem Blick mit. „Als du an den Hof kamst, warst du ein Kind und bis du dieses Land zwecks dieser Reise verlassen hast, bliebst du es. Du warst zerfressen von Rache und sahst nur meine Schwester. Sie war davon überzeugt, dass du bereits wahre Stärke erlangt hast. Doch ich kenne den Mann nicht, der von dieser Reise zurückkam. Ich sehe einen starken Krieger, den stärksten Japans vermutlich, trotz der Krankheit, die in deinem Körper wütet. Nun da meine Schwester tot ist, frage ich mich, wofür kämpft dieser Mann? Nun da Tsukuyomi nicht mehr in dieser Welt ist, frage ich dich, wofür du diese Stärke einsetzen willst, Kurogane?“
 

Es war dem Krieger wirklich ein Rätsel, warum er sich das nun antun musste... reichte es nicht, dass Tomoyo ihm ständig gepredigt hatte? Auch wenn Amaterasu nicht Tomoyo war und auch ihre Worte ganz andere waren, stellte sie im Prinzip die selbe Frage wie Tomoyo. Er kannte die Antwort bereits, genauso wie seine Prinzessin sie auch gekannt hatte. Er hatte viel gelernt und gesehen auf dieser Reise und auch wenn er sich verändert hatte, anders dachte, war ihm das Wohl seiner Prinzessin bis zum Schluss mit das Wichtigste, was es für ihn gab. Aber es stimmte, sie lebte nicht mehr... er hatte seine Lebensaufgabe nicht erfüllt... er hatte verloren und damit eigentlich keinen Grund mehr zu kämpfen und selbst wenn er noch kämpfte, dann nur um sich erneut zu rächen...so musste es für die Königin aussehen.

Ihre Worte ließen einen Kloß in seinem Hals entstehen, er wollte sich vor ihr nicht rechtfertigen, sie glaubte nicht an ihn... sie glaubte nicht an das, was Tomoyo wusste, ohne dass er es aussprechen musste. Dennoch blickte Kurogane entschlossen zu der Frau auf, die ihn unerbittlich und prüfend beobachtete.
 

„Ich kämpfe weiterhin für Tomoyo. Auch wenn sie nicht mehr unter uns ist, kämpfe ich dennoch dafür, dass das Land, das sie so geliebt hat, wieder Frieden findet... für ihren Traum, setze ich meine Stärke ein.“ Erklärte er der Frau, von der er immer noch fand, dass sie das nichts anging, er ihr aber ehrlich antworten konnte ohne sich dabei selbst zu verraten. „Und ich setze meine Stärke für ein Versprechen ein, dass ich meinem Vater vor Jahren gab... ich bin lange kein Kind mehr, Amaterasu.“
 

Das Schweigen breitete sich wieder aus. Doch es war ein anderes, es sickerte zwischen ihnen hin und her und war erst gebrochen als ein unmerkliches Lächeln in die kühlen Augen der Königin trat. Kuroganes Worte waren mit so einer Überzeugung und Ernsthaftigkeit gesprochen worden, dass Amaterasu das erste Mal ahnte, was ihre verstorbene Schwester wohl in diesem Mann gesehen haben konnte. Ohne ein weiteres Wort von der Herrscherin reichte Souma ihr kniend das in Stoff gewickelte Bündel, das hinter dem Thron lag.
 

„Dies ist der Familienschatz der Familie Suwa. Meine Schwester hat es nicht deinem Wunsch gemäß begraben lassen, sondern es für dich aufbewahrt.“ Es fiel ihr schwer zu sprechen, obwohl sie sich in ihrer äußeren Erscheinung nicht das Geringste anmerken ließ. Vielleicht um sie nicht zu sorgen, hatte Tomoyo sie stets nur um ihr Vertrauen gebeten und Amaterasu wusste, dass es fast unmöglich war die Zukunft zu ändern, weswegen so wenige Menschen wie möglich darüber Bescheid wissen sollten. Doch gerade wurde ihr noch einmal klar, dass dieses Mädchen alles gewusst hatte. Schon als sie als achtjähriges Mädchen dieses Schwert im Tempel verstecken ließ, hatte sie geahnt, dass dieser Moment hier kommen würde? Vielleicht ihren Tod geahnt? „In ihm steckt die Magie mehrerer mächtiger Miko. Es ist ein Teil dieses Landes, genauso wie ein Teil der Familie Suwa, von dir, Kurogane. Es liegt vollkommen in deinem Ermessen, was du damit tust und wofür du es einsetzt.“
 

Für einen Moment blieb dem Ninja wirklich die Sprache weg, als seine Königin Ginryuu offenbarte, das sich wohl die ganze Zeit in diesem Schloss befunden hatte und nicht wie er dachte, im Grab seiner Mutter. Da es keine Überreste von seinem Vater gab, hatte er Tomoyo darum gebeten, es bei seiner Mutter begraben zu lassen... für einige Sekunden fühlte er sich fast zurückversetzt an den Tag, an dem er aufwachte und bemerkte, alles verloren zu haben, sich jedoch gleichzeitig schwor, wenigstens für dieses Mädchen zu kämpfen und das Versprechen, dass er seinem Vater gab zu erfüllen, doch er hatte es unmöglich schaffen können. Er wollte Tomoyo beschützen, so sehr, dass es fast weh getan hatte. Umso mehr tat es weh zu wissen, dass sie nicht mehr da war und noch viel mehr, dass sie von Anfang an, an ihn geglaubt haben musste, obwohl er aus purem Egoismus und aus purer Angst davor, wieder etwas zu verlieren, sich damals so eingesetzt hatte. Erst auf dieser Reise, durch Fye und die Kinder hatte er gelernt, dass man auch auf andere Art und Weise beschützen konnte.

Und jetzt stand er hier, hatte seine Prinzessin nicht retten können, so wie er es versprochen hatte, mit seiner Vergangenheit im Großen und Ganzen längst abgeschlossen, hatte Halt gefunden in Fye und war dennoch bereit, weiterhin jeden Kampf aufzunehmen, der ihm irgendetwas nehmen konnte... aber es fühlte sich anders an, ehrlicher und weniger verzweifelt... er wünschte, er hätte seine Prinzessin an seiner endlich erlangten und ehrlichen Stärke ein wenig mehr teilhaben lassen können. Er hatte ihr viel Ärger gemacht, es tat ihm Leid... er hatte sie nicht beschützen können, das tat ihm fast noch mehr Leid. Und sie hatte das Schwert für ihn aufbewahrt, weil sie genau wusste, dass alles so kam, wie es gekommen war. Und weil sie auf ihn setzte, Japan zu retten.

Sein Herz schlug so hart und laut in seiner Brust beim Anblick dieses Schwertes. Er spürte, wie sein Atem ein wenig zittrig ging, als er auf die Königin zuging, die das Schwert in den Händen hielt, dessen Kopie bei der Dimensionshexe war. Das hier war das Original von dem er dachte, es verweilte mit seiner Mutter in der Ewigkeit. Er hatte seine Vergangenheit begraben lassen, mit einer Kopie vorlieb genommen um sich zu erinnern, doch er hatte nie damit gerechnet, dass er ihr eines Tages wieder so nahe stehen würde. Und dennoch, war alles so anders... er selbst hätte das Schwert nicht begraben können, er selbst hätte das Original nicht benutzen können... doch jetzt, kam es ihm wie eine Ehre vor... von Tomoyo, von seinem Vater, sogar von seiner Königin.
 

“Ginryuu...“, kam es ihm leise über die Lippen, als er das Schwert mit zittrigen Händen an sich nahm und immer noch etwas ungläubig betrachtete. Er fühlte es, von der ersten Berührung, die Stärke, die in diesem Schwert steckte, die Macht, die es in seinen Händen besaß... dieselbe Kraft, die sein Vater gehabt hatte. Aber es war anders, er war nicht sein Vater, er war nicht mehr das Kind, das Fragen stellte und in die Fußstapfen seines Vaters treten wollte. Er war mittlerweile selber Vater, hatte mittlerweile eine eigene, kleine 'Familie' und er wusste ganz genau, dass er seinen Vater nicht enttäuscht haben konnte.
 

Eine ganze Weile stand der Krieger da, hatte kaum die Kraft sich zu bewegen oder sonst was zu tun... aber die Botschaft, die in diesem Schwert steckte, war angekommen. Die Botschaft seines Vaters, die Botschaft von Tomoyo... sogar die dieser Königin.

Schweigend wagte er in diesem Moment nicht, dieser Frau in die Augen zu sehen, wenn ihm so viele Gedanken und Gefühle durch den Körper rasten, weshalb er den Blick einfach dem Boden zuwandte und sich vor sie kniete. Tomoyo war tot... aber es gab noch so viel anderes, was er nicht verlieren wollte und so vieles, was es wert war, beschützt zu werden. Und es gab dieses Land noch, das Tomoyo liebte, das er liebte und all die Menschen, die hier lebten... er würde kämpfen und gewinnen.
 

Ein ganz kleines Lächeln spielte über die Gesichtszüge der Königin, während sie auf den knienden Mann sah. „Mögen die Götter Japans dich und dieses Schwert beschützen…“, sprach sie nach einer Weile und seufzte dann mit einem Blick zur Schiebetür. „Du kannst dich nun zurückziehen. Ich erwarte, dass du morgen zusammen mit dem Magier aus Ceres mich über das Vorgehen gegen die ceresiansiche Armee unterrichtest. Den Abend sollen sich deine Männer und ihr Anführer sich noch an ihrem Sieg erfreuen, aber stelle bis morgen sicher, dass dieser Magier ein paar Manieren zusammenkratzt.“
 

Grummelnd fluchte der Krieger kurz vor sich hin, nachdem die Bemerkung über Fye fiel... dieser verdammte Magier. Doch er versprach seiner Königin, sie über ihr Vorhaben zu informieren und mit einem kurzen letzten Blick an Souma gerichtet, die all das hier mitbekommen hatte und sich ihren Teil ruhig denken konnte. Wenn all das hier geregelt war, musste er sich unbedingt mal mit dieser Frau aussprechen, die immerhin noch die Mutter seines Sohnes war. Ein wenig hatte er ein schlechtes Gewissen diese Frau so 'links liegen' zu lassen, genau wie Hayato. Innerlich seufzte er über seine eigenen Gedanken, die wichtig aber hier fehl am Platz waren.
 


 

Endlich aus dem Thronsaal heraus, holte der Krieger tief Luft, und schloss kurz die Augen, fühlte das starke und schwere Schwert in seiner Hand und sich seinem Vater so nahe, wie lange nicht... er war an dem Grab gewesen, so oft, doch es hatte ihm kaum geholfen. Jetzt war es nicht mehr so schlimm, an seine toten Eltern zu denken, eben weil er dieses Kind schon lange nicht mehr war und selbst Verantwortung übernommen hatte, für sich und andere Menschen. Dennoch, fühlte es sich fast an wie ein Schlag ins Gesicht, der ihm klar machen sollte, sich der Realität endlich zu stellen.

Auf Feiern hatte er nun noch viel weniger Lust als vorher... er fühlte die Kraft in seinem Körper, die er seit dem Aufwachen hatte, fühlte das mächtige Schwert in seiner Hand, fühlte sich, als ob ihn nichts aufhalten könnte und nichts bezwingen, doch gleichzeitig war da diese Leere, wenn er an all die Menschen dachte, die er verloren hatte und dieses Gefühl von leichtem Glück, wenn er daran dachte, was ihn noch alles erwartete, wenn sie überlebten. Er wollte nicht verpassen, was noch vor ihnen liegen könnte...
 

„Das steht dir…“, kam es mit ruhiger Stimme aus der Dunkelheit gesprochen und im nächsten Moment hatte sich der Magier sichtbar gemacht und trat auf den Krieger zu. „Das Schwert.“
 

Vollkommen in seinen Gedanken versunken und immer noch überwältigt von der Wendung die das Gespräch bei Amaterasu genommen hatte und ihm den Familienschatz zurück brachte, hatte der Krieger den Magier gar nicht bemerkt. Erst als er ihn ansprach, erschrak er fast, denn mit dem Magier hätte er hier am wenigsten gerechnet.

Er öffnete wieder die Augen und blickte den Mann an, der aus dem Schatten sprach. „Nervensäge... wie ich gesagt hab.“, grummelte er leise vor sich hin, als ihm bewusst wurde, wieso Amaterasu die Manieren des Magiers erwähnte; dass er gelauscht hatte, war wohl kaum noch zu leugnen. Doch es störte den Ninja eher weniger, mittlerweile hatte er sich daran ja gewöhnt und wäre es nicht so, wäre ihm sicher sehr langweilig. „Das ist das Schwert meines Vaters.“, erklärte er dem blonden Mann, der sich sicher schon eins und eins zusammen gereimt hatte und es bereits ahnte. Jetzt erst wagte er einen wirklichen Blick auf das Schwert, es war jetzt seins und vielleicht irgendwann Hayatos... der Gedanke gefiel dem Krieger, doch richtig freuen konnte er sich gerade nicht; nur die Kraft spüren, die ihm dieses Schwert gab.

Vorsichtig strich er über das alte Schwert, erinnerte sich daran, dass er seinem Vater stets geglaubt hatte, wenn er behauptete, es würde alles gut werden. Es war ihm, als kämen diese Worte noch einmal zu ihm. Und auch Kurogane wollte das behaupten können; dafür sorgen, dass mit einem einfachen Satz oder mit einer einfachen Geste, vor allem der Mensch der ihm so wichtig war, daran glaubte, dass alles gut werden würde.
 

„Ich erkenne es wieder.“ antwortet Fye und besah sich das Schwert, dessen Duplikat er ganz am Anfang ihrer Reise im Laden der Hexe gesehen hatte. Es strahlte eine ihm unbekannte, wenn auch unterschwellig vertraute Magie aus und selbst jemand ohne Kenntnisse der Schwertkunst konnte mit Sicherheit sagen, dass es ein Meisterwerk war.
 

Eine Weile des Schweigens begleitete sie, während sie langsam die freien Palastgänge entlang liefen. Der Krieger hing seinen eigenen Gedanken nach. Es machte ihn traurig aber stolz, Ginryuu in den Händen zu halten. Sicher hätte sein Vater gewollt, dass er es eines Tages bekam und dass er damit beschützen konnte, was ihm wichtig geworden war. In Momenten wie diesen wünschte sich der Krieger, er könnte seine Eltern noch ein letztes Mal sehen und ihnen von all dem erzählen, was er erlebt und vor allem gelernt hatte... er wusste, wie kindisch naiv dieser Gedanke war, aber er wehrte sich dagegen gerade nicht.

Ein schweres Seufzen entwich ihm, bevor sich ein schiefes Grinsen auf sein Gesicht legte, als ihm bewusst wurde, was er da gerade dachte und was er in seinen Händen hielt. Innerlich schüttelte er über sich selbst den Kopf. Dieses Schwert war das Wichtigste, was er je besessen hatte; eine alberne Kopie der Preis dafür, wieder nach Japan zu kommen und nun, besaß er das echte Schwert. Die Zeit sich etwas vorzumachen, war lange vorbei. „Ich hätte nicht gedacht, dass ich Ginryuu noch mal sehen würde... und im Traum nicht daran, dass ich das Original eines Tages in den Händen halte... oder, dass ich überhaupt eines Tages hier stehen würde, neben dir... mit dem Vorhaben einen verdammten 'Gott' zu besiegen...“, bemerkte er. Mit seiner freien Hand strich er über das kühle Eisschwert, das mittlerweile wieder in der Schwertscheide steckte. Diese ganze Reise war so abwegig von dem, was er von seinem Leben erwartet hatte und nun konnte er sich ein anderes Leben kaum vorstellen... es hätte alles besser laufen können, Tomoyo wäre noch am Leben, Japan vielleicht nie im Krieg gewesen... aber dieser Gedanke war so fern von der Realität, dass er davon gar nicht zu träumen wagte.
 

Auch der Magier ging seinen eigenen Gedanken nach, während er mit Kurogane durch die halb bekannten Palastgänge ging. Sie drehten sich größtenteils um das Gespräch mit Amaterasu, das er belauscht hatte. Sein Blick hatte sich längst von dem Schwert gelöst und streifte durch die schattigen, leeren Gänge, hin zu dem gedankenversunkenen Gesichtsausdruck des Mannes neben ihm. Als dieser wieder die Stimme erhob, wurde Fye aus seinem traumartigen Nachdenken gerissen.
 

Ein leicht schiefes Grinsen legte sich auf seine Lippen. „Tja... wer hätte das gedacht...“ Fye selbst hätte niemals gedacht an dieser Stelle zu stehen, obwohl er über die Zukunft nie viel nachgedacht hatte. Er war auch viel zu sehr mit seinen eigenen Gefühlen, all den Illusionen und Lügen beschäftigt gewesen, dass er keine sichere Aussage über die Vergangenheit hatte treffen können, wieso sollte da die Zukunft eine Rolle spielen? Wenn in ihm alles gleich blieb, konnte die Welt sich noch so sehr verändern. Wenn er nun in sich hinein sah, fragte er sich, ob er es wirklich selbst war, der die letzten mehr als 50 Jahre sein Leben gelebt hatte.
 

Wohl niemand von ihnen, beantwortete der Krieger die Frage in Gedanken... vielleicht war das das verdammte Schicksal, von dem die Dimensionshexe sprach. „Du kannst ruhig wieder zu den Männern gehen“, schlug der Ninja dem kleineren Mann vor, der gesehen hatte, wie gut der Blonde sich teilweise mit den Kriegern verstand und auch Spaß gehabt hatte. „Mir ist nicht nach Feiern zumute, aber deshalb musst du dir den 'Spaß' nicht entgehen lassen.“ Vielleicht der Letzte, bevor sie kämpfen mussten.
 

Fye schüttelte den Kopf. „Ich habe erst mal genug. Es wird noch weitere Feste geben...“ Ohne es wirklich zu merken, waren sie an 'ihrem' Zimmer angekommen. Eigentlich war es das von Kurogane, doch seit ihrer Ankunft, hatte er kaum eine Nacht in dem ihm zugewiesenen Raum verbracht. „Wenn du allerdings allein sein möchtest...“ Sicher hatte Kurogane viel nachzudenken, nun wo er das Schwert seines Vaters in den Händen hielt und mit einem Gefühl der milden Überraschung über sich selbst bemerkte Fye, dass bei dem Gedanken allein zu sein, diesmal keine Panik und Unsicherheit in ihm aufkeimte. Eher so, als wäre er gar nicht wirklich allein. Obwohl ihre Stunden scheinbar genau so gezählt waren, wie zuvor, schien jetzt irgendetwas anders.
 

„So hatte ich das nicht gemeint...“, antwortete der Krieger ehrlich. „Ich wollte dich nicht wegschicken... dir nur den Abend nicht verderben.“ In ihrem Zimmer angekommen, stellte er Ginryuu an die Wand und auch von dem Eisschwert löste er sich.
 

„Uhm.. Kuro-sama?“
 

Kurz betrachtete Kurogane sich die beiden Schwerter noch einmal, die unterschiedlicher gar nicht sein könnten, bis ihn der Magier erneut ansprach und Kurogane sich zu ihm wand.
 

Zum Glück war es halbschattig, doch irgendwie war sich Fye dennoch sicher, dass der Ninja seine Verlegenheit sah. Verdammt, so etwas im Ernst über die Lippen zu bringen... er wollte Kurogane sagen wie beeindruckend er seine Antwort im Thronsaal fand, dass er sogar Amatersu überzeugt hatte und dass er in dem Moment wirklich gespürte hatte, was Tomoyo mit „wahrer Stärke“ meinte. Er hatte es die ganze Zeit in Kurogane gespürt, vermutlich war es auch unter anderem das, was ihn anzog. Doch wieder einmal kam Fye zu dem Schluss, dass es Dinge zwischen ihnen gab, die er nicht in Worte fassen konnte. Tief atmete er durch, um sich wieder zu fangen und blickte dem anderen Mann direkt in die Augen.
 

Dass irgendwas mit dem Magier gerade nicht stimmte, fiel dem Krieger auf, doch er bemerkte auch, dass es nichts Beunruhigendes sein konnte, weshalb er nicht weiter auf eine Antwort drängte. Dass der Blonde etwas sagen wollte, aber gerade nicht konnte, schien der Ninja zu wissen... dass es ungewohnt war, den Magier so zu sehen, war ihm vorhin im Palastgarten schon aufgefallen. Aber er merkte auch, dass es keine Maske war, die der Blonde vor ihm trug und nichts ans Licht gezerrt werden musste. Der Magier schien sich damit abzufinden, was auch immer nicht über die Lippen zu bringen und deshalb, fand sich auch Kurogane damit ab.

Nur kurz erwiderte er den Blick in Fyes etwas verunsichertes Gesicht, bevor er sich entschloss, den Magier aus dieser Situation zu befreien und sich etwas runterbeugte. „Ich wollte dir doch noch was zeigen...“, bemerkte er leise und legte ohne zu zögern seine Lippen auf die des kleineren Mannes und auch seine Hände fanden schnell den Weg unter den Stoff, den der Magier trug. Sie hatten wahrlich genug unangenehme Gedanken gehegt die letzten Jahre, Monate, Wochen und Tage... spätestens morgen würden sie aufbrechen, selbst wenn sie Amaterasu diesbezüglich anlügen mussten, sollte sie es nicht verstehen... es galt, diesen König zu besiegen, nicht einen weiteren Krieg anzuzetteln... doch das wussten sie beide, er und Fye... weshalb die vielleicht letzten Stunden dann mit Nachdenken verschwenden?
 

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Die Stunden verstrichen und nichts änderte sich, weder in seinem Herzen, noch sonst irgendetwas. Selbst der leblos wirkende Körper, der in seinem Zelt verweilte, regte sich in keinster Weise. Die Zeit stand still, fast genauso, wie seine Gedanken es mittlerweile taten. Sie hatten aufgehört sich zu drehen, er suchte nicht mehr nach Antworten... er wartete nur noch darauf, dass etwas passierte. Den Joker hielt er längst in der Hand, doch es bereitete ihm keine Freude, es machte ihm eher Angst... vor sich selbst und vor all dem, an das er sich nicht erinnerte... vor all den Dingen, die er mit der Macht dieses Mädchens in der Lage war zu tun. Ihre Anwesenheit legte den Sturm in seinem Herzen, doch er wusste, dass es nicht von Dauer sein konnte.

Sie war ihm zugespielt worden, wie versprochen... das Warten hatte sich gelohnt, er konnte es kaum erwarten und jetzt hatte er Angst vor dem Moment, in dem er wieder aufwachte.

Er lauschte den leisen Atemzügen, die das Mädchen von sich gab, sie beruhigten ihn fast, ließen gleichzeitig die Ungeduld in ihm wachsen.

Ashura hatte dieses Mädchen nie gesehen, hatte von ihr gehört, doch als sie plötzlich vor ihm stand, in diesem einsamen Wald in dem eigentlich kein junges Mädchen allein herum irren sollte, hatte er sofort gewusst, wer sie war... die Prinzessin mit den Federn, der Dreh- und Angelpunkt dieses Krieges, Fyes gute Freundin...
 

Sie lag auf einem harten Untergrund und ihr war kalt. Sie spürte, dass es in dem Raum, in dem sie lag zwar warm war, doch ahnte sie auch, dass sie wohl lange in der Kälte gewesen war und ihre Beine taten weh, wie nach einem langen Marsch. Doch wie sollte das möglich sein? Sie waren doch schon seit Tagen in der Flüchtlingsstadt und Shaolan machte es ihr fast unmöglich sich zu überanstrengen... ständig war er da und schien schon im Voraus zu wissen, was sie tun wollte, um es kurzerhand selbst zu erledigen. Warum spürte sie seine Wärme nicht, wie so oft wenn sie aufwachte?

Als Sakura die Augen öffnete, blendete sie das gelbliche Licht einer Lampe und ihr Kopf tat weh. Dennoch richtete sich das braunhaarige Mädchen auf und warf einen verwunderten Blick durch die ihr unbekannte Umgebung. Es war ein weißes, großes Zelt, das auch ohne ein Lagerfeuer von einer angenehmen Wärme erfüllt war. Es brannten einige Lampen und ein bequem wirkendes Lager war in einer Ecke aufgebaut worden, mit schön bestickten Kissen und auf einem kleinen Tisch stand eine Glaskaraffe mit einer rötlichen Flüssigkeit. Es roch nach Gewürzen und Schnee, auch fielen ihr die Stimmen außerhalb auf. Sie verstand das nicht, wie kam sie hier her? Wo waren Shaolan und ihre Kinder, oder Chi? Hatte Fye-san sie wieder woanders hin gezaubert? Das Bild verschwamm etwas vor ihren Augen und sie fasste sich an die Stirn. Ihr war wirklich kalt, aber Fieber schien sie keins zu haben.
 

Die Zeit, die so lange still gestanden hatte, schien sich endlich weiter zu drehen als Ashura das Mädchen beobachtete, wie es sich leicht bewegte und feststellte, dass sie aufgewacht war. Die Ungeduld war nun kaum noch zu unterdrücken und er wusste auf einmal nicht mehr, worauf er gewartet hatte... die ganzen Stunden, die er nur hier gesessen und Wein getrunken hatte, alles vergeudete Zeit. Alles Zeit, die er Fye und seiner Errungenschaft diesem erbärmlichen Krieger geschenkt hatte. Aber dieses Mädchen hatte Macht, unglaublich viel Macht in sich, die ihn fast schläfrig gemacht hatte, solange sie selbst geschlafen hatte.

Langsam und leise stand der König von seinem Platz auf, ging die paar Schritte, die ihn und dieses Kind trennten und betrachtete sie eingehend. Er konnte immer noch nicht ausmachen, was dieses Mädchen in diesem Krieg bezwecken sollte... Er wusste nur, dass sie ihm half, sich das zurück zu holen, was er liebte... dieses Mädchen war der Schlüssel... Fye mochte sie, er würde sie nicht einfach hier bei ihm lassen... nicht unter diesen Umständen.
 

„Endlich aufgewacht?“, sprach er ruhig zu dem Mädchen, die so viele Gefühle in ihm aufgewirbelt hatte, allein durch ihre Anwesenheit die Zeit zum Stillstand brachte und die Wut aus seinem Herzen wegfegte; ihn in einen Zustand versetzt hatte, die eines Königs nicht würdig war.
 

Überrascht sah Sakura zu dem Mann auf, den sie vorher gar nicht bemerkt hatte. Er war groß und hatte fast weiße Haut, schwarzes langes Haar und goldene Augen von einer sanften Farbe, die jedoch gerade kühl auf sie hinunter sahen. Obwohl sie sich gar nicht ähnlich sahen, erinnerte sie ihn irgendwie an Fye.
 

„Uhm... ja...“ War sie etwa wieder umgekippt? Das war ihr seit einiger Zeit nicht mehr passiert, aber vielleicht der Stress durch die Geburt und die Sorge um ihre Freunde und vielleicht... sie sollte sich erst einmal beruhigen. Doch irgendetwas an diesem Mann machte sie nervös und traurig gleichermaßen. „Entschuldigen Sie, was ist passiert? Wie komme ich hier her?“
 

„Steh erst einmal von dem kalten Boden auf“, sprach Ashura das Mädchen an und hielt ihr auch schon seine Hand hin, um ihr aufzuhelfen.
 

Ohne zu Zögern nahm Sakura die ihr dargebotene Hand und kam etwas wackelig auf die Beine. Was war nur geschehen? Sie fühlte sich wirklich ausgelaugt und als sie nach unten sah, bekam sie einen erneuten Schreck. Sie hatte ja gar keine Schuhe an! Da die japanischen Häuser für so einen harten kalten Winter nicht konstruiert waren, war es auch im Inneren eiskalt und sie schlief in dem gefütterten Yukata, den sie aus dem Palast mitgenommen hatte. Da sie diesen nun trug, musste sie irgendwie aus ihrem Bett hier her gekommen sein, schlussfolgerte Sakura. Ihr Kopf schwirrte und sie merkte, wie sie errötete. Ihre Füße waren alles andere als sauber, also war sie draußen gewesen, aber warum? Wo war sie nun? Und warum erinnerte sie sich an nichts? Schon wollte wieder diese Panik in ihr aufkommen, genährt durch das seltsame Gefühl, das der Fremde in ihr auslöste, doch sie riss sich zusammen. Seine Hand war warm und lag sanft um ihre, warum hatte sie also solche Gedanken?
 

Kurz stockte der König als er die kleinere Hand in seine nahm und dem Mädchen auf die Beine half, wieder wollte dieses Gefühl von Leere sich in ihm breit machen, doch sein kaltes Herz wehrte sich nun gegen diese fast „warmen“ und für ihn beängstigenden Gefühle, die hier keinen Platz hatten. Fast zu ruppig löste er seine Hand wieder von der des Mädchens und blickte sie lange an. Das war einer der Menschen, die seinen Hofmagier geblendet und von ihm fortgetrieben hatten. Nun würde sie helfen, ihn wieder zurück zu holen. Er konnte in keinster Weise länger auf seinen Magier verzichten, weder in diesem Krieg, noch emotional. Die Sehnsucht hatte ihn zerfressen und die Eifersucht rasend gemacht, doch er hatte gewartet, nun sollte es sich lohnen.

„Ich habe keine Ahnung, was ein junges Mädchen um solche Zeiten alleine in den Wald getrieben hat... es ist Krieg in diesem Land und viel zu kalt.“, bemerkte er, während er ihr einen Platz an dem kleinen Tisch zuwies, auf den durch etwas Magie mehr als nur eine Weinkaraffe zu finden war. „Aber ich bin froh, dich gefunden zu haben... du bist nicht aus dieser Welt, genauso wenig, wie ich es bin. Und genauso wenig, wie deine Freunde, habe ich Recht?“, versuchte er sich zu vergewissern.
 

Verblüfft sah Sakura auf den Tisch, auf dem vorhin nur eine Karaffe gestanden hatte, doch sie fand es unhöflich sein Angebot auszuschlagen, weswegen sie sich folgsam an den Tisch setzte. Der Wein schmeckte süß auf ihren Lippen, als sie einen Schluck nahm und überraschenderweise war er erhitzt und füllte sie mit einer leichten, angenehmen Wärme von innen. Dankbar lächelte sie dem Mann zu und nickte. „Ja... in der Stadt gibt es viele Menschen und Vampire aus verschiedenen Welten... doch sie alle haben einen Pakt, sich nicht zu verletzen, sondern zusammenzuarbeiten. Vielen Dank, dass Sie mir geholfen haben... das ist mir wirklich lange nicht mehr passiert...“
 

Auch Ashura setzte sich wieder in seinen Stuhl zurück, gönnte sich ein weiteres Glas Wein und beobachtete das Mädchen eingehend. Es war seltsam sie anzusehen, es könnte nur ein einfaches Kind sein, das dummerweise in dem Wald herumirrte, doch die Magie, die sie ausstrahlte sprach dagegen, dass sie nichts Besonderes war.

„Du bedeutest jemandem sehr viel, den wir beide kennen...“, versuchte er das Gespräch in eine andere Richtung zu lenken. Die Flüchtlingsstadt interessierte ihn kaum, er kannte sie und wusste wie die Spielregeln dort waren. Er nahm einen Schluck von seinem Wein, er ging ihm fast verdreht den Hals runter, so wie die ganzen letzten Tage. „Deshalb ist es ein Wink des Schicksals, dass du nun bei mir bist... ich bin mir fast sicher, dass er dich von sich weggeschickt hat, weil es sicherer ist...“ Er wusste es, wenn es sich tatsächlich um Fyes Freundin handelte... der Hofmagier hatte stets versucht die Leute von ihm wegzutreiben, die ihm was bedeuteten. Seiner eigenen Schwester hatte er sogar die Erinnerungen rauben lassen, von Ashura persönlich. Nur damit sie nicht mehr in seiner Schusslinie war. „Und sicher fragst du dich, ob es etwas gibt, um ihm zu helfen... ich frage mich das auch jeden Tag.“
 

Sakura sah in ihr Weinglas, dessen Flüssigkeit auch langsam ihre kalten Finger wärmte. Die Worte dieses Mannes versetzten ihr einen leichten Stich in die Brust. In der Tat waren sie und Shaolan von Fye und Kurogane weggeschickt worden, weil es sicherer war... doch woher wusste das dieser Mann? Vorsichtig, fast scheu sah sie zu ihm, sie wollte ja auch nicht starren. „Entschuldigen Sie...also, meine Name ist Sakura. Dürfte ich auch Ihren Namen erfahren?“
 

Ein leichtes, fast kühles Lächeln entfloh dem König, als er ihren Namen erfuhr. Er hatte das richtige Mädchen in seinem Netz. Schnell, aber in bewussten Bewegungen, wand auch er sich seinem Wein zu, sie durfte ihn nicht zu früh durchschauen. Den Blick von ihr abgewandt, verschwand das Lächeln jedoch nicht. Er sorgte nur dafür, dass sie nicht wissen konnte, was in ihm vorging und es konnte nur falsch sein, wenn er sie nicht ansah, denn sie offenbarte zu viel.

Einen letzten Schluck Wein trank er, durchbrach die Stille, indem er das Glas mit einem leisen Geräusch wieder absetzte und der Stuhl leise knarzte als er aufstand. „Mein Name tut erst mal nichts zur Sache...“, sprach er ruhig zu dem Mädchen, während er ein paar Schritte ging, die leichte Decke von seinem Bett griff, um dann wieder zum Tisch zurück und auf das Kind zuzugehen. „Sieh mich einfach als den Mann, der dich davor bewahrt hat, in der Kälte zu erfrieren... das war ganz schön dumm von dir... oder mutig, je nachdem, in diesen Zeiten hier herumzuirren.“, sprach er, während er schon längst hinter sie getreten war und ihr vorsichtig die Decke um die Schultern legte.

[1]
 

Sakura beobachtete den Mann, der zu dem Bett ging, um dort eine Decke zu holen und sie ihr danach sanft über die Schultern zu legen. Soweit sie wusste, gab es keine Zeltlager in oder nahe der Flüchtlingsstadt, dafür war es viel zu kalt. Doch sie war auch im Wald unterwegs gewesen, wie weit sie wohl gekommen war? Und warum war sie da? Wo war Shaolan? Ihre Gedanken waren noch völlig wirr, sie fühlte sich wie aus einem sehr, sehr langen Traum erwacht. In der Hoffnung einen Anhaltspunkt zu finden, sah sie sich noch mal im Zelt um. Die wenigen Möbel waren kunstvoll gearbeitet, der Stuhl auf dem sie saß, war weich und der Tisch aus Glas, das seltsam schimmerte, fast wie Kristall... nein, dies hier bewohnte bei weitem kein Flüchtling. Eher ein König... erschrocken sog sie die Luft ein, versuchte sich aber sonst nichts anmerken zu lassen. Sie starrte auf ihr Glas und konzentrierte sich auf die Hände auf ihrer Schulter, die kurz dort verweilten, sie dann aber wieder los ließen. Konnte das sein...? Sie fühlte nichts wirklich... 'bedrohliches' von diesem Mann, aber er schien viel zu wissen. Andererseits hatte er sie gerettet... Worauf sollte sie nur hören? Auf ihren Kopf oder auf ihr Herz? Von draußen war kein Laut zu hören, doch sie spürte, dass sie nahe des Waldes waren. „Entschuldigen Sie, wie weit sind wir von der Flüchtlingsstadt entfernt?“, fragte sie.
 

Irgendwie entlockte dieses Mädchen dem König nun doch ein leises Lachen und auf eine bizarre Art und Weise kam ihm das bekannt vor. „Du musst dich nicht für jede Frage entschuldigen.“, versuchte er ihr etwas entgegen zu kommen. Normalerweise war es ein ganz normales Verhalten denen gegenüber, die von ihm wussten, selbst denen, die nicht von ihm und seiner Herrschaft wussten. Doch gerade erinnerte er sich an etwas, weshalb es sogar fast ehrlich und weniger berechnend gemeint war. An diesen kleinen verflixten Jungen, der einst schon ähnlich vor ihm gesessen hatte, auch wenn er Ashura verraten hatte - und das mehr als einmal.

„Sie ist gute zwei Tagesreisen von hier entfernt...“, erklärte er ihr. „Ich frage mich, aus welchem Land du wohl kommst... Japan ist es wohl weniger und ein Vampir scheinst du mir auch nicht zu sein.“
 

Der einschüchternde Druck, der auf ihr lag, ließ etwas nach. Dieser Mann wollte ihr nicht seinen Namen sagen, doch er hatte sie gerettet und seine Stimme und seine Augen waren sanft. Sie erwiderte sein Lächeln und entspannte sich etwas. „Ich komme aus einem Land namens Clow. Hier in Japan lebt... ein Freund von mir. Sie kommen aus Ceres, nicht wahr?“ Seine Haut war zu hell für Japan und seine Hände zu warm für einen Vampir.
 

Kurz kam der König ins Stocken als dieses Mädchen ihn so offen anlächelte. Für einen Moment fragte er sich, wann er zuletzt jemanden vor sich gehabt hatte, der ihm eine ehrliche Geste gegenüber brachte. Diese leichte Faszination ließ ihn sogar fast nicht erkennen, dass es nun keine Zweifel mehr daran gab, dass sie das gesuchte Mädchen war, mehr noch, vergessen, was er mit ihr vorhatte. Er spürte für einen Moment sein Herz schlagen, wie fast lange nicht mehr... für einen Moment schlug es warm gegen seine Brust, nicht kalt. Doch Ashura besann sich schnell wieder; verfluchte dieses Gefühl. Das Mädchen hatte ihn enttarnt... an sich keine schwere Aufgabe, stellte er fest. Er erwiderte ihr Lächeln, es fiel ihm fast schwer, nicht ehrlich zu erwidern. Aber viel zu sehr wusste er, worum es hier ging und viel zu sehr spielte ihm dieses kalte Herz vor, was er zu sein hatte... er durfte sich nicht beirren lassen. Sie wusste dieses Spiel sicher genauso gut zu spielen, wie Fye es wusste. Als sie von „ihrem Freund“ hier in Japan sprach, war Ashura gleich klar, dass es sich um diesen einfachen Krieger handelte und das warme Gefühl verflog letztlich.

„Du bist ein kluges Kind.“, antwortete er nach einer kurzen Stille. „Es lässt mich kaum noch zweifeln, dass du auch den Mann kennst, von dem ich vorhin sprach.“
 

Sie konnte es regelrecht sehen. Die Veränderung. An seinen Augen und selbst an seiner Körperhaltung. Traurig ließ sie ihren Blick zurück auf das Glas sinken. „Ich habe es nicht versucht zu verbergen... König Ashura.“
 

„Wäre das nicht um Längen klüger gewesen? Ich bringe Unglück... gerade über ihn. Willst du ihn nicht vor mir schützen?“, hörte er sich selbst fragen, doch irgendwie fühlte „er selbst“ sich weit fern von all dem.
 

„Warum müsst Ihr denn Unglück bringen? Warum muss Fye vor Euch weglaufen? Warum sollte ich dieses Spiel, in dem alle sich weh tun, mitspielen?“, brach es aus ihr heraus.
 

Die ganzen Fragen dieses Mädchens ließen den König sprachlos zurück. Für einen Moment konnte er darauf nicht antworten, denn er wusste keine Antwort darauf. Schwärze und Leere schienen sich in seinem Kopf auszubreiten... ja, warum eigentlich? Warum musste er Unheil bringen? Warum musste Fye vor ihm weglaufen? Warum musste dieses Mädchen all das Leid hier ertragen? Warum mussten das all die Menschen hier tun, die nichts dafür konnten? Warum musste eine Prinzessin sterben, die nicht älter zu sein schien wie die Prinzessin, die vor ihm stand?

Warum eigentlich? Hatte er das gewollt?

In seinem Kopf pochte es fast unerträglich und kurz kam er ins Schwanken... ihm war heiß und kalt gleichzeitig und all das war die Schuld von diesem Gör, das ihm diese Fragen stellte und ihn so ehrlich dabei ansah... das sich ehrliche Antworten von ihm erhoffte und er konnte nichts sagen.

Sich an den schmerzenden Kopf fassend, blickte er dieses Kind fast wutentbrannt an... Er hasste sie. Von der ersten Sekunde an hatte sie Fye geblendet. Sie wollte ihm das nehmen, was ihm so wichtig war... doch... er wollte ihr doch gar nicht weh tun... er wollte...

„Du... nimmst dir ganz schön viel raus...“, kam es leise, doch mit einem wütenden Unterton. „Du scheinst nicht wirklich zu wissen, wer vor dir steht.“
 

Besorgt und erschrocken war Sakura aufgestanden und ein paar Schritte auf den Mann zugegangen, dem plötzlich schwindelig zu sein schien. Doch bevor ihre Hand vorsichtig seinen Oberarm berühren konnte, blickte er sie wütend an und sie zögerte. Doch dann legte sie dennoch die Hand auf den seidigen Gewändern ab. „Vielleicht solltet Ihr euch setzen...“
 

Fast erschrocken riss der König die Augen auf als das Mädchen ihn berührte, sein Herz schlug fast unerträglich schnell und zwei Geister in ihm stritten sich um die Oberhand... dieses verdammte Mädchen löste irgendwas in ihm aus... ihre Magie vertrug sich kaum mit seiner und gleichzeitig wärmte sie sein Herz auf... aber das war zu früh, das durfte nicht... er hatte nicht Jahre dafür gearbeitet, sein eigenes Land da zu haben, wo er es haben wollte... die Macht zu besitzen, die er über Ceres und seine Bevölkerung hatte. Diese Macht zu erweitern, auf ein fruchtbares Land wie Japan... diese Macht auszunutzen, um Fye zurück zu bekommen... Fye... schoss es Ashura durch den Kopf. Sein Hofmagier hatte ihn verraten und das Mädchen, das dem blonden Mann wichtig war, stand vor ihm... und alles, alles was er versucht hatte war gescheitert...

Ashuras Gedanken gingen wirr durcheinander, doch er wusste, dass er sich nicht beirren lassen durfte... dieses Mädchen durfte ihm kurz vor dem Ziel nicht den Verstand rauben.
 

“Fass mich nicht an!“, zischte er und stieß das Mädchen unsanft von sich, dessen Berührung ihn vollkommen irritierte. Er war der Herrscher eines ganzen Königreiches, ein Kriegsgott... und er hielt das wichtigste Puzzleteil in seiner Hand. Das wichtigste Puzzleteil, um alles zusammen zu fügen... und die wichtigste Geisel, um seinen Hofmagier zurück zu bekommen.
 

Von dem Schwung seines Stoßes vollkommen aus dem Gleichgewicht gebracht, stolperte Sakura ein paar Schritte nach hinten und stieß gegen den Glastisch. Das Weinglas fiel um und verteilte seinen roten Inhalt auf dem Tisch und den darunterliegenden weißen Teppich. Die Glaskaraffe rutschte auch beinahe über den Rand, doch die konnte sie gerade noch greifen. Einen Moment blieb das Mädchen mit dem Rücken zu dem König stehen. Ihr Herz schlug schnell und ängstlich, die Aura um den anderen Mann hatte sich schlagartig mit der einschüchternden Kraft aufgeladen, die sie zuvor nur erahnt hatte. Einen Moment kämpfte sie mit den Tränen. Sie war hier bei diesem Mann, der offenbar nichts Gutes wollte, der Mann, vor dem Fye weglief. Sie war weit weg von ihren Kindern und Shaolan, in einem Land in dem Krieg herrschte und Tomoyo war tot...beinahe wollte sie einknicken, sich ihrer Angst hingeben. Doch sie war kein kleines Mädchen mehr, sie war stark... stärker als dieser Mann, der sich von irgendetwas auffressen ließ, auch wenn dieser mehr Macht hatte.
 

Der König atmete schwer nachdem er das Mädchen von sich gestoßen hatte und die von ihr ausgehende „Magie“ nicht mehr ganz so bedrohlich nahe für ihn war. Dass dieses Mädchen etwas Besonderes war, war ihm von Anfang an bewusst gewesen, aber dass allein ihre Anwesenheit sein Inneres so aus dem Gleichgewicht bringen konnte, damit hatte er nicht gerechnet. Das Schlimmste an der ganzen Sache war, dass er nicht mehr zu wissen schien, wer er war und irgendetwas in seinem Unterbewusstsein anklopfte, was sich vertraut anfühlte, aber längst vergessen schien. Ein seltsames Gefühl der Beklemmung machte sich in ihm breit, vielleicht auch Angst, Angst davor, was er erkennen würde, würde er das Vergessene hervortreten lassen. Er musste seine Augen verschlossen halten und er musste sich bewusst sein, dass ER ein Kriegsgott war und der mächtigste Mann in dieser Dimension und ganz Ceres, der gerade die stärkste Waffe in seinen Händen hielt um diesen Krieg zu gewinnen... und das größte Druckmittel dafür, das zu bekommen, was er wollte.

Wütend lag sein Blick auf diesem Mädchen, das mit dem Rücken zu ihm stand. „Du hast keine Chance gegen mich... dein Schicksal ist längst besiegelt dadurch, das du hier bist.“
 

Sakura starrte auf den roten Weinfleck am Boden, der sich immer weiter auf dem weißen Teppich ausbreitete. Es hatte schon so viele hoffnungslose Situationen auf ihrer Reise gegeben. In Nara hatte sie Angst um Shaolans Leben, auf diesem durch die Schwärze des Alls fliegendem Raumschiff um ihren Freund Fye.... sie hatte so viele Länder gesehen und so viele Menschen, die trotz der Macht und Gefahr, die über ihnen hing, weiter gemacht hatten.
 

„Sein Schicksal besiegelt man immer selbst...“, antwortete sie ruhig, obwohl die Angst ihre Stimme brüchig machte.
 

Die Worte des Mädchens ließen die Gesichtszüge des Königs doch für einen kurzen Moment in ein leichtes Lächeln umwandeln. Sich wieder ganz aufgerichtet, blickte er auf diese junge Frau hinab, die wahrscheinlich gar nicht wusste, welche wichtige Rolle sie in diesem ganzen Krieg spielte und dass ihre Existenz allein das Schicksal von so vielen Menschen besiegelte. Genauso wie Ashura selbst.

Doch nun zu diskutieren, brachte wohl weder ihn noch sie weiter... eine ganze Weile schwieg der König, blickte nur mit seinem falschen Lächeln auf das Mädchen runter, dass ihn entschlossen anblickte, er ihre Angst jedoch deutlich erkennen konnte... sie hatte Angst vor ihm, das war gut. Er verbreitete Angst und Schrecken, das nährte seine dunkle Seele und sein kaltes Herz. „Nun... wie dem auch sei.“, kam es ruhig von dem König, der wusste, dass er dieses Kind eigentlich in keinster Weise fürchten musste. „Darüber musst du dir keine Gedanken mehr machen...“ langsam ging er einige Schritte auf das Mädchen zu, fixierte die grünen Augen mit seinen, sie musste längst in seinem Bann sein. „Schlaf weiter...“
 

Fixiert von diesen goldenen Augen, spürte Sakura wie ihre Beine weich wurden und der diffuse Nebel des Schlafes zurück in ihren Kopf kroch. Bevor sie auch nur an Widerstand denken konnte, überwältigte sie der Schlaf und sie bemerkte nur noch, wie sie gegen etwas weiches fiel.
 

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Fye wusste immer, wenn er träumte. Zwar war es seinem Traum – Ich meist nicht so wichtig, doch es war ihm immer klar, dass er diese Welt auch wieder verlassen konnte. Vielleicht war das einfach so, wenn man Magie beherrschte, denn er hatte gehört, dass das nicht bei allen Menschen so war. Nur wann, war die Frage. Da es in Träumen keine Zeit gab, musste er manchmal echt lange warten.
 

Außerhalb der Palastmauern war Rauschen zu hören. Doch es war diesmal kein Schneesturm, der Schloss Ruval umwehte und an seinen Mauern rüttelte, sondern das Schloss bewegte sich selbst mit rasender Geschwindigkeit. Fye wusste nicht wohin oder wo sie gerade waren. Er saß mit einer Tasse Tee an seinem Schreibtisch und wollte nicht aufstehen, um aus dem Fenster zu sehen. Vielleicht war es grün draußen? Er wünschte, dass das Schloss irgendwo hinflog wo es grün war, oder zum Meer.
 

Auf seinem Schreibtisch befand sich ein Chaos aus beschriebenen Blättern, Büchern und Schreibutensilien. Ein Tintenfässchen war umgefallen und ergoss sich auf eine eng beschriebene Schriftrolle und den weißen Teppich. Mit einem Seufzen stand Fye auf und suchte in seinem Arbeitszimmer ein paar Tücher zusammen, um das Schlamassel aufzuwischen.
 

Vorsichtig und leise näherten sich Schritte von hinten. Eine ganze Weile hatte Ashura das vertraute Bild in Schweigen genossen, bis sich etwas in dem Anderen regte. Die eigene Welt des Königs schien so schwammig, dass er kaum noch meinte von Wirklichkeit und Unwirklichkeit zu unterscheiden. Doch das hier war nicht real, hier war alles offen, jedenfalls für einen kleinen Moment... so hätte es sein können und so könnte es wieder werden.

„Ich hätte nicht gedacht, dass es dich gerade hier hin verschlägt.“, sprach er ruhig, denn er musste hier nicht drohen oder bedrohlich wirken. Es war eigentlich schon Bedrohung genug, dass der König sich überhaupt hier befand. Das war schon das zweite Mal, dass er dieses Tabu brach und sich in Fyes Träume mischte. „Ich hätte dich überall erwartet... an diesem dunklen Ort, wie vor ein paar Tagen oder auf einem Schlachtfeld...“, bemerkte er und wollte fast über das Chaos seufzen, das sich über den ganzen Tisch erstreckte, doch dafür waren seine eigenen Absichten zu dunkel und die Erinnerungen an diese alten Gefühle zu kaputt.
 

Die hellhaarige Gestalt vor dem Kamin zuckte nicht einmal zusammen als er die Stimme und die Präsenz des Königs wahrnahm. Vielleicht, wenn er aus diesem Traum gestammt hätte, doch augenblicklich spürte er, dass Ashura wieder in seine Traumwelt eingebrochen war. Mit einem Seufzen schmiss er die Tücher ins Feuer, als wäre ihm gerade aufgefallen, dass er jetzt andere Probleme hatte als unleserliche Traumdokumente.
 

„Vielleicht habe ich mir schon gedacht, dass du kommst und wollte es etwas wohnlicher gestalten...“, sprach Fye leise.
 

Ein leichtes Lächeln legte sich auf Ashuras Gesicht, wissend seinem eigenen Schicksal nicht zu entkommen. Sich nicht von dieser vertrauten Umgebung beirren lassend, fuhr er fort. „Ich hatte auch gar nicht vor, lange zu bleiben.“, erklärte er, „Ich sagte dir beim letzten Mal schon, dass es eine Warnung ist... und dieses Mal bin ich hier um dir zu beweisen, dass ich was das anging, keine leeren Versprechungen gemacht habe.“ Seine Stimme klang außergewöhnlich ruhig, obwohl die Wut in seinem Herzen fast nicht zu bändigen war.

Seinen Blick von dem Magier abgewandt, betrachtete er das schlafende Mädchen in seinen Armen, Ashuras Augen waren leer, während er sie beobachtete und nur darauf wartete, dass Fye sich umdrehte und er seinen letzten Trumpf ausspielen konnte.
 

Dröhnen und Donnern mischte sich haarfein unter das Rauschen. Waren sie dem Meer schon so nah? Langsam drehte sich der Magier um und starrte auf das Bild seines Königs – und auf das des Mädchens, dass er auf den Armen trug. Sakura... Er wusste, dass Ashura nicht bluffte, dafür stand der Triumph zu deutlich in seinen Augen geschrieben. Ein bitteres Lächeln legte sich auf Fyes Lippen, obwohl der Schock und die Wut sich in seiner Brust ausbreiteten, in seinem Traum sogar aus ihm heraustraten und den Raum etwas dunkler wirken ließen. Das Feuer in seinem Rücken wirkte auf einmal sehr heiß, zischte und knurrte als es sich in die Tücher fraß. Er hatte geahnt, dass Ashura den Weg wählen würde, den ihn am meisten verletzte, doch er hatte gehofft die Kinder wären sicher... vor Ashuras Blick, dass der andere Mann so fixiert auf Kurogane wäre und nicht seine andere Schwäche entdeckte. Ein Beben ging durch das Schloss und plötzlich senkte sich das ganze gigantische Gebäude ruckartig ab. Die Möbel und der Boden unter ihren Füßen wackelten und schwankten – doch das Mädchen wachte nicht auf. Stattdessen schwappte salziges, pechschwarzes Meerwasser über den Balkon hinein in sein Arbeitszimmer. Erst wenige, dünne Rinnsale, doch innerhalb weniger Traummomente hatte es sich schon in Ashuras Umhang gesaugt, wie Hände, die ihn festhalten wollten. „Was verwundert es mich... bei deiner Vorliebe für kleine Kinder...“, antwortete der Magier mit unterdrückter Wut.
 

Das Lächeln schwand nicht, auch nicht, als er Fyes bedrohliche Wut im Traum zu spüren bekam. Das Wasser, das sich in seine Kleider sog, war eiskalt, obwohl es nur eine Illusion war, doch er wusste, der Magier konnte ihm hier keine physischen Schäden zuführen und die Wut, die er ihm hier entgegen brachte, selbst wenn es nur das kleinste und niederste Gefühl war, dass er für Ashura empfand, immerhin regte sich in dem Blonden etwas gegen ihn. Wenn er ihn noch irgendwo treffen konnte, dann hier. Er würde diesen Trumpf ausspielen, selbst wenn er sich damit ein wenig gegen den lehnte, der ihm das hier möglich gemacht hatte. Jener Schatten, der sich vor Jahrzehnten das erste Mal gezeigt hatte.
 

„Dies hier ist schon lange kein kleines Kind mehr...“, widersprach er dem Blonden, was dieser mit Sicherheit längst auch wusste. „...und was das angeht... ich habe dich und Keira immer gut behandelt... dass ich diesen Schritt gehen musste, ist allein deine Schuld.“ Die goldenen Augen hatten sich längst von dem Mädchen gelöst und blickten den wutgeladenen Magier an, er konnte ihm dieses Mädchen im Traum sowieso nicht entwenden, also brauchte sich Ashura keine Sorgen zu machen. Er musste nicht einmal darauf achten, wie der andere Mann sich bewegte, sondern konnte ganz allein auf dessen Reaktionen achten. „Dieser armselige Krieger, diese einfachen Kinder... dafür dass sie dich so blenden konnten, dafür dass du mir so in den Rücken gefallen bist... dafür werden sie zahlen... und vor allem du. Eingesperrt hast du mich, versiegelt... deinen König... für all das, was ich dir gegeben und ermöglicht habe, beigebracht... das hier war dein Dank. Dass es so gekommen ist, ist dein Werk.“, sprach er weiter und spürte diese Wut nun wieder deutlicher in sich, gegenüber diesem Verräter. „...Und das hier, ist meine Rache...“, beendete er den Satz. Während er sprach, schritt er durch das eiskalte Wasser einige Schritte zurück, näherte sich der Dunkelheit, die sich hinter ihm befand, in diesem abgegrenzten Raum des Traumes. Was davor und dahinter lag, konnte niemand erahnen, solang man nicht der Magier selbst war.
 

Das Wasser schwappte immer schneller herein und sammelte sich mittlerweile auch unter Fyes Schuhen. „Benutzt hast du uns...diese Menschen haben mich nicht geblendet, Ashura. Immerhin habe ich versucht dich zu stürzen und bin aus Ceres geflüchtet, bevor ich sie überhaupt traf.“, antwortete der Magier aufgebracht. Alles andere wollte er nicht zulassen. Es war, als fände er nur in dieser in Wut verwandelten Trauer die Kraft weiter zu machen. „Wenn du ihr irgendetwas tust...“
 

Das kühle Lächeln auf Ashuras Gesicht, das auch jetzt noch nicht verschwand, war die einzige Antwort, die dem Magier blieb - und Ashuras Schweigen. Sich sicher, dass der Blonde ihm hier nichts antun konnte und noch viel sicherer darüber, dass sich Fye niemals ganz und gar gegen ihn auflehnen konnte und besiegen – sonst wäre nicht er selbst derjenige, der die besseren Karten in der Hand hielt und überhaupt noch in der Lage, weiter zu spielen – schwieg er eine ganze Weile, genoss den Augenblick, dem Magier bewusst emotional überlegen zu sein. Fye hatte ihn längst nicht gestürzt... Ashura hielt immer noch alles in der Hand.

„Bis bald...“ waren die letzten Worte, die er an diesen Verräter verschwand, bevor er sich aus der dunklen und mittlerweile kalten Traumumgebung zurück zog. „Du wirst mich finden... genauso, wie ich dich immer und überall finden werde, Fye.“


 

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Als er aus seinem Traum erwachte, war Fye davon überzeugt, dass sein rasselnder Atem den ganzen Palast aufwecken musste. Sein Körper war nass geschwitzt und er schmeckte das Salzwasser noch auf seinen Lippen, so als wäre er wirklich in dem eiskalten Meer im Schloss ertrunken. Mit rasendem Herzen fuhr er sich übers Gesicht und wischte sich den Schweiß weg, pellte sich dann aus dem Laken und schnappte sich seinen Yukata, während er nach draußen stolperte. Er brauchte unbedingt frische Luft und dann... dann konnte er überlegen, was er jetzt tat. Oh Götter.... Ashura hatte Sakura... Er brauchte einige Minuten, um sich überhaupt so weit zusammen zu haben, dass er über die Verbindung zu seinem anderen Auge, erfühlen konnte, ob es Shaolan und Chi gut ging. Doch zumindest körperlich schien alles in Ordnung zu sein bei ihnen, sie befanden sich immer noch in der Flüchtlingsstadt. Ashura befand sich mit seiner Armee nach wie vor in dem Waldgebiet, mehrere Tagesreisen von der Hauptstadt entfernt, wo er ihn schon die ganze Zeit gespürt hatte. Der König hatte recht gehabt, er würde ihn finden. Mit Leichtigkeit.
 

Der Krieger spürte die Unruhe neben sich und auch, dass der Magier irgendwann wach geworden sein musste. Die Stelle neben ihm wurde augenblicklich kalt und kühle Luft zog unter die Decke. Mit müden Augen folgte er dem Schatten als Fye das Zimmer verließ und Kurogane fragte sich, was in den Magier gefahren war. Wahrscheinlich hatte er schlecht geträumt, kam ihm als erstes in den Sinn, was auch kein Wunder war, nach dem vielen Krieg und der gerade erst gewonnenen Schlacht, wer träumte da nicht schlecht?

Doch als er sich aufrichten wollte, um nach dem Rechten zu sehen, bemerkte der Krieger die andere Schwere auf sich und mit einem tonnenschweren Seufzen, hielt er in seiner Bewegung inne und legte sich zurück. Erst jetzt erinnerte er sich wieder... nachdem sie von Amaterasu zurück gekommen waren, hatte sich der Krieger eigentlich nichts sehnlicher als etwas Ruhe gewünscht, doch Fye wegzuschicken, hatte er nicht übers Herz gebracht, zumal seine Nähe gut getan hatte... dass Tomoyo Ginryuu damals nicht mit hatte vergraben lassen, musste Kurogane erst einmal schlucken. Sein Familienschatz war nicht im Grab seiner Eltern, sondern in seiner Hand... dieses mächtige Schwert, mit dem schon sein Vater gekämpft hatte... überwöge nicht gerade die Verwirrung, hätte der Krieger den Stolz darüber deutlicher gespürt.

Irgendwann nachdem der Magier und er sich einander hingegeben hatten und sie schon längst eingeschlafen waren, scharrte es wie so oft an ihrer Tür und der Krieger hatte genau gewusst, wer die Unruhe zu dieser Nachtzeit verbreitete... dieser Bengel, der sich natürlich Ginryuu mitten in der Nacht ansehen musste. Mit einem leisen Grummeln hatte der Krieger auf sich aufmerksam gemacht, leise genug, den Magier nicht zu wecken, jedoch den Jungen zu erschrecken. Doch so schnell wurde er den Kleinen nicht los, weshalb er sich erbarmt hatte, die Millionen Fragen über dieses Schwert und seine Familie zu beantworten, erst grummelnd und nur im nötigsten Wortfall, später hatte es ihm fast ein wenig Spaß gemacht diesem Bengel, der sich wirklich interessierte, alles zu erzählen, was er wissen wollte. Natürlich stand Kurogane selbst dabei als Held da... was ihn schon ein wenig mit Stolz erfüllen ließ und für ein paar Stunden, hatte er wirklich den Krieg um sie herum vergessen. Fye hatte die ganze Zeit über geschlafen oder nur so getan und heimlich zugehört, beurteilen konnte der Krieger das gerade nicht, jedenfalls waren er und Hayato leise gewesen. Doch irgendwann war es für den Kleinen wohl zu viel gewesen und er war geradewegs eingeschlafen, einfach eingenickt, der Bengel... und das so ungünstig, dass er halb auf ihm drauf lag... Der Krieger hatte lange gezögert, war mit dieser Situation reichlich überfordert gewesen, konnte sich weder bewegen noch sonst was, in der Angst, Hayato wachte auf... irgendwann hatte der Krieger resigniert, dem Bengel irgendwie die Decke übergezogen und selbst versucht weiter zu schlafen, was ihm seltsamerweise auch gut gelungen war. Die Schlacht hing dem Krieger immer noch in den Knochen...

Nur... mit einem schweren Seufzen stellte er fest, dass der Bengel immer noch auf ihm lag und der Krieger nur einen besorgten Blick in Richtung Tür werfen konnte, in der Hoffnung, der Magier kam bald wieder oder er müsste es riskieren, Hayato zu wecken um nach dem Rechten zu sehen.
 

Die kühle Luft tat gut auf seinem Gesicht, das Fye sehnsüchtig gen Himmel gewandt hatte. Für wenige Herzschläge beruhigte ihn die Szenerie des Palastgartens, der in den wenigen Tagen schon sein liebster Ort hier in Japan geworden war. Die große Feier schien vorbei zu sein und am Horizont konnte man schon den Sonnenaufgang anhand der blasser werdenden Sterne erahnen. Seine Zehen sickerten durch den Schneeschmelz und drunter spürte er das feuchte, atmende Holz der Veranda.

Tief atmete Fye durch. In Gedanken ging er seinen Traum noch mal durch, um seinen Verstand Zugang dazu zu verschaffen und ihm dadurch den Schrecken zu nehmen. Ashura war in seinem Traum eingedrungen... seine Nachricht war eindeutig gewesen. Fye sollte zu ihm kommen, wenn er Sakura wiederhaben wollte – und Ashura wusste, dass er kommen würde. Na ja, so weit nichts neues, Kurogane und er hatten eh vor bei Ashura aufzulaufen, auch wenn es dem Magier gar nicht gefiel, dass der König von Ceres nun eine Geisel hatte. Hoffentlich ging es Sakura-chan gut...

Fye lehnte sich etwas an die Palastmauer und sah durch den Spalt der Schiebetür hinein in Kuroganes Zimmer. Er konnte im Dunkeln nur Schatten erkennen. Offenbar hatte er den Krieger mit seiner abrupten Flucht aus dem Bett geweckt. Ein weiterer Schatten war auszumachen. Fye musste schmunzeln, und seinen Traum erst mal bei Seite lassend, beobachtete er die beiden.
 

Von Fyes Gedanken und Träumen nichts ahnend lag der Krieger eine ganze Weile einfach nur da und hörte dem gleichmäßigen Atmen des Kindes auf seiner Brust zu. Aus den Augenwinkeln, beobachtete er stets den Schatten draußen, der sich kaum regte, aber es war beruhigend zu wissen, dass er noch da war.

In diesem Augenblick beruhigte ihn das Kind in seinen Armen ungemein, selbst wenn es unabsichtlich auf ihm eingeschlafen war... es war ein seltsames und gleichzeitig vertrautes Gefühl, dieses Kind so nahe bei sich zu haben, das er eigentlich kaum kannte und sich ein wenig gegen diese Gefühle wehrte, die es in ihm auslöste. Wer wusste schon, wie lange er noch Zeit auf dieser Welt hatte und wer wusste was passierte, wenn sie sich diesem König näherten. Kurogane konnte keine Zukunftsprognose geben oder sich erdenken. Keiner von ihnen konnte das, obwohl sich der Krieger immer „sicher“ war, zu gewinnen. Er selbst fühlte in diesem Moment eine seltsame Ruhe, nach all dem Krieg und dem Leid, was sie erlebt hatten.

Eine ganze Weile lang beobachtete er das schlafende Kind, ein leises Lächeln musste sich längst auf seine Gesichtszüge geschlichen haben und er bemerkte es kaum, wie er dem kleinen Jungen vorsichtig und sanft, um ihn nicht zu wecken, durch die zausen Haare strich.
 

Fyes Augen hatten sich längst an die Lichtverhältnisse gewöhnt. Es schien als beobachtete er die beiden schon ewig. Fern, am Rande seiner Wahrnehmung, plätscherte das Schmelzwasser durch die Regenklangspiele, die an den Dächern aufgehangen waren. Er hatte Kurogane selten so sanft und versunken gesehen und einen Moment fragte Fye sich, warum er keinerlei Eifersucht bei diesem Bild spürte. Vielleicht weil es so natürlich wirkte, so als müsste es so sein und vielleicht war die Liebe von Eltern zu ihren Kindern einfach so, vielleicht war es mit ihm und seinem eigentlichen Vater auch so gewesen. Irgendwie wurde ihm bei diesem Bild schwer ums Herz und leicht zu gleich. Schwer, weil ihm wieder einmal bewusst wurde, was es zu verlieren gab. Leicht, weil... weil diese Verbindung auch noch da wäre, wenn es ihn selbst nicht mehr gäbe. Ja, irgendwie war es erleichternd, statt beängstigend, dass er nicht alles für den Krieger war, dass es selbst nach Tomoyos Tod noch etwas gab, was dem verschlossenen, einst so wütenden Mann nahe ging und diesen friedlichen Gesichtsausdruck herausforderte.
 

Erst als der Krieger leicht zu frösteln anfing bemerkte er wieder, dass der Magier als er so herausgestürmt war, die Tür offen gelassen hatte; so versunken hatte er sich einen Augenblick Hayato gewidmet. Doch da er die Aura des Magiers in seiner Nähe spürte und den Schatten wahrnahm, war er sich sicher, dass egal, was ihn so stürmisch werden ließ, er nicht gleich die Flucht ergriffen hatte. Obwohl er sich schon gefragt hatte, was in Fye vorgegangen war, hatte er selbst die Ruhe bewahrt, seltsamer Weise fühlte er sich tief in seinem Inneren auch ruhig, vielleicht weil sie genug durchgemacht und Kurogane begriffen hatte, dass unnötige Panik einem wenig brachte.

Sein dennoch nun leicht besorgter Blick ging von Hayato auf den blonden Mann in der Dunkelheit über, dessen blaues Auge auf ihnen lag. Kurogane wusste nicht, ob er es sich einbildete oder ob die Farbe von Fyes Auge tatsächlich zu der Dunkelheit einen Kontrast bildete.

Ein leises Seufzen entwich ihm, als er sich letztendlich aufrichtete, versucht vorsichtig und langsam genug, um den Jungen nicht zu wecken, was ihm auch gelang. Vorsichtig legte er das Kind irgendwie auf dem Futon ab und wickelte die Decke darum, denn die beißende Kälte hatte sich schnell in dem kleinen Zimmer ausgebreitet. Kurz zog er sich den im Schlaf verrutschten Yukata zurecht und ohne groß weiter nachzudenken, krallte sich der Krieger die zweite, nun unbenutzte Decke, unter der Fye die Nacht gelegen hatte und schritt nach draußen, nachdem er die Schiebetür ganz geschlossen hatte, um die Kälte vor dem Jungen auszuschließen.

Langsam und ruhig näherte er sich dem Blonden, den irgendwas beschäftigte, von hinten. Doch Panik zu verbreiten sah der Krieger nicht ein, er dachte immer noch an einen Albtraum, den der Magier gehabt haben könnte und eine seltsame Ruhe und Müdigkeit lag auf ihm.
 

“Hey...“, sprach er den Blonden leise an, der nur den leichten Yukata um sich geschlungen hatte. Obwohl der Krieger sich denken konnte, dass Fye Kälte gewohnt war wie wohl kein anderer am Hof, legte er ihm die Decke über die Schultern, während er in dieser Geste gleichzeitig die Arme um den kleineren Mann legte und vorsichtig von hinten an sich zog.
 

Fye hatte seinen Blick irgendwann von den beiden abgewandt und war so in den Anblick des Gartens versunken gewesen, dass er gar nicht bemerkte, wie sich der Krieger heranschlich, bis er die Wärme der Decke um seine Schultern spürte. Mit einem leichten Lächeln auf den Lippen, lehnte er sich nach hinten und schmiegte sein Gesicht in Kuroganes Schulterkuhle. „Guten Morgen...“
 

Dass sich zwischen ihnen Beiden irgendwas bedeutend verändert hatte, wurde dem Krieger gerade erneut bewusst. Vielleicht bildete er sich das Ganze auch nur ein, aber er selbst empfand Fyes Nähe viel beruhigender und vertrauter als sie es sonst gewesen war. Er hatte die Nähe des Magiers schon früher genossen und irgendwas an dem Blonden hatte ihn auch ständig angezogen, doch auf eine gewisse Art und Weise schienen – zumindest in letzter Zeit – sich die Spannungen zwischen ihnen beträchtlich verringert zu haben, vielleicht hatten sie auch einfach nur gelernt, sich wirklich zu vertrauen und miteinander umzugehen. Genau das ging dem Krieger für einen kurzen Augenblick durch den Kopf, als sich der Magier zurücklehnte. „Alles in Ordnung?“, stellte er dennoch nach einem Moment des Schweigens die Frage, denn welcher Grund oder welche Gedanken auch immer, den Magier aus dem Schlaf gerissen hatten, vielleicht wollte er ja darüber reden oder schweigen. Selbst das würde der Krieger dem anderen Mann gerade nicht einmal übel nehmen, denn er hatte gelernt, dass ihr Schweigen nicht immer eine Lüge voreinander zu bedeuten hatte. Wenn der Blonde reden wollte, konnte er dies tun, wenn nicht, würde Kurogane nicht weiter fragen und wenn es eigentlich nichts zu reden gab, wär' es auch in Ordnung.
 

„Ich habe geträumt, Kuro-sama...“, murmelte Fye und schloss die Augen. Die Nähe war beruhigend und nahm den Bildern des Schlafes ihren Schrecken, auch wenn er wusste, dass sie alles andere als ein Hirngespinst waren. Ashura hatte Sakura... es lag ihm auf den Lippen es einfach auszusprechen, doch irgendetwas hielt ihn davon ab. Wenn er es aussprach, dann würde sich der Krieger sicher sofort aufmachen das Mädchen zu retten, sie würden gegen Ashura kämpfen, so wie er es gewollt hatte... sein Geist und die Geißel Japans würde hoffentlich verschwinden und es würde endlich wieder Frieden geben. Auch wenn Fye nicht ganz wusste, wie er sich diesen vorstellen sollte... seine Träume schienen ihm selbst zu naiv und wurden von der Wirklichkeit immer wieder ad absurdum geführt. Durch ihre Blutverbindung spürte er den stetigen Puls des Kriegers, oder vielleicht war es einfach nur sein Herz, dass er durch ihre Yukata hindurch spürte... irgendwie... musste Frieden doch so etwas sein, wie er gerade zwischen Hayato und Kurogane gesehen hatte, oder?
 

Leicht fröstelte der Krieger aufgrund der Kälte hier draußen, die einen heftigen Kontrast zur eben noch gespürten Wärme unter der Bettdecke abgab. „Aa.“, kam es knapp von Kurogane, „Von diesem König?“
 

Der Magier nickte leicht und starrte in den schneeschweren bedeckten Nachthimmel. Tief atmete er durch. „Ja.“ Langsam drehte er sich um, fröstelte als er dadurch die Wärme der Bettdecke verlor. Leicht grinsend sah er dem Krieger in die blutroten Augen. „Küsst du mich, Kuro-rin?“
 

Als der Magier sich plötzlich umdrehte und ihre Blicke sich trafen und er dann auch noch so eine bescheuerte Frage stellte, konnte der Krieger wie so oft nicht anders und eine leichte Röte schoss ihm ins Gesicht und er grummelte leise vor sich hin. Warum machte dieser Idiot das auch immer?

Doch ohne sich groß aufzuregen oder sich noch mehr zu verraten, wie ihn das gerade wieder aus dem Konzept gebracht hatte, diskutierte er gar nicht weiter darüber. Immer noch mit einem leichten Grummeln, strich er dem blonden Mann die zerzausten Haare aus dem Gesicht, bevor er sich runterbeugte und seine Lippen sanft auf die des Anderen legte.
 

Dessen würde er nie überdrüssig werden. Die Gedanken rasten ihm durch den Kopf und die alte Angst, die alte Unsicherheit, die noch nicht ganz so alte Verzweiflung wollten ihn kopflos werden lassen. Die warme Berührung an seinem Mund ließ sein Herz nur noch wilder schlagen und schockiert bemerkte Fye wie ihm die Tränen hochkommen wollten. Erschrocken löste er den Kuss und ging ein paar Schritte durch den Garten. Dann drehte er sich zu dem verwirrten Krieger um und atmete tief durch.

Im fast geschmolzenen Schnee, verschwanden seine Schritte schnell wieder. „Ashura hat Sakura...“, brachte er doch endlich heraus. „Er wird nicht mehr auf mich warten, ich werde... heute Nacht noch zu ihm gehen.“
 

Im ersten Moment erschrak sich auch der Krieger als sich der Magier so schnell von ihm löste und Nichtverstehen machte sich in ihm breit. Skeptisch verfolgte er den Blonden mit seinem Blick, wie er einige Schritte durch den Garten ging und seine Befürchtung, dass doch mehr als ein Albtraum dahinter stecken könnte, bewahrheitete sich jetzt. Doch weiter darüber nachzudenken, dazu kam er nicht, als Fye auch schon wieder das Wort erhob. Der Ninja brauchte eine Weile, um zu begreifen, was der andere Mann ihm gerade gesagt hatte. Für einen Moment schien ihm das Herz still zu stehen und er blickte ihn eine Weile nur fassungslos und erschrocken an, bis ihm diese Worte langsam klar zu werden schienen und sich etwas in ihm regte.

Verdammt, dieser König hatte die Wüstenprinzessin! Er zweifelte Fyes Worte in keiner Sekunde an, fragte sich auch nicht groß, woher er nun diese Information hatte. Nachdem er den ersten Schock überwunden hatte, schien sein Herz endlich wieder anfangen zu schlagen und das regelrecht rasend. Rasende Wut machte sich augenblicklich breit, übertönte fast die Panik, die in ihm aufsteigen wollte. Dieser verdammte König hatte das Mädchen in seinen Fängen, ging es ihm noch einmal durch den Kopf und er wusste, dass sie keine Zeit zu verlieren hatten. „Verdammt...“, entwich es ihm und schloss eine Faust um seiner Wut ein wenig Ausdruck zu verleihen und sie irgendwohin zu verlagern.

Alle ruhigen Gedanken und Gefühle der letzten Stunden waren sofort ausgelöscht, dabei war ihm die Bedeutung noch gar nicht ganz genau klar, dass dieser Bastard das Mädchen in seinen Fängen hatte. Vielleicht wollte er sich das Ausmaß auch nur nicht vorstellen. „Wir brechen sofort auf.“, sagte er zu dem kleineren Mann und war schon in Aufbruchsstimmung.
 

Unwillkürlich entwich dem Magier ein Lachen. Vielleicht ging es nicht anders, denn er wäre sonst vollkommen in Panik geraten, doch es so klang rau und erstickt, dass er sich selbst davor erschrak.

„Nein...“, antwortete er leise und bestimmt, „ICH gehe.“
 

Der Krieger, der sich gerade umgedreht hatte um seine Ausrüstung zusammen zu kramen und sich dann auf den Weg zu machen, stockte und hielt inne. Jetzt richtig wütend, drehte er sich wieder um und blickte den Magier an. „Was soll das jetzt?!“, fragte er, „Was heißt das, du gehst alleine? Wir hatten beschlossen zusammen zu gehen verdammt! Und nun hat dieser Bastard das Mädchen, wir haben keine Zeit zu verlieren, schon gar nicht wegen dieser verdammten Diskussion.“ Seine Stimme war deutlich lauter geworden und er hoffte inständig, der Magier machte nun keine Dummheiten oder stellte sich quer.
 

War ja klar, dass Kurogane wütend werden würde. Deshalb hatte Fye erwogen sich ohne ein Wort aus dem Staub zu machen. Dennoch war er froh, ehrlich gewesen zu sein, auch wenn er es nun mit einem wutentbrannten Partner zu tun hatte. „Wir kämpfen ja zusammen“, antwortete er mit ruhiger Stimme, „Nur an verschiedenen Fronten.“ Tief atmete er durch. „Meine Angst vor dem was passieren könnte, hat mich bisher davon abgehalten zu sehen, was das klügste ist. Wenn wir beide scheitern, wer wird dann auf den Palast aufpassen? Auf Hayato?“
 

Wütend blickte der Ninja dem Magier in die Augen und biss die Zähne zusammen, das war jetzt doch wohl hoffentlich nur ein verdammter Scherz, oder? „Und das hältst du für das Klügste?“, fragte er, „Dass ich derjenige bin, der übrig bleibt?“ Er musste hart schlucken während er diese Worte aussprach. Er wusste, dass seine Lebenszeit nur noch begrenzt war, obwohl es ihm körperlich gerade wieder erstaunlich gut ging. Er wusste auch, dass jemand auf den Palast und Hayato aufpassen musste... aber verdammt. „Er hat das Mädchen...“, wiederholte er noch einmal, „...und du bist bereit, alleine in diese Falle zu tappen? Und ich soll hier hocken und einfach zusehen? Das kann nicht dein Ernst sein!“
 

„Unterstell mir so was nicht!“, antwortete Fye mit unterdrückter Wut, obwohl er die seines Gegenübers nur all zu gut verstehen konnte. „Natürlich will ich, dass wir beide überleben! Es ist nur...“, schwer atmete er durch. Er hatte sich intuitiv entschieden und nun fehlten ihm fast die Worte für die Wahrheit. „Es geht darum... wie wir die, die wir lieben möglichst gut beschützen können... und ich weiß nicht, ob ich DICH vor Ashura im Kampf beschützen kann! Ich weiß nicht, was die Armee in der Zwischenzeit-“
 

Kurogane konnte das alles immer noch nicht so wirklich fassen, dieser Bastard hatte die Prinzessin und der Magier wollte in sein Verderben rennen, vielleicht brachte dieser verdammte König sie beide um und selbst wenn der Krieger nichts ausrichten könnte, er hätte davon gewusst und nichts getan. Dieser Gedanke schnürte ihm regelrecht die Kehle zu.

Andererseits... ja, was tat diese verdammte Armee eigentlich? Führte er den Gedanken des blonden Mannes zu Ende und selbst, wenn die Gefahr bestand, dass sie eindrangen in den Palast, kam ihm das gerade weitaus weniger bedrohlich vor als der Gedanke an diesen verdammten König. „Japans Armee kann kämpfen...,“ argumentierte er sinnlos gegen das, was der Magier wohl selbst wusste. „Außerdem haben wir die Vampire... wir könnten ihnen stand halten, davon bin ich überzeugt... ich will genauso wenig, dass diesem Kind was passiert oder dem Palast... aber viel weniger kann ich ertragen, dass du vor hast alleine in diese verdammte Falle zu tappen...“, sprach er weiter und wusste, dass eigentlich jedes Wort gerade vergeudete wertvolle Zeit war. Dieser verdammte Bastard hatte sich an dem Mädchen vergriffen und plötzlich kam ihm ein ganz anderer Gedanke. „Der Bengel...und die Babys...“, sprach er aus, was er dachte. Der Bengel hätte die Prinzessin niemals kampflos diesem Bastard überlassen, der Krieger wollte sich nicht ausmalen, was mit ihnen passiert war. Obwohl er das Thema aus dem Affekt in eine andere Richtung lenkte, war das letzte Wort für den Ninja noch nicht gesprochen.
 

„Shaolan und den Kindern geht es soweit gut. Ich habe bereits 'nachgesehen'. Ich vermute Ashura hat sie mittels Magie entführt“, beruhigte Fye den Krieger. Die Wahrheit war wohl einfach, dass er Angst um diesen Menschen hatte, dass er so unglaubliche Angst hatte, Kurogane würde etwas geschehen.... eine Angst, die diese Krankheit schon seit Wochen geschürt hatte, und mit der er sich eigentlich schon arrangiert hatte. Doch er wollte auch nicht, dass Sakura etwas geschah... sie war AUCH seine Familie, sie war ihm auch wichtig, wichtiger als sein eigener Egoismus sogar. Sakura machte so etwas mit Menschen... Schwer seufze der Magier. Auch er wusste, dass die Zeit gegen sie lief und wie sinnlos diese Diskussion werden könnte.

„Eine Zwickmühle...“, murmelte der Magier. „Wahrscheinlich genau das, was Ashura will...“ Diese Art der psychologischen Kriegsführung war so typisch für den Herrscher von Ceres und obwohl er seine Taktiken so gut kannte, war er darauf hineingefallen. Nun, wenn man in der Falle saß und wusste, wie sie funktionierte. Fest sah er dem Krieger in die Augen. „Wir haben keine Zeit für Diskussionen, du hast recht... aber bitte, unterschätze Ashura nicht..." Tief atmete er durch. "Wirst du mitkommen?“
 

Ein Stein fiel dem Krieger vom Herzen, als er hörte, dass der Rest der verdammten „Kinderschar“ anscheinend wohlauf war. Und leise atmete er aus, als der Magier anscheinend endlich zur Vernunft kam. Wer wusste schon, was mit dem Palast geschah? Kurogane fühlte sich mies, ihn als Heeresführer einfach zu verlassen... aber die größte Gefahr für ihre Reisegruppe und für Japan, für Hayato, war der Kriegsgott, der diese ganze Welt so in Chaos hatte versinken lassen... wenn dieser erst einmal ausgelöscht war, war gleichzeitig auch der Krieg beendet. Der Krieger fragte sich ernsthaft, wieso sie verdammt noch mal so lange gewartet hatten... sie hätten ihm gleich nach dem Angriff der bösen Vampire gegenüber treten sollen, aber sein Körper war von der Krankheit zerfressen und erschöpft gewesen. Und jetzt, hatten sie keine andere Wahl mehr, sie mussten dem König gegenüber treten... Kurogane tat es für das Mädchen und den Magier, doch gleichzeitig für Japan... so viel Chaos, so viel Verderben, Tod und Zerstörung... der Ninja wusste nicht, wer genau der Drahtzieher war, auf wessen Konto all das ging, welche Rolle sie spielten. Aber der Krieg in Japan war ein lang und gut durchdachter Plan dieses Königs... er hatte Fye damals schon benutzt, hatte die Vampire erschaffen... und nun war es der Krieg in Japan. Und es ging um viel mehr, als nur um Japan... und gerade, ging es außerdem noch um ihr Leben und das der Menschen, die ihm wichtig geworden waren auf dieser verdammten Reise...

Auch, wenn er dafür Hayato verlassen musste, er wollte den Jungen beschützen, doch er glaubte auch daran, dass er hier sicher war... Souma würde kämpfen wie eine Löwin um dieses Kind und er vertraute in die japanische und sogar in diese gottverdammte Armee der freundlichen Vampire... der Krieger verriet sie, er stürzte sich einfach in einen Kampf gegen den gefährlichsten „Kämpfer“ den es momentan in diesem Land gab... würde es zu einem Angriff kommen, mussten sie ohne ihn zurecht kommen, ohne ihren Heeresführer... die Zeit war zu knapp, um sich auf eine Diskussion mit Amaterasu einzulassen... der Krieger riskierte sein Amt, er wäre einfach verschwunden und im Falle des Falles, wäre er nicht an seinem Platz gewesen... doch so weit durfte der Ninja gar nicht denken.. es ging darum, dass er den Magier unmöglich alleine gehen lassen konnte und dieses Mädchen schnell aus den Fängen des Königs befreien wollte... es war zum Teil mit sein und Fyes eigener Kampf, gleichzeitig, kämpfte er mit diesem Schachzug auch für Japan.

Dennoch, blickte er mit einem extrem schweren Gefühl auf der Brust auf die Tür, hinter der immer noch der Junge lag und schlief... er mochte dieses Kind, er gewöhnte sich gerade daran, es tat ein Stück weit weh, es einfach zurück zu lassen, doch Souma würde es beschützen.. Kurogane war zu oft zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort gewesen...und oft viel zu spät, um etwas ausrichten zu können... und er wollte sich rächen, bei diesem Bastard aus Ceres, dem ganzen hier endlich ein Ende setzen.

Er war immer noch wütend, unendlich wütend auf diesen König, doch die Kampflust herrschte auch in ihm, sie würden nicht sterben, dafür würde er sorgen.

„Ich dachte schon, du fragst mich nie...verdammter Magier...“, grummelte er den blonden Mann an.
 

Langsam entwich dem Magier der Atemzug, den er unbewusst innegehalten hatte. Er wusste nicht, ob das die richtige Entscheidung war, aber wenn er Kurogane tatsächlich daran hindern wollte mitzukommen, musste er ihn mit Magie belegen – und das käme Verrat gleich. Mit einem schweren Gefühl im Magen sah er den Krieger an, doch dieser schien entschlossen. Es war seine Entscheidung und Fye hatte kein Recht ihn daran zu hindern. Zu verlangen, dass er ihm nun nicht mehr wichtig war, nachdem sie so umeinander gekämpft hatten, wäre … nun ja, sinnlos. Das einzige was er nun tun konnte, war am Leben zu bleiben und zu hoffen, dass dem Krieger das auch gelang. „Okay...“, tief atmete der Magier durch und versuchte einen klaren Kopf zu bekommen. „Dann brauchen wir einen Plan... Ashura wird erwarten, dass ich alleine komme, das nutzen wir aus.“
 

Tief atmete der Krieger die kühle Nachtluft ein und versuchte sein Herz ein wenig zu beruhigen. Es brachte niemandem etwas, wenn sie kopflos handelten; weder dem Mädchen, noch ihnen beiden. Obwohl sie kaum Zeit hatten. Kurogane hatte nie wirklich kopflos gehandelt, sich jedoch früher oft quer gestellt oder eigenständig.... das hatte ihn viele Feinde besiegen lassen, aber auch so manches mal Ärger eingehandelt und auch viel Streit mit seiner Prinzessin, vor allem als er noch jung und unerfahren war. Aber das hier war ein Kampf zwischen Welten, in dem er zwangsläufig eine Hauptrolle spielte, eine Schachfigur war, deren Züge Bedeutung hatten und er war reifer geworden. Es ging nicht mehr nur um ihn oder seinem Wunsch stärker zu werden, es allen zu zeigen oder sich zu rächen. Es ging um seine gesamte Heimat und um so viele Menschen, die ihm wichtig geworden waren. Er war nicht mehr nur der dickköpfige Krieger, er war der Heeresführer der japanischen Armee.

Der Ninja hatte seine Augen geschlossen und schwieg eine lange Zeit, dachte nach, beruhigte seinen Geist. Ja, sie brauchten einen Plan... und es war ihr Vorteil, dass sie den Menschen auf ihrer Seite hatten, der diesen König wohl besser kannte als kein anderer... und der ihn irgendwo durchschauen konnte. Der ihn trotz allem lenken konnte...

Langsam öffnete der Krieger die Augen wieder und betrachtete den momentan stillen und fast beruhigenden Hofgarten, obwohl er große Angst um dieses Mädchen hatte und Wut auf diesen König in ihm tobte, versuchte er ruhig zu bleiben. „Gut...“, fand er irgendwann seine Sprache wieder. „Er denkt, dass du alleine kommst...“, wiederholte er und atmete erneut tief ein. „...dann wirst du auch alleine zu ihm gehen...“, sprach er seinen Gedanken zu Ende und blickte dem blonden Mann wieder in die Augen.
 

So weit hatte Fye sich das auch gedacht, erst mal Ashura in Sicherheit wiegen. Beinahe gedankenverloren sah der Magier zu dem schlafenden Kind im Inneren, dann wieder zu dem Krieger. „Und wenn ich bei Ashura auftauche, wird auch die Westarmee davon erfahren – und sich bereit halten.“ Auch wenn Vetsch aller Vermutung nach nicht mehr am Leben war, Ashura konnte nicht wissen, wer auf seiner Seite stand und wer nicht, solange sich niemand offen hervortat.
 

„Aa.“, bestätigte der Krieger. „Aber ich warte auf keinen Angriff... ich werde angreifen, beziehungsweise, unsere Armeen, die japanische und die Vampire...“, erklärte er. Ihm war sicher unwohl bei dem Gefühl, Fye alleine zu schicken... doch er atmete tief durch, immer und immer wieder. „Doch wir können uns nicht von Magie dort hin bringen lassen wie du... und wenn du gegen den König kämpfen musst, kannst du deine Magie nicht überstrapazieren... wir werden so schnell wir können in das feindliche Lager eindringen...“, war sein Gedanke, wenn sie die westliche Armee dann auch im Hintergrund hatten, waren sie drei gegen eine. Zwar hatten sie es mit Magiern zu tun und erfahrenen Kämpfern aus einer fremden Welt, aber fremd waren die Vampire auch gewesen... und mit Hilfe hatten sie sie nach Jahren besiegt. „Dafür lassen wir jedoch den Palast schutzlos... deshalb lenkst du den König ab... und bringst das Mädchen in Sicherheit... lock ihn aus dem Lager.“ Dem Krieger war bewusst, dass sie den Magier damit zum Lockvogel machten und sie mussten mit dem Schlimmsten rechnen, aber das mussten sie sowieso in jeder Sekunde. Und selbst, wenn sie den König besiegten, diejenigen, die hinter ihm standen, würden sich wahrscheinlich rächen... die ceresianische Armee war eine Gefahr, solange der König sie bestimmte... und ein gefallener König war keine Sicherheit dafür, dass sie diese starke Armee damit auch gestürzt hatten. Sie mussten von beiden Fronten angreifen... und diesen Mann überlisten.
 

Der Schatten auf Kuroganes Bett bewegte sich etwas und lag dann wieder still. Fye bemerkte wie sein Herz wild in seiner Brust zu schlagen begonnen hatte. Ashura ablenken und beschäftigen... das würde er wohl hinbekommen, immerhin hatten sie genug Gesprächsthemen, auch wenn er eigentlich nichts mehr aus dem Mund dieses Monsters hören wollte – sondern ihn einfach nur umbringen. Erst aus seinem Leben, dann aus seinen Gedanken verbannen. Abwesend nickte er und hörte es sich mehr selbst sagen, als er es bewusst aussprach. „Zeige auch den Vampiren das Wappen der Westarmee... damit es keine unnötigen Toten gibt. Sie ist vermutlich von Vetsch längst benachrichtig worden, dass wir uns mit der japanischen Armee verbinden wollen... nur auf die Vampire werden sie nicht vorbereitet sein.“
 

Ein Nicken war die Antwort des Kriegers, dass er es verstanden hatte und so sehr er sich auch bemühte, die innere Anspannung und Unruhe flammte immer und immer wieder in ihm auf, selbst wenn er sich immer wieder sagte sich zu beruhigen und – ein letztes Mal nahm er einen tiefen Atemzug, bevor er ebenfalls einige Schritte durch den Schnee wagte und sich wieder auf den Magier zu bewegte. Kurz bevor er bei dem anderen Mann angekommen war, blieb er stehen und strich ihm durchs Gesicht, er handelte eher unbewusst aber seine Gedanken waren vollkommen klar. Sein Blick war zwar entschlossen doch war er sich nicht sicher, ob er seine Sorge vor dem Anderen ganz und gar verbergen konnte, leicht zitterte der Ninja, ob von der Kälte oder der Anspannung, er wusste es nicht genau. „Ich vertraue dir.“, sagte er leise zu dem blonden Mann und das war die Wahrheit. Er vertraute Fye, deshalb würde er ihn alleine gehen lassen müssen... alles andere wäre hirnrissig und dickköpfig gewesen, das Verhalten, was ihn früher als jungen Krieger oft weiter gebracht hatte, aber ihm hier nicht weiter half. „Ich komme sobald ich kann... das wird unser letzter Schlachtzug in diesem gottverdammten Krieg gegen den König sein... und wir werden ihn gewinnen.“
 

Die Wärme, die über sein ausgekühltes Gesicht strich, ließen den Magier aus seinen Gedanken hochschrecken. Ein leichtes Lächeln umspielte seine Lippen und obwohl sein Herz in seiner Brust sich anstellte wie ein kleiner Vogel, war sein Kopf vollkommen klar. Sanft fasste Fye Kuroganes Hand mit seiner und hielt sie zwischen sich, streichelte vorsichtig darüber – obwohl die Angst und der Horror vor Ashura immer noch im gleichen Maße wie zuvor in seinen Eingeweiden wüteten, fühlte er sich… erleichtert. Erleichtert, endlich nicht mehr wegzulaufen. Auszuharren. Zu warten.
 

„Nun denn...“, tief atmete er durch. „Dann lass uns diesen Krieg endlich beenden, ne Kuro-sama? Sakura-chan fragt sich sicher schon wo wir bleiben. Aber zuvor-“ Mit seiner freien Hand vollzog er eine kleine Handbewegung und das Eisschwert tauchte zwischen ihnen auf. Gleichzeitig malte er mit dem Daumen unsichtbare Zeichen auf die Hand des Kriegers, worauf sich das Schwert auflöste und einen kühlen Film auf ihrer Haut zurückließ. „Zwei Schwerter herumzuschleppen ist sicher unpraktisch, nicht wahr?“
 

Im ersten Moment erschrak der Krieger leicht, als das Schwert plötzlich zwischen ihnen auftauchte und ungläubig blickte er auf seine Hand, in der das Schwert mit einem eisigen Stich verschwand... obwohl er das schon einmal erlebt hatte, nur anders herum, als Fye das Schwert erschaffen hatte, fühlte es sich seltsam an... aber er begriff den Zauber, dieses Schwert trug er nun magisch bei sich und er könnte es nutzen, würde er es brauchen.

Um den Zauber zu besiegeln, bildete er eine leichte Faust, während das letzte Glühen wohl erlosch und nur ganz leicht und kurz, legte sich ein stolzes Lächeln auf seine Lippen.

Verdammt ja... sie würden wieder in den Krieg ziehen und das, obwohl die Schlacht gegen die Vampire gerade erst gewonnen war... aber diesmal war es ihre Schlacht, sie würden angreifen und sie würden diese Feinde ausrotten...und diesen verdammten Kriegsgott... zwischen all der Sorge und Anspannung, war sein Kampfgeist geweckt... sie konnten sich endlich Japan zurück erkämpfen und sich an diesen Bastarden rächen... das war jetzt ihr Kampf.
 

Dennoch, bevor es endgültig losgehen sollte, gönnte sich der Ninja einen letzten Atemzug, eine letzte kurze Pause, hielt die Zeit für sich selbst an, indem er sich zu dem blonden Mann runter beugte und der vorherigen Bitte noch einmal nachkommen wollte. „Und diesmal stoß mich nicht weg, verdammt...“, grummelte er dem Anderen zu, bevor er seine Lippen ein letztes Mal vor dieser Schlacht auf die des Magiers legte und ohne groß eine Antwort abzuwarten, den Blonden näher an sich zog und ihm diesen fast leidenschaftlichen Kuss regelrecht aufdrängte. Doch er wusste nicht wie all das ausgehen würde... er wusste nicht, wann und ob sie sich wieder sehen würden, niemand kannte ihr Schicksal und ein letztes Mal, wollte er das hier spüren, so gut er konnte, um sich daran zu erinnern.
 

Diesmal würde er der Aufforderung nachkommen, Fye lag nichts ferner, als den anderen Mann gerade weg zu stoßen. Stattdessen schlang er die Arme ebenfalls um den anderen Körper und vertiefte den Kuss. Er wollte nicht daran denken, ob es ein Danach und ein Nochmal geben würde. Alles, was er gerade wollte, war diese feuchte Wärme spüren und sich nach wie vor wundern, wie eine so einfach, körperliche Handlung nur so viel bedeuten konnte. Erst lange, lange nachdem sie beide sich immer wieder kurz lösen mussten, um nach Sauerstoff zu schnappen, lösten sie ihre Lippen endgültig voneinander und schwer atmend lehnte sich Fye in die wohlduftende Wärme. Gerade hier, gerade jetzt, schien Ashura und der Schrecken den er verbreitete so weit weg... wie ein Kinderalptraum. Das Monster unter dem Bett, wenn das Licht aus war. Tief atmete er durch. Es würde nicht einfach werden, aber alles, was sie tun konnten... war sich dem stellen und ihr Bestes geben. Er war lange genug weggelaufen, hatte sich lange genug in diesem Palast versteckt und lange genug mit angesehen, wie das, was er liebte, aus seinen Händen genommen wurde, so als hätte er nie kämpfen gelernt. Vielleicht wäre das der Moment gewesen noch etwas romantisches zu sagen, oder ein 'pass auf dich auf' oder ein 'ich verlass mich auf dich'. Doch das war alles unnötig und als er zu dem Krieger aufsah, wusste er, dass es auch unmöglich jetzt noch etwas zu sagen gab.
 

„Nun denn, Kuro-sama. Alles andere klären wir dann, nachdem wir die Welt gerettet haben, okay?“
 

Ein wenig schwer atmend löste sich auch der Krieger von dem Magier und auch ihm lag es fern, noch irgendwas zu sagen, was hier gerade wenig Platz hatte und im Grunde unnötig war. Worte waren noch nie Kuroganes Stärke gewesen. Unbewusst trat der Krieger einen Schritt zurück und blickte dem Blonden in die Augen. Versuchte die negativen Gefühle zu verdrängen, die hier keinen Platz hatten... Gefühle hatten hier allgemein keinen Platz... Sie standen auf dem Schlachtfeld und sie wollten gewinnen, also musste er wieder der Krieger sein, der er war und sich frei machen von negativen Gefühlen. Was zählte, war der Sieg... und sein wichtigster Verbündeter war der stärkste Magier dieses verdammten Eislandes. “Aa.“, antwortete er dem anderen Mann noch, während er sich umdrehte und sich langsam auf den Weg machte.

Er wollte nicht dabei zusehen, wie Fye sich für den Kampf bereit machte, er wollte auch nicht zusehen, wie er verschwand. Er wollte keinen Abschied... außerdem hatte er genug zu tun und die Zeit war zu knapp, um sich mit „Abschiedsschmerz“ und Angst auseinander zu setzen. Er musste zu Amaterasu, er musste seine Armee zusammen trommeln, er musste die Hauptstadt wachrütteln, er brauchte jede Hand, die er kriegen konnte. Jede Waffe, jedes Pferd, jeden Mann...
 

Nachdem der Krieger verschwunden war, erlaubte sich Fye noch einige Sekunden den Palastgarten zu betrachten und aus der zugeschneiten Szenerie ein wenig Ruhe und Fassung zu schöpfen. Ein leises Seufzen entwich ihm. „Nun denn...“, flüsterte er und schlich in den Raum zurück. Ohne das schlafenden Kind zu wecken, zog er seine Uniform an und überprüfte seine Waffen. Auch wenn er sie vermutlich nicht brauchen würde, war es ein beruhigendes Gefühl wenigstens ein Messer im Stiefel zu haben. Dann, ohne einen weiteren Blick zurück, teleportierte er sich dahin, wo er Ashuras Aura spürte. Nun gab es keine Ausreden mehr.
 

___ Ende Kapitel 107_________
 

Anmerkungen:

1 – Rakuen: spricht mal wieder für seine Schizophrenie xD erst lässt er sie auf dem kalten Boden liegen....
 

Disclaimer: Wir verdienen kein Geld damit, machen keine Rechte gültig und machen dies nur aus Spaß an der Freude. Lyrics gehören auch nicht uns.



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